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k.west Special Kunst April 2016

Date post: 29-Jul-2016
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VERLAGSBEILAGE Im Atelier von Tony Cragg IN WUPPERTAL Thomas Struth IN ESSEN Fernand Léger IN KÖLN Sammlung Henkel IN DÜSSELDORF Tipps für die Art Cologne UND DRUM HERUM
Transcript
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Verlagsbeilage

Im Atelier von Tony

Cragg in Wuppertal

Thomas Struth

in essen

Fernand Léger

in Köln

Sammlung Henkel in DüsselDorf

Tipps für die Art

Cologne unD Drum herum

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»public prepositions«– über Ideen für den öffentlichen RaumLeitung: Mischa Kuball | 25. bis 26. Mai 2016

Der Workshop legt einen Schwerpunkt auf künstlerische Strategien des Handelns im öffentlichen Raum und zeigt Möglichkeiten des Partizipativen und der Teilhabe auf.

Bundesakademie für Kulturelle Bildung Wolfenbüttel www.bundesakademie.de I Programmbereich Bildende Kunst

Inhalt

thomas struth: tokamak asdex upgrade periphery, max planck ipp, garching 2009. © thomas struth

5 Fragen an... Leverkusens Kulturdezernenten Marc Adomat über die Zukunft des Museums Schloss Morsbroich

Das Atelier als PlastikBesuch bei Tony Cragg in Wuppertal anlässlich seiner Retrospektive im Von der Heydt-Museum

Das schöne (Er)Finden – Gabriele Henkel präsentiert Einiges aus der Sammlung Henkel in der Kunstsammlung K20.

»Ich bin älter geworden, offener, freier im Ausdruck« Thomas Struth zeigt seine neue Werkgruppe »Nature & Politics« im Museum Folkwang: Der Fotograf im Interview.

VorbesichtigungWas auf der Art Cologne besonders zu sehen – und zu kaufen – lohnt

Empfehlenswerte Ausstellungen in NRW

Und nebenan – in den Niederlanden und Belgien

Die Kooperationspartner

Ehrlicher als MichelangeloErstmalig: Légers riesige Wandbilder im Museum Ludwig

Kunst Special 4 / 2016

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IMPRESSUMSonderausgabe Kunst Special 2016

k.west erscheint monatlich im Verlag K-West GmbHDinnendahlstr. 134, 45136 EssenTel.: 0201 / 49068-14Fax: 0201 / 49068-15www.kulturwest.d

REDAKTIONV.i.S.d.P.: A. Wilink

MARKETINGMaschMedia, Oberhausen

LAYOUTHerweg / Pecher

DRUCKHitzegrad Print Medien &Service GmbH, Dortmund

TITELFOTOTony Cragg, Foto: Markus J. Feger

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4 k.west 04/ 16KunstspeCial

5 Fragen an Marc Adomat

Ein Schock ging durch die NRW- Kulturlandschaft: Weil Lever- kusen pleite ist, soll das hoch-geschätzte Museum Morsbroich geopfert werden – so schlugen es Wirtschaftsprüfer vor. Was bedeutet das? Wie will die Stadt den Skandal abwenden? k.west fragt nach beim Kulturdezernen-ten Marc Adomat.

Wirtschaftsprüfer haben die Kultur nach Spar-möglichkeiten durchforstet. Waren Sie überrascht über den Vorschlag, gleich das ganze Museum dicht zu machen? Nein, war ich nicht. Im Prinzip musste man damit rechnen, weil wir im Kulturbereich bereits seit 2002 sehr gründlich Konsolidierungen vorge-nommen haben. Die Einsparmöglichkeiten waren also weitgehend ausgeschöpft. So dass eigentlich nur noch ein dicker Brocken in Frage kam, um den Rot-stift wirkungsvoll anzusetzen.

Durchschnittlich kämen täglich 19 Gäste ins Mu-seums-Schloss, haben die Prüfer errechnet. Das bedeute, dass die Stadt jeden Besuch mit 180 Euro bezuschusse. Für wie sinnvoll halten Sie solche Kos-ten-Nutzen-Kalkulationen für ein Museum? Natürlich ist eine rein betriebswirtschaftli-che Bewertung in diesem Fall problematisch. Es wäre viel zu einfach zu sagen – wir zahlen drauf, deshalb stoßen wir das Museum ab. Der Wert kultureller Bil-dung lässt sich nicht fiskalisch berechnen. Die Stadt hat ja auch Aufgaben wie kulturelle Bildung. Ganz zu schweigen vom Image. Wenn wir in Leverkusen hin-gehen und ein so renommiertes Museum schließen, das sich seit 1950 weit überregional einen Namen um die zeitgenössische Kunst gemacht hat, ist das für die Außenwirkung fatal.

Warum engagiert man dann überhaupt Wirt-schaftsprüfer, die den Kulturbetrieb abklopfen wie ein Unternehmen? Leverkusen ist eine Kommune im so ge-nannten Stärkungspakt und steht somit unter beson-derer Aufsicht der Bezirksregierung Köln. Diese hat die Gemeindeprüfungsanstalt beauftragt, im kultu-rellen Angebot der Stadt nach Einsparmöglichkeiten zu suchen. Von dieser Anstalt erging daraufhin der Auftrag an die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Wir als Stadt waren außen vor.

Wie sehen Sie nach dem Eklat die Überlebens-Chan-cen für das Museum? Politisch haben wir in Leverkusen ein brei-tes Votum für den Erhalt. Wir werden mit der Politik in Land und Bund sprechen, welche Möglichkeiten der Unterstützung es gibt. Nicht zuletzt die vielen Proteste, wie die offenen Briefe von Gerhard Rich-ter und 20 Museumsdirektoren, haben deutlich ge-macht, wie wichtig Morsbroich für Nordrhein-West-falen und auch für Deutschland ist. Von daher stehen die Chancen, meiner Ansicht nach, nicht schlecht. Es wird darauf ankommen, wie und in welcher Form es weitergeht, an welchen Stellen wir Mittel generieren könnten. Die Vermarktung des Schlossparks ist bei-spielsweise etwas, über das man diskutieren wird.

Auch wenn es weitergehen sollte – wird alles so sein wie vor der Attacke? Natürlich werden Sponsoren wie auch Künst-ler das Ganze auch etwas vorsichtiger betrachten und sich vielleicht nicht mehr ganz so vorbehaltlos für das Museum engagieren. Die Gefahr sehe ich schon.

frühling auf morsbroich. noch ist alles offen – erst im Juni soll entschie-den werden, ob das museum schließen muss. foto: museum morsbroich

interVieW STEFANIE STADEL

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Tickets & Infosachtbruecken.de0221.280 281

Fr 6. Mai 18:00 Kunst-Station Sankt Peter

Fr 6. Mai 20:00 Kölner Philharmonie

So 8. Mai 18:00 Kölner Philharmonie

Karlheinz Stockhausen INORI

The Gospel According to the Other Mary

Death of Light, Light of Death

Mélody Louledjian | SopranEnsemble intercontemporain

Tito Ceccherini | Dirigent Jonathan Harvey

Death of Light, Light of Death für 5 Spieler

nach der »Kreuzigung Christi« des Isenheimer Altars von Matthias Grünewald

Johannes Maria Staud Par ici!

für EnsembleDeutsche Erstaufführung

Par là! für EnsembleUraufführung

Gérard Grisey Quatre chants pour franchir le seuil

für Sopran und 15 Instrumente

Ermöglicht durch Gefördert durch

Agnieszka Kuś | Tänzer-MimeAlain Louafi | Tänzer-MimeIgor Kavulek | Klangregie Karlheinz Stockhausen INORI Nr. 38Anbetungen für einen oder zwei Solisten und großes OrchesterFassung für Zuspielung und zwei Solisten

Netherlands Radio ChoirNetherlands Radio

Philharmonic Orchestra Markus Stenz | Dirigent

John Adams The Gospel According to the Other Mary

Passionsoratorium für Orchester, Chor und Solisten

Deutsche Erstaufführung

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Das Atelier als PlastikteXt STEFANIE STADEL | fotos MARKUS J. FEGER

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Als Manager im Wuppertaler Großatelier bringt Tony Cragg Beachtliches zu Stande. Der künstlerische Output erstaunt, nicht nur wegen der Menge an Arbeiten, sondern auch mit Blick auf die Vielfalt an For- men und Materialien. Kurz vor seiner großen Retrospektive im Von der Heydt-Museum fand der Bildhauer eine Lücke in seinem übervollen Termin- kalender und empfing k.west zum Ortstermin an seiner Arbeitsstätte.

Der Gabelstapler kurvt um die Hallen auf den Wuppertaler Höhen, vor der Tür zum Atelier ein Kunsttransporter. Drinnen laufen Helfer in weißen Overalls umher. Männer mit Mundschutz glätten ge-duldig die Rundungen einer Holzskulptur. Im Büro trifft man zwei Damen zwischen Türmen aus Pa-pierkram am Telefon. Der Chef kommt heute etwas später und scheint unzufrieden mit seinem Äußeren: Der mangelnde Schlaf sei Schuld am blassen Teint. Tony Cragg hat bis zwei Uhr nachts gezeichnet und sich danach im Bett den Kopf zerbrochen über den Titel einer seiner vielen künftigen Ausstellungen. Stress? Nein, so will er es nicht nennen – die Arbeit sei einfach viel in den letzten Wochen. Und es hört nicht auf. Am nächsten Tag will der ehemalige Rektor der Düsseldorfer Kunstaka-demie damit beginnen, seine Werke im Von der Heydt-Museum zu arrangieren. 26 Räume seien zu bespielen, doch die ganz großen Stücke werden außen vor bleiben müssen. Denn Eingang in die Ausstellung findet nur, was durch den 1,23 Meter schmalen Zugang passt. Ja, Cragg gibt sich auch mit

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so profanen Dingen wie den Maßen von Museums- türen ab. Dabei wirkt der 66-Jährige recht gelassen, obwohl er durchaus Grund zur Aufregung hätte: Es ist seine erste echte Retrospektive, noch dazu ein Heimspiel. Zwei Ehen und vier Kinder verbinden den Briten mit Wuppertal, wo er seit fast 40 Jahren lebt, sein Großatelier führt und außerdem einen eigenen Skulpturenpark bestellt. Parallel zu Craggs Ausstellung im Museum werden dort Gipsskulptu-ren von Henry Moore zu sehen sein.Inzwischen ist man aus dem Büro ins kreative Chaos eines der Atelierräume gewechselt und freut sich am wunderschönen Blick aus dem riesigen Fenster über eine Kleingartensiedlung hinweg auf grüne Hügel im Sonnenschein. Von hier aus sei er einmal durch Wäl-der und über Felder bis nach Köln gewandert. »Ich bin sehr beeindruckt von der Natur, verbringe sehr viel Zeit in ihr«, sagt Cragg. Doch schafft er aus der Landschaft auch schnell wieder den Sprung zurück zur Kunst: Am liebsten würde er Arbeiten herstellen, die auf ihn wirkten wie die Natur: »mit ihrer Kom-

plexität, ihrer Dynamik, mit ihren Formen, die Re-sultate innerer Kräfte und Notwendigkeiten sind«. Ein Antrieb, ein Ehrgeiz, den man in vielen Arbeiten auszumachen meint. Etwa in den berühmten »Early Forms« – Gebilden, die wie ein Gemisch aus organi-schem Gewächs und mechanischem Gerät anmuten. Cragg leitet die Formen vom Gefäß ab, das ihn als Metapher des Lebens von Beginn an besonders inte-ressiert. Mit Ausdauer kreist er in den Stücken dieser Werkgruppe um den Lieblingsgegenstand, bringt ihn aus der Fassung und in Bewegung. Das Gefäß win-det und verdreht sich, wird gequetscht, gedehnt, gefaltet. Dabei sind die Oberflächen der »Frühen Formen« so glatt poliert oder poppig blau, gelb, rot gefärbt, dass man den Bronzeskulpturen leicht gummiweiche Qualitäten zuschreiben könnte. Die Idee des Formens parallel zur Natur scheint auch in den »Rational Beings« auf. Cragg lässt seine »vernünftigen Wesen« wachsen, indem er schmale Kreisscheiben aus Holz stapelt. Dabei versteckt er vor allem bei jüngeren Arbeiten dieser Art gern

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DER GUTE WEG ZUM HIMMELSpätmittelalterliche Bilder zum richtigen Sterben

Das ars bene moriendi-Gemälde aus der Sammlung Peter und Irene Ludwig

21. 2. – 8. 5. 2016

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AMERICAN POP ART Meisterwerke massenhaft von Robert Rauschenberg bis Andy Warhol aus der Sammlung Beck

24. 1. – 16. 5. 2016

REGINA RELANGInszenierte Eleganz Reportage- und Modefotografie von 1930 bis 1970

22. 5. – 18. 9. 2016

Kunst erlebenneben CentrO und Gasometer…

www.ludwiggalerie. de | www.ludwiggalerie.blogspot.de

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BRIGITTE KRAEMERMann und Auto, Die Bude, Im guten Glauben

Reportagen und Fotogra� en von 1985 bis heute

6. 3. – 12. 6. 2016

Anspielungen auf die menschliche Physiognomie in den horizontalen Schichten. Aktuell beschäftigt ihn die Architektur von Hecken, wie er sie aus Kindertagen in Südengland kennt: »Ich würde gern das ganze Thema durcharbeiten.« Ein Wunsch, in dem sich wieder Craggs Forscher- drang und -fleiß äußert: Alles durcharbeiten, aus-probieren, zum Ergebnis führen. Im Atelier stehen erste Modelle: Versuche, die er demnächst weiter-denken möchte. Sie gehen mit der Dichte der Ge-wächse um. Ungeheuer breit seien die Hecken ge-wesen, als Junge habe er oft im Geäst gespielt. Die Bildhauerei lag dem 1949 in Liverpool gebore-nen Sohn eines Elektroingenieurs da noch völlig fern. Nach dem Abitur musste Cragg sich erst einmal als Praktikant in einem chemischen Labor langweilen, bis er mit 20 Jahren über das gelegentliche Zeichnen zur Kunst fand, sich an der Akademie bewarb und sofort ankam. Ohne künstlerische Vorkenntnisse. »Dafür aber mit gehörigen Minderwertigkeitskom-plexen«, wie er gesteht. »Weil ich dachte, dass alle anderen an der Akademie ganz tolle künstlerische Menschen sind.« Fotos aus der Zeit zeigen, wie er sich aktiv Formen und Materialien annähert. Cragg wirft etwa ein Seil in die Luft, stapelt Ziegelsteine zum schiefen Turm oder zeichnet die eigenen Umrisse an die Wand. Ein Einfall, den er in seinen Recyling-Reliefs aus buntem Plastikmüll fortführte. Dazu sammelte er Deckel, Griffe, Platten, Flaschen, Splitter, Stücke, Stäbchen, Stangen, die er farblich sortierte, um sie im Mosaik zu lebensgroßen Schattenfiguren zu formieren. An einer der Wände im Von der Heydt-Museum wird sich bald eine »Menschenmenge« zusammenrotten. Weit zurück in die Vergangenheit schauen auch jene Potato Heads, die sich auf dem Katalogein-band zur Ausstellung wiederfinden. Während Andy Warhol seine Marilyns vervielfältigte, griff Cragg 1970 kurzerhand zu Kartoffeln und verpasste ihnen Nasen, Ohren, Augen. Aber nicht einfach so: Er va-riierte die Gesichtsmerkmale und kombinierte die Einzelteile immer wieder neu. Am Ende kamen 42 Kartoffelköpfe heraus, keiner wie der andere. Viel-leicht schwingt in dem witzigen Versuch schon etwas mit von Craggs Überzeugung: »Eine kleine Änderung der Form bewirkt gleich einen neuen Gedanken, eine neue Reaktion.«Bis heute bestimmen die konsequenten Versuche in Serie sein Werk. Nur dass ihm bei seinen Rei-hen inzwischen ein rundes Dutzend Assistenten zur Seite steht. Handwerklich fit und flexibel sollten die Crew-Mitglieder sein, formuliert Cragg sein Anfor-derungsprofil. Nicht ohne Grund. Die Mannschaft muss mit immer neuen Ideen, Formen, Formaten, Materialien umgehen. Holz, Bonze, Kunststoff, Glas... Eifrig wird geklebt, geschliffen, geschichtet, geschraubt – unter den Augen des Meisters.

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Anfang der 80er Jahre sei er dem damaligen Zeit-geist gefolgt und habe seine Zeichnungen zur Aus-führung einmal außer Haus gegeben. Eine Pleite. Denn die fertigen Skulpturen, die zurückkamen, seien für ihn wie Fremde gewesen. Seither formt der Bildhauer im freundlichen Dialog mit Händeschüt-teln und Schulterklopfen an jeder Ecke. Cragg hat die Helfer um sich geschart, um die Genese seiner Skulpturen von Anfang bis Ende begleiten und len-ken zu können. »Das Atelier ist für mich wie eine Pa-lette von Formen, von Dingen, die ich herumschie-ben, kreieren kann. Es ist wie eine Plastik.« Die Methode ist nicht nur rationell, sie hat auch den Vorteil, dass Craggs Ideen nicht im Kopf oder in der Schublade steckenbleiben, sondern Gestalt anneh-men. Man kann es auf Messen und Märkten sehen, unter freiem Himmel, in Museen und privaten Sammlungen: Überall begegnet man seinen Arbei-ten. Und es werden immer mehr. Denn auch, wenn Tony Cragg nun eilig die Jacke überstreift und sich zum nächsten Termin verabschiedet, die Versuche im Bildhauerlabor werden während seiner Abwe-senheit nicht ruhen. Die Arbeit am Riesenwerk geht weiter.

Von Der heYDt-museum, Wuppertal

»tonY Cragg. retrospeCtiVe.

parts of the WorlD«

19. april bis 14. august 2016

tel.: 0202/5636231

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21.2.–22.5.2016

M.C. Escher, Band ohne Ende (Detail), 1956, Collection Gem

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Das schöne (Er-)Finden

Die Sammlung Henkel in der Kunstsammlung K20: Gabriele Henkel, beheimatet auf dem West-Östlichen Diwan, bittet ins Museum.

elsworh Kelly, »White Curve Vi«. foto Jack richmond

teXt ANDREAS WILINK

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13RUBRIKK.west 04/ 16

Die Erklärung ist so schlicht entwaffnend wie hinter-gründig, ernsthaft und süffisant zugleich. Weshalb, frage ich Gabriele Henkel, habe sie Elsworth Kellys »White Curve« kombiniert mit einigen daneben plat-zierten Paddeln? »Damit das Bild nicht so einsam ist«. Damit geht sie nonchalant darüber hinweg, dass in den gänzlich verschiedenen Objekten, dem Werk der Westkunst-Moderne und dem von ihr in den USA er-worbenen Gebrauchsgegenstand aus der Südsee, eine Beziehung besteht. Im Dialog der gerandeten Wölbun-gen, in der Farbgebung, der raffinierten Natürlichkeit, in der Reduktion aufs Wesentliche. Aber vielleicht haben die Werke, die sich in diesem Arrangement in ihrem Office auf dem Gelände des Düsseldorfer Hen-kel-Konzerns befanden, noch in einem tieferen Sinn etwas Gemeinsames. Womit dann das Wort von der »Einsamkeit« doch noch zu seinem Recht käme. Wir stehen vor etwas Hieratischem. Direkt, konkret, doch auch unberührbar. Gabriele Henkel hat ein Gespür für die Aura der Ge-genstände. Was Marcel Proust in seiner »Recherche« über die Herzogin von Guermantes sagt, dass sie »die Kunst als sie umhüllenden Daseinsraum« begreife, gilt für sie wohl auch.

In der Kunstsammlung K20, die dank einer großzügi-gen Spende der Namensgeber über einen Henkel-Flü-gel verfügt, zeigt Gabriele Henkel eine Auswahl der umfangreichen Kollektion, die sie seit Anfang der siebziger Jahre für das Familien-Unternehmen mit Ehemann Konrad an der Spitze erworben hat. Nach ihrem eigenen Kopf und autonomem Qualitäts-Ur-teil: »Mehrheitsentscheidungen bei Kunst führen zum kleinsten gemeinsamen Nenner«, winkt sie ab. Die Kollektion mit Gemälden und Papierarbeiten, Skulp-turen inklusive afrikanischer und präkolumbianischer Kunst sowie einer exquisiten Textil-Abteilung sei ent-standen »aus Handlungsbedarf: Die leeren Räume und Wände mussten gefüllt werden«, als der Konzern expandierte und immer mehr Gebäude hinzu kamen. Nun gut, auch das ist Understatement. Denn Kunst ist für sie ein »Lebensmittel«. Und erlaubt oder verlangt gar, salopp gesagt, die schrägsten Kombinationen. Man muss nur ihre Privaträume durchstreifen, wo sich Skulpturen der Renaissance und des Barock, Antiken, archaische Götter-Figuren aus Costa Rica, alte Meister neben Picasso und Matisse, Cocteau, Robert Wilson oder Richard Serra auf wunder-same Weise begegnen und miteinander Kontakt

14.sommerakademie18. Juli - 28. August 2016

Sie wollen Ihre kreativen Kräfte weiterentwickeln?

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frank stella, »grodno« aus der serie »polish Villages«. foto: Jack richmond

aufzunehmen scheinen. Kairos, der alte griechi-sche Gott der günstigen Stunde, den sie gelegent-lich erwähnt, ist ihr hold gewesen. So ergaben sich lang währende Freundschaften mit Künstlern wie Robert Wilson, Günther Uecker und Frank Stella, dessen erste Arbeiten sie bereits gekauft hatte. In dem viel zu kleinen Einblick in die qualitätvolle Sammlung, den die Kunstsammlung NRW sich und ihr erlaubt, ist Stella ebenso vertreten wie Gerhard Richter, Imi Knoebel oder Larry Poons. Was das Spezifische ausmacht, mit der sich die Henkel-Kol-lektion als originell eigensinnig auszeichnet – das

Zwiegespräch von westlicher Moderne und außer-europäischen und frühen Kulturen, die die Samm-lerin in ihrem ästhetischen Vermittlungs-Trieb zu- sammendachte und -brachte, wird immerhin par-tiell zu sehen sein. Auch, weil die Haltung Gabriele Henkels in Kunstdingen rigoros ist. Sie hatte ihre – immerhin dann noch überwundenen – Zweifel, ob die Raumsituation am Grabbeplatz dieses meeting begünstigen würde; ebenso, ob das ingeniöse Ne-beneinander etwa eines Gemäldes von Stella und eines Quilts der Amish People, dieser ihren Tradi-tionen die Treue haltenden Glaubensgemeinschaft,

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so wie es sich in den voluminösen Buchbänden der Henkel-Kollektion oft frappant und nicht zuletzt überzeugend schön präsentiert, sich an der Muse-umswand in seiner Wirkung entfalten würde. Unerwartete Nähe. Da können Larry Poons’ ab-straktes »Grafton« (1972) und ein Umschlagtuch der Nupe / Nigeria, Friedel Dzubas’ dynamisches »Orange Barrier« (1973) oder ein Ikat-Teppich in Dialog treten, den interkulturell zu nennen eine Ba-nalität wäre. Formen leben überall.Joseph Beuys, erzählt sie, habe sie vor Zeiten aufge-fordert: »Kümmern Sie sich um Ihre Begabungen!« Zu denen gehört, dass Gabriele Henkel seit Jahr-zehnten Bücher publiziert, Bühnenbilder entwor-fen, Installationen für Museen und Ausstellungsor-te geschaffen, als Gastgeberin Menschen aus Kunst und Kultur, Politik, Wirtschaft und Klerus zusam-mengeführt (»Angewandte Kunst mit Verfallsda-tum«) – und eben die Kunstsammlung zusammen-getragen hat. Für all ihr Tun hat sie ein Motto oder auch zwei: »Hudeln geht nicht«. Perfektion, Profes-sionalität, Verlässlichkeit, Disziplin sind ihr wesent-lich. Oder auch »Never settle for the second best.« Den Satz hat sie von Freund Bob Wilson übernom-men, dem sie die Treue hält. Ihre Honorarprofessur, von der Bergischen Univer-sität Wuppertal, sollte zunächst als »Zeremonial-wissenschaft« ausgewiesen werden. Das behagte ihr nicht: zu pompös. Also lautete ihr Fach »Inszenie-rung von Lebenswelt«. Zu vermitteln war: »einfach schauen, lehren, die Dinge zu sehen«. Sensibilisie-rung und Aufmerksamkeits-Training. Im Heine-Ju-biläums-Jahr 1997 zum 200. Geburtstag des Dich-ters aus der Bolker Straße mit Grabstätte in Paris hat Gabriele Henkel ein bei Dumont erschienenes »Bildermärchen« komponiert, das ihre Begabung exemplarisch fasst: visuelle Wahrnehmung, gestal-terische Fantasie, Konzept-Bewusstsein, Instinkt für Dramaturgie, Farbe, Form, Licht und Raumge-fühl, verbunden mit einem sicheren Spürsinn für Arrangements, assoziative Momentaufnahmen, das Finden von Requisiten und Rudimenten, »Les Beaux Restes«, wie sie eine Installation 1995 im Münchner Stadtmuseum nannte.Sie ist eine Finderin, die als geborene Rheintochter mannigfache Quellenforschung betrieben hat. In ihrem Atelier im Medienhafen – ihrem »Spielzim-mer«, wie sie trocken scherzt – kündigt sie in einer für sie typischen Manier an: »Abfertigung nur nach Vereinbarung: Prof. Gabriele Henkel«.

8. april bis 14. august 2016.

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Was wir nicht alles fertigbringen. Menschen bauen Bohrin-seln, neben denen sie selbst zur Ameise schrumpfen. Mit ei-nem künstlichen Matterhorn sorgen sie für Alpenfeeling in Kalifornien. Und in Scifi-Operationssälen legen sie – hilflos und total verkabelt – ihr Leben in die Hände der Hochtech-nologie. Das alles breitet Thomas Struth in Essen vor uns aus. Es sind gut 30 Bilder der vergangenen zehn Jahre, die der Fotograf im Museum Folkwang als »Nature & Politics« zusammenbringt. Sie können trostlos wirken, beängstigend, auch faszinierend. Doch auch das verführerischste Motiv gewinnt bei Struth bedenkliche, bedrohliche Züge – sobald der Betrachter ge-wahr wird, was dahinter steckt. So kann selbst beim Blick in eine wunderbare Unterwasserwelt Melancholie aufkommen. Denn man sieht nicht ins Meer, sondern durch die Scheibe

eines Großaquariums in Atlanta auf die Pflanzen und Fische. Alles fake. Davor sitzen Kinder und stehen Eltern auf dem mit profanen Platten belegten Fußboden, um die Natur aus zweiter Hand zu bewundern. Es ist ein sehr eigenes Panorama unserer Gegenwart, das Struth mit dieser jüngsten Werkgruppe schafft, die sicher nicht allein stolz macht auf die Errungenschaften der Menschheit. Struth öffnet uns die Augen. Nicht nur, indem er Bekanntes auf seine eigene Weise vorführt. Sondern auch, weil er Dinge zeigt, die der Öffentlichkeit oft verborgen bleiben, wenn er hinter die Türen und Tore von Labors und Industrieanlagen schaut. Zwischen seinen Bildern traf k.west den Fotografen, der als Schü-ler von Bernd und Hilla Becher begann, mit Kollegen wie Candida Höfer, Thomas Ruff und Andreas Gursky Karriere gemacht hat und auch in digitalen Zeiten seiner Plattenkamera treu blieb.

»Ich bin älter geworden, offener, freier im Ausdruck«

Thomas Struth und seine jüngste Werkgruppe »Nature & Politics« im Museum Folkwang:

»Die einseitige Wette auf Technologie« hält der Fotograf für bedenklich.

teXt unD interVieW STEFANIE STADEL

ein waschechtes seestück hat thomas struth auch mitgebracht nach essen und posiert daneben zum pressefoto. (thomas struth vor der arbeit seestück, Donghae City 2007. ausstellungsansicht thomas struth. nature & politics im museum folkwang, essen. © thomas struth. © foto: museum folkwang, sebastian Drüen.)

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k.west: »Nature & Politics« haben Sie Ihre jüngste Werkgrup-pe genannt, die Bilder aus Großlabors, Industrieanlagen und Vergnügungsparks vereint. »Nature & Politics« heißt auch die Ausstellung. Ein Titel, der ratlos macht, weil er nichts und alles sagt... Struth: Stimmt, breiter gefasst könnte man es kaum formulieren. Zunächst war es auch nur ein intuitiv und salopp gewählter Arbeitstitel, der umreißt, was mich beschäftigt hat und weiterhin umtreibt. Schon als ich vor einigen Jahren erst-mals Arbeiten dieser Werkgruppe bei Max Hetzler in Berlin zeigte, wollte ich einen anderen Titel suchen. Doch der Gale-rist riet mir ab. Und auch hier in Essen haben wir lange debat-tiert, am Ende ist es aber bei »Nature & Politics« geblieben.

k.west: Zuvor haben Sie Menschen in großen Museen foto-grafiert und waren mit der Kamera im Dschungel unterwegs. Gab es einen Anlass dafür, Ihr Interesse auf künstliche Wel-ten und Hightech-Forschungsorte zu verlagern? Struth: Wichtig war 2007 ganz sicher mein Besuch des NASA-Weltraumbahnhofs in Cape Canaveral und des Kennedy Space Centers. Denn dort kam ich zu der Erkennt-nis, dass die Mond-Mission in den 60er Jahren vor allem ein politisches Manöver war. Erstmals wurde mir die politische Dimension von Weltraum-Begeisterung und Hoffnung tra-genden Versprechungen fast schockhaft deutlich. Da muss ich hin und fotografieren, habe ich mir gesagt. Doch dauerte es ziemlich lang, bis ich die Genehmigung bekam.

k.west: Weitere Orte sind das Max-Planck-Institut für Plas-maphysik in Garching, Labore der Universität von Edin-burgh und von Thyssenkrupp in Duisburg, ein Aquarium in Atlanta und ein Operationssaal der Berliner Charité. Ist es die reine Technik-Faszination? Doch wohl kaum. Weder feiern, noch verurteilen Sie das Gezeigte. Struth: Das wäre mir zu einfach. Es muss ein Rätsel bleiben. Das Bild soll wie ein Gesprächspartner funktionie-ren. Was sagt es mir? Mag ich das? Verführt es mich? Könn-te das mit meinem Leben zu tun haben? Ich mache keine eindeutigen Aussagen, sonst wäre es nicht mehr spannend. Denn dann hätte der Betrachter keine Aufgabe.

k.west: Wie würden Sie Ihre Grundhaltung gegenüber der hochtechnisierten Gegenwart beschreiben? Struth: Es geht mir weniger um die Technologie an sich. Viel mehr um das allgemeine Vertrauen in sie. Diese einseitige Wette auf Technologie. Den Glauben, sie werde schon alles richten, finde ich bedenklich. Außerdem bewegt mich beim Fotografieren an diesen Orten noch etwas an-deres: Immer schon fand ich es verblüffend, wie in Technik und Wissenschaft der Dialog zwischen unterschiedlichsten Gruppen, Ländern, Parteien annähernd mühelos gelingt, während er auf anderen Ebenen extrem problematisch ist. Die Leute arbeiten einfach zusammen, und die Verständi-gung funktioniert. Das hat wohl auch etwas mit Besessen-heit zu tun, die hier wirkmächtig wird.

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B-049 B-041

B-049Besuchen Sie k.west auf der Art Cologne

Halle 11.3

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18 k.west 04/ 16KunstspeCial

k.west: Aber das zeigen Sie in Ihren Bildern nicht. Struth: Nein, ich bin kein Dokumentarfilmer. Ich zeige stattdessen die skulpturalen Resultate.

k.west: Warum kommen Menschen, Wissenschaftler, Ärz-te, Forscher, die in den Industrieanlagen, Laboratorien, OP-Sälen arbeiten, nicht vor? Struth: Das wäre zu anekdotisch. Zeitgenossen, ihr Habitus, ihre Kleidung – es sind Dinge, die das Foto ans Hier und Jetzt binden. Ich möchte aber Bilder machen, die auch in 50 Jahren noch Bestand haben. Dafür brauchen sie etwas Allgemeingültiges.

k.west: Die Ausstellung 2011 in der Kunstsammlung NRW hat  Ihr ganzes Schaffen überblickt. Hier konzentrieren Sie sich auf die letzten zehn Jahre und Ihre neueste Werkgrup-pe. Gibt es für Sie Zusammenhänge zwischen diesem jüngs-ten Komplex und den vorangegangenen Serien – Straßen, Familienporträts, Museumsbilder, Dschungel-Paradiese...? Struth: Der Zusammenhang ist schon dadurch gegeben, dass alle diese Bilder mein Leben begleiten und sie im Grunde verschiedene Etappen oder unterschied-liche Existenzbereiche widerspiegeln. Das fing schon an mit den Düsseldorfer Straßen, die ich seit den späten 70ern fotografiert habe. Als Nachkriegsdeutscher inter-essierte mich diese seltsame Patchwork-Architektur als sichtbarer Beleg für die Geschichte. Sicher hat die ältere

Generation über Krieg und Zerstörung erzählt, aber in der schmerzlich zerstückelten Architektur wurde das Geschehe-ne auch sichtbar.

k.west: Das letzte Bild der Ausstellung entstand 2015 im Me-dizinhistorischen Museum der Charité: ein Tisch mit Körper-teilen, täuschend echt in Wachs nachgearbeitet. Was hat das mit »Nature & Politics« zu tun? Struth: Vor zwei, drei Jahren fiel mir auf, dass ich mich noch nie mit Motiven aus dem medizinischen Bereich befasst habe. Es liegt sicher auch am Alter. Ich bin jetzt 61, zwar nicht krank, aber ich merke, dass andere Dinge ins Blickfeld kommen und anfangen, mich zu beschäftigen. Vor 20 Jahren hätte ich sicher noch keine Medizinbilder gemacht. Die meisten der abgeformten Körperteile auf dem Bild haben etwas mit dem Tod zu tun. Eine Totenmaske ist dabei, eine Hand mit abgesägten Fingern, ein Kopf mit Schussloch in der Stirn. In ihrer erschreckenden Direktheit kontrastieren die-se Nachbildungen aber auch mit dem Menschenbild unserer Tage, das meist geglättet, retuschiert, idealisiert erscheint.

k.west: Eines scheint sehr deutlich nach dem Rundgang: Ihre beispielhaft ausgebreitete Werkgruppe ist sehr viel offener als die vorangegangenen. Motivisch haben Sie sich viel weniger Beschränkungen auferlegt. Struth: Ich bin älter geworden, offener, freier im Ausdruck.

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19RUBRIKK.west 04/ 16

k.west: Körperteile in Wachs, Kabelsalat in Garching und Kinder im Aquarium. Ein Hinterhof in Sankt Petersburg und ein Matterhorn-Imitat in Disneyland... Was hält diesen Kom-plex zusammen? Struth: »Nature & Politics« beschreibt das Koordi-natensystem, in dem wir uns heute bewegen. Was machen wir mit der Natur, und wie schaffen wir es politisch?

k.west: Wird Sie dieser Themenkreis weiter beschäftigen, oder haben Sie den Schlusspunkt gesetzt? Struth: Doch, ich werde weiter daran arbeiten. Et-was anderes, das mich gleichermaßen begeistern würde, ist nicht in Sicht. Und man kann das nicht erzwingen. Denn ohne Leidenschaft geht es nicht. Ich muss der erste sein, der begeistert ist von den Ergebnissen.

museum folKWang, essen

»thomas struth. nature & politiCs«

bis 29. mai 2016

tel.: 0201/8845000

natur hinter glas: Von menschenhand nachgemacht ist diese wunderschöne unterwasserwelt. (thomas struth: aquarium, atlanta, georgia 2013. museum folkwang essen. © thomas struth.)

MIT ANDERENAUGENDAS PORTRÄT IN DER ZEITGENÖSSISCHEN FOTOGRAFIE

EINE DOPPELAUSSTELLUNGEINE DOPPELAUSSTELLUNG

25.2.–8.5.2016 26.2.–29.5.2016

Abb.: Jerry L. Thom

pson: N. 6th off B

edford towards D

riggs [dappled sunlight], 2013; © Jerry L. Thom

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Die Photographische Sammlung

KMB-SK_Portrait_Anz_KWEST_lay01.indd 1 19.11.2015 15:21:19 Uhr

von den kabarettisten der 60er–70er jahre, über die frühen wahlkämpfe der grünen und plakatserien für gewerkschaf-ten und bürgerproteste bis hin zu gesellschaftspolitischen anliegen vieler theater ist alles vorhanden, was im zeit-raum eines halben jahrhunderts in kämpfen und protesten einer gesellschaft auf- und abgearbeitet wurde.

holger matthies

begrüßung: christiane van haaren m.a., kuratorin

einführung: dr. jürgen döringleiter der plakatsammlung im mkg hamburg

zur eröffnung der ausstellung laden wir sie und ihre freunde am sonntag, den 10. april 2016 um 11:30 uhr in das pan kunstforum ein.

öffnungszeiten: di. – so. 11–16 uhrweitere informationen immer auf unserer webseite: www.pan-forum.de

ein halbes jahrhundert zeitgeschichte im politischen plakat von holger matthies

p a n k u n s t f o r u m n i e d e r r h e i n e m m e r i c h

10. apri l bis 11. august 2016, agnetenstraße 2, 46446 emmerich am rhein

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20 k.west 04/ 16KunstspeCial

49 Ausgaben liegen hinter ihr. Es ist viel passiert, seit die ArtCologne als weltweit erste Messe für Moderne Kunst 1967 im Köl- ner Gürzenich an den Start ging.

VorbesichtigungteXt ALEXANDRA WACH

In den Konkurrenzkämpfen mit Düsseldorf und Berlin hat Köln sich wacker geschlagen. Die har-ten 90er Jahre, als viele wichtige Galerien der Art Cologne den Rücken kehrten, sind fast vergessen. Die Messe ist nicht in der schon drohenden Be-deutungslosigkeit versunken. Im Gegenteil: Un-ter Erfolgs-Chef Daniel Hug hat sie es wieder auf ansehnliches Niveau gebracht. Zum 50. Jubiläum werden Mitte April 219 Galerien aus 25 Ländern in Halle 11 einziehen. Was haben sie zu bieten? k.west gibt einen Vorgeschmack.

Galerie Anhava, HelsinkiDie skandinavische Märchenwelt scheint nicht weit am Stand der Galerie Anhava aus Helsinki. Sie setzt auf die expressive, an geschwungenen Pinselstrichen reiche Ma-lerei der 1976 geborenen Finnin Anna Tuori, die sich beim näheren Hinsehen zu Landschaftsvisionen zwi-schen Traum und Wirklichkeit steigert. Mal ist es eine Hand, mal ein Baum oder ein kopfloser Reiter, den man mittendrin zu entdecken glaubt. Auch die Literatur eines Edgar Allan Poe spukt hier und schlägt sich gelegentlich nieder in verwunschenen Bildtiteln.

Capitain Petzel, BerlinDie Amerikanerin Andrea Bowers schafft mühelos den Spagat zwischen Kunst und Politik. Dabei wählt sie mitun-ter Piratenschiffe zur Bühne ihres Aktivismus – so in der »Radical Feminist Pirate Ship Tree Sitting Platform« von 2013, die bei den Berlinern Capitain Petzel Schiffbruch er-

leidet. Sie kommt ohne Boden aus, dafür wuchert in allen Ecken ein großmaschiges rotes Netz. Das Vehikel steht für die nordkalifornische Baumbesetzer-Szene, die sich trotz jahrelangen Protests mit fortschreitenden Rodungen ab-finden muss. Ein schwimmendes Desaster also.

Contemporary Fine Arts, BerlinAn den Stand der Berliner Galerie Contemporary Fine Arts lockt Christian Jankowski mit seiner Karaoke-Ins-tallation »The Day We Met« von 2003. Da zeigt sich der zum Schauspieler mutierte Künstler in Videoclips mit koreanischen Schönheiten. Eine gute Gelegenheit, den 47-Jährigen besser kennen zu lernen. Immerhin leitet der auf Humor geeichte Video- und Performancekünstler im Sommer die Wanderbiennale »Manifesta« in Zürich. Das Motto: Berufe und Arbeit –was Menschen für Geld tun.

Galerie Max Hetzler, BerlinDie 1980 geborene Ida Ekblad aus Oslo hat es mit ihrer gestischen Farbmalerei bereits 2011 bis zur Teilnahme an der Biennale von Venedig gebracht. Es gibt kaum kunst-historische Referenzen, die nicht auf ihren Leinwänden auftauchen: von CoBrA über Comic bis zu Graffiti. Ara-bisch anmutende Ornamentik ist auf dem Acryl-Gemäl-de »PURE Toil!« zu finden, das Max Hetzler zur Messe mitbringt. Auch hier klingt Ekblads ausfransender Werk-begriff an, in den selbst Sperrmüll Eingang findet. Ob in Gemälden, Skulpturen oder Video-Performances – die Künstlerin entpuppt sich als Meisterin, wenn es darum geht, Vorhandenem eine unerwartete Richtung zu geben. Ein norwegisches Fräuleinwunder!

slawomir elsner: Das schokoladenmädchen (nach Jean-etienne liotard), 2015. Courtesy galerie gebr. lehmann, Dresden.

anna tuori: it is all now You see, 2013. © Vg bild-Kunst, bonn 2016. Courtesy galerie anhava, helsinki.

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Galerie Gebrüder Lehmann, DresdenMit Altmeistern beschäftigt sich der 1976 geborene Slawo-mir Elsner. In den Farbstiftzeichnungen des in Berlin le-benden Polen schwebt ein Hauch von gepuderter Unschär-fe, hinter der sich ein Watteau oder Caravaggio verbergen können. Was nicht heißt, dass Elsners Ansatz völlig in der Vergangenheit stecken bleibt. In sein beinahe fotografisches Blickfeld geraten auch schon mal postsozialistische Traban-tenstädte oder Flüchtlingsströme. Am Stand der Dresdner Gebrüder Lehmann geht es aber mit dem »Schokoladen-mädchen« nach Jean-Etienne Liotard eher lieblich zu.

Alexander Levy, BerlinSpätestens seit seiner Teilnahme an der letzten Art Ba-sel, wo Julius von Bismarck über Stunden auf einer sich drehenden Schale ausharrte, ist der Künstler mit dem langen Bart in der Szene ein Begriff. Für seinen Art-Co-logne-Auftritt bei Alexander Levy im Segment der New Contemporaries lotet der 1983 geborene Performer und Nachfahre des Reichskanzlers erneut die Grenzen zwi-schen Physik und Kunst aus. Sein Projekt »Escape Sha-pes« ist eine Filmdokumentation über fehlgeschlagene Raketenstarts aus den vergangenen 70 Jahren.

Montrasio Arte, Mailand»Mein Tun ist ein Spiel, und wenn es gelingt, ist es Po-esie«, beschrieb Fausto Melotti einmal seine Vorgehens-weise. Der Italiener (1901 bis 1986) gehört als Vertreter des Razionalismo längst zur Avantgarde seines Landes. Aus Mailand reist die Galerie Montrasio Arte mit Werken des Künstlers und Elektroingenieurs an. Erst mit 27 Jahren hatte Melotti sich zum Bildhauer-Studium eingeschrie-ben. Ein Spätzünder, der zeitlebens mit zarten Materialien wie Stoff, Plexiglas und farbigem Papier arbeitete.

Rüdiger SchöttleParallel zu Thomas Struths Einzelschau »Nature & Po-litics« in Essen bietet es sich an, am Stand von Rüdiger Schöttle vorbeizuschauen. Der Münchner Galerist bringt Aufnahmen aus Struths »Charité«-Fotoserie mit nach Köln. Da zeigt der berühmte Becher-Schüler die Räume und Instrumente »humaner« Aktivität: Operationssäle, Objekte aus der Pathologie und andere Schock-Sujets werden scheinbar teilnahmslos seziert.

Galerie Thomas, MünchenIn Sachen Klassische Moderne ist auf die Galerie Tho-mas aus München Verlass, die auch den diesjährigen Art-Cologne-Preisträger stellt: Raimund Thomas, der schon seit 1964 als Galerist aktiv ist. Mit Publikumslieb-ling Marc Chagall macht er in Köln gewiss nichts falsch. Thomas bringt das knallbunte Gemälde »L’homme au parapluie« aus den 1930ern mit. Es entführt in eine rus-sische Landszenerie mit rotem Holzhaus, springenden Schafen und einem bärtigen Mann, der mit dem besag-ten Regenschirm alle Naturübel abzuwehren weiß.

art Cologne 2016

50. internationaler KunstmarKt

halle 11, messegelänDe Köln-Deutz

14. bis 17. april 2016

tel.: 0221/8210

Ruhrgebietsfotografi en 1928 – 1933Erich Grisar

Ruhr Museum auf Zollverein in Essen 14. März bis 28. August 2016 www.ruhrmuseum.de

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22 k.west 04/ 16KunstspeCial

Auch sie sind Teil der Art-Cologne-Geschichte: die Förderkünstler.

Die EinsteigerteXt STEFANIE STADEL

Candida Höfer und Rosemarie Trockel zählten zu den ausgewählten Jungtalenten. Auch Thomas Ruff und Olafur Eliasson bestritten ihr Messe- Debüt in einer gesponserten Förderkoje. Gregor Schneider war 1995 dran und vier Jahre später Neo Rauch. Seit über drei Jahrzehnten sorgt das Programm für frischen Wind in den Kölner Messe- hallen. Wer zieht diesmal ein? k.west macht be-kannt mit fünf von 14 »New Positions«.

Andreas Duscha bei Christine Koenig, Wien

Tarnen und Täuschen, das sind seine Themen in Köln. Dabei lässt Andreas Duscha sich inspirieren von der Ca-mouflage, die ein kubistischer Künstler für U-Boote im Ersten Weltkrieg entworfen hatte. Duscha greift das alte Muster auf in einer irritierenden Assemblage aus ver-schieden großen, unterschiedlich stark verspiegelten Glasplatten, die er in der Koje an die Wand lehnen will. Der 39-jährige Wahl-Wiener ist kein ganz Unbekannter. Zuletzt trat Duscha etwa hervor mit einer Fotoserie, die 2015 im Magazin der Süddeutschen Zeitung veröffentlicht wurde. Fünf Wochen lang war er dafür um die Welt geflo-gen und hatte sich mit seiner Kamera auf den Airports in Gebetsräumen umgesehen.

Henrik Eiben bei Christian Lethert, Köln

Es braucht nicht viel: drei Leisten aus Eichenholz zum Dreieck gefügt. Dazu ein paar farbige Tiffanyglas-Scher-ben, die aus dem Rahmen ragen und ihre bunten Spu-ren im Raum hinterlassen. Ob Henrik Eiben mit Glas arbeitet oder zarte Wasserfarben aufs Papier bringt, ob er geometrische Formen in Holzfurnier zueinander fügt oder ein weiß lackiertes Stahlgitter an die Wand lehnt – immer erzielt er mit schlichten Mitteln und feinem Gespür für Farben, Formen, Materialien einnehmende Effekte. Gemeinsamkeiten zur Minimal Art der 1960er Jahre sind schnell gefunden, doch bei dem 1975 gebo-renen Eiben ist alles nicht ganz so schlicht, einfach und geradlinig, wie es zunächst aussehen mag. Das Minimale gerät ins Wanken, wenn Rost und Schleifspuren glatte Metallflächen überziehen oder wenn sich Gitter biegen und verzerrte Schatten werfen.

Toulou Hassani bei Petra Rinck, Düsseldorf

Der Feinminenstift gehört zu ihren liebsten Instru-menten. In wochenlanger Kleinstarbeit bringt Toulou Hassani damit Strichlein auf die Leinwand, die sich zu Strukturen fügen und schließlich im Allover das Bild überziehen. Was die 1984 im Iran geborene Künstlerin zeichnet und malt, erinnert oft an Textiles. Dabei schlei-chen sich allerdings Webfehler ein, kleine Ungenauigkei-ten nur, die, fortgeschrieben, das ganze Gerüst in Frage stellen. »Es gibt ein Raster, das Ordnung vorgibt, aber innerhalb dieses Systems gibt es diverse Abweichungen«, so Hassani. »Jede Handlung hat Konsequenzen, das zeigt sich in meinen Arbeiten.«

andreas Duscha: to confuse, not to conceal #1, 2016. Courtesy Christine König galerie, Wien.

toulou hassani: ohne titel, 2016. foto: Volker Crone. Courtesy petra rinck galerie.

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23k.west 04/ 16 musiKspeCial

Peter Miller bei Galerie Crone, Berlin

Kunst oder Zauberkunst? Irgendwann musste er sich entscheiden. Obwohl Peter Miller in seiner Jugend erfolgreich als Zauberer getrickst hatte, tendierte er später zur Kunst. Und entschied sich schließlich für einen Art Zwischenweg: Seine Kunst hat viel von Magie. Mit Kamera und Film, Licht, Schatten und Chemikalien schafft Miller Bilder, die verzaubern. Dabei macht sich der 1978 in den USA geborene, seit einiger Zeit in Köln lebende Künstler allerlei fotochemische Prozesse zu Nutze. Er experi-mentiert mit Lichtquellen und treibt seine Spielchen beim Entwickeln der Fotoprints. Er ist und bleibt Fotograf, doch klassische Fotos wird man in seiner Kölner Koje kaum finden.

Sara Sizer bei Cosar HMT, Düsseldorf

Malerei, diese Bezeichnung trifft wohl am ehesten zu auf ihre Kunst. Doch Farben braucht Sara Si-zer keine. Denn sie färbt nicht – sie entfärbt. Ihre Bilder entstehen, indem farbiger Stoff gefaltet und mit mehr oder weniger konzentrierter Bleiche be-arbeitet wird. Was gar nicht so einfach ist. Denn die aggressiven Bleichmacher müssen kontrolliert werden. Schnelle Reaktionen sind entscheidend, die Bleiche muss exakt platziert, durch Wasser gestoppt und erneut aufgetragen werden. Ohne Planung geht das nicht. Stimmt das Ergebnis, dann spannt Sizer den Stoff auf den Keilrahmen, fertig. Auf der Art Cologne zeigt die 1967 geborene US-Amerikanerin Arbeiten aus ihrer neuesten Werkgruppe auf Samt.

sara sizer: trapes, 2015. galerieCosar hmt, Düsseldorf.

www.mkdw.de · Hauptstraße 1 · 25938 Alkersum · Föhr

Foto: André Lützen, ohne Titel (Ausschnitt), aus der Serie Außenlinie Europa III – Süden, 2006

28.02. – 11.09.2016

Max Liebermann und ZeitgenossenNeue Werke in der Sammlung

28.02. – 19.06.2016

LipadusaCalogero Cammalleri

28.02. – 19.06.2016

Empty RoomsDie Schönheit der Leere

28.02.2016 – 08.01.2017

Thomas JudischInterventionen im musealen Raum

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24 k.west 04/ 16KunstspeCial

Kompakt EmpfehlenswerteAusstellungen in NRW

BonnBundeskunsthalle»Das Bauhaus. Alles Design«1. April bis 14. August 2016Bald hundert Jahre alt und nach wie vor brandaktuell. In jüngerer Zeit gab es einige Ausstellungen, die sich der 1919 in Weimar gegründeten, Epoche machenden Schule für Gestaltung widmeten. Trotzdem verspricht diese Bau-haus-Schau neben dem Blick auf das große Ganze ein paar spannende Neuigkeiten: Indem die Bundeskunsthalle historische Stücke den Werken heutiger Gestalter gegen-überstellt, will sie das Spektrum des Bauhaus-Einflusses sichtbar machen. Dabei geht es nicht nur um das Weiter-wirken des minimalistisch-geometrischen Designs. Deut-lich werden soll auch das Interesse der Bauhaus-Meister an sozialen Zusammenhängen und Prozessen.

BrühlMax Ernst Museum des LVRM.C. EscherBis 22. Mai 2016Mit optischen Täuschungen und perspektivischen Un-möglichkeiten gab er sich am liebsten ab und rangierte dabei stets am Rande der Kunstgeschichte, die Maurits Cornelis Escher (1898 bis 1972) nicht recht einzuord-nen wusste. Das Publikum indes flog auf seine präzise und detailreich gearbeiteten Holzschnitte, Lithografien und Zeichnungen. In den 1970er Jahren avancierte der Niederländer zu einer Art Popstar der grafischen Kunst. Brühl entführt mit rund 100 Blättern in die schräge, ver-drehte, fantastische Welt des M.C. Escher.

BochumSituation Kunst – Museum unter Tage»Weltsichten. Landschaft in der Kunst seit dem 15. Jahrhundert«Bis Herbst 2016Ein Neuzugang in der NRW-Museumslandschaft. In der ersten Ausstellung bespielt das »Museum unter Tage« die unterirdischen Räume mit Landschaftsmalerei vom Feinsten. Um die 300 Werke führen vom 15. bis ins 21. Jahrhundert. Schöne Beispiele niederländischer Land-schaftskunst des Goldenen Zeitalters sind dabei. Auch fällt der Blick auf Werke von Courbet, Cézanne, Corinth, bis der Besucher schließlich in der multimedialen Ge-genwart ankommt. So spannend kann Landschaft sein.

DortmundKünstlerhaus»Mirrors - Über Spiegelungen und Projektionen«9. April bis 8. Mai 2016Spiegel und Reflexionen – elf internationale Zeitgenossen wurden dazu ins Künstlerhaus geladen und gehen das The-ma dort auf ganz unterschiedliche Weise an. Anton Ginz-burg etwa überquerte den Aralsee mit einem spiegelnden Panzer und machte einen Film daraus. Heike Kabisch plat-ziert zwei menschenähnliche Skulpturen wie Spiegelbilder einander zugewandt. Und Linda Sanchez begab sich auf das Dach eines Wasserturms und nahm das endlose Gleiten ei-nes Tropfens mit ihrer Filmkamera ins Visier.

heike Kabisch: if you go bold, i go bolder, 2014. Courtesy the artist & Chert, berlin. foto: elisa storelli. zu sehen im Künstlerhaus, Dortmund.

einsetzen der zusammengedrückten spannhülse in zwei rohrelemente, 1935 (ausschnitt, bearbeitet). fotograf unbekannt. Collection alexander von Vegesack, Domaine de boisbuchet, france. zu sehen in der bundeskunsthalle, bonn.

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k.west 04/ 16

DüsseldorfKunsthalleRita McBride9. April bis 26. Juni 2016Seit drei Jahren fast leitet sie die Düssel-dorfer Kunstakademie, unterrichtet dort seit zehn Jahren Bildhauerei. Werke von Rita McBride befinden sich in etlichen deutschen Kunstsammlungen und auch im öffentlichen Raum – doch eine eigene Ausstellung hatte sie in NRW noch nicht. Nun überblickt die Kunsthalle Düsseldorf das Schaffen der 1960 geborenen Bildhaue-rin. Im Zentrum soll ihre »Arena« von 1997 stehen – die Großskulptur gleicht einer Theatertribüne und darf benutzt werden. In Düsseldorf soll sie als Forum für das um-fassende Begleitprogramm dienen.

KrefeldMuseen Haus Lange und Haus Esters9. April bis 9. Okt. 2016Die Natur und ihre Kräfte wecken zu-nehmend Interesse – auch bei bildenden Künstlern. Diesem Trend folgt die Aus-stellung in Krefeld und bringt dazu Werke von zwölf internationalen Zeitgenossen in Mies van der Rohes Museumsvillen zu-sammen. Der eine schmilzt einen Eisberg mit dem Schweißbrenner, die andere formt ihre Skulpturen, indem sie sich geologische Prozesse zunutze macht. Auch Prominenz macht mit: Per Kirkeby, Giuseppe Penone, Olafur Eliasson, sie alle stehen auf der Künstlerliste.

sigmar polke (hinten) und gerhard richter (vorne), 1966. foto: Courtesy gerhard richter archiv. © gerhard richter, 2016. zu sehen im museum morsbroich, leverkusen.

CorneliaSchleime

10. April - 25. September

Museum van Bommel van Dam, Deken van Oppensingel 6, Venlo, Nederland, www.vanbommelvandam.nl

Ich zeige nicht alles

LeverkusenMuseum Morsbroich»Sigmar Polke – Gerhard Richter. Schöne Bescherung«Bis 28. Aug. 2016In den 60er Jahren kannten Gerhard Richter und Sigmar Polke sich so gut, dass sie »nicht mehr miteinander pokern konnten«, bemerkten die beiden Künstler einmal. Stattdessen stiegen sie zusammen in die Badewanne – und fotografierten sich dabei. Das sieht ihnen ähnlich. Auf der Grafiketage des Museums ver-sammelt die Schau Früchte dieser Künstlerfreundschaft. Bevor die beiden zu großen Stars avancierten, erlaubten sie sich so manchen Gag, nicht nur den Schnappschuss in der Wanne.

WuppertalSkulpturenpark Waldfrieden»Henry Moore, Plasters«9. April bis 9. Okt. 2016 Meistens sind es Abstraktionen des menschlichen Körpers. Man hat sie oft gesehen, Henry Moores Bronze-Skulpturen – die »Ruhende Figur«, die »Liegenden«, die Mutter-Kind-Grup-pen. Die Gipsplastiken des Briten (1998 bis 1986) kennt da-gegen kaum jemand, weil sie oft nur als Vorstufen galten und nicht für Ausstellungen vorgesehen waren. Über dreißig solcher Arbeiten schickt die Henry Moore Foundation nach Wuppertal – Ausschnitte seines Schaffens aus über drei Jahrzehnten.

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Kompaktnebenan

Empfehlenswerte Ausstellungen in den Niederlanden und Belgien

AmsterdamDas Joods Historisch Museum»Amy Winehouse: A Family Portait«Bis 4. Sept. 2016»I want people to hear my voice... and forget their troubles for five minutes.« Hatte Andy Warhol jedem 15 Minuten Ruhm verspro-chen, so wollte Amy Winehouse die Menschen mit ihrer Musik für fünf Minuten alle Sorgen vergessen lassen. Die begnadete Sängerin mit der einzigartigen Soulstimme und dem ausgefallenen Haardutt hat auch wegen ihrer Drogenexzesse und ihres frühen Todes in die Schlagzeilen gefunden. Die Ausstellung gewährt nun Einblick in das alltägliche, das weniger bekannte Leben der Ausnahmekünst-lerin und ihrer Familie.

Den HaagMauritshuis»Vik Muniz: Verso«9. Juni bis 4. Sept. 2016Das Mauritshuis geht neue Wege: Erstmals organisiert es eine komplett zeitgenössische Schau und holt sich Vik Muniz in Haus. Der Brasilianer experimentiert für seine Kunst gerne auch mit unorthodoxen Materialien wie Zucker, Erdnussbutter oder Scho-kolade. In Den Haag nun interessieren den Fotografen und Bild-hauer vor allem die Rückseiten der Gemälde.

s’HertogenboschNoordbrabants Museum»Jheronimus Bosch – Visionen eines Genies« Bis 8. Mai 2016Der 500. Geburtstag des Malers ist Anlass für die vielleicht wichtigste Ausstellung des Jahres. Obschon seine Heimatstadt selber kein ein-ziges Gemälde von Hieronymus Bosch besitzt, ist es gelungen, eine veritable Überblicksschau zusammenzutragen. Zwischen Schrecken und Lust spannt sich der rätselhafte Kosmos des seit Jahrhunderten überaus einflussreichen Renaissance-Meisters: Himmel- und Höl-lenfahrt mit einem Ticket. Eine solche Gelegenheit wird es mit Si-cherheit so bald nicht wieder geben – wenn überhaupt je.

MaastrichtBonnefantenmuseum»Grayson Perry - Hold Your Beliefs Lightly«Bis 5. Juni 2016Der 1960 geborene Brite und Turnerpreisträger Grayson Perry gilt als einer der bissigsten Kommentatoren unserer Gesellschaft. Da-bei wandern seine Arbeiten zwischen Kunst und Handwerk hin und her. In Keramikarbeiten, Wandteppichen, Skizzenbüchern, Fotos, Filmen oder gusseisernen Skulpturen behandelt er ästheti-sche Fragen und deren Bezug zur sozialen Wirklichkeit.

RotterdamKunsthal»The Museum of Everything«Bis 22. Mai 2016Die Schau verfolgt konsequent die Philosophie kultureller Gleich-berechtigung und vermeidet deshalb diskriminierende Zuschrei-bungen wie Outsider, Primitive, Naive Kunst. So bietet sich die wunderbare Gelegenheit, viel kreatives Potential und große Kunst jenseits des bekannten Kanons zu entdecken. Neben Bosch ein weiterer Höhepunkt im niederländischen Kunst-Frühling.

UtrechtGefängnis Wolvenplein»Hacking Habitat. Art of Control«Bis 6. Juni 2016Utrechts ehemaliges Gefängnis bietet den passenden Rahmen für diese Ausstellung, die mit Werken von 80 internationalen Künst-lern und Designern heutigen, technisch unterstützten Kontroll-mechanismen nachgeht.

VenloMuseum van Bommel van Dam»Cornelia Schleime – Ich zeige nicht alles«10. April bis 25. Sept. 2016Die Berliner Malerin, Performerin, Filmemacherin und Autorin Cornelia Schleime zeigt in Venlo Arbeiten auf Papier. Expressive, oft surrealistisch anmutende, farbige Zeichnungen von fantastischen Fabelwesen und kuriosen Chimären sind darunter. Geheimnisvol-le Porträts und verwunschene Gestalten gemalt mit Tusche oder Aquarell auf Papier, auf Bütten oder Papyrus. Auch wenn Schleime ihr Werk nicht als Abbild der Welt, sondern eher als Prozess ver-steht, hängen diese Blätter doch auch mit der bewegten Biografie der Künstlerin zusammen. Schleime, 1953 in der DDR geboren, hatte im Osten eine Friseurlehre und ein Maskenbildner-Studium hinter sich gebracht. Sie hatte als Pferdepflegerin gearbeitet und in einer Punk-Band gesungen. In den Westen kam sie nach ihrer er-zwungenen Ausreise 1984 mit leeren Händen, denn ihr gesamtes bisheriges künstlerisches Werk musste sie zurücklassen. Es war ein unfreiwilliger und doch höchst ersehnter Neuanfang.

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Antwerpen Fotomuseum»Boris Mikhailov – Ukraine«Bis 5. Juni 2016Bekannt wurde er mit Bildern von Obdachlosen in der ukrai-nischen Stadt Charkow. Als einer der wichtigsten Chronisten der sowjetischen und postsowjetischen Gesellschaft hat Boris Mikhailov (Jg. 1938) mit dem großen Konvolut »Ukraine« sein Heimatland in den Blick genommen, hat die Verformungen der Landschaft und der Gesellschaft dokumentiert und rekonstru-iert. Eine Ausstellung wie ein Tagebuch – persönlich, poetisch und zugleich weithin gültig.

BrüggeKunsthalle Sint-Janshospitaal»Die Hexen des Pieter Bruegel«Bis 26. JuniWie entstand das Hexenbild in Europa? Dieser Frage geht die Ausstellung nach und entdeckt die Anfänge im Kontext der He-xenverfolgungen des 15. Jahrhunderts. So gelten die Hexendar-stellungen von Pieter Bruegel, seinen Vorläufern und Zeitgenos-sen als Quelle einer Ikonografie, die sich bis in die Märchenbücher und die Phantasy-Literatur unserer Tage halten konnte.

BrüsselKoninklijke Musea voor Schone Kunsten van Belgie »Andres Serrano. Uncensored photographs«Bis 21. August 2016Der US-Fotograf Andres Serrano hat mit seinen schonungslosen und verstörenden Bildern oft genug die Gemüter erregt. Seine Arbeiten, in denen es immer wieder auch um Religion, Tod, Sex und Gewalt geht, wurden sogar tätlich angegriffen. Die Ausstel-lung zeigt den Künstler als einen aufmerksamen Beobachter und Zeitgenossen, der seine Arbeit gegen Unmenschlichkeit und In-toleranz in Stellung bringt und nebenbei auch die Grenzen der Zensur thematisiert. Die neueste Serie über Brüsseler Obdachlose wird in den Straßen der Stadt gezeigt.

GentS.M.A.K.»Michael Buthe. Retrospective«Bis 5. Juni 2016Michael Buthe (1944-1994) galt in den 1970er Jahren als Exzen-triker. Bekannt ist er vor allem für seine kitschig-sakralen Instal-lationen und Skulpturen – magisch aufgeladen, funkelnd und fla-ckernd, überbordend, golden und immer schwer symbolbeladen. Die Retrospektive gibt einen Überblick über das vielschichtige Werk des Documenta-Künstlers, der sich mit seiner sinnenfreu-digen Kunst das Verschwinden von Spiritualität und Mythen in der westlichen Kultur behandelte.

Hirschstraße 12 · 42285 Wuppertal · 0202 47898120www.skulpturenpark-waldfrieden.de

HENRY MOOREPLASTERS9.4. – 9.10.2016

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KULTURWEST.dE | FEbRUaR 2016 | ISSN 1613 – 4273 | 4,50 €

02 / 2016

Düsseldorf baut sich umSchadEN odER NUTzEN? EINE zWISchENbILaNz

Neuer Wohnraum FüR FLüchTLINgE UNd FLüchTLINgSWEgE IN dEN KULTURbETRIEb

Leben auf Probe SchaUSpIELSTUdENTEN aN dER FoLKWaNg hochSchULE

»Glaubenskämpfer« daS SchaUSpIEL KöLN aUF dER SUchE Nach goTT

Ulle Bowski, Kunstpilgeram Hindu-Tempel, Hamm

Simon Erath, Kunstpilger in der Merkez-Moschee Duisburg

Machen Sie Bekanntschaft mit #Kunstpilgern: Vier Reiserouten führen Sie zu paradiesischen Gärten, kleinen Kunsterleuchtungen, sakraler Architektur und gelebter Vielfalt in NRW.

.de#Kunstpilgern in NRW

#Kunstpilgern ist ein Projekt von Kulturkenner.de in Kooperation mit Tourismus NRW e.V. und der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen | Bildnachweis v.l.n.r: Ulle Bowski / Wibke Ladwig / Nicole Hundertmark / Ben Müller

Wibke Ladwig, Kunstpilgerin am Schloss Dyck, Jüchen

Simon Erath, Kunstpilgerin der Duisburger Merkez-Moschee

Kunstpilger im K21 Ständehaus der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen

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KULTURWEST.dE | APRIL 2016 | ISSN 1613 – 4273 | 4,50 €

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Special

Arbeit am Erbe:

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Was die AfD unter Kultur versteht

Tony CraggGabriele Henkel

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Ehrlicher als Michelangelo

teXt NICOLE HARTJE-GRAVE

Er ist gut bekannt aus den großen internationalen Museen. Etliche Ausstellungen feierten das Werk des Franzosen. Einem Aspekt schenkte man bisher aller-dings nur am Rande Beachtung. Erstmals wendet sich das Kölner Museum Ludwig jetzt Fernand Légers oft riesigen Wandbildern zu. Es sind faszinierende Ge-mälde für Privathäuser, aber auch Monumentalwerkefür Botschaften, Kirchen, Kliniken. Sogar in einer Luxusjacht ist der Maler zu Werke gegangen.

so sah es aus einst im Wohnzimmer von Wallace K. harrison. seit 1986 gehört fernand légers monumentales Wandbild »les plongeurs« dem Kölner museum ludwig und wird dort jetzt aus anlass der ausstellung »fernand léger. malerei im raum« gezeigt. fotograf unbekannt, Courtesy galerie gmurzynska

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30 RUBRIK K.west 04/ 16

Es war am Strand von Marseille. Fernand Légers Blick fiel auf eine Gruppe von Tauchern und verharrte, das Verwirrspiel ge-fiel ihm: »Man wusste nicht mehr, wem dieser Kopf, jenes Bein oder dieser Arm gehörte.« Unter diesem Eindruck begann er zu malen. »Ich habe die Glieder in meinem Bild durcheinander-gemischt und begriffen, dass ich auf diese Weise viel ehrlicher war als Michelangelo, als er sich mit jedem einzelnen Muskel beschäftigte.« Was er damit meint, wird sehr anschaulich im monumentalen Öl- und Kohlegemälde »Les plongeurs«, das der Franzose 1942 für das Privathaus des US-Architekten Wal-lace K. Harrison auf Long Island schuf. Peter und Irene Ludwig haben das zehn Meter lange Wandgemäl-de erworben und dem Museum Ludwig 1986 zur Eröffnung des Neubaus als Schenkung überreicht. Jetzt werden »Die Taucher« in Köln zum Anlass und Ausgangspunkt für die Jubiläums-Schau »Fernand Léger. Malerei im Raum«. Der Maler ist bekannt für seine stilistische Wendigkeit. Von einer kurzen spätimpressionistischen Phase gelangte Léger schnell zum Kubismus, zum Konstruktivismus, mit Abstechern in die abstrak-te Kunst, und kehrte Mitte der 20er Jahre zur figuralen Darstel-lung zurück, die er bis zum Ende seines Schaffens beibehielt. Auf eine »mechanische« Epoche folgte nun eine »monumentale«, wie Léger es formuliert. »Das Massive und die Komposition mit gro-ßen Figuren« setzte ein. Es ist der Punkt, an dem er Ende der dreißiger Jahre die Arbeit an seinen raumgreifenden Wandbildern begann. Das Interesse kam nicht von ungefähr. Léger war gelernter Architekturzeich-ner und nahm die intensive malerische Auseinandersetzung mit dem gebauten Raum sehr wichtig. Viele Projekte – realisiert oder nicht – zeugen von seinem Bestreben, die Malerei über die Grenzen der Staffelei hinaus zu erweitern und in den sozialen Raum zu integrieren. Damit folgte er durchaus dem Zeitgeist. Die Initialzündung für das Revival der Jahrhunderte alten Freskotechnik und die Ent-wicklung einer modernen Wandmalerei gab 1937 die Weltausstel-lung in Paris, wo auch Picasso sein berühmtes Gemälde »Guer-nica« präsentierte als engagierte Reaktion auf den Spanischen

Bürgerkrieg. Abgesehen vom politischen Anspruch hatte die »Exposition Internationale des Arts« Kunst und Technik im mo-dernen Alltag zu ihrem Motto erkoren. Von da war es nicht mehr weit zum Wandbild, das von der seit 1936 amtierenden, linksgerichteten Regierung propagiert und mit staatlichen Subventionen unterstützt wurde. Das Konzept trug Früchte: Allein auf der Weltausstellung waren 345 Wandbilder zu sehen, darunter Werke von Raoul Dufy, Albert Gleizes, Jean Arp und natürlich von Léger, der gleichzeitig an monumentalen Bühnenbildern arbeitete. Für ihn waren »Wandgemälde und gro-ße populäre Spektakel« die aktuell wichtigsten Kunstströmungen. Voraussetzung für die Ausführung seiner Raumkunst war die Bekanntschaft mit führenden Architekten. Léger unterhielt enge Kontakte zu Schlüsselfiguren der Architektur – zu Robert Mal-let-Stevens etwa, zu Le Corbusier, Charlotte Perriand und Wallace K. Harrison, zu Paul Nelson und André Bruyère. Sich selbst be-zeichnete er als idealen künstlerischen Partner, als engsten Ver-bündeten der Architekten und ermutigte sie, ihn einzubinden in ihre Projekte. Mit seiner Malerei wollte Léger ihre weißen Wände beleben und der Baukunst helfen, sich in den Alltag zu integrie-ren. Die soziale und psychologische Wirkung von Farbe sollte das Leben verbessern, so sein Wunsch. Die Kölner Ausstellung verfolgt die Entwicklung seiner »Malerei im Raum«, von den frühen 20er Jahren bis zu Légers plötzlichem Tod 1955. Gezeigt werden temporäre wie permanente Wandge-mälde und architektonische Interventionen, die er für private Häuser, aber auch für öffentliche Gebäude, Kirchen und Schif-fe realisierte. Erstmals zu sehen sind Werke wie »Transport des Forces« für das Palais de la Decouverte, berühmte Glasfensterent-würfe und sogar eines der beiden Wandgemälde für die Assembly Hall der United Nations in New York. Hinzu kommen weniger bekannte, experimentelle Projekte und Studien, an denen Léger mit seinen Architekten-Freunden gearbeitet hat. Ein bis heute wichtiges Projekt war die Kooperation mit dem franko-amerikanischen Architekten Paul Nelson bei der Errich-tung und Ausstattung des Hôpital Mémorial France-Etats-Unis in Saint-Lô. Nelson übertrug dem Maler die farbige Ausgestal-

tung der Patientenzimmer, der Gemeinschafts- und Behand-lungsräume. Mit dem Ziel, Far-be in den Dienst der Medizin zu stellen, wählte Léger warme und fröhliche Töne – Zitronengelb, Türkisrot, Veronese-Grün. Wie in keinem anderen Krankenhaus bis dahin wurde Farbe erstmals Teil der Therapie, kein dekorativer Effekt, sondern psychologischer Heilungsfaktor, der sich einem in-stinktiv erspürten Ambiente von Entspannung und Lebensvertrau-en verdankt.

»fernanD lÉger. malerei im raum«

museum luDWig, Köln

9. april bis 3. Juli 2016

tel.: 221 22126165

cut and go Trennen, Teilen, Zerschneiden27. August bis 25. September 2016

Thingness Über die Dinge8. Oktober bis 13. November 2016

blind spot Ein Einblick in die Welt der Klangkunst26. November 2016 bis Januar 2017www.kh-do.de

MirrorsÜber Spiegelungen und Projektionen9. April bis 8. Mai 2016Sophie Erlund, Philipp Fürhofer, Anton Ginzburg, Heike Kabisch,Gereon Krebber, Timo Kube, Claudia Mann, Thomas Musehold,Dorothea Nold, Linda Sanchez, Katja Tönnissen

Schwerer Mut, leichter SpottZeitgenössische Landschaftsdarstellungen21. Mai bis 26. Juni 2016

Offene Ateliers28. und 29. Mai 2016

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10. April bis 3. Juli 2016

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Museum für LackkunstWindthorststraße 26 48143 MünsterTelefon 0251/4 18 51-0Telefax 0251/4 18 51-20www.museum-fuer-lackkunst.de

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