+ All Categories
Home > Documents > Landfill Mining: Ein realistischer Beitrag zum Ressourcenschutz?

Landfill Mining: Ein realistischer Beitrag zum Ressourcenschutz?

Date post: 23-Dec-2016
Category:
Upload: laura
View: 215 times
Download: 1 times
Share this document with a friend
7

Click here to load reader

Transcript
Page 1: Landfill Mining: Ein realistischer Beitrag zum Ressourcenschutz?

hingewiesen, dass Abs. 1 als Tatbestand der Gefährdungs-haftung auf die Herbeiführung typischer Gefahrenlagen zugeschnitten sei. Einwirkungen, die generell ungeeignet seien, die Beschaffenheit des Wassers nachhaltig zu verän-dern, und die nur infolge höherer Gewalt solche Verände-rungen nach sich zögen, könnten daher bei sinngerechter Gesetzesauslegung die Haftung nach § 89 Abs. 1 S. 1 WHG also auch gerade nicht begründen. 102 Dem soll sich hier an-geschlossen werden.

2.2.11 Gesamtschuldnerische Haftung

Haben mehrere die Einwirkung vorgenommen, so haftet nach § 89 Abs. 1 S. 2 WHG jeder von ihnen für den vollen Schaden. Zunächst fragt es sich, was unter der Begrifflich-keit der Einwirkung in diesem Sinne überhaupt zu verste-hen ist. Unter Einwirkung im tatbestandlichen Sinne des § 89 Abs. 1 S. 2 WHG versteht man das Einbringen oder Einleiten von Stoffen in ein Gewässer oder das Einwirken auf ein Gewässer mit der Folge der Veränderung der Was-serbeschaffenheit, mithin also genau die Verhaltensalterna-tiven, welche bereits aus § 89 Abs. 1 S. 1 WHG bekannt sind und im Rahmen der Beschäftigung mit ebendiesem bereits hinlänglich diskutiert wurden. Angemerkt werden muss jedoch, dass der zweifellos etwas unscharfe Begriff der Einwirkung auch im weiteren WHG (wie bereits im WHG a. F. derart praktiziert) als „Sammelbegriff“ Verwendung erfährt. Der Ausdruck der „Benutzung“ wurde, obgleich terminologisch sinnverwandt, wohl aus Gründen des Hin-ausreichens über die Benutzungsarten des § 89 Abs. 1 S. 1 WHG nicht gewählt. Schließlich könnte eine unterschied-liche Behandlung der Schädiger nach den drei Alternativen des § 89 Abs. 1 S. 1 WHG nicht sinnvoll einer Rechtferti-gung zugeführt werden. Dies bedeutet, dass im Außenver-hältnis, das heißt dem oder den Geschädigten gegenüber, gemäß § 421 S. 1 BGB jeder Schädiger die ganze Leistung zu bewirken verpflichtet ist, der Geschädigte die Schadens-ersatzleistung jedoch insgesamt nur einmal zu fordern be-rechtigt ist. Es bleibt dem Geschädigten überlassen, wel-chen Schädiger er in Anspruch nehmen möchte. Folglich sind die §§ 421 bis 425 BGB also anwendbar. Diese Rege-lung verhilft dem Geschädigten zu einer besseren Durch-setzbarkeit seines Ersatzanspruchs, da ihm – neben der freien Schuldnerauswahl – auch die Beweiserbringung er-leichtert wird. Dies gilt vor allem in Konstellationen, in welchen der Beweis der Kausalität deshalb schwer zu füh-

ren ist, weil mehrere Beteiligte in räumlicher und zeitli-cher Nähe durch das Einbringen oder Einleiten von Stoffen oder in sonstiger Weise auf das Gewässer eingewirkt ha-ben. Die Schadensbeiträge der einzelnen Handlungen las-sen sich in derartigen Fällen oft nur schwer oder überhaupt nicht auseinanderhalten und mithin als solches schwer fest-stellen. Hier wird vom Geschädigten nicht verlangt (wer-den können), dass er vollumfänglich den Beweis antritt, wer für den Schaden wirklich ursächlich geworden ist. Es genügt, dass die einzelne mögliche Ursache ihrer Art und den Umständen nach geeignet ist, den tatsächlichen Scha-den allein oder im Zusammenwirken mit anderen zu ver-ursachen. § 89 Abs. 1 Satz 2 WHG enthält mithin also die Vermutung, dass ein Gefährdungsbeitrag, der den Scha-den tatsächlich verursacht haben könnte, ihn auch tatsäch-lich verursacht hat, wobei dem Inanspruchgenommenen der Entlastungsbeweis möglich ist, 103 da im Innenverhältnis der Ersatzpflichtigen untereinander sodann § 426 BGB Gel-tung erlangt. 104 In bestimmten Fällen kann die Inanspruch-nahme eines von mehreren gesamtschuldnerisch Haftenden jedoch die Ermessensgrenze überschreiten. Dies ist nach gefestigter Rechtsprechung dann der Fall, wenn ein völ-lig ungeeigneter Gesamtschuldner ausgesucht wird und die anderen in Betracht kommenden Gesamtschuldner neben ihm vollends unbeachtet verbleiben. 105 Letztlich kann bei der Haftungsabwägung nach § 426 Abs. 1 BGB bedeutsam sein, dass einer der Gesamtschuldner einem anderen gegen-über eine besondere Vertragspflicht verletzt hat. 106

Landfill Mining wird in der Literatur als vielversprechendes Kon-zept zum Ressourcenschutz diskutiert. Damit können durch Öff-nen und Abgraben von Deponien dem Stoffkreislauf entzogene Materialien stofflich oder thermisch verwertet werden. Warum wird Landfill Mining jedoch derzeit in Deutschland kaum umgesetzt? Einerseits scheitert es an der Wirtschaftlichkeit. Durch die steigen-

Laura Elger, Bachelor of Arts WirtschaftswissenschaftenLeuphena Universität Lüneburg, Lüneburg, Deutschland

den Rohstoffpreise könnte sich dies jedoch bald ändern. Auf der an-deren Seite bestehen rechtliche Unsicherheiten. Eine konkrete Re-gelung im Kreislaufwirtschaftsgesetz sowie geeignete politische Förderinstrumente könnten Landfill Mining zu einem realistischen Beitrag zum Ressourcenschutz werden lassen.

1. Einleitung

Im Zuge einer wachsenden Weltbevölkerung und eines zu-nehmenden Wohlstandsniveaus steigt der globale Ressour-cenverbrauch in beachtlichem Maße an. Beispielsweise er-

DOI: 10.1007/s10357-013-2429-y

Landfill Mining: Ein realistischer Beitrag zum Ressourcenschutz?Laura Elger

© Springer-Verlag 2013

NuR (2013) 35: 257–263 257Elger, Landfill Mining: Ein realistischer Beitrag zum Ressourcenschutz?

123

102) Czychowski/Reinhardt, WHG Kommentar, 9. Aufl., 2007, § 22, Rdnr. 22; Breuer, öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, Rdnr. 1119, jeweils mit weiteren Nachweisen; a. A. Sieder/Zeit-ler/Dahme/Knopp-Zeitler, WHG Kommentar, 35. Erg.-lfg., 2008, § 22, Rdnr. 39.

103) BGH, Urt. v. 28. 10. 1971 – III ZR 227/68, BGH NJW 1972, 204 ff.

104) Zur Ausgleichungspflicht insbesondere Palandt, BGB, § 426 Anm. 2, 3; a. A. Gieseke, ZfW 1962, 4 ff., der statt § 426 BGB sogleich die Vorschriften des § 17 Abs. 1 StVG respektive § 41 LuftVG, § 5 ProduktHaftG sinngemäß angewendet sehen möchte; vgl. auch Hager, NJW 1991, 134 ff.

105) VGH München, Urt. v. 1. 7. 1998, – 22 B 98, 198, NVwZ-RR 1999, 99.

106) BGH, Urt. v. 23. 2. 1984 – III ZR 77/83, BGH VersR 1984, 443 f.

Page 2: Landfill Mining: Ein realistischer Beitrag zum Ressourcenschutz?

höhte sich der jährliche Gesamtrohstoffverbrauch zwischen den Jahren 1980 und 2007 um 62 %. 1 Vor dem Hintergrund begrenzter natürlicher Rohstofflagerstätten rücken daher anthropogene Rohstofflager zunehmend in das Blickfeld der Forschung: Durch Recycling kann so eine stückweite Entkoppelung des Wirtschaftswachstums vom Primärroh-stoffverbrauch erzielt werden.

Bis in die 1980er Jahre gab es in Deutschland im Rah-men des Abfallbeseitigungsgesetzes 2 keine Regelung zur Abfallverwertung, sodass bis dahin Abfälle unsortiert de-poniert wurden. Danach nahm die Abfallverwertungsrate schrittweise zu. Entsprechend ging die Deponierung von verwertbaren Stoffen zurück, bis ab dem Jahr 2005 keine unbehandelten Abfälle mehr deponiert werden durften. 3 In den 2500 Mio. Tonnen Deponieinhalt in Deutschland la-gern, vor allem in den älteren Mülldeponien und aus der Einlagerungszeit bis 2005, große Mengen an verwertbaren Rohstoffen, die dem Stoffkreislauf entzogen sind. 4

Dies gibt Anlass zur Diskussion über den Rückbau von alten Mülldeponien zur Gewinnung von Sekundärrohstof-fen – dem sogenannten Landfill Mining. Obwohl zahlrei-che Studien diesem Ansatz großes Potential zuschreiben, mangelt es derzeit an einer konkreten, praktischen Umset-zung. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich vor diesem Hintergrund mit der Frage, welches die vorherrschenden Hemmnisse des Landfill Minings sind und welche Mög-lichkeiten es von staatlicher Seite gibt, um diese Ressourcen schützende Maßnahme zu fördern.

Für die Beantwortung dieser Frage wird in dieser Ar-beit zunächst in Abschnitt 2 der Begriff des Landfill Mi-nings definiert und bisherige Anwendungen in der Pra-xis beschrieben. Anschließend erfolgt in Abschnitt 3 eine Darstellung der Potentiale des Landfill Minings. Diesen Potentialen gegenüber stehen jedoch Hemmnisse vor al-lem rechtlicher, aber auch wirtschaftlicher Art, auf die in Abschnitt 4 eingegangen wird. Die Arbeit schließt in Ab-schnitt 5 mit einem Fazit ab, in welchem die gewonnen Er-kenntnisse zusammengefasst werden und ein Ausblick auf zukünftigen Forschungsbedarf gegeben wird.

2. Begriffserklärung und bisherige Anwendung von Landfill Mining

2.1 Abgrenzung des Landfill Mining Begriffs

Das vorherrschende Paradigma von Deponien basiert auf ih-rer Funktion als langfristige bzw. endgültige Abfalllager-stätten. Nach der Nutzung werden sie durch eine behörd-lich überwachte Stilllegungs- und Nachsorgephase geführt, bis von ihnen keine potentielle Gefahr mehr insbesondere hinsichtlich möglicher Umweltschäden erwartet wird. An-schließend werden die Deponien sich selbst überlassen. 5 Trotz angestrebter Endgültigkeit kann es trotzdem zum er-neuten Öffnen und Abgraben der Deponieabfälle kommen – dem sogenannten Deponierückbau. Hierbei werden „die ab-gegrabenen Abfälle klassiert, fraktioniert, Stör- und/oder

Schadstoffe werden aussortiert, Teile der rückgebauten Ab-fälle werden einer Verwertung zugeführt und nur der nicht verwertbare Anteil am Standort oder in einer standortnahen geeigneten Deponie verdichtet wieder eingebaut“ 6. Ein sol-cher Deponierückbau kann die folgenden Ziele haben 7:

Erhöhung des Deponievolumens Folgenutzung der Deponiefläche Beseitigung von potentiellen oder existierenden Um-

weltbeeinträchtigungen (bspw. Boden- und Grund-wasserverschmutzung, Methan Emissionen)

Einsparung von Stilllegungs- und Nachsorgekosten der Deponie

Gewinnung von heizwertreicher Fraktion zur thermi-schen Verwertung

Gewinnung von stofflich verwertbaren WertstoffenStellen die letzten beiden genannten Punkte das primäre

Ziel des Deponierückbaus dar, so handelt es sich um Land-fill Mining. 8 Entgegen des traditionellen Endgültigkeitsge-dankens von Deponien versteht das Landfill Mining Kon-zept Deponien als temporäre Lagerstätten von zu einem späteren Zeitpunkt nutzbaren Ressourcen. 9

Der exakten Definition nach ist Landfill Mining also eine besondere Form des Deponierückbaus. Im Zuge der Li-teraturrecherche zeigte sich jedoch auch eine begriffliche Unschärfe zwischen den verschiedenen Konzepten: häufig kommt es zu einer Gleichsetzung des Konzeptes des Land-fill Minings mit dem eigentlich übergeordneten Konzept des Deponierückbaus. Der Grund hierfür ist möglicher-

Elger, Landfill Mining: Ein realistischer Beitrag zum Ressourcenschutz?

123

258 NuR (2013) 35: 257–263

1) Goldmann, Landfill Mining im Kontext der Ressourcensicherung aus Abfallströmen, Workshop Landfill Mining – Option oder Fik-tion?, Berlin, 10. 2. 2012, S. 3.

2) Gesetz über die Beseitigung von Abfällen (Abfallbeseitigungsge-setz – AbfG) vom 7. 6. 1972 (BGBl. I S. 873) im Jahr 1986 ersetzt durch Gesetz über die Vermeidung und Entsorgung von Abfäl-len (Abfallgesetz – AbfG) vom 27. 8. 1986 (BGBl. I S. 1410), siehe darin insbesondere § 1 a Abs. 2 AbfG.

3) Scheffold, Umlagerung und Rückbau von Deponien, in: Hösel (Hrsg.): Müll-Handbuch: Sammlung und Transport, Behandlung und Ablagerung sowie Vermeidung und Verwertung von Abfällen 3, Berlin 2007, S. 2 ff.

4) Mocker et al., Urban Mining – Rohstoffe der Zukunft, in: Müll und Abfall, 2009, 10, 495.

5) Eitner, Deponierückstellungen für Abfalldeponien, in: Hösel (Hrsg.): Müll-Handbuch: Sammlung und Transport, Behandlung und Ablagerung sowie Vermeidung und Verwertung von Abfällen 4373, Berlin 2007, S. 3 ff.

6) Rettenberger, Deponierückbau: Technik, Wirtschaftlichkeit, Per-spektiven, in: Stegmann, (Hrsg.): Deponietechnik 2010: Dokumen-tation der 7. Hamburger Abfallwirtschaftstage vom 1.–2. 2. 2010, Stuttgart 2010, S. 249.

7) Rettenberger (Fn. 5), S. 260; Hogland/Marques/Nimmermark, (Fn. 65), S. 155.

8) Hogland/Marques/Nimmermark, (Fn. 65), S. 155.9) Geysen et al., Enhanced landfill mining – a future perspective for

landfilling, International Waste Management and Landfill Sym-posium, Sardinia, Italy, 5.–9. 10. 2009, Nr. 12, S. 1.

Tab. 1 Einordnung von Landfill Mining in das Urban Mining Konzept

Urban Mining

Rezente Abfälle Halden- Bergbau- Verhüttung

Versatz

Gebäude und Infrastruktur bauwerke Leitungen und InstallationenLandfill

Mining Deponien

– Haus- und Gewerbemüll– Schlacken und Schlämme– Bauschutt und Boden– Produktionsspezifische Abfälle

Abfallwirtschaft Bergbau und Verhüttung Bauwesen

Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an Mocker et al. 2010, S. 493

Page 3: Landfill Mining: Ein realistischer Beitrag zum Ressourcenschutz?

weise, dass im Englischen landfill mining und auch landfill re-clamation für beide Konzepte verwendet wird. 10 Dabei muss die jeweilige Zielsetzung des Deponierückbaus beachtet werden.

Ebenso ist eine Abgrenzung des Begriffs Urban Mining an dieser Stelle relevant. Entsprechend der deutschen Über-setzung bedeutet Urban Mining städtischer Bergbau. Die genaue Bedeutung dessen ist jedoch geteilt: Einerseits ver-steht man darunter das Recyceln von in städtischer Infra-struktur befindlichen Ressourcen nach ihrer Nutzungs-phase. Andererseits wird es in der Entsorgungswirtschaft auch als Synonym für den vorher definierten Begriff des Landfill Mining verwendet. 11 Wieder andere Quellen defi-nieren Urban Mining umfassender als „im weitesten Sinne anthropogen geschaffene Lagerstädten materieller Res-sourcen“ 12. Je nach Wirtschaftssektor wird innerhalb dieses Verständnisses eine andere Form der Lagerstätte betrachtet, wie in Tabelle 1 deutlich wird.

Im Folgenden soll das Landfill Mining Konzept aus Sicht des Ressourcenschutzes im Bereich der Abfallwirtschaft untersucht werden. Daher wird Landfill Mining als Depo-nierückbau mit dem Zweck der Wertstoffgewinnung und -verwertung verstanden.

2.2 Bisherige Landfill Mining Praxis

Die Anfänge von Deponierückbau Projekten reichen zu-rück bis in die 1950er Jahre. In Israel wurde erstmals eine Abfalldeponie zurückgebaut und Wertstoffe daraus gewon-nen, um eine Bodenverbesserung für Obstplantagen zu er-zielen. 13 Erst in den 1980er Jahren wurden in den USA ver-stärkt Deponierückbauprojekte durchgeführt. Die Gründe lagen hierbei in der Gewinnung von heizwertreichen Ma-terialen zur Stromerzeugung, der Deponievolumengewin-nung, der Verkürzung der Nachsorgephase sowie der Ge-fahrenabwehr zum Schutz des Grundwassers. 14 Insbesondere eine Verschärfung im Umweltrecht (Subtile D – regulations on management of non-hazardous solid waste) bewirkte in den 1990er Jahren eine Zunahme von Deponierückbaupro-jekten in den USA. In Europa erfolgte der erste Deponie-rückbau im Jahr 1993 an der deutschen Deponie Burghof/Horrheim zu Gewinnung von Deponievolumen. Weitere Projekte in Deutschland, Italien, der Niederland, Öster-reich, Schweden und der Schweiz folgten. Ebenso gab es vereinzelte Pilotprojekte in Asien. 15 Mocker et al. ziehen eine Bilanz aus bisherigen durchgeführten Deponierückbaumaß-nahmen: 16 Demnach wurden bisher 77 Deponien mit einem Volumen von etwa 10 000 m3 rückgebaut. Zu den Gründen zählten vor allem der Grundwasserschutz (33 %) und die Vo-lumengewinnung (20 %). Mit dem Ziel der Wertstoffgewin-nung wurden nur 13 % der Projekte durchgeführt. Weitere Gründe lagen bei internen Deponiebaumaßnahmen (13 %), der Siedlungsflächengewinnung (12 %) und der Reduktion von Nachsorgekosten (8 %).

Insgesamt wird deutlich, dass Landfill Mining bisher nicht im Fokus der Deponierückbauaktivitäten stand. Vor allem in Deutschland gab es bisher nur zwei Projekte, die primär zur Erkundung des Rohstoffpotentials von Depo-nien dienten. 17

3. Potentiale von Landfill Mining

3.1 Ressourcenpotentiale

Die Potentiale von Landfill Mining wurden bereits in ei-ner Vielzahl von Untersuchungen ermittelt. Im Zentrum der Untersuchungen stand dabei insbesondere die Ermitt-lung der Rohstoffpotentiale. 18 Im Anbetracht von allein 106 000 Altdeponien in Deutschland erscheint das Potential enorm 19, da theoretisch alle deponierten Abfälle stofflich verwertbar sind. Aus wirtschaftlichen Gründen sind jedoch Metalle und Kunststoffe zur stofflichen bzw. rohstofflichen Verwertung und organische Stoffe zur Energiegewinnung sowie Phosphate von besonderem Interesse. 20 Vielfach zi-tiert werden in der Literatur die Berechnungen von Retten-berger 21. Demnach werden in Deutschland in den insgesamt etwa 750  Millionen Tonnen deponiertem Hausmüll und hausmüllähnlichem Gewerbeabfall folgende Wertstoff-mengen vermutet (Tabelle 2):

Diese und ähnliche Ermittlungen des Ressourcenpoten-tials basieren auf einer Kombination von Informationen aus Abfallstatistiken und Probebohrungen. 22 Besonders hoch erscheint das Potential von Deponien, welche bis in die 1980er Jahre angelegt wurden, da bis zu diesem Zeit-punkt aufgrund von fehlenden gesetzlichen Bestimmungen nur wenige Abfälle verwertet wurden. 23 Neben dem Ein-fluss von Gesetzesbestimmungen wirken sich auch die Art der Deponie, die regionale Industrie- und Gewerbestruk-tur und der kulturelle und ökonomische Kontext der Haus-halte, deren Müll in der entsprechenden Deponie gelagert

NuR (2013) 35: 257–263 259Elger, Landfill Mining: Ein realistischer Beitrag zum Ressourcenschutz?

123

10) Bockreis/Knapp, Landfill Mining – Deponien als Rohstoffquelle, in: Österreichische Wasser- und Abfallwirtschaft 2011, 6370.

11) Bockreis/Knapp (Fn. 9), S. 6370.12) Mocker et al. (Fn. 3), S. 492.13) Savage/Golueke/von Stein, Landfill Mining: past and present, in:

BioCycle 1993, 34, 58–61.14) Bockreis/Knapp (Fn.  9), S.  72; Krook/Svensson/Eklund, (Fn.  17),

S. 514; Hogland/Marques/Nimmermark, (Fn. 65), S. 119.15) Siehe für eine Übersicht über durchgeführte Rückbauprojekte

Bockreis/Knapp (Fn. 9). 16) Mocker et al. (Fn. 3), S. 499.17) Bockreis/Knapp (Fn. 9), S. 71.18) Krook/Svensson/Eklund, Landfill mining: A critical review of two

decades of research, in: Waste Management 2012, 32, 515.19) Mocker et al. (Fn. 3), S. 495.20) Scheffold (Fn.  2), S.  11; Mocker et  al. (Fn.  3), S.  495; Wiemer/

Bartsch/Schmeisky. Deponien als Rohstofflagerstätte von mor-gen – Ergebnisse einer hessenweiten Untersuchung, in: Egloff-stein/Burkhardt (Hrsg.): 19. Karlsruher Deponie- und Altlasten-seminar 2009: Abschluss und Rekultivierung von Deponien und Altlasten 16. 7. 2009, Karlsruhe 2009, S. 695.

21) Rettenberger, Zukünftige Nutzung der Deponie als Ressourcen-quelle in: Flamme et  al. (Hrsg.): 11. Münsteraner Abfallwirt-schaftstage, Band 13, Münster 2009, S. 101 ff.

22) für eine genaue Beschreibung der Potentialermittlung siehe bei-spielweise Gäth/Nispel, Ressourcenpotential von ausgewählten Hausmülldeponien in Deutschland, in: Müll und Abfall, Nr. 2, 2011, S. 61–67.

23) Mocker et al. (Fn. 3), S. 500; Scheffold (Fn. 2), S. 2 ff.

Tab. 2 Einschätzung der Wertstoffmengen auf deutschen Deponien

Geschätzter Wertstoffgehalt in Deponien Entsprechung des Anteils am deutschen Jahresverbrauch

Etwa 8 Mio. TJ Heizwert = etwa 2300 TWh Energieinhalt 58 % PrimärenergieEtwa 26 Mio. t Fe-Schrott 124 % EisenEtwa 850 000 t Kupferschrott 57 % KupferEtwa 500 000 t Aluminiumschrott 22 % AluminiumEtwa 650 000 t Phosphat Keine Angaben

Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an Rettenberger 2009, S. 101 ff.

Page 4: Landfill Mining: Ein realistischer Beitrag zum Ressourcenschutz?

wird, auf die Zusammensetzung und somit die Qualität der Deponieinhalte aus. 24

3.2 Positive Nebeneffekte von Landfill Mining

Neben dem großen Potential der Erlöse aus dem Verkauf von Sekundärrohstoffen hat das Landfill Mining Konzept weitere ökonomische Potentiale. So können durch die Ent-nahme von Wertstoffen Deponievolumen oder durch den kompletten Rückbau einer Deponie neue nutzbare Flächen geschaffen werden. Weiterhin können erhebliche Kosten für die etwa 30  Jahre dauernde Stilllegungs- und Nach-sorge phase eingespart werden. 25

Abschließend leistet Landfill Mining einen Betrag zum Umweltschutz, da alte, oft schlecht abgesicherte Deponien beseitigt werden und so potentielle Gefahren für Grund-wasser, Boden und Klima reduziert werden können.

3.3 Landfill Mining als politisches Instrument zum Ressourcenschutz

Darüberhinaus kann Landfill Mining ein politisches In-strument zur Förderung des Ressourcenschutzes und der Kreislaufwirtschaft darstellen. Landfill Mining trägt bei-spielsweise dazu bei, die in § 6 KrWG 26 vorgegebene Ab-fallhierarchie einzuhalten. Demnach soll Abfall möglichst vermieden, dann erst stofflich oder energetisch verwertet und erst als letzte Option deponiert werden. 27

Bezogen auf die Aspekte Effizienz, Konsistenz und Suf-fizienz einer nachhaltigen Entwicklung lässt sich das Land-fill Mining Konzept der Ressourceneffizienz zuschreiben. Durch das Recycling von Wertstoffen wird eine Steige-rung der Ressourcenproduktivität erzielt und somit wer-den weniger Primärrohstoffe bei gleichbleibender Produk-tionsmenge benötigt. 28 Dadurch kann Landfill Mining zu einer Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Primär-rohstoffverbrauch beitragen. 29 Darüberhinaus trägt Land-fill Mining dazu bei, dass Umweltauswirkungen, die von alten Deponien ausgehen können, verhindert werden. Da Deponien selten ewig haltbar sind, verlagert die bisherige Behandlung von Deponien als endgültige Abfalllagerstätte die Schäden, die beispielsweise durch Versagen von Depo-niedichtsystemen infolge Alterung auftreten können, und somit auch die Kosten auf spätere Generationen in die Zu-kunft. Mittels Landfill Mining könnte die Verursacherge-neration die Herausforderung des endgültigen Umgangs mit dem selbst erzeugten Abfalls selbst beheben und da-durch zur intergenerationalen Gerechtigkeit beitragen. 30

Diese Potentiale wurden von staatlicher Seite bereits an-satzweise erkannt: So beschreiben sowohl die Rohstoffstrate-gie der Bundesregierung als auch die Europäische Kommission in ihrer Rohstoffinitiative die wachsende Bedeutung von an-thropogenen Rohstofflagern. 31 Erste Umsetzungsmaßnah-men daraus finden sich in der Fördermaßnahme „r³ – Inno-vative Technologien für Ressourceneffizienz – Strategische Metalle und Mineralien“ des Bundesministeriums für Bil-dung und Forschung sowie in den Forschungsprogrammen oder Erkundungsfonds einzelner Bundesländer. 32

Trotz dieser ersten Fördermaßnahmen und der beschrie-benen Potentiale wird Landfill Mining in der Praxis noch nicht über Forschungszwecke hinaus angewendet. Daher soll im folgenden Abschnitt untersucht werden, welche die bestehenden Hemmnisse und Hindernisse sind und wie diese möglicherweise reduziert werden können.

4 Hemmnisse für die praktische Umsetzung von Landfill Mining

4.1 Wirtschaftlichkeit

Als Umsetzungsbarrieren von Landfill Mining wird zu-meist die mangelnde Wirtschaftlichkeit diskutiert. Bisher

besteht in der Literatur keine Einigkeit über eine allge-meingültige Vorgehensweise, um die Wirtschaftlichkeit von Landfill Mining zu ermitteln, da jede Deponie ihre spezifischen Bedingungen und Ziele hat. 33 Grundsätzlich wird jedoch mit einer Kosten-Nutzen Analyse gearbeitet, um zu untersuchen ob die Kosten der Stilllegungs- und Nachsorgephase teurer sind als die Kosten des Deponie-rückbaus einschließlich des Verkaufs der rückgewonnen Materialien.

Ohne Deponierückbau müssen nach der Nutzungsphase einer Deponie gesetzlich vorgeschrieben Stilllegungs- und Nachsorgemaßnahmen erfolgen. Dazu zählen „Abkapse-lung, hydraulische Maßnahmen und/oder Maßnahmen der Schadstoffentfrachtung“ 34 Dabei fallen nach einer bei-spielhaften Berechnung von Rettenberger Kosten zwischen

Elger, Landfill Mining: Ein realistischer Beitrag zum Ressourcenschutz?

123

260 NuR (2013) 35: 257–263

24) Mocker et  al. (Fn.  3), S.  500; Hahn, Rohstoffpotentiale hessi-scher Deponien, in: Wasser und Abfall 2010, 1249; Gäth & Nispel (Fn. 21), S. 63.

25) Eitner (Fn. 4), S. 4 f.26) Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der

umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen (Kreislauf-wirtschaftsgesetz – KrWG) vom 24. 2. 2012 (BGBl. I S. 212).

27) Biedermann, Deponien haben Zukunft, in: Müll und Abfall 2012, 1, 1.

28) Sanden/Schomerus/Schulze/Wegener, Entwicklung eines Rege-lungskonzepts für ein Ressourcenschutzrecht des Bundes, Um-weltbundesamt, Studie im Auftrag des Umweltbundesamtes, Lü-neburg, Darmstadt 2011, S. 23 ff.

29) Goldmann (Fn. 1), S. 6.30) Gosten, Untersuchung über den Nutzen des Deponierückbaus

Gedanken zum Deponierückbau unter heutigen Rahmenbedin-gungen am Beispiel einer BSR-Deponie –, in: Thomé-Kozmi-ensky/Goldmann (Hrsg.): Recycling und Rohstoffe, Band  2, Neuruppin, S. 467.

31) Gäth & Nispel (Fn. 21), S. 61; vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi), Rohstoffstrategie der Bundesregierung, Berlin 2010; vgl. Europäische Kommission, Die Rohstoffinitiative – Sicherung der Versorgung Europas mit den für Wachstum und Beschäftigung notwendigen Gütern, Europäische Kommission, Mitteilung der Europäischen Kommission an das europäische Parlament und den Rat, Brüssel 2008.

32) Biedermann (Fn. 26), S. 1; Bundesministerium für Bildung und For-schung (Bmbf ), Bekanntmachung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung von Richtlinien zur Fördermaßnahme „r3 – Innovative Technologien für Ressourceneffizienz – Stra-tegische Metalle und Mineralien“, Bmbf, 2010, veröffentlicht unter http://www.bmbf.de/foerderungen/15444.php.; Wiemer/Bartsch/Schmeisky. Deponien als Rohstofflagerstätte von mor-gen – Ergebnisse einer hessenweiten Untersuchung, in: Egloff-stein/Burkhardt (Hrsg.): 19. Karlsruher Deponie- und Altlasten-seminar 2009: Abschluss und Rekultivierung von Deponien und Altlasten 16. 7. 2009, Karlsruhe 2009, S. 685 f.; Hölzle, Vom De-ponierückbau bis zum landfill mining – eine Synthese internati-onaler Untersuchungen, in: Österreichische Wasser- und Abfall-wirtschaft 2010, 7–8, 156.

33) Krook et al. (Fn. 17), S. 516.34) Rettenberger (Fn. 5), S. 253.

Tab. 3 Kosten und Erlöse von Landfill Mining Maßnahmen

Kosten Erlöse

Technische Erschließung & Abtragen des Deponievolumens

Einsparung von Nachsorgemaß-nahmen

Transport Gewonnene Sekundärrohstoffe

Wiedereinlagerung von nicht verwertbaren Stoffen

Ersatzbrennstoffe

ggf. Oberflächenabdichtung FlächenrecyclingAufbereitung, Klassierung, Sortierungggf. Sanierungsmaßnahmen

Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an Gosten, 460 ff.; Krook S. 516

Page 5: Landfill Mining: Ein realistischer Beitrag zum Ressourcenschutz?

5 €/m3 und 25 €/m3 an. 35 Im Vergleich dazu wird bei Land-fill Mining-Maßnahmen mit Kosten zwischen 30 €/m3 und 40 €/m3 gerechnet, welche für Rückbau, Rekultivierung der Deponiebasis, Transport, Verwertungstechnik und Entsorgung der restlichen Stoffe anfallen. 36 Diese verhält-nismäßig hohen Deponierückbaukosten können allerdings durch Einnahmen aus der Sekundärrohstoffgewinnung re-duziert werden. Nach Rettenberger könnten dadurch bei günstigen Rahmenbedingungen die Gesamtkosten des De-ponierückbaus unter 20 €/m3 fallen, sodass die Wirtschaft-lichkeit für bestimmte Standorte gegeben wäre. 37 Aufgrund von wenigen praktischen Erfahrungen können diese Zah-len allerdings lediglich als erste Näherung gesehen werden.

Als die zwei wichtigsten Determinanten führt eine Viel-zahl von Autoren die aktuellen Rohstoffpreise sowie die speziellen Aufbereitungskosten auf. 38 Trotz grundsätzlicher Machbarkeit können oftmals nicht alle potentiellen Wert-stoffe gewonnen werden, da die dafür benötigte Technik nicht finanzierbar wäre. Beispielweise rechnen sich derzeit die Aufbereitungskosten, um aus heizwertreicher Fraktion Ersatzbrennstoffe herzustellen, nur für einen sehr geringen Anteil. 39 Des Weiteren bestehen erhebliche Unsicherhei-ten bezüglich der Qualität der Rohstoffe, zukünftiger Ent-wicklungen der Rohstoffpreise und der Sanierungsbedürf-tigkeit der Deponie.

Insgesamt scheint derzeit die Finanzierbarkeit von Land-fill Mining Maßnahmen zur Rohstoffgewinnung noch nicht gegeben, jedoch weisen zahlreiche Autoren darauf hin, dass mit zunehmender Rohstoffverknappung und stei-genden Rohstoffpreisen Landfill Mining in Zukunft auch wirtschaftlich immer interessanter werden wird. 40

4.2 Rechtliche Rahmenbedingungen

Wie die vorangegangenen Ausführungen zeigen, ist der Forschungsstand bezüglich der Rohstoffpotentiale und der technischen Machbarkeit des Landfill Minings bereits rela-tiv weit fortgeschritten. 41 Ebenso werden diese Bereiche im Rahmen staatlich geförderter Forschungsprogramme bei-spielsweise durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung, das Land Hessen oder das Land Bayern (Fonds für Erkundung) erforscht. 42 Einige erste Untersuchungen fanden auch bezüglich der Wirtschaftlichkeitsprüfung statt. Weniger Beachtung in der aktuellen Forschung findet hin-gegen die rechtliche Dimension des Landfill Minings. Da-her soll diese im Folgenden näher untersucht werden.

4.2.1 Rechtlicher Status-Quo

Weder im europäischen noch im nationalen Recht gibt es derzeit einschlägige Gesetze oder Verordnungen, die sich explizit auf das Konzept des Landfill Minings, verstanden als Deponierückbau zur Gewinnung von Rohstoffen, be-ziehen. 43

Bisherige Deponierückbaumaßnahmen erfolgten auf Grundlage des Bundes-Bodenschutzgesetzes (BBodSchG), da sie vorrangig aus Gründen der Gefahrenabwehr wie bei-spielsweise zur Vermeidung einer Grundwasserverunrei-nigung durchgeführt wurden. Demnach kann nach gel-tendem deutschen Recht ein Landfill Mining Projekt nur genehmigt werden, wenn die Deponie bereits stillgelegt wurde (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 2 BBodSchG 44) und es sich somit um eine Altablagerung nach dem Bundes-Bodenschutzge-setz handelt, welche saniert werden soll (vgl. Sanierungsver-fügung § 4 Abs. 3 BBodSchG; Sanierungsplan § 13 BBod-SchG). 45 Da sich jedoch das Landfill Mining Konzept nicht nur auf sanierungsbedürftige Deponien beschränkt, er-scheint das BBodSchG allein nicht als sinnvolle Grundlage.

Auch das vom Begriff „Mining“ naheliegende Bergrecht ist nicht auf Landfill Mining anwendbar, da es lediglich das Aufsuchen, Gewinnen und Aufbereiten von Bodenschät-zen umfasst (§§ 2 Abs. 1 Nr. 1 u. 2. sowie 1 Nr. 1 BBergG 46) und sich dabei der Begriff Bodenschätze nur auf natürli-

che Ablagerungen oder Ansammlungen bezieht (§ 3Abs. 1 BBergG). Das Kriterium der Natürlichkeit erfüllen die in Deponien abgelagerten Abfälle nicht, weshalb das Berg-recht nicht anwendbar ist. 47

Thematisch liegt die Einordnung in das Kreislaufwirt-schaftsrecht und die Deponieverordnung nah. Artikel § 40 KrWG regelt beispielsweise die Stilllegung von Depo-nien. „Das sog. Urban Mining, d. h. die Nutzung stillge-legter Deponien als Sekundärrohstoffquelle wird von § 40 nicht erfasst“. 48 Auch in der deutschen Deponieverordnung wird Landfill Mining nicht geregelt. Ihr Anwendungsbe-reich endet nach der Nachsorgephase von Deponien (vgl. § 11 DepV 49), sodass Rückbau Maßnahmen, die nach Be-endigung der Sachsorgephase stattfinden, nicht mehr im Anwendungsbereich der DepV liegen. 50 Der Rückbau von besonders alten und damit besonders wertstoffreichen Alt-deponien lässt sich demnach nicht über die aktuelle DepV adressieren. Auch die EU-Deponierichtlinie nimmt keinen konkreten Bezug auf Landfill Mining. 51

Für den Fall, dass ein Landfill Mining Projekt noch vor Abschluss der Nachsorgephase erfolgen soll, finden sich in der Deponieverordnung einige anwendbare Regelungen: So regelt beispielsweise § 6 Abs. 6 DepV, dass die Rohstoff-verwertung auf dem Gelände der Deponie stattfindet. 52 Im Bezug auf den Wiedereinbau von nicht verwertbaren Ab-fällen regelt die Deponieverordnung seit der Novellierung im Jahr 1999 sogar den Deponierückbau explizit. 53 Dem-nach dürfen „mit Zustimmung der zuständigen Behörde […] auch bei Überschreitung einzelner Zuordnungswerte […] nicht gefährliche Abfalle aus Schadensfällen […] auf einem gesonderten Teilabschnitt eines Deponieabschnitts der Klasse II abgelagert werden, soweit zuvor eine mög-lichst weitgehende Aussortierung organischer Anteile er-folgt ist und das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträch-

NuR (2013) 35: 257–263 261Elger, Landfill Mining: Ein realistischer Beitrag zum Ressourcenschutz?

123

35) Rettenberger (Fn. 5), S. 253.36) Rettenberger (Fn. 5), S. 254.37) Rettenberger (Fn. 5), S. 255.38) Siehe beispielweise Hahn, Rohstoffpotentiale hessischer Depo-

nien, in: Wasser und Abfall 2010, 1249; Gosten (Fn. 29), S. 459 f.39) Gosten (Fn. 29), S. 463, 466; Bockreis/Knapp (Fn. 9), S. 75.40) Krook et al. (Fn. 17), S. 516.41) Krook et al. (Fn. 17), S. 515.42) Biedermann (Fn. 26), S. 1; Hölzle, Vom Deponierückbau bis zum

landfill mining – eine Synthese internationaler Untersuchun-gen, in: Österreichische Wasser- und Abfallwirtschaft 2010, 7–8, 165; Wiemer/Bartsch/Schmeisky. Deponien als Rohstoffla-gerstätte von morgen – Ergebnisse einer hessenweiten Unter-suchung, in: Egloffstein/Burkhardt (Hrsg.): 19. Karlsruher Deponie- und Altlastenseminar 2009: Abschluss und Rekul-tivierung von Deponien und Altlasten 16. 7. 2009, Karlsruhe 2009, S. 685 f.

43) Bothmann et al., (Fn. 56), S. 9, Sanden et al. (Fn. 27), S. 91, 413, 176; Gosten (Fn. 29), S. 450.

44) Gesetz zum Schutz vor schädlichen Bodenveränderungen und zur Sanierung von Altlasten (Bundes-Bodenschutzgesetz – BBod SchG) vom 17. 3. 1998 (BGBl.  I S.  502) zuletzt geändert durch Gesetz am 24. 2. 2012 (BGBl. I S. 212).

45) Sanden et al. (Fn. 27), S. 17846) Bundesberggesetz (BBergG) vom 13. 8. 1980 (BGBl.  I S.  1310)

zuletzt geändert durch Artikel 15a des Gesetzes vom 31. 7. 2009 (BGBl. I S. 2585).

47) Sanden/Schomerus, Rechtsfragen des Landfill Mining, in: AbfallR – Zeitschrift für das Recht der Abfallwirtschaft 2012, 5, 196.

48) Schomerus, in: Versteyl/Mann/Schomerus, KrWG Kreislaufwirt-schaftsgesetz Kommentar. 3. neu überarbeitete Aufl., München 2012, § 40 Rdnr. 2.

49) Verordnung über Deponien und Langzeitlager (Deponieverord-nung – DepV) vom 27. 4. 2009 (BGBl. I S. 900) zuletzt geändert durch Gesetz am 24. 2. 2012 (BGBl. I S. 2012).

50) Sanden et al. (Fn. 27), S. 176.51) Sanden/Schomerus (Fn. 47), S. 197.52) Sanden et al. (Fn. 27), S. 177.53) Gosten (Fn. 29), S. 451, Mocker et al. (Fn. 3), S. 499.

Page 6: Landfill Mining: Ein realistischer Beitrag zum Ressourcenschutz?

tigt wird“. Dies „gilt auch [..] für Abfälle, die aus dem Rückbau einer Deponie […] stammen, wenn der die heiz-wertreichen Abfallanteile vor der Ablagerung weitgehend abgetrennt wurden“ (§ 6 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 DepV). In der Literatur wird diese Regelung als erster Schritt zur Berück-sichtigung von Deponierückbau im Deponierecht bezeich-net und ist vor allem für die Wirtschaftlichkeit von Landfill Mining relevant. 54

Bezüglich der Genehmigung von Deponierückbau-Maßnahmen verweist die Literatur auf das Kreislaufwirt-schaftsgesetz (KrWG). 55 Ein Landfill Mining Vorhaben wird zulassungsrechtlich als „wesentliche Änderung“ an der Deponie eingeschätzt, sodass nach § 35 Abs. 2 KrWG ein Planfeststellungsverfahren durch die zuständige Be-hörde erfolgen muss. Hierbei „ist eine Umweltverträg-lichkeitsprüfung nach den Vorschriften des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen.“ (vgl. § 35 Abs. 2 KrWG). Anstatt des Planfeststellungsverfahrens liegt es im Ermessen der Behörde nach § 35 Abs. 3 KrWG, ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren durchzufüh-ren, wenn die Änderung „keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf ein in § 2 Absatz 1 Satz 2 des Gesetzes über Umweltverträglichkeitsprüfung genanntes Schutzgut haben kann“. Schutzgüter sind Menschen, Tiere, Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft. Im verein-fachten Genehmigungsverfahren wird keine Umweltver-träglichkeitsprüfung mehr benötigt. Bothmann et al. ge-hen davon aus, dass Deponierückbau normalerweise keine erheblichen, nachteiligen Auswirkungen auf diese Schutz-güter hat, da das Ziel des Rückbaus genau eine Verbes-serung der Situation ist. 56 Sofern es sich nicht um einen Rückbau von besonders überwachungsbedürftigen Ab-fällen handelt, wird also das Genehmigungsverfahren er-leichtert. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass Landfill Mining nicht explizit geregelt ist, sodass es auch auf der Genehmigungsseite viele Unsicherheiten gibt und es zu-dem wenig Erfahrung gibt, auf die Behörden zurück grei-fen können. 57

Zusammenfassend kann bezüglich Landfill Mining eine Gesetzeslücke festgestellt werden. Nur an sehr vereinzelten Stellen wird explizit auf den Deponierückbau eingegan-gen. Auch bezüglich der weiteren Entwicklung bestehen viele Unsicherheiten. Vor allem das Deponierecht hat sich innerhalb der letzten Jahre sehr oft verändert, sodass wenig Verlässlichkeit herrscht. 58 Es besteht daher vielfältiger poli-tischer Handlungsbedarf, um die Rahmenbedingungen für Landfill Mining zu verbessern. Mögliche Ansatzpunkt zur Verbesserung sollen daher im folgenden Abschnitt aufge-zeigt werden.

4.2.2 Handlungsbedarf und mögliche Fördermaßnahmen

Die Landfill Mining Literatur knüpft vielfach am zuvor be-schriebenen Mangel von gesetzlicher Regelung für Depo-nierückbau an und fordert ausdrücklich, Landfill Mining in Deutschland explizit gesetzlich zu regeln. 59 Konkrete Gestaltungsempfehlungen lieferten erst die jüngsten Ver-öffentlichungen von Sanden et al. und Sanden/Schomerus. 60 Die Autoren machen konkrete Vorschläge und fordern eine eigenständige Normierung, die es ermöglichen soll, Land-fill Mining auf freiwilliger Basis durchführen zu können. Für die genaue Ausgestaltung empfehlen sie die Übertra-gung von Ansätzen aus dem Ausland, wo beispielsweise in Massachusetts (U. S.A) eine Rechtsvorschrift zum „Solid Waste Mangement“ regelt, wie Wiederöffnungen von De-ponien beantragt werden. Ein anderes Beispiel ist die Ver-waltungsvorschrift „Subchapter N: Landfill Mining“ aus Texas (U. S. A.), die umfangreich und detailliert Regelun-gen zu Deponieaktivitäten trifft. 61

Für die konkrete Übertragung und Anwendung im deutschen Recht ordnen Sanden und Schomerus zunächst Landfill Mining thematisch aufgrund seiner Ähnlichkeit zum zeitlich vorangegangenen Deponieren dem Kreis-

laufwirtschaftsgesetz zu. 62 Dafür müsste die Anwendbar-keit des Deponierechts angepasst werden, sodass es auch über die Nachsorgephase hinaus Anwendung finden kann. Dies könnte in § 40 KrWG zur Stilllegung explizit be-schrieben werden. In der Deponieverordnung könnten anschließend genauere Regelungen getroffen werden. Folgende Vorschläge werden dafür von Sanden et al. (Ta-belle 4) gemacht:

Im Bezug auf das Genehmigungsverfahren wird darauf hingewiesen, dass sich § 35 Abs. 2 KrWG auf den Betrieb von Anlagen zur Lagerung von Abfällen bezieht, jedoch darunter nicht Landfill Mining zu verstehen sei, so dass unklar bleibt, ob es sich bei Landfill Mining um eine Än-derung oder ein neues Vorhaben handelt und welche Prü-fung vorzunehmen ist. Daher wird vorgeschlagen, dass der Gesetzgeber explizit eine Pflicht zur Umweltverträglich-keitsprüfung für Landfill Mining Projekte in Anlage 1 zu § 3 Abs. 1 Satz 1 UVPG vorschreibt, was allgemeine oder standortbezogene Vorprüfungen (vergl. § 3 c Satz 1, Satz 2 UVPG) vorsieht. 63

Sanden/Schomerus betonen jedoch auch, dass sich die vor-geschlagenen Regelungen lediglich auf Rückbaumaßnah-men zum Zwecke der Ressourcengewinnung beziehen:

„Muss also ein Deponiekörper aus Gründen der Gefahren-abwehr herausgenommen werden, geht das Bodenschutzrecht vor. Besteht keine Gefahr und ist der Zweck der Maßnahme die Rückgewinnung von Ressourcen oder Energie, wäre nach der hier vertretenen Lösung das Deponierecht das anzuwen-dende Recht.“ 64

Auch auf europäischer Ebene fordern einzelne Autoren die explizite Regelung von Landfill Mining Maßnahmen, da aktuelle Abfallrahmenrichtlinien nicht mit dem Konzept

Elger, Landfill Mining: Ein realistischer Beitrag zum Ressourcenschutz?

123

262 NuR (2013) 35: 257–263

54) Mocker et al. (Fn. 3), S. 499.55) Mocker et al. (Fn. 3), S. 499; Bothmann et al., (Fn. 56), S. 10, Mocker

et al. (Fn. 3), S. 499.56) Bothmann et al., Umlagerung und Rückbau von deponierten Ab-

fällen, ATV-DVWK/VKS – Arbeitsbericht, 2002, S. 10.57) Gosten (Fn. 29), S. 451.58) Gosten (Fn. 29), S. 468.59) Siehe beispielsweise Hogland/Hogland/Marques, (Fn.  65), S.  9;

Gosten (Fn. 29), S. 451 f., Mehlhart/Ustohalova, (Fn. 68), S. 18; San-den et al. (Fn. 27), S. 414.

60) Sanden et al. (Fn. 27), S. 414; Sanden/Schomerus (Fn. 47), S. 199 ff.61) Sanden/Schomerus (Fn. 47), S. 199 f.62) Sanden/Schomerus (Fn. 47), S. 200.63) Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) in der

Fassung vom 24. 2. 2010 (BGBl. I S. 94) zuletzt geändert durch Gesetz am 21. 1. 2013 (BGBl. I S. 95).

64) Sanden/Schomerus (Fn. 47), S. 200.

Tab. 4 Anpassungsvorschläge zu Landfill Mining für die Deponieverordnung

Inhalt der Regulierung Bzgl. Landfill Mining (LFM) Paragraph

Begriffliche Definition von LFM Ergänzung in § 2 DepVErweiterung des zur Antragsstel-lung berechtigten Personenkreises über den Deponiebetreiber hinaus

Änderung § 2 Nr. 12 DepV

Ausweitung auf Zeitraum vor Abschluss der Nachsorgephase

Ergänzung in § 2 Nr. 27 DepV

Voraussetzungen für LFM Neuregelung als § 2 a DepVAblauf von LFM Maßnahmen Neuregelung als § 2 a DepVSicherheitsregelungen für LFM Ergänzung in Teil 4 DepV

Quelle: eigene Darstellung, in Anlehnung an Sanden et al. 2011, S. 417; San-den/Schomerus 2012, S. 200

Page 7: Landfill Mining: Ein realistischer Beitrag zum Ressourcenschutz?

im Konflikt stehen. 65 Im Gegenteil fordert die EU-Depo-nierahmenrichtlinie einen sparsamen Umgang mit Depo-nieraum. 66 Konkrete Vorschläge werden diesbezüglich je-doch nicht gemacht.

Auch derzeitige und künftig in Betrieb genommene De-ponien können bereits auf spätere Landfill Mining Maß-nahmen vorbereitet werden. Dazu bedarf es gesetzlicher Anpassungen. In der Literatur wird häufig auf die Rege-lung der Deponieabdichtung verwiesen. Entgegen dem vorherrschendem Ewigkeitsanspruch einer Deponieabde-ckung fordern die Autoren weitere Flexibilität bei der Wahl der Abdichtung. Es soll dadurch ermöglicht werden, eine Abdichtung nur als temporäre Maßnahme anzulegen, um eine spätere Deponieöffnung zu erleichtern und vorzuse-hen. 67 Bereits beim Design von Deponien können ebenfalls spätere Rückbauvorhaben berücksichtigt werden. 68 Materi-alien, die heute noch nicht wirtschaftlich verwertbar sind, können im Zuge der technischen Entwicklung in einigen Jahren dadurch leichter entnommen werden.

In einem nächsten Schritt kann auf politischer Ebene da-rüber nachgedacht werden, wie Landfill Mining als eine Form des Ressourcenschutzes gezielt gefördert werden könnte, um die bestehenden Anfangsschwierigkeiten zu beheben. Diesbezüglich werden in der Literatur zwei An-sätze vorgeschlagen. Zum einen wäre eine Subventionie-rung denkbar. Gosten schlägt beispielsweise vor, die ge-wonnenen „Ersatzbrennstoffe aus dem Deponierückbau zu subventionieren“. 69 Zum anderen könnte Landfill Mi-ning in den Handel mit Emissionszertifikaten einbezogen werden, denn „durch die Verminderung von diffuser Me-thanemission [werden] weit mehr Klimagase eingespart, als durch den Rückbau einschließlich Aufbereitung und Transport erzeugt werden“. 70 Dadurch werden Treibhaus-gasemissionen eingespart, welche durch Einbezug in den Europäischen Emissionshandel zu Erlösen führen könnten und neue Lösungen zur CO2-Sequestrierung aufzeigt. 71 Darüberhinaus kann die Politik in Bezug auf die Informa-tionsbeschaffung Einfluss auf die Entwicklung von Landfill Mining nehmen. So wäre ein nationales Altdeponien-Ka-taster sinnvoll, um eine umfassende Datengrundlage über die Zusammensetzung von Deponien zu erhalten, da häu-fig die Datenverfügbarkeit ein Problem darstellt. 72 Diesbe-züglich stellen Krook et al. bei der Durchführung einer Me-taanalyse zu Landfill Mining fest, dass insgesamt in diesem Forschungsfeld noch wenig Transparenz besteht und das verstärkte Auftreten von grauer Literatur eine Synthese von Ansätzen und Rahmenkonzepten verhindert. Daher sollte eine gemeinsame Wissensbasis geschaffen werden, die es ermöglicht, in naher Zukunft ein standardisiertes Vorgehen von Landfill Mining Projekten zu konstruieren. 73

Eine weitere wichtige Komponente für den Erfolg von Landfill Mining, die in der Literatur nur am Rande an-gesprochen wird, ist die Akzeptanz der Bevölkerung und der Anwohner im Speziellen. Zwar weist Rettenberger da-rauf hin, dass die negativen Auswirkungen wie Staub und Geruchsbildung durch den Einsatz von speziellen Techni-ken sehr gering sein können, jedoch sagen andere Autoren trotzdem Konflikte mit Bürgern voraus. 74 Eine gute Öf-fentlichkeitsarbeit und Informationsmaßnahmen über die Aufwertung der Region sind hier von großer Bedeutung.

5. Fazit und Ausblick

In Anbetracht der Verknappung von Ressourcen und fos-silen Energieträgern wird zunehmend nach alternativen Rohstoffquellen gesucht. Hierbei rücken unter anderem anthropogene Rohstofflager in das Blickfeld der Untersu-chungen. Eine vielversprechende Möglichkeit hierfür bietet das Landfill Mining. Aufgrund von mangelnden Recycling Regelungen wurden bis in die 1980er Jahre alle Materia-len nach dem Gebrauch als Abfall deponiert und somit dem Stoffkreislauf entzogen. Entsprechend dem Kreislaufwirt-

schaftsgedanken ist es daher nur schlüssig, diese, mit der heutigen Technik verwertbaren, Materialien den Deponien wieder zu entnehmen und einer stofflichen oder energeti-schen Verwertung zuzuführen. Neben der dabei erzielten Ressourcengewinnung bietet Landfill Mining noch wei-tere Vorteile, wie beispielsweise eine Flächengewinnung, Deponievolumengewinnung und die Vermeidung von spä-teren Nachsorgekosten und Umweltrisiken. Mit den beiden letztgenannten Punkten trägt Landfill Mining besonders zur intergenerationalen Gerechtigkeit bei.

Obwohl die Rohstoffpotentiale und positiven Neben-effekte groß sind, mangelt es in der Praxis an konkreten Umsetzungen. Deponierückbau wurde in Deutschland bis-her hauptsächlich aus Sanierungsgründen betrieben. Ein Grund hierfür ist die bisher schwierige finanzielle Um-setzbarkeit, da die Rückbaukosten derzeit noch über den Rohstofferträgen liegen. Mit weiter steigenden Rohstoff-preisen könnte sich dies jedoch in absehbarer Zeit ändern. Der zweite Grund für die Umsetzungslücke sind die man-gelnden politischen und vor allem rechtlichen Rahmenbe-dingungen. Deutsche und europäische Regelungen expli-zit zum Landfill Mining gibt es bisher nicht und teilweise schließt das aktuelle Recht diese Möglichkeit aufgrund eines begrenzten Anwendungsbereichs sogar aus. Nur an einigen wenigen Stellen können erste Anzeichen für die Berücksichtigung von Landfill Mining gefunden werden. Durch eine eigenständige gesetzliche Regelung von Land-fill Mining könnten Unsicherheiten behoben und Hemm-nissen entgegengewirkt werden. Darüber hinaus kann die Politik durch Anreizsysteme wie Subventionierung, Ein-bezug in das Emissionshandelsystem und weitere gezielte Förderung die Bedingungen verbessern. Neben politischen Rahmenbedingungen stellt das Konzept des Landfill Mi-ning auch an die Forschung besondere Herausforderungen. Viele Disziplinen müssen effektiv zusammenarbeiten um das multi-disziplinär angelegte Forschungsfeld weiter er-forschen zu können. Außerdem benötigt es mehr Abstim-mung sowie mehr Veröffentlichungen abseits von grauer Literatur, um aus dem derzeit sehr eigenständigen Einzel-forschungen eine Synthese zu bilden.

Insgesamt ist Landfill Mining ein Konzept mit vielen Potentialen, die sich jedoch unter derzeitigen Bedingun-gen noch nicht entfalten können. Die teilweise getroffene pauschale Aussage, dass Deponien keine Altlasten sondern Goldgruben seien ist also nicht zutreffend. Eine Bezeich-nung als vielversprechende rückholbare Rohstofflager er-scheint angemessener und wird in der Literatur vielfach verwendet. Abschließend sollte Landfill Mining nur als eine Teilmaßnahme im Bereich des Ressourcenschutzes gesehen werden und ist nur effektiv wirksam, wenn es in ein breites Maßnahmenspektrum eingebettet ist.

NuR (2013) 35: 257–263 263Elger, Landfill Mining: Ein realistischer Beitrag zum Ressourcenschutz?

123

65) Hogland/Hogland/Marques, Enhanced Landfill Mining: Material recovery, energy utilisation and economics in the EU (Direc-tive) perspective, Enhanced Landfill Mining and the transition of Sustainable Materials Management: Proceedings of the Inter-national Academic Symposium on Enhanced Landfill Mining, Houthalen- Helchteren/Belgien 2010, S. 9.

66) Richtlinie 1999/31/EG vom 26. 4. 1999 über die Deponierung von Abfällen (ABl. EG, Nr. L 182 16. 7. 1999, S. 1); siehe hierzu auch Sanden/Schomerus (Fn. 47), S. 197.

67) Gäth/Nispel (Fn.  21), S.  67; Gosten (Fn.  29), S.  468; Scheffold (Fn. 2). S. 21.

68) Mehlhart/Ustohalova, Landfill Mining – Option oder Fiktion?, Workshop Landfill Mining – Option oder Fiktion?, Berlin, 10. 2. 2012, S. 36.

69) Gosten (Fn. 29), S. 467.70) Rettenberger (Fn. 5), S. 255.71) Geysen et al. (Fn. 8), S. 8.72) Mehlhart/Ustohalova (Fn. 68), S. 36; Mocker et al. (Fn. 3), S. 500.73) Krook et al. (Fn. 17), S. 518.74) Rettenberger (Fn. 5), S. 250; Mocker et al. (Fn. 3), S. 500.


Recommended