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Leitfaden - Kommunikation im Naturschutz · Vorwort Der vor Ihnen liegende Leitfaden "Kommu...

Date post: 13-Feb-2020
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Leitfaden „Kommunikation im Naturschutz“ Bayerisches Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen
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Leitfaden

„Kommunikation im Naturschutz“

Bayerisches Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen

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Projektbearbeitung:

Forschungszentrum Jülich GmbH

Programmgruppe Mensch, Umwelt, Technik (MUT)52425 Jülich

Dipl.-Psychologin Cornelia R. Karger (MUT)Dipl.-Psychologe Dr. Peter M. Wiedemann (MUT)

Herausgeber:

Bayerisches Staatsministerium

für Landesentwicklung und Umweltfragen, Februar 2000

Zuständiges Referat:Grundsätze

Dr. Klaus Heidenreich, Hans-Dieter Schuster

Bayerisches Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen

Rosenkavalierplatz 2, 81925 München

Internet: http://www.bayern.de/stmlu

email: [email protected]

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort 1

Zur Orientierung für den eiligen Leser 3

Bedeutung von Kommunikation 6im Naturschutz

Was man über Kommunikation wissen 18sollte

Kommunikationsfahrplan 25

Wege zum Überzeugen 32

Einführung 33

Haltung - Klima gestalten 36

Planung von Überzeugungs­

gesprächen 39

Gesprächstechniken 44

Wege zum Verhandeln 55

Einführung 56

Prinzipien des Verhandelns 65

Verhandlungsfallen 67

Vorgehen beim Verhandeln 74

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Vorwort

Der vor Ihnen liegende Leitfaden "Kommu­nikation im Naturschutz" wurde von der Natur­schutzabteilung des Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen mit Psy­chologen des Forschungszentrums Jülich, Pro­grammgruppe Mensch, Umwelt, Technik (MUT) erarbeitet. Grundlagen dazu waren Umfragen und Workshops mit den Fachkolleginnen und Fachkollegen der Naturschutzverwaltung.

Veränderte gesellschaftliche Rahmenbedin­gungen und neue Aufgabenstellungen erfor­dern neue Lösungswege, verändern Anforde­rungsprofile. Dies gilt auch für die im Natur­schutz Tätigen.

So werden auf die Naturschutzverwaltung zu­künftig verstärkt Moderations- und Manage­mentaufgaben zukommen, zum Beispiel bei der Umsetzung des Arten- und Biotopschutzpro­gramms, der FFH- und der Vogelschutz-Richtlinie, im Bereich Freizeit und Natur, im Rahmen des Umweltforums.

Um diese neuen Aufgaben erfüllen zu können, ist die Förderung der dafür notwendigen Schlüsselqualifikationen wie Kommunikations-, Kooperations- und Konsensfähigkeit wichtig.

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Dies war Anlass, einen Leitfaden "Kommu­nikation im Naturschutz" zu erarbeiten. Er soll vor allem konkrete Arbeitshilfe für eine zu­kunftsorientierte und moderne Naturschutzver­waltung sein.

Es ist das Ziel dieses Leitfadens, Akzeptanz und weite Verbreitung zu finden und zur Lö­sung der anstehenden Naturschutzaufgaben beizutragen.

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Zur Orientierung für den eiligen Leser

•= Überblick

•= Wichtige Quellen

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Page 7: Leitfaden - Kommunikation im Naturschutz · Vorwort Der vor Ihnen liegende Leitfaden "Kommu nikation im Naturschutz" wurde von der Natur schutzabteilung des Staatsministeriums für

Seiten 6 - 17

Seiten 18 - 31

Seiten 32 - 54

Seiten 55 - 96

Überblick

Bedeutung von Kommunikation im Natur­schutz Die Rolle kommunikativer Instrumente wird vor dem Hintergrund der Vor- und Nachteile ver­schiedener Instrumente diskutiert; es wird dar­gestellt, welches Gewicht ihnen der amtliche Naturschutz in Bayern einräumt.

Was man über Kommunikation wissen sollte Gängige Mythen über Kommunikation werden klargestellt. Es wird erläutert, worauf bei der Kommunikation geachtet werden muss und wie ein Kommunikationsfahrplan erstellt wird.

ÜberzeugenEs werden Prinzipien erfolgreichen Überzeu­gens und Bausteine zur Planung von Über­zeugungsgesprächen vorgestellt. Außerdem wird ein Überblick über verschiedene Ge­sprächstechniken gegeben.

Verhandeln In die Prinzipien erfolgreichen Verhandelns wird eingeführt und auf Verhandlungsfallen eingegangen. Es wird beschrieben, welche Schritte bei der Planung und Durchführung von Verhandlungen zu beachten sind, und am Beispiel illustriert. Techniken und Methoden der Verhandlungsführung werden vorgestellt.

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Wichtige Quellen

Beck, R. & Schwarz, G. (1995): Konfliktmanagement. Alling: Sandmann.

Fisher, R., Kopelman, E. & Schneider, A.K. (1994): Jenseits von Machiavelli. Kleines Handbuch der Konfliktlösung. Cambridge, MA: Harvard University Press.

Glasl, F. (1994): Konfliktmanagement. Bern u.a.: Haupt.

Kostka, C. (1998): Coaching-Techniken. Hanser.

Lewicki, R.J., Saunders, D.M., Minton, J.W. (1999): Negotiation. Boston u.a.: McGraw-Hill.

Lucas, S.E. (1995): The art of public speaking. New York: McGraw-Hill, Inc.

Moore, C.W. (1996): The mediation process. Practical strategies for resolving conflict 2. Ausgabe. San Francisco: Jossey-Bass Publishers.

Nothstine, W.L. (1989): Andere überzeugen. Ein Leitfaden der Beeinflussungsstrategien. Wien: Ueberreuter.

Pruitt, D.G. & Carnevale, P.J. (1993): Negotiation in social con­flict. Pacific Grove, California: Brooks/Cole Publishing Company.

Schleichert, H. (1997): Wie man mit Fundamentalisten diskutiert, ohne den Verstand zu verlieren. Anleitung zum subversiven Den­ken. München: Beck.

Susskind, L. & Cruinkshank, J. (1987): Breaking the impasse. Consensual approaches to resolving public disputes. New York: Basis Books.

Ury, W.L., Brett, J.M. & Goldberg, S.B. (1991): Konfliktmanage­ment. Wirksame Strategien für den sachgerechten Interessen­ausgleich. Frankfurt/New York: Campus.

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Bedeutung von Kommunikation im Naturschutz

•= Naturschutz steht im Spannungsfeld von wirtschaftlichen und sozialen Zielsetzungen

=

•= Naturschutz kann durch ordnungspolitische, ökonomische und kommunikative Instru­mente befördert werden

=

•= Nachteile und Vorteile dieser Instrumente

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Interessengegensätze

Naturschutz im Spannungsfeld konkurrierender Interessen

Naturschutz steht oftmals im Widerstreit mit sozialen und wirtschaftlichen Belangen. Um Funktions- und Leistungsfähigkeit des Natur­haushaltes zu sichern, braucht Naturschutz Flächen. Naturschutz konkurriert dann mit an­deren gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Belangen - unterschiedliche Ansprüche, die häufig als unvereinbar erscheinen. Häufig un­terliegen in der Abwägung die Naturschutzbe­lange, so dass die ökonomischen und die so­zialen Belange die Grenzen des Naturschut­zes bestimmen.

Anliegen des Soziale Wirtschaftliche Naturschutzes Belange Belange

Schutz, Pflege,Entwicklung vonNatur und Land­schaft

Erhaltung derbiologischenVielfalt

Bewahrung dernatürlichen undnaturnahen Le­bensräume

Ressourcen-Schutz:Boden, Wasser,Luft, Klima

Flächen für Wohnraum

Sicherung von Arbeitsplätzen

Mobilität

Gesundheit

Verfügbarkeit von Ressourcen

Verfügbarkeit günstiger Produk­tionsfaktoren (Fläche, Infra­struktur)

Wirtschaftswachs­tum

Internationale Wettbewerbs­fähigkeit

Preisstabilität

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Pessimistische Einschätzung des amtlichen Naturschutzes

Die Schwierigkeit des Naturschutzes, sich in dem Spannungsfeld zwischen unterschiedli­chen gesellschaftlichen Ansprüchen zu be­haupten, spiegelt sich in den Bewertungen derjenigen, die die Belange des Naturschutzes zu vertreten haben, wider. Bei einer Umfrage in der bayerischen Naturschutzverwaltung (n=49) schätzten viele ihre eigenen Möglich­keiten, den Naturschutz zu befördern, eher ge­ring ein.

64% der Befragten haben das Gefühl, persön­lich im amtlichen Naturschutz eher wenig be­wegen zu können. Zwar glauben in ihrer über­wiegend gestaltenden Rolle nur 48% der Ver­treter der höheren bzw. der obersten Natur­schutzbehörden eher wenig bzw. sehr wenig durch ihren persönlichen Beitrag im amtlichen Naturschutz zu erreichen (Abb.1).

Nochmals erheblich höher liegt allerdings die­ser Anteil bei den unteren Naturschutzbehör­den, die in ihrer Aufgabe der Umsetzung der Naturschutzbelange häufig unmittelbar mit Konfliktlagen konfrontiert sind, die sich aus den genannten Interessenkollisionen ergeben. Hier sind sogar 85% der Befragten der An­sicht, mit ihrem persönlichen Beitrag wenig er­reichen zu können (siehe Abb.2).

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Haben Sie das Gefühl, dass Sie persönlich durch IhreTätigkeit im Naturschutz wirklich etwas bewegen?

sehr viel sehr wenig sehr viel sehr wenig

eher wenig85%

15%eher viel 0% 0%5% 11%

eher viel 47%

eher wenig 37%

Abb.1: Höhere/oberste Naturschutzbehörde Abb.2: Untere Naturschutzbehörden

Fazit Diese Ergebnisse zeigen, dass es notwendig ist, die Wirksamkeit und die Erfolgsaussichten aller denkbaren Mittel zur Umsetzung der Ziele des Naturschutzes zu prüfen und diese eben­so geplant wie systematisch einzusetzen.

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Vor- und Nachteile verschiede­ner Instrumente

Um den Anliegen des Naturschutzes Gewicht zu verleihen und seine Ziele umzusetzen, gibt es verschiedene Instrumente.

Vorteile Nachteile

Ordnungs­recht

Ökono­mie

Kommu­nikation

Für alle verbindliche Hohe Kontrolldichte Regelung nötig schnelle Wirksam- Widerstand, Ableh­keit nung

Breitenwirkung Stabilisierung be-Flexibilität stehender Wert-Eigenverantwortung strukturen

Auspreisung biolo­gischer Ressourcen ist schwierig

Tiefenwirkung Ergebnis nicht voll-Schaffung intrinsi­ ständig planbar scher Motivation Notwendigkeit von niedrige Transakti- Zugeständnissen onskosten

Stärken und Schwächen ord­nungsrechtliche r Instrumente

Ordnungsrechtliche Instrumente schaf­fen schnell ein für alle Bürger verbindliches Maß an Verhaltensregeln. Immer detailliertere Rechtsvorschriften bergen jedoch die Gefahr, die notwendige Flexibilität und Kreativität zum Entwickeln von Lösungen zu beschneiden und durch die Einschränkung der Freiheit der Be­troffenen sogar Ablehnung und Widerstand

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Stärken und Schwächen ökonomischer Instrumente

(„Reaktanz“) hervorzurufen ("Druck erzeugt Gegendruck").

Der Naturschutz ist aber in besonderem Maß auf die Akzeptanz bzw. Mitwirkung von Gesell­schaft und Wirtschaft angewiesen, um Res­sourcen zu mobilisieren, über die nicht autori­tativ verfügt werden kann. Gebote und Verbote können keine in der Wertschätzung der Natur begründete Motivation zu naturverträglichem Verhalten erzeugen.

Ökonomische Instrumente hingegen be­tonen die Eigenverantwortung. Sie ermögli­chen es, die Ziele des Umwelt- und des Natur­schutzes in Form von Steuern, Abgaben, Zer­tifikaten oder anderen Anreizsystemen in wirt­schaftliche Abläufe zu integrieren. Damit sind sie flexibel und erzielen zugleich Breitenwir­kung.

Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der Wert biologischer Ressourcen in eine für dieÖkonomie verwertbare Formel übersetzt wird, damit Marktmechanismen ihn erfassen kön­nen. Die Auspreisung von Werten ist jedoch schwierig. Außerdem können ökonomische In­strumente nur auf bereits vorhandene indivi­duelle Präferenzen und Wertstrukturen auf­bauen, diese aber nicht ausprägen oder gar weiterentwickeln. Es entsteht die Gefahr der Verfestigung anstelle der Veränderung der be­stehenden Wertschätzung biologischer Res­sourcen.

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Stärken und Schwächen kommunikativer Instrumente

Kommunikative Instrumente umfassen Aufklärung und Verhandeln gleichermaßen. Aufklärung bedeutet

•=die bloße Übermittlung von Information,

•=Überzeugen mit dem Ziel, •=Einstellungen zu beeinflussen, •=auf Gefühle einzuwirken und •=Handeln zu lenken

Überzeugen zielt auf die Ausprägung und Än­derung von Einstellung und Verhalten, um den grundlegenden gesellschaftlichen Wertewan­del zu fördern, der ethisch-moralischen Aspekten in naturschutzrelevanten Entschei­dungssituationen mehr Gewicht verleiht. Handlungsbereitschaft kann sie vor allem dort erzeugen, wo grundsätzlich die Bereitschaft zu freiwilligem Handeln schon besteht. Dies mar­kiert die Grenzen von Überzeugen. Unter­schiedliche Sichtweisen, Interessen- und Werthaltungen lassen sich nicht beliebig ein­ander annähern.

Naturschutzziele sind konfliktträchtig. Verhan­deln, das Kooperation und Konfliktmanage­ment beinhaltet, erlaubt es, trotz kaum mitein­ander zu vereinbarender Ausgangspunkte zu konsensualen Lösungen zu gelangen. Damit erzielen kommunikative Instrumente Tiefenwir­kung. Konflikte werden ausgetragen und einer Lösung zugeführt. Erfolgreiches Verhandeln setzt Ergebnisoffenheit, Eröffnung von Hand­

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Merkposten

lungsspielräumen und Kompromissfähigkeit aller Beteiligten voraus.

Jedes der Instrumente weist somit Vor- und Nachteile auf.

Es gibt keinen Königsweg. Nur die zweckmä­ßige Kombination der Instrumente kann zum Erfolg führen.

Dabei kommt den kommunikativen Instru­menten eine gewichtige Doppelrolle zu:

Zum einen unterstützen sie die Einführung („Implementation“) ordnungsrechtlicher und ökonomischer Instrumente. Denn erst auf der Grundlage der mit ihrer Hilfe ausgeprägten gesellschaftlichen Werthaltungen und Einstel­lungen zugunsten der Natur entstehen ent­sprechende Forderungen, die aus der Gesell­schaft an die Politik herangetragen werden. Somit lassen sich politische Entscheidungs­prozesse anstoßen, an deren Ende die Einfüh­rung z.B. von Geboten und Verboten oder von finanziellen Anreizsystemen zum Schutz des Naturhaushaltes stehen.

Zum anderen ergänzen sie die ordnungsrecht­lichen und ökonomischen Instrumente bei der Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen. Sie helfen Konflikte zwischen Parteien unter­schiedlicher Interessenlagen zu bewältigen und im Spannungsfeld verschiedener Interes­sen durch Verhandeln zu einer für alle Betei­ligten tragbaren Lösung zu gelangen.

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Positive Bewer­tung kommuni­kativer Instru­mente im baye­rischen Natur­schutz

Kommunikativen Instrumenten wird daher zu Recht im bayerischen Naturschutz ein hoher Stellenwert eingeräumt. Gemeinsam mit den ökonomischen Instrumenten werden ihnen die größten Erfolgsaussichten bei der Durchset­zung der Anliegen des Naturschutzes zuge­schrieben:

38% der Vertreter bayerischer Naturschutzbe­hörden geben - wie die Umfrage zeigt - Aufklä­rung, 18% Verhandeln den Vorrang vor allen anderen Instrumenten. Wiederum 38% posi­tionieren Verhandeln auf Rang 2 der Prioritä­tenliste. Keinem der anderen Instrumente wird bei der Durchsetzung der Anliegen des Natur­schutzes auf dem zweiten Platz mehr Erfolg zugetraut als dem Verhandeln.

Von ordnungsrechtlichen Instrumenten ver­sprachen sich nur 2% der Befragten den mei­sten Erfolg für den Naturschutz. Die überwie­gende Mehrheit setzte diese Instrumente an die letzte Stelle (Abb.3).

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Welche Ansätze erbringen für die Anliegen des Natur­schutzes den meisten Erfolg? 100%

Rang 1 Rang 2 Rang 3 Rang 4

80%

60%

40%

29%

0%

Ökonomische Instrumente Aufklärung Verhandeln Ordnungspolitische

Instrumente

Abb.3: Bewertung unterschiedlicher Instrumente

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Nur wenige sind der Ansicht, dass man mit

Aufklärung (8%, Abb.4)

stimme eher stimme voll und zu 8% ganz zu 0%

stimme überhaupt stimme eher nicht zu nicht zu

59% 33%

und Verhandeln (12%) eher nichts im Natur­

schutz erreichen kann (Abb.5). stimme eher zu stimme voll und

12% ganz zu 0%

stimme eher stimme überhaupt nicht zu nicht zu

31% 57%

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Fazit Kommunikative Instrumente gewinnen im bayerischen Naturschutz immer mehr an Be­deutung. Sie sind notwendig, um Werthaltun­gen zu beeinflussen und eine Verständigung mit den Nutzern zu erreichen. Dies sind gleichzeitig die Ziele des Naturschutzes, die aus der Sicht der Naturschutzverwaltung am schwersten zu erreichen sind. Um so wichtiger ist es daher, Strukturen und Erfolgsbedingun­gen des Kommunikationsprozesses zu ken­nen, zu wissen, welche Probleme auftauchen können, wie man sich darauf einstellen und wie man sie gegebenenfalls vermeiden kann.

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Was man über Kommunika­tion wissen sollte ....

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Fragen & Antworten

•= Kommunikation in der Massen- und Medien­gesellschaft

=

•= Mythen, falsche Vorstellungen von Kommu­nikation

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Das Problem der Kommunikations­inflation

Kommunikation in der Massen­und Mediengesellschaft

Das Problem von Kommunikation in der Mas­sen- und Mediengesellschaft ist die Kommuni­kation selbst:

•=Immer mehr Kommunikation führt zur Kom­munikationsinflation.

=

•=Immer mehr Ansprüche sind gleichzeitig vor­handen und suchen am Meinungsmarkt dieAufmerksamkeit der Öffentlichkeit.

=

•=Kommunikation muss immer lauter und hitzi­ger sein, um überhaupt gehört zu werden. Offenbar gilt: Nur wer übertreibt, wird noch wahrgenommen.

=

••••====Vielfach wird nicht mehr miteinander, son­dern übereinander - in den Medien ­kommuniziert.

Einwände:Kommunikation ist zwecklos. Kommunikation istStress.Ja: Kommunikation ist schwer zu kontrollierenund mehrdeutig. Oft kommt das Falsche an.Aber: Es führt kein Weg vorbei. Man kann nichtnicht kommunizieren.

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Kommunikationsmythen

Oft wird bei der Kommunikation von falschen Annahmen und trügerischen Hoffnungen aus­gegangen.

Vorurteile über Falsche Annahmen: Kommunikation

•=Tatsachen sprechen für sich. Es kommt nur darauf an, die Tatsachen des Naturschutzes richtig zu erklären, dann wird der Ge­sprächspartner schon in diesem Sinn han­deln.

=

•=Statistische Daten und perfekte Logik sind das beste Mittel, um Naturschutz durchzu­setzen.

=

•=Um Menschen vom Naturschutz zu überzeu­gen, muss an Ängste und Bedrohungsge­fühle appelliert werden.

Trügerische Hoffnungen:

•=„Ich weiß schon, was Sie meinen.“ Es be­steht die Tendenz, die Verständlichkeit undÜberzeugungskraft der eigenen Aussagen zu überschätzen.

=

•=„Was ich sage, ist doch klar.“ Es gibt die un­realistische Überzeugung, den Anderen rich­tig verstanden zu haben.

=

•=„Ich weiß schon, wie ich auf meinen Ge­sprächspartner wirke.“ In der Regel hat der Andere ein anderes Bild von uns, als wir meinen.

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Merkposten

Was man wissen muss

Kommunikation ist kein Verfahren mit Regeln, die man nur beachten muss, um Erfolg zu ha­ben.

Kommunikation ist offen, lebendig und vollerÜberraschungen. Ähnlich wie beim Straßen­verkehr gilt: Aus den vorhandenen Regeln läßt sich das tatsächliche Verhalten nicht voraus­sagen. Schon kleine Veränderungen können große Wirkungen besitzen: •=wie man den Anderen anspricht, =

•=welcher Ton vorherrscht, =

•=wie schnell man zur Sache kommt, =

•=wie formell man die Situation handhabt, =

•=wo und wann das Gespräch stattfindet.

Kommunikation lebt deshalb von der Haltung. Denn der Ton macht die Musik. Kommunikati­on braucht - gerade wegen der Offenheit undder möglichen Überraschungen - Planung. Und Kommunikation braucht Kenntnisse und Fertigkeiten - im Sinn von Kommunikation­stechniken. Die aber gilt es, der Situation an­gemessen einzusetzen.

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Zwei Wege der Kommunikation

•= In der kleinen Gruppe =

•= In der Öffentlichkeit

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Zwei Formen der Kommunikati­on

•= Überzeugen: Wie kann ich mein Anliegen besser verdeutlichen und überzeugen?

•= Verhandeln: Wie kann ich mit Interessenge­gensätzen umgehen und versuchen, eine kooperative Lösung zu finden?

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Kommunikationsfahrplan

•= Situation erkennen und bewerten

•= Ziele der Kommunikation festlegen

•= Ressourcen planen

•= Umsetzen in der Situation

•= Ergebnis bewerten

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eher

methodis

ch

eher

intuitiv

adhoc Aus

wahl

syste

matisc

he Ausw

ahl

Evaluati

on

keine E

valuati

on

Kommunikation Nach Ansicht der Befragten der Naturschutz­erfordert eine verwaltung ist eine systematische Planung der systematische Planung Kommunikation im amtlichen Naturschutz

stärker zu berücksichtigen.

79% der Befragten stellten fest, dass der amt­liche Naturschutz eher intuitiv, nicht aber me­thodisch bei der Erfassung von Kommunikati­onschancen für den Naturschutz vorgeht. Au­ßerdem erfolgt die Auswahl bestimmter Kom­munikationsmittel als wesentlicher Bestandteil der Planung einer Kommunikationsstrategie ad hoc (56%; Abb.5).

1 0 0

9 0 8 4 7 9

8 0

7 0

6 0 5 6

5 0

4 0 3 5

3 0 2 1

1 62 0 9

1 0

0

Abb.5: Kommunikation im amtlichen Naturschutz aus der Sicht der Befragten

Nur 35% bestätigen, dass die Auswahl auf der Basis eines internen Diskussionsprozesses getroffen wird. Eine systematische Auswahl als Folge einer Bewertung der Kommunikations­mittel hinsichtlich ihrer Angemessenheit, z.B. für das jeweilige Kommunikationsziel, erken­nen im amtlichen Naturschutz nur 9%.

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Merkposten

84% stellten fest, dass eine Bewertung der eingesetzten Kommunikationsmittel hinsicht­lich ihres Erfolges nicht durchgeführt wird (Abb.5).

Nur durch einen systematisch erarbeiteten Kommunikationsfahrplan können Kommunika­tionschancen erkannt und richtig eingeschätzt, kann eine angemessene Kommunikations­strategie festgelegt und aus Fehlern gelernt werden.

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Schritte zur Festlegung des Kommunikationsfahrplans

I. Situation erkennen und bewerten

•=Wer sind die -vermutlich eher ablehnenden-Gesprächspartner/die vom Kommunikations­gegenstand berührten Institutionen bzw. Personen?

= •=Welchen Einfluss haben diese in der Ge­

meinde/Region = •=Welche Allianzen bestehen/werden sich ent­

wickeln? = •=Welche Positionen nehmen die Betroffenen

ein? = •=Welche sind die dahinter liegenden Interes­

sen? = •=Wie stark werden die jeweiligen Interessen

berührt? = •=Gibt es positive/negative Vorerfahrungen mit

den Gesprächspartnern? = •=Handelt es sich noch um einen verborgenen

Konflikt oder ist er bereits offenbar? = •=Sind bereits die Medien einbezogen? = •=Mit welchen Hindernissen ist zu rechnen?

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II. Ziele der Kommunikation festlegen

•=Vertrauen gewinnen

•=Bedenken im Vorfeld erkunden

•=Aufmerksamkeit erzeugen

•=Verstehen der Problemlage fördern

= dabei

•=Prioritäten setzen

•=Ziele auf die Betroffenheit des Gesprächs­partners zuschneiden

III. Ressourcen planen

•=Behördenexterne Experten einladen

•=Kontakt zu den Medien herstellen

•=Räumlichkeiten, Zeitrahmen festlegen

•=Ablaufplanung erstellen

•=Hilfsmittel (z.B. technische Geräte) festlegen

•=Personelle und finanzielle Ausstattung klären = IV. Strategie planen

•=Verschiedene Strategien in Abhängigkeit von der Zielsetzung auswählen bzw. kombinieren

=

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= Informationsstrategie (z.B. Bedenken klären) = Konfrontationsstrategie (z.B. Bedenken ab­

wehren) =

= Persuasionsstrategie (z.B. Bedenken aus­räumen, Überzeugen)

=

= Kooperationsstrategie (z.B. Bedenken inte­grieren, Verhandeln)

= •=Verlauf - kritischen Pfad - erkennen und

Maßnahmen festlegen =

= Hypothetischen Ablauf der Kommunikation erstellen (z.B. Anhörung vom Auftakt bis zum Schluss der Veranstaltung)

=

= Kritische Situationen und ihren möglichen Verlauf beschreiben

=

= mögliche Reaktionen und Gegenreaktionen durchspielen (Planspiel)

=

= Klären, was im besten Fall passieren könnte und was im schlechtesten Fall

=

= Maßnahmen zur Bewältigung kritischer Re­aktionen erwägen

= V. Umsetzen in der Situation

•=Flexiblität zeigen

•=Offenheit für Kritik und Anregungen

•=Selbstbewusstes Auftreten

•=An die jeweilige Situation angepasste Ge­staltung der Kommunikation

= 30

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VI. Ergebnis bewerten

•=Wie gestaltete sich der Prozess?

•=Wurde das Kommunikationsziel erreicht/ nicht erreicht?

•=Welche Faktoren waren dafür ausschlagge­bend?

•=Welche Rückmeldungen wurden gegeben (Presse, Teilnehmer)?

=

•=Wurde die Naturschutzmaßnahme schneller erreicht (z.B. konnte die Schutzgebietsver­ordnung schneller erlassen werden als in vergleichbaren Fällen ohne vorbereitende und begleitende Kommunikation)?

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Überzeugen

•= Einführung =

•= Haltung - Klima gestalten =

•= Planung von Überzeugungsgesprächen =

•= Gesprächstechniken

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Einführung

•= Überzeugen = Informieren + Argumentieren =

•= Ethik des Überzeugens

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Überzeugen heißt Informie­ren und Argu­mentieren

Einführung

Überzeugen heißt vor allem Einstellungen und Verhalten/Handeln ändern. Es sollen Ent­scheidungen so beeinflusst werden, dass die­se im Sinn des Naturschutzes fallen. Dabei kommt es darauf an:

•=den richtigen Ton zu treffen, •=richtige Argumente einzusetzen, um

- Konflikte zu verhindern bzw. zu lösen, - Einwände abzubauen, - Zustimmung zu gewinnen.

Überzeugen = Informieren und Argumentieren

Um was es geht

Haltung Planung Techniken

Überzeugen

Beim Überzeugen kommt es auf Haltung, Klima-Gestalten und Planung (Was muss ich beachten und wie kann ich mich vorbereiten?) sowie auf den angemessenen Umgang mitKommunikationstechniken des Überzeugens an.

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Dabei ist die Ethik des Überzeugens aus­schlaggebend. Überzeugen ist nicht Überre­den. Und auch das Resultat -jemanden für den Naturschutz zu gewinnen- ist nicht hinrei­chend. Vielmehr kommt es auf die Art und Weise des Überzeugens an.

Es braucht gute Gründe, die auch langfristig die Interessen des Partners berücksichtigen: •=Die Argumente müssen wahr sein. Das

heißt: Die benutzten Daten und Informatio­nen müssen einer Nachprüfung standhalten.

•=Überzeugen muss wahrhaftig sein. Das heißt: Die vorgeschlagenen Ziele und Wege müssen die sein, um die es auch tatsächlich geht.

•=Die Argumente müssen Gewicht haben - für die Sache, um die es geht, und für den Ge­sprächspartner, den man zu überzeugen versucht.

Ethik des Überzeugens: •=Keine Angriffe auf Personen =

•=Kein Verächtlich-Machen konträrer Positio­nen

•=An die Wahrheit halten =

•=Angst erzeugen hilft nicht weiter =

••••====Eigene Motive transparent machen

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Haltung - Klima gestalten

•= Achtung zeigen =

•= Fairness und Offenheit verdeutlichen =

•= Glaubwürdigkeit herstellen

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Überzeugen braucht eine po­sitive Haltung zum Gegenüber

Haltung - Klima gestalten Die Haltung gegenüber dem Gesprächspartner bestimmt das Gesprächsklima. Und wie bei je­der anderen Kommunikation ist das auch für das „Überzeugen“ wesentlich.

Was heißt das?

Trotz aller Differenzen in Bezug auf den Na­turschutz geht es um die Achtung des Ande­ren. Er oder sie ist als Person unbedingt zu achten. Es geht weiterhin um Fairness im Ge­spräch. Das Recht auf Rede muss jeder ha­ben. Auch das Recht, Kritik zu üben und auf Kritik zu antworten.

Offenheit ist ein weiterer wichtiger Punkt. Es geht dabei um (1) Interessen und Ziele, um (2) Planungen und Maßnahmen sowie um (3) Daten und andere Grundlagen, die wichtig für die Beurteilung des Sachverhaltes sind.

Haltungen

Achtung

Fairness

Offenheit

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Auf was es ankommt

Mit der eigenen Haltung soll die Wahrnehmung des Gegenübers positiv beeinflusst werden. Er/sie soll: ��sich in der Situation nicht angegriffen füh­

len, ��positiv eingestimmt werden und ��aufmerksam gegenüber den Argumenten

sein. ��Außerdem geht es auch um die Sicherung

von Glaubwürdigkeit.

Glaubwürdigkeit und Naturschutz

Wenn es um Naturschutz geht, spielt Glaub­würdigkeit in zwei Fällen eine Rolle: Zum einen wird sie angezweifelt, weil frühere Prognosen nicht eingetreten sind („Die Natur ist eben viel robuster und kann sich selber helfen - was Sie sagen, ist doch falscher Alarmismus“). Zum anderen geht es um die Unsicherheiten und Undeutlichkeiten von Daten, auf die Natur­schutzargumente aufbauen („Sie verschwei­gen doch alle Unsicherheiten“).

Es ist deshalb wichtig, nicht zu übertreiben. Der Appell mit emotionalen, angsterzeugenden Argumenten hilft langfristig nicht.

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Planung von Überzeugungsge­sprächen

•= Zielklärung =

•= Situationsklärung =

•= Gesprächssteuerung in der Gruppe

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Planung von Überzeugungsge­sprächen

Überzeugen er- Neben der richtigen Haltung geht es um die fordert eine gute Planung des Gesprächs. Vorbereitet sein ist Vorbereitung wichtig.

Planung

Sich realistische und angemessene Ziele setzen

Sich auf die Situation einstellen

Sich um die Steuerung des Gesprächs bemühen

Vor dem Gespräch ist zu klären:

•=Zielklärung: Was will ich? Und was kann ich erreichen?

•=Situationsklärung: Mit wem habe ich es zu tun? Auf welche Haltung, Interessen und Po­sitionen werde ich treffen? Um was geht es außerdem?

•=Verlaufsklärung: Wie kann das Gespräch verlaufen? Welche Störungen, Probleme und Schwierigkeiten können auftreten? Und wie kann ich diese überwinden?

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Persönlichkeitsprofil von Gesprächspartnern

Gesprächspartner ........................ ist:

sehr in der Regel

weder noch

in der Regel

sehr

bereit zum Zuhören

unwillig

zustimmend ablehnend vertrauend misstrauisch gutwillig feindselig informiert uninformiert verbindlich polemisch spontan überlegt offen für Ar­gumente

voreingenom men

interessiert uninteressiert

Die Steuerung des Gespräches ist von besonderer Bedeutung. Einerseits gilt es zwar, dem Ge­sprächspartner Raum einzuräumen, seine Stand­punkte zu verdeutlichen. Anderseits ist es aber wichtig, sich das Gespräch nicht aus der Hand nehmen zu lassen. Das heißt: Die Ziele des Ge­spräches müssen stets vor Augen stehen - und die Punkte, um die es geht, sollten ausdrücklich angesprochen werden. Es kommt nämlich darauf an, die Struktur des Gespräches zu halten (Was ist jetzt dran?) und sich nicht in die Defensive drängen zu lassen.

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Gesprächssteuerung in der Gruppe

Überzeugungsg Das Gespräch in der Gruppe verlangt Modera­espräche müs- tion. Neben der Wortzuteilung und der Einbin­sen gesteuert werden dung aller Teilnehmer geht es um die Struktu­

rierung des Gespräches sowie um die Ver­deutlichung der Ergebnisse.

Mittel, die man einsetzen kann •= Sagen, um was es geht: „Wir wollen hier

über die Möglichkeiten des Artenschutzes reden.“

=

•= Sagen, wie man vorzugehen gedenkt: „Dabei möchte ich Ihnen zuerst das Pro­blem schildern. Danach geht es um die Fra­ge, wie wir den Schutz verbessern können.“

=

•= Auf Abweichungen aufmerksam machen: „Das ist zwar ein interessanter Punkt - im Augenblick sind wir jedoch noch bei einem anderen Thema.“

=

•= Beiträge anderer auf das Gesprächsziel hin bewerten: „Was heißt das im Hinblick auf Schutzmaßnahmen?“

=

•= Ergebnisse im Gespräch festhalten: „Ich fasse zusammen: Wir haben folgendes er­reicht“.

Diese Art der Kommunikation zur Steuerung von Gesprächen kann als Moderation bzw. Kommentierung dessen, was man selbst und der Andere im Gespräch tut oder tun sollte, verstanden werden. Gerade erfahrene Kom­munikatoren machen davon Gebrauch.

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Maxime der Gesprächssteuerung •=Jeder hat das Recht, seinen Standpunkt vor­

zubringen. =

•=Jeder hat das Recht, den Standpunkt des Anderen zu hinterfragen bzw. zu kritisieren.

=

•=Jeder hat das Recht, auf Kritik zu antworten.

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Gesprächstechniken

•= Aktiv zuhören =

•= Fragen einsetzen =

•= Argumentieren =

•= Einwänden begegnen

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Aktives Zuhören

Gesprächstechniken

Neben der Planung geht es auch um die Be­herrschung und den richtigen Einsatz von Ge­sprächstechniken.

Techniken

Aktiv Zuhören

Fragen einsetzen

Argumentieren

Einwenden begegnen

Es geht zum ersten um das Zuhören. Aktives Zuhören ist ein wichtiges Instrument zum Er­kennen der Interessen, Absichten und Beden­ken des Gesprächspartners. Es verbessert aber nicht nur die eigene Informationsbasis. Darüber hinaus trägt das aktive Zuhören zur Entwicklung eines positiven Gesprächsklimas bei.

In der Regel konzentriert man sich auf das, was man zu sagen hat: welche Argumente re­levant sein könnten und wie sie vorzubringen sind. Das ist zwar notwendig, aber nicht aus­reichend. Ebenso wichtig ist die Vorbereitung auf das aktive Zuhören.

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Wie man sich auf das aktive Zuhören vor­bereiten kann.

Zwei Fragen sind für die Vorbereitung wesent­lich: •=Mit welchen Annahmen geht der Gesprächs­

partner in das Gespräch? =

•=Wie wird der Gesprächspartner meine Ar­gumente interpretieren?

Erkennen der eigenen Annahmen über den Gesprächspartner

Als erstes sollten alle Annahmen über die In­teressen und Einstellungen, mit denen der Gesprächspartner in das Gespräch geht, auf­gelistet werden. Zu jeder Annahme sollte je­weils die Äußerung benannt werden, auf die es in diesem Zusammenhang ankommt, so dass immer wieder geprüft werden kann: Stimmt meine Annahme oder stimmt sie nicht? Auf diese Weise vorbereitet, erkennt man besser die kritischen Stellen im Gespräch und kann prüfen, ob die eigenen Annahmen über den Gesprächspartner richtig sind.

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Meine Annahme: Ich gehe davon aus, dass mein Gesprächspartner ....

Auf was besonders zu hö­ren ist

misstrauisch ist macht Bemerkungen über frühere negative Erfah­rungen mit dem Natur­schutz

nicht bereit ist, zusätzli­che finanzielle Belastun­gen für den Naturschutz auf sich zu nehmen

fragt nach den Kosten

denkt, dass ich übertreibe macht auf mangelnde wissenschaftliche Unter­suchungen aufmerksam

Verbessern der Verständlichkeit der eige­nen Botschaft

Darüber hinaus sollte eine Liste der eigenen Kernbotschaften erstellt werden. Zu jeder Kernbotschaft sollte bestimmt werden, wie die­se vom Gesprächspartner falsch interpretiert werden könnte. Und schließlich sollte überlegt werden, wie die Botschaft formuliert werden müsste, um diese Fehlinterpretation abzuwen­den. Mit dieser Vorbereitung ist es leichter, potenzielle Missverständnisse und kritische Punkte im Gespräch zu entdecken und ihnen entgegenzuwirken.

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Meine Kernbot­schaft

Wie könnte sie fehlinterpretiert

werden?

Wie müsste sie formuliert wer­

den?

Wir wollen Na­turschutz auf der gesamten Fläche.

Nirgendwo wird mehr eine Ab­wägung zuge­lassen.

Wir wollen in ab­gestufter Weise Naturschutz auf der gesamten Fläche.

Die Natur ist gefährdet...

Wir sind die ei­gentlich Schuldi­gen.

Die Natur ist gefährdet - wo könnte Ihr Bei­trag liegen?

Aktives Zuhören im Gespräch umfasst: •=Einstellung zum Gesprächspartner, =

•=Verhalten (richtig und genau hinhören), =

•=Signale geben (verdeutlichen, was man ver­standen hat).

Auch wenn man in der Sache Differenzen hat, geht es um die Achtung der Person des Ge­sprächspartners. Und bei allen Differenzen sollte man besonders darauf achten, in wel­cher Hinsicht man dennoch übereinstimmt.

Als Verhalten bedeutet aktives Zuhören: (1) dem Gesprächspartner Raum geben, (2) Blickkontakt halten und Interesse zeigen

und (3) Stichworte aufnehmen und verstärken.

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Gesprächsfüh­rung durch Fra­gen

Signale geben heißt, dass man ausdrückt was man verstanden hat („Ihre wichtigen Punkte sind...“; „Es geht Ihnen insbesondere um ... .“).

Das, was man nicht sicher verstanden hat, sollte in Frageform gebracht werden („Ist es richtig, dass Sie...?“). Dabei sollte man für Kor­rekturen offen sein.

Fragen stellen

Weiterhin ist Fragen wichtig. Denn wer fragt, der führt im Gespräch, gewinnt Zeit und klärt. Fragen ist darüber hinaus ein guter Ansatz für den Umgang mit Einwänden.

Fragen ist sinnvoll, um •=Positionen zu klären, •=Einwände herauszuarbeiten, =

•=Begründungen zu erkennen, =

•=Konfrontationen zu vermeiden, =

•=das Gesprächsklima zu verbessern.

Fragen können auf verschiedene Weise ge­stellt werden. Hier werden vier Typen von Fra­gen unterschieden: Die offene Informationsfrage: Wie sehen Sie ...? Die Vorschlagsfrage: Was halten Sie von ...? Die Zustimmungsfrage: Stimmen Sie ... zu?

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Überzeugen braucht gute Ar­gumente

Die Einwandbegegnungsfrage: Was spricht gegen....?

Fragen sollten einfach sein. Ganze Frageseri­en werden als Zumutung oder als Ausfragerei empfunden. Deswegen ist es wichtig, wenn man eine Reihe von Fragen stellen will, diese anzukündigen: „Ich möchte Ihre Sichtweise genauer kennenlernen. Darum möchte ich Ih­nen jetzt, wenn Sie gestatten, einige Fragen stellen.“

Argumentieren

Wer überzeugen will, braucht Argumente. Undzwar solche, die glaubwürdig sind.Bausteine für das gute Argumentieren:

•=Treffende Argumente vorbringen,

•=Emotionen berücksichtigen,

•=Bilder nutzen,

•=Schlussfolgerungen verdeutlichen.

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Zwingende Argumente Vorschriften

gesetzliche Regelwerke

Wissenschaftliche Argumente Zahlen, Daten, Fakten

Soziale Argumente Experten, Vorbilder soziale und emotionale Verstärker

Argumente

Überzeugen kann man nicht nur mit Zahlen, Daten und Fakten. Auch Beispiele und attrak­tive Vorbilder können genutzt werden. Appel­lieren kann man an den Verstand, die Gefühle und an soziale (Ein)Bindungen.

Danach lassen sich drei verschiedene Argu­mentationsverfahren unterscheiden: •=Fakten darstellen - Lernen - Fühlen - Han­

deln: Hier geht es um die Veränderung von Einstellungen über die Vermittlung von Wis­sen, um auf diesem Weg Handeln zu för­dern.

•=Fakten darstellen - Lernen - Handeln - Füh­len: Hier werden zuerst Einsichten (Zahlen, Daten, Fakten) vermittelt, verbunden mit konkreten Handlungsmöglichkeiten. Wenn der Gesprächspartner damit positive Erfah­

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rungen macht, ändert sich auch seine Ein­stellung zum Naturschutz.

•=Interessen wecken - Handeln- Fühlen - Ler­nen: Hier gilt es, zuerst das Interesse zu wecken und ein konkretes Handeln vorzu­schlagen, das für den Gesprächspartner gut möglich ist. Über das Tun verändert sich seine Einstellung („Da kommt ja doch was dabei heraus!“) und er lernt so, Naturschutz­anliegen zu akzeptieren.

Diese Verwendung von Bildmaterial ist zu empfehlen, denn oft sagt ein Bild mehr als tausend Worte.

Schließlich geht es um den richtigen Einsatz von Argumenten. Dabei sollte die Aufnahme­kapazität des Gesprächspartners in Rechnung gestellt werden. Beim Argumentieren hat sich ein Drei-Schritt-Schema als nützlich erwiesen. •=Aussage + Handlungsempfehlung: Das

Gewässer ist gefährdet. Wir müssen deshalb ....

=

= Dafür spricht: •=Argument A •=Argument B •=Argument C =

•=Zusammenfassung: Damit ist erwiesen.... •=Schlußfolgerung: Deshalb sind folgende

Maßnahmen wichtig .......

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Umgang mit Einwänden Einwandbegeg- Wer überzeugen will, hat in der Regel mit Ein­nungen wänden zu rechnen. Deshalb ist der Umgang

damit ausschlaggebend.

Mit welchen Einwänden ist zu rechnen ? •=Vorgeschobener Einwand: Taktisches Mittel

wider besseres Wissen •=Vorurteil: Vorgefasste Meinung, die die Be­

urteilungsperspektive einengt. •=Echtes Argument: Der Einwand ist aus der

Sicht des Gesprächspartners legitim

Wie kann man mit Einwänden umgehen?

Es lassen sich verschiedene Arten der Ein­wandsbegegnung unterscheiden.

•=Zurückfragen = Einwand: = Das lässt sich doch nicht machen. Diese

Maßnahme ist keinesfalls mit der Landwirt­schaft verträglich.

= Frage: Wie kommen Sie zu dieser Fest stellung?

=

•=„Was wäre wenn“-Verfahren = Einwand: = Diese Naturschutzmaßnahme vertreibt doch

potenzielle Investoren. = Frage: Lassen Sie uns annehmen, dass wir

für dieses Problem eine andere Lösung fänden. Würden Sie dann zustimmen?

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=

•=Umkehrmethode= Einwand:= Diese Maßnahme bringt uns nur Kosten.= Frage: Was müsste geschehen, damit aus

dem Nachteil für Sie ein Vorteil würde?

=

•=Kompensationsmethode = Einwand: = Der Naturschutz macht diese Trassenfüh­

rung zu teuer. = Frage: Das stimmt, aber wir haben zusätz­

lich die Akzeptanzfrage berücksich­tigt. Und so ist diese Maßnahme letztlich doch kostengünstiger.

=

•=Methode der direkten Ansprache = Ich habe den Eindruck, dass Sie grundsätz­

lich gegen die Ausweisung von Schutzge­bieten sind. Wäre es nicht möglich, noch einmal darüber zu reden?

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Verhandeln

•= Einführung =

•= Prinzipien =

•= Verhandlungsfalle =

•= Vorgehen beim Verhandeln

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Einführung

•= Begriffsbestimmung „Verhandeln“ =

•= Vorteile von Verhandlungslösungen =

•= Hemmschwellen des Verhandelns =

•= Bestimmung des besten und des schlechte­sten Ergebnisses ohne Verhandeln (BATNA und WATNA)

=

•= Verteilungs- und Zugewinn-Lösungen von Konflikten

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Begriffsbestimmung „Verhandeln“

Verhandeln heißt einen In­teres­senausgleich

Verhandeln als Chance

Verhandeln ist eine Methode, in der zwei oder mehr Parteien mit dem Ziel miteinander kom­munizieren, Ziel- bzw. Interessenkonflikte zu lösen und damit soziale Konflikte zu bewälti­gen.

Vorteile von Verhandlungslö­sungen

Verhandeln öffnet ein neues Feld von Gestal­tungsmöglichkeiten. Der „von oben“ verord­nete Naturschutz allein kann die notwendige umfassende Bewahrung des Naturhaushalts nicht gewährleisten. Die aktive Mitwirkung und freiwillige Kooperationsbereitschaft aller ge­sellschaftlichen Kräfte ist gefordert. Dies be­deutet aber, einen möglichst weitgehenden Konsens über Ziele und Maßnahmen des Na­turschutzes zu finden. Gemeinsam getragene Entscheidungen drängen. Denn häufig be­deuten die Konsequenzen menschlicher Ein­griffe in die Natur einen irreversiblen Verlust.

Sich mit den relevanten gesellschaftlichen Akteuren an den Verhandlungstisch zu bege­ben, bietet die Chance, der drohenden Sta­gnation des gesetzlichen Naturschutzes zu begegnen und bislang am Widerstand der Akteure gescheiterte Maßnahmen umzuset­

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Nicht Maximal­forderungen, sondern realisti­sche Ziele set­zen

zen. Verhandlungslösungen bieten somit die Chance •=zur Erweiterung des Schutzpotentials über

den gesetzlichen Mindeststandard hinaus,

•=zur Erzielung tragfähiger Ergebnisse,

•=einer raschen Umsetzbarkeit,

•=der Vermeidung langwieriger Konflikte.

Hemmschwellen des Verhan­delns Die Beschreitung des Verhandlungsweges stellt spezifische Anforderungen an alle Betei­ligten.

Die Naturschutzbehörde einerseits hat einen Teil der Kontrolle über den Entscheidungspro­zess zugunsten einer gemeinsamen Verant­wortung abzugeben. Das bedeutet nicht, dass verwaltungsrechtlich vorgesehene Entschei­dungsstrukturen außer Kraft gesetzt werden müssten. Lediglich die innerhalb dieses Rechtsrahmens gegebenen Gestaltungsräume werden in gemeinsamer Verantwortung aus­geformt. Dennoch besteht häufig die Befürch­tung, dass ein Aufweichen hoheitlicher Schutzmöglichkeiten mit der Aufnahme von Verhandlungen über den Ausgleich konkurrie­render Raumnutzungsansprüche verbunden ist.

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Fazit

Das beste und das schlechteste Ergebnis ohne Verhandeln

Naturschutzverbände und Bürgervertreter an­dererseits sehen sich mit folgendem Dilemma konfrontiert: Bei Aufnahme von Verhandlungen müssen sie ihren herkömmlichen Weg, Politikdurch Herstellung und Mobilisierung von Öf­fentlichkeit zu machen, zumindest vorüberge­hend verlassen. Statt Grundsatzpositionen einzunehmen, müssen sie sich auf Aushand­lungsprozesse einlassen und Kompromissbe­reitschaft signalisieren. Vielfach wird daher ein Verlust an Glaubwürdigkeit befürchtet.

Alle Beteiligten müssen bei Aufnahme von Verhandlungen "über ihren eigenen Schatten springen". Eine strukturelle Unterlegenheit ei­ner Seite entsteht dadurch nicht.

BATNA und WATNA Ob Verhandlungen im Einzelfall das Mittel der Wahl darstellen und welche Erfolgsaussichten bestehen, ist eine Frage der Identifizierung und Bewertung der eigenen BATNAs (Best Alternative To a Negotiated Agreement) und WATNAs (Worst Alternative To a Negotiated Agreement) sowie derjenigen aller übrigen Verhandlungsparteien. Mit Verhandlungen wä­ren das die Konstellationen BRONA (Best Re­sult Of Negotiated Agreement) und WRONA (Worst Result Of a Negotiated Agreement).

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Dies umfaßt folgende Aspekte:

•=Was kann man bestenfalls ohne Verhandeln = erreichen (BATNA)? =

•=Was passiert im schlimmsten Fall ohne Ver­handeln (WATNA)?

=

•=Was kann man bestenfalls in Verhandlungen erreichen (BRONA)?

=

•=Wie sieht das Verhandlungsergebnis im schlechtesten Fall aus (WRONA)?

Folgende Situation ist denkbar: Ohne Ver­handlungen wird sich das ins Auge gefasste Naturschutzziel nicht bzw. nicht rechtzeitig er­reichen lassen. Dies wäre aus der Sicht der Naturschutzbehörden der schlimmste denkba­re Fall (WATNA), aus Sicht der betroffenen Kreise möglicherweise aber der günstigste Fall (BATNA). Es wären also die Naturschutzbe­hörden auf die Aufnahme der Verhandlungen angewiesen, während die übrigen Betroffenen die Beibehaltung des status quo als bestes er­reichbares Verhandlungsergebnis auch ohne Verhandlungen und Zugeständnisse erreichen können. Eine solche Diskrepanz kann zu einer Verweigerung der Aufnahme von Verhandlun­gen sowie zum Scheitern der Verhandlungen führen.

Vielfach erkennen heute aber alle Parteien, dass der Erhalt der Funktions- und Leistungs­fähigkeit des Naturhaushalts und eine dauer­haft nachhaltige Wirtschaftsentwicklung unlös­bar miteinander verbunden sind. Die Notwen­

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digkeit zu kooperieren und einen Ausgleich wi­derstreitender Interessen zu erzielen, wird da­her mehr und mehr anerkannt. Hinzukommt, dass ein solcher Ausgleich sich zunehmend auch zu einer Grundvoraussetzung für die ge­sellschaftliche Akzeptanz der jeweiligen Flä­chennutzung entwickelt.

Zur Feststellung der BATNAs und der WATNAs sind vor allem folgende Fragen zu prüfen:

•=Kann die Naturschutzbehörde das im Ein­zelfall anvisierte Ziel allein - unter Aus­schluss der anderen Konfliktparteien - errei­chen oder die eigenen Interessen umsetzen? Auf welche Weise ist dies möglich, und wie werden die Erfolgsaussichten eingeschätzt?

=

= Wie verhält es sich bei den anderen Partei­en?

=

•=Können die anderen Parteien der Verwirkli­chung der Naturschutzziele schaden oder nützen?

= Können die Vertreter der Naturschutzbelan­ge den anderen Beteiligten schaden oder nützen?

=

•=Sind die Ziele und Interessen des Natur­schutzes und der beteiligten Kreise vollstän­dig unvereinbar - sowohl bezogen auf den konkreten Einzelfall als auch generell?

=

•=Können die Betroffenen im Einzelfall eine Ei­nigung darüber erzielen, was den Kern des

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Kooperations­gewinne als Chance für alle Parteien

Konfliktes ausmacht und über welche The­men daher verhandelt werden muss?

=

•=Inwieweit ist die Naturschutzbehörde bereit, zu einvernehmlichen Lösungen zu gelan­gen?

= Wie verhält es sich mit den übrigen Betroffe­nen?

=

•=Ist das Verhältnis der Betroffenen unterein­ander von Vertrauen geprägt?

Die Durchführung einer systematischen Analy­se der BATNAs und WATNAs zur Vorberei­tung von Verhandlungen wird im einzelnen an­hand konkreter Beispiele im Kapitel „Vorgehen beim Verhandeln“ näher erläutert.

Verteilungs- und Zugewinn-Lösungen von Konflikten Verhandlungschancen, die sich aus der Pü­fung der BATNAs und WATNAs ergeben ha­ben, müssen im Verlauf der Verhandlungen konsequent genutzt werden. Denn Verhandeln führt nicht als solches schon zum Konsens und zu einer für alle Beteiligten befriedigenden Lösung. Folgende Resultate von Verhandlun­gen sind denkbar:

•=Sieg einer Partei, =

•=Kompromiss, =

•=Zugewinn-Lösung (Win-Win-Lösung). 62

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Zu vermeiden sind Verhandlungen nach dem klassischen Nullsummenspiel. Der Gewinn ei­ner Partei impliziert den Verlust der anderen. Der Verhandlungsgegenstand wird als „Kuchen“ wahrgenommen, den es zu verteilen gilt.

Diese Verhandlungsstrategie führt entweder zum Sieg einer Partei, vor allem bei Über­macht einer Partei, oder zu einem einfachen Kompromiss, d.h. einer Lösung, die genau zwischen den jeweiligen Anfangsangeboten liegt. Bei einem Kompromiss verliert zwar jede Partei im Gegensatz zum Sieg gleich viel - die Verteilung ist gerecht. Kollektiv führen beide Varianten aber nicht zu einem spürbaren Fort­schritt, sondern nur zu einer Umverteilung.

Solche Verteilungslösungen sind program­miert, wenn die Konfliktparteien den Verhand­lungsgegenstand als eine „Entweder - Oder“ bzw. „Ja - Nein“ - Frage einordnen. Sie können sich dann nur in einem eingeschränkten Handlungsraum bewegen. Es stehen nur Op­tionen zur Debatte, die für eine der Parteien nicht akzeptabel sind.

Erst eine Erweiterung der zu verhandelnden Optionen, die Vergrößerung des „Kuchens“, ermöglicht ein Ergebnis, das für alle Beteilig­ten von Vorteil ist. Solche Zugewinn-Lösungen gelingen allerdings nur dann, wenn nicht über Positionen, sondern über Interessen verhan­delt wird.

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In der Regel handelt es sich im Naturschutz um gemischte Interssenkonstellationen, die durchaus die Möglichkeit zu einer integrativen, d.h. Voteile für beide Seiten vereinanden Lö­sung bieten: •=Jede Partei verfolgt mehrere Interessen, •=es gibt konkurrierende und gemeinsame In­

teressen, •=gleiche Interessen können von den Parteien

unterschiedlich gewichtet werden.

Ansätze zu kreativen Lösungen sind aus die­sen Interessenkonstellationen abzuleiten, der Verhandlungsraum ist entsprechend zu er­weitern.

Methoden zur Erzielung von Zugewinn-Lösungen werden im Kapitel „Vorgehen beim Verhandeln“ vorgestellt.

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Prinzipien des Verhandelns

•= Trenne Sache und Person. =

•= Konzentriere dich auf Interessen, nicht auf Positionen.

=

•= Durchdenke eine Reihe von Optionen, bevor du dich entscheidest.

=

•= Bewerte die Güte einer Option nach mög­lichst objektiven Maßstäben.

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Prinzipien des Verhandelns Voraussetzungen Ein interessengeleitetes Verhandeln mit dem für Kooperations­gewinne

Ziel, zu integrativen Lösungen zu gelangen, erfordert die Beachtung folgender Prinzipien:

Regeln Beschreibung

Trenne Person und Sa­che.

Sei fair zu Personen, aber hart in der Sache.

Konzentriere dich auf In­teressen und nicht auf Positionen.

Werde dir über die eigenen Interessen und Ziele und die der anderen klar.

Vermeide es, eine vorge­fasste Bandbreite von Er­gebnissen zu haben.

Schaue vorwärts, nicht zu­rück.

Durchdenke eine Reihe von Optionen und Mög­lichkeiten, bevor du dich für eine entscheidest.

Bewerte und beurteile nicht vorschnell. Erweitere den Verhand­lungsspielraum.

Bewerte die Güte einer Option nach möglichst objektiven Maßstäben.

Lege sachlich begründete Kriterien bei der Auswahl einer Option an.

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Verhandlungsfallen

•= Fehleinschätzung der eigenen Rolle =

•= Fehleinschätzung anderer Parteien =

•= Fehleinschätzung der Verhandlungsgegen­stände

=

•= Fehleinschätzung der Angebote und Gegen­angebote

=

•= Fehleinschätzung des Verhandlungsergeb­nisses

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Verhandlungsfallen

Fehleinschätz­ungen erschwe­ren Verhandeln

Erfolgreiches Verhandeln setzt eine zutreffen­de Erfassung und angemessene Bewertung des Verhandlungsgeschehens voraus. Das gilt für: •=die eigene Rolle (Werte, Präferenzen, Kom­

petenz, Verhandlungsstrategie), =

•=die anderen Parteien (Persönlichkeit, Cha­rakter und Überzeugungen, Verhandlungs­strategie, Präferenzen),

=

•=die zur Verhandlung anstehende Sache und die damit verbundenen Interessen der betei­ligten Parteien,

=

•=die Angebote und Gegenangebote, (Kompromissbereitschaft, Rationalität, Fair­ness),

=

•=das Verhandlungsergebnis (Bedeutung, Ver­antwortung, Zustandekommen).

Bei allen Elementen des Verhandlungsge­schehens gibt es Fallstricke, die zu Fehl­schlüssen und damit zu Fehlentscheidungen führen können:

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Eigene Rolle

Falle Beschreibung Bedeutung für Verhandlung

Unrealistisc her Opti­mismus

Die eigenen Chan­cen werden ohne Grund positiver eingeschätzt als die der anderen.

Geringe Bereit­schaft zu Zuge­ständnissen

Kontroll­illusion

Tendenz, selbst Zufallsresultate den eigenen Fä­higkeiten zuzu­schreiben

Überschätzen der eigenen Verhand­lungsmacht

Suche nach Bestätigung

Tendenz, Informa­tionen, die die ei­genen Hypothesen bestätigen, aktiv zu suchen, nicht aber gegenläufige In­formationen

Ausblenden von Informationen, dieein Überdenken des eigenen Standpunktes not­wendig machen.

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Andere Parteien

Falle Beschreibung Bedeutung für Verhandlung

Halo-Effekt So wie Menschen als Ganzes beur­teilt werden, wer­den sie in jeder ihrer Eigenschaf­ten eingeschätzt.

Zu positive bzw. zu negative Bewer­tung einzelner Ei­genschaften und Verhaltensweisen

Konsistenz-Effekt

Erwartungen dar­über, was man wahrnehmen wird, beeinflussen das, was man tatsäch­lich wahrnimmt. Eigenschaften des anderen, die nicht ins Bild passen, werden unter­schätzt bzw. igno­riert.

Bisherige Erfah­rungen mit Ver­handlungspartnern erschweren einen flexiblen Umgang.

Negativitäts verzerrung

Negative Informa­tionen bestimmen stärker das Ge­samturteil über ei­nen anderen als positive Informa­tionen.

Überbewerten ne­gativer Eindrücke von den Interes­sen, Zielen und Absichten des an­deren

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Verhandlungsgegenstände

Falle Beschreibung Bedeutung für Verhandlung

Unvereinbar­keitsannahme

Annahme, dass der Verhanlungspartner grundsätzlich ande­re Präferenzen hat als die eigenen.

Schwierigkeit,Übereinstimmun­gen zu entdecken

Nullsummen­annahme

Annahme, dass für den Verhandlungs­partner dieselben Dinge gleich wichtig sind wie für die ei­gene Person.

Ergreifen einer Gewinner-Verlierer-Strate­gie

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Verhandlungsverlauf, Angebote - Gegenan­gebote

Falle Beschreibung Bedeutung für Verhandlung

Vereinfa­chung

Auswahl einer Strategie, da sie sich bereits als erfolgreich erwie­sen hat

Situative Erforder­nisse werden nicht genügend beach­tet.

Orientierung an den ge­sunkenen Kosten

Vorangegangene Kosten anstatt zu­künftige Gewinne werden als Grundlage für Ent­scheidungen her­ange-zogen.

Lösungen, die nach Stand der Verhandlungen ra­tional sind, werden ausgeschlagen.

Kognitive Dissonanz

Vorangegangene Positionen zu revi­dieren, ist nicht mit dem eigenen Selbstbild verein­bar. Unvereinbar­keiten mit dem ei­genen Selbstbild werden ausge­blendet oder uminterpretiert.

Der Spielraum für Lösungsmöglich­keiten wird einge­engt, wenn man das „Gesicht zu wahren“ sucht.

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Verhandlungsergebnis

Falle Beschreibung Bedeutung für Verhandlung

Häufigkeits­beurtei­lungsfehler

Tendenz, absolute Häufigkeiten an­stelle der relativen Häufigkeiten zur Vorhersage oder Diagnose eines Ereignisses zu be­nutzen

Fehlbewertung des Erfolges der eige­nen Verhandlungs­strategien. Misser­folge werden nicht mitbetrachtet.

Effekt des Selbstbild-Bewahrens

Bewahrung des Selbstbildes durch die Tendenz, Er­folge den eigenen Fähigkeiten zuzu­schreiben, Miss­erfolge dagegen externen Faktoren.

Die Verantwortung für das Scheitern von Verhandlungen wird abgewälzt.

Urteilseffekt im Nachhin­ein

Die Wahrschein­lichkeit des erziel­ten Ergebnisses wird im Nachhinein höher eingeschätzt und die Informatio­nen, die im Zu­sammenhang mit dem Ergebnis ste­hen, werden im Nachhinein stärker gewichtet.

Im Nachhinein ist man über ein ein­getretenes Ereignis nicht überrascht. Man findet dafür plausible Erklärun­gen.

Für erfolgreiches Verhandeln ist es wichtig, Verhandlungsfallen während des Verhand­lungsprozesses frühzeitig zu erkennen und adäquat mit ihnen umzugehen.

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Vorgehen beim Verhandeln

•= Vorbereitung =

•= Erste Kontakte =

•= Fakten finden und Informationen austau­schen

=

•= Interessen klären =

•= Angebote und Gegenangebote machen =

•= Lösungen finden =

•= Vereinbarungen treffen und umsetzen =

•= Verhandlungsprobleme lösen

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Vorbereitung

Verhandeln braucht eine gu­te Vorbereitung

Verhandlungsprozesse brauchen eine strate­gische Planung und Organisation. Dies um­fasst folgende Schritte:

I. Zielanalyse

II. Identifikation der Verhandlungspartner

III. Konfliktanalyse

IV. Erstellen eines Kommunikationskonzeptes

V. Erstellen eines Verhandlungsplans

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Fallbeispiel I. Zielanalyse„Klettern“

•=Identifikation und möglichst genaue Ausdiffe­renzierung der Verhandlungsziele

=

•=Gewichtung der Verhandlungsziele

Ziele Inhalte Rang(1=oberste Priorität)

Ziele auf der Sa­chebene

Lenkung der Kletteraktivitäten auf ökologisch weniger sensi­ble Gebiete Schutz des Brutstandorts des Wanderfalken Kurzfristige Problemlösung Vermeidung von Krisen

3

1

2 5

Ziele auf der Bezie­hungs­ebene

Abbau von Feindbildern, Auf­bau einer vertrauensvollen Zusammenarbeit

4

II. Identifikation der Verhandlungspartner

•=Möglichst vollständige Auflistung aller Be­troffenen

•=Bestimmung der Schlüsselpersonen und -gruppen

Die Ergebnisse liefern auch Hinweise für die Konfliktanalyse.

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III. Konfliktanalyse

•=Bestandsaufnahme der die Schärfe des Konflikts bestimmenden Faktoren

Bausteine der Kon­fliktanalyse

Beispiel

Konfliktthemen Konsequenzen des Klet­tersports für das Biotop Fels

Auswirkungen einer Ein­schränkung des Natur­sports auf die Region

Positionen der Parteien Klettern auf Felsen, die Brutstandort sind, muss verboten werden

Natursport ist Bestandteil des Tourismus und muss uneingeschränkt ausge­übt werden können

Zugrundeliegende Inter­essen

Die Zahl der Wanderfal­ken muss wieder erhöht werden

Die Einkommen der Ga­stronomie müssen si­chergestellt sein

Argumentationsmuster

Verweis auf wissen­schaftliche Daten

Bezug auf Interessen

Ich bin der Ansicht, dass...

die Untersuchung x zeigt, dass...

die Tourismusindustrie will...

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Verweis auf Werte

Verweis auf Einzelfälle und Beispiele

der Mensch der Natur gegenüber verpflichtet ist ...

das Gebiet x ein Beispiel ist für ...

Konfliktverlauf Beginn am ...

Erste Eskalation am ...

Ausweitung der Konflikt­themen im Hinblick auf...

Ausweitung des Kreises von Konfliktparteien ...

Ein ähnlicher Konfliktfall wie ...

Die Konfliktparteien .... signalisieren Gesprächs­bereitschaft

Beziehungsebene Zwischen der Natur­schutzbehörde und den Konfliktparteien bestehen Ressentiments, Empfind­lichkeiten, gestörtes Ver­trauensverhältnis

Verhandlungen gestalten sich besonders schwierig, wenn es sich nicht nur um Interes­senkonflikte handelt, sondern Werte berührt sind. Denn während Interessen das bezeich­nen, was wir wollen, sind Werte das, wofür wir einstehen.

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•=Bestimmung der Konfliktlösungsbereitschaft der Konfliktparteien

Kein Verhandeln, sondern Konfrontationsstrategie

Konfliktpa rteien

Vorteil Gewich­tung Nachteil Gewich­

tung

Naturschutz­behörde

keine Zuge­ständnisse

mittel Reaktanz (Illegales Klettern), Konflikte

hoch

Hotel- und Gaststätten­gewerbe

Einkommens­sicherheit

hoch Imagever­luste

mittel

IG Klettern kurzfristig un­gestörtes Ausüben des Sports

mittel drohendes Verbot

hoch

Deutscher Alpenverein

Zuwachs an Mitgliedern

mittel Auswei­tung der Forde­rungen auf andere Sportarten

hoch

•=Klärung der Machtverteilung zwischen den beteiligten Parteien

Beispiele bezogen auf Verbände:Bestand an Mitgliedern,

Bedeutung der vertretenen Interessen für die Wirtschaft,

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Einfluss auf politischer Ebene,

Organisationsstrukturen, (z.B. Einsatz der Medien)

Mobilisierungspotenzial

Aus den Ergebnissen der Konfliktanalyse leitet sich ab:

•=das eigene BATNA und WATNA =

•=die BATNAs und WATNAs der anderen Parteien.

Dies ist die Voraussetzung für

•=die Entscheidung, ob für Verhandeln derzeit der richtige oder nicht der richtige Zeitpunkt ist,

und liefert

•=das Wissen um den eigenen Indifferenz­punkt, bei dem eine Einigung keinen Vorteil mehr bringt (BATNA). Diese Kenntnis bietetSchutz vor Übervorteilung. Außerdem hilft die Kenntnis der Grenze des anderen dabei, die richtige Balance zwischen Zugeständnis­sen einerseits und Beharren auf den eigenen Zielen und Interessen andererseits zu finden.

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IV. Erstellen eines Kommunikationskon zepts

•=Festlegung des Verfahrens (z.B. Arbeits­kreis, Mediationsverfahren, Runder Tisch),

•=Festlegung der Teilnehmer, •=Bestimmung des Vertreters der Behörde

(Person mit Entscheidungsbefugnis), •=Entscheidung, inwieweit Experten als Berater

in den Verhandlungsprozess einbezogen werden sollen,

•=Vereinbaren des Verhältnisses zwischen Transparenz (Öffentlichkeitsarbeit) und Ver­traulichkeit (Beratung hinter verschlossenen Türen),

•=Festlegen von Arbeitsprozessen (z.B. Ple­num, zeitweilige Arbeitsgruppen),

•=Vereinbaren von Kommunikationsregeln (z.B. Fairness, gleiche Mitwirkungsrechte),

•=Vereinbaren von Entscheidungsregeln (z.B. Konsens, Minderheitsvoten).

Das Kommunikationskonzept muss offen ge­handhabt werden und ist als Angebot an die Teilnehmer des Verhandlungsprozesses zu verstehen. Wesentliche Teile bedürfen sogar der Abstimmung mit den Verhandlungspart­nern, um die Bindungswirkung des Verfahrens zu sichern und zu erhöhen.

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V. Erstellen eines Verhandlungsplans

Bausteine eines Ver­handlungsplans

Beispiel

Definition des Verhand­lungsgegenstandes

Der Klettersport in der Region x

Festlegung der Verhand­lungsinhalte

Die Verkehrsproblematik wird einbezogen. Andere Sportarten wer­den nicht einbezogen.

Analyse des Verlaufs und Festlegung von Maßnah­men zur Bewältigung kri­tischer Situationen

Kritische Situation: Ab­wehrhaltung betroffener Grundstückseigentümer. Möglicher Verlauf im schlechtesten Fall: La­gerbildung. Maßnahme: Interessendifferenzen herausstellen

Identifikation möglicher Angebote

Zonierung der Felsen nach unterschiedlichen Schutzgraden Zeitlich begrenzte Ver­bote

Ausloten von möglichen Zugewinn-Lösungen

Selbstverpflichtung undÜbertragen von Aufgaben (z.B. Entnagelung, Kon­trolle der Mitglieder) für einen Testzeitraum von x Jahren; dafür im Gegen­zug zunächst keine ho­heitliche Unterschutz­stellung

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Der Auftakt als Weichenstellung für den Erfolg von Verhand­lungen

Erste Kontakte

Der Auftakt eines Verhandlungsprozesses ist eine besonders sensible Phase. Er prägt das Klima der Verhandlungen und bewirkt häufig bereits die Weichenstellung, inwieweit Kon­flikte im Lauf des Prozesses bewältigt werden können. Insbesondere wenn Werte - allgemei­ne Weltanschauungen, ethische Prinzipien und grundsätzliche Regeln, was richtig und was falsch ist - inmitten sind, muss behutsam vor­gegangen werden.

Zu vermeiden sind:

Vermeiden Beispiel

Zu anderen sprechen statt mit ihnen

„Ich prophezeie Ihnen, dass...“

„Mauern“, Herabsetzen und Ignorieren von Kritik

„Das geht doch völlig an der Sache vorbei...“

Aufrechnen „Sie haben ja schon wie­der...“

Anklagen „Ich habe schon immer gewußt, dass Sie...“

Argumentieren auf Ko­sten von Emotionen

„Das ist doch völlig irra­tional...“

Interpretieren und Unter­stellen

„Im Grunde wollen Sie doch nur...“

„Zementieren“ „Wir haben schon immer gesagt, dass...“

Der Beginn des Verhandlungsprozesses stellt zugleich die Weichen für die jeweiligen Ver­

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handlungsstrategien. Es erfolgt sowohl die ei­gene Positionierung als auch die Einschätzung des Verhandlungsstils der Verhandlungspart­ner. Im Prinzip gibt es drei Verhandlungsfor­men, die je nach Gewichtung und Variation die jeweilige Verhandlungsstrategie prägen:

•=Zugeständnisse machen (seine Ziele und Anforderungen reduzieren),

•=kämpfen (die andere Partei zu überzeugen versuchen bzw. versuchen, den Bemühun­gen der anderen Partei, Zugeständnisse zu erreichen, zu widerstehen),

•= lösungsorientiert vorgehen (Optionen ausfin­dig machen, die den Zielen aller Parteien ge­recht werden).

Flexibles, standhaftes Verhandeln bringt den meisten Erfolg. Es besteht eine umgekehrte U-Funktion zwischen Verhandlungsfestigkeit und erzieltem Verhandlungsergebnis.

„Hartes“ Verhandeln verlängert den Verhand­lungsprozeß und macht Einigungen unwahr­scheinlicher. „Weiches“ Verhandeln wird als Zeichen der Schwäche gewertet und führt da­zu, dass die Gegenparteien ihre Konzessions­bereitschaft zurückzunehmen. Außerdem wer­den nicht alle Möglichkeiten interessenausglei­chender Lösungen bedacht. Im Ergebnis führt dies ebenfalls zu langen Verhandlungen mit einer geringen Chance zur Einigung.

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Insbesondere zum Auftakt des Verhandlungs­prozesses sind beide Extreme zu vermeiden. Botschaften, die zeigen, dass man unter kei­nen Umständen gewillt ist, von seiner Position abzurücken, erschweren es, sie ohne Ge­sichtsverlust im Lauf des Verhandlungspro­zesses zu modifizieren, auch wenn sich dies als vorteilhaft für die eigenen Interessen er­weisen würde. Aber auch Maximal-Angebote nach dem Motto „Bis hierher und nicht weiter“, die die eigene Verhandlungsgrenze verdeutli­chen, können zu früh Terrain verschenken bzw. die Gefahr bergen, dass sich der Konflikt verhärtet, wenn diese Angebote noch jenseits der für den Konfliktpartner akzeptablen Grenze liegen und daher nicht seine Zustimmung fin­den können.

Die ersten Phasen des Verhandlungsprozes­ses müssen daher dazu benutzt werden, •=gegenseitig möglichst viel Information zu

sammeln, •=auf Übereinstimmungen zu achten, •=„leichte“ Themen zuerst zu behandeln, •=komplexe Themen zu zerlegen und Teilthe­

men schrittweise einzeln abzuarbeiten, •=Themen zu wechseln, wenn keine Fort­

schritte erzielt werden, und sie zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufzugreifen.

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Fakten finden und Informationen austauschen

Fakten als Ver­bindung zwi­schen Verhand­lungsergebnis und Interessen

Fakten stellen die Verbindung her zwischen Verhandlungsergebnis und Interessen. Fakten ergeben aber kein "objektives Abbild" der Wirklichkeit. Das gilt auch dann, wenn sie das Ergebnis naturwissenschaftlicher Untersu­chungen sind. Denn selbst solche Untersu­chungen basieren vielfach auf Annahmen und Bewertungen. So wird der Rahmen möglicher Ergebnisse schon durch die Definition des Untersuchungsgegenstandes oder die Aus­wahl der Methoden maßgeblich beeinflusst. Aussagekraft erlangen die Ergebnisse solcher Untersuchungen wiederum erst durch einen Bewertungsprozeß, der durch kulturelle, ge­sellschaftliche und individuelle Faktoren ge­prägt ist. Letztendlich werden Fakten so in unterschiedliche Zusammenhänge eingeordnet und zur Grundlage unter Umständen sich wi­dersprechender Schlussfolgerungen gemacht, die eine einfache Entscheidung nach "richtig" oder "falsch" nicht ermöglichen.

In der Naturschutzdebatte spiegeln sich solche Divergenzen, die auf Unsicherheiten und un­terschiedlichen Bewertungen beruhen, in der Bejahung bzw. Verneinung der Gefährdung der Natur durch menschliche Eingriffe wider.

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Solche Divergenzen bergen die Gefahr einer Blockade der Verhandlungen in sich, wenn sie von einer Partei zur Durchsetzung ihrer Positi­on instrumentalisiert werden.

Die Auseinandersetzung um Fakten ist oft der Kristallisationspunkt des Konfliktes.

Wichtig ist daher, •=eine gemeinsame Sichtweise auf den Kon­

fliktgegenstand zu entwickeln.

Dazu dienen: •=der Informationsaustausch und •=der taktische Einsatz von Informationen,

um •=Informationen über Ziele, Erwartungen und

akzeptable Lösungen der Verhandlungspart­ners zu erhalten,

•=Informationen darüber, auf welche Fakten sich die Verhandlungspartner stützen,

•=was die Verhandlungspartner nicht verraten werden,

•=welche Informationen die Verhandlungspart­ner zwingend finden und

•=zu entscheiden, was den anderen überlas­sen bleiben soll, es aufzudecken.

Und damit

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Merkposten

Methoden zur Offenlegung von Interessen

•=Informationen zu finden, die für beide Seiten glaubhaft sind, und

•=durch den gezielten Einsatz von Informatio­nen die Urteile der Verhandlungspartner zu modifizieren.

Die beste Information ist nicht immer die, die zu einer Einigung in der Faktenlage führt. Es kann kontraproduktiv sein, sich auf Informatio­nen zu stützen oder darauf zu beharren, wenn sie von der anderen Seite aufgrund der Art der Informationsquelle verworfen werden.

Interessen klären Voraussetzung für erfolgreiches Verhandeln, das Kooperationsgewinne ermöglicht, ist die Offenlegung von Interessen. Das gilt für die eigenen Interessen wie für die Interessen der Verhandlungspartner.

Dies umfasst: •=Trennung zwischen Konfliktgegenstand, Po­

sition, Interesse und Lösungsvorschlag, •=Gewichtung der verschiedenen Interessen.

Dazu kann man folgende Methoden einsetzen: •=das Laddering-Interview

Ausgehend von einer Position wird nachge­fragt, warum diese wichtig ist. Die so gewon­nenen Aspekte werden wiederum nach ihrer Wichtigkeit hinterfragt. So gelangt man zu den

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grundsätzlichen Interessen und Werten einer Partei.

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Wichtige Aspekte a1­an

Warum ist dieser Aspekt ax wichtig?

Warum ist dieser Aspekt bx wichtig?

.................

Aspekt a1 b1 c1 Aspekt a2 b2 c2 ............. ............... ............... Aspekt an bn cn

•=die Wertbaumanalyse

Im Unterschied zum Laddering-Interview wird hier zumeist von den allgemeinen und unspe­zifischen Werten ausgegangen, die schrittwei­se konkretisiert werden. Ausgangspunkt bildet z.B. die Frage "Was ist für sie wichtig?". Die Präzisierung erfolgt z.B. durch "Was heißt x?" oder "Wie muss y aussehen, um erfüllt zu sein?". Resultat sind eine Menge von Werten, sie beschreibenden Attributen, Zielen und Konsequenzen.

Sind Interessen so offengelegt und geklärt, kann eine Gewichtung erfolgen: "Was ist das wichtigste Interesse?" "Was folgt darauf?". Erst auf dieser Basis wird es möglich zu er­kennen, •=welche Interessen sich überschneiden, •=welche Interessen kompensiert werden kön­

nen, •=welche anderen Gemeinsamkeiten, die über

den aktuellen Konfliktgegenstand der Ver­handlungen hinausgehen, vorhanden sind.

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Vertrauen als Grundlage für Angebote

Angebote und Gegenangebote machen Verhandeln lebt von Angeboten und Gegen­angeboten. Diese bewegen sich in der Regel zwischen

- Forderung - Wunsch, Ziel - Grenze.

Ziel ist, es Angebote und Gegenangebote zu machen, die nicht die jeweiligen Grenzen der Konfliktpartei unterschreiten. Angebote sollten daher •=die am wenigsten umstrittenen Elemente des

gegnerischen Vorschlags in den eigenen Vorschlag einbeziehen,

•=berücksichtigen, unter welchen Bedingungen eine Forderung für die andere Partei akzep­tabel wäre.

Welche Zugeständnisse gemacht werden, wie schnell und in welcher Dynamik, hängt nicht nur von der Sache - der Gefahr des Verlustes der Position -, sondern auch vom befürchteten Gesichtsverlust ab.

Vertrauen spielt daher eine wesentliche Rolle bei der gegenseitigen Annäherung über Ange­bote. •=Wie weit müssen unsere Forderungen vom

eigenen Limit entfernt sein, damit wir nicht über den Tisch gezogen werden?

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•=Können wir unsere Grenze preisgeben? •=Führt ein Angebot statt zu einem Zugeständ­

nis zu einer erhöhten Forderung der Gegen­seite?

Die Beantwortung folgender Fragen hilft, die Konfliktpartei richtig einzuschätzen und das eigene Verhalten danach auszurichten:

1. Wir denken, dass die Vertreter der/s ______ die Wahrheit in Verhandlungen sa­gen.

2. Wir denken, dass ______ den ausgehan­delten Verpflichtungen nachkommt.

3. Nach unserer Meinung ist ______ zuver­lässig.

4. Wir denken, dass die Leute der/s ______ auf Kosten anderer Erfolg haben.

5. Wir haben das Gefühl, dass ______ ver­sucht, die Oberhand zu gewinnen.

6. Wie denken, dass ______ einen Vorteil aus unserem Problem zieht.

7. Wir glauben, dass ______ mit uns aufrich­tig verhandelt.

8. Wir meinen, dass ______ sein Wort halten wird.

9. Wir denken, dass ______ uns nicht irre­führt.

10. Wir haben das Gefühl, dass ______ ver­sucht, sich aus bereits getroffenen Zusa­gen herauszuwinden.

11. Wir meinen, dass ______ fair verhandelt. 12. Wir glauben, dass ______ Vorteil aus Per­

sonen zieht, die „verwundbar“ sind. 92

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Erfolgreiches Verhandeln braucht Kreativi­tät

Lösungen finden

Hier kommt es vor allem darauf an, nicht an bekannten Lösungsmustern festzuhalten. Werden Problemlösungen nur schablonenhaft und nach vorgefertigten Denkmustern gesucht, hilft dies oft nicht weiter.

Gefordert ist eine kreative Denkweise, die auf den Zuschnitt neuer Gestaltungsräume ange­legt ist. Nur so können integrative Lösungen, also Kooperationsgewinne, gefunden werden.

Dazu gibt es folgende Ansätze: •=Kosten reduzieren

durch

−=Einsatz spezifischer Kompensationen: =alternative Leistungen.

=

−=Maßnahmen zur Gesichtswahrung der Ge­genpartei: =akzeptable Motive, z.B. äußere Zwänge, für das Abverlangen eines Kompromis­ses verantwortlich machen, =nicht den Eindruck der Eigendynamik aufkommen lassen (einmal Zugeständ­nis, immer einseitiges Zugeständnis einforderbar), =die Anliegen der Gegenpartei für legitim erklären.

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•=Unspezifische Kompensationen Geld oder Leistungen anbieten, die nichts mit dem aktuellen Verhandlungsfall zu tun haben.

•=Logrolling Die Gegenseite gibt einen für sie nachrangi­gen Verhandlungsgegenstand zugunsten ei­nes besseren Ergebnisses bei einem für sie wichtigeren Aspekt auf.

•=Bridging Entwicklung neuer Optionen, die allen Betei­ligten neue Möglichkeiten eröffnen.

−=Methode zur Unterstützung der Ermittlung von Optionen: ="valued focused thinking":

=

1.Erkenne das Entscheidungsproblem. 2.Benenne die zugrundeliegenden

Werte. 3.Entwickle Alternativen. 4.Bewerte die Alternativen. 5.Wähle eine Alternative.

=

−=Methode zur Entscheidungsfindung:="Pro-Con-Fixes" Verfahren: Sind Optionen entwickelt, sind jene aus­zuwählen bzw. zu modifizieren, die den Interessen und Werten der beteiligten Parteien den größtmöglichen Nutzen bringen.

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Die Bindungs­kraft von Ergeb­nissen muss gewährleistet sein

1.Zähle die Aspekte auf, über die bei den Konfliktparteien Konsens besteht = "Pro-Argumente" für die Option.

2.Liste alle "Kontra-Argumente", die von den Parteien vorgebracht werden, auf.

3.Überlege, unter welchen Umständen die verbleibenden "Kontra-Argumente" sich neutralisieren oder sich in "Pro-Argumente" umwandeln lassen.

Vereinbarungen treffen und um­setzen Erreichte Ergebnisse müssen gesichert wer­den.

Dazu können dienen •=öffentlich-rechtlicher Vertrag,

•=Protokolle,

•=gemeinsame Presseerklärungen,

•=Ergebnisbericht (bei Dissensen möglichst mit Argumenten der jeweiligen Konfliktparteien),

in klarer, unmissverständlicher Sprache, die keine unterschiedlichen Interpretationsmög­lichkeiten zulässt.

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Vorboten von Verhandlungs­sackgassen müssen erkannt werden

Um die Bindungskraft der Ergebnisse zu erhöhen und Umsetzungsdefizite für die Betei­ligten transparent zu machen, empfiehlt es sich, •=Umsetzungspläne,

•=Meilensteine und

•=Kontrollmaßnahmen

zu vereinbaren.

Verhandlungsprobleme lösen Verhandeln ist nicht als solches konstruktiv. Es besteht immer die Gefahr einer Blockade von Verhandlungen.

Vorboten dafür gilt es bereits im Ansatz zu er­kennen bzw. Wege, die in die Sackgasse füh­ren, zu vermeiden:

•=Grundsatzdebatten und pauschalierende Diskussionen

Beispiel: Diskussion über Wert und Unwert des Natur­schutzes

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•=Verschieben der Diskussion auf ein Abstell­gleis

Beispiel: Einforderung eines lückenlosen naturwissen­schaftlichen Nachweises der Notwendigkeit des Artenschutzes

•=Schuldzuweisungen und Stereotypisierungen

Beispiel:Die Landwirtschaft ist der Schädiger derNatur an sich.

= •=Mit der Tür ins Haus fallen

Beispiel:Die Roten Listen sind uneingeschränkter In­dikator für Naturschutzmaßnahmen.

= •=Zwickmühlen

Beispiel: unnötiger Zeitdruck, Entweder-Oder-Entscheidungen

= •=Abschieben der Verantwortung für das Er­

gebnis der Verhandlungen

Beispiel: Mandat aufweichen, auf Schwierigkeit der Absprache mit der Organisation verweisen

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