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Kopenhagen zu Silvester

Date post: 08-Apr-2016
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Die Dänen ballern, als müssten sie einen Weltkrieg aufholen und stellen nacktes Fleisch zur Schau, als wär's ein Schlachtfest. Ganz schön brutal - trotzdem gab es viele schöne Dinge in Kopenhagen an Silvester...
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1 Kopenhagen Silvester 2007 / 2008 Die spinnen, die Dänen! Nachtzug, Würstel und Tak. Verwirrt von der Übersichtstafel in München blieben wir vor dem Zug stehen. Der Zug habe 10 Minuten Verspätung – nichts ungewöhnliches – war jedoch überpünktlich(!) am Gleis. Da wir uns darauf keinen Reim machen konnten, stiegen wir einfach ein und belegten unser Abteil. Ich musste noch mit einem Halbrussen das Ticket tauschen, da die Bahn das nicht offenbar nicht konnte. Der Russe hatte freundlicherweise eine Pelzmütze auf, sodass man ihn gleich erkannte. Er sprach Deutsch und Englisch. Wir vermuteten dass er Russe war, denn russisch reden haben wir ihn nicht gehört. Aber die Mütze war eindeutig.
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Kopenhagen Silvester 2007 / 2008

Die spinnen, die Dänen!

Nachtzug, Würstel und Tak.

Verwirrt von der Übersichtstafel in München

blieben wir vor dem Zug stehen.

Der Zug habe 10 Minuten Verspätung – nichts

ungewöhnliches – war jedoch überpünktlich(!)

am Gleis. Da wir uns darauf keinen Reim machen

konnten, stiegen wir einfach ein und belegten

unser Abteil.

Ich musste noch mit einem Halbrussen das Ticket tauschen, da die Bahn das nicht offenbar

nicht konnte.

Der Russe hatte freundlicherweise eine Pelzmütze auf, sodass man ihn gleich erkannte. Er

sprach Deutsch und Englisch. Wir vermuteten dass er Russe war, denn russisch reden haben

wir ihn nicht gehört. Aber die Mütze war eindeutig.

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Nach einer Nacht in einem völlig überhitzten

Zug und unterbrochenem Schlaf kamen wir an

im wunderschönen Bahnhof von Koebenhavn

(sprich: Köbenhaun). Der Bahnhof ist zwar der

„neue“ Bahnhof, ist aber ein fast antiker. Bögen

spannen sich bretterbelattet hoch über den Zug,

die Wände dunkelrot geziegelt und der

Bahnsteig gekachelt, klein und braun. Der

alte Bahnhof ist mittlerweile rosa gestrichen

und beinhaltet einen Puff ein Kino.

In den Bezirk Brønshøj (Brönshöj) mit dem

Tingelbus herausgefahren, wurde das

Gepäck bei Susi abgeladen: gleichzeitig

bestaunte man kollektiv ihre

wunderschöne Dachwohnung.

Wahrscheinlich holen sich die IKEA-

Designer ihre Anregungen hier. Weiss,

heller Dielenholzboden, oben schwarze

Dachbalken, gemütlich und klein.

Natürlich ein Backsteinhaus, wie die meisten

dänischen Häuser.

Na, ausgeschlafen,

kleener Punk?

WÜRSTEL:

Auf der Busfahrt war uns ein seltsames Bild an der Tür aufgefallen. Drei Piktogramme signalisiertem dem

Passagier, dass er a) kein Eis zu essen und b) nicht zu rauchen habe. Das dritte offenbarte nach einem Kopf

Schieflegen zwei Würstchen. Würstchen im Bus?

Eine – wenn nicht sogar die – dänische Spezialität sind Pølser (Pölsa). Die gebräuchlichste Form dieser

dünnen roten Würste ist der Hot Dog. Mit Zwiebeln, zwei Ketchupsorten, Senf und Remoulade. Und

Röstzwiebeln, oben drauf Gurken. Kurz: so viel wie irgend draufpasst. Man sollte diese Spezialität schnell

vertilgen, sonst fällt alles auseinander. Daher das Verbot im Bus.

Die 20 Kronen (etwa € 2,90) sind lecker angelegt, sättigen aber leider nicht einmal ansatzweise.

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Tak, Tak, Tak:

Beim Schlendern und Staunen in der Fussgängerzone und Einkaufsstraße Strøget (Ströl)

lernten wir die wichtigsten Worte im Dänischen: Hei, Heihei und Tak. Hallo, Tschüss und

Danke. Hei ist kein Problem für den westgerichteten Europäer (Hi!). Heihei klingt schon nach

Ei Ei, was für ein süßer Däne... Aber Tak schiesst den Vogel ab. Beim bestellen

sagt man anstatt „Bitte“ auch „Danke“. Also „En Øl Tak“ (En

Öl Tak), ein Bier bitte. Wenn man dann eines bekommt,

wieder Tak. Dann zahlt man, der Kellner sagt Tak. Tak tak

tak...

An der Promenade am Hafen entlang gegangen, schlugen wir

einen Haken zum Palast. Dort vollzog sich gerade ein

Wachwechsel: im Prinzip dem englischen System

nachempfunden. Allerdings in der ärmlichen Variante mit 3 Soldaten anstatt 30. Und die

froren auch noch, trotz Bärenfell.

Eine Fotografin verfolgte uns, so flüchteten wir in eine große Kirche und taten ganz gläubig

( = wir starrten an die Decke ). Schöne Decke, muss man sagen. Schliesslich nahmen wir

noch einen Kaffee in einem Buchladen, ich kaufte ein Buch über persönliche Gespräche mit

Hitler auf Englisch.

Nach diesem kulturell hochwertigen Tag liessen wir es uns bei einem Tuborgbier aus der

Dose gut gehen und aßen Nudeln mit Tomatensoße. Mir gefällt Dänemark. Jetzt läuft Jazz

im dänischen Radio und wir argumentieren mit der Katze, sie solle nicht die ganze Zeit

maunzen. Wir diagnostizierten ihr ADS und einen gehörigen Mutterkomplex.

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Tag 2Windige Kunst!

Nach dem ersten aufregenden Tag standen wir nicht

ganz so früh auf. Wir planten noch zum Palmenhaus

zu gehen, einem kleinen botanischen Garten im

Zentrum. Der hat ja nur bis 15 Uhr auf, sagten wir,

dann beeilen wir uns ein bisschen.

Also gab es erstmal einen leckeren Obstsalat für die

halbe Krankenstation. Das windige und regnerische

Wetter liess uns ahnen, dass wir heute die Vitamine

brauchen würden.

James Bond lebt!

Die neue Metro war

unser erstes Ziel.

Sie wurde erst 2003 eröffnet, und

endlich hat sie København zu einer

Weltstadt gemacht. Das denken

jedenfalls die Dänen.

Die Architektur der Metrostation

lässt einen Eintauchen in die Welt

der Bösewichte aus James Bond. Eine

Hauptzentrale mit Raketenabschussrampe könnte

nicht futuristischer und cooler aussehen. Unten

angekommen, steht man vor einer Wand. Die ist zwar

durchsichtig, also kann man auf die Gleise schauen,

aber die Türen gehen erst auf, wenn die Metro steht.

Und dann natürlich das Schmankerl: Die Metro hat

keinen Fahrer! Sie fährt computergesteuert und gibt

den Passagieren einen superben Blick in den

beleuchteten Tunnel vor ihnen.

Leider ging das Vergnügen nur eine Station, dann

waren wir schon angekommen. Auf zum Palmenhaus.

Mit Schrecken stellte man fest, dass es nicht wie

vermutet Ein Uhr war. Es war bereits Drei... Trödeln

lohnt sich doch.

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Schloss Rosenborg

Keine Palmen, dafür Rosen. Jedenfalls virtuelle Rosen,

im Namen von Schloss Rosenborg (Rosenborg Slot,

gesprochen ohne 'g'). Der umliegende Kongens Have

(Köngens He-u: des Königs Garten) bietet einen netten

Anblick und Gelegenheit zum Flanieren. Bei dem miesen

Wetter flanierten wir etwas schneller.

Der gruselige Überrest einer Kunstausstellung war noch ein Staunen und ein

paar Fotos wert.

Der kahle, mit klammen Ästen rankende Baum sah aus wie aus Sleepy Hollow

direkt hierher gekarrt. Über die Brücke und den

Wassergraben gings zum Schlösschen.

Der Wassergraben beherbergt leider

keine Krokodile, dafür ein paar

Kunstwerke.

Da kann man sich auch erschrecken.

Das Schlösschen selbst ist wieder

einmal: ein Backsteinbau. Mit vielen

Türmchen und Erkern, roten Ziegeln

und grünem Dach.

Ein bisschen erinnert es an die

englischen Schlösser und man

vermutet darin eine royale Teestube.

Die zwei Wachen waren zwar gewehrt

und baionettet aber auch leicht

auszutricksen. Hinter ihrem Rücken kamen wir ganz nah ans Schlösschen,

sogar bis zum Touristenshop.

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Statens Museum for Kunst

Von den Rosen gings direkt zur

Fleischbeschau.

Im Statens Museum for Kunst

(Stäitens Museum) kann man zur

Zeit bei freiem Eintritt(!) eine

seltsame Statuensammlung

durchwandern.

Das Motto ist scheinbar: „kaputt, aus Ton und lieblos

hingeklatscht“ und zeigt Genitalien, kopulierende Hunde,

den Tod und fette Schweine.

Aber das Gebäude selbst ist sehr schön. Der Neubau wurde

einfach an das alte Museum angebaut, und so ist die alte

Fassade jetzt immer Teil der Ausstellung.

Eine zur Abwechslung schöne moderne Bauweise mit Glas

und Licht ziert den Altbau und erfreut den Fan

konservierter Fassaden.

Nach dem ganzen Fleisch strebten wir der eher konservativen

Landschaftsbilderaustellung zu.

Hauptsächlich dänische und

nordische Künstler finden Platz in

mehreren Sälen. Landschaftsbilder,

Industriemalerei, Portraits von Edlen

und Reichen. Wir mittendrin.

Es wird fachgesimpelt, Kunstwerke

werden professionell nachgestellt und

besondere Gemälde gutgeheissen.

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Jesus tritt auf

Ein Lieblingsbild ist „Jesus bricht

dem Tod den Kiefer weil der ihm

unters Laken linst“. Der

Originaltitel kann leicht abweichen.

Bruce

Mit Erstaunen fanden wir eine

Lebensgroße Darstellung von

Bruce, dem Drillsergeanten der

Möchtegernmodels

(„Die Tasche muss lebendig sein“).

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Weihnachten muss lustig sein!

Nach soviel Kunst und windstillen Räumen zog es uns auf die breiten Straßen hinaus. Durch die

Dämmerung, vorbei an den schön beleuchteten Häusern suchten wir das nächste bezahlbare

Lokal auf. Ein Dönermann.

Hier in København gibt es viele Immigranten aus dem Orient. Irak und Iran, aber fast keine aus

der Türkei. Und so heisst der Döner hier nicht Döner sondern Shawarma – isst sich aber gleich.

Mit dieser ordentlichen

Magenauskleidung konnten wir

getrost der Spielleiterin Moni folgen,

Kurs auf Weihnachten.

Weihnachten ist ein Trinkspiel.

Vodka und Fruchtsäfte, Cola und

Bier begleiteten uns durch die immer

schwierigeren Regeln und halfen

uns, Contenance zu wahren...

Regeln für W E I H N A C H T E N

Man nimmt ein Kartenspiel, vorzugsweise Poker- oder Skatblatt. Dieses wird in die Tischmitte gelegt

und reihum wird von jedem Mitspieler eine Karte gezogen. Die Karte wird umgedreht und dann müssen von allen Spielern bestimmte Aktionen ausgeführt werden. Ist ein Spieler der letzte im Ausführen, führt er die Aktion nicht oder unvollständig aus oder eine andere Aktion als vorgegeben, muss er trinken.

Die von Anfang an vorgegebenen Aktionen sind...

Dame: Der Spieler, der die Karte zieht, nennt einen Oberbegriff. Dann wird reihum von allen Spielern zügig ein Unterbegriff genannt. Bsp.: Automarken; Opel, Ford, Mercedes...

Das wird so lange fortgeführt, bis die Runde an einem Spieler ist, dem nichts mehr einfällt. Der Spieler muss trinken und die Runde ist zu Ende. Die nächste Karte wird gezogen.

Bube: Der Spieler, der die Karte zieht, gibt ein Wort vor. Reihum wird von allen Spielern ein Wort genannt, das sich darauf reimt.Bsp.: Haus; Maus, Klaus, Saus....Die Runde wird beendet wie bei Dame.

9: Eine Regel wird festgelegt. Der Spieler, der zieht, nennt eine Regel und ihre Bedingung. Diese Regel kann sich auf eine Karte beziehen („Immer wenn eine zwei gezogen wird...“), auf eine Person oder eine Farbe („Immer bei Herz..“). Bsp.: Wenn einer Trinken muss, muss der links von sitzende Spieler sich an die Nase fassen...

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Tag 3Das sicherste Café der Welt und

der TivoliEndlich war uns Cirrhus der Wettergott gesonnen. Am

morgen des dritten Tages lachte

der blaue Himmel und

hatte nur wenige Wölkchen

umgehängt.

So trödelten wir diesmal

nicht so lange und fuhren

mit der unserer

Lieblingseinrichtung in

København, der Metro, unter

dem Meer hindurch. Auf der

kleinen Insel, auf der ein Teil

Københavns liegt, befindet

sich ein umstrittenes

autonomes Stadtviertel:

Christiania (sprich Kristiänja).

Seit 1971 existiert

die Kommune, vor ein paar Jahren wurde

sie von der Stadt offiziell anerkannt. Davor

waren es beharrliche 30 Jahre lang

Hausbesetzer. Aus einem

heruntergekommenen Viertel mit

leerstehenden Fabrikgebäuden haben sie

ein eigenes Reich errichtet.

Heute strahlt Christiania in bunten

Farben, spiegelt und schillert. Schon vor

dem Betreten durch eines der

„Stadttore“ leuchten einem bemalte

Wände entgegen und die Neugier wird

geweckt. Unweit des Eingangs ist auch

(laut eigenem Schild) das „sicherste Café der Welt“ mit

„6000 Polizeidurchsuchungen seit März 2004.

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Christiania - die andere Stadt

Wir besuchten Christiania, als

es schlief. Vormittags ist

ziemlich sicher die ruhigste Zeit

an einem Ort wie diesem.

So trafen wir nur wenige

Passanten, neugierige

Beobachter und große Hunde.

Wenn man den Fuß über die

Schwelle der selbstgezimmerten

Stadttore setzt, taucht man in

eine andere Welt ein.

Nicht weil es alternativ aussieht oder weil dort Hasch verkauft

wird. Letzteres wird jetzt übrigens strenger als sonst verfolgt,

deswegen darf man die Stände nicht

fotografieren. Nein, nicht nur, was das Auge sieht

ist anders.

Auch die Atmosphäre ist in Zeit und

Lebensweise grundverschieden.

Wer aus København heraustritt, legt die Last

ab, die er unwissend auf den Schultern trug:

Der Druck, gleich zu sein. Erfolg, sprich Geld

zu haben und sonst nicht

aufzufallen.

Verwundert sieht man auf

das Tor zur Normalwelt

zurück, die dunkel vor sich

hindämmert.

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Die andere Entscheidung

Christiania ist bestimmt kein Paradies auf Erden.

Anders zu sein, ständig von der Polizei kontrolliert zu

werden, ist nicht das ultimative Leben.

Aber die Menschen dort haben sich entschieden. Sie

haben ihren Weg bewusst gewählt. Letztlich ist das

wozu nicht wichtig, die Entscheidung ist es, die zählt.

Wenn man wieder dem Ausgang entgegengeht,

verstummt langsam das Flötenspiel, die Wärme der

brennenden Tonnen versiegt.

Die graue Umstadt empfängt ihre anonymen Besucher

und legt den Mantel der Normalität um sie.

Wenn København mit Börse, Kinos und U-Bahn das

heutige Leben in Globalisierung und Anpassung darstellt, dann ist

Christiania der Gegenpart des „dunklen Mittelalters“:

Das Anders-sein, keine Massenfertigung, Verschiedenheit und die Freude

daran.

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København ist schön

Vorbei an der Börse, Nyhaven

und interessanten alten

Gebäuden mit sichtbarer

Geschichte ging unser

weiterer Weg.

Wir bewunderten die

vielen stilvollen

Gebäude, die die

Dänen so gut und

gerne bauen.

Überhaupt haben

Dänen und Schweden

scheinbar einen

angeborenen Sinn für

Ästhetik und

Harmonie.

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Die Meerjungfrau

Aus dem Märchen von Hans

Christian Andersen entsprungen

sitzt sie als Bronzestatue auf

einem Stein am Hafen.

Die Statue ist recht klein (etwa

lebensgroß) und überraschend

unauffällig.

Nur die auch bei kaltem Wetter anwesenden

Touristen zeugen von der Bekanntheit der

traurigen Schönen.

Sie blickt sehnsuchtsvoll auf das offene Meer

hinaus und wartet auf den nächsten Anschlag.

Die Kleine anzumalen, ihr den Kopf abzusägen

oder sonstwie zu vergewaltigen ist ein Volkssport

in København. Jede große Protestaktion ist an der

Statue abzulesen.

Wir liessen uns also pflichtschuldig vor ihr

verewigen. Wer

weiss, wann

Osamas nächstes

Flugzeug (oder

Schiff?) die kleine

Meerjungfrau trifft.

So können wir

unsern Enkeln

stolz dieses Foto

dereinst unter die

Nase halten.

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Der Tivoli :

Spielplatz und Vergnügungspark

Lange hielt es die Gruppe nicht dort, denn wir hatten noch

eine Verabredung mit der anderen Pflichtattraktion in

Københaven: dem Tivoli.

Der große Vergnügungspark hat fast ganzjährig geöffnet.

Im Winter ist zusätzlich noch ein Weihnachtsmarkt

installiert mit allen traditionellen Figuren.

Wir sahen Nissekøbing, das Heim der Elfen, den Baum der

Herzen, Chinatown, viele Heizschalen zum Wärmen und

natürlich den Musikspielplatz (Musik-legeplads sprich:

Laipläs). Letzterer bietet groß und klein viele Möglichkeiten

zum Krachmachen.

Das ließen wir uns natürlich nicht entgehen. Auch eine

Spezialität sind die leckeren Verköstigungen hier. Es gibt

Glögg (Glühwein) mit Mandeln und Rosinen.

Glögg gibt es auch in der Variante Glögg+ (mit einem Schuß

Rum) und Glögg++ (Rum mit Schuß). Die aufmerksamen

Dänen versehen ihre Schilder mit den Angeboten mit dem

Hinweis: Bei Glögg++ bitte mit der Bahn nach Hause fahren.

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Schlemmerparadies

Damit man den Glögg nicht auf nüchternen Magen trinken

muss, gibt es einige fette und süße Speisen.

Etwa die Churros, das ist eigentlich Spanisch und bedeutet

wahrscheinlich: Du wirst platzen. Diese Teigwürste werde

frittiert und mit süßen Soßen gereicht und eine Portion kann

nicht von einem Allein gegessen werden.

Heimspiel für die Københavener ist der Eintritt in den Tivoli.

Der Einmalige Besuch kostet 80 Kronen (11 Euro), die

Jahreskarte gerade mal 200 Kronen. So kann der Däne auch im

Sommer viele kostenlose Konzerte und Lightshows

geniessen, während der Tourist schön Geld dalässt.

Clever gemacht.

Nach sovielen Eindrücken und hinterlassenen

Fussabdrücken, warfen wir uns zuhause aufs

Bett und drückten uns noch „Time Bandits“

rein.

An sich ein schräger Film aus dem Hause

Monthy Python.

Leider waren alle so müde, dass wir das

Ende nicht mehr mitbekamen. Aber schön

wars trotzdem.

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Tag 4Silvester!

Nach dem dringend nötigen Schlaf öffnete uns ein

blauer Himmel unsere Äuglein. Endlich war er

gekommen, der Tag, wegen dem wir hier waren.

Eigentlich waren wir ja für die Silvesternacht hier und

die war auch ein Erlebnis.

Wir schwangen uns also aus den Betten, beschlossen,

mich für die Stelle des Chronisten des Königreichs

Freising vorzuschlagen, auf dasz mir dies Chronik

aufs Beste gelingen möge. Nach diesem wichtigen Akt

wurde für das abendliche Raclette

eingekauft; kein

Raclette ohne Käse, und

von dem war wirklich reichlich da.

In einem der klaren Momente, wie man sie im

Leben nur selten hat, fiel der Beschluss, vor dem

Raclette mal ordentlich spazieren zu gehen.

Wandernd durch Københavns Hinterland, sprich:

Aussenbezirke, kauften wir jeder einen Hut aus

Plastik und erkundeten dann die Umgebung.

Friedlich lagen die Häuser auf ihren angestammten Plätzen und so kamen wir

ungehindert zum Moor.

Hier ist das Moor von einem Weg umrundet und bietet Platz für Mußestunden,

zum Beobachten von festgefrorenen Enten oder zum spielen auf dem

Abenteuerspielplatz. Es fällt geneigtem

Leser sicher nicht schwer, zu erraten

wozu wir uns entschlossen...

Zur Belohnung gönnten wir uns bei der

Heimkehr noch eine Pølser mit Gurken.

Wenn man die Gelegenheit hat, so

etwas feines zu essen, sollte man

nicht die dänische Kultur beleidigen

und so etwas verschmähen!

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Raclette mit Hut

Endlich war der ersehnte Abend

gekommen. Die Sonne verbrannte ihre

letzten Strahlen rot an den Ziegeln. Die

Nacht begann sich zu senken, die Kälte

schloss alle Türen und zwang die Lichter,

anzugehen. Wir setzten unsere Hüte auf

und begannen das Raclette.

Alle denkbaren Zutaten und viel Käse

erquickten uns, dazu servierte man

leckeres Dosenøl. Øl ist so eine Art

Wasser mit Biergeschmack. Besser als

das Amerikanische Bier ist es allemal –

das ist allerdings auch nicht wirklich

schwer.

Unser Raclette war ausgezeichnet und so

gings in bester Laune zum Bus,

Richtung Rathausplatz. Hossa!

Abenteuer Busfahren

Gut, dass wir mental darauf

vorbereitet waren. Unsere

Busfahrt entwickelte sich zum

Abenteuer. Eine Bande

betrunkener Polen mit offenen

Flaschen jeder

Schnapssorte schunkelten durch den Bus,

sich an den Fahrgästen festkrallend. Sie boten dafür

fairerweise den schönen Mädels auch ihren Schnaps

an, auch den aus der Colaflasche. Ja man kann sagen,

sie überschütteten sie fast mit ihrer Flüssigkeit..

Freundlichkeit.

Mit vereinten Englisch-, Dänisch- und

Deutschkenntnissen konnten die Frauen sie dann bis

zur Endstation abwehren, wo die Polen fröhlich auf

den Platz glitten.

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Champagner!

Die Rathausuhr schlug halb

elf. Wir kontrollierten unseren

Tornister: Zwei Miniflaschen

Sekt, eine große Flasche Sekt,

eine Flasche Champagner.

Luftschlangen, Wunderkerzen,

alles da. Ein spitzfindiges

Teammitglied bemerkte, dass

wir ja gar keine Becher hätten,

um den leckeren Champagner zu

angemessener Zeit zu

verköstigen!

Allgemeine Unruhe brach los,

man brabbelte und beriet sich,

stritt sich und strebte dann

schnell zum nächsten 24h-

Supermarkt.

Schnell waren die richtigen Champagnergefäße

gefunden, die jedem Etikette-Test standhalten

würden, einem kräftigen Druck mit der Hand

aber nicht. Dafür liessen sich die kleinen

Espressobecher aus Pappe gut stapeln.

Während einer den Verkäufer ablenkte, waren

schnell die begehrten Becher in den Rucksack

gewandert und bereit für den großen Auftritt.

Da die Dänen dauerhaftes

Durchhaltevermögen demonstrierten,

durften wir schon seit dem 28.

Dezember ein gescheites Feuerwerk

bewundert, sobald sich Anzeichen der

Nacht herbeischlichen.

Heute, am Silvesterabend, war

natürlich diese Vorfreude noch stärker

zu hören und zu sehen.

Spätestens ab Elf Uhr lag eine

Glocke aus Feuerwerk über dem

Rathausplatz. Links und Rechts

explodierten Kanonenschläge wie

5000 Watt-Bässe.

Auf den Körper hat das in etwa

die gleiche Wirkung, wie ein

Rammsteinkonzert in der ersten

Reihe.

Vor der rechten Boxenwand.

Page 19: Kopenhagen zu Silvester

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In Dänemark herrscht ein

recht strenges Gesetz über

die Knallkörper und

Raketen.

Im Laden kann man unter

äußersten

Sicherheitsvorkehrungen

das Paket für Silvester

erwerben, bestehend aus: 1

Schutzbrille, 1 Handbuch zur

Sicherheitsgemäßen

Verwendung, 1 Rakete Marke

„Kindergeburtstag“ und

einem Minifröschchenböller,

der in Deutschland höchstens

von Kleinkindern benutzt wird.

Irgendwie schaffen es die Dänen jedoch jedes Jahr, aus Polen und

Deutschland tonnenweise Schwarzpulver und Dynamit nach Dänemark

zu schmuggeln und ein Feuerwerk zu veranstalten, dass jedes Millenium

alt aussehen lässt.

Die Stunde Null

Um halb 12 ist der Platz voller Rauch

und Kanonendampf, der Himmel blitzt

blau und grün.

Der Platz ist voller Menschen, sie haben

sich klugerweise in einem Gürtel

angeordnet, sodass die Mitte des Platzes

frei bleibt. Vor dem Burgerking knallt es,

weiße Rauchsäulen steigen auf.

Raketen fliegen quer durch die Luft: Auf

den geschlossenen Würstelstand, auf die

Häuserfassaden.

Der Kriegszustand, der uns versprochen

wurde, ist eingetreten.

Wir verstehen einander nur noch schwer.

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Die Dänen ballern, sprengen, donnern und

schlagen Löcher in den Asphalt.

Wir halten uns derweil an die feine deutsche

Art: Jeder hat eine halbe Luftschlange um

den Hals, einen kleinen, wenigstens

geklauten Pappbecher mit Champagner in

der einen Hand und eine Wunderkerze in

der anderen.

Frohes Neues!

Die Uhr schlägt Zwölf. Was auffällt ist,

dass es gar keinen Countdown gab;

andererseits hätte man den im

Gefechtslärm eh nicht gehört – für die

Chronik gab es also keinen.

Mit dem Neujahr umarmt man sich herzlich, bekundet

Glückwünsche. Das Feuerwerk hört schneller auf, als man

angenommen hätte.

Bis halb 1 wird noch halbherzig geschossen, dann ists auch

fast vorbei.

Auffällig ist auch, dass man

nirgends Opfer sieht.

Entweder die Dänen hatten

alle ihre Schutzbrillen an,

oder sie haben sich in so

kleine Stücke gesprengt,

dass man sie wegfegen

kann.

Page 21: Kopenhagen zu Silvester

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Doch wer glaubt, dass das Abenteuer

damit zuende war, der irrt gewaltig.

Unsere Helden mussten ja noch die

Busfahrt nach Hause antreten. Wir

erwischten noch den letzten

normalen Bus. Der Nachtbus wäre

erst nach einer halben Stunden

gekommen und hätte noch

mordsmäßige Umwege gefahren.

Allerdings bezog sich das „normal“ nicht auf den Bus, wie wir bald feststellten.Die Busfahrerin war

offenbar ein Abkomme der Wikinger. Sie schrie und spuckte, gestikulierte, schimpfte und macht

den Bus aus. Scheinbar war ein Gast hinten in den Bus eingestiegen und weigerte sich frecherweise,

seine Identität preiszugeben.

Nach 20 Minuten fuhr sie dann doch los, nach vielem Argumentieren

und unter Jubelrufen der

Fahrgäste.

An der nächsten Station

wiederholte sich das Fiasko.

Diesmal protestierten die

Fahrgäste und der Eindringling

wich sogleich.

Die Busfahrerin wünschte

allen lauthals ein frohes

Neues Jahr – der Bus grüsst

zurück. Ich hätte das Gebrüll

der Wikingerin eher für einen Isländischen Fluch gehalten, das

war vielleicht bei ihr das selbe.

Mit mehreren längeren Stops waren wir dann nach einer

Stunde zuhause. Froh, das alles überlebt zu haben, stiegen

wir aus dem Bus und wurden vom Nachtbus überholt...

Fin


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