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Der Brancheninformationsdienst der Filmstiftung NRW
Ausgabe 4 – Juni 2010
Schwerpunkt
Der Ton machtden Film
Ausblick Int. Filmkongress
Interview mitShirin Neshat
Vorschau
Filmschau-plätze NRW Dreharbeiten
• letter104_01-13 11.06.2010 13:47 Uhr Seite 1
newsletter 3/2010 – Location2
Auf der Location-Seite des
Newsletters finden Sie in jedem
Heft einen bebilderten Gruß
aus einer Stadt der Region.
Diesmal stammen die Fotos aus
dem Kreis Düren, dem neuen
und damit 35. Mitglied des
Netzwerkes Filmstädte NRW.
Offiziell wird der Kreis am
28. Juni während des Internatio-
nalen Filmkongresses anlässlich
der Ausstellungseröffnung
„Locations und Motive in NRW“
in den Kreis der filmfreundlichen
Kommunen aufgenommen.
Die Ausstellung in der Kölner
Messe zeigt neben Bildern aus
Düren auch die 30 Siegerfotos
des Filmstiftung-Wettbewerbs
„Auf der Suche nach dem perfek-
ten Motiv“. Die Bilder auf der
Location-Seite und viele mehr fin-
den Sie auch in der Motivdaten-
bank www.locationnrw.de.
Grüße aus dem Kreis Düren
Einwohner: 270.000
Realisierte Projekte (Auswahl):
„Fräulein Stinnes fährt um die Welt",
„Bastard", „Alarm für Cobra 11",
„Barfuss“
Treffer in der Motivdatenbank
www.locationnrw.de: 22
Josef Kreutzer
Tel. (02421) 222389;
Winfried Plum
Tel. (02421) 222756;
[email protected] ZimmerService, Markus Zimmer
Tel. (0177) 340 66 92;
Udo Wüllenweber,
Tel. (0211) 1577074;
ZeitRaumRechercheLocation
Stefan Möller,
Tel. (0177) 8223742;
zeitraumrecherchelocation
@web.de
• letter104_01-13 11.06.2010 13:47 Uhr Seite 2
Gott schenke uns Ohrenlider!“, flehte Kurt
Tucholsky schon in den 1920er Jahren, die
man später nicht umsonst auch die Roaring
Twenties nannte. Ein Zuviel an Lärm und ein Zu-
wenig an Stille scheint also kein exklusives Phä-
nomen unserer Zeit zu sein.
Ohrenlider wären auch im Kino eine feine
Sache, wenn es auf der Leinwand mal wieder
viel zu laut scheppert, klirrt, klappert, knallt und
pufft, weil die Ton-Crew den Kinobesuchern be-
weisen möchte, was an Sound-Effekten heut-
zutage so alles möglich ist. Vielleicht ist das aber
auch nur ein verzweifelter Hilferuf der Ton-Leu-
te: „Hört her! Uns gibt es auch noch! Wir ma-
chen einen tollen Job, aber kaum einer merkt
es!“
Zum Glück sind solche Kakophonien in Dol-
by Digital die Ausnahme. Die meisten Misch-
tonmeister arbeiten mir ihrer Crew so gut, dass
man ihr Werk kaum bemerkt. Und wahrschein-
lich ist das genau das Dilemma, an dem so vie-
le Departments leiden. Je perfekter ihre Leistung,
desto perfekter geht sie unbemerkt in dem Ge-
samtkunstwerk Film auf. Am Ende sind dann nur
noch wenige Experten in der Lage, die Einzel-
leistungen wieder auseinander zu dividieren und
zu würdigen.
Zum Glück wächst in den letzten Jahren die
Bereitschaft, die Leistungen der Departments
höher wertzuschätzen. Das gilt auch für den
Ton: Den Deutschen Filmpreis in dieser Katego-
rie gibt es bereits seit 1982, beim Europäischen
Filmpreis ging 2009 die Auszeichnung Bester
künstlerischer Beitrag an die Ton-Leute der fran-
zösischen Produktion „Un Prophet“. Im selben
Jahr gewann „Lebanon“ bei den Ophir Awards,
dem israelischen Filmpreis, neben vielen ande-
ren auch den Preis für den besten Sound, der
bei Torus Film in der Kölner Südstadt entstand
– eine tontechnische Herausforderung für ei-
nen Film, der fast ausschließlich im Inneren ei-
nes Panzers spielt. Mein Tipp: Nutzen Sie Ihre
Augenlider, wenn „Lebanon“ im Herbst in die
deutschen Kinos kommt, und hören sie genau
hin, wie exakt da gearbeitet wurde.
Torus finden Sie selbstverständlich auch im
aktuellen Newsletter wieder, in dem wir Ihnen
in unserem Ton-Schwerpunkt die Szene in Nord-
rhein-Westfalen vorstellen möchten. Wir reden
mit Jörg U. Lensing, Filmprofessor an der FH
Dortmund und Autor des Buches „Sound-De-
sign/Sound-Montage/Soundtrack-Kompositi-
on: Über die Gestaltung von Filmton“, über die
Theorie und mit Mischtonmeister Guido Zettier,
der 2009 für seine Arbeit an „Nordwand“ den
Deutschen Filmpreis erhielt, über die Praxis. Wei-
tere Themen sind das Verhältnis von O-Ton und
Sound-Design im Dokumentarfilm, die Zukunft
der Geräuschemacher, die Abhängigkeit der
Qualität vom Budget und ein Exkurs über
Soundcollagen im Hörspiel. Und dann erzäh-
len wir Ihnen noch die Geschichte des Wilhelm-
schreis, den amerikanische Tonleute bis heute
immer wieder als Insider-Gag in zahlreiche Hol-
lywood-Produktionen schmuggeln.
Darüber hinaus bietet das Heft wieder die
bewährten Informationen aus und über die
Branche in NRW mit Meldungen und aktuellen
Dreharbeiten sowie einen Rückblick auf Cannes,
wo mit „Uncle Boonmee Who Can Recall His
Past Lives“ eine Produktion die Goldene Palme
gewann, die von den Kölner Firmen Geißendör-
fer Film und Match Factory koproduziert wur-
de. Wir blicken voraus und präsentieren das Pro-
gramm des Internationalen Filmkongresses der
Filmstiftung, der vom 26. bis 29. Juni im Rah-
men des medienforum.nrw in Köln stattfindet.
Dazu liefern wir ein Interview mit der iranischen
Filmemacherin Shirin Neshat, deren Film „Wo-
men without Men“ während des Kongresses in
den KinoSpecials zu sehen ist, sowie einen Über-
blick über das Filmland Spanien, das in diesem
Jahr Gastland des Filmkongresses ist.
Viel Vergnügen beim Lesen wünscht
Rüdiger Bertram
Chefredakteur
Editorial – [email protected] 3
Schwerpunkt: Der Ton macht den Film
Stille, die manhören kann
4 Meldungen Branche, Kinos, Festivals, Preise
8 Filmkultur aus Barcelona„gestern, heute, morgen“: Die Kolumne von Heiko R. Blum
11 Open-Air quer durch NRWFilmSchauPlätze NRW 2010
13 MEDIA Documentary Campus Masterschool
14 Auf dem SprungDie Seite für den Filmnachwuchs
mit einem Porträt von Bogdana Vera Lorenz
Ausblick: Internationaler Filmkongress
16 Aufschwung mit KassenschlagernEine Einführung in das Filmland Spanien,
dem Gastland des Internationalen Filmkongresses
16 Alle Filme, Diskussionen und TermineDas Programm des Internationalen Filmkongresses
17 „Ich mag Farben nicht besonders“Interview Shirin Neshat („Women without Men“)
Schwerpunkt: Der Ton macht den Film
18 „Wir sehen mehr, wenn wir hören“ Interview Jörg U. Lensing
18 Brüllende Löwen für heulende WindeInterview Guido Zettier
20 Geschäfte mit dem guten TonDie Filmton-Szene in NRW
21 Ton von Hand oder vom Band? Die Zukunft der Geräuschemacher
22 Aufbruch war gesternDer Sound im Hörspiel
23 Wirklichkeit hören O-Ton und Sound-Design im Dokumentarfilm
23 Ein Schrei geht um die WeltBerühmte letzte Worte: der Wilhelmsschrei
24 Dreharbeiten in NRW
26 Asyl in MalaysiaSetbesuch „Dschungelkind“
27 Mit besten EmpfehlungenNeue Kinofilme der Filmstiftung NRW
10 Impressum
Inhalt
Der nächste Newsletter erscheint Ende Juli und do-
kumentiert als Sonderausgabe alle Diskussionen
und Events des Internationalen Filmkongresses und
der filmrelevanten Veranstaltungen des medien-
forum.nrw. Ab dem 26. Juli ist das neue Heft on-
line unter www.filmstiftung.de zu finden.
Sonderausgabe Juli-HeftInternationaler Filmkongress
Shirin Neshats „Women without Men“ läuft am 27. Juni in den KinoSpecials des Internatio-nalen Filmkongresses und startet am 1. Juli in den deutschen Kinos. Foto: NFP
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• letter104_01-13 11.06.2010 13:48 Uhr Seite 3
Maranto: Ludwigs-burg – Paris – KölnIm Mai stand Hollywood-Star Sharon Stone
eine Woche lang in Köln für „Largo Winch 2“
vor der Kamera. Nach der Vorlage des belgi-
schen Comicbuches „Largo Winch“ spielte sie
eine Staatsanwältin, die sich mit Tomer Sis-
ley als Largo Winch einen erbitterten Macht-
kampf liefert. Das Gerling-Quartier diente stell-
vertretend als Kulisse für den Sitz der Verein-
ten Nationen in Genf. Die Verfolgungsjagden
wurden allerdings u.a. in Thailand, Hongkong
und Belgien gedreht. Ausführender Produzent
der Koproduktion von Pan-Européenne, Pa-
ris, mit Wild Bunch Germany, München,
und Climax Films, Brüssel, war die Kölner
Maranto Films, die die Produzenten Reza
Baher und Nicole Ringhut 2009 gegründet
hatten. Die beiden haben eine ähnliche Lauf-
bahn hinter sich, deren Schnittstelle die Film-
akademie Baden-Württemberg in Lud-
wigsburg war. Baher studierte dort nach einem
wirtschaftswissenschaftlichen Studium an der
Uni Köln und diversen Jobs als Jungproduzent
International Producing. Ringhut studierte in
Wiesbaden und Toulouse Medienwirtin und ab-
solvierte in Ludwigsburg sowie Paris die deutsch-
französische Masterclass. Von 2004 bis 2008
war sie bei Pan-Européenne Head of Internatio-
nal Finance und verantwortete die Projektfinan-
zierung und Koordination der internationalen
Koproduktionen. Zu ihren betreuten Filmen ge-
hörte u.a. „Largo Winch 1“. Vor diesem Hinter-
grund können Baher und Ringhut selbstbewusst
auftreten: „Der USP unserer Firma ist die kom-
plementäre langjährige nationale und interna-
tionale Erfahrung.“
Auch zukünftig will sich Maranto Films als
deutscher Koproduktionspartner und Service
Produzent an internationalen Projekten betei-
ligen. Zugleich wollen Baher und Ringhut eige-
ne nationale und internationale Kino- und Fern-
sehfilme produzieren. Die erste eigene Produk-
tion war der Psychothriller „Bastard“ (AT), der
im März und April in Köln und Umgebung ge-
dreht wurde. Für das Langfilmdebüt von Regis-
seur Carsten Unger agierten in den Haupt-
rollen u.a. Martina Gedeck, Thomas Thie-
me, Hanns Zischler und Matthias Koe-
berlin. Auch Ungers Karriere begann in Lud-
wigsburg, wo er Regie studierte. Koproduziert
wurde „Bastard“ mit dem SWR und Gifted
Films, die Baher 2005 wiederum in Ludwigs-
burg gegründet hatte. Ringhut: „Mit unseren
Projekten bringen wir die Regionen Stuttgart und
NRW einander näher“.
Maranto,
Tel. (0221)16853004;
Motivschutz: saubere LösungÄrger mit Film- und Fernsehleuten hat es immer
dann gegeben, wenn sie für angemietete Dreh-
motive zwar bezahlt, dann aber „verbrannte Er-
de“ hinterlassen hatten – Schmutz und Schäden
an der Einrichtung. Damit soll es mit dem Ein-
satz der Kölner Firma Motivschutz vorbei sein.
Wolfgang Ennenbach, von Haus aus Kulis-
senbauer, und Jan Feil, gelernter Requisiteur,
bieten eine weltweit einzigartige Dienstleistung
an, die der Crew beim Dreh an Originalmotiven
die Arbeit erleichtert und den Motivgebern ei-
nen reibungslosen Ablauf garantiert. Ihr Service
beginnt mit der Motivbesichtigung und seiner
fotografischen Dokumentation mit einer Nicon
D3. Präventiv werden auf den Böden Schmutz-
fangmatten verlegt, gegebenenfalls farblich pas-
send zum Farbton des Bodens. Zur aktiven Dreh-
betreuung zählt auch die Ausgabe von Überzieh-
schuhen. Zum guten Schluss wird abgebaut, ent-
sorgt und abgenommen. Inzwischen haben vie-
le Film- und Fernsehfirmen auf Ennenbachs und
Feils Motivschutz zurückgegriffen, darunter et-
wa die Colonia Media für ihre Köln- und Mün-
ster-„Tatorte“ und Brainpool für „Zwei Weih-
nachtsmänner“. Auch der Spezialversicherer Cat-
lin hat die Marktlücke erkannt und bietet Film-
firmen eine bis zu 100-prozentige Reduzierung
der Selbstbeteiligung an, wenn sie den Kölner
Motivschutz in Anspruch nehmen. Details unter
www.motivschutz.tv.
Motivschutz,
Tel. (0221) 4924743;
Cine-Mobil: Neuer Mann, neuer OrtIm März hat Marco Stolzenburg die Kundenbetreuung des Kölner Standortes der Cine-Mo-
bil GmbH übernommen, die ab sofort in den neuen Räumen im Bell-Gewerbehof in der Wilhelm-
Mauser-Straße 47 beheimatet ist. Auf rund 325 Quadratmetern bietet die Cine-Mobil dort um-
fangreiches Equipment – vom Verleih von Kamera-, Licht- und Bühnentechnik bis zu Fahrzeugen
und Generatoren – für Kinofilme, TV-Movies, Serien und Werbung an.
„Mit unseren neuen Räumlichkeiten in Köln-Ehrenfeld haben wir einen idealen Standort ge-
funden, der ausreichend Platz bietet und ausgesprochen verkehrsgünstig gelegen ist“, erklärt Cine-
Mobil-Geschäftsführer Jörg Baumgart zufrieden. „Zusammen mit der fachlichen Erfahrung von
Niederlassungsleiter Marco Stolzenburg und seinem Team können wir bestmöglichen Service für
den ständig wachsenden Bedarf an Filmtechnik in NRW anbieten.“
Cine-Mobil, Tel. (0221) 37954840; [email protected]
Rickers zu RuhrSoundSeit März ist Hans-Martin Rickers neuer
Geschäftsführer der RuhrSoundStudios in
Dortmund. Er folgt Mike Krüger, der zu Stu-
dio Hamburg wechselte. Rickers ist zugleich
Kaufmännischer Leiter der Kölner Pictorion
Das Werk GmbH. Zuvor arbeitete er in glei-
cher Position bei der Kölner Grundy Light En-
tertainment GmbH, be-
sorgte das kaufmännische
Management von Verona
Pooth und war Kaufmännisch-
er Leiter und Projektsteuerer der
Magic Media Company
MMC.
RuhrSound,
Tel. (0231) 917600;
Granderath zum NDRKölner Produzenten sind gefragt: Nach Reinhold Elschot, der 2009 als Fernsehspielchef von
der Kölner Network Movie zum ZDF ging, übernimmt nun auch Christian Granderath ei-
ne herausragende Position beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Zum 1. September wird er neu-
er Leiter der NDR-Abteilung Fernsehfilm, Spielfilm und Theater. Er folgt Ex-Fernsehspielchefin Do-
ris J. Heinze, der die Anstalt im September letzten Jahres wegen Betrugsverdachts fristlos ge-
kündigt hatte. Granderath volontierte beim damaligen Südwestfunk in Baden-Baden und wur-
de 1991 als Fernsehfilm-Redakteur übernommen. 1996 wechselte er nach Köln, wo er zunächst
als Producer bei der vormaligen Dom Film und der vormaligen Westdeutschen Universum
Film arbeitete. 2000 wurde der gebürtige Westfale Produzent der Colonia Media, die ihn 2006
zum Prokuristen ernannte. Anfang 2008 übernahm Granderath die Leitung der Teamworx-Nie-
derlassung Köln. Zu seiner umfangreichen Filmographie gehören neben „Tatort“-Produktionen Fil-
me wie „Allein unter Frauen“, „Der Totmacher“, „Die Polizistin“, „Wut“ und zuletzt „Kongo“.
Thevissen mit eigener Firma
Nach knapp sieben Jahren als Produzentin und
geschäftsführende Gesellschafterin bei der Köl-
ner RheinFilm gründete Juliane Thevissen
im April in der Domstadt ihre ei-
gene Firma thevissen filmpro-
duktion mit Sitz in der Mozart-
straße 15. „Die Freude am Her-
stellen von Filmen in der gesam-
ten Breite; Fernsehen, Kino und
Koproduktionen – bleibt und geht
weiter“, verspricht Thevissen, die
neben einer deutsch-französi-
schen Kino-Koproduktion derzeit auch das Fern-
sehspiel „Mein Sohn Ben“ von Regisseur Mar-
kus Fischer für den WDR (Redaktion: Frank
Tönsmann) mit Corinna Harfouch und Jes-
sica Schwarz in den Hauptrollen entwi-ckelt.
Mit der Kölner Regisseurin Erica von Moel-
ler entsteht parallel das Nachkriegsdrama „Eli-
sabeth Selbert“, das 2011/2012 in Bonn und Kas-
sel realisiert werden soll. Neben der Produktion
von nachhaltigen Fernsehspielen für deutsche
Sender, sind langfristig europäische Kino-Kopro-
duktionen im Arthouse-Bereich geplant. Ein wei-
terer Schwerpunkt soll, wie in den Jahren zuvor,
die Nachwuchsförderung und Zusammenarbeit
mit jungen Filmemachern bleiben.
Für einen gelungenen Einstand der neuen
Firma sorgt am 9. September der Kinostart von
„Zarte Parasiten“ (Regie: Christian Becker
und Oliver Schwabe), der von Thevissen pro-
duziert wurde und seine Weltpremiere 2009 auf
dem Festival in Venedig feierte.
thevissen filmproduktion,
Tel. (0221) 56957987;
newsletter 4/2010 – Meldungen4
Der Psychothriller „Bastard“ war die erste eigene Produktion der Firma Maranto Films.Foto: Maranto
Nicole Ringhut und Reza Baher: die Gründer vonMaranto Films. Foto: Maranto
JulianeThevissen, Foto: thevis-sen film
Hans-MartinRickers,Foto: RuhrSound
• letter104_01-13 11.06.2010 13:48 Uhr Seite 4
Filmstiftung NRW:Kein Einreichterminim Juli Aufgrund des bevorstehenden Geschäftsführer-
Wechsels haben die Geschäftsführung und die
Gremien der Filmstiftung NRW beschlossen,
die im August geplante Sitzung der Förderjury
nicht stattfinden zu lassen. Damit entfällt auch
der Einreichtermin 8. Juli für alle Arten der Pro-
jektförderung. Der nächste Einreichtermin ist
damit der 16. September.
Filmstiftung NRW, Tel. (0211) 930500;
Movie Park unter spanischer Flagge
Nach Warner Bros., Six Flags und Palamon Capital Partners hat der Movie Park Ger-
many in Bottrop-Kirchhellen mit der Parques Reunidos erneut einen neuen Eigentümer. Das
Unternehmen mit Sitz in Madrid ist zweitgrößter Betreiber von Freizeitparks in Europa und hinter
Disney World und der britischen Merlin Entertainments Group die Nummer Drei in der
Welt. Zum Movie Park gehören nicht nur wechselnde Hollywood-Charaktere, ein 4 D-Kino und
allerlei Fahrgerät, sondern auch ein 1.851 Quadratmeter großes Filmstudio, in dem u.a. die Kino-
filme „Klimt“ und „Krabat“ gedreht wurden. Zum Studio gehören außerdem Produktionsbüros und
ein kleines Preview-Kino. Die Vermietung des Studios läuft über Movie Park Germany. Im Übrigen
haben die neuen Eigner alle 80 fest angestellten Mitarbeiter übernommen, darunter 14 Auszubil-
dende. Hinzu kommen 650 Saisonarbeiter. Im vergangenen Jahr hatte der europaweit größte Film-
und Entertainment-Park 1,3 Millionen Besucher.
Movie Park, Tel. (02045) 899-0; [email protected]
Köln: Film-Messeim AugustVom 11. bis 12. August findet im Kölner Cine-
dom die Film-Messe Köln statt, zu der An-
meldungen noch bis zum 4. August möglich
sind. Auf dem Branchentreff für „Filmverleiher,
Kinobetreiber und kinoaffine Unternehmen“
präsentieren mehr als zehn Verleiher Filme, Sze-
nen-Zusammenschnitte und Trailer von zukünf-
tigen Projekten. Zu den teilnehmenden Verlei-
hern gehören u.a. Senator, Prokino, NDF,
Tobis und Central Film. Die Anmeldeunter-
lagen und weitere Infos unter www.film-
messe-koeln.de.
Cannes 2010
Bankenviertel und Townships ander CroisetteDie Aussprache des doppelten H in Christoph
Hochhäuslers Nachnamen ist für Franzosen
ein kaum zu überwindendes Hindernis. Selbst
Cannes-Chef Thierry Frémaux, der regel-
mäßig komplizierteste Namen bewältigen muss,
stolperte gehörig bei der Premiere von Hoch-
häuslers „Unter dir die Stadt“ in dem vollbeset-
zten Salle Debussy des Festivalpalasts. Was er
über den zum zweiten Mal in der renommierten
Reihe Un Certain Regard vertretenen Regisseur
sagte, ließ das Publikum noch mehr aufhorchen:
Cannes liebe das deutsche Kino, versicherte Fré-
maux, um gleich hinzuzufügen, dass der
nächste Film des 37-Jährigen bestimmt
nicht mehr in der Nebenreihe laufen
werde. Das konnte man fast als Ver-
sprechen werten, dass Hochhäusler mit
seinem nächsten Langfilm im Wettbe-
werb des Festivals vertreten sein wird.
Verdient hat er sich diese Vorschus-
slorbeeren mit einem weiteren formal
ebenso makellosen wie wagemutigen
Film, der von der Recherche und Produk-
tion her allerdings weitaus aufwändiger
war als seine beiden vorhergehenden
Werke „Milchwald“ und „Falscher Beken-
ner“, der genau wie „Unter dir die Stadt“
von der Kölner Heimatfilm produziert und
von der Filmstiftung NRW gefördert wurde.
Hochhäusler erzählt die Geschichte einer Amour
fou im Frankfurter Bankenmilieu. Dass Irrational-
ität und Leidenschaft gerade in einer Welt, in
der scheinbar nur Geld und Macht zählen, im-
mer knapp unter der Oberflächliche lauern, zeigt
der Film in bestechenden Bildern aus dem In-
neren der Frankfurter Bankhäuser. Hinter viel
Glas wird hier Transparenz nur vorgegaukelt.
Gerade wer ganz oben in der Hierarchie steht,
ist in der Lage, Intrigen zu spinnen und
geheimen Obsessionen nachzugehen.
Wie schon bei „Falscher Bekenner“ war die
Aufnahme von „Unter dir die Stadt“ gerade in
der französischen Presse positiv. Variety-Kritik-
er Boyd van Hoeij wertete ihn als „immer in-
teressant“ und nannte Regie und Schauspielleis-
tung „beeindruckend“. Am traditionellen
Presseessen der Filmstiftung im Fischrestaurant
Astoux & Brun nahmen Hochhäusler, Pro-
duzentin Bettina Brokemper und die bei-
den Hauptdarsteller Nicolette Krebitz und
Robert Hunger-Bühler teil. Filmstiftungs-
Geschäftsführerin Claudia Droste-Deselaers
lobte aus diesem Anlass besonders Brokemper,
die auch in für unabhängige Produktionsfirmen
schwierigen Zeiten Mut bewiesen habe. Die
Filmstiftung NRW sei zufrieden, es dieses Jahr
mit „Unter dir die Stadt“ und „Life, Above All“
von Oliver Schmitz mit zwei sehr unter-
schiedlichen Filmen in die offizielle Auswahl von
Cannes geschafft zu haben.
In der Tat gehen die beiden Filme inhaltlich
und stilistisch völlig verschiedene Wege.
Während Hochhäusler mit kühler Präzision Fig-
uren zeigt, die alle Annehmlichkeiten einer
Wohlstandsgesellschaft selbstverständlich in
Anspruch nehmen können, erzählt der gebür-
tige Südafrikaner Schmitz die Geschichte eines
zwölfjährigen südafrikanischen Mädchens, das
jäh in die Erwachsenenwelt geworfen wird, als
die Mutter an Aids erkrankt. Das Drama wurde
vom Publikum in Cannes mit stehenden Ova-
tionen gefeiert und gewann den Prix François
Chalais, mit dem Filme ausgezeichnet werden,
die sich in besonders gelungener Weise mit dem
aktuellen Weltgeschehen auseinandersetzen.
„Life, Above All“ war bereits der vierte Film des
Regisseurs, der für Un Certain Regard aus-
gewählt wurde.
Auch die Spur des diesjährigen Gewinners
der Goldenen Palme führt nach NRW. Kopro-
duziert wurde „Uncle Boonmee Who Can Re-
call His Past Lives“ von der Hans W.
Geißendörfer Film- und Fernsehproduk-
tion und des Kölner Weltvertriebs Match Fac-
tory. Regie führte der Regisseur mit dem mo-
mentan wohl zungenbrecherischsten Namen
des Weltkinos: der Thailänder Apichatpong
Weerasethakul.
Deutscher Kinder-hörspielpreis: Jetzt bewerbenNoch bis zum 1. August sind Bewerbungen für
den mit 5.000 Euro dotierten Deutschen
Kinderhörspielpreis möglich. Mit dem Preis,
den die ARD gemeinsam mit der Film-
stiftung NRW und in Zusammenarbeit mit
der Stadt Wuppertal ausschreibt, soll der
beste Originalstoff oder die beste Adaption für
Kinderhörspiele gewürdigt werden. 2009 erhielt
Maja Nielsen den Preis für „Feldpost für
Pauline“, eine Produktion des WDR.
Neben den Landesrundfunkanstalten der
ARD und DRadio können sich auch Verlage,
Autoren und Hörspiel-Produzenten bewerben.
Die eingereichten Werke müssen nach dem
1. Juli 2009 veröffentlicht bzw. gesendet wor-
den sein oder einen festen Sende- oder Veröf-
fentlichungstermin bis zum 31. Dezember 2010
nachweisen. Jeder Bewerber darf nur eine Pro-
duktion mit einer maximalen Länge von 90
Minuten einsenden.
Die kompletten Ausschreibungsunterlagen
können unter www.filmstiftung.de herun-
tergeladen werden.
Köln: Zum Videoguckenins Museum
„Bild in Bewegung“ ist der Titel ein-
er Ausstellung, mit der das Kölner Mu-
seum Ludwig noch bis zum 31. Ok-
tober seine umfangreiche Film- und
Videosammlung der Öffentlichkeit
zugänglich macht. Zu sehen sind 55
raumgreifende Installationen und rund
270 Arbeiten, die über Videosichtplätze
abrufbar sind. Die Überblicksausstellung
mit den Werken vieler berühmter
Videokünstler will nicht nur die
Geschichte des bewegten Bildes in der
Kunst, sondern auch von seinen
vielfachen Inspirationen durch den Film
erzählen. Die Ausstellung stellt außerdem
Fragen nach „dem Einfluss des Kinos und
seinen erzählerischen Strategien, dem
Dokumentarischen als künstlerische Hal-
tung und dem Verhältnis von Video und
Film zum Ausstellungsraum“. Mehr In-
fos unter www.museenkoeln.de/
museum-ludwig
Meldungen – newsletter 4/2010 5
Heiter in Cannes (v.l.): Lerato Mvelase, Khomotso Manyaha und Harriet Manamela, dieHauptdarstellerinnen aus „Life, Above All“.Foto: Hubert Bösl/Festival de Cannes
Fototermin auf dem roten Teppich: (v.l.) Bettina Brokemper, Nicolette Krebitz,Christoph Hochhäusler (mit Kind), Robert Hunger-Bühler und Van-Lam Vissay bei der Premiere von „Unter dir die Stadt“ in Cannes. Foto: Filmstiftung
Videokunst und Film im Dialog: Szene aus Maria Lassnigs „Kantate“ (1992, oben) und aus Paul Sharits „T,O,U,C,H,I,N,G“ (1968). Fotos: Maria Lassnig/The Estate of Paul Sharits
• letter104_01-13 11.06.2010 13:48 Uhr Seite 5
Exposed: Debütszum Dritten
Exposed ist das Festival für Debütfilme und
wird vom 23. bis 28. November zum dritten Mal
in Köln stattfinden. Der Schwerpunkt der Film-
schau, organisiert aus dem Umfeld des Film-
clubs 813 sowie dem von Stephan Sarasi
gegründeten Vereins Neue Blicke Köln, liegt
auf dem europäischen Nachwuchsfilm. Neben
der zwölfteiligen europäischen Reihe werden zu-
dem im Kölner Programm auch drei heimische
Debüts präsentiert sowie – in diesem Jahr als
spezieller Fokus – Filme aus Österreich.
Noch bis zum 5. August können Filme-
macher ihre ersten und zweiten Langfilme bei
den Organisatoren einreichen. Näheres zu den
Konditionen findet sich unter www.exposed-
filmfestival.de.
NRW baut Brücken nachKroatienFilmForumZadar heißt ein neues Fe-
stival, mit dem Ruhrgebiets-Regisseur
Sergej Stanojkovski Nordrhein-
Westfalen und die RUHR.2010 mit
der Stadt Zadar an der kroatischen
Adriaküste verbinden will. Das Festival,
das in der letzten Augustwoche unmit-
telbar vor Venedig stattfindet, soll sei-
nen Fokus auf europäische Koproduk-
tionen richten und auch NRW-Filme im
Programm haben. Ziel ist es, „in Zadar
ein Forum für kreative Kräfte zu schaf-
fen“, so Stanojkovski, dessen preisge-
krönter Debütfilm „Kontakt“ auf über 50
internationalen Festivals lief. Die
RUHR.2010 und ihr 2010Lab sind
Partner des FilmForumZadar und wer-
den eigens einen Zadar-Channel schal-
ten, der über die Entwicklung der dor-
tigen Kreativwirtschaft, das Filmforum
und die Zusammenarbeit mit NRW be-
richtet.
Mit seiner Oberhausener Produkti-
onsfirma SSP GmbH produziert Sta-
nojkovski für die RUHR.2010 außerdem
eine Mini-Dokuserie über kreative Men-
schen. Die Porträts, u.a. über Rainer
Komers, Werner Nekes oder Hel-
ge Schneider sind auf dem Portal
www.2010lab.tv der Kulturhaupt-
stadt zu sehen.
SSP, Tel. (0208) 3866134;
„Themba“: Doppelte Ehrung in EmdenRund eine Woche vor der WM in Südafrika gewann „Themba“, Stefanie Sycholts geförder-
dertes Drama um einen aidskranken Fußballer, auf dem Internationalen Filmfest Emden-
Norderney sowohl den Bernhard Wicki-Preis als auch den DGB-Filmpreis. Der Kinofilm,
der von Zeitsprung und Rheingold Films produziert wurde, startet am 5. August in die deut-
schen Filmtheater. Der NDR-Nachwuchsfilmpreis des Festivals ging an die ebenfalls geförderte Drei-
ecksgeschichte „Renn, wenn du kannst“ von Dietrich Brüggemann. Die Koproduktion
der Wüste Film West mit WDR, SWR und Arte ist bereits ab dem 29. Juli in den deutschen
Kinos zu sehen.
Stummfilmtage in Bonn: 2010 und dann?
Bei Stummfilmen macht nicht der Ton den Film. Live-Begleitmusik jedoch kann den Takt vorgeben
und die Vorführung zu einem Erlebnis machen, das auch gegenüber großen 3D-Leinwandevents
bestehen kann. Das beweist seit Jahren eindrucksvoll das Bonner Sommerkino mit seinen In-
ternationalen Stummfilmtagen, die vom Förderverein Filmkultur Bonn e. V. mit Un-
terstützung des Filmmuseums München organisiert werden. Vom 12. bis zum 22. August wer-
den auch in diesem Jahr allabendlich bekannte und unbekannte Stummfilmklassiker aus aller Welt
im Arkadenhof der Universität Bonn in restaurierter Version vorgeführt und mit zum Teil
speziell komponierter Live-Musik begleitet. Rund 15.000 Besucher nutzen jedes Jahr dieses Ange-
bot, dessen Zukunft nun aber bedroht ist. Die Sparliste der Stadt Bonn sieht für die Stummfilm-
tage 2011 eine Kürzung von 40.000 auf Null Euro vor. Neben der Stadt sind an der Finanzierung
die Filmstiftung NRW, das BKM sowie Sponsoren und Eigenmittel beteiligt.
Eröffnet wird das Open-Air-Erlebnis in diesem Jahr mit einem besonderen Highlight: Fritz Langs
„Metropolis“. Für die Musikbegleitungen der Filme sind namhafte Stummfilmmusiker mit kleiner
Besetzung eingeladen, die auch Stummfilm-Entdeckungen, etwa aus dem Iran, begleiten werden.
Mehr Infos über Sparpläne und das Programm unter www.film-ist-kultur.de.
RUHR.2010: Nochmehr FilmschätzeEin besonderes Highlight erwartet die Besucher
im Rahmen des Sommerfestes zur Kulturhaupt-
stadt RUHR.2010 am 19. Juni. In der Henrichs-
hütte in Hattingen wird in Zusammenarbeit mit
Arte/ZDF der restaurierte Stummfilm „Schlagen-
de Wetter“ aufgeführt. Die neu komponierte Mu-
sik des Bochumer Komponisten Georg Grae-
we wird live vom WDR-Rundfunkorchester un-
ter der Leitung von Titus Engel begleitet. Der
von Karl Grune 1923 inszenierte Film wurde
im Ruhrgebiet an Originalschauplätzen gedreht
und erzählt das Drama einiger verschütteter Berg-
leute. Die Filmvorführung ist Teil des Projektes
„grubenklang.reloaded“.
An drei Terminen präsentiert das „Theater
der Welt 2010“ im Rahmen der RUHR.2010 ein
mit den Filmemachern Lav Diaz aus den Phil-
ippinen, dem Palästinenser Elia Suleiman („Di-
vine Intervention“) und Tsai Ming-Liang (Sil-
berner Bär 1997 für „Der Fluss“) aus Malaysia
hochrangig besetztes Filmprogramm. Die Regis-
seure suchen ihre Filme selbst aus und stehen
nach der alle gängigen Formate sprengenden
Vorführung zur Diskussion bereit. Am 4. und 5.
Juli sind sie zu Gast im Essener Filmstudio Glück-
auf, am 11. und 12. Juli im Mülheimer Rio. Al-
le Details zu den zwischen zwei und neun Stun-
den dauernden Vorführungen finden sich un-
ter www.theaterderwelt.de.
Den Sommer über wird die Online-Ausstel-
lung des europäischen Kurzfilms Europe in
Shorts regelmäßig erweitert. In qualitativ hoch-
wertigen Internetstreams erlauben die kuratier-
ten Kurzfilme spannende Einblicke in das vielfäl-
tige Schaffen des europäischen Films. Der eige-
ne Channel des Kulturhauptstadtprojekts
www.2010lab.tv präsentiert neben den Kurz-
filmen zudem Interviews mit allen Regisseuren so-
wie weitere in Zusammenarbeit mit dem Film-
verlag Schnitt betreute Artikel zu den Filmen.
newsletter 4/2010 – Meldungen6
Das Logo des diesjährigen Filmfests in Zadar. Foto: SSP
„Themba“: Gastdarsteller Jens Lehmann in seinem Kinodebüt beim Training südafrikanischer Talente. Foto: Zeitsprung
Premiere in Hattingen: die restaurierte Fassung des Stummfilms „Schlagende Wetter“ mit Live-Musik. Foto: Grubenklang reloaded
• letter104_01-13 11.06.2010 13:48 Uhr Seite 6
Unlimited suchtkurze FilmeDer 31. Juli ist die Deadline für Anmeldungen
zum europäischen Kurzfilmfestival unlimited,
zu dem die kurzfilmfreun.de in diesem Jahr
vom 23. bis 28. November wieder nach Köln
einladen. Einreichungen für die Wettbewerbe
und Sonderprogramme sind sowohl als Sich-
tungskopien (DVD) als auch über www.reel
port.com möglich. Mehr Infos unter www.
unlimited-festival.de.
kurzfilmfreun.de,
Tel. (0221) 67774116;
Filmhaus Köln:Made for China Auch in China besteht Bedarf an Weiterbildungs-
angeboten im Bereich Film. Deshalb fliegen Pe-
ter Klas, Geschäftsführer des Kölner Film-
hauses, und Jun Yan, Kurator des im Filmhaus
beheimateten Filmfestivals Visions of China,
Mitte Juni nach Shanghai und werben im Rah-
men des Shanghai International Film Fe-
stivals für ein Angebot aus Köln. Die Weiter-
bildung „Film made in Germany“, die im Herbst
erstmals stattfinden soll, wurde speziell für Film-
schaffende aus China entwickelt. Die
Lehrinhalte des zweimonatigen Seminarangebo-
tes vermitteln Dozenten des Kölner Filmhauses
und des Filmhauses Babelsberg als Koope-
rationspartner. Dazu zählen u.a. Regisseur und
Oscar-Preisträger Volker Schlöndorff, Kame-
ramann Jost Vacano, Michaela Grützen,
Vizepräsidentin der Hochschule für Fernse-
hen und Film München, Produzentin Son-
ja B. Zimmer und Regisseur Wolfgang
Groos, dessen Film „Hangtime“ auch auf dem
Shanghai International Festival gezeigt wird. Ne-
ben den Seminarinhalten soll den chinesischen
Filmstudenten auch ein Überblick über die deut-
sche Produktionslandschaft gegeben werden.
Damit verbunden sind auch Besuche der wich-
tigsten deutschen Filmhochschulen.
Kölner Filmhaus, Tel. (0221) 2227100;
Filmstiftung NRW:RichtlinienSeit dem 27. Mai sind modifizierte Richtlinien
der Filmstiftung NRW in Kraft. Wesentliche
Neuerung der Überarbeitung ist eine einheitli-
che Richtlinie für alle Förderbereiche, also so-
wohl P1 als auch P2. Außerdem gelten Fernseh-
förderung, Nachwuchsförderung und Stoffent-
wicklungsförderung ab sofort als eigenständi-
ge Förderarten.
Die aktuellen Richtlinien können ab sofort
online unter www.filmstiftung.de/
Download/richtlinien.php herunter gela-
den werden. Für Nachfragen stehen die Mitar-
beiter der Filmstiftung NRW im Düsseldorfer
Medienhafen gerne zur Verfügung.
Filmstiftung NRW, Tel. (0211) 930500;
Förderpreis Schnitt:Jetzt einreichenAuch zum zehnjährigen Jubiläum von Film+,
dem Kölner Forum für Filmschnitt und Mon-
tagekunst, wird ein Förderpreis Schnitt für Nach-
wuchseditoren ausgerufen. Ausgestattet wird er
in diesem Jahr vom Kulturwerk der VG Bild-
kunst mit einer Dotierung in Höhe von 2.500
Euro. Editoren, die noch nicht mehr als einen
Langfilm geschnitten haben, können ihre max-
imal 20-minütigen Arbeiten noch bis zum 30. Juli
bei Film+ einreichen – Teilnahmebedingungen
sowie das nötige Formular gibt es unter
www.filmplus.de. Das vom Filmverlag
Schnitt in Zusammenarbeit mit der Film-
stiftung NRW und der Stadt Köln veranstal-
tete Forum wird vom 26. bis 29. November mit
seinem Programm aus Diskussionen und Filmvor-
führungen wieder in den Kinos OFF Broadway
sowie im Filmforum NRW stattfinden. Die No-
minierungen der Schnitt Preise in den Kategorien
Spielfilm, Dokumentarfilm und Förderpreis wer-
den Ende September bekannt gegeben.
Film+, Tel. (0221) 2858706;
Oberhausen: Kurzes vom MeeresgrundMit der Preisverleihung endeten die 56. Inter-
nationalen Kurzfilmtage Oberhausen
am 4. Mai in der Lichtburg. Während die
Hauptpreise des Festivals dieses Jahr nach
Schweden („Madame & Little Boy“ von Mag-
nus Bärtås), Großbritannien („Monolog“ von
Laure Prouvoust) und Israel/Niederlande/
Polen („Mur i wieza“ von Yael Bartana) gin-
gen, hielt die Begeisterung an diesem tradition-
sreichen Festival auch 2010 unvermindert an.
Über 1.000 Akkreditierte aus 45 Ländern be-
suchten im Mai das Festival, dessen berühmtes
Manifest im kommenden Jahr 50. Geburtstag
feiern wird. Zudem verzei-chnete das Festival-
team um Leiter Lars Henrik Gass mit rund
18.400 Besuchern sogar eine minimale
Steigerung zum Rekordjahr 2009. Entscheiden-
den Anteil daran hatte auch die extrem beliebte
Sonderreihe „Vom Meeresgrund: Das Experi-
ment Film 1898-1918“. Meist bis zum letzten
Sessel waren die Programme ausverkauft, was
am Einlass manches Mal zu tumultartigen
Szenen führte. Insgesamt fast 500 Filme in den
offiziellen Präsentationen, dazu 5.500 Kurzfilme
im Markt, zahlreiche Podien und Nebenver-
anstaltungen: Die Kurzfilmtage, die ihre Marke
in einem geplanten Kurzfilm-Portal künftig auch
online ausbauen möchten, wie Gass bei der
Eröffnung in einer Präsentation verriet, zeigten
von Abnutzung keine Spur. Die Fortsetzung fol-
gt vom 5. bis 10. Mai 2011.
Alle Preisträger – darunter auch Florian
Riegel, der mit „Holding Still“ den NRW-Wett-
bewerb gewann: www.kurzfilmtage.de.
Kurzfilmtage, Tel. (0208) 8252652;
Meldungen – newsletter 4/2010 7
EIN FILM VON SHIRIN NESHAT
„Bilder von bestechender Schönheit“Frankfurter Allgemeine Zeitung
WOMEN WITHOUT MEN„Dieser Film hat mich zutiefst berührt.“
ANG LEE – Jurypräsident der 66. Mostra di Venezia
AB 1. JULI 2010 IM KINO
VENEDIG 2009SILBERNER LÖWE FÜR BESTE REGIE
SCHULVORSTELLUNGEN SIND AB 21. JUNI 2010 MÖGLICHBildungsmaterial steht auf www.womenwithoutmen-derfilm.de zum Herunterladen bereit.
Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an: [email protected]
WWM_AZ_135x175:Layout 1 07.06.2010 10:54 Uhr Seite 1
AN
ZE
IGE
Szene aus „Monolog“, einem der Gewinnerfilme der Kurzfilmtage Oberhausen. Foto: Laure Prouvoust
Premiere in Hattingen: die restaurierte Fassung des Stummfilms „Schlagende Wetter“ mit Live-Musik. Foto: Grubenklang reloaded
• letter104_01-13 11.06.2010 13:48 Uhr Seite 7
Münsterland: „Du bist Provinz“Das Vorurteil, dass die Provinz „provinziell, rück-
ständig, miefig und eng“ ist, will der Filmser-
vice Münster.Land mit der Aktion „Du bist
Provinz" ein für allemal ausmerzen. Der Start-
schuss fiel bereits im Juni 2009 mit einer Reise
durch das Münsterland, bei der 27 Künstler al-
ler Sparten aus der Region und aus Overijssel be-
gannen, sich intensiv mit ihrem Lebensmittel-
punkt, der Provinz, auseinanderzusetzen. Die Er-
gebnisse dieser Auseinandersetzung, die bis heu-
te andauert und an der sich inzwischen 41 Künst-
ler beteiligen, werden nun vom 29. Juni bis 4. Ju-
li in Münster in einer Ausstellung, einer Filmrei-
he und bei einem Frühschoppen erstmalig ge-
zeigt , ehe sie in der zweiten Jahreshälfte auch
in der niederländischen Provinz zu sehen sind.
Filmservice Münster.Land,
Tel. (0251) 4921380;
Orientierungskurs:BerufswunschSchauspieler
In Hamburg finden die Orientierungskurse für
angehende Schauspieler der Schule für
Schauspiel Hamburg bereits seit zehn
Jahren statt. In Köln feiert das Angebot, das in
Zusammenarbeit mit dem hiesigen Jondral
Künstlermanagement organisiert wird, im
Juli Premiere. Vom 15. bis 18. Juli soll der 250
Euro teure Orientierungskurs helfen, her-
auszufinden, „ob man neben Talent auch aus-
reichend Mut, Disziplin und Ausdauer für ein
Leben auf der Bühne oder vor der Kamera mit-
bringt“. Erfolgreiche Absolventen des Kurses,
der ein schauspielerisches Grundlagentraining
vermitteln soll, können das dreijährige Studium
in Hamburg auch ohne Aufnahmeprüfung be-
ginnen.
„Viele junge Leute träumen davon, auf der
Bühne zu stehen oder in einem Film mitzuspie-
len. Im Orientierungskurs unterstützen wir sie,
den Berufswunsch spielerisch auf die Probe zu
stellen“, so Michaela Uhlig, Gründerin und
Geschäftsführerin der SSH.
Weitere Infos unter www.schauspiel
schule-hamburg.com
medienforum.nrw:Vernetzt mit der Insel Großbritannien gilt als einer der attraktivsten
Zielmärkte für die Film- und Fernsehwirtschaft
in NRW. Jetzt können sich hiesige Produzenten
auf neue Art mit britischen Kollegen vernetzen.
Die Verbindungen werden durch das Projekt
„Creatives Go UK“ geknüpft, das am 30. Juni
auf dem medienforum.nrw vorgestellt wird
– in Anwesenheit britischer Experten. Für den
17. bis 19. November steht dann eine Koope-
rationskonferenz in London auf dem Plan.
„Creatives Go UK“ ist eine gemeinsame Initia-
tive des AHP Creative’s Desk und der
Stabsstelle Medien der Stadt Köln. Weitere
Partner sind der VFFVmedia, das Medien-
cluster NRW und die IHK Köln. Weitere In-
fos gibt es auf http://tinyurl.com/Creati-
vesGoUK
Hörspielpreis der Kriegsblinden
Ausgezeichnete Hörcollagezum Mauerfall
„Niemand würde behaupten, dass die Welt untergeht, wenn die Sen-
der ein Hörspiel weniger im Jahr produzieren. Ich bin dieser Niemand.“
Thilo Reffert, der diesjährige Preisträger des Hörspielpreises der
Kriegsblinden nutzte seine Dankesrede für eine Liebeserklärung an
das Radio und ein Plädoyer für das Hörspiel, denn – so Reffert: „Es gibt
den Stimmen eine Stimme, die sonst nicht gehört werden.“ Überreicht
wurde der Hörspielpreis, der vom Bund der Kriegsblinden
Deutschlands und der Filmstiftung NRW vergeben wird, durch
den Bundesvorsitzenden Dieter Renelt am 6. Juni in Bad Godesberg.
Reffert erhielt den Preis für sein vom MDR produziertes Stück „Die Si-
cherheit einer geschlos-
senen Fahrgastzelle“, in
dem er – vermischt mit
damaligen O-Tönen
und unterlegt mit ei-
nem gewitzten Kom-
mentar– die Reise seiner
Mutter und seiner
Schwester wiederholt,
die sich am 9. Novem-
ber 1989 in einem
Wartburg von Magde-
burg aus in Richtung
deutsch-deutscher
Grenze aufmachten.
„Das Stück ist ein klei-
nes Denkmal für zwei
Frauen, die gezeigt haben, dass Geschichte sich nicht ereignet, son-
dern dass man sie gestalten kann“, lobte denn auch Anna Dünne-
bier, die Vorsitzende der Jury, Refferts Hörspiel-Collage in ihrer Lau-
datio. Detlef Rentsch, stellvertretender Hörfunkdirektor des MDR,
betonte in seiner Rede, dass der Preisträger erst der siebte ostdeutsche
Autor ist, der mit dem Hörspielpreis bedacht wurde, und erinnerte an
die Verleihung 1967, als die Auszeichnung an den DDR-Autor Rolf
Schneider ging und für politische Verstimmung sorgte. NRW-Staats-
sekretär Michael Mertes schloss sich in seiner Wertschätzung des
Mediums dem Preisträger an: „Die öffentlich-rechtlichen Sender müs-
sen und können sich die Kunstform Hörspiel leisten.“
Der 1970 in Magdeburg geborene Reffert schreibt seit 2000 Thea-
ter- und Hörstücke und ist der 59. Preisträger des Hörspielpreises der
Kriegsblinden. Zu den vor ihm ausgezeichneten Autoren gehören u.a.
Christoph Schlingensief, Heinrich Dürrenmatt und Elfriede
Jelinek.
VFFVmedia: Lounge geöffnetAuf dem medienforum.nrw eröffnet der Verein VFFVmedia er-
neut seine Produzentenlounge, in der am 29. Juni Sendeverantwort-
liche über Programmbedarfe sprechen. Referenten sind u.a. Katja Ho-
fem-Best, Geschäftsführerin des ProSiebenSat1-Senders Sixx, und
Wolfgang Pütz, Programmchef des österreichischen Senders Ser-
vus TV. Die Moderation übernimmt Elisabeth Neumann vom Me-
dienbüro Rheinland.
VffVmedia, Tel. (0221) 57775-0; [email protected]
Dokus: Programmtipps aus dem Netz Für ihre neue Website www.allesbestens.org durchforsten die Me-
dienjournalisten Susanne Wankell, Brigitte Knott-Wolf und Fritz
Wolf von Düsseldorf aus die TV- und Radioprogramme auf der Su-
che nach Dokumentarfilmen und Radiofeatures. Ihre Fundstücke prä-
sentieren sie „durchaus subjektiv“ und ohne Quotenorientierung als
regelmäßige Programmtipps auf ihrem Portal, das den schönen Un-
tertitel „Hören und Sehen für Fortgeschrittene“ trägt. Angestrebt ist,
neben den Kritikern auch die Autoren der vorgestellten Dokus und Fea-
tures zu Wort kommen zu lassen. Für interessierte User gibt es die Mög-
lichkeit, einen Newsletter mit Doku- und Featureempfehlungen zu abon-
nieren.
In seiner Kolumne „gestern, heute, morgen“ blickt
der Kölner Filmjournalist Heiko R. Blum
im Newsletter zurück und nach vorne
und widmet sich dabei sowohl aktu-
ellen Filmthemen als auch Geschichten
abseits des Tagesgeschäfts. Anlässlich
des Gastlandes Spanien beim Internationalen
Filmkongress erzählt er vom Aufbruch iberischer
Filmemacher nach Francos Tod.
Filmkultur aus Barcelona
Barcelona im Juli 1978: Es ist ein drückendheißer Sommer. Wenige Ki-
lometer von Taragona entfernt war gerade ein Benzinlaster in einen
Campingplatz gerast und hatte ein Blutbad angerichtet. General Franco
war knapp drei Jahre tot, da begann im Filmgeschäft des Landes eine Auf-
bruchstimmung. Während die Produzenten in Madrid die Kinos mit Hi-
storien-, Horror- und Pornofilmen bombardierten, wurde Barcelona zum
Zentrum einer alternativen Filmkultur. Dort verstand man schon früh, die
strenge Zensur unter Franco zu umgehen.
Der Filmkünstler Ventura Pons, Jahrgang 1945, hat mehr als 20 Fil-
me gedreht, die sich vorwiegend mit gesellschaftlichen Außenseitern, vor
allem mit Homosexuellen, beschäftigten, wie das schwul-lesbische Dra-
ma „Früchte der Liebe“ oder das Psychodrama „Geliebter Freund“. Sein
herausragender Stil wurde auf fast allen internationalen Festivals gerühmt
– vor allem auf der Berlinale.
Pons lebt in einer bescheidenen Wohnung mitten in seiner Geburts-
stadt Barcelona. Hier treffen wir uns zu einem Gespräch. Neben dem gro-
ßen, überladenen Schreibtisch steht ein Schneidetisch, an dem er uns sei-
nen letzten Film vorführt. Es ist der Dokumentarfilm „Ocana“, der auf dem
Filmfestival in Cannes in der Reihe „Un Certain Regard“ große Beachtung
fand und prämiert wurde. Pons lässt einem homosexuellen Maler völli-
ge Freiheit, sich über sein hartes Leben und das Verständnis von der Welt
auszudrücken. Man sieht Ocana in einer Art selbst inszenierten Drag-
Queen-Prozession singend und halbnackt die Rambla entlanglaufen. We-
nige Jahre nach den Dreharbeiten dieses aufregenden Porträts stirbt Oca-
na auf tragische Weise.
Pons hatte – wie er sagt – in einer so genannten Freiheit nach zehn Jah-
ren Theaterarbeit seinen ersten Film gedreht. „Ich versuchte, immer wich-
tige Ideen im Kleinen umzusetzen, wie übrigens viele meiner Kollegen – et-
wa Pedro Olea, im Gegensatz zum Trivialkino meiner Kollegen aus Madrid.“
Zu Beginn der neunziger Jahre wurden dann Regisseure wie Bigas Lu-
na, Fernando Trueba oder Pedro Almodóvar bekannt. Trueba erhielt 1993
für die erotische Komödie „Belle Epoque“ mit Penélope Cruz einen Os-
car, Almodóvar wurde 2000 für den besten fremdsprachigen Film („Al-
les über meine Mutter“) und 2003 für das beste Original-Drehbuch („Sprich
mit ihr“) mit dem Akademiepreis ausgezeichnet. Zur Mitte des Jahrzehnts
trat eine neue Generation von Filmemachern in Erscheinung, unter ihnen
Julio Médem und Isabel Coixet. Schon die Erstlingsfilme der so genann-
ten „neuen Welle“ erregten in der internationalen Cineasten-Szene be-
sonderes Interesse. Andere Regisseure richteten ihren Blick auf Spanien,
indem sie etwa einer mystischen Naturbetrachtung (Julio Médem mit „Va-
cas – Kühe“), einem Rückgriff auf den Film Noir (Alejandro Amenábar mit
„Faszination des Grauens“) oder einem sozialkritischen Realismus (Iciar Bol-
laín und León de Aranoa) frönten, der durchaus auch heitere Töne an-
schlagen konnte. Wenige Jahre später waren diese Regisseure dann welt-
weit so bekannt, dass sie in internationalen Großproduktionen Hollywood-
stars wie Nicole Kidman (Alejandro Amenábars „The Others“, 2001) oder
Tim Roth (Isabel Coixets „The Secret Life of Words“, 2005) für Hauptrol-
len verpflichten konnten. Und Fernando León de Aranoa, der solide er-
zählte und hervorragend gespielte Sozialdramen dreht, konnte sich 2002
beim Filmfestival in San Sebastián für seine Tragikomödie „Montags in der
Sonne“ den Hauptpreis abholen.
newsletter 4/2010 – Meldungen8
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Heiko R. Blum, Foto: Heike Herbertz
Claudia Droste-Deselaers (Filmstiftung, l.), Jury-Vorsitzende Anna Dünnebier und Dieter Renelt (Bund der Kriegsblinden, r.) mit dem diesjährigen Preisträger Thilo Reffert. Foto: Heike Herbertz
• letter104_01-13 11.06.2010 13:48 Uhr Seite 8
Dt. Kamerapreis: DieNominierungen stehenInsgesamt 35 Kameraleute und Editoren sind in sechs
Kategorien für den 20. Deutschen Kamerapreis
nominiert, der am 27. Juni im Rahmen des medien-
forum.nrw in Köln verliehen wird. In der Kategorie Ki-
nospielfilm darf dabei Feo Aladags geförderte NRW-
Produktion „Die Fremde“ auf zwei Preise hoffen. Sowohl
Kamerafrau Judith Kaufmann als auch die Editorin
Andrea Mertens sind für die renommierte Auszeich-
nung vorgeschlagen. Sie konkurrieren dabei u.a. mit Ka-
meramann Martin Gschlacht und dessen Bildgestal-
tung für Shirin Neshats „Women without Men“, mit
der Kameraarbeit von Rainer Klausmann für „Soul
Kitchen“ von Fatih Akin sowie mit Patrick Epplers
Montage von „Bis aufs Blut – Brüder auf Bewährung“.
In der Kategorie Kurzfilm sind zwei Produktionen der
Kunsthochschule für Medien Köln nominiert: Für
den Kurzfilm „dresdenprag“ erhielten sowohl Kamera-
mann Matteo Coco als auch Editor Frederik Geis-
ler eine Nominierung, während Editorin Sabine Her-
pich auf die Auszeichnung für ihre Arbeit an „Wanna-
Be“ hoffen darf.
Eine komplette Liste der Nominierten stellt die Web-
site www.deutscher-kamerapreis.de zum
Download bereit. Eine Auswahl der nominierten Pro-
duktionen läuft auch in diesem Jahr wieder im Rahmen
des Festivals Großes Fernsehen am 26. und 27. Ju-
ni im Kölner Cinedom. Der Ehrenpreis des Deutschen
Kamerapreises geht in diesem Jahr übrigens an die Fir-
ma ARRI, „das Synonym für großes Kino“, so Chri-
stoph Augenstein, Geschäftsführer des Vereins Deut-
scher Kamerapreis Köln e.V.
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Meldungen – newsletter 4/2010
A N Z E I G E
9
Der kleine Cem (Nizam Schiller) beim Freitagsgebet: Szene aus dem Film „Die Fremde“, der für zwei Kamerapreise nominiert ist. Foto: Majestic
• letter104_01-13 11.06.2010 13:48 Uhr Seite 9
newsletter 4/2010 – Meldungen10
ImpressumHerausgeberin:Tanja Güß
Chefredakteur: Rüdiger Bertram
CvD: Anna Koskoda
Redaktion: Oliver Baumgarten, Katharina Blum, Peter Hanemann (A.R.T.)Wolfgang Hippe (A.R.T.)Christian Seebaum
Autoren dieser Ausgabe: Uwe Mies, Michael Dlugosch, Anna Koskoda,Günter Jekubzik, Heiko R.Blum, Frank Olbert, Heike Meyer-Döring (ME-DIA), Uwe Scheele
Redaktionsassistenz: Lena Kraan
Gestaltung/Layout: alfred friese + inrhein
Titel:„Women without Men“; Foto: NFP
Redaktionsschluss:4. Juni 2010
Anzeigenbetreuung:Lena Kraan,Tel. (0211) 9305024
Anzeigenschluss für die nächste Ausgabe:6. Juli 2010
Der newsletter ist kostenlos und kann bei der Filmstif-tung NRW wahlweise alsPrint-Version oder als PDFabonniert werden.
Sobald das PDF zumDownload zur Verfügungsteht, werden Sie per Mailinformiert.
Die Berücksichtigung vonTerminen richtet sich nachdem Erscheinen desNewsletters im Internet.
Das kann leider dazu füh-ren, dass Termine bereitsüberholt sind, wenn dieDruckausgabe des News-letter ausgeliefert wird, bietet aber die größt-
mögliche Aktualität für die Download-Nutzer. Wir bitten dafür um Verständnis.
Danke an alle Produzenten, Sender & Verleiher für ihre Unterstützung und die Bilder zu ihren Filmen.
Tel.: (0211) 93 05 00Fax: (0211) 93 05 085Kaistraße 1440221 Dü[email protected]
Kate Winslet galt schon vor „Der Vorleser“
in ihrem Heimatland nicht nur als Star, sondern
auch als Wirtschaftsfaktor. Mit Hilfe eines nach
ihr benannten Algorithmus belegte das UK
Film Council ihren Wert für die heimische Fil-
mindustrie. Ein Ergebnis, dem Thorsten Hen-
nig-Thurau problemlos folgen kann, denn mit
Zahlenkolonnen kennt sich der gelernte
Betriebswirt ebenso aus wie mit dem
Filmgeschäft. Seit dem Jahr 2000 befasst er sich
mit „Erfolgsfaktoren des Films“. Der Ansatz des
Professors für Marketing ist international, denn
er lehrt nicht nur an der Westfälischen Wil-
helms-Universität in Münster, sondern auch
an der City University of London und hat
den US-Markt fest im Blick. Nach der Analyse
von bisher etwa 2.000 Filmen hat der Market-
ing-Experte gut 300 Faktoren herausdestilliert,
mit deren Hilfe er den Kassenerfolg eines Films
vorhersagen kann. Seine mögliche Fehlerquote
liegt derzeit bei rund 20 Prozent. Immerhin sei
das besser als vergleichbare Quoten bei der Ein-
führung von Joghurt oder Bier, tröstet er.
Sein Konzept geht von der Annahme aus,
ebenso berücksichtigt wie „uninformierte Infor-
mationskaskaden“ (Mund-zu-Mund-Propa-
ganda) oder einfache ökonomische Kennzahlen
– etwa auf wie vielen Leinwänden der Film
gelaufen oder wie hoch sein Werbebudget ist.
Am Ende steht die Formel BEV = (RPS - RPO) x
0,4886. Das Kürzel BEV bedeutet den Wert der
Marke, RPS das prognostizierte Einspielergeb-
nis, RPO das eines zum Vergleich herangezo-
genen Films. Die sogenannte OLS-Regression,
ein statistisches Verfahren, minimiert
Schätzfehler. Der Faktor 0,4886 entspricht dem
durchschnittlichen Anteil der Gesamteinnahmen
über alle Verwertungskanäle, der an das Film-
studio fällt. Mathematikern dürfte das etwas
sagen, deutsche Filmproduzenten sind dagegen
noch etwas skeptisch. „Sie glauben, ihr Wert
liege darin, das Gefühl für einen guten Filmstoff
zu haben“, meint Hennig-Thurau. „Wenn ein
Algorithmus nun ein besseres Näschen hätte,
wären sie ihren Job los.“ Dabei gesteht er dur-
chaus zu, dass ein Kunstwert einzigartig ist, aber
„als Produkt folgt es auf dem Markt eben
ökonomischen Regeln“. Auch wenn es „unfass-
bar schwierig“ sei, bestimmte Faktoren wie et-
wa den aktuellen 3D-Trend messbar zu machen,
ist der „Blockbuster-Professor“ doch verhalten
optimistisch. Sein Resümee: „Ein toller Film kann,
muss aber nicht finanziell erfolgreich zu sein.“
dass Marken für das
Pub l i kum immer
wichtiger werden. „Die
erfolgreichsten Filme“,
so Henning-Thurau,
„sind deshalb Fortsetzungen von Kinoerfolgen
sowie Adaptionen von Büchern, Comics und
Videospielen.“ Qualität spiele „natürlich“ eine
Rolle, auch die „kulturelle Nähe“ zum Thema.
Eine Schlüsselvariable ist „Star-Power“, d.h. der
durchschnittliche Umsatz der letzten drei Filme
der Hauptdarsteller. Die Filmkritik wird von ihm
FilmSchauPlätze
Open-Air-Kino querdurch NRW
Sommer, laue Abende und Kino unter freiem
Himmel: Das kann man dank der Filmstiftung
NRW in diesem Sommer wieder an 13 Orten in
NRW erleben, wenn diese sich in FilmSchauPlät-
ze verwandeln. Neun davon liegen am Rhein-Her-
ne-Kanal, der in diesem Sommer zum Kulturka-
nal wird. Die Filmstiftung kooperiert dabei mit
dem KulturKanal, einem Projekt der Kulturhaupt-
stadt Europas RUHR.2010. Die Filmpalette spannt
in diesem Jahr einen großen Bogen über ameri-
kanische Blockbuster bis zu europäischem Auto-
renkino und deutschen Komödien.
Die Filme sind immer auf den Ort der Vorfüh-
rung abgestimmt: Die Fußballkomödie „Männer
wie wir“ läuft etwa im Stadion Niederrhein, „Zu-
rück in die Zukunft II“ auf dem Rathausvorplatz
in Heiligenhaus. Lokale Partner bieten dazu ein
buntes Rahmenprogramm an: So wird der Open-
Air-Kinoabend zu einem besonderen Erlebnis. Ein
kurzer Vorfilm, der in NRW produziert wurde, läu-
tet jeden Abend ein. Bei allen Filmvorführungen
ist der Eintritt frei.
Das detaillierte Programm zu allen Veranstal-
tungen (Organisation: Anna Fantl) ist zu finden un-
ter: www.filmschauplaetze.de.
25. AugustRecklinghausen; Stadthafen The Beach
Der Star als Wirtschaftsfaktor: Kate Winslet undDavid Kross in „Der Vorleser“. Foto: Senator
Erfolgsformel aus Münster:BEV = (RPS - RPO) x 0,4886
Donnerstag, den 24. Juni
Takiye – Spur des Terrors
in Kooperation mit derFilmstiftung NRW19:30 - 21.00 UhrWDR, 90 Min.
Metalocalypse
21:30 - 22:45 UhrTurner Broadcasting SystemDeutschland, 6 x 11 Min.
Freitag, den 25. Juni
Die letzten 30 Jahre
in Kooperation mit derFilmstiftung NRW19:00 - 20:30 UhrWDR, 90 Min.
Geschichte der Ozeane
21:00 - 22:30 UhrZDF, 90 min.
Samstag, 26. Juni
Lost in Religion
11:00 - 11:55 UhrGebrueder BeetzFilmproduktion, 52 Min.
The Day After
13:30 - 14:20 UhrNational Geographic Channel,50 Min.
Leverage
15:00 - 16:30 UhrVOX, 2 x 42 Min.
Solange du schliefst
17:00 - 18:30 UhrZDF, 90 Min.
Go West - Freiheit um
jeden Preis
19:00 - 21:10 UhrProSieben, 126 Min.
Zone of Separation
21:45 - 24:00 UhrRTL Crime, 2 x 60 Min.
SPECIAL: DEUTSCHER
KAMERAPREIS 2010
(Nominierte Beiträge)16:00 - 21:30 Uhr
Sonntag, den 27. Juni
Auf den Spuren der
Samurai
11:00 - 12:30 UhrHISTORY, 90 Min.
Dance Academy
13:00 - 13:50 UhrZDF, 2 x 23 Min.
The No. 1 Ladies
Detective Agency
14:30 - 16:20 UhrHBO, 110 Min.
Der Uranberg
17:00 - 18:30WDR, 90 Min.
Die Akte Golgatha
19:00 - 20:30 UhrRTL, 90 Min.
You Don`t Know Jack
21:00 - 22:30 UhrHBO, 90 min.
SPECIAL: DEUTSCHER
KAMERAPREIS 2010
(Nominierte Beiträge)13:00 - 16:30 Uhr
Mehr Infos unter
www.medienforum.nrw.de
Festival Großes Fernsehen im Kölner Cinedom im Rahmen des medienforum.nrw
TV auf der Leinwand
Stipe Erceg (l.) und Erhan Emre in „Takiye“, dem Eröffnungsfilmdes Festivals Großes Fernsehen. Foto: WDR/Bernd Spauke
13. JuliDatteln; Grünanlagen
zwischen Rathaus und Hermann-
Grochtmann-Museum 12 m ohne Kopf
21. JuliWuppertal; Historisches ZentrumTanzträume
• letter104_01-13 11.06.2010 13:48 Uhr Seite 10
13. JuliDatteln
Grünanlagen zwischen Rathaus und Hermann-Grochtmann-Museum
12 m ohne Kopf
14. JuliEssen
SchurenbachhaldeRenn, wenn du kannst
15. JuliCastrop-Rauxel
RiadDie Fremde
16. JuliGelsenkirchen
NordsternparkDie Päpstin
20. JuliRamsdorf
Freibad Mamma Mia
21. JuliWuppertal
Historisches ZentrumTanzträume
22. JuliHerne
Künstlerzeche Unser Fritz 2/3Bang Boom Bang
1. AugustOberhausen
Stadion NiederrheinMänner wie wir
2. AugustWaltrop
Schiffshebewerk Henrichenburg Fluch der Karibik I
24. AugustHeiligenhaus
Rathausplatz Zurück in die Zukunft II
25. AugustRecklinghausen
Stadthafen The Beach
27. AugustHamm
Martin-Luther-PlatzDer Vorleser
29. AugustBottrop
Altes Ruderhaus am Rhein-Herne-Kanal
Lauf um Dein Leben
29. AugustBottrop; Altes Ruderhaus
am Rhein-Herne-Kanal Lauf um Dein Leben
27. AugustHamm; Martin-Luther-PlatzDer Vorleser
25. AugustRecklinghausen; Stadthafen The Beach
24. AugustHeiligenhaus; Rathausplatz Zurück in die Zukunft II
2. AugustWaltrop; Schiffshebewerk
Henrichenburg Fluch der Karibik I
1. AugustOberhausen; Stadion NiederrheinMänner wie wir
22. JuliHerne; Künstlerzeche Unser Fritz 2/3Bang Boom Bang
16. JuliGelsenkirchen; NordsternparkDie Päpstin
15. JuliCastrop-Rauxel; Riad
Die Fremde
14. JuliEssen; SchurenbachhaldeRenn, wenn du kannst
FilmSchauPlätze – newsletter 4/2010
20. JuliRamsdorf; Freibad Mamma Mia
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• letter104_01-13 11.06.2010 13:48 Uhr Seite 11
Zehn Jahre Documentary Campus“ – so
lautet das Motto des nächsten interna-
tionalen Symposiums, das der Verein Do-
cumentary Campus e.V. vom 10. bis 12.
September 2010 für die europäische Do-
kumentarfilmbranche in München organi-
siert. Geplant ist ein Pitching Forum sowie
Case Studies, Podiumsdiskussionen, Scree-
nings und vieles mehr. Anmeldungen sind
unter www.documentary-campus.com
möglich.
50 Seminare, Symposien und Work-
shops mit international renommierten Ex-
perten hat Documentary Campus bereits für
Dokumentarfilmschaffende in den letzten
Jahren organisiert, um sowohl Profis als
auch talentierte Nachwuchskräfte an den
internationalen Markt für Non-Fiction-Pro-
gramme heranzuführen und konkurrenzfä-
hig zu machen. Das Herzstück von Docu-
mentary Campus ist die neunmonatige Ma-
sterschool, die im Rahmen von vier ein-
wöchigen Workshops in unterschiedlichen
europäischen Städten stattfindet. Europa-
weit werden 15 Teilnehmer (Autoren, Re-
gisseure, Produzenten und Redakteure) aus-
gewählt, um unter professioneller Betreu-
ung ihre dokumentarischen Projekte für ein
internationales Publikum zu entwickeln. Da-
zu bietet die Masterschool ein marktnahes
Training in den Bereichen Drehbuchentwick-
lung, internationale Koproduktion, Finan-
zierung und Vertrieb. Anschließend gibt es
ein Abschlusspitching. Zusätzlich kann ein
Praktikum in einer internationalen Produk-
tions- oder Vertriebsfirma absolviert werden.
Anmeldeschluss ist der 30. Septem-
ber 2010. Die Bewerbung ist mit bis zu
zwei Projekten möglich.
Ergänzend zur Masterschool betreibt
Documentary Campus die Web-Plattform
www.reelisor.com, die mit einem Bran-
chenkalender, Nachrichten, Links und Fort-
bildungsangeboten die Doku-Community
auf dem Laufenden hält und zusätzlich die
Möglichkeit bietet, neue Projekte und Trai-
ler der internationalen Branche vorzustel-
len.
70 Prozent der Masterschool-Projekte
wurden bislang realisiert, darunter einige
Dokumentarfilme aus NRW. Zwei werden
aktuell produziert: „Taste the Waste“ von
Produzent und Regisseur Valentin Thurn
(Thurnfilm) und Koproduzentin Astrid
Vandekerkhove (SCHNITTSTELLE,
Köln) sowie „White Blood“ von Regine
Dura, eine internationale Koproduktion der
Kölner Lichtblick Film- und Fernseh-
produktion. Für die MEDIA-Seite des
Newsletters erzählen die Teilnehmer von ih-
ren Erfahrungen.
Warum haben Sie sich fürdie Teilnahme am Documentary-Campus-Programm entschie-den? Regine Dura: Ich hatte zuvor zwei
Jahre in London gearbeitet, u.a. in der Stoff-
entwicklung und im Dokumentarfilmbe-
reich. Aus London brachte ich die Idee für
meinen Dokumentarfilm mit und die Neu-
gierde auf eine internationale Mischung und
den geballten Erfahrungsaustausch, den der
Documentary Campus versprach.
Jeden ersten Montag im Monat treffen sich
Schauspieler in Berlin, Hamburg, München
und Köln zum BFFS-Stammtisch. Mit über
1.350 Mitgliedern ist der 2006 gegründete
Bundesverband der Film- und Fernsehschau-
spieler heute nicht nur der größte Interessen-
verband seines Berufszweiges, sondern auch
der gesamten nationalen Film- und Fernsehin-
dustrie. Die Zahl der Berufsschauspieler in
Deutschland kann nur geschätzt werden. Hein-
rich Schafmeister, Mitglied des BFFS-Vorstandes,
beziffert für 2007 die Zahl der sozialversiche-
rungspflichtigen Beschäftigten in der Berufs-
gruppe Darstellende Künstler laut Institut für Ar-
beitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bun-
desagentur für Arbeit (BA) auf 20.141, wozu
neben Schauspielern auch Bühnenleiter, Regis-
seure, Sänger, Tänzer und künstlerische Bühnen-
hilfen gehören.
Man kann also von 10.000 professionellen
Schauspielern ausgehen, die auf der Bühne wie
vor der Kamera versuchen, von diesem Beruf
so gut wie möglich zu leben. Die Zahl der deut-
schen Schauspieler, die hauptsächlich in Film
und Fernsehen arbeiten, schätzt der BFFS auf
5.000.
Die Entwicklung der Arbeitsbedingungen
innerhalb dieser Berufsgruppe sieht Florian Stieh-
ler, Pate des Kölner BFFS-Stammtisches, proble-
matisch: Gagen gingen zurück, die Szenen oder
Einstellungen pro Drehtag seien dagegen stei-
gend. Diese Situation ginge zwangsläufig zu La-
sten der Qualität.
„Anstelle von qualitativ hochwertigen Fil-
men werden preiswertere Formate mit Richtern
und Köchen gesendet. Eine fatale Entwicklung!
Auf lange Sicht werden diese Sender ihre Kund-
schaft verlieren, sie werden austauschbar. Dau-
erhafte Kundenbindung erreicht man nur durch
Identifikation mit einem hochwertigen Pro-
dukt!“, sagt auch Julia Beerhold, Mitglied des
BFFS-Vorstandes.
Für Filmschauspieler im mittleren und un-
teren Gagenbereich spricht der BFFS von 50 Pro-
zent Einkommenseinbußen. Sondergagen und
Buy-out-Verträge gehören zum Alltag. Dieser
Einkommensrückgang, so Rolf Berg, Pate des
Kölner BFFS-Stammtisches, sei nicht nur auf die
allgemeine wirtschaftlich schwierige Situation
zurückzuführen. „Ich wüsste nicht, welche Bran-
che noch mit solchen Einkommenseinbußen
rechnen muss“, so Berg.
In Fachkreisen wird im fiktionalen Bereich
von einem Produktionsrückgang von 20 bis 30
Prozent (TV-Movies 30 bis 40 Prozent) ausge-
gangen, so die Einschätzung des Janus Film-Pro-
duzenten Ivo Beck. Der Werbeetat der privaten
Sender ist in der zweiten Jahreshälfte 2008 um
sieben Prozent, für 2009 um weitere elf Prozent
eingebrochen (QUELLE: Goldmedia, TNS Infra-
test, erstellt von Journalist Guido Schneider im
Auftrag von acht Landesmedienanstalten). Die
öffentlich-rechtlichen Sender mussten im Jahr
2008, so der Geschäftsbericht der GEZ, einen
Rückgang der Gebühreneinnahmen von 38,4
Millionen Euro verkraften: Dennoch betrug das
Gebührenaufkommen immer noch 7,26 Milli-
arden Euro.
Bei der ARD wurde laut Bericht der Kom-
mission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der
Rundfunkanstalten (www.kef-online.de) im Zeit-
raum 2005 bis 2008 nur ca. 40 Prozent für den
Programmaufwand verwendet, einschließlich
aller Übertragungsrechte für Sportveranstaltun-
gen, Shows und anderer non-fiktionaler Forma-
te. Der BFFS sieht darin einen Missstand und ei-
ne Gefährdung des Sendeauftrages.
Wenn schon die Einnahmerückgänge durch
sinkende Produktionskosten kompensiert
werden, sollte zumindest eine Beteiligung der
Auswertungskaskade in Betracht gezogen wer-
den: DVD-Verkauf, Folgevergütungen etc. Theo-
retisch in allen Tarifverträgen der öffentlich-
rechtlichen Sender vorgesehen, wird diese aber
praktisch schlichtweg nicht angewendet. Zum
Vergleich: In den USA erkämpfte die Screen Ac-
tors Guild (SAG) eine Mindestgage für Schau-
spieler. So wird der Schauspieler nicht nur ab-
gesichert, sondern u.a. durch Auslandsverkäu-
fe auch am Erfolg seines Projekts beteiligt.
Dabei ist der Schauspieler-Nachwuchs be-
sonders hart betroffen durch den Rückgang der
Investitionen in fiktionale Stoffe. Jedes Jahr drän-
gen schätzungsweise 200 Abgänger von den
staatlichen Schauspielschulen sowie rund 600
bis 800 von den privaten Schauspielschulen und
Coaching-Instituten auf den Markt. Heinrich
Schafmeister sagt dazu: „Das wirklich Schlim-
me ist: Die Branche greift nur ab. Das heißt, sie
sät nicht, sie erntet nur. Was, bitteschön, tun
öffentlich-rechtliche Sender für den Nach-
wuchs?“
Ähnlich sieht es Antje Mairich, Patin des Köl-
ner BFFS-Stammtisches: „Ich habe das Gefühl,
dass die Produktionen Angst haben, neue Ge-
sichter zuzulassen. Aus Angst, nicht mehr ge-
nug Geld zu bekommen, greifen sie auf die im-
mer gleichen Schauspieler zurück – für die sie
andererseits auch höhere Gagen bezahlen müs-
sen und der Kuchen nicht gerecht verteilt wird.“
Dabei kann laut Michael Darkow von der
Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) gar
nicht bewiesen werden, dass ein berühmter
Schauspieler zwangsläufig auch Quote bringt.
Zum Abschluss des Stammtisches fasst
Heinrich Schafmeister noch einmal den Auftrag
des BFFS zusammen: „Wir haben uns auf die
Fahne geschrieben, Lohndumping und Arbeits-
bedingungen als Verband zu thematisieren und
anzugehen. Wir wollen bessere Arbeitsbedin-
gungen und Qualität. Wir wollen, dass unsere
Arbeit Wert hat, wir wollen sie wertschätzen,
und dann wollen wir auch Wert schöpfen.“
newsletter 4/2010 – Meldungen/MEDIA12
Antje Mairiches, Florian Stiehler, Julia Beerhold,Brien Dorenz, Heinrich Schafmeister und Rolf Berg(v.l.) beim BFFS-Stammtisch. Foto: casting-network
Zu Besuch beim Kölner BFFS-Stammtisch
ZuwenigGeld –zu vielTalent ?
VON TINA THIELE
• letter104_01-13 11.06.2010 13:49 Uhr Seite 12
Valentin Thurn: Aus Interesse am
Entwickeln einer Filmidee für ein internatio-
nales Publikum. Natürlich auch wegen des
Drucks auf dem heimischen Markt – die TV-
Budgets werden immer kleiner.
Mit welchem Projekt warenSie dabei?RD: Eingereicht hatte ich ein Projekt,
das mir am Herzen lag: „White Blood“. Es
erzählt die Geschichte eines rassistischen
afrikaansen Adoptionsunternehmens, dem
es 1948 gelang, abgesegnet durch deut-
sche Länderparlamente, 83 Kinder aufgrund
ihres „arischen Blutes“ nach Apartheid-Süd-
afrika zu verschiffen, wo sie in politisch
rechtsgerichteten burischen Familien auf-
wuchsen. Entgegengesetzt zur offiziellen
Version eines Kinderhilfsprogramms, das un-
terernährten deutschen Kriegswaisen eine
Zukunft geben wollte, war der eigentliche
Plan, das „schwarze“ Südafrika „weiß“ zu
bevölkern – mit „arischem Blut und guten
Genen“.
VT: Unser Projekt „Taste the Waste“
ist ein Dokumentarfilm über die globale Ver-
schwendung von Lebensmitteln.
Das Programm besteht ausvier Workshops, inklusive einesAbschlusspitchings, und einemPraktikum. Welche Erfahrungenhaben Sie damit gemacht? RD: Am interessantesten und spiele-
rischsten war für mich der „Storytelling“-
Workshop, in dem unsere Filmgeschichten
in immer neuen kleinen Pitching-Runden
zerpflückt wurden. In euphorischen Mo-
menten tauchte eine neue Perspektive am
Horizont auf, in deprimierten Zwischenzei-
ten lösten sich die Geschichten auf. Am En-
de war am Wichtigsten, offen zu sein und
sich selbst nicht zu ernst zu nehmen.
VT: Tolle Stimmung, gute Mischung
von Seminar-Orten in ganz Europa. Straf-
fes Programm, durchaus auch anstrengend.
Und ein emotionaler Hype zur Vorbereitung
der Pitches, wahrscheinlich notwendig, aber
sehr stressig, vor allem, wenn man das, wie
wir, noch nicht kennt. Auf ein Praktikum ha-
ben wir aus Zeitgründen verzichtet, unser
Projekt stieß direkt auf konkretes Interesse
von Seiten einer ganzen Reihe von Redak-
teuren, so dass wir keine vier Wochen nach
dem Abschlusspitch in Leipzig schon ein
zweites Mal auf dem Filmfestival in Amster-
dam ebenfalls erfolgreich pitchen durften.
Was hat dasProgramm Ihnen ge-bracht? RD: Ich habe während
des Documentary Campus
meine Redakteurin kennenge-
lernt, ein Glücksfall, und es ist
ein kleines Netzwerk an blei-
benden Kontakten und wich-
tigen Freundschaften daraus
entstanden, die mich und mei-
ne Arbeit am Projekt seither
begleiten.
VT: Das Wissen, wie
man TV-Sender in anderen
Ländern anspricht. Die Ernüch-
terung, dass das internationa-
le Geldsammeln äußerst
mühsam ist. Und die Bereiche-
rung, dass eine internationa-
le Bühne auch das eigene Filmprojekt öff-
net und auf eine höhere Ebene bringt.
Inwiefern ist die Teilnahmeam Documentary-Campus-Pro-gramm auch für Produzentensinnvoll?Astrid Vandekerkhove: Ein Team
Regisseur/Produzent ist ideal. Man kann als
Regisseur mit einer guten Idee auch allei-
ne starten, aber das Programm setzt den Fo-
kus auf den internationalen Markt und die
damit verbundenen Herausforderungen an
Produzenten, z.B. rechtliche Aspekte, der
Vertrieb oder die Senderlandschaft. Als Re-
gisseur/Produzenten-Duo kann man außer-
dem sofort gemeinsam die veränderten An-
forderungen an Regie und Produktion dis-
kutieren und auf ihre Machbarkeit abklop-
fen. Unser Projekt hat sich z.B im Laufe der
Masterschool immer weiter verändert, ist
größer geworden. Außerdem ist es für je-
den Produzenten spannend, den interna-
tionalen Markt kennenzulernen und durch
das Pitching-Training die bestmöglichen Ver-
kaufsargumente an den Start zu bringen.
Empfehlenswert für alle, die reinschnuppern
wollen: Im Anschluss an die Masterschool-
Workshops findet immer an einem Wo-
chenende eine „Open Training Session“
statt, an der jedermann teilnehmen kann.
Die Teilnahmegebühr ist moderat, das Vor-
tragsprogramm intensiv.
In welchem Entwicklungs-stadium befindet sich Ihr Projektaktuell? RD: Augenblicklich sind wir im
Schnitt, im Dezember haben wir in Südafri-
ka gedreht, im Juni folgt ein kurzer Dreh in
Deutschland.
VT: Wir haben gerade mit dem Dre-
hen begonnen. Die Zeit zwischen dem Ab-
schluss der Masterschool und dem Drehbe-
ginn war damit extrem kurz: nur fünf Mo-
nate. Der weitere Zeitplan erfordert von uns
jetzt auch höchste Konzentration und gu-
te Organisation, denn die ARD und rund
zehn weitere europäische Sender wollen
bereits rund um den „World Food Day“ am
16. Oktober 2010 senden.
Wem empfehlen Sie die Teil-nahme am Documentary Cam-pus? Mit was für einem Projektsollte man sich bewerben? RD: Ich finde, es soll sich jeder bewer-
ben, der an sein Projekt glaubt. Mitbringen
sollte man, wie bei allem, Neugierde und
einen langen Atem.
VT: Unbedingt vorher überlegen, wel-
ches Thema sich für ein internationales Pu-
blikum eignet. Also universelle Themen, die
möglichst einen grenzüberschreitenden Be-
zug haben, oder wenn nicht, dann so au-
ßergewöhnlich sind, dass es ein Interesse
über die Ländergrenzen hinaus rechtfertigt.
Die Campus-Jury wählt jedes Jahr eine brei-
te Mischung aus. Sie reicht von jungen
Nachwuchskräften, die gerade erst die Film-
hochschule abgeschlossen haben, bis zu ge-
standenen preisgekrönten Filmemachern,
die aber noch keine Erfahrung auf dem in-
ternationalen Markt haben.
Produzenten-
unterstützung:
TV-Ausstrahlung
28. Juni
Finanzierungs-
förderung i2i
Audiovisual
7. Juli
Vertrieb:
Selektive Verleihför-
derung
1. Juli
Video On
Demand / Digital
Cinema
Distribution
21. Juni
Promotion:
Marktzugang
30. Juni für Aktionen,
die zwischen dem
1. Januar 2011 und dem
31. Mai 2011 beginnen.
Training:
Continuous Training
9. Juli
Aktuelle MEDIA-Einreichtermine:
MEDIA newsletter 1/2009 13
Documentary Campus Masterschool
Ein Programm für Absolventenund alte Hasen
Valentin Thurn, Foto: SCHNITT-STELLE Köln / Thurnfilm
Regine Dura, Foto: privat
Astrid Vandekerk-hove, Foto:SCHNITTSTELLE Köln / Thurnfilm
„White Blood“: 1948 erreichte ein Schiffmit 80 blonden und blauäugigen KindernKapstadt, um mit „arischem Blut“ die weiße Minderheit aufzufrischen. Foto: privat
„Taste the Waste“: Ein Dokumentarfilm überdie globale Verschwendung von Lebensmitteln. Foto: SCHNITTSTELLE Köln / Thurnfilm
• letter104_01-13 11.06.2010 13:49 Uhr Seite 13
AV-Gründer-zentrum NRW: Staffelübergabe
„Staffelübergabe“ sei ein schöner Begriff, sagt
Kai Rosenkranz. „Er symbolisiert einen Fluss,
der niemals endet“, so der Geschäftsführer der
Nevigo GmbH und einer der Stipendiaten
2009 des AV-Gründerzentrums NRW, die
Ende Mai verabschiedet wurden und die Staf-
fel an die neuen Stipendiaten 2010 übergaben.
14 junge Gründer und Gründerinnen wurden
2009 mit einem finanziellen Zuschuss von bis
zu 10.000 Euro und einem umfangreichen Be-
ratungsprogramm unterstützt. Bisher waren es
zehn junge Unternehmer aus dem audiovisuel-
len Bereich, 2009 erstmals 14, weil vier weite-
re Stipendienplätze für die Bereiche Neue Me-
dien und Games vergeben werden konnten.
Rosenkranz selbst ist jemand, der im Grenz-
bereich zwischen Film und Games arbeitet. Aus
dem Stipendium heraus haben sich für ihn vie-
le wichtige Kontakte ergeben. Außerdem wur-
de ein Forschungsprojekt gegründet, das den
Technologietransfer der beiden Bereiche ergrün-
den will. „Das Stipendium hat meinen Horizont
erweitert“, sagt der 29-Jährige. Dank der hete-
rogenen Gruppe könne man viel voneinander
lernen. Das erhofft sich auch Kristina Löb-
bert, Produzentin der neuen Boogie-Film
und eine der 14 Gründerinnen, die 2010 in den
Genuss des Stipendiums kommen. Die 34-Jäh-
rige erhofft sich Unterstützung dabei, „eine un-
ternehmerische Vision zu entwickeln“. Sie
scheint auf einem guten Weg zu sein: In diesem
Jahr realisiert ihre Filmfirma mit „Romeos“ be-
reits den ersten Spielfilm.
Dass sich das AV-Gründerzentrum seit sei-
nem Start 2006 bewährt hat, darüber waren
sich bei der Feierstunde im Kölner Rathaus al-
le einig. Oberbürgermeister Jürgen Roters
versprach, die Unterstützung durch die Stadt
Köln auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten
fortzusetzen, und hofft, dass „die Stipendiaten
Köln erhalten bleiben“. NRW-Medienminister
Armin Laschet lobte den Willen zu wirtschaft-
lichem Aufstieg, die Innovationskraft und Krea-
tivität gerade der kleinen Unternehmen und
drückte allen Stipendiaten die Daumen, dass sie
ihre Träume verwirklichen können. Für Claudia
Droste-Deselaers, Geschäftsführerin der
Filmstiftung NRW, zeige sich der Erfolg des
AV-Gründerzentrums auch darin, dass von den
bisherigen 58 Stipendiaten noch 56 am Markt
seien. Horst Schröder, Geschäftsführer des
AV-Gründerzentrums, stellte anschließend die
14 neuen Stipendiaten vor und fand persönli-
che Worte, warum ihn die Bewerbungen über-
zeugt hätten. Die Palette der diesjährigen Grün-
der reicht vom Werbefilmer bis zu einer Produk-
tionsfirma für naturwissenschaftliche Dokus. Das
Land habe wegen der Stipendien für Games und
Neue Medien die Projektmittel um 50 Prozent
angehoben und gibt künftig 50.000 Euro zu-
sätzlich. Schröder: „Wir sind für die Zukunft ge-
rüstet.“
ifs: Summer Schoolmit UCLA
Mit zwei „ifs-Begegnungen Film“ begrüßt die
ifs internationale filmschule köln den
Frühsommer 2010. Am 15. Juni ist der Regis-
seur Niki Stein zu Gast, der zwischen dem 12.
und 16. Juni an der ifs einen Workshop für
Schauspieler gibt. Im Filmforum NRW läuft zu-
nächst sein Film „Die Konferenz“, ein Ensemble-
film von 2004 mit Senta Berger, Nina Pe-
tri und Günther Maria Halmer, gefolgt von
einem Filmgespräch mit Holger Borggrefe.
Eine Woche später, am 22. Juni, wird die Sum-
mer School „People on Sunday“ vorgestellt, ei-
ne Kooperation der ifs mit der UCLA Univer-
sity of California Los Angeles School of
Theatre, Film and Television. Gezeigt wird
zunächst der semidokumentarische Kinofilm
„Menschen am Sonntag“, bei dem 1930 spä-
tere Größen wie Billy Wilder, Curt und Ro-
bert Siodmak sowie Edgar G. Ulmer und
Fred Zinnemann zusammen arbeiteten. Im
Anschluss an das Screening präsentieren beide
Schulen ihr Projekt „People on Sunday“, eine
Summer School, in der deutsch-amerikanische
Teams in Anlehnung an den Klassiker in Köln un-
terwegs sein werden, um das aktuelle Lebens-
gefühl in der Großstadt in Kurzfilmen zu spie-
geln. Diese erste Summer School beider Film-
schulen findet vom 21. Juni bis 31. Juli in Köln
statt. Zu den renommierten Professoren der
UCLA School of Theatre, Film and Television ge-
hört der Filmwissenschaftler und Journalist Jan-
Christopher Horak. Präsentiert von der ifs
wird er am 24. Juni im Filmforum NRW einen
multimedialen Vortrag halten zum Thema „Film
und Avantgardekunst/Design: Saul Bass“. Die in
Englisch abgehaltene Veranstaltung bildet den
Auftakt zur neuen Reihe „Intermediale Lektio-
nen“ des Filmforums NRW, die im Herbst star-
tet und den kreativen Austausch zwischen Film
und anderen Künsten in den Mittelpunkt stellt.
Mit einem Screening, zwei Panels und einem
Info-Stand wird die ifs am 26. und 27. Juni beim
Medienfest präsent sein, das während des me-
dienforum.nrw im Kölner Mediapark statt-
finden wird. Während bei der moderierten Film-
vorführung am 26. Juni um 15 Uhr im
Filmhaus Kino vier aktuelle Kurzfilme von
Studenten bzw. Absolventen der Schu-
le zu sehen sein werden („21 kHz“ von
Alexandra Brodski, „Anderthalb“
von Anne Maschlanka, „Gisberta“
von Lisa Violetta Gaß und „Der ma-
gische Umhang“ von Claudia Rein-
hard), richten sich die beiden Panels vor
allem an potenzielle Neustudenten.
„Content für mobile Anwendungen“
heißt es am 26. Juni, während tags dar-
auf der neue Bachelor-Studiengang „Ka-
mera – Director of Photography“ vorge-
stellt werden wird. Der ifs-Infostand befindet sich
an beiden Tagen im Mediapark 7, Komed-Saal.
Und auch Interessenten für den Studien-
gang „Editing Bild & Ton“ können sich noch
im Sommer über das Studium informieren, das
zum Sommersemester 2011 starten wird. Am
16. Juli wird in den Räumen der Filmschule ei-
ne entsprechende Informationsveranstaltung
stattfinden. Für die Bewerbung haben Interes-
senten dann anschließend noch bis zum 1. Ok-
tober Zeit. Der Eintritt zu allen hier vorgestell-
ten Veranstaltungen ist frei. Nähere Informatio-
nen unter www.filmschule.de bereit.
ifs, Tel. (0221) 9201880;
KHM: Rundgang im JuliGleich vier Studenten der Kunsthochschu-
le für Medien Köln freuten sich über Aus-
zeichnungen bei den Internationalen Kurz-
filmtagen in Oberhausen. Der NRW-Wettbe-
werb wurde zu einem KHM-Heimspiel, da alle
drei Preise an Studierende der Kunsthochschu-
le gingen: Den von der NRW-Bank mit 1.000
Euro dotierten ersten Preis sprach die Jury Flo-
rian Riegel für seinen Diplom-Dokumentar-
film „Holding Still“ zu. Auf Platz zwei landete
Angelique Dubois’ Leverkusen-Western „Le-
genden“, während Lars Henning eine Loben-
de Erwähnung für seinen mit Elodie Bouchez
besetzten „Driving Elodie“ zugesprochen wur-
de. Eine weitere Lobende Erwäh-
nung schließlich erhielt Ingo Mo-
nitor von der Jugendjury des Festi-
vals für seinen Diplomfilm „Eni“.
Mitte Juli endet das Sommerse-
mester 2010 und wird gekrönt mit dem „Rund-
gang 2010 an der KHM“, ein Programm mit
Ausstellungen, Filmvorführungen, Konzerten
und Performances. Eröffnet wird das Sommer-
festival am 15. Juli in der Aula der Kunsthoch-
schule für Medien und dauert bis zum 18. Juli
an. Der Rundgang wird die Besucher auf einen
medial begleiteten Spaziergang durch die ver-
schiedenen Gebäude führen, auf die sich die
KHM verteilt: von der Mediathek im historischen
Overstolzenhaus am Rheingraben durch den
Neubau und „glasmoog“, den Ausstellungsraum
der KHM, bis zu den Räumlichkeiten entlang des
Filzengrabens. Ab Anfang Juli steht das detail-
lierte Programm online unter www.khm.de.
KHM, Tel. (0221) 201890;
ifs mit Spieltrieb
Im Jahre 2009 wurde an der Fachhochschu-
le Köln durch Gundolf S. Freyermuth und
Björn Bartholdy das Cologne Game Lab
gegründet, das seither in enger Zusammenar-
beit mit der ifs internationale filmschule
köln betrieben wird. Ziel des Instituts ist die Ent-
wicklung und Erforschung interaktiver Inhalte
sowie die Ausbildung für die Games-Branche.
Mithilfe der jüngst erfolgten Projektförderung
durch Medien.NRW wollen Cologne Game
Lab und ifs den Wissensaustausch zwischen
Film- und Games-Branche weiter forcieren und
die plattformübergreifende Entwicklung narra-
tiver Inhalte vorantreiben. So werden sie ge-
meinsam auf der internationalen Spieleentwick-
ler-Fachkonferenz GDC Europe im August ei-
ne Podiumsdiskussion zum Thema „What Ga-
me Education Can Learn from Film Education
(and vice versa)“ präsentieren. Außerdem bie-
tet das Cologne Game Lab ab Herbst 2010 den
künstlerisch-wissenschaftlichen Masterstudi-
engang „Game Development and Re-
search“ an, in dem neue Erzählformen wie das
„Interactive Drama“ eine zentrale Rolle spielen.
Die Bewerbungsfrist läuft bis zum 1. Juli. Mehr
Infos unter www.colognegamelab.de.
Cologne Game Lab, Tel. (0221)
82753095; [email protected]
New Talents in KölnVom 12. bis 20. Juni werden an über 20 Orten
in der Kölner Innenstadt Nachwuchskünstler aus
den Sparten Medienkunst, Film, Musik und De-
sign Einblicke in ihre Arbeiten geben. Die 2. Aus-
gabe der New Talents Biennale Köln stellt
mit ihrem Programm mehr als 50 Absolventen
der Kölner Kunsthochschule für Medien,
der ifs internationale filmschule, der
Hochschule für Musik und Tanz und der
International School of Design sowie der
Düsseldorfer Robert Schumann Hochschu-
le und der Kunstakademie vor. Zudem sind
internationale Gäste aus den europäischen Kul-
turhauptstädten 2010 geladen.
Das Programm im Bereich Film verteilt sich
auf drei Termine (13./16./18. Juni) und findet im
Filmforum NRW sowie in der Filmpalette statt.
Neben szenischen Lesungen zweier Drehbücher
der ifs-Studenten Lukas Pilz und René Schu-
macher stehen vor allem aktuelle Kurzfilme von
ifs- und KHM-Absolventen auf dem Pro-
gramm, darunter Festivalerfolge wie „Gisberta“
von Lisa Violetta Gaß oder „man stirbt“ von
Patrick Doberenz und Philipp Enders. Die
anschließenden Publikumsgespräche mit den Fil-
memachern moderiert Film-Dienst-Chefre-
dakteur Horst Peter Koll. Das gesamte Pro-
gramm ist online abzurufen unter www.
newtalents-cologne.de.
newsletter 4/2010 – Auf dem Sprung14
Daniela Schulz in „21kHz“ von AlexandraBrodski: Der Kurzfilm läuft am 26. Juni imFilmhaus Kino. Foto: ifs
„Legenden“ von Angelique Duboiswurde in Oberhausen ausgezeichnet.Foto: KHM
Staffelübergabe der Stipendiaten des AV-Gründerzentrums bei der Feierstunde
im Kölner Rathaus. Foto: M. Grande
• letter104_14-28 11.06.2010 13:51 Uhr Seite 14
eigene Stoffe zu entwickeln – und auch: wel-
che Stoffe mich interessieren.“ Also ergreift sie
selbst die Initiative, hat im Frühjahr gemeinsam
mit Ko-Autor Max Permantier das Exposé für ei-
nen Langfilm entwickelt, ein Science-Fiction-
Kammerspiel über Weltraumtouristen, deren
Reise einen desaströsen Verlauf nimmt. Und
schreibt außerdem mit Joseph Lippok an einer
schwarzen Komödie über Terrorismus. „Unse-
re Gegenwart unter die Lupe nehmen und sub-
versiv unterhalten“ sei ihr Ziel, sagt Bogdana Ve-
ra Lorenz. „Und ich glaube grundsätzlich nicht,
dass es Gut und Böse gibt.“ Oder eben: nur bei-
des zusammen. Wie bei dem Ethiklehrer, des-
sen Moral endet, wenn der Adrenalinrausch be-
ginnt.
vor dem Abitur – im Teppichlager gejobbt und
als Regaleinräumerin im Supermarkt, später im
Call Center eines Zeitungsverlages und im Früh-
stücksservice eines Hotel. Ihr Vater, der in der
DDR zunächst nicht studieren durfte und des-
halb Betonfacharbeiter gelernt hat, brachte ihr
Fliesenlegen, Mauern und Holzarbeiten bei –
ganz praktische Erfahrungen, die ihr heute hel-
fen, auch in schwierigen Situationen die Ruhe
zu bewahren.
Wie die Laufbahn als Regisseurin nun wei-
tergehen wird? „Am Anfang des Studiums hat-
te ich die Vorstellung: Man studiert, macht ei-
nen guten Abschlussfilm, und dann kommt ein
Produzent und bietet einem einen tollen Stoff
an, der zu einem passt.“ Die Jungregisseurin
muss lachen. „Aber im Laufe des Studiums ha-
be ich dann verstanden, dass es dazu gehört,
bei einer Berliner Fotografin fortführte. Aber:
„Weil ich in dieser Theaterwelt aufgewachsen
bin, war das, was ich am wenigsten machen
wollte, Kunst. Ich wollte dieses Universum gar
nicht betreten, weil ich dachte: Alle anderen sind
große Künstler und haben viel zu sagen, ich
muss die Welt überhaupt erst mal verstehen.“
Als diese Welt dann zugänglich wurde, die Mau-
er zwischen den beiden deutschen Staaten fiel,
war Bogdana Vera Lorenz gerade Teenagerin.
„Das Wendeerlebnis hat die Welt komplett auf
den Kopf gestellt, die Erfahrung zweier Syste-
me prägt seitdem meinen Blick auf die Dinge“,
erinnert sie sich.
Heute sieht Bogdana Vera Lorenz in den
Um- und Seitenwegen, die sie beschritten hat,
Vorteile, weiß sie die zusätzliche Berufs- und Le-
benserfahrung zu schätzen. So hat sie – noch
Es sei weniger die Gewalt gewesen, die sie
an der Geschichte von „Heimspiel“ (Dreh-
buch: René Schumacher) interessiert habe, sagt
Bogdana Vera Lorenz, als vielmehr das Doppel-
leben des Lehrers Vossen, der nach außen ei-
nen Schein aufrechterhält, der mit der Wirklich-
keit nichts zu tun hat. „Und ich wollte unbe-
dingt die höchstmögliche Herausforderung.“
Denn die Produktion – gefördert von der Film-
stiftung NRW und dem CNA Centre national
de l’audiovisuel Luxembourg – hatte es in sich:
80 Komparsen, aufwändige Prügelchoreogra-
fien, zehn Drehtage mit straffem Zeitplan, der
keine Ausreißer zuließ, da Hauptdarsteller Wo-
tan Wilke Möhring zeitgleich auch bei einer Pro-
duktion in Erfurt vor der Kamera stand und pen-
deln musste.
„Die Aufgabe, diese vielschichtige Geschich-
te zu erzählen und zum ersten Mal mehr als drei
Leute vor der Kamera zu inszenieren, habe ich
mir innerhalb der Schule zugetraut. Weil ich hier
auch Fehler machen konnte – und jemand da
war, der mich auffängt“, sagt die Regisseurin.
Allzu viele Fehler können es dann aber nicht ge-
wesen sein, wie die Einladungen nach Dresden,
Lünen, Saarbrücken, Oberhausen und jetzt auch
nach Straßburg und Tel Aviv beweisen.
Die in Ost-Berlin geborene Bogdana Vera
Lorenz absolvierte nach einem vorzeitig been-
deten Studium der Linguistik, Ethnologie und
Kulturwissenschaft zunächst
ein Volontariat als Journali-
stin, arbeitete anschließend
bei einem Berliner Privatsen-
der als Fernsehredakteurin.
Aber dann musste sie feststel-
len, dass etwas Wichtiges
fehlt. „Dann hat ein guter
Freund mir die richtige Frage
gestellt: Welche Geschichten
willst Du wirklich erzählen?
Und da habe ich gemerkt, dass ich Filme ma-
chen möchte und hier alles zusammen kommt,
was ich liebe – die Arbeit mit Bildern, mit Spra-
che und Musik, mein Interesse an Politik und
vor allem das gemeinsame schöpferische Arbei-
ten.“ Neben Jobs bei diversen Film- und Fern-
sehproduktionen als Praktikantin, Setaufnahme-
leitungs-Assistentin oder 3. Regieassistenz ent-
standen danach zwei Kurzfilme. Der eine han-
delt von einem Mann, der den Weg aus dem
Parkhaus nicht mehr findet, dabei eine merk-
würdige Begegnung hat und feststellen muss,
dass er eigentlich schon tot ist. Der andere er-
zählt eine märchenhafte Liebesgeschichte zwi-
schen einem Versicherungsvertreter und einer
Malerin. „Das war für mich ein Einstieg“, sagt
Bogdana Vera Lorenz, „und ich habe hilfreiches
Feedback zu meiner Arbeit bekommen. Das hat
mich ermutigt.“ Es folgte die Bewerbung an der
ifs – internationalen filmschule köln und das
dreijährige Regiestudium dort, das im Novem-
ber 2009 endete.
Dabei hätte, rückblickend betrachtet, der
Weg zur Regie viel kürzer sein können, ent-
stammt Bogdana Vera Lorenz doch einer aus-
gesprochenen Künstlerfamilie: Schon ihr Groß-
vater war Puppenspieler, ihre aus Bulgarien
stammende Mutter Bühnenbildnerin, Puppen-
theaterregisseurin und Theaterwissenschaftle-
rin, ebenso wie der Vater, der heute noch an
der Berliner Hochschule für Schauspielkunst
Ernst Busch Puppenspielkunst unterrichtet. Bog-
dana spielte Cello und Klavier, seit sie fünf war,
begann mit sieben zu fotografieren, was sie spä-
ter, neben dem Studium, mit einer Ausbildung
In der Schule spricht Ethik-Lehrer Vossen über „Auge um Auge und Zahn um Zahn“. Nach der
Schule tauscht er Theorie gegen Praxis und prügelt sich als Hooligan, bis die Knochen knacken.
„Heimspiel“ heißt der Abschlussfilm der ifs-Absolventin Bogdana Vera Lorenz, der im April den
Preis der deutschen Filmkritik als „Bester Kurzfilm 2009“ gewann und am 28. Juni im Showcase
des Internationalen Filmkongresses zu sehen ist.
Porträt Bogdana Vera Lorenz
Erfahrung aus zwei SystemenVON CHRISTIAN SEEBAUM
Auf dem Sprung – newsletter 4/2010 15
Bogdana Vera Lorenz, Foto: Kai Schulz
Prügelnder Ethiklehrer: Wotan Wilke Möhringspielt die Hauptrolle in „Heimspiel“. Foto: Kai Schulz
• letter104_14-28 11.06.2010 13:51 Uhr Seite 15
Das spanische Kino befinde sich „in einem
seiner schlechtesten Momente”, wetter-
te kürzlich der Chef des Fernsehsenders Tele-
cinco, Alejandro Echevarría. „Gewisse Produ-
zenten können und wollen kein unternehme-
risches Risiko eingehen und setzen voll auf Sub-
ventionen.” Er hatte sich mal wieder darüber
geärgert, dass sein Sender fünf Prozent seiner
Einnahmen in spanische und europäische Film-
produktionen investieren muss. Seit zehn Jah-
ren verlangt das der spanische Gesetzgeber von
allen TV-Sendern, die Filme ausstrahlen, die
nicht älter als sieben Jahre sind. 921 Millionen
Euro flossen auf diese Weise seither in spani-
sche Produktionen. Mit 50 Millionen Euro hat-
te Telecinco 2008 den Löwenanteil zu leisten,
noch vor dem öffentlich-rechtlichen TVE mit
37,5 Millionen Euro. Doch während TVE in die
Breite fördert und auch kleinere, anspruchsvol-
le Filmprojekte unterstützt, fließt das Geld der
Sender Telecinco und Antena 3 über ihre eige-
nen Produktionsfirmen in große, kommerziel-
len Erfolg versprechende Projekte.
Mit seiner Einschätzung der spanischen
Filmlandschaft liege der Telecinco-Chef völlig da-
neben, fand wenig überraschend der Präsident
des Verbands der Filmproduzenten (FAPAE), Pe-
dro Pérez. Die Einspielergebnisse im vergange-
nen Jahr hätten vielmehr den Aufschwung der
spanischen Filmindustrie belegt. In der Tat konn-
ten die 4.082 Kinosäle im Land, rund 300 we-
niger als vor vier Jahren, den freien Fall der Zu-
schauerzahlen stoppen und mit rund 110 Mil-
lionen verkauften Karten erstmals wieder leicht
zulegen. Die Einspielergebnisse stiegen nach An-
gaben des spanischen Filminstituts ICAA sogar
um gut acht Prozent auf 671 Millionen Euro.
Diese Mehreinnahmen sind sicher auch eine Fol-
ge des Booms der 3D-Leinwände: 311 waren
es Ende April dieses Jahres.
Marktanteil 2009: 15,6 Prozent
Aber auch der spanische Film legte zu. Nach-
dem 2008 kein gutes Jahr war und auch die in-
ternationalen Filmverkäufe stark rückläufig wa-
ren, änderte sich der Trend im vergangenen Jahr
dank der Kassenschlager „Ágora”, „Planet 51”
und „Celda 211”, die sich auch im Ausland gut
verkauften. Spanische Filme machten in spani-
schen Kinos mit einem Einspielergebnis von
104,4 Millionen Euro wieder deutlich mehr Kas-
se als im Vorjahr (plus 28 Prozent), ihr Markt-
anteil stieg von 13,2 auf 15,6 Prozent. Aber dem
Telecinco-Chef ging es mit seinen Äußerungen
wohl eher um die Flut von produzierten Filmen:
186 waren es 2009, davon 122 Spielfime, 60
Dokumentarfilme und vier Animationsfilme –
mehr als je zuvor. Und mit den Filmen ist auch
die Zahl der Produktionsfirmen innerhalb von
zehn Jahren von 64 auf 217 rasant gestiegen.
Viele davon finanzieren ihre Projekte mit
Subventionen des zum Kulturministerium ge-
hörenden Filminstituts ICAA, Beteiligungen der
Sender und Darlehen der staatlichen Kreditbank
ICO. 67 Millionen Euro stellte das ICAA 2008
zur Verfügung, 30 Millionen Euro flossen als
Darlehen und 50 Millionen Euro als vom Kas-
senerfolg abhängige Abschreibungshilfen. Auf
diese Weise können auch die großen Publikums-
erfolge auf öffentliche Gelder setzen. Maximal
800.000 Euro waren das bisher je Film. ICAA-
Leiter Ignasi Guardans will jetzt diese Hilfe auf-
grund der Sparzwänge der aktuellen Haushalts-
lage auf 400.000 Euro halbieren. Die akkumu-
lierten Mittel aus verschiedenen Fördertöpfen
sollen pro Film auf 1,5 statt bisher zwei Millio-
nen Euro begrenzt werden. Das entspricht der
Hälfte der Durchschnittskosten einer spanischen
Filmproduktion. „Verschmerzlich” findet FAPAE-
Präsident Pérez die Sparpläne von Guardans.
Scharf ins Gericht geht er jedoch mit Telecin-
co-Chef Echevarría. Der verkenne die Realität,
denn „die Gruppe, die er vertritt, erhält fünfmal
mehr öffentliche Gelder als die angeblich von
Subventionen profitierenden Produzenten”.
51 Koproduktionen in 2009
Die Global Player unter den spanischen Produk-
tionsfirmen, Telecinco Cinema und Antena 3
Films, erhalten nicht nur aufgrund der Kassen-
erfolge ihrer Blockbuster öffentliche Gelder, sie
beanspruchen auch einen Großteil der Investi-
tionen der Fernsehsender. So wurde die Tele-
cinco-Produktion „Ágora” von Regisseur Alejan-
dro Amenábar mit 50 Millionen Euro zum teu-
ersten Film der spanischen Filmgeschichte. Mit
3,4 Millionen Zuschauern und einem Einspiel-
ergebnis von 20,6 Millionen Euro bewegt sich
der monumentale Historienfilm auf Augenhö-
he mit den großen Hollywood-Produktionen,
die auch in Spanien den Markt bestimmen
(2009: 71,57 Prozent).
Mit nur fünf Produktionen, darunter mit
dem Knast-Thriller „Celda 211” (Regie: Daniel
Monzón) und der Persiflage „Spanish Movie”
zwei weitere Kassenschlager, erzielte die Tele-
cinco Cinema im vergangenen Jahr 36,8 Mil-
lionen Euro und einen Marktanteil von 35 Pro-
zent. Ihr folgt mit 21,5 Millionen Euro Einspiel-
ergebnis die Antena 3 Films, die neben zwei gut
besuchten Komödien mit dem Animationsfilm
„Planet 51” von Javier Abad, Jorge Blanco und
Marcos Martínez den weltweit erfolgreichsten
spanischen Film auf den Markt brachten. Als Ko-
produktion mit den USA und Großbritannien
hergestellt, ist der Film der größte Erfolg von ins-
gesamt 51 Koproduktionen in 2009. Während
britische Produzenten neben französischen, ita-
lienischen und deutschen schon länger zu den
bevorzugten Partnern des spanischen Films zäh-
len, hatte sich die Zusammenarbeit auf dem
amerikanischen Kontinent bisher stark auf Ar-
gentinien und Mexiko konzentriert. So hat Spa-
nien Anteil am derzeitigen Boom des lateiname-
rikanischen Kinos. Mit Guillermo de Toro ist ei-
ner der erfolgreichsten mexikanischen Regisseu-
re in Spanien als Regisseur und Produzent tä-
tig. Der in diesem Jahr Oscar-gekrönte Film „El
secreto de sus ojos” des argentinischen Regis-
seurs Juan José Campanella ist eine spanisch-
argentinische Koproduktion, an dem die um-
triebige Tornasol Films aus Madrid beteiligt war,
die im vergangenen Jahr elf Spielfilme produ-
zierte. Darunter weitere Koproduktionen mit La-
teinamerika und den spanischen Kassenschla-
ger „Mentiras y gordas” des jungen, in die Fuß-
stapfen des frühen Almodóvar tretenden Regis-
seur-Duos Alfonso Albacete und David Menkes.
Dass beim Geld bekanntlich der Spaß auf-
hört, hatte vor den Ausfällen des Telecinco-
Chefs im letzten Herbst eine Gruppe von Filme-
machern und Produzenten bewiesen. In einem
Brief an die EU-Kommission monierten sie, ei-
ne Novelle im spanischen Kinogesetz benach-
teilige kleine Produktionen. Brüssel blockierte
daraufhin alle Fördermittel des ICAA. Drehvor-
haben gerieten in Verzug, es gab böse Worte
von Regisseur und Produzent Gerardo Herrero
(Tornasol Films) über „Subventionsschmarotzer,
die Filme machen, die keinen interessieren”. En-
de Januar wies die EU die Einwände gegen das
Kinogesetz zurück, die Gelder des ICAA wur-
den freigegeben. Die Verzögerung ging in er-
ster Linie zu Lasten der kleinen Produktionen.
newsletter 4/2010 – Ausblick: Internationaler Filmkongress16
Das Programm der Filmstiftung NRW in Köln (26. – 29.6.)
Alle Filme, Diskussionen und Termine
Samstag, 26. Juni
KinoSpecials im Cinenova
18:30 Uhr Eröffnung Internationaler Filmkongress
SATTE FARBEN VOR SCHWARZ von Sophie Heldman
Sonntag, 27. Juni
KinoSpecials im Filmforum NRW
11:00 Uhr YUMURTA–EI, Regie: Semih Kaplano`́glu
14:00 Uhr SÜT–MILCH, Regie: Semih Kaplano`́glu
19:30 Uhr WOMEN WITHOUT MEN, Regie: Shirin Neshat
Montag, 28. Juni
Staatenhaus am Rheinpark, Lounge der Filmstiftung NRW, Koelnmesse
14:00 – 17:00 Uhr Locations und Motive in NRWVorstellung Kreis Düren als 35. Filmstadt und Eröffnung der Fotoausstellung der Siegerbilder des Wettbewerbs „Auf der Suche nach dem perfekten Motiv“
KinoSpecials im Filmforum NRW
17:00 Uhr SHOWCASEder ifs internationale filmschule köln, Kunsthochschule für Mund Fachhochschule Dortmund in Kooperation mit Unlimited,im Anschluss Gespräch mit Semih Kaplanoglu
19:30 Uhr BAL–HONIG, Regie: Semih Kaplano`́glu
Dienstag, 29. Juni
Paneldiskussionen im Staatenhaus am Rheinpark, raum
10:00 – 11:30 Uhr Technik vs. Content – 3D als neu
11:30 – 13:00 Uhr Filmland Spanien – Koproduktio
14:00 – 14:30 Uhr Crossmediale Produktion: InternKeynote Wendy Bernfeld, Rights Stuff BV
14:30 – 15:30 Uhr Vertriebswelt Internet – Filmdistribution und Verwertung im Netzin Kooperation mit der MEDIA Antenne Düsseldorf und dem film & fernsehproduzentenverband nrw e.V.
15:30 – 17:00 Uhr Ästhetische Innovation und neuin Kooperation mit der ifs und der KHM
Alle Infos, Termine und Daten en détail auch unter
www.filmstiftung.de/filmkongress
Das Filmland Spanien ist im Gegensatz zu Südamerika für viele deutsche Filmemacher terra incognita. Um mehr über das
Gastland des Internationalen Filmkongresses zu erfahren, haben wir den Filmjournalisten Uwe Scheele, der in Spanien lebt
und arbeitet, um eine kurze Einführung in die iberischen Sitten und Filmgebräuche gebeten.
Filmland Spanien
Aufschwung mitKassenschlagern
VON UWE SCHEELE
Teuerster Film derspanischen Filmge-schichte: „Ágora“ vonAlejandro Amenábar.Foto: Ascot Elite
I N T E R N A T I O N A L E R F I L M K O N
• letter104_14-28 11.06.2010 13:51 Uhr Seite 16
Welche Bereicherung brachteIhnen als Künstlerin in Sachen Foto-grafie und Video-Installation die Ar-beit an einem Spielfilm?
Das Kino als Kunstform hat mich schon im-
mer begeistert, weil es Geschichten erzählt. Und
genau dieser Aspekt war für mich die größte
Herausforderung. Denn mit Bildern, auch Be-
wegtbildern, hatte ich ja schon Erfahrung. Des-
halb war der Schritt von der konzeptuellen
Kunst hin zu Bildfolgen in erzählerischem Zu-
sammenhang besonders spannend für mich.
Sie hatten sich des Romans„Women without Men“ der irani-schen Schriftstellerin Sharnush Par-sipur bereits in Form der Video-In-stallation angenommen.Ja, insofern war ich bereits mit multime-
dialen Konzepten vertraut, und ich wusste auch,
dass Bewegtbildfolgen einen Anfang, eine Mit-
te und ein Ende verlangen. Diese Arbeiten wa-
ren aber noch sehr abstrakt und weit entfernt
von konventionellem Filmemachen. Aber es war
eine lehrreiche Vorstufe für meinen Spielfilm.
Es heißt ja: Ein Bild erzähltmehr als 1.000 Worte.Deshalb habe ich die Dialoge auch so
knapp wie möglich gehalten und der Aus-
druckskraft der Schauspieler vertraut.
Nun haben Sie sich einen sehrkomplexen Roman zur filmischenAdaption ausgesucht.Offen gestanden ging es mir eher so, dass
dieses Buch meiner bisherigen Arbeitsweise
durchaus entgegen kam, weil die Erzählstruk-
tur auf Dualitäten baut. Und dieses Konzept hat-
te ich zuvor schon erprobt, indem ich Männ-
lich gegen Weiblich stellte oder Natur mit Kul-
tur kontrastierte. Im Roman „Women without
Men“ wird etwa das Persönliche gegen die Ge-
sellschaft gestellt, Magie reibt sich mit Realis-
mus. Aber es ist alles in einen erzählerischen
Rahmen gefasst. Insofern konnte ich mit ge-
wohnten Komponenten arbeiten und hatte
diesmal sogar eine Geschichte dabei.
Beschreiben Sie bitte Ihr Kon-zept der Farbgebung.Dafür habe ich mich an Fotografien aus
den frühen 1950er Jahren orientiert, die ur-
sprünglich schwarzweiß waren und dann von
Hand coloriert wurden. Diesen künstlichen Look
wollte ich für die Traumsequenzen im Film er-
reichen. Die Gartenszenen wiederum sollten fast
schwarzweiß wirken, aber ich habe die Farben
lediglich abgeschwächt, weil der Garten ja le-
bendig und heimelig erscheinen sollte. Aber
grundsätzlich mag ich Farben nicht besonders,
und deshalb wurden alle kräftigen Töne für den
Film abgeschwächt.
Der ganze Film wirkt wie einTraum.Ach ja? Ich hatte eher auf eine Art Zwi-
schenbereich aus Magie, Traum und Psyche ge-
hofft; zumindest bewegt der Film sich auf ver-
schiedenen Ebenen und soll den Zuschauer ent-
sprechend auf eine Reise führen.
Welche Zielgrup-pe hoffen Sie, mit demFilm zu erreichen?Zunächst einmal sind da
die iranischen Zuschauer und
dann ganz generell Menschen,
die sich für Kino und Kunst in-
teressieren. Der Film ist eigent-
lich nicht auf einen elitären Zu-
schauerzirkel hin gemünzt und
könnte auch Leute erreichen, die
eigentlich nicht eine Galerie oder
ein Museum besuchen, um sich
meine Arbeiten anzuschauen.
Eine Veröffentlichung im Iranselbst ist da eher unwahrscheinlich?In Kinos ist das mit Sicherheit so. Aber es
gibt ja die Filmpiraten, und die haben den Film
bereits via Internet und mit Raubkopien dort in
Umlauf gebracht. Tatsächlich haben Iraner den
Film schon vor dem Kinostart in den USA in ih-
rem eigenen Land sehen können. Darüber bin
ich sehr froh. Denn Filme werden gemacht, da-
mit sie gesehen werden. Und dieser Film ent-
stand nicht, um Geld zu machen.
Gewisse Darstellungen vonNacktheit im Film dürften auch fürdas amerikanische Publikumschwierig sein.Oh ja, vor allem die Szene, wenn sich die
junge Frau in der Badeanstalt schrubbt. Solche
Szenen werden als verstörend empfunden und
sind für die meisten Amerikaner nicht akzepta-
bel. Im Iran ist die Lage einfacher: Darstellun-
gen von Nacktheit oder Sexualität sind schlicht
und ergreifend verboten.
Die visuelle Gestaltung erinnertan surrealistische Gemälde.Für mich ist der Film ein Gedicht. Seine al-
legorischen und symbolischen Bilder unterstrei-
chen das. Zugleich helfen diese lyrischen Stil-
mittel, die recht dunklen politischen Aspekte et-
was abzumildern.
Sehen Sie da eine geistige Ver-wandtschaft zwischen Ihrem Filmund „Persepolis“?Doch, allein schon deshalb, weil Marja-
ne Satrapi auch einen experimentellen Weg be-
schritt, indem sie ein neues Medium für sich
nutzte. Allerdings hat sie dabei Bilder aus ih-
rem eigenen, autobiografisch gefärbten Buch
in Film umgewandelt. Wir dagegen hatten ei-
ne Fremdvorlage, aus der heraus erst unsere
Filmadaption geschaffen werden musste. Ge-
meinsam ist beiden Filmen aber, dass sie
schwere Erfahrungen auf eine menschliche
Ebene herunterbrechen.
Gibt es persönlichen oderkünstlerischen Austausch mit ande-
ren iranischen Filmema-chern wie Abbas Kiarostamioder Mohsen Makhmalbaf?
Ja, wir sind miteinander be-
freundet. Und wenngleich wir in
verschiedenen Ländern leben,
kommen wir zu passenden Gele-
genheiten zusammen. Allerdings
unterscheidet sich deren Arbeits-
weise sehr von meiner, weil sie
konkret auf Realismus zielt, was
bei mir ja nicht der Fall ist. Außer-
dem leben einige Filmemacher im
Iran und haben insofern einen an-
deren Blick aufs Land als ich.
Eine Vernetzung mit Blick aufpolitischen Austausch ist nicht ge-geben?Nein, dem ist nicht so.
Werden Sie einen weiterenSpielfilm drehen?Ja, ich habe gerade meine Zusage auf die
Filmrechte an einem armenischen Roman des
Dichters und Schriftstellers Ismael Kadir gege-
ben. Das wird sicher interessant, weil das Buch
nichts mit dem Iran zu tun hat, und um Frau-
en wird es auch nicht gehen. Außerdem wer-
den wir in Englisch drehen.
Können Sie sich auch ein euro-päisches Projekt vorstellen?Liegt Armenien denn nicht in Europa? In
gewisser Weise doch schon, oder? Aber ein Film
in Deutschland wäre auch denkbar für mich.
Man ist dort sehr entgegenkommend mit Blick
auf kulturellen Austausch und Interesse. Das ha-
be ich ja schon durch die Unterstützung für
„Women without Men“ erfahren dürfen. Eine
solche Weltoffenheit im besten Sinne ist eher
selten anzutreffen. Dafür bin ich wirklich sehr
dankbar.
Ausblick: Internationaler Filmkongress – newsletter 4/2010 17
r Filmstiftung NRW in Köln (26. – 29.6.)
Diskussionen und Termine
Cinenova
ung Internationaler Filmkongress
N VOR SCHWARZ von Sophie Heldman
ilmforum NRW
URTA–EI, Regie: Semih Kaplano`́glu
MILCH, Regie: Semih Kaplano`́glu
EN WITHOUT MEN, Regie: Shirin Neshat
Rheinpark, Lounge der Filmstiftung NRW, Koelnmesse
Locations und Motive in NRWs Düren als 35. Filmstadt und Eröffnung der Fotoausstellung des Wettbewerbs „Auf der Suche nach dem perfekten Motiv“
KinoSpecials im Filmforum NRW
17:00 Uhr SHOWCASEder ifs internationale filmschule köln, Kunsthochschule für Medien Köln (KHM) und Fachhochschule Dortmund in Kooperation mit Unlimited, im Anschluss Gespräch mit Semih Kaplanoglu
19:30 Uhr BAL–HONIG, Regie: Semih Kaplano`́glu
Dienstag, 29. Juni
Paneldiskussionen im Staatenhaus am Rheinpark, raum.fünf, Koelnmesse
10:00 – 11:30 Uhr Technik vs. Content – 3D als neue Chance?
11:30 – 13:00 Uhr Filmland Spanien – Koproduktion und Finanzierung
14:00 – 14:30 Uhr Crossmediale Produktion: Internationale Trends, Keynote Wendy Bernfeld, Rights Stuff BV
14:30 – 15:30 Uhr Vertriebswelt Internet – Filmdistribution und Verwertung im Netzin Kooperation mit der MEDIA Antenne Düsseldorf und dem film & fernsehproduzentenverband nrw e.V.
15:30 – 17:00 Uhr Ästhetische Innovation und neue Medien in Kooperation mit der ifs und der KHM
Alle Infos, Termine und Daten en détail auch unter
www.filmstiftung.de/filmkongress
Interview Shirin Neshat
Ich magFarben nichtbesonders
Die in New York lebende Künstlerin Shirin Neshat wurde 1957 im Iran geboren. Internationalen Ruf erwarb
sie sich mit Fotoreihen und Video-Installationen. Mit ihrem Kinodebüt „Women without Men“, das am
27. Juni in Köln in der Reihe KinoSpecials des Internationalen Filmkongresses zu sehen ist, gewann sie
prompt den Regiepreis in Venedig. Uwe Mies sprach mit der Künstlerin über Farben, Nacktheit und
Raubkopien im Kampf gegen die Zensur.
Shirin Neshat, Foto: NFP
N A T I O N A L E R F I L M K O N G R E S S
• letter104_14-28 11.06.2010 13:51 Uhr Seite 17
newsletter 4/2010 – Schwerpunkt18
Herr Lensing, worauf achtenSie, wenn Sie einen Film sehen?Im Kino bin ich erst einmal Zuschauer oder
audiovisueller Wahrnehmer, wenn Sie so wol-
len. Ich gebe mich der Gesamtwirkung von Bild
und Ton hin, die sich im Idealfall entfaltet. Die
Informationen von Bild und Ton müssen einan-
der ja nicht unbedingt entsprechen.
Kann man Sound sehen?Michael Chion spricht von „Synchrese“.
Darunter versteht er, dass jeder Klang, der mit
einem Bild interpoliert wird, automatisch mit
diesem Bild assoziiert wird. Bei einem Hörspiel
können wir uns eine imaginäre Bildwelt zu dem
Gehörten schaffen. Umgekehrt haben wir auch
ein aurales Gedächtnis. Wir ordnen Töne einem
bestimmten Ereignis und damit Bildern zu.
Hören soll stärker auf unsereGefühle wirken als Bilder.Mancher sagt das, aber Bilder wirken ja
auch. Viele Filmemacher entscheiden sich
manchmal für drastische Bilder, um starke Ge-
fühlsregungen zu erzielen. Spannender, weil
subtiler ist aus meiner Sicht eine semantische
Konnotation. Über den Sound schaffe ich da-
bei eine bestimmte Atmosphäre, die sich noch
gar nicht über das Bild vermittelt. Neben das vi-
suelle Storytelling tritt ein auraler Hinweis, den
ich unbewusst mitverarbeite. Das wird dann in
den besten Fällen zu einem parallelen auditiven
Storytelling.
Kann man im Gegenzug auchBilder hören?Mit einem bestimmten Bild assoziiert man
häufig einen bestimmten Klang. Weil der Film
über Jahrzehnte immer wieder bestimmte Mu-
siken zu bestimmten Momenten verwandt hat,
gibt es beim Zuschauer entsprechende Assozia-
tionsfelder. Zu einer epischen Kamerafahrt in
großer Landschaft gehört großes Orchester und
bombastischer Klang, zu einer Liebesszene sanf-
te Geigen. Diese Kulturtechnik haben wir ge-
lernt. Inzwischen ist es interessant geworden,
mit solchen Erwartungshaltungen auch kontra-
punktisch zu spielen.
Am Anfang war der Filmstumm… Der Film war nie stumm. Seit den ersten
öffentlichen Aufführungen wurde er von Mu-
sikern begleitet, erst mit Klavier, dann mit Kino-
Für Außenstehende wirkt dasSound-Department mit Sound-Desi-gner, Re-Recording Mixer (Mischton-meister), Sound-Editor und BoomOperator manchmal etwas verwir-rend. In Kurzfassung: Wie ist derWorkflow aufgebaut?Das Sound-Department kann man in zwei
Bereiche teilen und zwar in Originaltonaufnah-
me und Sound-Postproduktion, während sich
letztere wiederum in Tonbearbeitung und Mi-
schung gliedert. Es gibt zunächst den Original-
tonmeister, der mit seinem Assistenten, dem
Tonangler oder auch Boom Operator, am Set
den Originalton liefert. Dazu gehört es, vor al-
lem den Dialog unter Berücksichtigung der Orts-
begebenheiten so gut wie möglich auf Sprach-
verständlichkeit hin aufzunehmen.
Die eigentliche Sound-Postpro-duktion beginnt dann nach Beendi-gung des Bildschnitts?Genau, dann kommt der Supervising
Sound-Editor, in Deutschland meist in Personal-
union mit dem Sound-Designer, mit seinem
Team ins Spiel. Er behält technisch wie kreativ
das Gesamtkonzept im Auge, ist oft schon im
Drehbuchstadium dabei und tauscht sich meist
im Vorfeld mit Originaltonmeister, Bild-Editor
und Regisseur aus. Der Supervising Sound-Edi-
tor entscheidet und erstellt gemeinsam mit dem
Dialog-Editor nach Materialeingang zunächst
eine vorläufige ADR-Liste (Sprachsynchron-Li-
ste) jener Töne und Dialoge, die nicht ideal oder
störungsfrei am Drehort aufgenommen werden
konnten, die also synchronisiert werden müs-
sen. Für die Sprachsynchron-Aufnahmen wird
diese ADR-Liste mit dem Regisseur besprochen
und durch eventuelle dramaturgische Wünsche
ergänzt. Gleichzeitig werden die Atmosphären,
Soundeffekte, Geräusche und das Sound-De-
sign kreiert. Den Abschluss bildet heutzutage
die Mehrkanal-Mischung.
Die Bedeutung des Tons imFilm hat innerhalb der letzten 10 bis15 Jahre in Deutschland enorm zu-genommen. Woran liegt das?Das empfinde ich auch so. Sicherlich ha-
ben die meisten Zuschauer inzwischen bemerkt,
dass sich der Ton im Kino in den letzten Jahren
deutlich verbessert hat. Neben einer Steigerung
der Lautstärke hat die permanente Optimierung
der Klangqualität zu einer immer realistische-
Interview Jörg U. Lensing
Wir sehenmehr, wennwir hören
Interview Guido Zettier
BrüllendeLöwen fürheulendeWinde
Jörg U. Lensing, Foto: privat
Guido Zettier, Foto: privat
Guido Zettier ist freier Sound-Designer und Mischtonmeister bei den RuhrSound Studios in Dortmund
und hat Kinofilme wie „Hilde“, „Adam Resurrected“ oder „Die Fremde“ bearbeitet. Für seine
Tongestaltung von „Nordwand“ wurde er 2009 mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnet. Im Gespräch
mit Oliver Baumgarten beschreibt er die kreativen Seiten seines Berufes.
Sound-Design erzählt die Geschichte eines Films auf seine Weise, findet Professor Jörg U. Lensing von
der Fachhochschule in Dortmund. Wolfgang Hippe sprach mit dem Autor des Buches „Sound-Design/
Sound-Montage/Soundtrack-Komposition: Über die Gestaltung von Filmton“ über die Musik des
Stummfilms, über „Apocalypse Now“ und die Modernisierung des Kinotons.
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ren Wiedergabe der Tonspur geführt. Durch den
Wandel von der Analogtechnik hin zur digita-
len Technik ist zudem vieles einfacher gewor-
den. Wir können heute komplexer, effektiver
und in höherer Qualität arbeiten.
Hat es auch damit zu tun, dassimmer mehr Regisseure die gestal-terische Bedeutung des Tons aner-kennen?Mit Sicherheit. Früher wurde der Filmton
sehr auf Originalton und Filmmusik reduziert.
Heutzutage sehen Regisseure, wie zum Beispiel
Tom Tykwer oder Hans-Christian Schmid, im Ton
eine dramaturgische Ebene, mit der sie bewusst
arbeiten wollen. Der Ton sollte meiner Meinung
nach nicht mehr nur als Realitätsfaktor des Bil-
des, sondern als Miterzähler mit großem dra-
maturgischen Potenzial alle Gestaltungsmög-
lichkeiten der Tonebene nutzen, wie Dialog,
Musik, Effekte, Stille, Raum, Frequenz und
Rhythmus.
Starten Gespräche mit solchenRegisseuren dann bereits in derDrehbuchphase oder erst nach demDreh, wenn das Material vorliegt?Mit den Regisseuren, mit denen ich regel-
mäßig zusammen arbeite, beginnen die Gesprä-
che schon vor dem Dreh. Darüber hinaus mer-
ke ich mittlerweile sogar, dass der Ton schon in
immer mehr Drehbüchern mitgedacht wird. In
der Arbeit mit Regisseuren geht es dann zu-
nächst darum herauszufinden, was sie mit ih-
rem Film ausdrücken wollen, und dann zu ent-
scheiden, mit welchen Stilmitteln ich das unter-
stützen kann. Und das muss beim Sound-De-
signer eben nicht immer mit Effekten verbun-
den sein, sondern auch mal mit einer filigranen
und harmonischen Dialogbearbeitung, die ei-
nem Film wie etwa „Die Fremde“ einen enor-
men authentischen Sog verleihen. Man wird in
den Film gezogen auch durch den Ton, durch
die Sprache, durch einzelne Geräusche, die nur
Akzente setzen. Ein Gegenbeispiel ist „Nord-
wand“. Dort war es wichtig, diese gewaltige Ei-
ger-Nordwand zu spüren, den Wind und die Be-
lastung. Das sind zwei extreme Gegensätze un-
seres Berufs: „Die Fremde“, eine konzentrierte,
reduzierte und konzeptionell dichte Arbeit, und
„Nordwand“, der voller kräftiger Elemente
steckt, die man am ehesten mit dem Begriff
„Soundeffektdesign“ umschreiben könnte.
Zu analogen Zeiten haben dieEditoren den Ton noch mitgemacht,mittlerweile nicht mehr, was zu Be-ginn zu Reibungen führte. Hat sichnach Ihren Erfahrungen die Bezie-hung entspannt?Absolut! Meine Erfahrungen der Zusam-
menarbeit sind in den letzten Jahren äußerst po-
sitiv. Ich werde während der Schnittphase oft
früh einbezogen, weil es zum Beispiel Proble-
me beim Originalton gibt und man dann ge-
meinsam entscheidet, ob man Nachsprecher
braucht. Beide Parteien verstehen zunehmend,
dass die Zusammenarbeit und die neue Arbeits-
teilung einen Zuwachs an Kreativität, Flexibili-
tät und vor allem Qualität bedeutet.
Die Arbeit des Sound-Designerserinnert an den Maler, der zwei Far-ben mischt und dadurch eine drit-te entstehen lässt. Das ist bei derTongestaltung ähnlich?Ein großes Abstraktionsvermögen gehört
zum Sound-Designer eindeutig dazu, um mit
fremden Elementen einen Sound dramatischer
oder sogar authentischer zu machen. Es ist oft
ein großes Experimentieren, durch das beispiels-
weise auch ein spezieller Sound für den Film
„The Flying Scotsman“ entstanden ist. Der Rei-
fensound setzte sich hier teilweise aus aufge-
nommenen Bienenschwärmen zusammen und
unterstütze so die extreme Geschwindigkeit des
Rades. Wichtig ist, dass das Gehirn des Zuschau-
ers die Bild- und Toninformationen schnell per-
fekt übereinbringen kann – wenn das passiert,
ist der Ton gut und richtig. Man baut als Sound-
Designer immer wieder auch mal seine eigene
Stimme mit ein, sei es in das Schnaufen eines
Pferdes oder in einen Todesschrei. Im Windge-
heul in „Nordwand“ habe ich zum Beispiel auch
Schreie eines meiner Assistenten verarbeitet, da-
zu jede Menge tierische Geräusche u.a. das Brül-
len von Löwen, um den Wind noch stürmischer
und aggressiver klingen zu lassen.
Wie kommt man auf solcheIdeen?Das Entscheidende ist, zu experimentie-
ren, dranzubleiben, Töne aufzunehmen und
auszuprobieren. Man muss dabei auch auf
Rhythmus und Frequenzspektrum eingehen,
Dialoge und Musik dürfen nicht beeinträchtigt
werden. Jeder Einzelton deines Sound-Designs
mag grauenhaft und unpassend klingen, im Ge-
samtklangbild aber können sie alle perfekt zur
Situation passen. Die Abstimmung zwischen
den Frequenzen muss stimmen.
Die Harmonie zwischen Tonund Bild geht ja oft so weit, dassman sich klaglos mit filmischenStandards abfindet, etwa dass be-stimmte Dinge, schnelle Bewegun-gen zum Beispiel, mit Sounds unter-legt sind, obwohl sie eigentlich garkeine Geräusche verursachen.Das ist ein heute gängiges Mittel, um den
Zuschauer auf Details der Erzählebene zu fokus-
sieren. Das übermäßige Reifenquietschen bei
fahrenden Autos ist z.B. dadurch entstanden,
dass diese hohe, schrille Frequenz des Quiet-
schens einfach etwas Gefährliches suggeriert.
Dadurch, dass er fast wie ein evolutionär ein-
gepflanzter Warnton klingt, wird er zum dra-
maturgischen Element. Das ist ein schönes Bei-
spiel dafür, dass Töne meistens im Unterbe-
wusstsein funktionieren. Nicht zuletzt das macht
sie auch so interessant.
Schwerpunkt – newsletter 4/2010 19
orgel, schließlich mit Orchester. Damals wurde
die ganze Geschichte der abendländischen Mu-
sik geplündert, um entsprechende Affekte zu
setzen. Es gab entsprechende Anleitungen für
den Kinopianisten, einen elegischen Viertakter
von Mahler, etwas Heiter-Spritziges von Cho-
pin, etwas Heroisches von Wagner. Die Musik
wurde genutzt, um einen gewissen Assoziati-
ons- und Gefühlsgehalt zu erreichen. Sprache
und Geräusche kamen erst eine Generation spä-
ter dazu.
Wo setzen Sie da die entschei-denden Einschnitte?Natürlich als erstes die Einführung des Syn-
chron-Tons 1928. Berühmt ist „The Jazzsinger“.
Interessanterweise waren die damaligen Filme
aber vor allem „Talkies“, also Filme, in denen un-
gewöhnlich viel gesprochen wurde. Die Ton-
technik wurde dann im Zuge des Zweiten Welt-
kriegs stark verbessert, was in den 1950er Jah-
ren aus dem Tonfilm einen qualitativ besseren
Tonfilm machte. Ein wirklicher Umbruch vollzog
sich erst Ende der 1970er Jahre. Eine neue Ge-
neration von Sound-Designern und Komponi-
sten fing damals an, eine andere Technik für ei-
nen anderen Sound zu entwickeln. Referenz-
filme sind hier „Apocalypse Now“, „Alien“ oder
„Star Wars“. Dazu kam die Erfindung des 5.1-
Surround.
Auch der Kinoton wurde jetztmodernisiert?Vielen ist gar nicht klar, dass wir in den Ki-
nos bis in die 1970er Jahre hinein nur ein Mo-
no-System hatten – mit einer Box hinter der
Leinwand. Viele große Filme dieser Zeit wie „Der
Pate I“ und „Der Pate II“ kamen zunächst nur
in Mono in die Kinos – „Alien I“ übrigens auch.
Einige Jahre versuchte man sich eher beschei-
den in Stereo+ Center, dann erfolgte Anfang der
1980er Jahre der Durchbruch der Surround-
Techniken. Ein Sprung, der vielleicht mit einer
Umstellung der Bildprojektion von 16 mm auf
70 mm zu vergleichen ist.
Und die Digitalisierung?In den Musikstudios stellte man sich schon
Anfang der achtziger Jahre um, während die
Filmstudios noch lange analog weiterarbeite-
ten. Die große Digitalisierung begann hier erst
in den Neunzigern. Der Meilenstein-Film dazu
ist „Matrix“, der für eine neue digitale Komple-
xität steht. Allerdings hat man komplexe Sound-
tracks vorher auch analog produziert, was müh-
samer war. Bei „Das Boot“ wurde schon ein
128er Track eingesetzt, aber eben analog. Der
Fortschritt bis heute ist enorm, was die Tech-
nik betrifft. Ein komplexer Soundtrack kann je
nach Qualität des Computers heute fast schon
mit bis zu 128 Spuren zuhause editiert werden!
Erstaunlicherweise sind viele Lösungen, die heu-
te erarbeitet werden, aber trotzdem allzu sim-
pel. Man nutzt vielfach die hochkomplexen
technischen Möglichkeiten immer noch so, als
hätte man nur einen dreispurigen Steenbeck
Perfo-Schneidetisch vor sich oder einen Twelf-
Step-Techno-Sequencer für die Musik.
Die digitale Technik hat dasSchaffen des artifiziellen Sounds er-leichtert. Wäre auch ein stärkererRealismus möglich?Filmsound ist nicht realistisch. Es geht im
Film nicht um Realismus, manche Filme sollen
dokumentarisch wirken und werden künstle-
risch entsprechend gestaltet. Viele gute aktu-
elle Dokumentarfilme sind äußerst formalistische
Filme. Selbst wenn Sie vom Set einen sehr, sehr
guten Sprechton oder O-Ton bekommen, kön-
nen Sie erst in der Postproduktion den komplet-
ten Soundtrack herstellen, der bis zu 80 Prozent
aus Atmos, Effekten, Geräuschen, Hintergrund-
geräuschen und musikalischen Atmos besteht.
Im Endeffekt geht es darum, den Zuschauer in
der Illusion zu wiegen, er habe es mit einer ge-
spiegelten, also künstlerisch gestalteten Reali-
tät zu tun.
Braucht man dafür im 21. Jahr-hundert noch Musik?Meiner Meinung nach nicht im herkömm-
lichen Sinn. Das ist ein überholtes Erbe des
Stummfilms. Mit Musik wird heute bei interes-
santen Arbeiten wie mit Farben gearbeitet, sie
wird in einem atmosphärischen Kontext einge-
setzt. Wir haben vielleicht Straßengeräusch,
Menschen im Hintergrund, und dann schleicht
sich so etwas wie ein harmonisierender Sound
ein, der eine leicht pulsierende oder flächendek-
kende Wirkung hat.
Findet sich die Bedeutung desTons auch in den Budgets wieder? In den ersten Kalkulationen ist der Sound
meist ausreichend berücksichtigt. Aber leider ist
der Sound in der Komplexität der Filmproduk-
tion das letzte Gewerk. Am Ende wird dann
häufig aus vorangegangenen Budgetgründen
weniger Zeit in die Postproduktion investiert. Da-
bei gibt es den großen Unterschied zwischen
Editing und Sound-Design. Editing versorgt im
Prinzip das Bild nur mit Tönen, die das, was man
sowieso sieht, unterstreichen – also Fahrgeräu-
sche für ein Auto, das fährt nach dem Motto:
See a dog, hear a dog. Das ist kein Sound-De-
sign, geschweige denn eine Soundtrack-Kom-
position. Sound-Design/Soundtrack-Komposi-
tion bedeutet, eine eigene Form des begleiten-
den und mitunter kontrapunktischen Storytel-
lings zu entwickeln, welches über die Bild-In-
formationen, den Bildfluss hinausgeht, seman-
tische Bedeutungen und Konnotationen ermög-
licht und sich kompositorisch in der Werkzeit
entwickeln kann und erst in der Wechselwir-
kung mit der Bildmontage zu einer Gesamtaus-
sage, einem Gesamtkunstwerk führt.
Jörg U. Lensing ist Professor für „Tongestaltung /Sound-Design“ an der FH-Dortmund. Er studierte Komposition an der Folkwang Hochschule Essen und bei Mauricio Kagel an der Musikhochschule Köln. Ständige Mitarbeit am „Theater der Klänge“ in Düsseldorf. Mehr unter www.film-sound-design.de
• letter104_14-28 11.06.2010 13:51 Uhr Seite 19
Der wohl geschichtsträchtigste Standort der
elektronischen Musikproduktion in NRW
ist die Kölner Annostrasse 86. Hier war zeitwei-
lig das Studio für elektronische Musik des WDR
untergebracht, in dem die Musik-Revolutionä-
re Karl-Heinz Stockhausen, Mauricio Kagel und
John Cage einst mit Ringmodulatoren, Rausch-
generatoren und Rückkopplungen experimen-
tierten. Seit 2006 ist das Gebäude in der Köl-
ner Südstadt Domizil der Torus Filmtonpostpro-
duktion. Die drei Geschäftsführer Stephan Col-
li, Falk Möller und Josef Steinbüchel wollen der
Tradition der technischen Innovationen treu
bleiben und haben sich deshalb im letzten
Herbst eine System 5 Konsole des amerikani-
schen Herstellers Euphonix angeschafft. Das
neue Mischpult basiert auf einem hybriden Kon-
zept, das Filmmischkonsole und umfassende
DAW-Steuerung auf der gleichen Bedienober-
fläche mit 64 physikalischen Kanalzügen inte-
griert und damit jede denkbare Arbeitsweise
ermöglicht. „Damit bieten wir auch internatio-
nal tätigen Filmmischtonmeistern ein vertrau-
tes Arbeitsumfeld in NRW“, verspricht Colli. Zu
den bei Torus abgeschlossenen Filmprojekten
gehören u.a. die Produktionen „Lebanon“ und
„Wüstenblume“.
In der Kölner Südstadt ist auch die 1990 von
Geschäftsführer Lothar Segeler und dem im letz-
ten Jahr verstorbenen Produzenten und Doku-
mentarfilmer Peter Krieg gegründete Soundvi-
sion GmbH geschichtsträchtig verortet. So konn-
te Wim Wenders, als er 2002 die Audiopost-
produktion seines Films „Viel passiert – Der BAP-
Film“ begleitete, aus dem Fenster auf das Ge-
burtshaus von Heinrich Böll und damit eines
Mentors seines Protagonisten Wolfgang Nie-
decken blicken. Soundvision war das erste kom-
plett digitalisierte Tonstudio in Deutschland. Für
die technische Entwicklung der letzten 20 Jah-
re stehen ein klassischer 35 mm-Filmprojektor
und – als jüngste Anschaffung – ein weiteres
Filmmischpult von Solid State Logic mit 192 Ka-
nälen. Organisatorisch ist eine Zweigstelle in der
Richmodstraße 31 hinzugekommen, wo Ton-
mischungen und Synchronisationen möglich
sind. Zu den in diesem Frühjahr bearbeiteten
Produktionen zählen u.a. „Takiye – Spur des Ter-
rors“, der am 24. Juni das Festival Großes Fern-
sehen in Köln eröffnet, und „Anduni“. Ko-Ge-
schäftsführer Tilo Busch: „Wir lassen nicht ab,
unseren Kunden die Bedeutung des Tons na-
hezubringen.“
Auch Dortmund hat seine Tonlagen, wo-
bei die überregional mitgehörten Töne meistens
aus den RuhrSoundStudios stammen. Das 1993
von Adolf Winkelmann gegründete Unterneh-
men hat sich mit 400 Filmvertonungen natio-
nal und international einen Namen gemacht –
von „Der fliegende Holländer“ bis zu „Die Frem-
de“, für die die komplette Sound-Postproduk-
tion geleistet wurde. Dafür steht u.a. ein 110
Quadratmeter großes THX-zertifiziertes Mi-
schungskino zur Verfügung. Seine sechs Studios
für die Tonbearbeitung hat RuhrSound an sei-
nen Kooperationspartner Guido Zettier vermie-
tet (siehe Interview Seite 18). Seit März hat Ruhr-
Sound mit Hans-Martin Rickers einen neuen Ge-
schäftsführer. Zugleich ist Rickers kaufmänni-
scher Leiter der Hürther Pictorion Das Werk
GmbH, die RuhrSound 2003 gekauft hatte.
Rickers bedauert, dass die Budgets für die
Audiopostproduktion immer kleiner würden:
„Man muss sich immer neue Dinge einfallen las-
sen, um die Firma am Laufen zu halten.“ Eine
Aussage, der auch seine Kölner Kollegen nur zu-
stimmen können. „Es wird immer versucht,
beim Ton zu sparen“, konstatiert Busch. „Was
bei den Dienstleistern ankommt, ist sehr schmal-
brüstig geworden“, sagt Colli. Dabei werde bei
Top-Filmen mehr, bei kleineren Filmen weniger
in die Audio-Bearbeitung investiert. Es sei schier
unmöglich, bei Filmen mit einem Gesamtbud-
get von beispielsweise einer Million mit einem
Audio-Volumen von um die 35.000 Euro die ge-
wünschte Qualität zu erreichen, konkretisiert
Busch. Colli hält angesichts der Preisentwicklung
gerade auf dem Fernsehmarkt die Aufrechter-
haltung eines Studiobetriebs für „kaum noch fi-
nanzierbar“.
Das Hauptgeschäft der 1990 gegründeten
Kölner Splendid Synchron ist die Synchronisa-
tion von Kinofilmen. In ihrem Studio im Stadt-
teil Braunsfeld wurden u.a. die Kinofilme „Traf-
fic“ und „Gangs of New York“ synchronisiert.
Inzwischen hat Splendid sein Angebot sukzes-
sive auf den gesamten Bereich der Audio-Post-
produktion ausgebaut und hält dafür u.a. zwei
Mischateliers und vier Edit-Suiten vor. Geschäfts-
führer Oliver Fay: „Die Studios sind technisch
und akustisch für die Ton-Nachbearbeitung von
Filmen ausgerichtet.“ Das gilt im Übrigen auch
für den Ton-Bereich der Kunsthochschule für
Medien Köln. Im Zuge des Neubaus am Filzen-
graben entstanden komplett neue Studios, dar-
unter eine Filmmischregie, eine Surround-Regie
und eine Stereoregie mit angeschlossenen Auf-
nahmeräumen. Das Equipment der Schule darf
aber nur für Arbeiten von und mit Studieren-
den genutzt werden.
Natürlich ist die Audiopostproduktion am
Medienplatz Köln zum guten Teil mit TV-Forma-
ten unterschiedlichster Art beschäftigt. So sind
für Thorsten Brendel „Deutschland sucht den
Superstar“ und „Das Supertalent“ tontechnische
Premiumprojekte. Brendel bearbeitet mit seiner
Telos Media GmbH den Audiobereich des Stu-
dio-Dienstleisters Nobeo. Dafür stehen ihm im
Hürther Produktionshaus u.a. zwei feste Regien
mit einem Pro Tools HD3 und jeweils 48 Audio-
Eingängen zur Verfügung. Dem Vernehmen
newsletter 4/2010 – Schwerpunkt20
Die Filmton-Szene in NRW
Geschäfte mit dem guten Ton
Wenn man beim Abspann genau
hinschaut, ist es nicht unwahrscheinlich,
dort eine Firma aus Nordrhein-Westfalen
zu entdecken, die für den Ton verant-
wortlich zeichnet. Peter Hanemann hat
sich für den Newsletter in der NRW-Szene
umgehört und dabei gelernt: Qualität hat
seinen Preis.
• letter104_14-28 11.06.2010 13:51 Uhr Seite 20
Die berühmten Kokosnüsse, die
das Klappern von Hufen nachahmen,
sind wohl die bekanntesten
Requisiten von Geräuschemachern.
Aber wie sieht die Zukunft dieses
Handwerks aus in einer Zeit, in der
digital fast alles möglich scheint?
Die Zukunft der Geräuschemacher
Ton von Hand oder vomBand?VON OLIVER BAUMGARTEN
Die vielleicht schönste Würdigung erfuhr der
Berufsstand des Geräuschemachers (inter-
national auch Foley Artist) 1975 in „Monty Py-
thon and the Holy Grail“, in dem der von Ter-
ry Gilliam gespielte Knecht Patsy seinem pfer-
delosen Herrn kokosnussklappernd hinterher-
läuft und ihn so zumindest akustisch in einen
stattlichen Reiter verwandelt. Diese Szene, nach
der der deutsche Verleih damals gleich den gan-
zen Film benannte („Die Ritter der Kokosnuss“),
weist über den gelungenen Gag hinaus auch
auf einen großen Vorzug der Geräuschema-
cher: Sie sparen der Produktion Geld. Zwar
nicht in dem Sinne, dass die Produktion gleich
auf Pferde verzichten kann (was bei Monty Py-
thon tatsächlich Anlass des Gags war), sondern
ganz konkret dadurch, dass besonders in Ac-
tionsequenzen oder komplizierten Außendrehs
am O-Ton gespart werden kann.
Eine Szene lässt sich grundsätzlich auf drei
Wegen vertonen: mit Originalton, mit Hilfe di-
gitaler Soundkonserven oder mittels eigens in
der Foley Stage kreierten Sounds. „Wenn es ei-
nen O-Ton gibt und er zu gebrauchen ist, dann
wird er in der Regel auch verwendet“, sagt Die-
ter Hebben, seit 18 Jahren Geräuschemacher
mit Foley Stage in den Räumen der Kölner
SoundVision. Weil es aber viel zu aufwändig ist,
jedes Geräusch in der nötigen Qualität aufzu-
nehmen, und zudem zusätzlich Sounds erfun-
den werden müssen, wird in der Postproduk-
tion nachgeholfen mit Tönen aus dem Archiv
oder vom Geräuschemacher. Dass letzterer bei
dieser Aufgabe der Produktion eine Menge Geld
sparen kann, hat vor allem einen Grund: „Der
Geräuschemacher arbeitet synchron zum Bild“,
erklärt Dieter Hebben, „wodurch er nicht nur
authentischer, sondern auch viel schneller ar-
beiten kann.“ Geht es um die Vertonung von
Schritten beispielsweise –
und bei einem 90-minüti-
gen Kinofilm kommen eine
Menge davon zusammen –
„kann der Foley Artist syn-
chron zum Bild umgehend
die Atmosphäre umsetzen,
einen Ausfallschritt einbau-
en, wenn benötigt, oder ein Schlurfen und Stol-
pern“. Schritte jeglicher Art gehören zum Stan-
dard eines Geräuschemachers, alle nötigen und
denkbaren Untergrunde dafür hält die Foley Sta-
ge für ihn bereit.
Ungezählte Variationen von Schritten und
zahllose andere Sounds sind natürlich auch auf
CD-Sammlungen oder in Internetarchiven er-
hältlich. Bis die ein Sound-Designer aber unter
Berücksichtigung aller spezifischen Erfordernis-
se der Szenen passgenau angelegt hat, vergeht
leicht dreimal so viel Zeit wie der Foley Artist für
die Umsetzung benötigt. Liegt bei diesem Bei-
spiel also der Vorteil eindeutig beim Geräusche-
macher, hat er andere seiner einstigen Standards
allerdings an digitale Archive bzw. den O-Ton
verloren: „Türen zum Beispiel werden heute so
gut wie immer vom Sound-Designer angelegt,
Autotüren ganz besonders.“
Dass die Auftragslage insgesamt zurzeit
„nicht so berauschend“ aussehe, hat aber viel-
fältige Gründe. Die IT-Bänder etwa, also die in-
ternationale Tonfassung von US-Fernsehfilmen
und -serien, haben sich laut Hebben derart ver-
bessert, dass sie in Deutschland nicht wie frü-
her noch einmal neu hergestellt werden müs-
sen, während wiederum bei deutschen Produk-
tionen das IT-Band immer seltener automatisch
gleich mit in Auftrag gegeben wird. Trotz sol-
cher Schwierigkeiten stellt aber gerade im Spiel-
filmbereich genau wie im Animations- und Do-
kumentarfilm der Foley Artist ein unverzichtba-
res kreatives Rad im Getriebe der Ton-Postpro-
duktion dar. Die Digitalisierung der Tonarchive
hat das Finden und den Zugriff auf Sounds we-
sentlich vereinfacht. Den kreativen Prozess aber,
der ein genaues Anpassen einzelner generier-
ter Geräusche auf die atmosphärischen Bedürf-
nisse eines Bildes verlangt, können auch digi-
tale Tools nicht verbessern, wenn die Qualität
nicht leiden soll.
So gesehen macht sich Dieter Hebben ge-
genüber der digitalen Konkurrenz nicht die
größten Sorgen. Viel lieber zeigt er, mittlerwei-
le seit zehn Jahren schon, auch auf der Bühne
vor großem Publikum, wozu Geräuschemacher
fähig sind. „Fang den Mörder“ heißt die Show,
in der er in einer Art Live-Hörspiel Krimistück
vertont – wenn auch meist ohne Kokosnüsse.
nach werden auch die Audio-Kapazitäten des
Cologne Broadcasting Center CBC gut ange-
nommen.
Wo viel produziert wird, sind die Geräte-
hersteller nicht weit. Vom niederrheinischen
Hamminkeln aus vertreibt Röhrenmikrofon-
Papst Dirk Brauner seine weltberühmten Mi-
krofone VM1 und VMX. Zu seinen Kunden
zählen praktisch alle Tonstudios und Rundfunk-
Sender. In Lengerich am Südhang des Teuto-
burger Waldes betreibt Uwe Seyfert die deut-
sche Niederlassung der britischen Cedar Au-
dio, die auf Audiorestauration und die Verbes-
serung von Sprachverständlichkeit für Filmpro-
duktion, TV- und Radio sowie auf Audio-Fo-
rensik spezialisiert ist. Wiederum in Köln ver-
steht sich die Niederlassung von Avid als Zu-
gang zur Weltfirma, inklusive des Protool-Her-
stellers Digidesign, den Avid übernommen hat.
Auch der Mischpult-Hersteller Euphonix gehört
seit kurzem zu Avid.
Schwerpunkt – newsletter 4/2010 21
Die Technik regiert im Tonstudio. Foto: RuhrSound Studios
Dieter Hebben, Foto: privat
Die Foley-Stage im Studio von SoundVision. Foto: SoundVision
• letter104_14-28 11.06.2010 13:51 Uhr Seite 21
Hörspiele sind wie Stummfilme, bloß umge-
kehrt, heißt es in Urs Widmers Radiokomö-
die „Stan und Ollie in Deutschland“. Da ist et-
was dran. Hörspiele ohne Ton wären keine, und
doch meinen wir nicht das konventionelle Kon-
versationsstück, wenn wir vom Sound im Hör-
spiel sprechen. Sound ist die von der Sprach-
semantik abgekoppelte Dimension der Radio-
kunst, er betont den Materialcharakter des Ge-
hörten und den Vorgang des Hörens selbst.
Interessanterweise liegen die Ursprünge des
Sounds im Hörspiel im Kino. Während das her-
kömmliche Hörspiel der 20er Jahre zunächst im
Wesentlichen akustisches Theater war, das ein
Geräuschemacher mit tönender Kulisse umgab
– wohlgemerkt live gesendet und nur in Aus-
nahmefällen auf Wachsplatten konserviert –,
standen mit dem Aufkommen des Tonfilms
plötzlich neue Möglichkeiten zur Verfügung.
Kein anderer als der Filmemacher Walter Rutt-
mann war es, der in diesem neu erschlossenen
akustischen Raum experimentierte: Nach dem
Vorbild seines legendären Films „Sinfonie einer
Großstadt“ schuf er das knapp halbstündige
Hörstück „Weekend“ – die Chronik eines Wo-
chenendes in Berlin in Geräuschschnipseln, nach
dem neuen Montageprinzip musikalisch-rhyth-
misch arrangiert. Der Hörer erlebt gleichsam ei-
nen akustischen Film, in dem Sprachfetzen, der
Sound der Metropole, Motorengeheul und das
Freizeitgejohle am Wannsee in rasendem Tem-
po vorüberziehen.
Das Vorbild für solch neuartige Versuche
wiederum waren Eisensteins Filme und die
Soundartisterie der italienischen Futuristen um
Tomaso Marinetti. Diese hatten Geräuschma-
Seit über 15 Jahren fördert die Filmstiftung NRW neben dem Film auch das Hörspiel. Da liegt es nahe, sich im Ton-Schwerpunkt auch mit dem
Sound im Hörspiel zu beschäftigen. Der Kölner Filmkritiker Frank Olbert ist einer der wenigen, der sich in beiden Bereichen auskennt. Für uns
hat er genau hingehört, wozu Radiokunst einst fähig war und warum sie es heute schwerer hat.
schinen gebaut, so genannte Intona Rumori, die
Umweltgeräusche zugleich imitierten und mu-
sikalisierten. Ziel dieser Experimente war es, Mu-
sik nicht nur im Konzertsaal zu zelebrieren, son-
dern in allem Hörbaren musikalische Qualitäten
zu entdecken.
Faschismus und Krieg setzten dieser frucht-
baren Epoche ein Ende. Nun war das Hörspiel
wieder auf seine theatralischen, appellativen
Funktionen zurückgedrängt und diente auf der
semantischen Ebene weitgehend der Propagan-
da. Erst nach 1945 entstanden wieder Sound-
laboratorien, die das Hören als besondere Form
sinnlicher Wahrnehmung emanzipierten. Vor al-
lem Frankreich nahm eine führende Rolle in die-
ser Hinsicht ein: Pierre Schaefer und Pierre Hen-
ry schufen die Musique Concrète, die den Vor-
satz wieder aufgriff, die Musik aus ihrem feier-
lichen, bürgerlich-restriktiven Kontext hinaus in
die Wirklichkeit zu katapultieren. Im Gegensatz
zu den italienischen Intona Rumori wurden nun
aber keine mechanischen Apparaturen gebaut,
um einen neuen Klangkosmos zu erschließen.
Nun feierte das Zeitalter der Elektronik Trium-
phe, der Siegeszug der Tonbandmaschinen hat-
te begonnen.
Die Protagonisten der Musique Concrète
waren zugleich Komponisten von akustischem
Alltagsmaterial wie auch Ingenieure. Sie han-
tierten mit Filtern und Verzerrern, sie experimen-
tierten mit verschiedenen Geschwindigkeiten
ihrer Tonbandmaschinen, die sozusagen ihr Or-
chester waren. Das Ergebnis war eine elektro-
nische Soundart zwischen Musikmelodie und
Umweltrhythmus.
Deutschland tat sich nach dem Zweiten
Weltkrieg schwer, Anschluss an diese Avantgar-
de akustischer Innovation zu finden. Hier
herrschte die Dramaturgie der „Inneren Bühne“,
deren Meister der Autor Günter Eich mit ma-
gisch-poetischen Sprachhörspielen waren.
Sound diente hier nur, wenn überhaupt, als Die-
ner des Wortes.
Erst Ende der 60er Jahre fand er aus diesem
Nischendasein heraus. Die Konkrete Poesie hat-
te begonnen, das Wort selbst zu musikalisieren
(Jandls „schtzngrm“), während sich auf der an-
deren Seite Komponisten dem Hörspiel näher-
ten: Vor allem Köln wurde geradezu zu einem
Zentrum für Soundart, denn hier leitete der nach
allen Seiten offene Dramaturg Klaus Schöning
das Hörspielstudio beim Westdeutschen Rund-
funk, welches er später zum Studio Akustische
Kunst umwidmete. Hier schuf John Cage sein
„Roaratorio“, in das er sämtliche Geräusche in
einen Sound-Strom einfließen ließ, die in James
Joyce’ „Finnegans Wake“ erwähnt werden. Hier
testete Mauricio Kagel das Hörspiel als „Aufnah-
mezustand“ aus, hier fanden Soundartisten,
Konkrete Poeten und musikalische Neutöner aus
aller Welt eine akustische Heimat.
Man muss leider feststellen, dass diese über-
aus lebendige Szene in der heutigen Radio- und
Hörspiellandschaft nicht mehr willkommen
scheint. Unter dem auch kommerziellen Druck
der Hörbücher sind die Dramaturgien zur Ver-
hörspielung vorhandener Literatur übergegan-
gen – Sound ist hier nur Beiwerk, GeräuschiIl-
lustration, Musik akustisches Schmiermittel. In
der Behandlung eines emanzipierten Sounds ist
das Hörspiel tatsächlich zum Stummfilm gewor-
den.
newsletter 4/2010 – Schwerpunkt22
Blick in die Torus-Tonstudios. Foto: Torus
Der Sound im Hörspiel
Aufbruch war gesternVON FRANK OLBERT
• letter104_14-28 11.06.2010 13:51 Uhr Seite 22
Beim Spielfilm, in der Liebe und im
Krieg ist alles erlaubt. Um den eige-
nen Stoff perfekt für die Leinwand um-
setzen zu können, sind alle Register filmi-
scher Kreativität zugelassen, solange sie
der Erzählung dienen und die Glaubwür-
digkeit des Stoffes nicht verliert, sondern
gewinnt. Dass, um dieses Ziel zu errei-
chen, auf der Bildebene manipuliert wird,
ist spätestens seit Georges Méliès akzep-
tiert und im digitalen Zeitalter zum Alltag
geworden. Auch Manipulationen auf der
Tonebene werden weder heute noch vor
achtzig Jahren grundlegend hinterfragt:
Ob nun Johnny Weissmuller seinen be-
rühmten Tarzanschrei 1932 wirklich selbst
intoniert hatte, wie von ihm bis zum
Schluss behauptet, oder ob es sich dabei
doch um das erste markenbildende
Sound-Design handelt, war schon damals
eher eine Frage trivialer Neugier denn mo-
ralischer Sorge darüber, manipuliert wor-
den zu sein.
Vor allem bei Dialogpassagen ent-
scheidet man sich heute im Spielfilm meist
immer erst für den Originalton. „Das Spiel
beim Dreh ist fast immer besser als im Stu-
dio, authentischer und auch seitens der
Akustik meist brauchbarer“, erklärt Tilo
Busch, Geschäftsführer des Kölner Sound-
Vision Tonstudios. Auch auf dem Gebiet
der Geräusche, wie Foley Artist Dieter
Hebben auf Seite 21 bestätigt, nimmt
man, wenn möglich, immer gerne den O-
Ton. Entscheidungen wie diese, ob und
wann Originalton oder irgendwelche an-
deren Quellen verwendet werden sollen,
werden aber eindeutig aufgrund ästhe-
tischer oder auch dramaturgischer Erwä-
gungen getroffen.
Beim Dokumentarfilm sieht die Sache
anders aus. Hier spielt wesentlich deutli-
cher auch eine grundlegende Philosophie
der Filmemacher eine Rolle, was genau
Dokumentarfilm „darf“ und was nicht.
Muss man die Wirklichkeit nicht nur bild-
lich, sondern auch den Ton betreffend im
Rahmen der medialen Möglichkeiten so
originalgetreu wie möglich spiegeln? Oder
darf ein Dokumentarfilm mit gleicher Be-
rechtigung durch ästhetischen Eingriff Tei-
le der Wirklichkeit unterstreichen, ande-
re weglassen oder verändern und damit
in das Gesamtbild eingreifen?
„Ein Film sollte nicht nur über den
Kopf funktionieren, sondern auch über
das Herz“, sagt Christel Fomm, Geschäfts-
führerin der Kölner Gruppe 5 Filmproduk-
tion. „Und gerade der Ton kann im beson-
deren Maße emotionalisieren und Akzen-
te setzen. Dramaturgisch wirkt er fast
mehr als das Bild.“
Mit Produktionen wie der zehnteiligen
Dokumentation „Die Deutschen“, 2009
nominiert für den Deutschen Fernsehpreis,
oder „Sturm über Europa: Die Völkerwan-
derung“ hat die Gruppe 5 Filmprodukti-
on seit den 1990er Jahren einen Stil des
Dokumentarischen etabliert, der sich vie-
ler Elemente aus dem Spielfilmbereich be-
dient. Reenactments, Interviews und in-
szenierte Szenen reihen sich an rein do-
kumentarische Bilder, aufwändiges
Soundeffektdesign an kargen Originalton,
eine gestaltete Szene an belassene Natur-
aufnahmen. Toneffekte, Musik, Sprache:
Die Dokumentationen der Gruppe 5 Film-
produktion schöpfen aus dem Vollen der
akustischen und visuellen Gestaltungs-
möglichkeiten, um zu pointieren und zu
emotionalisieren. „Die Abwechslung ist
mir wichtig“, sagt Christel Fomm, gera-
de das Nebeneinander der Möglichkeiten.
Ein pausenloses und einseitiges Effektge-
witter möchte sie dabei ausdrücklich ver-
meiden, trotzdem sieht der Ansatz der
Gruppe 5 auch im Soundbereich deutli-
che Eingriffe ins dokumentarische Mate-
rial vor.
„Wir versuchen, Effekte zu vermeiden,
Künstlichkeit zu vermeiden“, sagt dage-
gen der Mülheimer Filmemacher Rainer
Komers. Seine Filme wie „Nome Road Sy-
stem“ (Deutscher Kurzfilmpreis 2004),
„Kobe“ oder jüngst „Milltown, Montana“
sind komponiert aus einzelnen Bildpane-
len. Sie verfügen weder über extradiege-
tische Musik, das heißt, Musik, die drama-
turgisch nicht im Bild verankert ist, noch
über Sprache, sind dafür aber unterlegt
mit sorgfältig gemischtem Originalton.
„Wir benutzen ausschließlich bildsynchro-
nen Ton“, erklärt Komers seine Arbeitswei-
se. Das bedeutet, dass jedes Einzelbild aus-
nahmslos lediglich mit jenem O-Ton un-
terlegt ist, der zum exakt selben Augen-
blick wie das Bild aufgenommen wurde.
Sound-Design in irgendeiner Form kommt
in den Dokumentarfilmen von Rainer Ko-
mers, die sich in den letzten Jahren in der
beschriebenen Stilistik jeweils einem spe-
zifischen Ort genährt haben, nicht zum
Einsatz. Der Zuschauer spüre, sagt er, dass
nicht getrickst und nicht manipuliert wür-
de. Sein konsequent puristischer Ansatz
entwickelt durch diese kongruente Ver-
bindung von Bild und Ton einen enormen
atmosphärischen Sog: „Für viele ist es, als
ob sie beim Schauen selbst an den gezeig-
ten Orten seien.“ Rainer Komers’ Filme
sind, ähnlich auch wie Philip Grönings
„Die große Stille“, durch ihr Bild- und Ton-
konzept von einer Authentizität geprägt,
die sich im größtmöglichen Maße eines
Kommentars entzieht.
Dokumentarische Konzepte hinge-
gen, die von Inszenierung und Gestaltung
leben, seien es die Arbeiten der Gruppe
5 oder auch Dokumentarfilme wie Pepe
Danquarts „Höllentour“, der dem
Sound-Design ein Großteil seiner Wirkung
verdankt, wollen kommentieren und zu-
weilen auch eine Meinung transportieren.
Sie begreifen Wirklichkeit als subjektives
Erleben und haben mit der Inszenierung
eine stimmige ästhetische Entsprechung
für diese Haltung gefunden.
Dem Dokumentarischen schaden we-
der diese Diversität der Ansätze noch
grundsätzlich die größer gewordenen
Möglichkeiten, den Sound für seine Zie-
le zu nutzen – ganz im Gegenteil. Ob Ori-
ginalton oder Sound-Design: „Wichtig ist
die Konsequenz im Tonkonzept“, sagt Ti-
lo Busch. „Überzeugend, vor allem wegen
heutiger Hörgewohnheiten, bleibt am En-
de jenes Konzept, das dem Film dient.“
Und, möchte man hinzufügen, das
dem jeweiligen Ansatz dient: Wirklichkeit
spiegeln oder Wirklichkeit modellieren.
Berühmte letzte Worte: der Wilhelmsschrei
Ein Schrei geht um die Welt LENA KRAAN
Es ist immer derselbe Schrei und der geht so: „Aa-
aarrrgghhhhhh…“.
Fast jeder wird diesen lang gezogenen Männerschrei
schon in einem Film gehört haben, aber nur wenige können
ihn als den Running Gag unter den amerikanischen Sound-
Insidern identifizieren. Seit den 1970er Jahren ist der so ge-
nannte Wilhelmsschrei ein legendärer Soundeffekt, den Ken-
ner bis heute in zahlreichen US-Produktionen entdecken. An-
gefangen bei Western mit John Wayne und Burt Reynolds
bis zu den aktuellen Hollywood-Blockbustern „Iron Man 2“,
„Spiderman“ oder „The Simpsons“ – die Filmografie des
Schreis umfasst eine stattliche Liste von mindestens 200 Ti-
teln. Seine Popularität entstand, nachdem der Schrei in „Krieg
der Sterne“ ertönte und damit in etlichen Klangarchiven der
Traumfabrik landete.
Die Entstehung des Running Gags als Wilhelmsschrei liegt
in den 50ern, die Entdeckung Anfang der 70er Jahre. Zwei
Filmstudenten aus Kalifornien, Ben Burtt und Richard Ander-
son, entdeckten ihn im
Soundarchiv von Warner
Brothers und verfolgten
seine Geschichte bis Gor-
don Douglas’ „Der bren-
nende Pfeil“ von 1953 zu-
rück, in dem er gleich drei-
mal zu vernehmen ist. Ein
Nebendarsteller namens
Wilhelm wird von einem
Pfeil ins Bein getroffen und
sch re i t „Aaaa r r rgg
hhhhhh…“ – die ver-
meintliche Geburtsstunde
des Wilhelmsschreis. Ur-
sprünglich aber stammt
der Schrei, so findet Ben
Burtt später heraus, wahr-
scheinlich aus „Die Teu-
felsbrigade“ mit Gary Co-
oper von 1951. Soldaten
waten durch einen Fluss in
den Everglades, einer wird
von einem Krokodil gebis-
sen und schreit schmerz-
verzerrt, während er im Todeskampf unter Wasser gezogen
wird. Doch es ist nicht der Schrei des Schauspielers, sondern
einer, der im Tonstudio entstanden ist – und zwar von dem
Schauspieler und Sänger Sheb Wooley, der starb, ohne je-
mals etwas von der beispiellosen Karriere seines Schreis zu
erfahren.
In den darauf folgenden Jahren verhalfen Burtt und An-
derson, die als Pioniere auf dem Gebiet des Filmsounds gel-
ten, dem Wilhelmsschrei zu seinem Ruhm, indem sie ihn in
ihren Filmen, darunter „Krieg der Sterne“, „Poltergeist“ und
„Die Jäger des verlorenen Schatzes“, verwenden. Über 20
Jahre lang kommt der Schrei in allen „Indiana Jones“ und
„Krieg der Sterne“-Filmen vor. Und auch in „Madagaskar“,
„Planet der Affen“ und „Batmans Rückkehr“ setzt Anderson
den Schrei ein. Die Filmografie umfasst ebenfalls die Werke
der Kultregisseure Quentin Tarantino („Inglourious Basterds“,
„Kill Bill“ und „Reservoir Dogs“) und Peter Jackson („Herr der
Ringe“ und „King Kong“). Mittlerweile nutzen die Entdecker
selbst den Schrei nicht mehr, weil er kein Geheimnis mehr
ist und mittlerweile sogar schon einen eigenen Wikipedia-
Eintrag besitzt. Falls es ein vergleichbares Phänomen im deut-
schen Film gibt, ist das bisher erfolgreich ein Geheimnis un-
ter Kennern geblieben, das diese gut hüten.
Eine Kompilation der Wilhelmsschreie ist auf you tube zu
finden unter www.youtube.com/ watch?v=4YDpuA90KEY
Schwerpunkt – newsletter 4/2010 23
Dass der Dokumentarfilm eins zu eins die Wirklichkeit abbildet, glaubt schon lange
niemand mehr. Aber was ist mit dem Ton in der Doku? Muss nicht wenigstens der echt und
unverfälscht sein? Oliver Baumgarten hat nachgefragt.
O-Ton und Sound-Design im Dokumentarfilm
Die Wirklichkeithören
Harrison Ford in „Indiana Jones unddas Königreich des Kristallschädels“:Auch hier ertönt der Wilhelmsschrei.Foto: Paramount
• letter104_14-28 11.06.2010 13:51 Uhr Seite 23
Cloud-clusterDie Filmstadt Münster
war bis zum 5. Juni Tatort
des Drehs zum Debütfilm
der Regisseurin Pia
Strietmann. Für „Cloudcluster“ kehrte sie
zurück in ihre Heimatstadt. Der Kinospielfilm,
den Alpha Medienkontor 2011 verleihen
wird, erzählt von der Familie Dewenter: Vater
Christian stürzt sich von einer Affäre in die an-
dere, Sohn Lars hat nach der Schule die Flucht
nach Berlin ergriffen, und die pubertierende
Tochter Elaine gibt sich gänzlich uninteressiert.
Nur Mutter Andrea versucht unermüdlich, das
Auseinanderdriften der Familie zu verhindern.
Als sie unerwartet bei einem Autounfall stirbt,
gerät das Leben der drei Hinterbliebenen aus
den Fugen. In den Hauptrollen sind Max Rie-
melt, Götz Schubert, Mathilde Bund-
schuh und Lena Stolze zu sehen. Die Pro-
duktion der Toccata Film (Produzenten: Fritz
Böhm und Sven Nuri) in Koproduktion mit
dem WDR, dem BR und der Esperanto En-
tertainment wurde an 34 Drehtagen kom-
plett in Münster realisiert.
Toccata Film, Tel. (089) 45222230;
Kung Fu Mama –Agentin mit Kids Bis zum 28. Juli sollte man in NRW alleinerzie-
henden Müttern vorsichtig begegnen: Dream-
tool Entertainment dreht vor allem an Rhein
und Ruhr seit dem 10. Juni für RTL (Redakti-
on: Sascha N. Mürl, Barbara Thielen) das
TV-Movie „Kung Fu Mama – Agentin mit
Kids“. Die Action-Komödie erzählt vom ersten
Auftrag für die sexy Top-Agentin Nina Wenzel.
Eine alleinerziehende Mutter, die nach fünf Jah-
ren Familienpause wieder in den Undercover-
Dienst zurückkehrt, um mit jeder Menge turbu-
lenter Action, zwischen Kindergarten und Ka-
laschnikow, die Welt zu retten. Dabei darf Ni-
na ihre frische Liebe trotz Doppelleben nicht aus
den Augen verlieren. Unter der Regie von Si-
mon X. Rost, der zusammen mit Derek
Meister auch das Buch schrieb, spielen Clau-
dia Hiersche, Ben Braun, Alexander
Radszun, Tobias Kasimirowicz, Miquel
Wansing, Sergey Kalantay, Masha To-
kareva und Tim Seyfi. Die Kamera führt Jo-
chen Stäblein.
Dreamtool Entertainment,
Tel. (089) 41119090;
info@ dreamtool.de
A DangerousMethodNoch bis Ende Juni findet ein Gipfeltreffen der Psy-
choanalyse in Köln statt: Die Rivalitäten zwischen
den beiden berühmtesten Traumdeutern Jung
und Freud sind Thema von David Cronen-
bergs neuestem Film „A Dangerous Me-
thod“, der über insgesamt sechs Wochen in
NRW gedreht wird. Das Kinodrama handelt von
der Beziehung des Nachwuchs-Psychiaters Carl
Gustav Jung, seines Mentors Sigmund
Freund und Sabina Spiegelrein, einer ge-
störten, aber schönen Frau, die zwischen die bei-
den Männer gerät. Christopher Hampton schrieb
das Drehbuch, das auf seinem Theaterstück „The
Talking Cure“ basiert. Die Hauptrollen über-
nahmen Keira Knightley, Michael Fassben-
der, Viggo Mortensen und Vincent Cas-
sel. Für „A Dangerous Method“ arbeitet Produ-
zent Jeremy Thomas (Recorded Picture Com-
pany) erneut mit Cronenberg zusammen. Ko-
produzent ist Marco Mehlitz (Lago Film).
Universal bringt den Film in die Kinos.
Lago Film, Tel. (030) 84710880;
Ritter RostDer Kinderbuch- und Musicalstar Ritter Rost
macht sich auf, auch die Kinoleinwand zu er-
obern. In dem Animationsfilm der Caligari En-
tertainment (Produzenten: Gabriele M.
Walther und Alexander Isadi) mit dem
ZDF droht Ritter Rost sein geliebtes Burgfräu-
lein Bö zu verlieren. Der Titelheld, der es sonst
lieber stressfrei und bequem liebt, wächst über
sich hinaus und befreit mit dem kleinen Feuer-
drachen Koks an seiner Seite nicht nur Bö, son-
dern gleich das ganze Königreich Schrottland
aus den Klauen eines bösen Ritters. Regisseur
Thomas Bodenstein inszeniert das Trickfilm-
abenteuer nach einem Buch von Mark Slater
und Gabriele M. Walther. Teile der Postpro-
duktion werden die ibt studios in Bonn über-
nehmen.
Caligari Film- und Fernsehproduktions
GmbH, Tel (089) 54809512;
Der Rekord-beobachterMit Axel Milberg in der Hauptrolle dreht
Zeitsprung Entertainment ab Ende Juni in
Finnland und an zwei Tagen auch in Köln den
Fernsehfilm „Der Rekordbeobachter“ (AT).
Jan Cronauer schrieb das Buch über Marvin
Feldmann (Milberg), einen Rekordbeobachter
für das Buch der Rekorde. Als er den Auftrag be-
kommt, auf einer finnischen Insel den Rekord-
versuch des kleinen Elias zu betreuen, ist er al-
les andere als begeistert. Auslandsreisen und
Kinder mag er nicht. Doch die Insulaner sind so
stolz auf Elias, dass sie Himmel und Hölle in Be-
wegung setzen, um Marvin bis zu einem ge-
glückten Rekordversuch in Finnland zu halten.
Auf der Insel gestrandet, lernt Marvin, sich von
seinen Vorurteilen zu verabschieden und findet
in Elias etwas, das er aus seinem deutschen All-
tag nicht mehr kennt: einen Freund.
Für Zeitsprung Entertainment (Produ-
zenten: Ica und Michael Souvignier) und
ARD Degeto setzt Regisseurin Karola Hat-
top das Projekt gemeinsam mit Kameramann
Hermann Dunzendorfer in Szene.
Zeitsprung Entertainment, Tel. (0221)
9498020; [email protected]
Das Vermächtnisder ArcheUnter der Regie von Tobi Baumann laufen
seit dem 15. April die Dreharbeiten zum RTL-
Event-Movie „Das Vermächtnis der Arche”
(AT). Neben Stephan Luca spielen die fran-
zösische Darstellerin Julia Molkhou, Micha-
el Gwisdek, Jean-Yves Berteloot und Hil-
mi Sözer.
Von Istanbul geht es zu weiteren interna-
tionalen Drehorten nach Kappadokien und Ita-
lien. In Deutschland wird in München und NRW
voraussichtlich bis zum 18. Juni gedreht, davon
13 Tage in Köln. „Das Vermächtnis der Arche”
(AT) ist eine Produktion der all-in-producti-
on GmbH (Produzentin: Annette Reeker).
Das Drehbuch nach dem Roman „Visus“ von
Richard Hayer stammt von Arne Sommer.
Die Redaktion liegt bei Sascha Mürl (RTL) un-
ter der Leitung von Barbara Thielen (RTL).
all in production,
Tel. (089) 189081900;
Tatort Münster: GutsherrenartAusnahmsweise keine Jahreszeit, sondern die Spargelzeit bestimmt den Dreh des neuen Münster-
Tatorts „Gutsherrenart“ vom 8. Juni bis zum 7. Juli in Köln, Münster und Umgebung: Bei ei-
nem seiner nächtlichen Raubzüge auf einem Spargelfeld vor den Toren der Stadt Münster stolpert
Vadder Thiel über den Leichnam einer Frau. Wie sich herausstellt, handelt es sich um die Ehefrau
des örtlichen „Spargelkönigs“ Martin Pütz, der mit seiner 16-jährigen Tochter Julia auf dem angren-
zenden Spargelhof wohnt. Beschämt über das unrechtmäßige Verhalten seines alten Herrn beginnt
Hauptkommissar Frank Thiel mit den Ermittlungen. Colonia Media (Produzentin: Sonja Gos-
licki) produziert den Tatort von Autor Jürgen Werner (Idee: Peter Zingler) für den WDR
(Redaktion: Anke Krause). Die Regie hat Manfred Stelzer, hinter der Kamera steht Micha-
el Wiesweg. Die Darsteller des ermittelnden Duos, Axel Prahl und Jan Josef Liefers, wer-
den unterstützt von Friederike Kempter, Chistine Urspruch, Mechthild Großmann und
Claus D. Clausnitzer.
Colonia Media, Tel. (0221) 9514040; [email protected]
SponsoringAnfang Juli beginnen die Dreharbeiten zu „Sponsoring“ in Nordrhein-Westfalen und Paris. Ju-
liette Binoche spielt in dem neuen Film der polnischen Regisseurin Malgorzata Szumowska,
die in Nordrhein-Westfalen bereits ihren Kinofilm „Leben in mir“ gedreht hat, die Journalistin
Anne, die an einem Artikel über junge Frauen arbeitet, welche ihr Studium mit Prostitution finan-
zieren. Anne, selbst beruflich erfolgreich und gesellschaftlich etabliert, trifft auf Alicija und Char-
lotte, die ihr Hintergrundinformationen geben. Doch anstatt Not und Elend zu finden, wird ihr klar,
dass der Antrieb der beiden Frauen die Flucht vor der eigenen Herkunft ist, um im schicken und
teuren Paris dazu zu gehören. Und das um jeden Preis. In weiteren Rollen sind Anais Demou-
stier, Joanna Kulig und Luis-Do de Lencquesaing zu sehen. Gedreht werden soll die eu-
ropäische Koproduktion, die von Slot Machine mit der Kölner und polnischen Niederlassung
von Zentropa realisiert wird, an insgesamt 13 Drehtagen in NRW. Für das Kinodrama schrieb Szu-
mowska gemeinsam mit Tine Byrckel das Drehbuch.
Zentropa International Köln, Tel. (0221) 977799-0; [email protected]
Johnny KühlkissenAnfang Juni konnte Regisseur Andi Rogen-
hagen nach 28 Drehtagen – davon 25 in Marl
und Umgebung – die Aufnahmen zu seiner Fa-
milienkomödie „Johnny Kühlkissen“ been-
den. Nach seinem eigenen Buch erzählt der Film
von der 17-jährigen Eva, die am Tourette-Syn-
drom leidet und nur im Kreis ihrer Familie glück-
lich ist. Als der Vater seinen Job verliert, gerät
die familiäre Balance aus dem Gleichgewicht,
zusehends scheint alles ins Chaos zu kippen.
Hauptdarstellerin Jasna Bauer ist die Neu-
Entdeckung des Projekts und konnte sich in ei-
nem intensiven Casting-Prozess für ihre erste Ki-
no-Hauptrolle durchsetzen. Waldemar Ko-
bus und Victoria Trauttmansdorff spie-
len ihre Eltern. Mit Stefan Kurt als Onkel Ber-
nie, Renate Delfs als Oma, Traute Hoess
als Psychologin und Falk Rockstroh als Bank-
direktor ist die Komödie auf den Punkt besetzt.
Für Gastauftritte konnten zudem die Hambur-
ger Hip-Hop-Größe Das Bo und Publikumslieb-
ling Nora Tschirner gewonnen werden. Ralf
Mendle führte die Kamera. Als Produzenten
zeichnen Wüste Film und Wüste Film
West verantwortlich. Auf Senderseite sind
NDR und Arte mit an Bord. Den Verleih über-
nimmt Farbfilm, der diese „anarchische, über-
drehte, unbändige und zartfühlende Komödie
über Liebe, Toleranz und die vielleicht verrück-
teste Krankheit der Welt“ 2011 in die Kinos brin-
gen will.
Wüste Film West,
Tel. (0221) 5105067;
newsletter 4/2010 – Dreharbeiten24
Am Set von „Cloudcluster“:Vorbereitungen zu einer Szene auf dem Friedhof.
Foto: Felix Keuck/Toccata Film
• letter104_14-28 11.06.2010 13:51 Uhr Seite 24
Neue Vahr SüdEin Film im Kölner Filmhaus ist logischerweise nichts Besonde-
res - ein Filmdreh im Keller des Filmhauses schon etwas ande-
res: Für Regisseurin Hermine Huntgeburth war es einer der
Drehorte für „Neue Vahr Süd“, die Fortsetzung von Sven
Regeners Bestseller „Herr Lehmann“. In einer Bundeswehr-
Kaserne in Mechernich (Voreifel) starteten die Dreharbeiten am
7. April. Das Drehbuch schrieb Christian Zübert. Im Mittel-
punkt der Geschichte steht der 20-jährige Frank Lehmann (Fre-
derick Lau), der im Lebensspagat zwischen Bundeswehr und
linksalternativer Chaos-WG unaufhaltsam seinem Aufbruch aus
der Provinz entgegentaumelt. In Bremen wurden bis Mitte Mai
2010 die Dreharbeiten fortgesetzt.
Neben Frederick Lau als Frank Lehmann sind in weite-
ren Rollen Eike Weinreich, Miriam Stein, Johannes
Klaußner, Robert Gwisdek, Albrecht Schuch, Rosa-
lie Thomass, Hinnerk Schönemann, Jan-Peter Kamp-
wirth, Ulrich Matthes, Hans-Martin Stier
und Margarita Broich zu sehen. Produziert
wird „Neue Vahr Süd“ von Studio Hamburg
Produktion (Produzentin: Lisa Blumen-
berg) im Auftrag des WDR (Redaktion: Mi-
chael André) und Radio Bremen (Redak-
tion: Annette Strelow) für Das Erste. Der
Sendetermin ist für Ende 2010 vorgesehen.
Studio Hamburg,
Tel. (040) 66884801;
Brand – Eine TotengeschichteGelöscht ist der „Brand“ von Regisseur Tho-
mas Roth wohl noch lange nicht – aber nach
dem Drehende am 22. Mai jetzt in der Postpro-
duktion. Danach wird Zorro Film den Krimi
mit Josef Bierbichler, Angela Gregovic,
Erika Deutinger und Denis Moschitto in
den Hauptrollen in die Kino bringen.
Acht der 30 Drehtage fanden in NRW
(Windeck-Rosbach und Düsseldorf) statt. In dem
Kino-Drama verliebt sich der Schriftsteller Brand
in Angela, die Pflegerin seiner todkranken Frau
und gerät dadurch in eine Spirale aus Leiden-
schaft und Eifersucht. „Brand“ ist eine Produk-
tion von Lotus Film (Produzent: Erich Lack-
ner) und der Kölner Tatfilm (Produzentin:
Christine Ruppert). Als Sender sind ARD
Degeto und ORF beteiligt.
Tatfilm, Tel. (0221) 33000;
Die Frau des Polizisten Das persönliche Stadt-Casting von Philip Grö-
ning hat Stadtlohn gewonnen, und so dreht der
Düsseldorfer Regisseur und Autor dort seit An-
fang Juni seinen neuen Film „Die Frau des
Polizisten“: Als Christine und Uwe mit ihrer
vierjährigen Tochter Clara in eine Kleinstadt zie-
hen, ändert sich ihr Leben. Polizist Uwe stürzt
sich in die Arbeit, um „voran zu kommen“ und
Geld für die Familie zu beschaffen. Für Christi-
ne bedeutet das, viel Zeit zuhause mit ihrer Toch-
ter Clara. Von deren kindlicher Begeisterung lässt
sie sich anstecken und genießt die Tage. Den-
noch fühlt sie sich fremd in der neuen Stadt und
vermisst ihren Mann. Uwe auf der anderen Sei-
te fühlt sich ausgegrenzt von der wachsenden
Nähe zwischen Mutter und Tochter. Mit „Die
Frau des Polizisten“ wirft Philip Gröning ei-
nen intensiven Blick auf das Leben
eines jungen Ehepaars, das von Da-
vid Zimmerschied und Alexan-
dra Finder gespielt wird. Die Phi-
lip Gröning Filmproduktion
realisiert das Projekt gemeinsam mit
dem BR und ZDF/Arte komplett
in Stadtlohn. 3L übernimmt den
Verleih für den Kinostart im Jahr
2011.
Philip Gröning
Filmproduktion,
Tel. (0211) 4709123;
Dschungelkind
Bayern, NRW (Bad Berleburg) und die Regen-
wälder von Malaysia waren von Februar bis En-
de Mai die Drehorte für das „Dschungel-
kind“. Roland Suso Richter verfilmte den
gleichnamigen internationalen Bestseller nach
den Kindheitserinnerungen von Sabine Kue-
gler , die als Achtjährige mit ihren Eltern in den
Urwald Papua Neuguineas zog und dort bis zu
ihrem 17. Lebensjahr unter archaischen Bedin-
gungen bei den Eingeborenen vom Stamm der
Fayu aufwuchs.
UFA Cinema produziert die Verfilmung,
Thomas Kretschmann und Nadja Uhl
spielten die Eltern, Stella Kunkat das Kind Sa-
bine und Sina Tkotsch die Rolle der jugend-
lichen Sabine. Das Drehbuch schrieb Natalie
Scharf, die Kamera führte Holly Fink. Pro-
duzenten sind Nico Hofmann, Jürgen
Schuster, Wolf Bauer, Thomas Peter
Friedl und Natalie Scharf. „Dschungelkind“
entsteht in Koproduktion mit der ARD Dege-
to und soll im Dezember 2010 in die Kinos
kommen sowie später als Fernseh-Zweiteiler lau-
fen.
UFA Cinema, Tel. (0331) 70600;
Ausstellung FilmreiheFrühschoppen
29. Juni – 4. Juli 2010
Nähere Informationen unter www.fi lmservice-muenster-land.de
Zwischen Bundeswehr und Chaos-WG: Frank Lehmann (Frederick Lau) hat es nicht leicht. Foto: ARD/Thomas Kost
Allein zu Hause: Alexandra Finder ist „Die Frau des Polizisten“. Foto: Gröning Film
Sandra Hüller spielt die Hauptrolle in „Über uns das All“. Foto: Marc Comes
Über uns das AllSeinen ersten Kinofilm realisiert der KHM-Ab-
solvent Jan Schomburg im Rahmen der Six
Pack Initiative des WDR und der Filmstif-
tung NRW: „Über uns das All“ (AT) ent-
stand vom 3. Mai bis zum 5. Juni an 25 Dreh-
tagen an Originalmotiven in Köln und geht der
Frage nach, ob man einen verstorbenen Men-
schen so sehr vermissen kann, dass man ihn in
einem anderen Menschen wiederentdeckt. Die
Produktion der Kölner Pandora (Produzenten
Claudia Steffen und Christoph Friedel)
erzählt von Martha und Paul, die scheinbar ei-
ne glückliche Ehe führen. Sie ist Lehrerin, er Me-
dizinstudent. Als Paul eine Stelle in Marseille an-
geboten bekommt, ist klar, dass die beiden ge-
meinsam auswandern. Paul fährt vor, Martha
regelt noch den Umzug in Deutschland. Doch
dann erfährt sie, dass Paul sich das Leben ge-
nommen hat. Nach und nach findet die verstör-
te Martha heraus, dass Paul seit Jahren nicht
mehr studiert hat, dass ihm nie eine Stelle an-
geboten wurde. Sandra Hüller, Georg
Friedrich und Felix Knopp übernehmen die
Hauptrollen des Nachwuchsprojektes, für das
Marc Comes als Kameramann verantwortlich
zeichnet.
Pandora Film, Tel. (0221) 973320;
AN
ZE
IGE
• letter104_14-28 11.06.2010 13:51 Uhr Seite 25
Die Hitze trifft einen wie ein Hammer. Die
Hitze, mehr noch aber die Luftfeuchtigkeit,
die der Monsunregen auf mehr als 80 Prozent
hochtreibt. In dieser Freiluftsauna, in die sich
Malaysia im Mai verwandelt, Kameras, Sound-
Equipment oder gar Lampen zu schleppen, be-
deutet vor allem eines: einem der schweißtrei-
bendsten Jobs nachzugehen, die das Filmge-
schäft in jüngster Zeit zu vergeben hatte. Die-
ser Auszeichnung kann sich das Team um Re-
gisseur Roland Suso Richter und Kameramann
Holly Fink schon einmal sicher sein, nachdem
es im malaysischen Regenwald soeben den Ki-
nofilm „Dschungelkind“ abgedreht hat.
Der Film basiert auf dem gleichnamigen
Bestseller von Sabine Kuegler, der 2005 erschien
und einen Erlebnisbericht ihrer Kindheit und Ju-
gend im Dschungel darstellt: 1980, Sabine war
fünf Jahre alt, zog die Familie nach Papua Neu-
guinea zum Stamm der Fayu – die Eltern wa-
ren Sprachwissenschaftler, vor allem aber wohl
Missionare, die für die Fayu den Erstkontakt zur
christlichen, weißen Welt bedeuteten. Über
neun Jahre hinweg lebte Sabine Kuegler in dem
Dorf, passte sich den Sitten an, aß Schlangen
und Würmer, erfuhr vom Brauch der Blutrache,
bevor sie 1989 das Land in Richtung Schweiz
verließ, um ein Internat zu besuchen – was zum
Kulturschock Nummer zwei in ihrem noch nicht
sehr langen Leben führte.
Mit dem Flachboot geht es den Tembeling
River hinauf. Das Wasser ist lehmbraun und na-
hezu handwarm. Kinder planschen in Ufernä-
he, wo sich mitten im Regenwald kleine Lich-
tungen mit ein paar Hütten darauf auftun. Der
Bootsführer scheint auf ein inneres Navigations-
system zu hören, wenn er durch Stromschnel-
len und um Felsen herum manövriert. Hier, im
Taman Negara, im ältesten Regenwald der Welt,
der mehr als 130 Millionen Jahre auf dem Bu-
ckel hat, ist ein tatsächlich verwunschenes Set
aufgebaut worden. An einem Sandstrand am
Fluss hat Szenenbildner Michael König das Ku-
egler-Haus errichtet; weiter oben zwischen den
Bäumen stehen die Hütten der Eingeborenen
– alles getreu nach Fayu-Architektur, wie König
berichtet. Nur die Böden der Hütten wurden
verstärkt, um die Kameras zu tragen.
Thomas Kretschmann hat die Rolle von Sa-
bines Vater übernommen, Nadja Uhl spielt die
Normalerweise kommen die Setberichte für den Newsletter aus den Wäldern des Sauerlandes oder der Eifel. Diesmal aber erreicht uns ein
Bericht aus dem Urwald Malaysias, wo Roland Suso Richter nach Dreharbeiten u.a. auch in Bad Berleburg seinen neuen, geförderten Film
„Dschungelkind“ beendete.
Mutter – die beiden sind die herausragenden
Namen auf der Besetzungsliste von „Dschun-
gelkind“, die weitgehend unbekannte Darstel-
ler umfasst. Die Fayu-Akteure wurden zum Teil
aus dem australischen Exil nach Malaysia geholt,
denn Indonesien, zu dem West-Guinea gehört,
betreibt bekanntermaßen eine restriktive, ge-
walttätige Politik gegen die Ureinwohner.
Im normalen Leben arbeiten die Kurzzeit-
Schauspieler als Ärzte oder Juristen; jetzt hocken
sie spärlich bekleidet in den schattigen Hütten,
vertreiben sich die Zeit während der Drehpau-
sen, indem sie zum Spaß mit ihren Speeren
kämpfen oder zart besaitete Westler mit enor-
men Tausendfüßlern erschrecken. Englisch ist die
vorherrschende Sprache am Set, und weil hier
Deutsche und Malaysier und überhaupt Ange-
hörige aus aller Herren Länder durcheinander
wuseln, verströmt dieser Ort mitten im Dschun-
gel eine höchst multikulturelle Atmosphäre und
Buntheit – Bill Donovan, einer der ausführenden
Produzenten mit Büro in Malaysias Hauptstadt
Kuala Lumpur, stammt aus Kanada.
Szenenbildner König, Jürgen Schuster, der
deutsche Produzent der federführenden Ufa Ci-
nema, sowie Nico Hofmanns Teamworx haben
lange gesucht, bis sie diesen Ort gefunden ha-
ben. Indonesien schied fürs Drehen aufgrund
der politischen Verhältnisse aus, aber auch, weil
dort die Malaria droht – vor allem den Kinder-
darstellern wollte man die anstrengende Imp-
fung ersparen. Australien war im Gespräch, aber
dies hätte unter anderem die Flugzeiten noch
einmal verlängert. So kamen Schuster und Kö-
nig in den malaysischen Regenwald, denn hier
verbindet sich das Nützliche mit dem Angeneh-
men: Zum einen lässt sich am Tembeling River
die Kulisse Papua Neuguineas authentisch nach-
stellen, und auch gibt es in Malaysia eine aus-
geprägte filmische Infrastruktur sowie einen
ehemaligen General, der zwar divenhaft, aber
geschickt jenen Hubschrauber durch das enge
Flusstal zu fliegen vermag, der im Film die Fa-
milie Kuegler mit Lebensmitteln versorgt. Zum
anderen aber liegt nicht weit entfernt vom Set
das Mutiara Resort, eine idyllische Ferienanla-
ge mit einem Park voller Holzhäuser und einem
Multifunktionssaal, der zur Drehzeit Maske und
Kostümfundus beherbergte.
Sieben Wochen haben die Dreharbeiten in
Malaysia gedauert, fast ausschließlich hielten
sich Schauspieler und Crew rund um das Ku-
egler-Haus auf. Kameramann Holly Fink ist zwar
einerseits froh, diesem Filmlager bald entfliehen
und zum heimischen Bodensee abreisen zu kön-
nen – andererseits will er die malaysische Erfah-
rung nicht missen, der Hitze, dem Schweiß, den
Mücken zum Trotz. Hier im Dschungel habe er
ganz besondere Bilder gefunden, meint Fink: Die
Textur der Vegetation, der mehrmals am Tag
plötzlich herein brechende Regen, der Rauch,
der das Dorf gegen Ungeziefer schützt und das
Licht der Sonne bricht, all dies ergibt in der Tat
eine Szenerie, die zu einem besonderen Film
führen kann.
newsletter 4/2010 – Setbericht26
Nadja Uhl und Thomas Kretschmann mitFayu-Indianern am Set von Roland SusoRichters „Dschungelkind“. Foto: Ufa Cinema
Setbericht „Dschungelkind“
Asyl in MalaysiaVON FRANK OLBERT
• letter104_14-28 11.06.2010 13:51 Uhr Seite 26
Die Liebe der KinderKinostart: 15. Juli
Verleih: 2Pilots
Von Blind Date kann keine Rede sein, als Ma-
ren und Robert sich auf einer Autobahnrast-
stätte treffen. Im Chatroom hatten sie sich ken-
nengelernt, nun steht ihre erste Live-Begegnung
an. Nach vorsichtigem Herantasten fühlen sich
die Bibliothekarin und angehende Wissen-
schaftsautorin und der Baumschneider und Fuß-
ballfan füreinander bereit. Beide sind alleiner-
ziehend, Maren hat eine Tochter von 17 Jah-
ren, Robert einen 16-jährigen Sohn. Man zieht
zusammen, und alles scheint gut. Dann wird
Maren eines Tages mit der Tatsache konfron-
tiert, dass sich ihre Tochter Mira und Roberts
Sohn Daniel ineinander verliebt haben, und das
stellt die Beziehung der Erwachsenen auf eine
harte Probe.
Auch in seiner zweiten Kinoarbeit nach dem
Debüt „Kein Science Fiction“ (2003) bleibt Franz
Müller dem Produktionsstandort NRW treu und
drehte sein intimes Drama um zwei Liebesbe-
ziehungen innerhalb einer frischen Patchwork-
Familie an Schauplätzen in Köln und Leverku-
sen. Und auch diesmal band er die Schauspie-
ler in die Entwicklung der Figuren unabhängig
voneinander ein. Als dann die Dreharbeiten be-
gannen, standen sich Marie-Lou Sellem und Alex
Brendemühl tatsächlich erstmalig gegenüber. In-
dem die Dreharbeiten strikt der Chronologie des
Geschehens folgten, ergibt sich eine wechsel-
seitige Unmittelbarkeit zwischen Schaffenspro-
zess und fertigem Film, die sich nachhaltig von
der Leinwand auf den Betrachter überträgt.
Deutschland 2009Regie und Drehbuch: Franz Müller; Mitwirkende:Marie-Lou Sellem, Alex Brendemühl, KatharinaDerr, Tim Hoffmann, Michael Sideris, Katharina Lin-der, Jürgen Rißmann, Nicole Heesters; Produktion:2Pilots Produktion in Koproduktion mit WDR; www.dieliebederkinder.de
Jedem Kind einInstrument – EinJahr mit vier TönenKinostart: 1. Juli
Verleih: Real Fiction Filmverleih
Musikalische Früherziehung erreicht hierzu-
lande nicht jedes Kind. Mit verschiedenen
Initiativen wird versucht, diesen oft beklagten
Missstand zu beseitigen. Beispielsweise in Bo-
chum. An der dortigen Musikschule wurde vor
sechs Jahren das Projekt „JeKi“ ins Leben ge-
rufen. „JeKi“, die Abkürzung für „Jedem Kind
ein Instrument“, möchte, auf das gesamte Ruhr-
gebiet ausgeweitet, 200.000 Kinder für die Mu-
sik gewinnen.
Erstklässlern wird zunächst ein spielerischer
Zugang zur Musik ermöglicht, bevor die Kinder
dann in der zweiten Klasse ein Musikinstrument
als Leihgabe für drei Jahre zur Verfügung ge-
stellt bekommen. Oliver Rauchs Dokumentar-
film beobachtet vier Schülerinnen und Schüler
ein Jahr lang dabei, wie sie mit Instrumenten
ihrer Wahl proben.
Einer der Höhepunkte des Films: Die Kin-
der musizieren vor geladenen Gästen, darun-
ter dem nordrhein-westfälischen Ministerprä-
sidenten Jürgen Rüttgers und dem Ex-Außen-
minister Hans-Dietrich Genscher. Den Filmema-
cher beeindruckte die Begeisterung der Kinder
für Musik ebenso „wie das enorme Engage-
ment der Musikschullehrer, die das ungewöhn-
liche Unterrichtsmodell mit viel Elan, persönli-
cher Kreativität und Witz in die Schulklassen tru-
gen.“ Regisseur Oliver Rauch war es wichtig,
„Augenblicke festzuhalten und Situationen zu
beschreiben, in denen unmittelbare emotiona-
le Erlebnisse sich mit Lernerfahrungen verbin-
den“.Deutschland 2010Regie & Drehbuch: Oliver Rauch; Produktion: SURFilms in Koproduktion mit dem WDR und cine plus;www.jeki-derfilm.de
Herbstgold
Kinostart: 8. Juli
Verleih: Neue Visionen
Wer sagt, dass ältere Menschen körperlich
nicht mehr fit sind? Die von Regisseur Jan
Tenhaven in seinem Dokumentarfilm porträtier-
ten Menschen über 80 jedenfalls haben für sich
das Lebensmotto „Kopfstand statt Ruhestand“
gewählt und zeigen sich nach wie vor von ih-
rer sportlichen Seite. Da ist die 84 Jahre alte Il-
se Pleuger, die gerade von Duisburg in ihre Ge-
burtsstadt Kiel zurückzieht: Sie hat sich vorge-
nommen, den Weltrekord im Kugelstoßen für
die 85er-Klasse zu brechen und sechs Meter zu
werfen. Da ist Alfred Proksch, mittlerweile 99,
der 1936 bei den Olympischen Spielen in Ber-
lin als Stabhochspringer dabei war. Jetzt übt er
sich im Diskuswerfen, genauso wie Gabre Ga-
bric, die niemandem ihr Alter nennt. Jifií, der
82-jährige Hochspringer aus Tschechien, ist im
Film ebenso mit von der Partie wie Herbert aus
Stockholm, der mit 93 Jahren noch den 100-
Meter-Lauf und Gymnastik trainiert.
Regisseur Jan Tenhaven nennt sich selbst ei-
nen Sportmuffel und bekundet, nie daran ge-
dacht zu haben, einmal einen Dokumentarfilm
über ein Sportthema zu drehen. Als er aus Neu-
gierde eine Senioren-Leichtathletikmeisterschaft
besuchte, „war mein Wunsch geboren, einer-
seits diesen Helden eine filmische Bühne zu bie-
ten und andererseits ein Stück von ihrer Ener-
gie und ihrem Lebensmut an die Zuschauer wei-
terzugeben“. Dabei verzichtet er bewusst auf
das „Kramen in alten Schwarzweißfotos“ und
„Opa-erzählt-vom-Krieg“-Geschichten. Sein
Blick ist nach vorne gerichtet, auf die nächste
WM. Denn unglaublich, aber wahr: „Auch al-
te Menschen haben ein Morgen.“Deutschland 2010Regie: Jan Tenhaven; Produktion: Gebrüder BeetzFilmproduktion; www.herbstgold-derfilm.de
LolaKinostart: 15. Juli
Verleih: Rapid Eye Movies
Lola“ bedeutet auf Tagalog „Großmutter“. In
Malabon, einem Stadtteil der philippinischen
Hauptstadt Manila, etwa 45 Minuten vom
Stadtzentrum entfernt, sind zwei Großmütter
in einer verzweifelten Lage: Sie brauchen drin-
gend Geld. Der Enkel der einen Frau ist ange-
klagt, den Enkel der anderen getötet zu haben,
und nun muss Lola Sepa (Anita Linda) das Geld
für die Beerdigung und den Gerichtsprozess zu-
sammensuchen. Die andere Großmutter, Lola
Puring (Rustica Carpio), benötigt Geld für die
Kaution ihres inhaftierten Enkels.
Der 1960 geborene Brillante
Mendoza ist als Filmregisseur ein
Spätstarter. Erst 2005 hat er seinen
ersten Langfilm „The Masseur“ ge-
dreht, der in Locarno prämiert wur-
de. Danach hat er bis heute bereits
sieben weitere Filme realisiert, dar-
unter als letzten „Lola“. In seinen Fil-
men porträtiert er realitätsnah die
zeitgenössische philippinische Gesell-
schaft. Mendozas Filmen liegen au-
thentische Geschichten zugrunde:
„Ich suche sie aus, weil sie echter, in-
teressanter, wahrhaftiger und ehrlicher sind“,
sagt der Regisseur. „Ich mag es, Filme über ech-
te Lebensgeschichten zu machen, die die Phil-
ippinen beschreiben. Es soll sich anfühlen, als
ob du deinen Nachbarn auf dem Bildschirm
siehst und erlebst, was er erlebt haben könn-
te.“
Auf dem Filmfestival von Venedig 2009 war
„Lola“ der erste philippinische Film seit fast 25
Jahren.
Frankreich / Philippinen 2009Regie: Brillante Mendoza; Drehbuch: Linda Casimi-ro; Darsteller: Anita Linda, Rustica Carpio, TanyaGomez, Jhong Hilario, Ketchup Eusebio; Produkti-on: Swift Productions, Centerstage Productions;www.rapideyemovies.de
Kinovorschau – newsletter 4/2010 27
Geförderte Kinofilme der Filmstiftung NRW
Mit besten Empfehlungen Women withoutMenKinostart: 1. Juli
Verleih: NFP/Vertrieb: Filmwelt
Iran im Sommer 1953: Das Land ist im Auf-
ruhr, seit britische Schiffe eine Seeblockade er-
richtet haben, um die Absetzung des demokra-
tisch gewählten Ministerpräsidenten Moham-
med Mossadegh zu erzwingen und Riza Pah-
lewi als westlichen Interessen aufgeschlossener
Schah zu inthronisieren. Als der Militärputsch
tatsächlich vollzogen wird und in den Straßen
der Hauptstadt Teheran bürgerkriegsähnliche
Zustände herrschen, finden in einem abgelege-
nen Haus vor der Stadt vier höchst verschiede-
ne Frauen zusammen: die kunstliebende Fakhri
(Arita Shahrzad), die junge Prostituierte Zarin
(Orsi Tóth), die politische Aktivistin Munis (Shab-
nam Tolouei) und deren Freundin Faezeh (Pe-
gah Ferydoni). Hier erleben sie für eine kurze
Zeit das Gefühl von Freiheit, Unabhängigkeit,
Lebensfreude und Glück. Doch das Idyll währt
nur kurz.
Es war ein künstlerisches Wagnis, als die Fo-
tografin und Video-Künstlerin Shirin Neshat sich
zur Adaption des Romans „Women without
Men“ entschloss. Zwar hatte sie Sharnush Par-
sipurs hoch literarische Erzählung bereits in Vi-
deo-Installationen - den vier zentralen Frauen-
figuren gemäß – visuell gedeutet, doch nun soll-
te der abstrakte Rahmen verlassen und der Stoff
als dramatische Filmerzählung ausgestaltet wer-
den. Zu den künstlerischen Herausforderungen
gesellten sich die Schwierigkeiten einer Finan-
zierung als internationale Koproduktion mit Part-
nern aus drei Ländern. Umso erstaunlicher sind
der stilistische und erzählerische Reichtum die-
ses Films, dessen kunstvolle Bildgestaltung den
Gemälden des Surrealismus ebenso Referenz er-
weist wie den Filmen von Luis Bunuel und Con-
stantin Costa-Gavras. Es ist ein vielschichtiger,
mutiger Film, der zu recht bei den letztjährigen
Filmfestspielen in Venedig mit einem Löwen für
die beste Regie ausgezeichnet wurde.
Deutschland/Österreich/Frankreich 2009Regie, Drehbuch: Shirin Neshat, Shoja Azari; Mitwirkende: Pegah Ferydoni, Arita Shahrzad,Shabnam Tolouei, Orsi Tóth, Mina Azarian; Produktion: Essential Filmproduktion, Coop99 und Parisienne de Production in Koproduktion mit Rommel Film und EMC Produktion inZusammenarbeit mit ZDF/Arte, ORF Film/Fernseh-Abkommen, Cinepostproduction, Schönheitsfarmund Schweizer Brandung Filmproduktion; www.womenwithoutmen-derfilm.de
• letter104_14-28 11.06.2010 13:51 Uhr Seite 27