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Leser fragen – Experten antworten · 2020. 10. 14. · bekommt, hat viele Fragen. In...

Date post: 27-Nov-2020
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STIEFS SPRECHSTUNDE Leser fragen – Experten antworten Prof. Dr. Christian Stief Liebe Leserinnen und Leser, als Chefarzt im Münchner Klinikum Großhadern erlebe ich täglich, wie wichtig medizinische Aufklärung ist. Doch im hektischen All- tag von Klinik und Praxis bleiben manchmal Fragen offen. Und: Geht es um ein „Tabuthema“, trauen sich Patienten häufig gar nicht erst nachzufragen. Meine Kollegen und ich wollen Ihnen daher an dieser Stelle Antworten geben. Haben Sie auch eine Frage zu einem medizinischen Thema? Dann schicken Sie uns diese zu! Bitte fassen Sie Ihr Anliegen in wenigen Sätzen zusam- men und geben möglichst Ihr Alter an. Schicken Sie uns auch keine Krankenakten zu. Die Antworten werden anonymisiert veröffentlicht, aber nicht zugeschickt. Haben Sie Fragen an unsere Ärzte? Schreiben Sie uns! Per Mail: [email protected] Per Post: Münchner Merkur, Redaktion Gesundheit, Paul-Heyse-Straße 2-4, 80336 München Leserin: Meine Tochter leidet an einer Immunglobulin- Schwäche. Sie erhält alle sechs bis acht Wochen Infu- sionen. Welche Medikamente können noch helfen? Wäre vielleicht die Hilfe eines Heilpraktikers ratsam? Was hilft bei Immunschwäche? Die Infusion von Immunglobulinen – ob intravenös in der Klinik oder unter die Haut zu Hause – ist eine Stan- dardbehandlung für viele angeborene und erworbene Erkrankungen, die mit einem Mangel an eigenen Im- munglobulinen einhergehen. Die Antwort auf Ihre Frage, ob darüberhinaus weitere Therapie-Maßnah- men sinnvoll sind, erfordert aber eine tiefere Beschäf- tigung mit der Krankheit. Was ist der Grund für die Im- munschwäche Ihrer Tochter? Leidet sie möglicherwei- se unter einem der etwa 300 bekannten primären Im- mundefekte? Und: Wie geht es Ihrer Tochter während der Behandlung – verträgt sie die Immunglobulingabe, ist sie dadurch symptomfrei? Auf jeden Fall empfehle ich Ihnen, mit einem ausgewiesenen Kompetenz-Zen- trum Kontakt aufzunehmen. Die Betreuung von Pa- tienten mit Immundefekt-Erkrankungen erfordert viel Erfahrung und hochspezialisiertes Fachwissen. Auch die Möglichkeit einer „komplementärmedizinischen“ Betreuung können dort besprochen werden. Prof. Christoph Klein Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin und Direktor des Dr. von Haunerschen Kinderspitals der Ludwig-Maximilians-Universität München. Leserin, 66: Bei mir sind mehrere Zähne „wurzeler- krankt“ und sollen gezogen werden – und zwar genau die, an denen ein Zahnersatzteil angeklammert ist. Wo bekomme ich eine zweite Meinung? Kann man den Zahnersatz an Implantaten befestigen? Zweitmeinung auch bei Zahnproblemen? Sie haben grundsätzlich das Recht, sich eine zweite Meinung einzuholen. Wenden Sie sich dazu am bes- ten an einen auf Prothetik spezialisierten Zahnarzt. Ei- ne Hauptaufgabe von Zahnimplantaten ist es, als Ver- ankerungs-Element, also zur Befestigung, für festsit- zenden und herausnehmbaren Zahnersatz zu dienen. Leserin, 54: Ich habe eigentlich gesundes Zahnfleisch, nur bei einem bereits wurzelbehandelten Schneide- zahn geht es stark zurück. Was stoppt den Prozess? Was bremst den Zahnfleisch-Rückgang? Sie könnten eine Zahnbürste mit weichen Borsten („sensitiv“) mit Chlorhexidin-Gel (1%) aus der Apothe- ke bestreichen und das betroffene Zahnfleisch ganz vorsichtig, ohne Druck, einmal am Tag massieren. Am besten abends nach dem Essen und der Mundhygiene. Falls dies zu keiner Besserung führt, sollte der Zahnarzt prüfen, ob der Zahnfleischrückgang durch den Zahn bedingt ist und dieser noch erhaltungswürdig ist. Prof. Daniel Edelhoff Direktor der Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik an der LMU in München DIE ZAHL DER WOCHE xx% Text KREBS-SERIE – HEUTE TEIL 3: GEBÄRMUTTERHALSKREBS ............................................................................................................................................................................. zungen erfüllt: Bei einer Bauchspiegelung bestimmen die Ärzte die Größe und Lage des Tumors und entnehmen Lymphknoten. „Damit die OP möglich ist, müssen die Lymphknoten frei sein. Zu- dem ist eine Chemotherapie nötig, um den Tumor zu ver- kleinern“, erklärt Dr. Sergio Frangini, Oberarzt am Klini- kum Harlaching. Im Mai 2011 beginnt Mi- chaela Bonfert mit der Chemo- therapie. Ob danach ihre Eier- stöcke wieder funktionieren, kann ihr niemand sagen. Mit ihrem Mann überlegt sie, vor- sorglich Eizellen einfrieren zu lassen. Aber ihre Ärzte raten davon ab, den Tumor auch noch mit Hormonen zu stimu- lieren – was aber nötig gewesen wäre, um überhaupt genug Eizellen zum Einfrieren zu gewinnen. Michaela Bonfert hat Glück: Die Chemotherapie schlägt gut an, der Tumor schrumpft auf eine Größe von drei Millime- tern. Nur einen Monat später wird sie operiert – der Krebs ist damit besiegt. Aber nicht die Angst. Erst auf der Kur danach wird Michaela Bonfert klar: „Ich muss erst wieder Vertrau- en in mich und in meinen Kör- per aufbauen.“ Und dann ist da noch eben der Kinderwunsch. Schon bald nach der Opera- tion hat sie wieder einen regel- mäßigen Zyklus – und die Er- laubnis der Ärzte: Sie darf schwanger werden. Im Mai 2012 hält sie einen positiven Schwangerschafts- test in der Hand. In die große Freude mischt sich erneut Angst. Doch Michaela Bonfert sagt sich: „Mein Körper hat das alles durchgemacht, jetzt wird er auch das schaffen.“ Und er schafft es. Die Schwanger- schaft verläuft unkompliziert, auch wenn die werdende Mut- ter viel liegen muss – eine Vor- sichtsmaßnahme, weil Frühge- burten nach einer „Trache- lektomie“ oft vorkommen. Im Januar 2013 wird Moritz geboren, zweieinhalb Jahre später Anna. Der nächste – me- dizinische – Schritt wäre für die zweifache Mutter irgendwann doch die Radikal-OP. Aber das sei keine Option, sagt Michae- la Bonfert. Zumindest noch nicht. Sie drückt jetzt ihre Tochter an sich und lächelt. Dann sagt sie einen letzten Satz: „Wir schließen ein drittes Kind nicht aus.“ Gebärmutterhalskrebs mit 32 Jahren: Ein Schock für Michaela Bonfert – ihre Familienplanung scheint beendet, bevor sie begonnen hat. Doch dann kommt alles anders. Und die Patientin kann nicht nur den Krebs besiegen. Sie erfüllt sich auch den Kinderwunsch. VON NADJA KATZENBERGER Die Diagnose wirft Michaela Bonfert aus der Bahn. Und sie nimmt ihr jede Hoffnung auf ein Kind: Gebärmutterhals- krebs – mit 32 Jahren. „Natür- lich war damals das wichtigste Ziel, gesund zu werden“, sagt Michaela Bonfert heute, fast fünf Jahre danach. Aber: „Mein Mann und ich, wir konnten uns nicht vom Kinderwunsch trennen.“ Ein Jahr hatten sie bis dahin versucht schwanger zu werden. Vergeblich. Heute hat das Paar zwei Kin- der: den dreijährigen Moritz und die fünf Monate alte Anna. Und: Die Geschwister haben eine gesunde Mama. „Ich musste mich oft rechtfertigen, warum ich meinen Kinder- wunsch über meine Gesund- heit gestellt habe“, erzählt Mi- chaela Bonfert. „Doch für mich und meinen Mann war es der richtige Weg.“ Dieser Weg führt über eine experimentelle Therapie – und einen besonderen, seltenen Eingriff: die „Trachelektomie“. Dabei werden zwei Drittel des Gebärmutterhalses und die Haltebänder der Gebärmutter entfernt. Keine Radikal-OP, keine komplette Entfernung von Gebärmutter und Eierstö- cken. Trotzdem: „Man muss so radikal operieren, dass der Krebs nicht zurück kommt – aber so schonend, dass die Pa- tientin später schwanger wer- den kann“, erklärt Prof. Dieter Grab, Chefarzt der Frauenkli- nik am Klinikum Harlaching. Ein medizinischer Balance- Akt. Michaela Bonfert weiß um die Brisanz – sieht aber keine Alternative zu diesem Eingriff, der nur an wenigen Spezial- Zentren vorgenommen wird; das Klinikum Harlaching ge- hört inzwischen dazu. „Wir waren doch mittendrin in der Familienplanung“, sagt sie. Ein Baby – trotz Krebs Gutes Team: Michaela Bonfert mit Tochter Anna und den Ärzten Dr. Sergio Frangini (l.) und Prof. Dieter Grab vom Klinikum Harlaching. MARCUS SCHLAF Ihr Tumor ist größer als zwei Zentimeter. Michaela Bonfert ist selbst Ärztin – sie weiß , was das bedeutet: Radikal-OP, spä- tere Schwangerschaft ausge- schlossen. Eigentlich. Denn ihre Ärzte wollen ihr eine Al- ternative ermöglichen – wol- len, dass sie den Kinder- wunsch nicht aufgeben muss. Sie schlagen die besagte „Trachelektomie“ vor, um die Gebärmutter und die Eierstö- cke so gut es geht zu schonen. Damals, im Frühjahr 2011, arbeitet das Klinikum Harla- ching noch mit Kollegen an der Berliner Charité zusammen. Kurz nach der Diagnose fliegt ein Münchner Ärzteteam mit Michaela Bonfert in die Hauptstadt. Der Eingriff ist ei- ne Herausforderung. „Nur we- nige Frauen erkranken so jung und entscheiden sich für die Methode“, sagt Prof. Grab. Bevor Michaela Bonfert überhaupt operiert werden kann, muss allerdings klar sein, dass sie die Vorausset- Begonnen hat alles schon im Herbst 2009, und zwar ganz harmlos – mit Blutungen aus der Scheide. Michaela Bon- ferts Gynäkologe beruhigt sei- ne Patientin, verödet die be- troffene Stelle am Mutter- mund. Doch die Blutungen kehren zurück, werden immer stärker. Ein Jahr lang geht das so, dann wird Michaela Bon- fert ans Klinikum Harlaching überwiesen – für eine „Konisa- tion“. Dabei soll ein Teil des Gebärmutterhalses kegelför- mig abgetragen werden. Der Gebärmutterhals, die Verbin- dung zwischen Gebärmutter und Scheide, ist anfällig für Zellveränderungen, aus denen sich ein Tumor entwickeln kann. Viele Frühformen und Vorstufen von Krebs werden so entdeckt – und gestoppt. Bei Michaela Bonfert ist es jedoch zu spät. Eine Gewebe- probe bringt die letzte Gewiss- heit: Krebs. „Das war ein rie- sengroßer Schock für mich“, erzählt die heute 36-Jährige. Neue Krebs-Serie Wer die Diagnose „Krebs“ bekommt, hat viele Fragen. In unserer fünfteiligen Serie geben wir die wichtigsten Antworten – und stellen neue Behandlungs- methoden vor. Nächste Woche, am Montag, 22.2., lesen Sie Wissenswertes zum Lungen- krebs. Zum Abschluss folgt noch der Darmkrebs (29.2.) Vor 1971 war Gebärmutterhalskrebs der häufigste Krebs bei Frauen. Heute, mehr als 45 Jahre später, liegt er auf Platz zwölf – immer weniger Frauen erkranken am sogenannten Zervixkarzinom. Das hat mit einer sehr guten Früherkennung in Deutschland zu tun: Seit 1971 bezahlen die Krankenkassen die jährliche Vor- sorge (Abstrich und Untersuchung mit der Lupe) beim Gynäkologen. Die wichtigsten Fragen und Antworten auf einen Blick. Wie entsteht Gebärmutterhalskrebs? Der Gebärmutterhals verbindet die Gebärmutter mit der Scheide. Hier kommt es leicht zu Zell- veränderungen, die sich zu aggressiven Tumoren entwickeln können. Verantwortlich ist dafür meist eine Infektion mit dem humanen „Papillo- ma-Virus“ (HPV). „Fast jeder Mensch kommt im Lauf seines Lebens mit HPV in Berührung, und ohne HPV gibt es praktisch keinen Gebärmutter- halskrebs“, erklärt der Gynäkologe Prof. Dieter Grab vom Klinikum Harlaching. Kann man sich gegen HPV impfen? Ja – empfohlen wird die Impfung vor allem Mädchen und Frauen, die noch nicht sexuell aktiv sind. Für Mädchen zwischen 12 und 17 Jahren übernehmen die Krankenkassen die Kosten. Experten schätzen, dass auch aufgrund der Impfung in den nächsten Jahren weniger Frauen an Gebärmutterhalskrebs erkranken werden. Die Impfung schützt aber nicht vor allen HPV-Typen. Die jährliche Vorsorge ist daher weiter sinnvoll. Ist die Impfung auch für ältere Frauen sinnvoll? Das ist umstritten, der Nutzen nicht klar belegt. Sie schadet aber nicht – und man kann sich zum Beispiel nach einer Operation impfen lassen. „Wir vermuten, dass sie das Immunsystem stärkt“, sagt Dr. Sergio Frangini, Oberarzt am Klinikum Harlaching. Ist das HPV-Virus allein verantwortlich für Krebs? Nein – auch eine genetische Veranlagung (Mutter, Tante oder Großmutter waren erkrankt), lokale Entzündungen (etwa durch eine Spirale) oder Rauchen sind mitverantwortlich, dass sich Zellen verändern, aggressiv werden und im Körper ausbreiten. NADJA KATZENBERGER Das Wichtigste in Kürze: Früherkennung und HPV-Impfung Diagnose Krebs: Das Bild zeigt eine Verän- derung des Gebärmutter- halses (siehe Pfeile). Diese ist oft bösartig.
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Page 1: Leser fragen – Experten antworten · 2020. 10. 14. · bekommt, hat viele Fragen. In unsererfünfteiligen Serie geben wir die wichtigsten Antworten – und stellen neue Behandlungs-methoden

STIEFS SPRECHSTUNDE

Leser fragen – Experten antworten

Prof. Dr. Christian Stief

Liebe Leserinnen und Leser, als Chefarzt im MünchnerKlinikum Großhadern erlebe ich täglich, wie wichtigmedizinische Aufklärung ist. Doch im hektischen All-tag von Klinik und Praxis bleiben manchmal Fragenoffen. Und: Geht es um ein „Tabuthema“, trauen sichPatienten häufig gar nicht erst nachzufragen. MeineKollegen und ich wollen Ihnen daher an dieser StelleAntworten geben. Haben Sie auch eine Frage zu einemmedizinischen Thema? Dann schicken Sie uns diese zu!Bitte fassen Sie Ihr Anliegen in wenigen Sätzen zusam-men und geben möglichst Ihr Alter an. Schicken Sie unsauch keine Krankenakten zu. Die Antworten werdenanonymisiert veröffentlicht, aber nicht zugeschickt.

Haben Sie Fragen an unsere Ärzte? Schreiben Sie uns!Per Mail: [email protected] Post: Münchner Merkur, Redaktion Gesundheit,Paul-Heyse-Straße 2-4, 80336 München

Leserin: Meine Tochter leidet an einer Immunglobulin-Schwäche. Sie erhält alle sechs bis acht Wochen Infu-sionen. Welche Medikamente können noch helfen?Wäre vielleicht die Hilfe eines Heilpraktikers ratsam?

Was hilft bei Immunschwäche?

Die Infusion von Immunglobulinen – ob intravenös inder Klinik oder unter die Haut zu Hause – ist eine Stan-dardbehandlung für viele angeborene und erworbeneErkrankungen, die mit einem Mangel an eigenen Im-munglobulinen einhergehen. Die Antwort auf IhreFrage, ob darüberhinaus weitere Therapie-Maßnah-men sinnvoll sind, erfordert aber eine tiefere Beschäf-tigung mit der Krankheit. Was ist der Grund für die Im-munschwäche Ihrer Tochter? Leidet sie möglicherwei-se unter einem der etwa 300 bekannten primären Im-mundefekte? Und: Wie geht es Ihrer Tochter währendder Behandlung – verträgt sie die Immunglobulingabe,ist sie dadurch symptomfrei? Auf jeden Fall empfehleich Ihnen, mit einem ausgewiesenen Kompetenz-Zen-trum Kontakt aufzunehmen. Die Betreuung von Pa-tienten mit Immundefekt-Erkrankungen erfordert vielErfahrung und hochspezialisiertes Fachwissen. Auchdie Möglichkeit einer „komplementärmedizinischen“Betreuung können dort besprochen werden.

Prof. Christoph Klein

Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin undDirektor des Dr. von Haunerschen Kinderspitalsder Ludwig-Maximilians-Universität München.

Leserin, 66: Bei mir sind mehrere Zähne „wurzeler-krankt“ und sollen gezogen werden – und zwar genaudie, an denen ein Zahnersatzteil angeklammert ist. Wobekomme ich eine zweite Meinung? Kann man denZahnersatz an Implantaten befestigen?

Zweitmeinung auch bei Zahnproblemen?

Sie haben grundsätzlich das Recht, sich eine zweiteMeinung einzuholen. Wenden Sie sich dazu am bes-ten an einen auf Prothetik spezialisierten Zahnarzt. Ei-ne Hauptaufgabe von Zahnimplantaten ist es, als Ver-ankerungs-Element, also zur Befestigung, für festsit-zenden und herausnehmbaren Zahnersatz zu dienen.

Leserin, 54: Ich habe eigentlich gesundes Zahnfleisch,nur bei einem bereits wurzelbehandelten Schneide-zahn geht es stark zurück. Was stoppt den Prozess?

Was bremst den Zahnfleisch-Rückgang?

Sie könnten eine Zahnbürste mit weichen Borsten(„sensitiv“) mit Chlorhexidin-Gel (1%) aus der Apothe-ke bestreichen und das betroffene Zahnfleisch ganzvorsichtig, ohne Druck, einmal am Tag massieren. Ambesten abends nach dem Essen und der Mundhygiene.Falls dies zu keiner Besserung führt, sollte der Zahnarztprüfen, ob der Zahnfleischrückgang durch den Zahnbedingt ist und dieser noch erhaltungswürdig ist.

Prof. Daniel Edelhoff

Direktor der Poliklinik für ZahnärztlicheProthetik an der LMU in München

DIE ZAHL DER WOCHE

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KREBS-SERIE – HEUTE TEIL 3: GEBÄRMUTTERHALSKREBS .............................................................................................................................................................................

zungen erfüllt: Bei einerBauchspiegelung bestimmendie Ärzte die Größe und Lagedes Tumors und entnehmenLymphknoten. „Damit die OPmöglich ist, müssen dieLymphknoten frei sein. Zu-dem ist eine Chemotherapienötig, um den Tumor zu ver-kleinern“, erklärt Dr. SergioFrangini, Oberarzt am Klini-kum Harlaching.

Im Mai 2011 beginnt Mi-chaela Bonfert mit der Chemo-therapie. Ob danach ihre Eier-stöcke wieder funktionieren,kann ihr niemand sagen. Mitihrem Mann überlegt sie, vor-sorglich Eizellen einfrieren zulassen. Aber ihre Ärzte ratendavon ab, den Tumor auchnoch mit Hormonen zu stimu-lieren – was aber nötig gewesenwäre, um überhaupt genugEizellen zum Einfrieren zugewinnen.

Michaela Bonfert hat Glück:Die Chemotherapie schlägt gutan, der Tumor schrumpft aufeine Größe von drei Millime-tern. Nur einen Monat späterwird sie operiert – der Krebs istdamit besiegt. Aber nicht dieAngst. Erst auf der Kur danachwird Michaela Bonfert klar:„Ich muss erst wieder Vertrau-en in mich und in meinen Kör-per aufbauen.“ Und dann ist danoch eben der Kinderwunsch.Schon bald nach der Opera-tion hat sie wieder einen regel-mäßigen Zyklus – und die Er-laubnis der Ärzte: Sie darfschwanger werden.

Im Mai 2012 hält sie einenpositiven Schwangerschafts-test in der Hand. In die großeFreude mischt sich erneutAngst. Doch Michaela Bonfertsagt sich: „Mein Körper hat dasalles durchgemacht, jetzt wirder auch das schaffen.“ Und erschafft es. Die Schwanger-schaft verläuft unkompliziert,auch wenn die werdende Mut-ter viel liegen muss – eine Vor-sichtsmaßnahme, weil Frühge-burten nach einer „Trache-lektomie“ oft vorkommen.

Im Januar 2013 wird Moritzgeboren, zweieinhalb Jahrespäter Anna. Der nächste – me-dizinische – Schritt wäre für diezweifache Mutter irgendwanndoch die Radikal-OP. Aber dassei keine Option, sagt Michae-la Bonfert. Zumindest nochnicht. Sie drückt jetzt ihreTochter an sich und lächelt.Dann sagt sie einen letztenSatz: „Wir schließen ein drittesKind nicht aus.“

Gebärmutterhalskrebsmit 32 Jahren: Ein Schockfür Michaela Bonfert –ihre Familienplanungscheint beendet, bevorsie begonnen hat. Dochdann kommt alles anders.Und die Patientin kannnicht nur den Krebsbesiegen. Sie erfüllt sichauch den Kinderwunsch.

VON NADJA KATZENBERGER

Die Diagnose wirft MichaelaBonfert aus der Bahn. Und sienimmt ihr jede Hoffnung aufein Kind: Gebärmutterhals-krebs – mit 32 Jahren. „Natür-lich war damals das wichtigsteZiel, gesund zu werden“, sagtMichaela Bonfert heute, fastfünf Jahre danach. Aber: „MeinMann und ich, wir konntenuns nicht vom Kinderwunschtrennen.“ Ein Jahr hatten siebis dahin versucht schwangerzu werden. Vergeblich.

Heute hat das Paar zwei Kin-der: den dreijährigen Moritzund die fünf Monate alte Anna.Und: Die Geschwister habeneine gesunde Mama. „Ichmusste mich oft rechtfertigen,warum ich meinen Kinder-wunsch über meine Gesund-heit gestellt habe“, erzählt Mi-chaela Bonfert. „Doch fürmich und meinen Mann war esder richtige Weg.“

Dieser Weg führt über eineexperimentelle Therapie – undeinen besonderen, seltenenEingriff: die „Trachelektomie“.Dabei werden zwei Drittel desGebärmutterhalses und dieHaltebänder der Gebärmutterentfernt. Keine Radikal-OP,keine komplette Entfernungvon Gebärmutter und Eierstö-cken. Trotzdem: „Man muss soradikal operieren, dass derKrebs nicht zurück kommt –aber so schonend, dass die Pa-tientin später schwanger wer-den kann“, erklärt Prof. DieterGrab, Chefarzt der Frauenkli-nik am Klinikum Harlaching.Ein medizinischer Balance-Akt.

Michaela Bonfert weiß umdie Brisanz – sieht aber keineAlternative zu diesem Eingriff,der nur an wenigen Spezial-Zentren vorgenommen wird;das Klinikum Harlaching ge-hört inzwischen dazu. „Wirwaren doch mittendrin in derFamilienplanung“, sagt sie.

Ein Baby – trotz KrebsGutes Team: Michaela Bonfert mit Tochter Anna und den Ärzten Dr. Sergio Frangini (l.) und Prof. Dieter Grab vom Klinikum Harlaching. MARCUS SCHLAF

Ihr Tumor ist größer als zweiZentimeter. Michaela Bonfertist selbst Ärztin – sie weiß , wasdas bedeutet: Radikal-OP, spä-tere Schwangerschaft ausge-schlossen. Eigentlich. Dennihre Ärzte wollen ihr eine Al-ternative ermöglichen – wol-len, dass sie den Kinder-wunsch nicht aufgeben muss.Sie schlagen die besagte„Trachelektomie“ vor, um dieGebärmutter und die Eierstö-cke so gut es geht zu schonen.

Damals, im Frühjahr 2011,arbeitet das Klinikum Harla-ching noch mit Kollegen an derBerliner Charité zusammen.Kurz nach der Diagnose fliegtein Münchner Ärzteteam mitMichaela Bonfert in dieHauptstadt. Der Eingriff ist ei-ne Herausforderung. „Nur we-nige Frauen erkranken so jungund entscheiden sich für dieMethode“, sagt Prof. Grab.

Bevor Michaela Bonfertüberhaupt operiert werdenkann, muss allerdings klarsein, dass sie die Vorausset-

Begonnen hat alles schon imHerbst 2009, und zwar ganzharmlos – mit Blutungen ausder Scheide. Michaela Bon-ferts Gynäkologe beruhigt sei-ne Patientin, verödet die be-troffene Stelle am Mutter-mund. Doch die Blutungenkehren zurück, werden immerstärker. Ein Jahr lang geht dasso, dann wird Michaela Bon-fert ans Klinikum Harlachingüberwiesen – für eine „Konisa-tion“. Dabei soll ein Teil desGebärmutterhalses kegelför-mig abgetragen werden. DerGebärmutterhals, die Verbin-dung zwischen Gebärmutterund Scheide, ist anfällig fürZellveränderungen, aus denensich ein Tumor entwickelnkann. Viele Frühformen undVorstufen von Krebs werdenso entdeckt – und gestoppt.

Bei Michaela Bonfert ist esjedoch zu spät. Eine Gewebe-probe bringt die letzte Gewiss-heit: Krebs. „Das war ein rie-sengroßer Schock für mich“,erzählt die heute 36-Jährige.

Neue Krebs-SerieWer die Diagnose „Krebs“bekommt, hat viele Fragen. Inunserer fünfteiligen Serie gebenwir die wichtigsten Antworten –und stellen neue Behandlungs-methoden vor. Nächste Woche,am Montag, 22.2., lesen SieWissenswertes zum Lungen-krebs. Zum Abschluss folgt nochder Darmkrebs (29.2.)

Vor 1971 war Gebärmutterhalskrebs derhäufigste Krebs bei Frauen. Heute, mehr als 45Jahre später, liegt er auf Platz zwölf – immerweniger Frauen erkranken am sogenanntenZervixkarzinom. Das hat mit einer sehr gutenFrüherkennung in Deutschland zu tun: Seit 1971bezahlen die Krankenkassen die jährliche Vor-sorge (Abstrich und Untersuchung mit der Lupe)beim Gynäkologen. Die wichtigsten Fragen undAntworten auf einen Blick.

Wie entsteht Gebärmutterhalskrebs?Der Gebärmutterhals verbindet die Gebärmuttermit der Scheide. Hier kommt es leicht zu Zell-veränderungen, die sich zu aggressiven Tumorenentwickeln können. Verantwortlich ist dafürmeist eine Infektion mit dem humanen „Papillo-ma-Virus“ (HPV). „Fast jeder Mensch kommt imLauf seines Lebens mit HPV in Berührung, undohne HPV gibt es praktisch keinen Gebärmutter-halskrebs“, erklärt der Gynäkologe Prof. DieterGrab vom Klinikum Harlaching.

Kann man sich gegen HPV impfen?Ja – empfohlen wird die Impfung vor allemMädchen und Frauen, die noch nicht sexuell aktivsind. Für Mädchen zwischen 12 und 17 Jahrenübernehmen die Krankenkassen die Kosten.Experten schätzen, dass auch aufgrund derImpfung in den nächsten Jahren weniger Frauenan Gebärmutterhalskrebs erkranken werden. DieImpfung schützt aber nicht vor allen HPV-Typen.Die jährliche Vorsorge ist daher weiter sinnvoll.

Ist die Impfung auch für ältere Frauen sinnvoll?Das ist umstritten, der Nutzen nicht klar belegt.Sie schadet aber nicht – und man kann sich zumBeispiel nach einer Operation impfen lassen. „Wirvermuten, dass sie das Immunsystem stärkt“,sagt Dr. Sergio Frangini, Oberarzt am KlinikumHarlaching.

Ist das HPV-Virus allein verantwortlich für Krebs?Nein – auch eine genetische Veranlagung(Mutter, Tante oder Großmutter waren erkrankt),lokale Entzündungen (etwa durch eine Spirale)oder Rauchen sind mitverantwortlich, dass sichZellen verändern, aggressiv werden und imKörper ausbreiten. NADJA KATZENBERGER

Das Wichtigste in Kürze: Früherkennung und HPV-Impfung

Diagnose Krebs:Das Bild zeigteine Verän-derung desGebärmutter-halses (siehePfeile). Diese istoft bösartig.

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