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Korrespondenzen

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Korrespondenzen Source: Pädagogische Monatshefte / Pedagogical Monthly, Vol. 4, No. 4 (Mar., 1903), pp. 119- 122 Published by: University of Wisconsin Press Stable URL: http://www.jstor.org/stable/30170754 . Accessed: 15/05/2014 08:52 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . University of Wisconsin Press is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to Pädagogische Monatshefte / Pedagogical Monthly. http://www.jstor.org This content downloaded from 195.78.109.42 on Thu, 15 May 2014 08:52:18 AM All use subject to JSTOR Terms and Conditions
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Page 1: Korrespondenzen

KorrespondenzenSource: Pädagogische Monatshefte / Pedagogical Monthly, Vol. 4, No. 4 (Mar., 1903), pp. 119-122Published by: University of Wisconsin PressStable URL: http://www.jstor.org/stable/30170754 .

Accessed: 15/05/2014 08:52

Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at .http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp

.JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range ofcontent in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new formsof scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected].

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Berichte und Notizen.

I. Korrespondenzen.

(Fiir die Pidagogischen Monatshefte.)

Baltimore. Direktor Dapprich besuchte uns in der

Schule auf seiner Durchreise nach Eu- ropa. Leider konnte der liebe Freund nur etwa eine halbe Stunde bei uns wei- len, da er noch am selben Vormittag nach New York welter reisen musste, von wo er sich tags darauf nach Neapel ein- schiffte. So kurz auch die Zeit war, und so viel wir uns zu sagen hatten, so liess sich doch noch schnell eine kleine Ab- schiedsfeier ftir den geschiitzten Gast im- provisieren. Achtzig Schiiler und Schii- lerinnen der siebten und achten Klasse wurden zusammen in ein Zimmer geru- fen, und dort sangen sie ihm deutsche Lieder vor, die sie aus den Rosenstengel- Dapprichschen Lesebichern gelernt hat- ten. ,,Die Wacht am Rhein" galt als Gruss Jungamerikas an die deutsche Muttererde, die er bald wieder betreten sollte, ,,Ich hatt' einen Kameraden" wur- de in humoristischer Auffassung gesun- gen, und zum Abschied erklang das ein- zig schine Lied ,,Es ist bestimmt in Gottes Rat."

War auch die Ausffihrung keine so runde, wvie wir sie gerne gehabt hitten, und wie sie auch wohl geworden wiire, wenn wir uns daffir hitten nur einiger- massen vorbereiten kiinnen, so fehlte es hingegen nicht an der richtigen Stim- mung, und der Gesang machte einen tie- fen Eindruck auf den lieben Freund-wie auch auf den Schreiber -,seine treuen Augen feuchteten sich bei den Worten:

Wenn Menschen auseinandergehn, So sagen sie: ,,Auf Wiedersehn!

Ja, Wiedersehn!" Dass die bewegten Worte, die der Ge-

feierte zum Abschied an die Z6glinge richtete, wie sie vom Herzen kamen, so auch zum Herzen gingen, durfte Schrei- ber am heutigen Tage bei Durchsicht von Aufsitzen zu seiner Freude wahrneh- men.-Auf Wiedersehn, ja, Wiedersehn!

S. Cincinnati.

Wie himmelweit auch die Meinungen fiber Wert und Opportunitiit der jiingst hier gehiirten pdcdagogischen Vortriige auseinandergehen migen, fiber die Ver- sammlungen, vor welchen sie gehalten wurden, und fiber den Gesamtverlauf der Schulsuperintendenten - Konvention, die vom 23. bis zum 26. Februar allhier ab- gehalten wurde, herrscht nur eine Stim- me. Es war im grossen und ganzen eine

sehr wirdige Veranstaltung, deren Ein- druck und Folgen nicht hoch genug ange- schlagen werden kinnen. Befugtere Fe- dern werden ja wohl in den P. M. dar- iiber berichten, so dass ich mich auf ei- nige Bemerkungen lokaler Natur be- schriinken kann. In Obereinstimmung mit der Ansicht jener, die da meinten, die Konvention sei nicht der Stadt und der Schulen Cincinnatis wegen da, und der Besuch der letzteren seitens Auswir- tiger werde wohl kein sehr zahlreicher sein, fanden nur wenige Fremde Zeit und Musse unsere Anstalten mit ihrer Gegen- wart zu beehren. Eine Ausnahme mach- ten, soweit das deutsche Departement in Betracht kam, der Schulsuperintendent von Baltimore und der Assistenzsuperin- tendent Herr Straubenmiiller von New York. Befand sich der Erstgenannte auf einer Forschungstour nach Griinden, warum und wie der deutsche Unterricht in Baltimore insofern beschnitten wer- den k~innte, als man den Anfang dessel- ben um einige Jahre hiiher hinaufschrau- ben diirfte, ohne seinenErfolg abzuschwi- chen, und sah sich Ihr Korrespondent veranlasst, dem verehrten Herrn Besu- cher, bescheiden aber entschieden, zu sa- gen, dass eine solche Massregel der An- fang vom Ende des deutschen Unter- richts in Baltimore sein wfilrde - so ent- ledigte sich Herr Straubenmfiller in sehr eingehender Weise eines ihm gewordenen offiziellen Auftrags, unsere deutschen Klassen-Einrichtungen, -Ziele und -Er- folge so genau wie miglich zu priifen und fiber die gewonnenen Eindricke Bericht zu erstatten behufs eventueller Beriick- sichtigung und Verwendung bei der ge- planten Reorganisation des deutschen Unterrichts in Gross-New York. Der ebenso liebenswiirdige, wie gewisenhafte Besucher fiberzeugte sich von dem Stand der Dinge in allen deutschen Graden vom ersten bis zum achten Schuljahre. In der Schule, in welcher Ihr Korrespon- dent beschiiftigt ist, und deren deutscher Abteilung Kollege Von Wahlde vorsteht, brachte er zwei volle Stunden zu und iiberzeugte sich von der Sachlage in Klas- sen der 6ten, 7ten und 8ten Schuljahre. Riickhaltslos gestand er den Hauptvor- tell unserer Einrichtungen zu, wonach der deutsche Unterricht im ersten Schul- jahre beginnt und bis zum vierten je fiinf halbe Schultage wichentlich, in den vier letzten Graden aber je fiinf Stunden

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Pddagogische Monatshefte.

wachentlich eingeriiumt erhillt. Die auf den verschiedenen Stufen erzielten Er- folge wusste der Herr nicht genug zu riihmen und in uns, die ihm dieselben vorfiihren konnten, den Wunsch hervor- zurufen, dass es ihm gelingen miige, in New York einen, wenn auch vorliufig nur anniihrend giinstigen, iihnlichen Zu- stand ins Leben zu rufen. Besondere Vorbereitungen ftir den Empfang von Besuchern, die sich einige Schulleiter und englische Lehrgenossen nicht ver- kneifen konnten, waren unter den Um- st~inden mehr oder weniger fiir die Katz' --,,und mit Recht," wie mein Kollege A. WV., Milwaukee, mit mir gerne zu sa- gen scheint.

Die am 7ten Februar abgehaltene Ver- sammlung des Deutschen Lehr-ervereins von GCincinnati war eine der bestbesuch- testen, die jemals stattgefunden haben, besonders von seiten des Ewigweiblichen. Die Anwesenden fanden ihre Rechnung voll und ganz. Frau Hermine Hansen, die Leiterin des deutschen Unterrichts in der Clifton-Schule, hielt einen vor- ztiglichen Vortrag iber ,,Die Beteiligung der Frau an der deutschen Literatur" und wusste dem an sich schon dankbaren Thema in der Tat die interessanteste Seite abzugewinnen. Erhiht wurde der schi5ne Eindruck durch die eingefloch- tene Deklamation des Gedichtes ,,Der Knabe am Moor" von Annette von Droste-Hiilshoff, welches von Frl. Va- leska Razall, einer noch sehr jugend- lichen Schiilerin der Walnut Hills-Hoch- schule, in wirklich ergreifender und aus- gezeichneter Weise vorgetragen wurde. Ein Violinsolo unseres Kollegen und Vir- tuosen, Herrn Gesanglehrer Josef Surdo, sowie ein Sopransolo, ,,Schlummerlied" mit Munner-Chorbegleitung, der Kolle- gin Lillie Deremo bildeten den musikali- schen Teil des Programms und wurden beide mit ungeteiltem Bcifall aufgenom- men.

Die Versammlang decr deutschen Ober- lehrer, die am 26. Februar hiitte statt- finden sollen, musste der Superintenden- ten-Konvention halber ausfallen.

Ich kiinnte Ihnen noch ein Lied vom chronischen Geldmangel, unter dem un- sere Schulbehtrden gebfickt gehen, und von den oft kuriosen Rettungsmitteln, zu denen man greifen muss, singen; k~innte Ihnen auch etwas von der bisen Grippe vorjammern, von welcher die Ge- nossen ftirmlich der Reihe nach heimge- sucht werden - doch wozu alte Wunden aufreissen? ,,Es muss doch Frtihling werden. quidam.

M ilwa u kee. Am 5. Febr. hatten wir hier die Freu-

de, Herrn Professor v. Jagemann von der

Harvard Universitiit in einem Vortrage iber ,,Aus dem Leben der Sprache" im ,,Deutschen Klub" zu h5ren, wozu alle deutschen Lehrer eingeladen waren. Der Professor zeigte in diesem interessanten Vortrage, wie die menschliche Sprache so recht eigentlich die grosLartigste Er- findung der Menschen ist, weil sie die Grundlage aller Erfindungen und aller Erzeugnisse des menschlichen Geistes ist. Alle F'orschung beruht auf Mitteilung friiherer Forscher durch die Sprache, und darum besitzt sie Leben wvie jedes andere organische Wesen dieser Erde. Das Le- ben einer ,prache besteht nun in der Gesamtverbindung der Gedankenassozia- tionen der einzelnen Menschen. Daher ist es ein grosser Irrtum, wenn sich manche die Sprache als etwas Fertiges, Vollstiindiges und Abgeschlossenes vor- stellen. Ganz im Gegenteil; sie verin- dert und vervollkommnet sich fortwiih- rend wie alles Lebende und Organische, wie man das am besten an der Lautver- inderung sehen kann.

In iiterer Zeit hatte man z. B. in der deutschen Sprache die beiden Dop- pellaute ei und au noch nicht, und man hatte dafiir die einfachen Laute i und u. Dies sieht man an den altdeutschen Wir- tern ,,lieden" und Mus", hochdeutsch leiden, Maus. Dann hat sich auch der Sinn und die Bedeutung mancher Wir- ter ganz veriindert; so hatte das Wort ,,Frauenzimmer" frtiher eine recht vor- nehmne Bedeutung, eine fiirstliche Frau, dagegen ist die Bedeutung jetzt eine ganz andere, eine ziemlich zweideutige. Der Professor zeigte dann, wie das Volk oft in dem Irrtum befangen sei, dass sich Wort und Begriff, und Name und Sache immer vollstitndig deckten, und dass sie nicht wussten, wie manchmal dasselbe Wort 5 oder 6, ja noch mehr verschiedene Begriffe hitte.

Als drastisches Beispiel ftihrte er die Geschichte von den drei Soldaten in Wien an, wo sich ein 6streicher, ein Ungar und ein Italiener um das Wort ,,Wasser" stritten. Der 6streicher erhebt ein Glas mit Wasser und fragt den Ungar: Wie nennst du diesen Stoff in dem Glase in deiner Sprache? er antwo&rtet ,,teska". Dann fragt er den Italiener, und der sagt ,,aqua"; dann spricht der 6streicher wichtig und mit Nachdruck: ,,und ich nenne ihn ,,Wasser" und er heisst nicht bloss so, sondern er ist es auch."

Dann kam der Professor auf die Ety- mologie zu sprechen und erwiihnte, wie in der Zeit der Renaissance Gelehrte und auch Geschliftsleute ihre Namen so gern latinisiert hiitten, und wie dabei oft komische Verwechselungen stattgefunden h!itten. So hitte einstein Kaufmann

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Korrespondenen .

in Hamburg die Gerichte ersucht, seinen Namen ,,Plummbohm" iidern zu diirfen, und zwar wiinschte er den Namen ,,Blei" zu haben. Auf die Frage warum er ge- rade diesen Namen haben wolite, ant- wortete er, das sei sein rechter Name, und sein Vorfahr habe den Namen la- teinisch fibersetzt und sich ,,plumbum" genannt, woraus dann im guten Ham- burger Plattdeutsch ,,Plhmmbohm" ge- worden sei.

Der Professor schloss mit der Ermah- nung, jeder solle an seinemTeil, so viel wie mdglich, und vor allem dieGebildetee,sich bestreben, unsre schiine deutsche Sprache, die so reich, edel und vielseitig im Aus- drucke sei, mit alien Kriften noch zu veredeln und zu vervollkommnen suchen; denn damit wflrden wir auch die Mah- nung unseres grossen Dichters Goethe er- fiillen: ,,Was du ererbt von deinen Vii- tern hast, erwirb es, um es zu besitzen." Reicher und anhaltender Beifall lohnte den Redner fiir seinen interessanten Vor- trag, welcher von den zahireiclen Zu hirern voll und ganz gewiirdigt wurwde.

Am Abend des 6. Feb. gaber die deut- schen Lehrer in Gemeinschaft mit den Lehrern des Seminars und der Akademie Herrn Professor v. Jagemann in dem Seminargebilude einen Empfang, welcher sich zu einer sehr gemiitlichen Feier ge- staltete. Zugleich bildete sie eine Ab- schiedsfeier ftir Direktor Dapprich, wel- cher zur Stiirkung seiner angegriffenen Gesundheit eine auf mehrere Monate be- rechnete Europareise unternommen hat. Das gerscumige Musikzimmer war in eine schsn geschmiickte und mit Blumen de- korierte Banketthalle umgewandet, und die zwei langen Reihen Festtafeln waren mit etwa 150 Festgiisten besetzt. Der PrDisident des Lehrerverins, Herr Ph. Lucas, diente als FestprEisident. Nach einem gut vorgetragenen Violinsolo von Lehrer H. Mertens stellte der Vorsitzer den Ehrengast in einer kurzen Ansprache der Versammiung vor.

Professor Jagemann hielt dann eine liingere Ansprache, in welcher er fiber die schwere und oft undankbare Arbeit des deutschen Lerers hier in Amerika sprach. Dann bemerkte er, wie so oft, ja meistens, nach Verlauf von mehreren Jahren im Amte und Dienst, der deut- sche Lehrer in die gewtihnlice Routine und schulmeisterliche Pedanterie ver- falle, die ihm dann oft aile Lust zum Amte raube und ihn griimlich und ver- driesslich mache. Als ein gutes Mittel dagegen empfehle er alien deutschen Leh- rern die fleissige Beschuiftigung mit gu- ten deutschen Volksschriftstellern; und unter den vielen, welche die deutsche Literatur aufzuweisen habe, empfehle er

ganz besonders den steirischen Volks- dichter, Peter K. Rosegger. Er liess als- dann einen Vortrag hiber diesen Dichter folgen, worin der eigentiimliche Werde- gang des steirischen Bauernjungen und nachherigen Schneiders zu einem so vor- ziiglichen Dichter in drastischer, an- schaulicher und recht humoristischer Weise geschidert wurde.

Nach dem Vortrage des Professors folgten einige gesangliche Vortriige von Frl. Camille Bickler, ein Damenchor un- ter der Leitung des EHerrn M. GriebsDh und Soli von den Herren O. Burckhardt und C. Bronson. Dann folgte das Ban- kett, wobei die Koleginnen in liebens- wiirdiger Weise die Wirtinnen machten. Reden wurden dabei gehalten von Supt. H. O. R. Siefert, Asst. Supt. Abrams und Herrn J. Eiselmeier. Herrn Dapprich wurde zum Abschied cin schiines Rosen- bouquet iiberreicht, und er hielt dabei eine begeisterte Ansprache fiber die wich- tige Aufgabe des deutschen Lehrers an niedern und hihern Schulen hier in Ame- rika.

So verflossen die Stunden schnell bis nach Mitternacht. Wohl alle Teilneh- mer werden dieses frohe und gemitliche Fest und ebenso unsern gescha tzten Kol- legen nd Ehrengast in freundlicher Er- innerung behalten. Ja lange ist es her, dass wir iun Kreise des Vereins deutscher Lehrer ein frohes Fest gefeiert haben; keins seit dem Silberjubilium vor 5 Jah- ren. Ach, wie manche frohe und schine Feste haben wir friiher gefeiert, Pick- nicks und Abendunterhaltungen! Doch - ,,es war einmal"! Lang' ist es her, ja lang' ist es her! O deutsche Lehrer-Gemitlichkeit, wo bist

du nur geblieben? Wer hat dich schon seit langer Zeit so

giinzlich fortgetrieben? Wo blieb Kollegialitit, Gesang und frohe

Lieder ? Dahin - wie's Blatt im Sturm verwveht,

und kehret nimmer wieder.. A. W.

New York. Obwohl der Vaereir& deutscher Lehrer

von New York und Umgegend in den letz- ten Monaten nichts hat von sich hiren lassen, so war derselbe doch titiger als je. Besonders war der Besuch der am ersten Samstag im Monate stattfindenden Versammlungen ein lussert reger. Al- lerdings waren die Vortriige und die Per- son der Vortragenden von ganz besonde- rer Gite. In Dezember gab Herr Di- rektor Konried vom deutschen Theater einen mit grossem Beifall aufgenomme- nen Vortrag fiber ,,Das moderne Drama." Herr Direktor Leopold Bahisen aus Ber- lin, der zur Zeit am Teachers College

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Pddagogische Monatshefte.

tiltig ist, sprach in eineni wohldurch- dachten, beredten Vortrag iiber den Dich- ter der ,,Vierzehn Linden", F. Weber, wiihrend in der ersten Februarwoche der vielseitige Sekretitr des Deutschen Gcsellig-Wissenschaftlichen Vereins, Hr. Joseph Winter, in einem begeisterten und begeisternden Vortrage das deutsche Volkslied behandelte. Das deutsche Volk - so fiihrte der Redner aus - ist ein Volk von Dichtern und von Singern. Das Lied ist zweifellos die iilteste Form der Poesie, sind doch die alten Volks- sagen ein Zyklus von Gesingen. Von den iEfen, wo der Minnegesang bliihte und aus den Stiidten, wo das Lied im Meistergesang verkiimmerte, fliichtete sich das Lied in die Volksmassen, wo es schon am Ende des 13ten Jahrhunderts, herrliche Bliiten trieb. Der Hirte, der Soldat, der Scholar, der Mtnch, der Ritter, der Schiffer, der Kaufmann und der Landmann, alle batten sie ihre Lie- der, in denen ein echt germanischer Zug sich auspriigte; ihr Inhalt ist das Leben der Natur und das Menschenschicksal, vor allem das Liebesleben. Das echte Volkslied ist der Ausdruck des Geffihis, der momentanen Empfindung, kurz, scharf, pritzis, einfach, ungeziert; nicht kunstmiissig, nicht erkiinstelt, und vor llem: singbar. Die Lieder entstanden

im Volke, mit dem Volke, durch das Volk und filr das Volk: an den Winter- abenden in der Spinnstube; bei der Heim- kehr vom Felde; auf dem Marsche; auf den Sonntagsspaziergiingen durch Wald und Feld. Die Versifikation ist die deuk- bar einfachste und ungekiinstelt; mei- stens vierzeilige Strophen im jambischen Masse, in denen die zweite und vierte Zeile sich reimen. Die reichhaltigste Fiundgrube von Volksliedern ist: des Knaben Wunderhorn. Die Lieder lebten lange nur im Munde des Volkes und pflanzten sich durch den Gesang fort; oft werden im Volksmunde mehrere Lie- der vermischt und verschmolzen. Wer das Lied zuerst gesungen, wer es gedich- tet, das weiss das Volk nicht und darum kiinmert es sich nicht. Die hachste Ehre,

die einem Kunstdichter widerfahren konnte und kann, ist die, dass das Yolk sein Lied sich zu eigen macht und den Dichter vergisst.

Das 15te und 1(te JTahrhundert sind die Bliitezeit des Volksliedes, das beson- ders reich ist an Trinkliedern (,,den lieb- sten Buhlen, den ich hab"'), Liebeslie- dern (,,Es steht ein Baum im Oden- wald") und Kinderliedern. Von unsern Klassikern treffen Goethe, Uhland und Heine den echten Volksliederton, wiih- rend Schiller weniger ghiicklich ist.

In interessanter Weise illustrierte Herr Winter die Art und Weise, in der das- selbe Thema von drei Dichtern in volks- tiimlicher und doch nach ihrer Indivi- dualitit verschiedener Teise behandelt wird durch ein Analyse der bekannten Hirtenlieder von Goethe (,,Ich stand auf einem Berge"), Heine (,,KBnig ist der Hirtenknabe"), und Uhland (,,Ich bin vom Berg der Hirtenknab"). Nachdem der Redner alphabetisch die Dichter ge- nannt, die das Volkslied dauernd be- reichert haben, schloss er in begeistern- der Weise: ,,Und das deutsche Volks- lied, es singt von Lenz und Liebe, von sel'ger, goldner Zeit, von Freiheit, Miin- nerwiirde, von Treu und Heiligkeit; es begleitet uns von der Wiege zum Grabe; es zieht mit uns in die Fremde und macht uns die Fremde zur Heimat; das Volks- lied, es iiberlebt alle Wandlungen poli- tischer und sozialer Art, und so lange die Deutschen das deutsche Volkslied pfle- gen, wird lebendig bleiben der deutsche Geist und die deutsche Art." In der Februarsitzung wurden die bis- herigen Beamten des Vereines auf ein weiteres Jahr erwiihlt: Dr. H. Zick, Vor- sitzender; Herr von der Heyde stoll- vertretender Vorsitzender; Herr E. Miil- ler, Sekretiir und Schatzmeister. Auf Vorschlag des HerrnDoktorKaiser wurde die Biirde des Amtes eines berichterstat- tenden Sekretiirs mit der Wiirde des Vor- sitzers verbunden, da der Vorsitzende ja derjenige sei, der so ziemlich am regel- miissigsten erscheine, oder doch zu er- scheinen verpflichtet sei. ni. Z.

II. Briefkasten.

J. S. Es freut uns, dass Dr. Lessings Artikel ilber ,,Neuere Literaturgeschich- ten" Ihren Beifall finden. Hoffentlich kbnnen wir spiiterhin mit mehr aufwar- ten.-Wegen eines Probeheftes von Prof. Langhaus' ,,Deutsche Erde" wenden Sie sich gefiilligst an die Verlagshandlung von Justus Perthes in Gotha, die Ihnen

ein solches unentgeltlich zur Verfiigung stellen wird.

B. R. Mansfield. Die P. M. haben auf ihrem Programm vornehmlich die Ein- fihrung des deutschen Sprachunterrichts in die Klassen der Volksschule, und Sie werden darum dort umfangreiches Ma- terial finden das sich nit den Methoden,

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