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Leibniz-Journal 1/2012

Date post: 29-Mar-2016
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Das Magazin der Leibniz-Gemeinschaft
36
auf der Spur Dürer Große Ausstellung im Germanischen Nationalmuseum präsentiert neueste Forschungsergebnisse G 49121 Leibniz exhibitionistisch Die Leibniz- Forschungsmuseen im Überblick S.16 Labor als Atelier Kunst aus dem Mikroskop S.14 Erfolgs- geschichte Leibniz in Ost- deutschland S.26 Leibniz-Journal 1/2012
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Page 1: Leibniz-Journal 1/2012

auf der SpurDürer

Große Ausstellung im Germanischen Nationalmuseum präsentiert neueste Forschungsergebnisse

G 4

9121

Leibniz exhibitionistischDie Leibniz- Forschungsmuseen im Überblick S.16

Labor als AtelierKunst aus dem Mikroskop S.14

Erfolgs­geschichteLeibniz in Ost-deutschland S.26

Leibniz­Journal

1/2012

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WISSENSCHAFT AUS ERSTER HAND

online: epoc.de/albrecht Fax: 06221 9126-751 E-Mail: [email protected] Tel.: 06221 9126-743

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Schon früh zeigte sich das Genie in Albrecht Dürer. Doch seine außerge-wöhnliche Begabung war nicht der einzige Schlüssel zum Erfolg. Die wichtigsten Fakten und neue Erkenntnisse über das Leben und die Umwelt des Künstlers fi nden Sie in der aktuellen Ausgabe von epoc.

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Page 3: Leibniz-Journal 1/2012

das Leibniz-Journal kommt in neuem Gewande daher. Das ist bei Zeitschriften so üblich: Alle paar Jahre wird ein wenig aufgeräumt, hier und da gefeilt, und am Ende

soll das Heft übersichtlicher sein und lese-freundlicher und unbedingt auch irgend-wie moderner. Wir haben uns bei dieser Modernisierung gegen das Modische ent-schieden und für das Unverwechselbare: Es ist die Signatur von Leibniz selbst, die jetzt das Erscheinungsbild prägt – im Ti-tel und auch auf den Seiten.

Die Gestaltung des Heftes folgt dem neu-en Corporate Design der Leibniz-Gemein-schaft, das ebenfalls von der Signatur des Universalgelehrten geprägt ist. Leibniz hatte beim Schreiben die Deutsche Kur-rentschrift verwandt, aus der später das vereinfachte Sütterlin entwickelt wurde. Beide sind 1941 von den Nazis verboten worden. Leibniz, der viel und vielspra-chig bis nach China korrespondierte, unterzeichnete bei anderer Gelegenheit, insbesondere natürlich, wenn er nicht auf Deutsch, sondern wie zumeist auf Latei-nisch oder Französisch schrieb, in lateini-scher Schrift.

Im Mittelpunkt dieses Heftes stehen un-sere acht Forschungsmuseen samt ihrer Dependancen, von Bochum bis Görlitz, von Bremerhaven bis München, begin-nend mit einem Artikel über die große Dürer-Ausstellung im Germanischen Na-tionalmuseum in Nürnberg. Das Muse-um gehört als überregional bedeutendes Forschungsmuseum zur Leibniz-Gemein-schaft, und Leibniz hätte dies wohl sehr gefallen. Er selbst hatte schon 1669 dafür plädiert, ein „Theatrum naturae et artis“ einzurichten, „um vor allen dingen leben-

dige impressiones und connois-sance zu bekommen“. Später geriet dafür auch die wohlgefüllte könig-liche Kunstkammer im Berliner Schloss in seinen Blick. Das ist von verblüffender Aktualität, soll doch dieses Schloss für ziemlich genau diesen Zweck wieder auf-gebaut werden – als Humboldt-Forum, mit Fokus auf den au-ßereuropäischen Kulturen.

Bleiben Sie neugierig!

Christian Walther

Liebe Leserin, lieber Leser,

1994

2012

auf der SpurDürerauf der Spur Große Ausstellung im

Germanischen Nationalmuseum

präsentiert neueste Forschungsergebnisse

G 4

9121

Leibniz

exhibitionistisch

Die Leibniz-

Forschungsmuseen

im Überblick S.16

Labor als Atelier

Kunst aus dem

Mikroskop S.14

Erfolgs-

geschichte

Leibniz in Ost-

deutschland S.26

Leibniz-Journal

1/2012

2004

2000

1998

2011

1/2012 3

L e i b n i z | i n T R O Inhalt

8

14

24

16

26NAchrIchtEN 4

PErSPEktIvEN

Stefan Treue: Transparenz zu Tierversuchen ist politisch und ethisch unerlässlich ��������������������������� 6

Karl Ulrich Mayer zur geplanten Grundgesetzänderung in der Forschungsförderung �������������������������������������� 7

kUNSt, kULtUr & WISSENSchAFt

Dürer über die Schulter geguckt ��������������������������������� 8

Das Erbe retten ― Die Forschungsallianz Kulturerbe �������� 12

Das Labor als Atelier ― Kreativität und Kriminalität unter dem Mikroskop ��������������������������������������������� 14

Die Leibniz-Forschungsmuseen ��������������������������������� 16

SPEktrUm

Aus Forschung eine Menge machen ― Transferpreis für das Ferdinand-braun-institut ��������������� 24

Wissenschaft und Föderalismus ― Hans Joachim Meyer über 20 Jahre Leibniz in Ostdeutschland ���������������������� 26

LEIBNIZ LEktÜrE 30

NAchrIchtEN, ImPrESSUm 31

LEUtE 32

BrIEF AUS BrÜSSEL 33

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L E i b n i z | n A c H r i c H t E n

Freispruch für kaffeeKaffeetrinken ist nicht mit einem erhöhten Risiko für chronische Erkran-kungen verbunden. Darauf weisen Studienergebnisse von Ernährungs-Epidemiologen am Deutschen Institut für Ernährungsfor-schung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) hin.

Danach

erhöht Kaffeetrinken nicht das Risiko für Herz-Kreislauf- und Krebserkrankungen und vermindert das Risiko für Typ-2-Di-abetes.American Journal of Clinical Nutrition 2012, 95:1-8; DOI:10.3945/ajcn.111.023648

Leibniz bei Facebook

Die Leibniz-Gemein-schaft hat jetzt eine eigene

Präsenz im sozialen Netzwerk Face-book eröffnet. Dort stellt sie neueste Forschungsergeb-nisse und sonstige Informationen aus ihren 86 Instituten vor. Bereits seit zwei Jahren ist Leibniz beim Kurznachrich-tendienst Twitter vertreten (http://twitter.com/Leibniz-WGL).www.facebook.com/LeibnizGemeinschaft

DIW sieht keinen IngenieurmangelDas Deutsche Institut für Wirtschaftsfor-schung (DIW) in Berlin sieht – an-ders als die meisten Prognosen – keinen bevorstehenden Mangel an Ingenieu-ren in Deutschland. Im Gegenteil: Durch den Run auf ingeni-eurwissenschaftliche Studiengänge in den vergangenen Jahren könnten allein die derzeit von den Universitäten

kommenden Absolventen den

Gesamtbedarf an Ingenieuren decken, so eine DIW-Studie.

Eine Absolven-tenschwemme

könnte sogar den Berufseinstieg für junge Ingenieure zunehmend erschwe-ren.DIW-Wochenbericht 11/2012

Erneutes Amsel­sterben erwartetIm Sommer wird es aller Voraussicht nach wie im ver-gangenen Jahr zu einem Amselsterben durch das tropische Usutu-Virus kom-men. Grund dafür ist, dass die Viren in den übertragenden Stech-mücken überwintert haben, wie Forscher des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropen-medizin in Hamburg festgestellt haben. Die Bevölkerung ist aufgerufen, infizierte Vögel zu melden: www.nabu.de/tiereundpflanzen/voegel/forschung/14160.html

Epizootic emergence of Usutu virus in wild and captive birds in Germany PLoS One (2012)DOI:10.1371/journal.pone.0032604

Von Menschen verursachte Vege-tationsfeuer in Afrika beeinflussen die Atmosphäre im Amazonasbe-cken während der Regenzeit. Das haben Forscher des Leibniz-Insti-tuts für Troposphärenforschung gemeinsam mit brasilianischen Kollegen aus nächtlichen LIDAR-Messungen (siehe Bild) im Amazo-nas-Regenwald geschlussfolgert, bei denen grüne Laserpulse mit einer Wellenlänge von 532 Nano-metern in die Atmosphäre gesen-det und dort von Aerosolen wer-den. Dieser Einfluss sei besonders

Afrikanische Feuer beeinflussen Amazonas-Klima

zwischen Januar und April zu spüren, da dann die Feuer in Zentralafrika am stärksten seien und die Passatwinde die Rauchpartikel direkt nach Südamerika transportierten. Die Ergebnisse können helfen, Klimamodelle zu verbessern, da die Partikel großen Einfluss auf den Strahlungshaushalt, die Wol-kenbildung und auch auf Nieder-schläge haben.Geophysical Research Letters, vol. 38, L20802, 4 PP., 2011DOI:10.1029/2011GL049200

Weltmeistertitel für Naturkundemuseum

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werb bewarben sich 402 Präpa-rate von 130 Präparatoren aus 22 Ländern um die in elf Kategorien vergebenen Weltmeistertitel.

Mit dem Präparat eines afrikani-schen Sperbergeiers (Gyps ruep-pellii) hat Robert Stein bei Welt-meisterschaft der Präparatoren (World Taxidermy Championship) in Salzburg den Titel „Master of Masters“ gewonnen. Der Präpara-tor des Museums für Naturkunde in Berlin war außerdem mit Präparaten eines klet-ternden neusee-ländischen Keas in der Kategorie „Kleine Vögel“, einem Kiwi in der Kategorie „Großvogel“ und mit zwei Saatkrähen in der Kategorie „Kleine Vögel/Gruppen“ er-folgreich. Auf dem diesjäh-rigen Wettbe-

DOI = Digital Object Identifier, ein eindeutiger und dauerhafter Identifikator für digitale Objekte, vor allem für Online-Artikel von wissenschaftlichen Fachzeitschriften verwendet

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Auf Teneriffa hat europas größtes Son-nenteleskop GReGOR seinen betrieb auf-genommen. Das teleskop, das in den ver-gangenen zehn Jahren maßgeblich durch deutsche Wissenschaftler und ingenieure konstruiert wurde, bietet der internatio-nalen Forschungsgemeinschaft die Möglichkeit, die Sonne mit der neuesten zur Verfügung ste-henden instrumentierung in ungekannter Detailtie-fe zu untersuchen� Mit dem Kiepenheuer-ins-titut für Sonnenphy-sik in Freiburg als Konsortialführer sowie dem Leibniz-insti-

tut für Astrophysik Potsdam beteiligen sich zwei Leibniz-institute maßgeblich an die-sem Vorhaben. Der Hauptspiegel von 1,5 Metern Durchmesser ermöglicht beobach-tungen der solaren Photosphäre und Chro-mosphäre im sichtbaren und im infraroten

Licht. Die große Lichtsammelfläche des Teleskops erlaubt Aufnah-

men der Sonne mit bislang unerreichter Qualität und Auflösung. Atmosphäri-sche Störungen, die die beobachtungen beein-

trächtigen können, werdenn durch

ein neues System adaptiver Optik kompensiert.

GrEGOr nimmt die Sonne ins visierLeibniz AUF TeneRiFFA

Schlauer als gedacht

Die Unterschiede zwi-schen der Intelligenz von Menschenaffen und „normalen“ Affen sind weniger deutlich als gedacht. Dass weniger menschen-ähnlichen Affen wie Paviane und Javaneraffen ähnlich gut denken können wie Menschenaffen, haben drei Wissen-schaftlerinnen vom Deutschen Primaten-zentrum – Leibniz-Institut für Primaten-forschung (DPZ) in Göttingen belegt. Ihre Ergebnisse zeigen, dass die Größe des Hirns für die Ent-wicklung der Denkfä-higkeit offenbar nicht so bedeutend ist wie bisher angenommen. Stattdessen spielt die soziale und ökolo-gische Umwelt eine wichtige Rolle.PLoS ONE online, 26.03.2012,DOI:10.1371/journal.pone.0032024.

Nationales Biodiversitäts zentrum in Ostdeutschland

Der Universitätsverbund Halle-Je-na-Leipzig hat von der Deutschen Forschungsgemeinschaft den Zu-schlag für das Deutsche Zentrum für Integrative Biodiversitätsfor-schung (iDiv) erhalten. Mit dabei sind vier Leibnz-Institute: das Leibniz-Institut für Pflanzenbio-chemie (IPB) in Halle, das Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben, das Senckenberg Museum für Naturkunde in Gör-litz sowie das Leibniz-Institut DSMZ - Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkultu-ren in Braunschweig. Das neue Forschungszentrum soll die For-schungsaktivitäten zur Biodiver-sität interdisziplinär und inter-national bündeln und erhält für zunächst vier Jahre rund 33 Mil-lionen Euro Förderung durch die DFG.

Physiker beobachten Elektronen­Spaltung

Einer internationalen Forschungs-gruppe unter der Führung von Ex-perimentalphysikern des schwei-zerischen Paul Scherrer Instituts und von theoretischen Physikern vom Leibniz-Institut für Fest-körper- und Werkstoffforschung Dresden ist es erstmals gelun-gen, die beiden fundamentalen Momente des Elektrons - Spinon und Orbiton - in voneinander ge-trenntem Zustand zu beobachten. Das sogenannte „Spinon“ trägt dann den Spin des Elektrons, also seine Eigenrotation, die die ma-gnetischen Eigenschaften eines Materials bestimmt. Das „Orbiton“ ist der Träger des orbitalen Mo-ments – der Be-wegung um den Atom-kern. Im Experiment bestrahlten die Wissen-schaftler ein spezielles Kupfer-oxid mit intensivem Rönt-genlicht und beobachteten, wie sich Energie und Impuls der Röntgenstrahlung bei der Kollision mit der Substanz veränderten. Aus den nun gefundenen Ergebnissen er-hoffen sich die Forscher wichti-ge Schlüsse zum Verständnis der Hochtemperatur-Supraleitung.Nature 485, 82-85 DOI:10.1038/nature10974

Das Astrophysikalische institut Potsdam geht auf

die berliner Sternwarte zurück – 1700 unter beteiligung des damaligen Akademie-Präsi-

denten Leibniz eingerichtet�

Das Museum für natur-kunde, berlin, wurde

1810 eröffnet�

Die Senckenberg-Gesell-schaft für naturkunde

in Frankfurt am Main be-steht seit 1817; die Dependance

in Görlitz führt ihre existenz auf das Jahr 1811 zurück, die

heute ebenfalls zu Senckenberg gehörenden naturhistorischen

Sammlungen in Dresden nennen sogar das Jahr 1728.

Der älteste zweig der Deutschen zentralbibli-othek für Medizin, Köln,

geht auf die bibliothek der 1847 gegründeten „Königlich Höheren

Landwirtschaftlichen Lehran-stalt“ in bonn zurück�

Das römisch-Germanische zentralmuseum, Mainz,

1852.

Das Germanische natio-nalmuseum, nürnberg,

ebenfalls 1852.

Dem Leibniz-institut für Gewässerökologie und

binnenfischerei, berlin, geht u�a� das 1893 gegründe-te institut für binnenfischerei

voraus�

Das (Leibniz-) institut für Länderkunde, Leipzig, 1896.

Das Deutsche Schifffahrts-museum, bremerhaven,

1900�

Vorgänger des bernhard-nocht-instituts für Tro-

penmedizin, Hamburg, ist das 1900 gegründete institut für Schiff- und Tropen krankheiten�

Die Leibniz-Gemeinschaft ist noch keine

20 Jahre alt, die Wurzeln

ihrer Mit-gliedsinsti-

tute reichen tiefer. Hier

die Liste der ältesten Ein-richtungen:

Liste

Page 6: Leibniz-Journal 1/2012

Stefan Treue ist seit 2001 Direktor des

Deutschen Primaten-zentrums – Leibniz-

Institut für Primatenfor-schung in Göttingen und

Professor für Kognitive Neurowissenschaften

und Biopsychologie an der Universität

Göttingen. Im Jahr 2010 erhielt er den Leibniz-

Preis der Deutschen For-schungsgemeinschaft.

6 1/2012

L e i b n i z | P e R S P e K T i V e n

Für die biomedizinische Forschung spielen Tierversuche eine kleine, aber oft entschei-dende Rolle. Angesichts der ethischen Heraus-forderung dieser Forschungsmethode ist ihre gesellschaftliche Akzeptanz von großer Wich-tigkeit. Der aktuelle Konsens spiegelt sich im Tierschutzgesetz wider, das die Rahmenbedin-gungen für die wissenschaftliche Verwendung von Tieren festlegt. Jetzt aber steht eine No-vellierung dieses Gesetzes auf Grundlage der neuen EU-Tierschutzrichtlinie an. Eine kurze Bestandsaufnahme der Rolle von Tierversu-chen in der Wissenschaft und im Bild der Öf-fentlichkeit ist also angebracht.

Betrachtet man die Nutzung von Tieren für menschliche Zwecke insgesamt, so spielen Tierversuche nur eine kleine Rolle. von 1.000 Wirbeltieren, die in Deutschland legal ge­tötet werden, sind weniger als zwei ver­suchstiere. Alleine bei der Jagd werden mehr Tiere erlegt, als für wissenschaftliche Zwecke genutzt werden. Die Tötung von Tieren als Nahrungsmittel und von Ratten und Mäusen als Schädlinge ist gesellschaftlich breit akzep-tiert. Bei Tierversuchen hingegen sieht die öffent-liche Wahrnehmung anders aus. Auch wenn viele Untersuchungen und Gremien (auch unter Beteiligung von Tierschutzverbänden) immer wieder bestätigen, dass für bestimmte wissenschaftliche Fragen Tierversuche uner-setzbar sind, gelingt es Tierversuchsgegnern,

in Teilen der Öffentlichkeit Zweifel an der Not-wendigkeit und Bedeutung von Tierversuchen zu wecken.Was ist die Ursache dieser Diskrepanz zwischen der wissenschaftlichen Bedeutung von Tierversuchen und ihrer Wahrnehmung in Politik und Öffentlichkeit?Auch wenn sicherlich Kampagnen von Tierver-suchsgegnern eine Rolle spielen, muss man an-erkennen, dass es ein wesentliches Versäumnis der Wissenschaftler und ihrer Fachverbände ist, die Öffentlichkeit zu wenig über die Not-wendigkeit, Bedeutung und Unerlässlichkeit von Tierversuchen informiert zu haben. Auch wenn Wissenschaftler ihre Aufgabe übli­cherweise nicht darin sehen, Öffentlich­keitsarbeit zu betreiben, ist transparenz politisch und ethisch unerlässlich. Nur wenn wir verständlich vermitteln, wie streng Tierversuche in Deutschland geregelt sind und dass unser Wissen um die Physiologie und Me-dizin von Tieren und Menschen – und damit der biomedizinische Fortschritt – wesentlich von Tierversuchen abhängt, ist deren gesell-schaftliche Akzeptanz zu erhalten.Zu dieser Transparenz haben sich Wissen-schaftler vor zwei Jahren in der Basler Deklara-tion (www.basel-declaration.org) verpflichtet, der sich seitdem mehr als 1.000 Forscher ange-schlossen haben. Zu dieser Selbstverpflichtung gehört auch, dass Wissenschaftler als diejeni-gen, deren verantwortliches und kompetentes Handeln am meisten zum Tierschutz beiträgt, ihre Kenntnisse und Tätigkeiten an den höchs-ten wissenschaftlich-technischen Standards ausrichten.

Ich bin überzeugt davon, dass eine solche Kom-bination von Kompetenz und Transparenz, zusammen mit der Etablierung einer wissen-schaftlich fundierten Informationsplattform über Tierversuche, dazu führen wird, dass in absehbarer Zeit die öffentliche Debatte über und die Wahrnehmung von Tierversuchen ihre wissenschaftliche und ethische Bedeutung an-gemessen widerspiegeln wird.

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transparenzzu tierversuchen ist

unerlässlichpolitisch und ethisch

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Page 7: Leibniz-Journal 1/2012

Karl Ulrich Mayer ist seit 2010 Präsident der Leibniz-Gemein-schaft. Zuvor war der Soziologe Direktor am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin und Professor an der Yale-University in New Haven/USA.

1/2012 7

L e i b n i z | P e R S P e K T i V e n

Karl Ulrich Mayer zur geplanten Grundgesetzänderung

Bundes­Geld

unerlässlichpolitisch und ethisch

Die Bundesregierung will das Grundgesetz ändern – und kaum einer beschwert sich. Zu Recht: Die Absicht, durch eine kleine Ergän-zung des Artikels 91b dem Bund zu gestatten, an den Hochschulen nicht nur „Vorhaben“, son-dern auch „Einrichtungen“ zu finanzieren, stößt auf Zustimmung, auch bei der Leibniz-Gemein-schaft, selbst wenn ein Teil der Politik es lieber gesehen hätte, wenn nicht nur die Hochschulen, sondern auch die Schulen ins Zentrum des för-dernden Interesses des Bundes gerückt wären.

Der Entscheidungsdruck ist groß: Allen Betei­ligten ist klar, dass es nicht einfach eine weitere runde der zwischen Bund und Ländern verabredeten Exzellenzinitiative würde geben können, allen ist aber auch klar, dass die Länder die Exzellenzprojek­te aus schlichtem Geldmangel nicht ein­fach würden fortsetzen können. Finanznot fördert Einigungsbereitschaft. Dabei ist der Wunsch einiger Länder, einfach mehr Geld vom Bund überwiesen zu bekommen, ebenso nach-vollziehbar, wie der Wunsch des Bundes, nicht einfach mit der Gießkanne durch die Lande zu ziehen. Verfassungsrechtlich ist es ohnehin eine Gratwanderung, liegt doch die Kulturhoheit in Deutschland bei den Ländern. Die Leibniz-Ge-meinschaft als Zusammenschluss jener Einrich-tungen, auf deren gemeinsame Finanzierung sich Bund und Länder seit 1949 verständigt haben, zeigt, wie eine wissenschaftsgeleitete – nämlich vom Wissenschaftsrat im Falle jedes einzelnen Instituts für gut befundene – finan-

zielle Kooperation aussehen kann. Diese Form ließe sich selbst ohne Änderung des Artikels 91b ausbauen, um die Universitäten in ihren Stärken zu stärken: Schon heute kooperieren die Leibniz­Institute und die Universitäten eng. 296 Professuren in Deutschland sind von Leibniz-Instituten und Universitäten gemein-sam berufen. Mehr als 140 Labore werden ge-meinsam genutzt, mehr als 3500 Doktoranden an Leibniz-Instituten betreut. Diese Kooperati-onen würden durch eine Grundgesetzänderung erleichtert und vertieft. In ihrer organisatori-schen Vielfalt, Flexibilität und operativen Selb-ständigkeit könnten die Leibniz-Institute auch Vorbild für diejenigen Exzellenz-Cluster sein, die es jetzt über die Exzellenzinitiative hinaus zu verstetigen gilt. Auch in ihrer thematischen Vielfalt - von Astrophysik bis Zootierforschung, von Medizin bis Wirtschaftsforschung, von Kultur- bis Naturwissenschaften – kann die Leibniz-Gemeinschaft Referenzpunkt für die weitere Entwicklung sein. Eine akademische verengung auf wenige Forschungsfelder darf es nicht geben. Die Leibniz-Gemeinschaft versteht sich nicht als Gegensatz zu den Hochschulen, sondern als sehr enge, auf gleicher Augenhöhe vernetzte universitätsnahe und universitätskomplemen-täre Forschung. „Leibniz auf dem Campus“ ist bereits heute vielfältige Realität und könnte – gerade auch mithilfe eines veränderten Artikels 91 b GG noch weiter kreativ und innovativ ent-wickelt werden.

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Page 8: Leibniz-Journal 1/2012

8 1/2012

T i T e L

über die Schulter geguckt

Dürer

Von der Leibniz-Gemeinschaft mit 860.000 Euro gefördert:

Die Aus stellung „Der frühe Dürer“, zu der auch das Bildnis seiner Mutter

Barbara gehört, das der Maler um 1490 im Alter von etwa 19 Jahren

geschaffen hat. (Germanisches Nationalmuseum, Inv. Gm 1160)

Page 9: Leibniz-Journal 1/2012

In diesem Sommer zeigt das Germanische National-museum in Nürnberg − ein Forschungsmuseum der Leibniz-Gemeinschaft − die größte Dürer- Ausstellung in Deutschland seit 40 Jahren. „Der frühe Dürer“ ist das Ergebnis eines interdiszipli-nären und internationalen Forschungsprojektes, das ei-nen völlig neuen Blick auf den Altmeister wirft und seine Etablierungsphase unter die Lupe nimmt.

Sie sind zum ersten Mal seit 400 Jahren in Deutschland wieder vereint: die Eltern von Albrecht Dürer. Seit das Germanische Na-tionalmuseum die größte Dürer-Ausstellung Deutschlands seit 40 Jahren eröffnet hat, hängen Barbara Dürer und ihr Mann Al-brecht der Ältere Seite an Seite. Dass die beiden wieder zusam-mengefunden haben, ermöglichte ein Forschungsprojekt, für das das Museum als Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft Fördermittel des „Paktes für Forschung und Innova-tion“ im Leibniz-Wettbewerbsver-fahren eingeworben hatte.

Die Ergebnisse des interdiszi-plinären und internationalen Forschungsprojektes zeigt die Ausstellung „Der frühe Dürer“. Kunsthistoriker, Literaturwissen-schaftler und Naturwissenschaft-ler haben über viele Monate hin-weg Seite an Seite gearbeitet: Sie reisten in die bedeutendsten Museen, nach Washington, Paris, London, Florenz und Dresden, sie haben das Leben und Werk des berühmtesten deutschen Künst-lers der Renaissance systema-tisch erforscht und sein Frühwerk bis 1505 aus Perspektiven der Medientheorie, der Italien-For-schung, der Lokalgeschichte bis hin zur Kunsttechnologie beleuch-tet.

Neu ist auch, dass sich eine Aus-stellung erstmals mit dem frühen Dürer beschäftigt. „Wir haben Dü-rers künstlerische Entwicklung in den Kontext der Zeit gestellt, um ihn aus der Isolation der Ge-nie-Ästhetik zu befreien“, erklärt Projektleiter Dr. Daniel Hess vom Germanischen Nationalmuseum, „wir wollten die Etablierungspha-se, in der Dürer zu Dürer wurde, nachvollziehen.“ Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen deshalb nicht allein die 120 Meisterwer-ke, sondern es geht auch um die Lebensumstände des jungen Ma-lers, die sein einzigartiges Werk erst möglich gemacht haben: Wie ist er aufgewachsen, in wel-chem sozialen Netzwerk hat er sich bewegt? Und wie konnte der Sohn eines Goldschmiedes noch zu seinen Lebzeiten zu interna-tionalem Ruhm gelangen? Vier Sektionen schlagen in der Aus-

Der Gemälde-restaurator Oliver Mack (Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg) analysiert die Maltechnik von Dürers „Haller Madonna“ mittels Mikroskop in den Restaurierungswerkstät-ten der National Gallery in Washington.

stellung den Bogen von Biografie und Umfeld über die Kernphäno-mene des Frühwerks bis zur Frage nach Dürers Rolle als Archetyp des

1/2012 9

L E i b n i z | K U n S t, K U Lt U r & W i S S E n S c H A F t

bis zum 2. September 2012

Öffnungszeiten:täglich 10 – 18 Uhr,Mi und Do 10 – 21 UhrEintrittspreise:€ 8,– regulär, € 5,– ermäßigt

Germanisches NationalmuseumKartäusergasse 1 90402 nürnberg

http://der-fruehe-duerer.gnm.de

Der frühe Dürer

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In den Uffizien zu Florenz wird Albrecht Dürers Bildnis seines Vaters (das Pendant zum Bildnis der Mutter im Germanischen Nationalmuseum) verwahrt. Im Rahmen des Forschungs-projektes zum frühen Dürer reiste im März 2011 ein Forscherteam aus Nürnberg zur Untersuchung des Gemäldes nach Florenz. Die dabei erstellte Infrarotreflektografie enthüllt bislang nicht bekannte Konzeptände-rungen während des Malprozesses, die zu spektakulären Neubewertungen führten.Dr. Daniel Hess, Leiter des Forschungs-projekts zum frühen Dürer, präsentiert den Direktoren der Uffizien, Dr. Anto-nio Natali und Dr. Angelo Tartuferi, die neuen Entdeckungen

modernen Künstlers. Während sich die jüngere Forschungsszene in den vergangenen Jahren vor allem auf einzelne Gattungen wie Malerei oder Grafik des Künstlers konzentriert hat, gelingt es den Beteiligten des Forschungspro-jektes gattungsübergreifende Zu-sammenhänge zwischen Malerei, Zeichnung, Grafik und Glasmalerei herzustellen. Basis ist dabei im-mer der zeitgeschichtliche Hin-tergrund des spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Nürnbergs. „Auf diese Weise ist uns ein neuer Blick auf den Altmeister gelun-gen“, resümiert Hess. Da sind beispielsweise die vie-len bildlichen und schriftlichen Selbstzeugnisse Dürers, die auf einen ich-bezogenen Künstler schließen lassen könnten. Dies ist jedoch keine spezifische Charak-tereigenschaft des Meisters, son-

dern ein allgemeines gesellschaft-liches Merkmal seiner Umgebung: die Selbstentdeckung und Selbst-darstellung einer dynamischen Nürn berger Mittelschicht. „Wir haben das Phänomen des Selbst-bildnisses also nicht völlig isoliert als kunsthistorisches Phänomen betrachtet, sondern im kulturge-schichtlichen Kontext der Stadt Nürnberg in der Burgstraße, wo Dürer aufgewachsen ist“, erklärt Hess. Die Gattung der sogenann-ten Ego-Dokumente schwappte damals auf den bürgerlichen Be-reich über und Dürer tat das, was er am besten konnte: Er malte seine Selbstbildnisse. „So konn-ten wir aus dem Kontext, der weit über die Kunstgeschichte hinaus-geht, Phänomene, die bei Dürer in der Kunst erstmals aufgetreten sind, neu erklären und neu deu-ten“, erklärt Hess.

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L E i b n i z | K U n S t, K U Lt U r & W i S S E n S c H A F t

Das Bildnis von Dürers Vater wird mit einer Infrarot-kamera in der Restaurie-rungswerkstatt der Uffizien in Florenz untersucht. Im Vordergrund die hochauflö-sende digitale Infrarotanlage des Germanischen National-museums

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Page 11: Leibniz-Journal 1/2012

Die Wissenschaftler haben Dürers Frühwerk nicht nur chronolo-gisch unter die Lupe genommen, sondern sie haben es vor allem phänomenologisch begutachtet: Was ist die Funktion einer be-stimmten Zeichnung? Geholfen hat den Wissenschaftlern dabei die Röntgenfluoreszenzanalyse: Mit diesem zerstörungsfreien Untersuchungsverfahren können Wissenschaftler die chemische Zusammensetzung historischer Tinten in Zeichnungen präzise bestimmen. Damit lassen sich die Dürer-Zeichnungen mit ihren vie-len Beschriftungen, Datierungen und Signaturen sehr viel besser und präziser einordnen. Aber auch der unbefangene, genaue Blick öffnet neue Einsichten: So inter-essierte die Kunsthistoriker am umstrittenen Innsbruck-Aquarell, das Dürer in den 1490er Jahren malte, bislang vor allem immer eines: Wann ist das Bild entstan-den: Auf Dürers Hinreise nach Ve-nedig? Auf der Rückreise? „Dabei

ist übersehen worden, dass das Aquarell in drei Schritten entstan-den ist“, erklärt Hess. Die Forscher im Germanischen Nationalmu-seum konnten den Werkprozess nachvollziehen: Dürer zeichnete zunächst die linke Hälfte, erst spä-ter vollendete er das Werk – und zwar nicht vor Ort, sondern im Atelier! „Und das, was vor Ort ent-standen ist, existiert in der Regel nicht mehr. Denn Dürer hat seine Werke ausgesiebt, gezielt aufge-hoben, beschriftet und datiert. Er hat damit seine Überlieferung und seine Wertschätzung nachhaltig beeinflusst. Wir sind Dürer also immer ein bisschen auf den Leim gegangen: Denn das, was erhal-ten ist, ist eben nicht alles, was es gegeben hat“, erklärt Hess. Die Vorstellung vom jungen Dürer, der als erster Künstler in der Natur ar-beitet und mit dem Aquarellkasten seine Italienreise mit möglichst wirklichkeitsgetreuen Städte- und Landschaftsbildern dokumentiert, bedarf also einer deutlichen Kor-

„Denn das, was erhalten ist,

ist eben nicht alles, was es

gegeben hat.“

Projektleiter Dr. Daniel Hess

vom Germanischen

Nationalmuseum

rektur. „Zu sehr hat die Verqui-ckung von Biographie und Werk den Blick auf das einzelne Werk verstellt, und zu sehr basieren die etablierten Erklärungsmodelle auf späteren Vorstellungen wie etwa der Italiensehnsucht und dem Künstlerkult des 18. und 19. Jahr-hunderts“, sagt Hess.

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Grüne Welle: Gelb fährt vor …

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Um die Entstehungsprozesse ver-schiedener Gemälde zu rekon-struieren, durchleuchteten die Forscher Dürers Kunstwerke mit einer hochempfindlichen Infra-rot-Kamera und entdeckten nicht sichtbare Strukturen wie etwa Kohle-Unterzeichnungen. „So ha-ben wir ein differenziertes Bild von Dürers Werkprozess und vom Aufbau seiner Gemälde bekom-men“, erklärt Hess. „Wir haben dem jungen Dürer beim Arbeiten

sozusagen über die Schulter ge-guckt und sind ihm als Künstler nähergekommen“.

Sensationelle Ergebnisse liefer-te die Infrarot-Kamera bei der Untersuchung des elterlichen Doppelportraits: Bislang ging die Wissenschaft davon aus, dass Dürer zunächst seine Mutter por-traitiert hat. Doch die Infrarotka-mera machte Unterzeichnungen auf dem Vater-Bildnis sichtbar, die

belegen, dass das Vater-Bildnis zu-erst entstanden ist. Ursprünglich hatte Dürer geplant, seinen Vater in einem Raum mit einem Fenster mit Landschaftsausblick zu malen. „Ein völlig anderer Portraittypus, den Dürer dann verwarf“, erklärt Hess. Das Bildnis der Mutter re-agiert bereits auf diese grundle-gende Änderung und muss daher nach dem Vaterbildnis entstan-den sein. Alles, was bisher zu den beiden Bildnissen gesagt wurde,

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FOrSchUNGSALLIANZ kULtUrErBE

Kunstausstellungen waren vor wenigen Jahrzehnten noch bestenfalls nationale Ereignisse. Heute sind sie „Events“ und ziehen Abertausende Besucher aus aller Welt an. Allein Deutschlands Museen zählten 2009 mehr als 100 Millionen Besucher. Tendenz steigend.

Doch nicht nur die Kosten für die Inszenierung von Kunster-eignissen wachsen dabei steil an. Auch der Erhalt des Kul-turerbes selbst wird immer aufwändiger und kosteninten-siver, denn Kulturgut ist keine erneuerbare Ressource. Die Zeugnisse der Vergangenheit, ob Schriftstücke, Gemälde, Skulpturen oder historische Gebäude müssen vor Zerstö-rung geschützt und ihre Erhaltung als eine gesamtgesell-schaftliche Aufgabe betrachtet werden.

Die Forschungsallianz Kulturerbe – ein Verbund von Wis-senschaftlern der Leibniz-Gemeinschaft, der Fraunhofer-Gesellschaft und der Stiftung Preußischer Kulturbesitz – nimmt sich seit 2008 dieser Aufgabe an. Ziel ist es, ge-meinsam neue Verfahren, Materialien und Technologien für die Restaurierung und Konservierung von Kulturgütern zu entwickeln und zu erproben. Die Forschungsallianz ko-ordiniert diesen Prozess und fördert den Austausch zwi-schen Forschung und Restaurierungspraxis. Dabei haben die Forscher nicht nur die nationalen Interessen im Blick, sondern stehen mit ihren Forschungen im internationalen Austausch.

Die beteiligten Forschungsmuseen der Leibniz-Gemein-schaft – alle mit eigenen Forschungs- sowie Restaurie-rungsabteilungen ausgestattet – verfügen über einen großen Erfahrungsschatz, von dem auch andere Museen profitieren können.

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retten…Das Erbe

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Auch das ist Kulturerbe: Strahlreinigung eines stillgelegten Hochofens.

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bedarf daher einer Revision. Die Ausstellung will nicht nur großar-tige Werke zeigen, sondern Einbli-cke in die Forschung geben: „Das ist eine der Kernaufgaben unseres Forschungsmuseums“, sagt Hess. Deshalb wurde eine besondere Ausstellungseinheit eingerichtet: das Dürer-Labor. Der Besucher erfährt etwas über den aktuellen Umgang der Kunstgeschichte mit dem Forschungsfeld Dürer: Dort werden provozierende Fragen ge-

stellt: War Dürer ein Wunderkind, Maler oder mehr Medienunter-nehmer? War Dürer überhaupt ein guter Maler? Unterschiedliche Forschungspositionen und wider-sprüchlich diskutierte Lebens-stationen werden anschaulich dargestellt. Dem Maler, Grafiker, Mathematiker und Kunsttheore-tiker Albrecht Dürer hätte dieser neue, interdisziplinäre Blick auf sein Schaffen sicherlich gefallen.

katja lüers

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Ein drängendes Problem ist zum Beispiel der hohe Ener-gieverbrauch in vielen Museen. Bilder, Skulpturen, Dermo-plastiken sowie andere Tier- und Pflanzenpräparate oder Mineralien und Fossilien – jedes Exponat benötigt ein an-deres Raum klima. Austrocknung oder Schimmel drohen, da Holz, Papier, Textilien oder Metalle unterschiedliche wasseranziehende Eigenschaften besitzen. Für die optima-le Raumluft und dauerhaften Schutz der Exponate müssen Ausstellungsräume gekühlt oder beheizt werden - je nach Material, Jahreszeit und Baustruktur der Gebäude. Das ver-braucht viel Energie. Das Deutsche Schifffahrtsmuseum in Bremerhaven sucht jetzt nach der perfekten Lösung. Der von Hans Scharoun 1975 entworfene Bau ist nach wie vor ein architektoni-sches Meisterwerk, aber baulich inzwischen in einem deso-laten Zustand: von Feuchtigkeit durchdrungen, mit hohem Instandhaltungsaufwand verbunden und enorme Energie-kosten verursachend. Zusammen mit den Wissenschaftlern des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik, der Universitäten Stuttgart, München, Dresden und Weimar sowie des Insti-tuts für Technische Gebäudeausrüstung Dresden werden neue Bautechniken und Baustoffe – abgestimmt auf die be-sonderen konservatorischen Ansprüche eines Museums – erprobt. Das eröffnet den Wissenschaftlern eine geeignete Versuchslandschaft, kostet das Schifffahrtsmuseum kein zusätzliches Geld. Ziel ist ein innovatives Sanierungs-und Energiekonzept, das dann auch auf den geplanten Erwei-terungsbau angewandt werden kann. Die unter Denkmal-schutz stehende Klinkerfassade des Scharoun-Baus wird mit Vakuumisolierpaneelen gedämmt, Dehnfugen ausge-bessert, um Spannungsrisse zu vermeiden, und auch Dach und Fenster werden neu isoliert.

Das Museum für Naturkunde in Berlin hat ein anderes Problem: Es verfügt über eine Vielzahl von Tierpräpara-ten, die in rund 233.000 Gläsern und 80 Tonnen Alkohol konserviert sind. Diese „Nasssammlungen“ sind akut ge-fährdet: Undichte Verschlüsse und starke Temperatur-schwankungen lassen den Alkohol verdunsten. Historische Originaletiketten der über Jahrhunderte zusammengetra-genen Sammlung drohen zu zerfallen. Ein konservatori-sches Sofortprogramm startete 2008 und entwickelte ers-

retten…te Methoden zur Rettung: Die Präparate kamen in neue langzeitstabile Borosilikatgläser mit Schliffstopfen oder in „Twist-Off-Gläser“ mit Schraubverschluss, die eine niedri-gere Verdunstungsrate aufweisen. Zusätzlich zog ein Teil der Sammlung unter sorten- und klimareiner Lagerung in den speziell für die Nasssammlungen wiederaufgebauten Ostflügel des Museums um, wo sie zum Teil auch für die Öf-fentlichkeit zu besichtigen ist.

Wissenschaftler, Denkmalschützer und Restauratoren ha-ben aber nicht nur kleinteiliges Kunstgut im Blick, sondern suchen auch Lösungen für riesige Industriedenkmäler: Die Zeche Zollverein in Essen ist heute Denkmal und Kulturs-tandort und gehört zum Weltkulturerbe der Unesco - 1986 fuhr die letzte Schicht nach 135 Jahren Bergbaubetrieb ein.Aufgrund der enormen räumlichen Dimension und der komplexen Material- und Strukturvielfalt der ehemaligen Industrieanlage kommt die „klassische“ Denkmalpflege hier schnell an ihre Grenzen.Schon allein der Rostschutz dieser gigantischen Anlage, deren historisches Gesicht erhalten bleiben soll, deren Unterhalt aber auch bezahlbar bleiben muss, verlangt von den Restauratoren neue Lösungen. Dieser Aufgabe widmet sich das Deutsche Bergbau-Museum in Bochum in enger Kooperation mit dem Fraunhofer-Institut für Silicatfor-schung: Ziel ist es, dauerhafte Schutzsysteme ohne schäd-liche Lösungsmittel zu finden. Der Korrosionsschutz muss außerdem transparent und zugleich irreversibel sein. Da-für entwickelten die Forscher neue wasserbasierte Ormo-cer® -Lacke. In ersten Versuchen erreichten sie zwar noch nicht die Qualität der klassischen lösungsbasierten Lacke, aber es ist ein erster Ansatz, Rostschutzmittel mit besseren Schutz-und Umwelteigenschaften herzustellen.

Forschung zum Nutzen von Kunst und Kultur – wider den Verfall. Das hat sich die Forschungsallianz Kulturerbe zur Aufgabe gemacht – ganz im Sinne Leonardo da Vincis, den schon vor langer Zeit die Vergänglichkeit betrübte: „Das Schöne, das sterblich ist, vergeht, aber nicht das Kunst-werk“. So es denn bewahrt wird. karen könig

www.forschungsallianz-kulturerbe.deFoto

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VeRLOSUnG

Wir verlosen ein Exemplar des begleit-bands zur Ausstellung „Der frühe Dürer“, herausgegeben von Daniel Hess und thomas Esser (iSbn 978-3-936688-59-7) sowie fünf mal zwei Eintrittskarten. bitte senden Sie bis zum 30. Juni 2012

eine E-Mail mit namen und Adresse an [email protected] — Stichwort „Dürer“�

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Alex von Bohlen sitzt in einem Labor des Leibniz-Instituts für Analytische Wissenschaften und starrt eine bizarre Land-schaft auf seinem Bildschirm an. Es könnte eine Aufnahme von einem der rätselhaften Monde sein, die den Planeten Saturn umkreisen. Man sieht Hügel, Täler, Krater und eine Art Gebirgskette. Es könnte auch eine Unterwasserland-schaft mit Algen und exoti-schen Tieren sein.

Tatsächlich handelt es sich aller-dings schlichtweg um die Vergrö-ßerung einer kaputten Lampe, die von Bohlen von zuhause mitge-bracht hat. Er hat einen kleinen Teil von ihr in das Elektronenras-

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termikroskop gesteckt und auf sei-nem Bildschirm heran gezoomt. Er wollte wissen, was in einer konventionellen Lampe alles drin steckt. Bei solchen Aktivitäten schaut stets von Bohlens künstlerisches Auge mit. Nach ein wenig hin und her hat er schon zwei Motive ausfindig gemacht – eines sieht aus wie ein Spiegelei, das andere wie der Zweig eines Nadelbaums. „Das wird ein prima Kartenmo-tiv für Weihnachten“, scherzt der Forscher. Alex von Bohlen sucht bewusst nach ungewöhnlichen Formen, die er später am Rechner zu kleinen Kunstwerken umge-stalten kann. Die Formen behält er bei, verleiht ihnen aber durch Farbgebung und Schattierungen eine neue Intensität. Das Ergebnis erinnert an faszinierende Fantasy- oder Science-Fiction-Welten.

Man muss erst einmal auf die Idee kommen, solche Kunstwerke zu schaffen. Alex von Bohlen hatte sie vor einigen Jahren, als er ei-nen Praktikanten nach dem Un-terschied zwischen der Aufnahme eines Lichtmikroskops und der ei-nes Elektronenrastermikroskops fragte. Das letztere zeigt nämlich keine Farben. Elektronen sind schließlich nicht bunt. Was aber wäre, wenn man Sie bunt färbt? Diese Idee ließ ihn nicht mehr los. Von Bohlen färbte einige Aufnah-men nachträglich ein. „Die ersten Versuche waren eine Katastro-phe“, sagt er. „Die Dreidimensio-nalität war weg, die Bilder waren langweilig.“ Erst viele Experimen-te später fand er den richtigen Weg – und damit zu seiner eigenen Bildsprache.Die Methode klingt einfach: von Bohlen spielt mit einem Bildbe-

Kreativität und Kriminalität unter dem Mikroskop

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als Atelier

arbeitungsprogramm geduldig verschiedene Verfahren durch. Er erstellt Masken und Ebenen, färbt sie unterschiedlich ein, lässt auto-matische Effekte darüber laufen. Er legt die Bilder nebeneinander, vergleicht, kombiniert neu. „Es hängt von meiner Tagesform ab – manchmal produziere ich für den Müll, manchmal schaffe ich gleich mehrere Arbeiten, mit denen ich zufrieden bin.“ Das wichtigste sei bereits die Auswahl des Motivs. „Ich hatte einen guten Kunstleh-rer,“ sagt von Bohlen. „Er brachte uns bei, was künstlerisches Sehen eigentlich bedeutet“.

Wissenschaft und Kunst haben durchaus Gemeinsamkeiten – sie leben beide von der Kreativität des Menschen, sagt von Bohlen. Er schafft aber nicht nur selbst Kunstwerke, hauptsächlich unter-sucht er welche: Buchmalerei, Ge-mälde, antikes Mobiliar, Fresken, Münzen – Objekte, die sehr kost-bar sind und bei der Analyse nicht beschädigt werden dürfen. Einige Stücke, etwa eine Goldkrone aus dem Iran, kann von Bohlen kom-plett unter das Mikroskop legen, von anderen muss er behutsam Proben entnehmen. „Meist reichen dafür zwei fast unsichtbare Körn-chen; eins für die Analyse, eins als Ersatz“, sagt er. Mit diesen zwei Körnchen kann er Kunstfälschern das Handwerk legen.

Ein Kurator etwa plante kürzlich eine Ausstellung mit Werken des italienischen Malers Amadeo Mo-digliani. Eine Leihgabe von einem privaten Sammler war ohne Signa-tur. Der Kurator bat die ISAS-Ex-perten, die Echtheit des Werks zu prüfen. Dabei hatten die Forscher Glück: Modigliani hat dem Louv-re in Paris seine gesamte Ausrüs-tung vermacht. Sie wussten, dass der Künstler nur eine begrenzte Auswahl an Farben verwendete. Alex von Bohlen und seine Kolle-gen machten eine Röntgenfluores-zenzanalyse der Farbpigmente des Gemäldes. Sie fanden darunter das sogenannte Schweinfurter Grün – ein Doppelsalz namens Kupfer(II)-arsenitacetat – sowie das kobalt-haltige Coelinblau. Beide Farben gehörten nicht zu Modiglianis Ausstattung. Röntgenaufnahmen

zeigten schließlich, dass auch die Technik, mit der der Künstler die Farben aufgetragen hatte, nicht der von Modigliani entsprach. Das Bild wurde in der Ausstellung nicht gezeigt.

Ähnlich erging es einem Museums-direktor aus Dortmund. Er plante eine Ausstellung über Tische aus dem frühen Mittelalter. Einer der Tische war mit Bildern bemalt, die kreisförmig den liturgischen Ka-lender darstellten. In der Ausstel-lung sollte der Tisch zentral aufge-stellt werden, davon kreisförmig ausgehend die anderen Objekte. Die beauftragte Kuratorin hatte jedoch Zweifel bezüglich des Alter des Tisches. Tatsächlich konnten die ISAS-Forscher nachweisen, dass er unter anderem mit dem so genannten Preußisch-Blau bemalt war – einer Lösung aus Eisen(III)-Salz und gelbem Blutlaugensalz, die man im Mittelalter nicht kann-te. Vermutlich wurde der Tisch im 18. Jahrhundert nachträglich bemalt.

Von Bohlens Team nahm sich kürzlich sogar einige Geigen von Antonio Stradivari vor. Schon seit über 100 Jahren hielt sich das Ge-rücht, der italienische Instrumen-tenbauer hätte für seine berühmte Geigen geheimnisvolle Zutaten verwendet. Von Bohlen und seine Kollegen analysierten die Lack-schichten auf fünf verschiedenen Stradivari-Geigen aus den Jahren 1692 bis 1724 - unter anderem mit einem Lichtmikroskop, ei-nem Rasterelektronenmikroskop (REM) und einer energiedisper-siven Röntgen-Analyse (EDX). Die Forscher fanden heraus, dass die Lackschicht jeweils aus einer un-teren Schicht aus trocknendem Öl, die das Holz versiegelt, und einer Deckschicht aus Öl, Harz und- bei vier der fünf Geigen - roten Pig-menten bestanden. Eine gängige Kombination für die damalige Zeit: „Stradivari hat keine geheim-

nisvollen Zutaten verwendet, son-dern war ein Meister seines Hand-werks“, so von Bohlens Fazit.

Von Bohlen neueste Leidenschaft sind Graffiti. In einem seiner jüngsten Forschungsprojekte un-tersucht er Spraygemälde sowohl im Ruhrgebiet als auch in Berlin. Er stellte dabei erstaunliches fest: Die untersuchten Wände haben mitunter bis zu zwei Zentimeter dicke Farbschichten – oft unter-teilt in über 100 Einzelschichten aus Farben und Grundierungen. Die Straßenkünstler malen dem-nach an ein und derselben Stelle bis zu 100 Bilder übereinander, ehe der Untergrund irgendwann abbröckelt oder von den Künst-lern entfernt wird. Dabei werden oft die billigsten Farben einge-setzt. „Farben sind meist eine Fra-ge des Geldbeutels“, sagt Bohlen. Einer der Künstler erklärte ihm, er habe in den letzten zehn Jahren den Wert eines Mercedes 500 an die Wände gesprüht.

Der ISAS-Forscher ist von der Lei-denschaft dieser Künstler beein-druckt. Dabei fehlt es ihm selbst nicht an einer solchen: Für seine eigenen Kunstwerke hat er schon unzählige Feierabende geopfert. Für seine Graffiti-Analysen nahm er sogar diverse Blessuren in Kauf: „Ich habe mehrere Zeckenbisse und zerrissene Hosen von meinen Ausflügen mitgebracht“, sagt er. „Ich musste einmal sogar einer Ju-gendbande gut zureden, damit sie mir nichts antun“. Wer Kunst und Wissenschaft so gewissenhaft zu-sammenführt, muss wohl auch ein wenig leiden.

boris hänssler

Alex von Bohlen betrachtet am Leibniz-Institut für Analytische Wissen-schaften Kunst unter dem Mikroskop – und schafft Mikroskopkunst.

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FOrSchUNGSSie agieren weltweit, ihre Sammlungen bieten einen unverzichtbaren wissenschaftlichen Service für Forschung weltweit. Die Forschungs-museen in der Leibniz-Gemeinschaft verbinden Forschung und Bildungsauftrag in besonderer Weise. Hier findet der Dialog zwischen Wissen-schaft und Öffentlichkeit zu neuen Qualitäten. Einzigartige Sammlungen bilden das Fundament für die Wissenschaft. Die Museumsaufgabe des Sammelns, Bewahrens und Ausstellens geht mit der Forschungsaufgabe des Entdeckens und Erklärens eine untrennbare Verbindung ein.

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FOrSchUNGSmUSEEN

in der Leibniz-Gemeinschaft

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5 Zoologisches Forschungsmuseum Alexander koenig – Leibniz­Institut für Biodiversität der tiereAdenauerallee 160 · 53113 bonn

ÖffnungszeitenDi-So: 10.00 bis 18.00 h, Mi: 10.00 bis 21.00 h

www.zfmk.de

10 römisch­Germanisches ZentralmuseumErnst-Ludwig-Platz 2 · 55116 Mainz

ÖffnungszeitenDi-So: 10�00 bis 18�00 h

www.rgzm.de

9 römerbergwerk meurinAn der b256 · 56630 Kretz

ÖffnungszeitenDi-So und an Feiertagen: 9�00 bis 17�00 h

www.vulkanpark.com

8 Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung · Naturmuseum FrankfurtSenckenberganlage 25 · 60325 Frankfurt

ÖffnungszeitenMo-Di, Do-Fr: 9.00-17.00 h, Mi: 9.00-20.00 hSa-So und an Feiertagen: 9�00-18�00 h

www.senckenberg.de

1 Deutsches SchiffahrtsmuseumHans-Scharoun-Platz 1 · 27568 bremerhaven

ÖffnungszeitenMärz-Oktober, täglich: 10.00 bis 18.00 hnovember-Februar, Di-So: 10.00 bis 18.00 h

www.dsm.museum

4 Deutsches museum Bonnim WissenschaftszentrumAhrstraße 45 · 53175 bonn

ÖffnungszeitenDi-So: 10�00 bis 18�00 h

www.deutsches-museum-bonn.de

3 Deutsches Bergbau­museum BochumAm bergbaumuseum 28 · 44791 bochum

ÖffnungszeitenDi-Fr: 8�30 bis 17�00 hSa, So und Feiertage: 10.00 bis 17.00 h

www.bergbaumuseum.de

Die Leibniz­Forschungsmuseen

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5 Zoologisches Forschungsmuseum Alexander koenig – Leibniz­Institut für Biodiversität der tiereAdenauerallee 160 · 53113 bonn

ÖffnungszeitenDi-So: 10.00 bis 18.00 h, Mi: 10.00 bis 21.00 h

www.zfmk.de

2 museum für Naturkundeinvalidenstraße 43 · 10115 berlin

ÖffnungszeitenDi-Fr: 9�30 bis 18�00 hSa, So und an Feiertagen: 10.00 bis 18.00 h

www.naturkundemuseum-berlin.de

11 Germanisches NationalmuseumKartäusergasse 1 · 90402 nürnberg

ÖffnungszeitenDi-So: 10�00 bis 18�00 hMi: 10�00 bis 21�00 h

www.gnm.de

6 Senckenberg Gesellschaft für Naturfor­schung, museum für Naturkunde GörlitzAm Museum 1 · 02826 Görlitz

ÖffnungszeitenDi-Fr: 10�00 bis 17�00 hSa-So: 10�00 bis 18�00 h

www.senckenberg.de/goerlitz

7 Senckenberg Gesellschaft für NaturforschungNaturhistorische Sammlungen DresdenPalaisplatz 11, 01097 Dresden

ÖffnungszeitenDi-So: 10�00 bis 18�00 h

www.snsd.de

13 Deutsches museum münchenMuseumsinsel 1 · 80538 München

ÖffnungszeitenTäglich: 9�00 bis 17�00 h

www.deutsches-museum.de

12 Deutsches museum Flugwerft SchleißheimEffnerstraße 18 · 85764 Oberschleißheim

ÖffnungszeitenTäglich: 9�00 bis 17�00 h

www.deutsches-museum.de/flugwerft

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Deutsches Bergbau­museum

museum für Naturkunde

Das Deutsche Bergbau-Museum Bochum ist das bedeutendste Bergbaumuseum der Welt und zugleich ein renommiertes Forschungsinstitut für Montangeschichte. Übertägige Ausstellungen und ein origi-nalgetreues Anschauungsbergwerk unter Tage eröffnen den Besuchern Einblicke in die Welt des Bergbaus. Das Fördergerüst bietet den Besuchern einen fantastischen Blick über Bochum und das Ruhrgebiet.

Das Anschauungsbergwerk des Museums wurde realitätstreu nachgebildet und ist bis zu 20 Meter tief.

Das Museum für Naturkunde – Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiver-sitätsforschung in Berlin gehört zu den weltweit bedeutendsten Forschungsein-richtungen auf dem Gebiet der Bio- und Geowissenschaften..Die Sammlungen des Museums sind mit seiner Forschung unmittelbar verbun-den. Sie umfassen mehr als 30 Millionen Objekte aus Zoologie, Paläontologie, Geologie und Mineralogie und sind von höchster wissenschaftlicher und wissen-schaftshistorischer Bedeutung.

Magnet des Museums für Naturkunde ist das 13,27 Meter hohe Skelett des Brachiosauriers.

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Deutsches Schiffahrts­museum

Zoologisches Forschungs­museum Alexander koenig

Das Deutsche Schiffahrtsmuseum ver-anschaulicht anhand von Jahrhunderte alten Schiffen, Navigationsinstrumenten, Waffen, Gemälden und Gerätschaften die abwechslungsreiche Geschichte deut-scher Schifffahrt. Das älteste noch erhal-tene Originalschiff ist eine Hanse-Kogge aus Holz, die 1380 in der Weser sank und nach ihrem Fund 1962 nur mit aufwen-digen Restaurierungsarbeiten erhalten wurde. Ein Teil des Museums befindet sich unter freien Himmel und schließt den Museumshafen ein, in dessen Becken Schiffe aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und des 20. Jahrhunderts liegen.

Die Hochseerennyacht DIVA gewann 1985 mit zwei anderen deutschen Yachten den Admiral’s Cup auf dem Ärmelkanal und der irischen See.

Das Zoologische Forschungsmuseum Ale-xander Koenig – Leibniz-Institut für Bio-diversität der Tiere ist eines der großen naturgeschichtlichen Forschungsmuse-en in Deutschland. Seinen Ruf hat sich das Museum durch die Dokumentation, Erforschung und Erklärung der biologi-schen Vielfalt erarbeitet. Das Herz des Museums bilden die wissenschaftlichen Sammlungen, die sich vor allem auf Wir-beltiere und Insekten in Landlebensräu-men konzentrieren. Das Zentrum für mo-lekulare Biodiversitätsforschung erfasst unter anderem durch moderne Methoden der Genomik und Biodiversitätinformatik die genetische Vielfalt der Arten.

Inszenierte Großlebensräume: Zebras in der afrikanischen Savanne.

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römisch­Germanisches Zentralmuseum

Senckenberg Naturmuseum

Das Römisch-Germanische Zentralmuse-um ist zugleich Forschungsinstitut und Museum für Archäologie. Seine Forschun-gen reichen von der Steinzeit vor 2,5 Mio. Jahren bis ins Mittelalter. Schausammlun-gen und Ausstellungen sind Fenster der archäologischen Forschung. Das Stamm-haus im Kurfürstlichen Schloss zu Mainz bietet momentan dem Besucher einen breiten Überblick über die Archäologie Europas von der Zeit Cäsars bis zu Karl dem Großen. Weitere Standorte sind das Museum für Antike Schiffahrt in Mainz, das Museum für die Archäologie des Eis-zeitalters im Schloss Monrepos in Neu-wied sowie der Vulkanpark Osteifel im Landkreis Mayen-Koblenz.

Rekonstruktion eines römischen Militärschiffs aus dem späten 3./4. Jahrhundert n. Chr.

Das Senckenberg Naturmuseum in Frank-furt am Main ist ist der Hauptstandort der Senckenberg Gesellschaft für Naturfor-schung und eines der größten seiner Art in Deutschland. Besucher erhalten einen Überblick über die heutige Vielfalt des Le-bens (Biodiversität) und die Entwicklung der Lebewesen (Evolution) sowie die Ver-wandlung unserer Erde über Jahrmillio-nen hinweg. Neue Forschungsergebnisse aus allen Bereichen der Biologie, Paläon-tologie und Geologie werden vorgestellt. Weitere Standorte sind das Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz und die Senckenberg Naturhistorischen Samm-lungen in Dresden.

Für Kinder immer wieder faszinierend: ein Blick in die Vergangenheit. Hier wird das Mammut genauestens inspiziert.

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Germanisches National­museum

Deutsches museum

Das Germanische Nationalmuseum ver-einigt Kunst, Kultur und Geschichte aus dem deutschsprachigen Raum von der Frühzeit bis zur Gegenwart unter sei-nem Dach. Die 26 Sammlungsbereiche umfassen unter anderen Goldschmiede-arbeiten aus dem Mittelalter, barockes Kunsthandwerk, historischem Spielzeug, Skulpturen und Musikinstrumente aus. Neben Gemälden von Albrecht Dürer fin-den sich Werke von expressionistischen Malern wie Ernst Ludwig Kirchner und Max Pechstein.In der wissenschaftlichen Spezialbiblio-thek stehen zudem über 650.000 Bände zur europäischen Kunst- und Kulturge-schichte der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung.

Blick in den Ausstellungssaal mit Skulpturen und Gemälden des Barock.

Das Deutsche Museum zählt zu den inter-national führenden Museen für Naturwis-senschaft und Technik. Die Leitidee Oskar von Millers, der das Deutsche Museum 1903 gründete, war die umfassende Dar-stellung der Entwicklung von Naturwissen-schaft und Technik von den Anfängen bis in die Gegenwart, populär und bildungsorien-tiert, aber dennoch wissenschaftlich fun-diert. Nur die wenigsten wissen, dass sich unter dem Dach des Deutschen Museums auch eine große Anzahl an eigenen Werk-stätten befindet, die für die Restaurierung der Objekte und die Instandhaltung und Neugestaltung der Ausstellungen sorgen. Neben dem Hauptsitz auf der Münchner Museumsinsel sowie einer dem Verkehr und der Mobilität gewidmeten Filiale in München Theresienhöhe gibt es weitere Standorte in Schleißheim und Bonn.

Die Sammlung Stadtverkehr im Verkehrs-zentrum zeigt eine Straßenszene mit

Fahrzeugen aus dem 20. Jahrhundert bis in die Gegenwart.

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Das Ferdinand-Braun-Institut, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik (FBH) in Berlin-Adlershof erhielt den Transferpreis 2012 der Technologiestiftung Berlin für die Ent-wicklung von sehr leistungsstarken Diodenlasern.

Wie aus Forschung High-tech wird

„An den Forschungsinstituten haben wir sehr interes-

sante Sachen gemacht – aber oft war mit

der Veröffentli-chung Schluss, es wurden keine Produkte dar-aus.“ So erinnert

sich Dr. Jürgen Se-bastian an seine fast

20-jährige Forschungs-tätigkeit am Ferdinand-

Braun-Institut und an dessen Vorgängerinstitut aus DDR-Zei-

ten. Weil er Ergebnisse mit großem Potenzial für High-Tech-Produkte nicht in der Schublade verstauben

bei der Entwicklung, Herstellung und Vertrieb von Halbleiterlasern gebracht.

Anerkennung fand diese erfolg-reiche Zusammenarbeit in diesem Jahr durch den mit 50.000 Euro dotierten Transferpreis „Wissens-Werte“ der Technologiestiftung Berlin. Das FBH-Team erhielt den Preis für die Entwicklung sehr leistungsstarker Diodenlaser. Zum Beispiel beim Schweißen oder Schneiden von Autoblechen, sind sehr hohe Leistungen im Fokus des Laserstrahls notwendig. Dazu werden derzeit in der Regel Fest-körperlaser eingesetzt, die von Diodenlasern angeregt werden. Könnte man Diodenlaser direkt einsetzen, um das Material zu be-arbeiten, würde das den Aufbau

machen

Aus

Forschungeine menge

lassen wollte, gründete er 2002 die Jenoptik DiodeLab als Spin-off aus dem FBH und Tochter der Jen-optik AG. „Jetzt entwickeln wir die Forschungsergebnisse weiter zu weltweit nachgefragten Diodenla-sern“, ergänzt Sebastian.

Von Beginn an arbeitete die Jen-optik DiodeLab sehr eng mit der FBH-Forschergruppe unter Lei-tung von Dr. Götz Erbert zusam-men. „Unser Standort in Berlin-Adlershof, nur ein paar Schritte vom FBH entfernt, ist kein Zufall“, betont Sebastian. Durch diese enge Kooperation habe es das Un-ternehmen zum Weltmarktführer Fo

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Forschung

der Systeme vereinfachen und die Energie würde effizienter genutzt. Bislang ist dafür jedoch die Strahl-qualität meist nicht ausreichend.

Arbeitsplätze in der Region schaffen durch Spitzentechnologie

Das Team um Dr. Götz Erbert entwickelt daher eine neue Ge-neration von Diodenlasern für leistungsstarke Lasersysteme in der Materialbearbeitung. Diese Systeme bestehen aus einzelnen Diodenlasern, die derzeit eine ty-pische Ausgangsleistung von je-weils etwa zehn Watt liefern. Um die Leistungsfähigkeit zu steigern reicht es jedoch nicht, einfach de-ren Ausgangsleistung zu erhöhen. Bei der bisherigen Technologie sinkt nämlich bei höherer Leis-tung die Effizienz – das heißt der Wirkungsgrad der Umwandlung von elektrischer in optische Leis-tung. Die wichtigsten Aufgaben sind daher, die Effizienz zu stei-gern sowie die Strahlqualität zu verbessern. Durch neue Designs konnten die Wissenschaftler be-

reits einen Wirkungsgrad von 63 Prozent bei einer Ausgangsleis-tung von 12 Watt erreichen. Zum Vergleich: Der Wirkungsgrad einer 60-Watt-Glühlampe liegt bei nur fünf Prozent – sie strahlt also nur mit drei Watt Lichtleistung. An-gestrebt sind künftig Diodenlaser mit 15 bis 20 Watt Ausgangsleis-tung bei gleichbleibender Effizi-enz und Strahlqualität.

Dr. Götz Erbert freut sich über die Anerkennung durch den Preis: „Mit den vielfältigen Forschungs-projekten und Industrieaufträ-gen sichern wir auch künftig die internationale Technologiefüh-rerschaft, vor allem bei hocheffi-zienten Diodenlasern für die Ma-terialbearbeitung. Durch die enge Zusammenarbeit mit Jenoptik betreiben wir nachhaltigen Tech-nologietransfer, der Innovationen und Arbeitsplätze in der Region schafft.“

Win-Win: institut und Unternehmen profitieren

Jürgen Sebastian hebt hervor: „Aus der Zusammenarbeit erwächst eine unheimliche Kraft für Innova-

tionen und Weiterentwicklungen. Wir arbeiten daran, die Ergebnis-se gemeinsam mit dem Institut im-mer weiter zu verbessern und da-raus hervorragende Produkte zu machen.“ Auch das FBH profitiere: „Durch uns bleibt das FBH immer auf dem aktuellen Stand über die Anforderungen des Marktes. Und wir erteilen Forschungsaufträge, so dass Drittmittel ins Institut fließen.“ Der Erfolg ist auch der außergewöhnlichen Unterstüt-zung des FBH-Direktors Prof. Gün-ther Tränkle zu verdanken. „Das Ferdinand-Braun-Institut ist ein echter Glücksfall für uns“, betont Sebastian.

Ohne die Kooperation mit dem FBH wäre die Gründung des Hochtechnologie-Unternehmens gar nicht möglich gewesen. Der Bau des benötigten Reinraums wäre aufgrund der extrem hohen Kosten viel zu riskant gewesen – schließlich war noch nicht sicher, wie hoch die Nachfrage nach dem Lasermaterial tatsächlich ist. Also nutzte das Unternehmen den Rein-raum des FBH zunächst in zweiter Schicht. Als marktfähige Produkte entwickelt waren entstand der ei-gene Reinraum. Ein größerer Teil der heutigen Mitarbeiter stammt aus dem FBH. So passgenau aus-gebildete Fachleute wären auf dem Arbeitsmarkt sonst kaum zu finden. Die weltweite Nachfrage steigt beständig, sodass derzeit die Produktionskapazitäten er-weitert werden. Jetzt entsteht ein neuer Reinraum, mit dem die Kapazitäten mehr als verdoppelt werden.

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Die Forschergruppe von Götz Erbert (2.v.l.) erhielt den Transferpreis der Technologiestiftung Berlin.

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Eine neue Generation von Diodenlasern: hohe Ausgangs-leistungen mit zugleich hoher Konversionseffizienz.

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Die Umgestaltung der For-schungslandschaft im

Osten Deutschlands vor 20 Jahren zeigt das schwierige Verhältnis zwischen Wissenschaft und Föderalismus in Deutschland. Sie ist zu-gleich ein im Ganzen ge-lungenes Beispiel, wie

diese Beziehung

und FöderalismusGedanken zur Umgestaltung der Forschungslandschaft

im Osten Deutschlands vor 20 Jahren.

sinnvoll gestaltet werden kann. Ich stelle daher meinen Erinne-rungen an diese Zeit einige allge-meine Überlegungen zu diesem Verhältnis voran. Wissenschaft und Föderalismus sind ein un-gleiches Paar. Die Wissenschaft will den Dingen auf den Grund gehen, will sie einsehbar machen, sie erklären und in Begriffe, ja, in präzise Formeln fassen. Wissen-schaft ist der höchste Ausdruck von Rationalität, jedenfalls will

oder sollte sie von Rationa-lität zeugen. Der Födera-

lismus dagegen ist ein Ergebnis von Geschich-te. Die Geschichte wird bewegt von elementa-ren Bedürfnissen, von

Machtstreben und von Ängsten, von Idealen und Interessen und nicht zuletzt vom Willen zum Ei-genen. Die Geschichte ist wie die Menschheit und wie die meis-ten Menschen vielgesichtig und widersprüchlich. Man kann ver-suchen, sie rational zu erklären, aber sie ist selbst nicht rational. Das gilt auch für die Wirkungen von Geschichte. Dennoch oder ge-rade darum kann man sie genau so wenig ignorieren wie ein Na-turereignis. Man muss sie kennen, respektieren und angemessen mit ihnen umgehen. Das gilt auch für den deutschen Föderalismus.

Föderalismus ist schlechthin die Grundtatsache der deutschen Geschichte. Das Zusammen­leben der Deutschen in ei­ner staatlichen Ordnung war schon föderal organisiert, als die Deutschen noch gar nicht wussten, dass sie zu Deut­schen werden und deutsch sprechen würden. Ähnliches könnte man gewiss auch für an-dere europäische Nationen sa-gen. Aber auch das Werden eines deutschen Nationalstaates gelang nur als Föderation – zunächst im Bismarckschen Kaiserreich, das ja ganz offiziell ein Bund von Fürsten und freien Städten war, aber dann auch in der deutschen Demokratie, also in der 1919

Wissenschaft

Die Vereinigung des ost- und westdeutschen Wissenschaftssysteme ist eine der Erfolgsgeschichten der deutschen Wiedervereinigung. Der ehemalige sächsische Wissenschaftsminister Hans Joachim Meyer

erinnerte sich in seiner Festrede anlässlich des Festakts zu 20 Jahren Leibniz in Sachsen.

Hans Joachim Meyer erlebte und gestaltete das Zusammenwach-

sen der ost- und westdeutschen Wissenschafts-

landschaft.

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und Föderalismus

in Weimar begründeten ersten deutschen Republik und in der 1949 gegründeten Bundesrepu-blik Deutschland. Übrigens traf es auch zu auf die Verfassung der DDR von 1949. Es gab überhaupt in der deutschen Geschichte nur zweimal einen Zentralstaat, und das waren das nationalsozialis-tische Deutschland von 1933 bis 1945 und die DDR von 1952 bis 1990. Diese beiden Herrschafts-systeme waren gewiss in vielem unterschiedlich, doch haben sie gemeinsam, dass die allermeis-ten sie nicht zurück haben wol-len. Nicht zuletzt weiß unsere Geschichte von Vorzügen des Föderalismus. Im schwierigen Neubeginn nach der friedlichen Revolution und dem Beitritt zum Grundgesetz boten die im Osten wieder erstandenen Länder den Menschen einen eigenen Ort. Sachsen ist dafür ein gutes Bei-spiel. Und schließlich: Als ein im-mer noch großes Volk in der Mitte Europas sind wir Deutschen als Bundesstaat für unsere Nachbarn ein angenehmerer Partner denn als Zentralstaat.

Föderalismus und Wissenschaft gehören zusammen

Warum plädiere ich so eindring-lich für den deutschen Föderalis-mus? Weil dieser in der neueren Geschichte für die Wissenschaft in Deutschland zunehmend zum Problem geworden ist. So lange sich Wissenschaft in Universitä-ten und gelehrten Akademien vor allem durch das gesprochene und gedruckte Wort ereignete, war es kein Hemmnis, dass diese Ein-richtungen von Ländern oder so-gar von Städten gegründet wur-den und in deren Verantwortung standen. Aber die moderne Wis-senschaft braucht, um leistungs-fähig zu sein, immer größere und apparativ untersetzte Potentiale. In Deutschland bietet dafür nur die föderale Ebene die geeignete Grundlage. Obwohl das Deutsche Reich überwiegend aus einem Staat, nämlich aus Preußen, be-stand, kam es dennoch schon vor dem 1. Weltkrieg zur Gründung

der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, der heutigen Max-Planck-Gesell-schaft, als einer gesamtnationa-len Wissenschaftsorganisation. Für die Bundesrepublik, deren Gliederung zwar auch nicht sym-metrisch ist, aber doch deutlich ausgewogener, ist diese Notwen-digkeit noch viel größer. Darum entstand auch nach 1949, trotz gewisser Widerstände, eine noch viel stärkere Zusammenarbeit von Bund und Ländern bei der Wissenschaftsförderung als im untergegangenen Deutschen Reich.

In der DDR verlief die Entwick-lung ähnlich, wenn auch in an-deren institutionellen Formen. Statt in Wissenschaftsorganisa-tionen wurde die außeruniver-sitäre Forschung in Akademien konzentriert. Darin folgte die DDR unbestreitbar dem sowje-tischen Vorbild. Da die DDR seit 1952 ein Zentralstaat war, hätte sie auch die Universitäten zu den einzigen Trägern der Grundla-genforschung machen können. Aber es gehört wohl zum Wesen einer sozialistischen Zentralplan-wirtschaft, Forschung wie ja auch Hochschulbildung unter instru-mentalem Aspekt vor allem als eine Sache von und für Spezialis-ten anzusehen und sie entspre-chend zu segmentieren. So kam es, dass sich die Bundesrepublik und die DDR in Bezug auf die Stel-lung der universitären und der außeruniversitären Forschung und in deren Proportionen nicht wesentlich unterschieden.

Von den 1989/90 insgesamt rd. 141.000 Mitarbeitern in For-schung und Entwicklung in der DDR waren rd. 18.500 in der Hochschulforschung tätig. Das entsprach einem Anteil von rd. 13%. Die etwa 21.000 wissen-schaftlichen Mitarbeiter der Akademieinstitute entsprachen einem Anteil von rd. 15%. Ver-gleicht man dies mit dem wis-senschaftlichen Personal der damals in der Bundesrepublik nach Artikel 91 b Grundgesetz finanzierten Einrichtungen, so ergibt sich für die ehemalige DDR und für die alte Bundesrepublik annähernd das gleiche Verhältnis

an wissenschaftlichem Personal in den Hochschulen, einerseits, und in den außeruniversitären Forschungseinrichtungen, an-dererseits. Bemerkenswert ist dabei folgende 1990 vom Wis-senschaftsrat in einer bibliomet-rischen Studie festgestellte Tat-sache: Von den 1984 im Science Citation Index verzeichneten DDR-Veröffentlichungen stamm-ten aus Akademieeinrichtungen knapp 33% und aus Hochschulen knapp 55%.

Was in der DDR wirklich geschah

Dessen ungeachtet wird das in der Öffentlichkeit herrschende Bild seit 1990 von der aus der alten Bundesrepublik in die Welt gesetzte Legende bestimmt, in der DDR seien spätestens 1968 Lehre und Forschung nach sow-jetischem Muster getrennt wor-den. Und ohne sich viel um Fak-ten zu kümmern, wird dies bis heute in den Medien wie auch in der Wissenschaftshistorie weiter abgeschrieben. Diese Legende war von handfesten Konkur-renzinteressen motiviert. Die länderfinanzierten Universi­täten neideten schon immer den bundesweiten Wissen­schaftsorganisationen deren opulentere Ausstattung. Ohne sich viel um die geschichtlich bedingte Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern und um finanzpolitische Realitäten zu kümmern, sah man in der deut-schen Einheit die große Chance, zunächst mindestens in der bis-herigen DDR den vermeintlichen Irrtum der deutschen Geschichte zu korrigieren und die gesamte Grundlagenforschung in die Uni-versitäten gleichsam heimzuho-len. Wie auch sonst im deutschen wissenschaftspolitischen Diskurs galt dafür der leuchtende Blick auf die USA als unwiderlegbares Ar-gument. Das völlig andere Bedin-gungsgefüge der amerikanischen Universitäten und das spezifisch amerikanische Verständnis von Staat und Gesellschaft wollte man nicht sehen. Was sollte aber nach dieser Mei-nung aus den zahlreichen Akade-

Sachsens Wissenschafts-Staatsministerin Prof. Sabine von Schorlemer lobte die Leibniz- Gemeinschaft als „wichtige Säule des Wissenschaftsstandorts Sachsen“.

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mieinstituten der DDR werden? Konnte man doch etwa zeitgleich aus dem Westen hören und lesen, die DDR-Universitäten seien über-besetzt und personell aufgebläht. Die Überlast und Unterfinanzie-rung bundesdeutscher Universi-täten waren plötzlich kein Thema mehr. Also wurde eine weitere Legende in die Welt gesetzt, näm-lich die von der DDR als einer wissenschaftlichen Wüste. Bis da-hin war nach meinem Urteil die DDR-Wissenschaft von vielen im Westen eher zu wohlwollend ge-sehen worden. Ab Mai/Juni 1990 wurde dies jedoch ziemlich abrupt durch die Behauptung ersetzt, im Osten gäbe es kaum noch wirkli-che Wissenschaft. Ich werde diese schockierende Erfahrung niemals vergessen. Wohlgemerkt: Über das hohe Maß von ideologischer Indoktrination, politischer Instru-mentalisierung und gravierender Behinderung der internationalen Kommunikation und deren Folgen für die Wissenschaft in der DDR brauchte man uns wirklich nicht zu belehren. Aber uns zugleich jede Leistung und jede Leistungs-fähigkeit abzusprechen – das war keine wissenschaftlich begründe-te Kritik, sondern Konkurrenzden-ken und wohl auch Herrschaftsan-spruch.

Die zukunft der Akademieinstitute

In dieser Situation entschloss sich die Regierung der DDR, den Wis-senschaftsrat um eine Evaluierung der Akademieinstitute zu bitten, diesem also gleichsam das Ur-teil über den wissenschaftlichen Wert und damit über die Zukunft der Akademie-Institute anzuver-trauen. Dieser Entschluss war weitsichtig - nicht nur im Blick auf die damals zwar terminlich noch offene, aber von beiden Sei-ten alsbald gewollte Einheit. Son-dern nicht minder, weil er auf ein Gremium setzte, dessen Autorität ganz wesentlich davon abhängt, ob es seinem Anspruch auf wis-senschaftliche Kompetenz gerecht wird. Eine Garantie war das frei-lich nicht. Und wer die Evaluie­rungsberichte in ihrer Entwick­lung überblickt, kann nicht den

Lernprozess übersehen, des­sen auch der Wissenschaftsrat bedurfte, um zu fairen Urteilen und angemessenen vorschlä­gen zu kommen. Aber die in ihm tätigen Wissenschaftler sahen dies als Maßstab und wurde so zu Kennern und Anwälten der wis-senschaftlichen Qualität im Osten Deutschlands.

Eigentlich betraf die Frage nach der DDR-Wissenschaft auch die bundesdeutschen Wissenschafts-organisationen. Aber die Max-Planck-Gesellschaft stand und steht nach ihrem Selbstverständ-nis so weit oberhalb aktueller Bedürfnisse, dass sie zum unmit-telbaren Handeln, jedenfalls in Bezug auf die außeruniversitäre Forschung in der verschwinden-den DDR, nicht bereit war – schon gar nicht auf Grund irgendwelcher Beschlüsse irgendeines Wissen-schaftsrates. Stattdessen richte-te sie zunächst befristete Max-Planck-Arbeitsgruppen an den hiesigen Universitäten ein, was zweifellos für deren inhaltliche Er-neuerung sehr hilfreich war. Erst dann schuf sie in den folgenden Jahren nach gründlicher Vorbe-reitung neue Max-Planck-Institute auch in den ostdeutschen Ländern und dies sogar zu Lasten älterer Einrichtungen im Westen. Das war und ist unstreitig ein gewich-tiger Beitrag zur inneren Einheit Deutschlands und ein wirklicher Gewinn für Sachsen. Trotzdem bleibt wahr: Anfang der neunziger Jahre trug die MPG nur wenig dazu bei, Wissenschaftler aus der DDR in der Forschung zu halten.Dann gab und gibt es die Fraun-hofer-Gesellschaft. Auch sie fühlte sich vom Wissenschaftsrat unab-hängig. Aber was sie damals von der vorherrschenden Meinung unterschied, war ihr Wissen um ein wertvolles und für sie inter-essantes Forschungspotential in der DDR und speziell in Sachsen. Und so kam es, dass die Institute und Einrichtungen der Fraunho-fer-Gesellschaft in diesem Land schon etabliert waren, als um das Schicksal der heute hier feiernden Leibniz-Institute noch gerungen wurde.Was stand nun dem Wissen-schaftsrat für seine Empfehlungen

real zur Verfügung? Erstens gab es die AGF, die Arbeitsgemeinschaft der Großforschungseinrichtungen. Aber diese waren erst unlängst in einer Evaluation als Dinosaurier und Fossilien abqualifiziert wor-den. Und schon deshalb war das Bundesforschungsministerium fest entschlossen, möglichst kein oder höchstens ein solches For-schungszentrum im Osten zuzulas-sen. Darum gab es zeitweise im Os-ten, nämlich in Leipzig/Halle, die kleinste Großforschungseinrich-tung und in Rossendorf das größte Leibniz-Institut. Dann aber gelang der AGF der Aufstieg zur starken und selbstbewussten Helmholtz-Gemeinschaft der Forschungszent-ren – für mich ein Wunder der Wis-senschaftsgeschichte. Jetzt gehört auch Rossendorf zu „Helmholtz“, was gleich sinnvoll gewesen wäre.Was dem Wissenschaftsrat als Handlungsansatz blieb, war die so-genannte Blaue Liste, genauer ge-sagt ein blauer Aktendeckel mit ei-ner Liste von Einrichtungen, die je hälftig vom Bund und den Ländern gefördert wurden. Institutionell also nicht mehr als ein zusammen-gewürfelter Haufen, aber rechtlich flexibel und politisch operabel. Der Bund war durch den Einigungsver-trag zwar zum Handeln verpflich-tet, wollte aber auf Dauer kein zusätzliches Instrument der For-schungsförderung. Da konnte man den eventuell großen Zuwachs in der Blauen Liste auch für ein Pro-visorium halten. Die alten Ländern waren nur am Rande betroffen. Die neuen Länder begannen sich erst zu organisieren. Der Wissen-schaftsrat war also der eigentliche Akteur. Für die Evaluierung der zu-nächst weiter bestehenden Institu-te hatte er jedoch nicht viel mehr als ein Jahr Zeit. Dass dies gelang und die Ergebnisse sogar bei den Betroffenen überwiegend Zustim-mung fanden, will ich, nachdem ich das Wort „Wunder“ schon ver-braucht habe, eine wissenschafts-geschichtliche Großtat nennen. Zwar musste nach einer positiven Empfehlung noch langwierig mit dem Bund um eine angemesse-ne Ausstattung der Institute und um die Möglichkeit gemeinsamer Berufungen gerungen werden. Gleichwohl hatten die im Verlauf des Jahres 1992 gegründeten Insti-

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tute ein solides wissenschaftliches Fundament.

War aber darum auch wissen-schaftspolitisch ihre Zukunft gesi-chert? Dessen konnte man keines-wegs sicher sein. Denn die Debatte über den Sinn außeruniversitärer Forschung war noch keineswegs beendet. Und die Blaue Liste war ihr schwächstes Glied. Darum hat-te ich früh darauf gedrungen, die schwache und schwachherzige AG „Blaue Liste“ in eine feste Institu-tengemeinschaft mit einem vor-zeigbaren Namen umzuwandeln. Leibniz schien sich mir als Patron anzubieten. Immer mehr sahen das genau so. Bedeutsam war vor allem, dass die Wissenschaftliche Kommission des Wissenschafts-rates einen solchen Gedanken zu-nehmend als die logische Folge der großen Evaluierungsleistung in den Jahren 1991/1992 ansah.

Tatsächlich legte die Wissenschaft-liche Kommission im Herbst 1993 den Entwurf einer Empfehlung vor, die nicht nur einen fünfjähri-gen Evaluierungsrhythmus und ein geregeltes Verfahren für die Auf-nahme und das Ausscheiden von Instituten vorsah, sondern auch „eine übergreifende Organisation“, die Bildung von Sektionen und die „Wahl eines Namens einer bedeu-tenden Forscherpersönlichkeit für die Gesamtheit der Institute“. Damit schien alles auf dem besten Wege, und so meinte ich es verant-worten zu können, zeitgleich zur Sitzung des Wissenschaftsrates in Wiesbaden (der Wissenschaftsrat ist ja wie die Kultusministerkonfe-renz ein Wanderzirkus) mit einer sächsischen Hochschuldelegation nach Israel zu fliegen, um dort die uns in der Zeit der DDR verwehr-ten akademischen Kontakte zu knüpfen. Allerdings erwies sich mein Optimismus nicht nur als voreilig. Es war auch politischer Leichtsinn. Denn bei der Vorberei-tung auf diesen Festakt fand ich in meinem Rechner einen in dieser Zeit von mir zu Hause entworfenen zornbebenden Brief an den dama-ligen Bundesforschungsminister, in dem ich die typischen Vorwür-fe aufspießte, die damals gegen die neu gegründeten Institute der Blauen Liste erhoben wurden: Sie

dienten der Versorgung alter Ka-der, in der DDR seien Forschung und Lehre getrennt gewesen und der Wissenschaftsrat hätte die Chance der Einheit nicht genutzt, die Hochschulforschung zu stär-ken, sondern stattdessen die au-ßeruniversitäre Forschung maß-los erweitert. Auch dass aus der Bundesregierung zu hören war, die neuen Institute der Blauen Liste seien natürlich nur vorüberge-hend geschaffen worden, schrieb ich nach Bonn. Und so drohte es denn auch auszugehen. Als ich am Abend des 11. November 1993 aus Israel kommend in Wiesbaden ein-traf, berichtete mir der damalige Leiter der Forschungsabteilung im sächsischen Wissenschaftsminis-terium, Dr. Frank Schmidt, dass die Verwaltungskommission, also die dem Wissenschaftsrat angehören-den Regierungsvertreter des Bun-des und der Länder, alle weiter-führenden Elemente aus dem von der Wissenschaftlichen Kommis-sion bereits beschlossenen Emp-fehlungsentwurf gestrichen und diesen auf einen Evaluationsab-schlussbericht zusammengekürzt hätten. Jetzt blieb mir nur noch der Versuch, bei der Vollversammlung des Wissenschaftsrates, also bei der gemeinsamen Beschlussrunde von Wissenschaftlicher Kommis-sion und Verwaltungskommission am 12. November 1993, das Blatt doch noch zu wenden. Meine Er-fahrungen in diesem Gremium lie-ßen das nicht sehr aussichtsreich erscheinen.

Dass es mir gelang, mit einer ener-gischen Intervention zu Beginn der Sitzung die Debatte noch einmal zu eröffnen, darauf bin ich auch heute noch stolz. Ohne die wortgewaltige Unterstützung von Mitgliedern der Wissenschaftlichen Kommission wäre diese Wende in Wiesbaden wohl nicht gelungen. Jedenfalls beschloss der Wissenschaftsrat am 12. November 1993 schließlich doch leicht gekürzt jene Empfeh-lung aus der Wissenschaftlichen Kommission, welche man pathe-tisch die erste Verfassungsurkunde der Leibniz-Gemeinschaft nennen könnte.

Warum erzähle ich das alles? Nun, zunächst einmal, weil zu je-

dem Jubiläum auch ein Rückblick in die Geschichte gehört. Noch mehr jedoch, weil bis heute das Verhältnis zwischen Föderalis-mus und Wissenschaft nicht von praktischer Vernunft bestimmt ist. Deutlicher gesagt: Die ideologisch motivierte Föderalismusreform von 2006 war die größte politi-sche Torheit seit Gründung der Bundesrepublik. Und sie ging zu Lasten von Forschung und Lehre. Die Wissenschaft bedarf zwar des Wettbewerbs, aber keines Wett-bewerbsföderalismus, sondern der konstruktiven Zusammenar-beit von Bund und Ländern. Jetzt scheint sich die Politik dieser Einsicht zu nähern, doch sollten die Vertretungen und Organisati-onen der deutschen Wissenschaft diesen Erkenntnisprozess ent-schieden befördern. Die Leibniz-Gemeinschaft ist da durch ihre geschichtlichen Erfahrungen aus ureigenem Interesse besonders gefordert.

„Wir sind 20“ lautete das Motto des Festakts der sächsischen Leibniz-Institute am 29. März in Dresden.

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Prof. Dr. Dr. h.c. hans Joachim meyer (* 1936) war 1990 in der Regierung de Maizière Minister für bildung und Wissenschaft der DDR und von 1990 bis 2002 sächsischer Staatsminister für Wissenschaft und Kunst� Der Sprachwissen-schaftler und Senator der Leibniz-Gemeinschaft wirkte von 1997 bis 2009 als Präsident des zentralko-mitees der Deutschen Katholiken.

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Der von mehr als 70 Ex-perten des Ifo Instituts – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität Mün-chen erstellte Wirt-schaftskompass bietet eine Orientierung durch das Labyrinth der Öko-

nomie. Neben den wichtigsten wirtschaftlichen Eckdaten der Bundesrepublik Deutschland werden in diesem Nachschlagewerk grund-legende wirtschaftliche Themen, Zusammen-hänge und Hintergründe vorgestellt: vom Un-

In „Erinnerungsorte der DDR“ sammelt Heraus-geber Martin Sabrow – Direktor des Zentrums für Zeithitorische For-schung in Potsdam –

fünfzig Aufsätze sowohl ost- als auch westdeut-scher Autoren, die in kurzen Beiträgen über ihre Erlebnisse mit oder in der DDR berichten. Thematisch in die sechs Felder Gesichter der Macht, Herrschaftskultur, Leben im Staatssozi-alismus, Kleine Fluchten, Gemeinsame Grenzen und Aushalten und Aufbegehren gegliedert, bie-tet dieses Buch einen Querschnitt unterschied-

Wieso ist die Erde nicht tiefgefroren? Ruht der Wind sich jemals aus? Können am Nordpol Bäume wachsen?

Fragen wie diesen wid-met sich der Physiker und Klimaforscher Stefan Rahmstorf vom

Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) in seinem „Kinder-Uni“-Buch über Wet-ter und Klima. Aufwändig illustriert von Klaus

terschied zwischen Konjunktur und Wachstum über die Entstehung von Inflation bis hin zu aktuellen Fragen wie Überschuldung und Kli-mapolitik.Da Deutschland vor allem als Exportnation gilt, gehen die letzten beiden Kapiteln auch auf die Rolle der Bundesrepublik in der Weltwirtschaft und im Speziellen in der Europäischen Union ein. Neben den Fakten erhöhen zahlreiche gra-fische Darstellungen die Verständlichkeit der Beiträge. Das Buch liefert präzise formulierte Beiträge, die auch dem normalen Leser ökono-mischen Zusammenhänge gut nachvollziehen lassen. jan berger

licher Blickwinkel und Erfahrungen auf einen Teil ehemaliger deutscher Lebensrealität, ohne den Anspruch zu erheben, einen gemeinsamen historischen Umgang mit den Erinnerungen an das sozialistische Regime formulieren zu wol-len. Autoren wie Joachim Gauck, Ulrike Poppe, Christoph Stölzl oder Hans-Otto Bräutigam verbinden politische Geschehnisse mit indivi-duellen Erfahrungen und zeichnen so ein leb-haftes Bild von der „Diktatur im Alltag und dem Alltag in der Diktatur“. Und so geht es um die Stasi, Bautzen und Speziallager ebenso wie um Bückware, die Puhdys und das Sandmännchen. stefanie schreckenbach

Ensikat spannt das Buch einen weiten Bogen von selbst erlebbaren Wetterphänomenen wie Gewittern und Stürmen über die globale Physik unseres Planeten bis hin zu Ursachen, Auswirkungen und Zukunftsszenarien des Kli-mawandels. Ausgelegt für Kinder ab 10 Jahren dürfte die Lektüre aber auch für erwachsene Leser durchaus mit Erkenntnisgewinn verbun-den sein.

Das Buch ist in gekürzter Lesung – durch den Schauspieler Ulrich Noethen – mit Musik auf Doppel-CD als Hörbuch erschienen. hvl

Georg Milbradt, Gernot

Nerb, Wolfgang Ochel,

Hans-Werner Sinn (Hrsg.):

Der ifo-Wirtschaftskompass;

gebunden, 296 S., Hanser-

Verlag, München 2011;

14,90 Euro,

ISBN 978-3-446-42710-5

Martin Sabrow:

Erinnerungsorte der DDR;

gebunden, 619 S., C.H.Beck,

München 2009; 29,90 Euro,

ISBN 978-3-406-59045-0

Stefan Rahmstorf:

Wolken, Wind und Wetter;

gebunden, 224 S., DVA

Sachbuch, München 2011;

19,99 Euro, ISBN 978-3-

421-04336-8.

(Hörbuch:

ISBN: 978-3-86717-767-2;

14,99 Euro.)

Seine großen fotografischen Nachlässe will das Deutsche Schiffahrtsmuseum in Bremerhaven der Öffentlichkeit präsentieren. Die ersten beiden Bände mit

Aufnahmen des Bordfotografen Hanns Tschira aus den Jahren 1927 bis 1939 (im Bild eine Passage des Panama-Kanals) sowie des Bremerhavener

Fotografen Karl Schemkes von 1950 bis 1965 sind herausgegeben von Klaus-Peter Kiedel im Oceanum-Verlag

erschienen. (ISBN 978-3-86927-081-4 und ISBN 978-3-86927-082-1,

jeweils 19,90 Euro).

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ImPrESSUm

herausgeber:Leibniz-GemeinschaftChausseestraße 111, 10115 BerlinTelefon: 030 / 20 60 49-0Telefax: 030 / 20 60 49-55www.leibniz-gemeinschaft.de

Präsident:Prof. Dr. Karl Ulrich MayerGeneralsekretärin:Christiane Neumann

redaktion:Christian Walther (Chefredakteur)Christoph Herbort-von Loeper (C.v.D.)Karen König, Isabel RegehrJan Berger, Stefanie Schreckenbach (Praktikanten) [email protected]

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Layout:unicom-berlin.de

Druck:PRINTEC OFFSET - medienhaus, Kassel

Nachdruck mit Quellenangabe gestattet,Beleg erbeten.

Auflage: 15.000Ausgabe 1/2012: Juni www.leibniz-gemeinschaft.de/journal

Das Leibniz-Journal erscheint viermal jährlichund kann über die Redaktion kostenlosabonniert werden.

ISSN: 2192-7847

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Zwergflusspferde zeugen lieber töchter

Männliche Zwergfluss-pferde haben mehr Spermien mit X- als mit Y-Chromosomen im Eja-kulat. Dadurch produzie-ren sie mehr weibliche Nachkommen. Das ha-ben Wissenschaftler des Berliner Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) bei Un-tersuchungen an Zootieren he-rausgefunden. Während bisher die Annahme vorherrschte, dass die Verschiebung im Geschlech-terverhältnis vom weiblichen Tier beeinflusst wird, zeigt sich jetzt erstmals, dass auch Säuge-tier-Männchen das Geschlech-terverhältnis ihrer Nachkommen beeinflussen können. Die Wissen-schaftler vermuten, dass es für die männlichen Zwergflusspferde von Vorteil ist, mit dieser Methode die künftige männliche Konkurrenz um weibliche Partner gering zu halten.Nature Communications, DOI: 10.1038/ncomms1700

Zu Sexy für diese Welt

Es menschelt im Tierreich: Weib-liche Zebrafische (Danio rerio) bevorzugen nach einer Studie des Berliner Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnen-fischerei die zweitstattlichsten Männchen als Fortpflanzungs-partner. Die Forscher fanden he-raus, dass das Körpermaß der Männchen eine bedeutende Rolle beim Fortpflanzungserfolg spielt, besonders lange Männchen aller-dings bei der Partnerwahl links

liegen gelassen werden. Die Er-klärung dafür ist, dass die Weib-chen von allzu hünenhaften und um ihre Attraktivität wissenden Männchen ständig bedrängt und umworben werden. Dadurch steigt der Stresslevel der Weibchen, was ihre Fortpflanzungswilligkeit und die Menge abgelegter Eier subs-tantiell reduziert. Das wiederum ist mit Nachteilen für die großen Männchen verbunden, da sie ihre eigentlich hohe Spermaqualität aufgrund begrenzter Eimengen nicht voll ausnutzen können. Environmental Biology of Fishes. Online First. DOI: 10.1007/s10641-011-9937-5

Neuer mechanismus zur virenabwehr entdeckt

Forscher des Deutschen Rheuma-Forschungszentrums Berlin haben gemeinsam mit Kollegen der Ber-liner Charité und der Universität Genf einen grundlegend neuarti-gen Mechanismus entdeckt, wie Virusinfektionen unsere Körper-abwehr zu Höchstleistungen an-spornen. Demnach sind die für die Körperabwehr wichtigen „Killer T-Zellen“ nicht nur in der Lage, Viren aufgrund von „Pathogen-assozi-ierten Molekularen Mustern“ also einem „fremdartigen Aussehen“

zu erkennen. Auch beim Sterben infizierter Zellen

freigesetzte Zellbestandtei-le, so genannte „Alarmine“ wie das „Interleukin 33“ (IL-33) können von den Kil-ler T-Zellen erkannt werden.

Beide Mechanismen haben demnach eine sich gegenseitig

ergänzende Wirkung auf unsere Killer T-Zell-Abwehr. Diese neuen Erkenntnisse könnten den Schlüs-sel liefern, um Impfungen gegen Infektionskrankheiten und Krebs zu verbessern.Science 24 February 2012: Vol. 335 no. 6071 pp. 984-989. DOI: 10.1126/science.1215418

Welcher Nachbar am meisten stört

„Trinker“, „alte Menschen“ und vor allem „Jugendliche“ rangieren in Deutschland weit vor jeder eth-nischen Gruppe, wenn es um die Frage geht, wer den sozialen Frie-den in der Nachbarschaft stört. Das hat Merlin Schaeffer vom Wis-senschaftszentrum Berlin für So-zialforschung in einer Analyse von rund 4.600 Telefoninterviews mit Deutschen ohne Migrationshinter-grund herausgefunden. Nur circa 13 Prozent der Nennungen von Problemgruppen entfallen auf eth-nische Kategorien wie „Türken“, „Ausländer“ oder „Aussiedler“. Auf Religion, Hautfarbe oder Spra-che wird von den Befragten nicht Bezug genommen – ganz anders als in der öffentlichen Diskussion über Muslime in Deutschland. „Ju-gendliche“ werden mit 23 Prozent deutlich am häufigsten als proble-matisch eingestuft. Ethnic and Racial Studies. DOI: 10.1080/01419870.2011.644311

1,0 mrd. € 01,5 mrd. €

2005

2011 Budget der Leibniz-Gemeinschaftinklusive Drittmittel.

Professuren waren 2011 von Leibniz-Instituten und Universitäten gemeinsam berufen. 2007 waren es erst 202.

betrug der Frauenanteil unter den 3621 Doktoranden, die 2011 durch Leibniz-Institute betreut wurden.

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Das Museum für Naturkunde – Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung in Berlin hat einen neuen Generaldirektor. Der Biologe Prof. Dr. Johannes Vogel kommt vom Natural History Museum in London, wo der Spezialist für Moose, Pilze und Farne seit 1995 arbeitete, zuletzt als Direktor der botanischen Abteilung. Neben den drän-genden wissenschaftlichen Fragestellungen im Zusammenhang mit der biologischen Vielfalt möchte Vogel auch die Kommunikation mit der breiten Öffentlichkeit weiter intensivieren. Dazu plant er u.a. Citizen Science-Projekte, bei denen die Bevölkerung in die wissenschaftli-che Arbeit eingebunden wird.

Dr. Peter holtermann vom Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW) hat für seine ausge-zeichnete Disserta-tion den Preis für Meeresforschung der Annette Barthelt-Stiftung erhalten.

Dr. henrik mei vom Deutschen Rheuma-Forschungszentrum Berlin (DRFZ) erhält den diesjährigen Forschungspreis der Stiftung Wolfgang Schulze für seine Arbeit zur Wirkung des Medikaments Rituximab bei Rheu-mapatienten.

Prof. Dr. karl Ulrich mayer, Präsident der der Leibniz-Gemein-schaft, ist seit März

LeibnizLeute

Nach einem Vierteljahrhundert an der Spitze des Hauses ist der Direktor des Deutschen Bergbau-Museums (DBM) in Bochum, Prof. Dr. Rainer Slotta, in den Ruhestand gegangen. Seinen Pos-ten hat am 1. Mai sein bisheriger Stellvertreter Dr. Stefan Brüg-gerhoff übernommen. Der stu-dierte Kunsthistoriker Slotta war seit 1974 am Bergbau-Museum

tätig und dort maßgeblich an der Etablierung der

„Industriearchäologie“ in Deutschland betei-ligt. Nach der Wie-dervereinigung lag

ein Schwerpunkt seiner Arbeit auf der Aufarbei-tung der gesamt-

dieses Jahres Mitglied im Hochschulrat der Goethe-Universität Frankfurt am Main.

Privatdozent Dr. harald hammon vom Leibniz-Institut für Nutztierbiologie (FBN) erhält für seine Forschung zur Stoffwechselregu-lation von Kalb und Milchkuh in Abhän-gigkeit von ernäh-rungsphysiologischen Einflussfaktoren

den Förderpreis der Henneberg-Lehmann-Stiftung.

Professor Dr. med. Peter herrlich vom Leibniz-Institut für Altersforschung (FLI) in Jena ist mit der Ernst-Jung-Medaille für Medizin in Gold

deutschen Bergbaugeschichte. Als Direktor legte er durch eine kon-sequente Internationalisierung und den Ausbau der Forschung die Basis dafür, das Bergbau-Museum als renommiertes außeruniversi-täres Forschungsinstitut zu eta-blieren. Sein Nachfolger ist nach dem Studium der Chemie seit 1985 am DBM tätig und hat bisher vor allem auf dem Gebiet der Kon-servierungswissen-schaften gearbeitet. Als Direktor möch-te er die Rolle des DBM als For-schungsmuseum noch weiter her-ausarbeiten.

Der Zellbiologe Prof. Dr. Volker Haucke ist neuer Direktor des Leibniz-Instituts für Molekula-re Pharmakologie (FMP) in Berlin. Haucke forschte und lehrte bislang an der Freien Universität Berlin. Im Zentrum sei-ner Forschung steht die Visualisierung und Beein-flussung des intrazellulären Membranverkehrs, insbe-sondere in Nervenzellen. Ein besonderes Au-genmerk richtet

er dabei auf die Entwicklung von Wirkstoffen, die diese Vorgänge

beeinflussen und das Studium von Nervenzellen. Als Di-

rektor möchte er in Zu-kunft die Forschung an neuen therapeutischen Ansätzen und moleku-larer Bildgebung sowie

die Entwicklung von Werkzeugen zur Mani-pulation biologischer

Vorgänge intensi-vieren.

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Dr. Stefan Brüggerhoff

Prof. Dr. Rainer Slotta

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2012 für sein Lebens-werk ausgezeichnet worden.

Die Neurowissen-schaftlerin tatiana korotkova vom Leibniz-Institut für Molekulare Pharma-kologie (FMP) in Berlin ist Trägerin des diesjährigen Forschungspreises für Nachwuchswissen-schaftler des Human Frontier Science Programs.

Prof. Dr. Alfons Balmann, Direktor des Leibniz-Instituts für Agrarentwicklung in

Mittel- und Osteu-ropa (IAMO), ist von Ministerin Ilse Aigner in den Wissenschaft-lichen Beirat für Agrarpolitik beim Bundesministeri-um für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz berufen worden.

Prof. Dr. Irene Dingel, Direktorin des Leibniz-Instituts für Europäische Geschichte (IEG), ist für drei Jahre in die Wissenschaftliche Kommission des Wissenschaftsrats berufen worden.

Das Brüssel-Büro der Leibniz-Gemeinschaft liegt nicht nur in unmittelbarer Nähe der EU-Institutionen sondern auch fußläufig zur „Maison Antoine“, der Frit-tenbude mit den besten Fritten Belgiens. Auf dem Weg dorthin durchquert man unterhalb des Europä-ischen Parlaments den Parc Léopold, dem der vom Hunger Getriebene meist jedoch nur wenig Beachtung schenkt. Dabei hat dieser Park eine durchaus wissenschafts-geprägte Geschichte, die ― etwa 70 Jah-re nach Erfindung der Fritten in Belgi-en ― mit der Eröffnung eines Tier- und Vergnügungsparks im Jahr 1851 beginnt. Zunächst finden dort Freilichtkonzerte und Festivitäten aller Art statt, es gibt eine Eislaufbahn, exotische Tiere und Gewächshäuser. Doch die Geschäfte der mit der Verwaltung betrauten königlichen Gesellschaft für Zoologie, Garten- und Zierpflanzen laufen nie wirklich gut, und so übernimmt 29 Jahre später die Stadt Brüssel den Park, der zu Ehren Leopold II. fortan unter dem Namen Parc Léopold be-kannt ist. Dort wird 1891 das heutige kö-nigliche Museum für Naturwissenschaften eröffnet, und gemeinsam lassen die Stadt und die Freie Universität Brüssel - unter-stützt von Mäzenen wie Ernest Solvay und Raoul Warocqué - die „Cité de la Science“

(Wissenschaftspark) entste-hen, in der sich die Institute für Soziologie (die heutige Bibliothek Solvay), für Ana-tomie, für Zahnkunde sowie das Institut Pasteur ansie-deln. Diese Gebäude sind heute noch erhalten und von großem architektoni-schen Wert. Das Bekanntes-

te davon ist die im Jugendstil gestaltete Bibliothek Solvay, heute als Veranstal-tungsort sehr begehrt. Die Universität selbst siedelt 1919 auf den Campus Sol-bosch um und im ehemaligen Institut für Physiologie befindet sich seit 1930 das Gymnasium Emile Jacqmain. Die übrigen Gebäude werden heute vor allem vom Mu-seum für Naturwissenschaften genutzt, welches zum Belgischen Königlichen Ins-titut für Naturwissenschaften gehört und als eines der größten Naturkundemuseen Europas über eine beeindruckende Di-nosaurier-Sammlung ― darunter die be-rühmten Iguanodon-Funde von Bernissart ― sowie andere sehens werte Exponate verfügt.

Nicht nur Fritten

Fußballfans auf dem Kairoer Tahrirplatz, verschleierte Aktivistinnen auf den Straßen von Sanaa, junge Blogger in Tunis – der Arabische Frühling hat westliche Vorurteile widerlegt. Doch mit dem Sturz der Despoten ist die Hoffnung auf Demokratie noch nicht erfüllt.

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claudia Labisch leitet das brüssel-büro der Leibniz-Gemeinschaft.

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Prof. Dr. Ina Tegen hat im Februar die Profes-sur „Modellierung atmosphärischer Prozesse“ an der Universität Leipzig übernommen, die mit der Leitung der Abteilung Modellierung am Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (IfT) verbunden ist. Die Physikerin ist erst die dritte auf Lebenszeit berufene Meteorologie-Professorin in Deutschland. Die Expertin für Computermodelle untersuchte in den vergan-genen Jahren vor allem den Transport von Ae-rosolpartikeln wie Saharastaub und war an der Entwicklung des ersten globalen Computermo-dells beteiligt, das die Auswirkungen von Wüs-

tenstaub auf die Strahlungseigen-schaften der Atmosphäre und

damit auf das Klima berech-net. Tegen war bereits seit 2004 als wissenschaftliche Mitarbeiterin am IfT tä-tig. Zuvor arbeitete sie am

Max-Planck-Institut für Bio-geochemie in Jena und am

Goddard-Institut für Weltraumstudien

der NASA in New York.

Das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) hat die beiden Abteilungslei-ter Dr. Jutta Günther (Strukturökonomik) und Prof. Dr. Oliver holtemöller (Ma-kroökonomik) als Interimsvorstand eingesetzt. Ergänzt wird das neue Lei-tungsteam durch Dr. Tankred Schuhmann, der das IWH als neuer Administrativer Leiter unterstützt.

Der Direktor des Leibniz-Instituts für Katalyse (LIKAT Ros-tock), Prof. Dr. mat­thias Beller, ist wegen seiner Verdienste um die deutsch-französi-sche Forschungszu-sammenarbeit Träger des diesjährigen Gay-Lussac-Humboldt-Preises.

Einen der prestigeträchtigen Advanced Grants des Europäischen Forschungsrates (ERC) er-hält die Prof. Dr. Svetlana Berdyugina vom Kiepenheuer-Instituts für Sonnenphysik (KIS) in Freiburg. Der Grant ist mit einer finanziellen Förderung von 2,5 Mio. Euro verbunden, mit denen Berdyugina in den nächsten 5 Jahren die gasförmigen Umgebung extrasolarer Planeten und ihre gasförmigen Vorläufer, Protoplaneten, studieren möchte. Mit innovativen Mess metho -den sollen Moleküle wie Wasser und Methan in warmen pla-netären Atmosphären auf-gespürt werden. Diese „heißen“ Moleküle sind ein Schlüssel zum Ver-ständnis der Entstehung erdähnlicher Planeten und Planeten in sogenannten ha-bitablen Zonen, d.h. Pla-neten, auf denen die Bedingungen für die Entstehung von Leben ge-geben sind.

Am 22. Februar verstarb der Gründungsdirektor und langjäh-rige Leiter des Leibniz-Instituts für Festkörper- und Werkstofffor-schung (IFW) in Dresden, Prof. Dr. Helmut Eschrig. Der international renommierte und als führender Experte auf seinem Gebiet weltweit aner-kannte Physiker war maßgeblich an der Umgestaltung des Fach-bereichs Physik der TU Dresden beteiligt. 1992 erhielt er den Ruf

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auf die Professur für Festkörper-physik an der TU Dresden und war Gründungsdirektor des IFW. Von 1992 bis 1998 leitete er die Max-Planck-Arbeitsgruppe „The-orie komplexer und korrelierter Elektronensysteme“ an der TU Dresden und war anschließend von 1998 bis 2008 Wissenschaft-licher Direktor des IFW Dresden und seit 2004 gleichzeitig Direk-tor des Instituts für Theoretische Festkörperphysik im IFW.

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Joachim „Blacky“ Fuchsberger:

„Mein Lieblingsexponat im Deutschen Museum ist die Junkers Ju 52.Hier bin ich auf Du und Du mit der Tante Ju.“

Museumsinsel , München · Tel. / - · täglich – Uhr · www.deutsches-museum.de

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