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Liquid Democracy e.V. – “Auf dem Weg zur direkten (Diskurs-)Demokratie?"”

Date post: 17-Jun-2015
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1. Oktober 2011 Prof. Dr. Brigitte Kerchner Liquid Democracy – Auf dem Weg zur direkten (Diskurs-)Demokratie? © Kerchner Liquid Democracy – Digitale Demokratie und Internet
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  • 1. 1. Oktober 2011 Prof. Dr. Brigitte Kerchner Liquid Democracy Auf dem Weg zur direkten (Diskurs-)Demokratie? KerchnerLiquid Democracy Digitale Demokratie und Internet

2. Liquid Democracy Auf dem Weg zur direkten (Diskurs-)Demokratie? Einstieg: Demokratie im Aufbruch Die arabische Revolution Jugendproteste in Kairo, Madrid, Tel Aviv, London, Athen Stuttgart 21 Einzug der Piraten ins Berliner Abgeordnetenhaus, 25.9.2011 Eurokrise Europisches Demokratiedefizit Aktuelle Frage:Ist mehr direkte Demokratie mglich? Kerchner Liquid Democracy - Digitale Demokratie und Internet 3. Liquid Democracy Auf dem Weg zur direkten (Diskurs-)Demokratie? Ziele des Vortrags Neuere Demokratiediskussion reflektieren Berliner Ansatz zur Evaluierung von Adhocracy vorstellen bersicht Einstieg: Demokratie im Aufbruch 1. Was ist Demokratie?1.1 Direkte und indirekte Demokratie1.2 Was ist und wie funktioniert Liquid Democracy? 2. Was ist ein (Internet-) Diskurs?2.1 Diskursbegriffe2.2 Moderierter online-Diskurs 3. Wie knnen Internet-Diskurse (E-Diskurse) untersucht werden?3.1 Adhocracy in der Enquete-Kommission des Bundestages3.2 Abgeordnete, Experten, Brger/innen im Diskurs Erste Schritte zur Evaluierung Fazit und Ausblick, Drei Thesen, Literatur Kerchner Liquid Democracy Digitale Demokratie und Intrernet 4. 1. Was ist Demokratie? Government of the people, by the people,for the people. Abraham Lincoln Offene Frage: Wo liegt der Schwerpunkt? Kerchner Liquid Democracy Auf dem Weg zur direkten (Diskurs-)Demokratie? 5. 1. Was ist Demokratie? Demokratie = Herrschaft des Volkes= Government of the people, by the people, for the people (Abraham Lincoln) Zwei Typen der Demokratie 1. Herrschaft fr das Volk als indirekte, reprsentative Demokratie 2. Herrschaft durch das Volk als direkte, partizipative Demokratie KerchnerLiquid Democracy Auf dem Weg zur direkten (Diskurs-)Demokratie? 6. 1.1 Direkte DemokratieIch behaupte deshalb, dass die Souvernitt, da sie nichts anderes istals die Ausbung des Gemeinwillens, niemals veruert werden kannund dass der Souvern, der nicht anderes ist als ein Gesamtwesen, nurdurch sich selbst vertreten werden kann; die Macht kann wohl bertragenwerden, nicht aber der Wille. [...] Durch diese berlegung sieht mansofort, dass es weder ntig ist, zu fragen, wem es zukommt, Gesetze zuerlassen, da sie ja Akte des Gemeinwillens sind; noch ob der Frst berdem Gesetz steht, da er ja Glied des Staates ist; noch ob das Gesetzungerecht sein kann, da niemand gegen sich ungerecht ist; noch wieman zugleich frei und den Gesetzen unterworfen ist, da sie nurVerzeichnisse unseres Willens sind. (J.-J. Rousseau 1762, 40-41) Die direkte, partizipative Demokratie Die Brger und Brgerinnen vertreten sich selbst und nehmen direkt am politischen Prozessder Gesetzgebung teil. Die direkte Demokratie geht ideengeschichtlich auf das radikaldemokratische Konzept derVolkssouvernitt von Jean-Jacques Rousseau zurck. KerchnerLiquid Democracy Auf dem Weg zur direkten (Diskurs-)Demokratie? 7. 1.1 Reprsentative DemokratieReprsentation ist die rechtlich autorisierte Ausbung vonHerrschaftsfunktionen durch verfassungsmig bestellte, im Namen desVolkes, jedoch ohne dessen bindenden Auftrag handelnde Organe einesStaates oder sonstigen Trgers ffentlicher Gewalt, die ihre Autorittmittelbar oder unmittelbar vom Volke ableiten und mit dem Anspruchlegitimieren, dem Gesamtinteresse des Volkes zu dienen und dergestaltdessen wahren Willen zu vollziehen. (E. Fraenkel [1964] 19917, 153) Die indirekte, reprsentative Demokratie Die Brgerinnen und Brger werden durch Reprsentanten vertreten, die an ihrer Stelle undin ihrem Interesse verbindliche Entscheidungen fllen. Historisch fungierten als Organe der Reprsentation Monarchen, Landesfrsten undStndeversammlungen; an ihre Stelle treten in der Moderne Prsidenten und Parlamente. Die reprsentative parlamentarische Demokratie geht theoriegeschichtlich auf dieangelschsische liberale Tradition (Edmund Burke, Walter Bagehot) zurck. Nach 1949 wirdsie in Deutschland von Ernst Fraenkel vertreten. KerchnerLiquid Democracy Auf dem Weg zur direkten (Diskurs-)Demokratie? 8. 1.2 Was ist Liquid Democracy? Ziele = Bisherige Formen und Institutionen der Demokratie flssiger, transparenter, flexibler gestalten = Neue Verbindung von direkter und indirekter Demokratie = Strkung der direkten Brgerbeteiligung = Vernetzung von NGOs, Netzinitiativen, Firmen (Kooperatives Management) Prinzipien 1.Transparenz (OpenData) 2.Strukturierter Diskurs Gewichtung von Themen 3.Delegation von Stimmen Medium, Tools- Internet: Beteiligungssoftware (Adhocracy, LiquidFeedback) KerchnerLiquid Democracy - Auf dem Weg in die direkte (Diskurs-)Demokratie? 9. 1.2 Liquid Democracy Einwnde und Chancen Chancen - Globaler Austausch auch in groen Gruppen technisch mglich - Vorschlge und Themen knnen jederzeit eingebracht und gewichtet werden(strukturierter Diskurs) - Erhhte Brger/innenbeteiligung und Vernetzung - Neue Verbindung von direkter und reprsentativer Demokratie Einwnde Das Internet untergrbt durch seine spezifische Form der Kommunikation(Simplifizierung, Emotionalisierung von Themen, Populismus) die etabliertenInstitutionen der parlamentarischen Demokratie. Das Internet verfestigt durch das bergewicht spezifischer Nutzer (junge, gut ausgebildete, technisch interessierte, weisse Mnner) die digitale Spaltung der Bevlkerung, damit wird der Zugang zu demokratischer Partizipation gruppenspezifisch verengt. Aufgabe der DemokratieforschungAbwgen von Risiken und Chancen Kerchner Liquid Democracy - Auf dem Weg in die direkte (Diskurs-)Demokratie? 10. Liquid Democracy Auf dem Weg zur direkten (Diskurs-)Demokratie? 2.Was ist ein (Internet-) Diskurs? Kerchner Liquid Democracy - Digitale Demokratie und Internet 11. 2.1 Diskursbegriffe 1.normativ-kritisch = Geregeltes Verfahren, mit dem in strittigen Fragen durch gleichberechtigteTeilnehmer/innen die Geltung von Argumenten rational berprft und ein Konsens erzielt werden kann (Habermas: Diskursethik) 2.analytisch- pragmatisch = Sprechen und Handeln (Interaktion) in aktualen Verhandlungs- Situationen, deren komplexe Interaktionsmuster durch neutrales Beobachten erkannt und neutral beschrieben werden knnen (Grice; Sacks) 3.historisch (genealogisch/evolutionr) = Menge von Aussagen, die einem geregelten (wissenschaftlichen)Formationssystem angehren, dessen (historisch sich wandelnde) Strukturen das (heute) Sagbare ordnen (Foucault) (Quelle: Kerchner 2006, S. 50) KerchnerLiquid Democracy Auf dem Weg zur direkten (Diskurs-)Demokratie? 12. 2.1 Diskursbegriffe Diskurs, normativ-kritisch = Geregeltes Verfahren,mit deminstrittigenFragendurch gleichberechtigte Teilnehmer/innen die Geltung von Argumenten rational berprft und ein Konsens erzielt werden kann.(Habermas: Diskursethik; vgl. Kerchner 2006, S. 50) HerausforderungWie kann eine diskursanalytische Methode zur Evaluierung von Internet-Kommunikation eingesetzt werden? Kerchner Liquid Democracy Auf dem Weg zur direkten (Diskurs-)Demokratie? 13. 2.2 Was ist ein Internet-Diskurs? Online-Diskurse Zwei spezifische Voraussetzungen 1. Zugangsmglichkeit der Teilnehmer/innen per Internet und E-Mail 2. Bereitschaft der Teilnehmer/innen per Computer zu diskutieren Moderierter online-Diskurs = Begleitung der Debatte durch externe Moderatoren (Adhocracy?) = Strukturierung des Forums (Themenfelder, Themenzentrierung, Regeln) = Weiterleiten von Sachfragen an kompetente Expert/innen Kerchner Liquid Democracy - Auf dem Weg zur direkten (Diskurs-)Demokratie? 14. 3. Wie knnen (Internet-)Diskurse untersucht werden? Abgeordnete, ExpertInnen im (Internet-)Diskurs Ausgangssituation 2010/11Das freie Software-Projekt Adhocracy erhlt vom deutschenBundestag den Auftrag, die Arbeit der Enquete-KommissionInternet und digitale Gesellschaft zu begleiten Zielerhhte Transparenz der Beratungen,verstrkte Beteiligung der BrgerInnen, grere Intensitt der Interaktion zwischen Abgeordneten, Expert/nnen, Brger/nnen Innovation fr die Demokratieforschung Es ist erstmals zu beobachten: wie sich die soziale und kommunikative Interaktion (Diskurs) zwischen dem Deutschen Bundestag (Abgeordnete, Gremien, Kommissionen), Expert/innen und Brgerinnen konkret gestaltet wie im Herzstck der Demokratie mit Hilfe des Internets ein strukturierter Diskurs zu einem Themenfeld entsteht KerchnerLiquid Democracy Auf dem Weg zur direkten (Diskurs-)Demokratie? 15. 3.2 Abgeordnete, ExpertInnen, BrgerInnen im Diskurs Die Evaluierung von Adhocracy Ausgangsfragen Wie ndert sich durch die digitale Kommunikation die Arbeit in der Enquete- Kommission des Bundestages? Inwiefern wird die digitale Spaltung der Bevlkerung zum Problem? Welche Inhalte werden erfasst und verndert? Welche Chancen, welche Risiken zeigen sich, wenn die digitale Partizipation ber die Meinungsbildung hinaus auf die Phase des Entscheidens ausgedehnt wird? Welche Herausforderungen entstehen durch die digitale Kommunikation fr die reprsentative parlamentarische Demokratie? KerchnerLiquid Democracy Auf dem Weg zur direkten (Diskurs-)Demokratie? 16. 3.2 Abgeordnete, ExpertInnen, BrgerInnen im Diskurs Die Evaluierung von Adhocracy Das Material Zwei Textquellen a)Schriftlich publizierte und im Internet verffentlichte Dokumente (Protokolle, Gutachten, Stellungnahmen, Berichte, Empfehlungen) der Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft, ab 1/2011; b)Die durch die Beteiligungssoftware Adhocracy generierten Textdaten, 1/2011-12/2013. KerchnerLiquid Democracy Auf dem Weg zur direkten (Diskurs-)Demokratie? 17. 3.2 Abgeordnete, ExpertInnen, BrgerInnen im Diskurs Die Evaluierung von Adhocracy Sechs Prfkriterien 1.Partizipation 2.Rationalitt 3.Responsivitt 4.Komplexitt und die Fokussierung von Themen 5.Zeitregime: Die Geschwindigkeit politischer Kommunikation 6.Das Internet ein entgrenzter Kommunikations-Raum KerchnerLiquid Democracy Auf dem Weg zur direkten (Diskurs-)Demokratie? 18. 3.2 Abgeordnete, ExpertInnen, BrgerInnen im Diskurs Die Evaluierung von AdhocracyAn einem diskursanalytischen Verfahren zur Evaluierung von online-Diskursen wird derzeit weiter gearbeitet. KerchnerLiquid Democracy Auf dem Weg zur direkten (Diskurs-)Demokratie? 19. Liquid Democracy Auf dem Weg zur direkten (Diskurs-)Demokratie? Fazit und Ausblick Drei Thesen zur Diskussion Aus historischen Grnden hat die Bundesrepublik Deutschland eine betont reprsentative Verfassung (Ernst Frnkel); Brger- und Jugendproteste signalisieren heute: mglicherweise ist eine strkere Verankerung direktdemokratischer Elemente sinnvoll. Liquid Democracy verspricht durch die Nutzung neuer technischer Mglichkeiten (Internet) direktdemokratische Elemente zu strken, die direkte Beteiligung von Brger/innen am politischen Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozess zu erhhen sowie die kommunikative Interaktion zwischen Brger/innen, Abgeordneten und Expert/innen zu frdern. Ob diese Ziele tatschlich erreicht werden, kann nicht theoretisch entschieden werden; notwendig ist eine Evaluierung, die an konkretem Material empirisch berprft, wie sich der Internet-Diskurs gestaltet und welchen Einfluss die digitale Kommunikation auf die politischen Entscheidungstrger (hier: Papiere, Berichte, Empfehlungen der Enquete-Kommission) wirklich hat. KerchnerLiquid Democracy Digitale Demokratie und Internet 20. Literatur (Auswahl) Barber, B., Strong Democracy. Participatory Politics for a New Age, Berkeley 1984. Dreke, R., Das Internet als politischer Kommunikationsraum, Frankfurt/O. o. J. Dryzek, J., Discursive Democracy. Politics, Policy, and Political Science, Cambridge 1990. Fraenkel, E., Deutschland und die westlichen Demokratien [zuerst 1959], 7. Aufl. Stuttgart 1979. Habermas, J., Theorie des kommunikativen Handelns, Bd. 1-2 (zuerst 1981), Frankfurt/M. 1995. Harth, Th., Politik und Internet, in: Anderson, U., Woyke, W. (Hg.), Handwrterbuch despolitischen Systems der Bundesrepublik Deutschland, Wiesbaden 20096, 531-535. Kerchner, B., Diskursanalyse in der Politikwissenschaft. Ein Forschungsberblick, in: Kerchner,B., Schneider, S. (Hg.), Foucault: Diskursanalyse der Politik. Eine Einfhrung, Wiesbaden2006, 33-67. Kerchner, B., Regieren in einer komplexer werdenden Demokratie, in: Regieren im Wandel, hg.v. B. Kerchner, S. Schneider (= FemPol, 2/2010), Berlin 2010, 24-39. Imhof, K., Blum, R., Bonfadelli H., Jarren, O. (Hg.), Demokratie in der Mediengesellschaft,Wiesbaden 2006. Ismayr, W., Der deutsche Bundestag im politischen System der Bundesrepublik Deutschland, 2.akt. Aufl. Wiesbaden 2006. Leggewie, C., Bieber, Ch., Interaktive Demokratie, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 41-42/2001, 37-45. Massing, P. (Hg.), Mediendemokratie. Eine Einfhrung, Schwalbach/Ts 2003. Schachtner, Ch., Winker, G. (Hg.), Virtuelle Rume neue ffentlichkeiten. Frauennetze imInternet, Frankfurt/M., New York 2005. Schenk, M., Wolf, M. Die digitale Spaltung der Gesellschaft, in: Imhoff/Blum/Bonfadelli (Hg.),Demokratie in der Mediengesellschaft, 2006, 239-280. KerchnerLiquid Democracy Auf dem Weg zur direkten (Diskurs-)Demokratie? 21. Liquid Democracy Auf dem Weg in die direkte (Diskurs-)Demokratie? Vielen Dank fr Ihre Aufmerksamkeit! KerchnerLiquid Democracy Digitale Demokratie und Internet


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