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Konrad Repgen Dreißigjähriger Krieg und Westfälischer … · 2015 Ferdinand Schöningh Konrad...

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Konrad Repgen Dreißigjähriger Krieg und Westfälischer Friede
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Konrad RepgenDreißigjähriger Krieg und Westfälischer Friede

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2015

Ferdinand Schöningh

Rechts- und StaatswissenschaftlicheVeröffentlichungen der Görres-Gesellschaft

Herausgegeben von Alexander Hollerbach · Hans Maier · Paul Mikat (†)

Neue Folge, Band 117

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2015

Ferdinand Schöningh

Konrad Repgen

Dreißigjähriger Kriegund

Westfälischer FriedeStudien und Quellen

Herausgegeben von

Franz Bosbach und Christoph Kampmann

3., überarbeitete und bedeutend erweiterte Auflage

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der DeutschenNationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk sowie einzelne Teile desselben sind urheberrechtlichgeschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen ist ohne vorherigeschriftliche Zustimmung des Verlages nicht zulässig.

© 2015 Ferdinand Schöningh, Paderborn(Verlag Ferdinand Schöningh GmbH & Co. KG, Jühenplatz 1, D-33098 Paderborn)

www.schoeningh.de

Umschlaggestaltung: Evelyn Ziegler, MünchenPrinted in Germany. Herstellung: Ferdinand Schöningh GmbH & Co. KG, Paderborn

ISBN 978-3-506-77959-5

Photo Frontispiz: Marie-Luise Scherer-Kampmann

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort zur ersten und zweiten Auflage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XI

Einführung zur ersten und zweiten Auflage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIII

Einführung zur dritten Auflage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXIII

Siglenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXV

1. KRIEG UND KRIEGSTYPEN

Kriegslegitimationen in Alteuropa. Entwurf einer historischen Typologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

Krieg und Kriegstypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

Was ist ein Religionskrieg? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

2. HISTORIOGRAPHIE

Über die Geschichtsschreibung des Dreißigjährigen Krieges: Begriff und Konzeption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57

Der Dreißigjährige Krieg im deutschen Geschichtsbild vor Schiller . . 149

Christian Johann Feustels vergessene Geschichte des DreißigjährigenKrieges (1736) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173

Akteneditionen zur deutschen Geschichte des späten 16. und 17. Jahrhunderts: Leistungen und Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . 191

Über die Publikation ACTA PACIS WESTPHALICAE . . . . . . . . . . 231

Die westfälischen Friedensverträge von 1648 und die editorischeErschließung ihrer Akten und Urkunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259

3. ZUR VORGESCHICHTE DES DREISSIGJÄHRIGEN KRIEGS:KONFESSIONALISIERUNG UND KRISE DER REICHSVERFASSUNG

Der Bischof zwischen Reformation, katholischer Reform undKonfessionsbildung (1515–1650) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287

Reich und Konzil (1521–1566) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365

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4. KRIEG UND FRIEDENSVERHANDLUNGEN

Dreißigjähriger Krieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397

Die Hauptprobleme der westfälischen Friedensverhandlungen von 1648 und ihre Lösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 425

Ferdinand III. (1637–1657). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 461

Maximilian Graf Trauttmansdorff – Chefunterhändler des Kaisers beim Prager und beim Westfälischen Frieden . . . . . . . . . . . . . . . . . . 487

Die katholische Kirche und der Westfälische Friede . . . . . . . . . . . . . . . 501

Lukas Holstenius als politischer Gutachter in Rom. Eine unbekannteDenkschrift aus der Zeit des Restitutionsedikts . . . . . . . . . . . . . . . . 529

Die Finanzen des Nuntius Fabio Chigi. Ein Beitrag zur Sozialgeschichte der römischen Führungsgruppe im 17. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 539

Fabio Chigi in München (1639) und die bayerische Klerussteuer 1640 . . . 591

Die Hauptinstruktion Ginettis für den Kölner Kongress (1636) . . . . . 613

Fabio Chigis Instruktion für den Westfälischen Friedenskongreß. Ein Beitrag zum kurialen Instruktionswesen im Dreißigjährigen Krieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 647

Wartenberg, Chigi und Knöringen im Jahre 1645. Die Entstehung des Plans zum päpstlichen Protest gegen den Westfälischen Frieden als quellenkundliches und methodisches Problem . . . . . . . . 677

Die Proteste Chigis und der päpstliche Protest gegen den Westfälischen Frieden (1648/50). Vier Kapitel über das Breve „Zelo domus Dei“. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 729

Salvo iure Sanctae Sedis? Die Zessionsbestimmungen des Westfälischen Friedens für Metz, Toul und Verdun als Konkordatsrechts-Problem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 753

Fabio Chigi und die theologische Verurteilung des Westfälischen Friedens: Ein Zirkulare aus dem Jahre 1649. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 789

Drei Korollarien zum Breve Zelo domus Dei (26. November 1648):Editionstechnik, Nachdruckgeschichte, Vorgeschichte . . . . . . . . . . . 813

Wiener Argumente gegen ein Verbot der Römischen Königswahl zu Lebzeiten des Kaisers durch die Friedensverträge (Juli/August 1645) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 835

Über den Zusammenhang von Verhandlungstechnik und Vertragsbegriffen. Die kaiserlichen Elsaßangebote vom 28. März und 14. April 1646 an Frankreich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 849

VI Inhaltsverzeichnis

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Die kaiserlich-französischen Statisfraktionsartikel vom 13. September 1646 – ein befristetes Agreement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 883

Die zollpolitischen Regelungen der Friedensverträge von 1648 mit Frankreich und Schweden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 921

Friedensvermittlung und Friedensvermittler beim Westfälischen Frieden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 939

5. DER WESTFÄLISCHE FRIEDE IM URTEIL DER ZEITGENOSSEN

Der Westfälische Friede und die zeitgenössische Öffentlichkeit. . . . . . 967

Zur Diplomatik der Nuntiaturberichte. Eine Dienstvorschrift für das Abfassen von Avvisi aus dem Jahre 1639 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1011

Die Feier des Westfälischen Friedens in Kulmbach (2. Januar 1649) . . 1015

Das Dankgebet für die Friedensfeiern des 2./12. Januar 1649 imMarkgrafentum Brandenburg-Kulmbach. Ein Nachtrag. . . . . . . . . . 1029

Ein Schulaufsatz zum Thema „Frieden“ (1648/49) . . . . . . . . . . . . . . . . 1035

Evangelisches Kirchenlied als Mittel zur Popularisierung desFriedensvertrags von Osnabrück im Sommer 1648 . . . . . . . . . . . . . . 1043

6. DER WESTFÄLISCHE FRIEDE IM POLITISCHEN RÜCKBLICK DER GEGENWART

Der Westfälische Friede: Ereignis, Fest und Erinnerung. . . . . . . . . . . . 1053

Der Westfälische Friede und die Ursprünge des europäischen Gleichgewichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1083

Friedensvermittlung als Element europäischer Politik vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Ein Vortrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1099

Aktuelle Friedensprobleme im Lichte der Geschichte des Westfälischen Friedens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1117

Der historische Ort des Grundgesetzes: 1648 – 1789 – 1949 . . . . . . . . 1131

Drucknachweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1151

Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1155

VIIInhaltsverzeichnis

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X

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Vorwort zur ersten und zweiten Auflage

Der Westfälische Friede, dessen 350jähriges Jubiläum 1998 gefeiert wird, giltzu Recht als ein Meisterwerk der europäischen Diplomatie. Er beendete denDreißigjährigen Krieg und stellte die politischen, konfessionellen, rechtlichenund wirtschaftlichen Verhältnisse in Deutschland und in weiten Teilen Euro-pas auf dauerhaft wirksame Grundlagen.

Unser heutiges Wissen über dieses epochale Ereignis verdanken wir zu ei-nem guten Teil Konrad Repgen, der durch seine Publikationen, durch seinWirken als akademischer Lehrer und durch die Herausgabe der „Acta PacisWestphalicae“ die Erforschung des Dreißigjährigen Krieges und des Westfä-lischen Friedens entscheidend beeinflußt und vorangebracht hat.

Der 75. Geburtstag von Konrad Repgen am 5. Mai 1998 im Jubiläumsjahrdes Westfälischen Friedens bietet einen sinnfälligen und willkommenen An-laß, seine von 1953 bis Ende 1997 erschienenen einschlägigen Forschungs-beiträge erstmals geschlossen zu veröffentlichen – als eine beeindruckendeDokumentation außerordentlich fruchtbarer Forschungsarbeit. Bei fünf derinsgesamt dreißig Beiträge handelt es sich um Erstveröffentlichungen.

Die Aufsätze erscheinen hier im wesentlichen unverändert; offensichtliche(Druck-) Fehler wurden beseitigt. Um die Benutzbarkeit des Bandes zu er-höhen, sind die Anmerkungen so weit wie möglich vereinheitlicht worden.Aus dem gleichen Grund werden die Seitenzahlen des Originaldrucks gege-benenfalls am oberen Seitenrand in eckigen Klammern aufgeführt; im Textmarkieren senkrechte Trennstriche den Seitenumbruch der Vorlage. Der In-halt des Bandes wird durch ein Personenregister erschlossen.

Bei der Überprüfung bibliographischer Angaben sowie etlicher Quellen-zitate hat Frau Dr. Antje Oschmann, Geschäftsführerin der Vereinigung zurErforschung der Neueren Geschichte e.V. in Bonn, wertvolle Hilfe geleistet.Die Herausgeber wissen sich ihr deswegen zu großem Dank verpflichtet.

Für unermüdliche und sorgfältige Mitarbeit bei der Manuskripterstellungund bei den Korrekturen ist den Lehrstuhlsekretärinnen Frau Carmela Herr-mann und Frau Maria Zurek sowie den studentischen und wissenschaftli-chen Hilfskräften Jan Ehlenberger, Irina Gerstner, Marco Hedler, Agnes Kal-tenecker, Jochen Lutz und Gesine Marek M.A. herzlich zu danken; FrauMarek darüber hinaus für die Erstellung des Personenregisters. Ein Wort desDankes gilt auch Herrn Michael Werner vom Verlag Schöningh für die stetsgute und kompetente Zusammenarbeit.

Die Herausgeber danken dem Präsidenten der Görres-Gesellschaft, HerrnProfessor Dr. Dr. h.c. mult. Paul Mikat, für die Förderung der Drucklegungund für die Aufnahme in die Reihe der Rechts- und StaatswissenschaftlichenVeröffentlichungen der Görres-Gesellschaft.

Bayreuth, im Mai 1998 Franz BosbachChristoph Kampmann

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Einführung zur ersten und zweiten Auflage

Das wissenschaftliche Oeuvre von Konrad Repgen bietet einen umfassendenÜberblick zur Geschichte des Dreißigjährigen Kriegs und des WestfälischenFriedens. Die hier zusammengestellten Beiträge befassen sich sowohl mit denklassischen Themen der Politik-, der Diplomatie- und der Wirtschaftsge-schichte als auch mit neueren Forschungsfragen der frühneuzeitlichen Publi-zistik, der politischen Öffentlichkeit, der zeitgenössischen Erfahrung vonKrieg und Frieden sowie der Entwicklung der Historiographie. Dabei stehenÜberblicksdarstellungen und biographische Skizzen neben quellennahen undakribischen Detailforschungen.

Grundsätzlich lassen sich bei der Betrachtung des Gesamtwerks von Kon-rad Repgen zum Dreißigjährigen Krieg und zum Westfälischen Frieden fünfzentrale inhaltliche Schwerpunkte unterscheiden, die auch die Gliederungdes vorliegenden Sammelbandes bestimmen.

I

Teil I Historiographie, wird mit einem Aufsatz zur Typologie der militäri-schen Konflikte des Dreißigjährigen Krieges eingeleitet. Er gehört zu denErträgen der von Konrad Repgen in den letzten Jahren systematisch betrie-benen Erforschung der gedruckten Kriegsmanifeste; die daraus entwickelteTypologie der frühneuzeitlichen Kriege hat er 1985 publiziert1. In dem hiererstmals veröffentlichten Aufsatz Krieg und Kriegstypen stellt er die aus denManifesten ableitbaren zwölf legitimatorischen Leitbegriffe vor. Dabei zeigtKonrad Repgen am Beispiel der Intervention Gustav Adolfs in Deutschlandim Jahr 1630, wie aus der Kriegstypenbildung zum einen neue Fragestellun-gen, zum anderen neue Lösungsmöglichkeiten für alte Fragen entwickeltwerden können: Das Kriegsmanifest Gustav Adolfs, das die rechtliche Be-gründung für die Intervention bildete, interpretiert das expansive AusgreifenSchwedens zu einem Akt unvermeidlicher Verteidigung um und begründetdamit eine Sichtweise, die zuweilen bis heute in der Literatur vertreten wird.

Auch der große Artikel Über die Geschichtsschreibung des DreißigjährigenKrieges: Begriff und Konzeption, mit dem Konrad Repgen 1984 sein Kollo-

1 Kriegslegimitationen in Alteuropa. Entwurf einer historischen Typologie. München 1985(Schriften des Historischen Kollegs. Vorträge 9). (Neudruck 1988) in diesem Band 3-20; zweiAufsätze erweisen die Fruchtbarkeit der Fragestellung auch für das das 15. Jahrhundert undpräzisieren die methodischen Überlegungen: Antimanifest und Kriegsmanifest. Die Benutzungder neuen Drucktechnik bei der Mainzer Stiftsfehde 1461/63 durch die Erzbischöfe Adolf vonNassau und Diether von Isenburg, in: Johannes HELMRATH und Heribert MÜLLER, in Zusam-menarbeit mit Helmut WOLFF (Hrsg.), Studien zum 15. Jahrhundert. Festschrift für ErichMeuthen. II. München 1994, 781-803; Die politischen Einblattdrucke der Mainzer Stiftsfehdein deutscher Sprache (1461/62), in: Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte 46 (1994),281-321.

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quium „Krieg und Politik 1618-1648“ als Stipendiat des Münchener Histori-schen Kollegs eröffnet hat2, fragt nach dem zeitgenössischen Erleben undDeuten des Krieges. Der Beitrag führt einschlägige Vorstudien3 fort und lie-fert wegen seiner Belegfülle den wohl endgültigen Nachweis, daß bereits dieZeitgenossen das Kriegsgeschehen ab dem Jahr 1618 als eine Einheit betrach-teten und dies durch das kontinuierliche Zählen der Kriegsjahre zum Aus-druck brachten. Darüber hinaus wird deutlich, daß die Bezeichnung „Dreißig-jähriger Krieg“ aus der von der Rhetorik geprägten Wissenschaftssprache und -methode der Geschichtsschreibung des 17. Jahrhunderts erwachsen ist.Konrad Repgens Ergebnisse haben inzwischen in der historischen Forschungzu einem Konsens darüber geführt, daß es einen Dreißigjährigen Krieg über-haupt gegeben hat, d.h. daß das Kriegsgeschehen zwischen den Jahren 1618und 1648 als ein einheitliches Ganzes zu betrachten ist

Während diese historiographischen Befunde noch in die Zeit des Kriegesselbst zurückreichen, geht Konrad Repgen in seiner Auseinandersetzung mitder Historiographie des 18. Jahrhunderts an das Ende der Frühen Neuzeit.Für die geschichtliche Betrachtung und Bewertung des DreißigjährigenKriegs in Deutschland – und zwar nicht nur durch die Fachhistoriker – stell-te das Erscheinen der Werke Friedrich Schillers einen entscheidenden Wen-depunkt dar. Seine „Geschichte des Dreißigjährigen Kriegs“ von 1791/93und vor allem die Wallenstein-Trilogie von 1800 rückten die Zeit zwischen1618 und 1648 ins Zentrum des historischen Interesses – für mehr als einJahrhundert. In den Beiträgen Der Dreißigjährige Krieg im deutschen Ge-schichtsbild vor Schiller und Christian Johann Feustels Geschichte des Dreißig-jährigen Kriegs (1736) wird dieser Wandel anschaulich illustriert. Die deut-sche Geschichte zwischen 1618 und 1648 war vor Schiller ein Gegenstandfleißig erarbeiteter, aber insgesamt wohl eher mittelmäßiger Gelegenheits-schriften reichsständisch-lutherischer Provenienz. Von der Leidenschaftlich-keit, mit der man später über diese Epoche deutscher Geschichte gestrittenhat, ist hier noch nichts zu spüren.

Am Schluß des ersten Teils wird ein Forschungsunternehmen vorgestellt,das wegen seiner europaweiten Dimension, wegen seiner Qualität und –nicht zuletzt – wegen seiner zügig publizierten Erträge keine Vergleiche zuscheuen braucht. Eine wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Dreißig-jährigen Krieg und vor allem mit dem Westfälischen Frieden ist heute nurnoch denkbar, wenn dazu die monumentale Edition der Acta Pacis Westpha-licae herangezogen wird, die von Konrad Repgen geleitete historisch-kriti-sche Ausgabe der wichtigsten Quellen vom Westfälischen Frieden. Zwischen

XIV Einführung zur ersten und zweiten Auflage

2 Die Beiträge des Kolloquiums wurden 1988 publiziert: Krieg und Politik 1618-1648. Europäi-sche Probleme und Perspektiven, hrsg. von Konrad REPGEN unter Mitarbeit von ElisabethMÜLLER-LUCKNER, München 1988 (= Schriften des Historischen Kollegs. Kolloquien 8).

3 Seit wann gibt es den Begriff „Dreißigjähriger Krieg“?, in: Heinz DOLLINGER/Horst GRÜN-DER/Alwin HANSCHMIDT (Hrsg.), Weltpolitik, Europagedanke, Regionalismus. Festschrift fürHeinz Gollwitzer zum 65. Geburtstag am 30. Januar 1982, Münster 1982, 59-70; Noch einmalzum Begriff „Dreißigjähriger Krieg“, in: Zeitschrift für historische Forschung 9 (1982) 347-352.

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der Denkschrift Repgens Über eine Ausgabe der wichtigsten Quellen zurGeschichte des Westfälischen Friedens und seinem Vortrag Über die Publika-tion ACTA PACIS WESTPHALICAE liegt ein Zeitraum von vierzig Jahren.1957 hat Konrad Repgen das Editionsvorhaben der Acta Pacis Westphalicaekonzipiert, 1996 kann er auf ein überaus ertragreiches Werk verweisen. Dieanfangs grundgelegten Prinzipien zur Herausgabe der zentralen Quellen desWestfälischen Friedens haben sich als tragfähige Grundlage für die editori-sche Arbeit erwiesen. Mittlerweile liegen 23 der etwa 40 Bände vor, die ins-gesamt geplant sind; im Jahr 2010 soll das Gesamtwerk abgeschlossen sein.Die Acta Pacis Westphalicae sind damit ein rühmliches Beispiel für die zu-weilen angezweifelte Tatsache, daß editorische Langzeitprojekte erfolgreichdurchgeführt werden können.

II

Es ist in der Geschichtsschreibung zum Dreißigjährigen Krieg prinzipiell niein Frage gestellt worden, daß die abendländische Kirchenspaltung und dieHerausbildung von Konfessionen im 16. Jahrhundert wesentlich zur Entste-hung dieses Konfliktes beigetragen haben. Schon in seiner Habilitations-schrift Die römische Kurie und der Westfälische Friede ist Konrad Repgendem Problemkreis unter gesamteuropäischer Perspektive nachgegangen. Wel-che Konsequenzen diese Konfessionsbildung unter den spezifischen politi-schen, kirchlichen und reichsverfassungsrechtlichen Gegebenheiten des Hei-ligen Römischen Reichs hatte, damit befassen sich – auf je verschiedeneWeise – die beiden Aufsätze, die in Teil II Zur Vorgeschichte des Dreißig-jährigen Kriegs – Konfessionalisierung und Krise der Reichsverfassungabgedruckt werden4.

Der Aufsatz Der Bischof zwischen Reformation, Katholischer Reform undKonfessionsbildung (1515-1650) betrachtet die Auswirkungen der Konfessio-nalisierung auf die Reichskirche, also auf jene für das territoriale Gefüge desAlten Reichs so charakteristischen reichsunmittelbaren geistlichen Kurfür-sten- und Fürstentümer. Dies wird anhand eines politisch wie kirchlich her-ausragenden Beispiels vor Augen gestellt, nämlich des Kurfürstentums Köln.Der Aufsatz zeigt, welche neuartigen Anforderungen mit der Reformationund der Katholische Reform seit dem 16. Jahrhundert an die kirchlichenAmtsträger gestellt wurden. Sie betrafen die persönliche Lebensführung derBischöfe, aber in noch höherem Maße ihre Ausübung der kirchlichen Juris-diktionsgewalt. Die Erzbischöfe waren als hochadlige Territorialherren meistviel zu tief in den traditionellen Denk- und Handlungsmustern ihres Standesverwurzelt, um die neuen Forderungen ohne weiteres verstehen zu könnenoder gar zu befolgen. Daher – und dies kann der Aufsatz erstmals eindrucks-voll belegen – nutzten die Reformer, voran Johannes Gropper, die landes-

XVEinführung zur ersten und zweiten Auflage

4 Zu verweisen ist hierbei auch auf den späteren Grundsatzartikel „Reform“, in: The OxfordEncyclopedia of the Reformation, III, New York-Oxford 1996, 392-395.

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rechtlichen Bestimmungen des Kurfürstentums, und hierbei vor allem diebischöflichen Wahlkapitulationen, um ihren Bestrebungen Nachdruck zuverleihen. Sie griffen also auf ein politisch-rechtliches Instrumentariumzurück, das ihnen in dieser Form wohl nur in der Reichskirche des HeiligenRömischen Reichs zur Verfügung stand. Indem sie so (und nicht ohne Er-folg) versuchten, den Bischof auf eine streng katholisch-konfessionelle Liniezu verpflichten, bewiesen Johannes Gropper und seine Weggefährten über-dies schon in der Mitte des 16. Jahrhunderts, daß sie von einer langfristigenKoexistenz verschiedener Konfessionen auf dem Boden des Heiligen Römi-schen Reichs ausgingen. In den bischöflichen Wahlkapitulationen in Kölnzugleich ein frühes Zeugniss spezifisch konfessionellen Denkens im Reichentdeckt zu haben, ist eines der bemerkenswertesten Ergebnisse des Aufsatzes.

Mit den Auswirkungen, die Kirchenspaltung und Konfessionsbildung fürdas gesamte Reichsgefüge hatten, beschäftigt sich der Beitrag Reich und Kon-zil (1521-1566), der einen systematischen Zugriff auf den Gegenstand wählt.Kaiser und Reich schien es bis 1552 prinzipiell unvorstellbar, daß es im„Sacrum Imperium“ einen politischen Frieden ohne religiöse Eintracht ge-ben könne. Welche Schwierigkeiten sich der von allen angestrebten kirch-lich-theologischen Einigung entgegenstellten, verdeutlicht Konrad Repgenam Beispiel des Schlagwortes vom „Freien und Christlichen Konzil“. Eswurde von Vertretern der unterschiedlichen religiösen Richtungen verwen-det, um den Lösungsweg zur Überbrückung der konfessionellen Differen-zen zu weisen, aber schon beim zugrundeliegenden Verständnis des Begriffs„Konzil“ traten die scharfen theologischen Gegensätze unverhüllt zu Tage.Daher ging man seit 1555 mit dem Augsburger Religionsfrieden einen neuenWeg, den Konrad Repgen prägnant als „Reichsfriede trotz Glaubensspal-tung“ bezeichnet. Das Trienter Konzil (1545-1563), dessen Legitimität vonprotestantischer Seite bestritten wurde, blieb reichsrechtlich gesehen ohneBedeutung: Das Reich und die nachtridentinische katholische Kirche sind„nie korrelierende Größen geworden“. Bemerkenswerterweise hat auch dasPapsttum – diesen Umstand hebt Konrad Repgen klar hervor – die rechtli-chen Gegebenheiten im Reich nach 1555 stillschweigend akzeptiert; die Ku-rie hat erst zu einem Zeitpunkt gegen das Reichsreligionsrecht protestiert, alssie sicher sein konnte, daß ihr Protest den gewünschten rechtsverwahrendenCharakter, aber nicht ungewollte politische Auswirkungen zeitigen würde.

III

Dies aber verweist bereits auf das Zeitalter des Dreißigjährigen Kriegs, mitdem sich die Beiträge auseinandersetzen, die im Abschnitt III Krieg und Frie-densverhandlungen, zusammengestellt sind. Den Anfang bilden zweiÜberblicksartikel zur Geschichte der Jahre zwischen 1618 und 1648, die sichchronologisch vorzüglich ergänzen. Der erste, Dreißigjähriger Krieg, nimmtvor allem die erste Hälfte des Kriegs, die Zeit bis zum Prager Frieden, in denBlick. Ursprünglich als Lexikonartikel entstanden, hat dieser Beitrag rasch

XVI Einführung zur ersten und zweiten Auflage

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Berühmtheit erlangt. Denn Konrad Repgen beschränkt sich nicht darauf, diewichtigsten Entwicklungslinien im militärischen und politisch-diplomati-schen Geschehen in prägnanter Form darzustellen; es gelingt ihm zugleich,dem Leser einen Eindruck von den Quellen und den zentralen Forschungs-kontroversen zu vermitteln, die die Beschäftigung mit dieser Epoche deut-scher Geschichte prägen. Dies findet seine Fortsetzung im Beitrag FerdinandIII. 1637-1657. Konrad Repgen geht dabei von der Beschreibung der sittli-chen und religiösen Normen aus, die das Handeln dieses Herrschers be-stimmten, der trotz seiner Bedeutung als Kaiser des Westfälischen Friedens inder neueren Geschichtswissenschaft nur wenig Beachtung gefunden hat. Demhabsburgischen Fürstenideal stellt er die politische und militärische Realitätgegenüber, mit der sich Ferdinand III. konfrontiert sah. Dabei entsteht – stetsunter kritischem Rückbezug auf die Quellen und die neueste Forschungslite-ratur – in kräftigen und beeindruckenden Zügen ein Bild jener Zeit, die vommilitärischen Niedergang Österreichs wie seiner Verbündeten, einem schwie-rigen, schließlich aber erfolgreichen Weg zum Frieden und der beginnendenÜberwindung der furchtbaren Kriegsfolgen geprägt war. Schon FerdinandIII., dies wird deutlich, trug mit seiner klugen und maßvollen Politik nichtunwesentlich zum Wiederaufstieg des römisch-deutschen Kaisertums bei.

Den beiden Überblicksartikeln schließt sich die imposante Reihe der quel-lengesättigten Studien zu Einzelfragen des Krieges und der Friedensverhand-lungen an. Konrad Repgens besondere Aufmerksamkeit gilt hierbei denjeni-gen Personen und Kräften, die für die kuriale Politik von Bedeutung waren.In dem Beitrag Lukas Holstenius als politischer Gutachter in Rom veröffent-licht er ein anonymes Gutachten, das mit guten Gründen als Programment-wurf einer neuen römischen Religionspolitik für das Reich interpretiert wer-den kann. Konrad Repgen führt den Nachweis, daß es von Lukas Holsteniuszwischen Herbst 1628 und April 1629 verfaßt wurde, also in einer Zeit, alsdie Kurie in Kenntnis der Vorbereitung des kaiserlichen Restitutionsediktesihre eigene Haltung zur Reichs-Religionspolitik überdachte. Ebenfalls aufkuriale Quellen stützen sich die zahlreichen Untersuchungen, die KonradRepgen dem Kölner Nuntius und päpstlichen Friedensvermittler Fabio Chi-gi widmet5. Er ist derzeit wohl der beste Kenner der in Bibliothek und Ar-chiv des Vatikans verwahrten Chigiana, der umfänglichen Akten in demNachlaß des späteren Papstes Alexander VII. Wir verdanken Konrad Repgendie Edition des Diarium Chigi6 und darüber hinaus eine Reihe weiterer

XVIIEinführung zur ersten und zweiten Auflage

5 Wegen der begrenzten Thematik dieses Sammelbandes sind die Beiträge Konrad Repgens zurKirchengeschichte und zum kirchlichen Wirken des Nuntius in der Zeit des DreißigjährigenKrieges nicht aufgenommen worden: Das HL. Officium und der „Fall Sylvius 1621-1627“. EinKapitel aus der Vorgeschichte des Jansenismus-Streits, in Konrad REPGEN/Stefan SKLALWEIT

(Hrsg.), Spiegel der Geschichte. Festgabe für Max Braubach zum 10. April 1964, Münster1964, 340-387; Grotius „Papizans“, in: Erwin ISERLOH/Konrad REPGEN (Hrsg.), ReformataReformanda, Festgabe für Hubert Jedin zum 17. Juni 1965. Bd. 2, Münster 1965, 370-400;Konfliktlösung durch Kompromiß. Römische Inquisition und kölnisches Unternehmerinter-esse. Der „Fall Bzovius“ 1640, in: Historische Zeitschift 220 (1975), 26-78.

6 Diarium Chigi 1639-1651, 1. Teil: Text. Bearbeitet von Konrad Repgen, Münster 1984.

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Quellenpublikationen und Aufsätze. Dazu gehören zwei sozial- und wirt-schaftsgeschichtliche Beiträge: In dem Aufsatz Die Finanzen des Nuntius Fa-bio Chigi werden die Einnahmen und Ausgaben Chigis von 1635 bis 1651ermittelt und dessen Haushaltsgebahren detailliert erläutert. Dies erlaubtüber den untersuchten Einzelfall hinaus zuverlässige Einblicke in die sozia-len Verhältnisse und wirtschaftlichen Bedingungen, die die Lebenswelt römi-scher Spitzenbeamten des 17. Jahrhunderts geprägt hat. Fabio Chigi in Mün-chen (1639) und die bayerische Klerussteuer 1640 legt die Hintergründe derSteuerveranlagung des bayerischen Klerus offen und zeigt damit exempla-risch die grundsätzliche Bereitschaft der Kurie, auch kirchliche Amtsträgerzu Abgaben heranziehen zu lassen, wenn es galt, politische Parteigänger imrömisch-deutschen Reich zu unterstützen: Das für eine solche Steuer erfor-derliche Gutachten hat Chigi bei seinem Münchener Aufenthalt 1639 erstellt,wobei er sich auf Angaben der Beamten Maximilians I. über die Finanzkraftder bayerischen Diözesen gestützt hat, also allein auf Auskünfte derjenigen,die an der Bewilligung der Steuer das höchste Interesse besaßen.

In einer frühen Phase seiner wissenschaftlichen Tätigkeit als Stipendiat amRömischen Institut der Görres-Gesellschaft und als Assistent am DeutschenHistorischen Institut in Rom hat Konrad Repgen die wohl wichtigstenQuellen für die päpstlich-kurialen Friedensziele und Friedenspolitik veröf-fentlicht. Der Aufsatz Die Hauptinstruktion Ginettis für den Kölner Kon-gress (1636) machte 1954 der Forschung erstmalig die Hauptinstruktion despäpstlichen Legaten Martio Ginetti für den Kölner Kongreß zugänglich unddokumentierte ihre Entstehung vom ersten Konzept bis zur Reinschrift. Be-reits ein Jahr zuvor, 1953, wies Konrad Repgen in dem Beitrag über FabioChigis Instruktion für den Westfälischen Friedenskongreß die Existenz derInstruktion für den päpstlichen Nuntius beim Friedenskongreß in Münsternach, die er hier auch kritisch ediert. Diese Instruktion beruht auf der zuvorgenannten Weisung, die Ginetti für den Kölner Kongreß erhalten hatte.Konrad Repgens Vergleich der Dispositionen beider Instruktionen zeigt, daßdie Anweisungen für Chigi bereits davon ausgingen, daß den Protestantenim Laufe der Verhandlungen Zugeständnisse gemacht werden würden. Zwarwurde der Nuntius ausdrücklich angewiesen, jede rechtsverbindliche Aner-kennung dieser Leistungen zu vermeiden, aber damit war keine grundsätzli-che Vorentscheidung zugunsten eines päpstlichen Protests getroffen worden:Sie fiel erst zu einem späteren Zeitpunkt.

Schon in dieser frühen Untersuchung der Instruktion Chigis wurde ein hi-storisches Thema angesprochen, das für Konrad Repgen eine der Leitfragenbei der Erforschung der kurialen Politik werden sollte, nämlich jene nach derEntstehung des päpstlichen Protestes gegen den Westfälischen Frieden. DieStufen dieser Entstehung hat er in sechs Aufsätzen behandelt7. Der BeitragWartenberg, Chigi und Knöringen im Jahr 1645 zeigt, daß der Protestzurückgeht auf eine Initiative Chigis aus dem Jahr 1645. Chigi orientierte

XVIII Einführung zur ersten und zweiten Auflage

7 Dazu gehört auch: Der päpstliche Protest gegen den Westfälischen Frieden und die Friedens-politik Urbans VIII., in: Historisches Jahrbuch 75 (1956) 94-122.

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sich dabei an der Tradition des Protestes des Augsburger Bischofs im Jahr1555 gegen den Augsburger Religionsfrieden; diese Tradition beeinflußte seitder 1629 erschienenen „Pacis Compositio“ maßgeblich die kirchenrechtli-chen Auffassungen der so genannten Maximalisten unter den katholischenReichsständen. Die Proteste Chigis und der päpstliche Protest gegen denWestfälischen Frieden (1648/50) weist nach, daß das päpstliche Breve „Zelodomus Dei“ erst in der Zeit nach Abschluß des Nürnberger Exekutionstagesim Jahr 1650 veröffentlicht wurde und keine zwingende Konsequenz aus denvorangehenden fünf einzelnen Protesten Chigis war. Diese waren vielmehrpolitisch-pragmatisch angelegt, während 1650 nur normativ-juridisch argu-mentiert wurde. In dem hier erstmals veröffentlichten Beitrag Fabio Chigiund die theologische Verurteilung des Westfälischen Friedens kommt KonradRepgen aber zu neuen Ergebnissen für die Frage der Haltung des Nuntius.Als der Friedensschluß zu scharfen Kontroversen führte zwischen den Maxi-malisten, die aus politischen, rechtlichen und theologischen Gründen gegenkirchliche Zugeständnisse opponierten, und den „Prinzipalisten“, die sie fürvertretbar hielten, hat Chigi eindeutig für die Maximalisten Partei ergriffenund seine Haltung auch in einem vehement formulierten Rundschreiben inkirchlichen Kreisen in Deutschland, aber auch in Rom bekannt gemacht. DieKurie ist Chigis Drängen auf eine theologische Verurteilung der kirchenpoli-tischen Regelungen des Westfälischen Friedens schließlich nicht gefolgt, son-dern hat es beim Protest belassen. Der ganze Vorgang weist nach KonradRepgens Meinung darauf hin, daß Chigi einen größeren Anteil an der Ent-stehung des päpstlichen Protestes gegen den Westfälischen Frieden hatte, alsdie einschlägige Forschung – und hier läßt sich der Verfasser selbst nicht aus– bislang angenommen hat.

Einige ungelöst gebliebene Probleme der Entstehungs- und Wirkungsge-schichte dieses Protestes werden, ausgehend von einer Neuedition, in demAufsatz Drei Korollarien zum Breve Zelo domus Dei behandelt. KonradRepgen kann anhand einer notariellen Erklärung von Februar 1649 zeigen,daß der päpstliche Nuntius Chigi auch vier Monate nach dem Friedens-schluß noch nicht sicher sein konnte, ob sich Rom seiner protestpolitischenLinie anschließen würde. Wie kompliziert die Erforschung der Wirkungsge-schichte des Breve ist, zeigt Konrad Repgen anhand von dreißig, von derForschung bisher nicht berücksichtigten Drucken von „Zelo domus Dei“aus dem 17. und frühen 18. Jahrhundert. In dieser Hinsicht Vollständigkeiterreichen zu wollen, ist – dies wird eindrücklich gezeigt – angesichts der un-zureichenden bibliothekarischen Hilfsmittel eine Illusion und wird dies auchnoch lange bleiben.

Im Westfälischen Frieden war auch der endgültige Übergang der BistümerMetz, Toul und Verdun an die französische Krone vereinbart worden, diefaktisch bereits seit einem Jahrhundert zu Frankreich gehörten. Der AufsatzSalvo iure Sanctae Sedis beschäftigt sich mit den für Rom eher ungünstigenkonkordatsrechtlichen Folgen dieser Abtretung. Daß Frankreich diesenPunkt mit Stillschweigen übergehen wollte, war ebenso verständlich wie dieaufmerksame Beobachtung dieser Verhandlungen durch den päpstlichen

XIXEinführung zur ersten und zweiten Auflage

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Nuntius. Daß Chigi allerdings so weit ging, in einem Notariatsinstrument ei-nen förmlichen Rechtsvorbehalt gegen alle Benachteiligungen des HeiligenStuhls bei der Abtretung der Bistümer einzulegen, lag nach Konrad RepgensAuffassung weniger an der Sache selbst als am prinzipiellen protestpoliti-schen Kurs, den der Nuntius auch in dieser Angelegenheit demonstrativ wei-terführen wollte.

Sorgfältige und quellengestützte Untersuchungen hat Konrad Repgen ein-zelnen Regelungen der Friedensverträge gewidmet. Der große Aufsatz Überden Zusammenhang von Verhandlungstechnik und Vertragsbegriffen. Diekaiserlichen Elsaßangebote vom 28. März und 14. April 1646 an Frankreichgeht der Entstehung der folgenreichen Zessionsbestimmungen für das Elsaßim kaiserlich-französischen Vertrag nach. Sie sind im wesentlichen auf daskaiserliche Elsaßangebot vom April 1646 zurückzuführen, das nachweislichder kaiserliche Gesandte Isaak Volmar ausgearbeitet hatte. Den Franzosensollte unter dem bisher nicht existierenden Titel einer Landgrafschaft des El-saß mit Absicht mehr als nur habsburgischer Besitz angeboten werden. Erverschleierte die Tatsache, daß die Habsburger im Unterelsaß nur sehr wenigdirekte Herrschaft ausübten.

Daß der Westfälische Frieden auch wichtige, von den einschlägigen Ge-samtdarstellungen fast durchgehend ignorierte Festlegungen über die wirt-schaftliche Ordnung Mitteleuropas getroffen hat, zeigt der Beitrag Die zoll-politischen Regelungen der Friedensverträge von 1648 mit Frankreich undSchweden. Bei den entsprechenden Verhandlungen in Münster und Osna-brück blieben die Großmächte bemerkenswerterweise weitgehend untersich, die Reichsstände haben hier – im Gegensatz zu anderen Materien –kaum etwas wesentliches beigetragen. Konrad Repgen zeigt deutlich, daß dieschließlich getroffenen Vereinbarungen eindeutig auf die Wiederherstellungder zollpolitischen Vorkriegszustände zielten, ohne Rücksicht auf die 1648beschlossenen Grenzverschiebungen oder auf etwaige merkantilistische Be-strebungen zu nehmen: Der Oberrhein ist 1648 eine völlig offene Grenze ge-worden.

Im dem abschließenden Beitrag des Teils III Friedensvermittlung und Frie-densvermittler beim Westfälischen Frieden betrachtet Konrad Repgen dieTätigkeit der beiden Mediatoren auf dem Kongreß, des Venezianers AlviseContarini und des päpstlichen Botschafters Alessandro Chigi. Das Ergebnisder Darlegungen ist zwiespältig. Zum einen wird deutlich, daß die Möglich-keiten der Mediatoren, politische Akzente zu setzen, sehr gering waren: Bei-de hatten strikte Weisung, sich ganz auf ihre Vermittlerrolle zu beschränkenund jeden Anschein irgendwelcher schiedsrichterlicher Funktionen (im tra-ditionellen Sinne eines „Arbiter Pacis“) zu vermeiden, und daran haben siesich auch gehalten. Andererseits war die Reputation, der „decoro“, die beideVermittler durch ihre allseits anerkannten Friedensdienste für ihreDienstherren (und für sich selbst) erwarben, enorm. Hier, und nicht in kon-kret meßbaren Vorteilen, lag der eigentliche Gewinn, den die Mediation denbeiden Vermittlern und ihren Auftraggebern gebracht hat.

XX Einführung zur ersten und zweiten Auflage

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IV

Im Mittelpunkt des Teils IV Der Westfälische Friede im Urteil der Zeitgenos-sen stehen Ergebnisse der jüngsten Forschungen Konrad Repgens. Anknüp-fend an die Untersuchung der Kriegslegitimationen hat Konrad Repgen sichin den letzten Jahren verstärkt mit der „Außenwirkung“ der politischen Ver-handlungen bei den Zeitgenossen beschäftigt. Aus dieser Fragestellung sindeine Reihe von Aufsätzen hervorgegangen, die auf der Auswertung des unendlich reichen publizistischen Materials beruhen. In dem Aufsatz Der Westfälische Friede und die zeitgenössische Öffentlichkeit vermag KonradRepgen den überzeugenden Nachweis zu führen, daß „Öffentlichkeit“ da-mals nicht nur weit über den Kreis der Höfe hinausging, sondern daß außer-dem die politisch Handelnden in einer sozialen Umwelt lebten, die siezwang, sich für ihre Politik zu rechtfertigen. Dies erklärt die regelmäßige In-formation über die Kongreßpolitik durch Flugschriften und Zeitungen, dieoffenbar ein nachgefragtes Marktprodukt darstellten: Allein von den beidenFriedensverträgen des Kaisers mit Frankreich und Schweden sind 1648 und1649 mindestens ca. 28.000, wahrscheinlich sogar ca. 42.000 Exemplare ge-druckt worden. Bereits 1954 hatte Konrad Repgen einen Aspekt dieses The-mas aufgegriffen, als er in dem kleinen Aufsatz Zur Diplomatik der Nuntia-turberichte die kurialen Anweisungen für die Abfassung von Avvisi edierteund schon damals darauf hinwies, daß man mit Hilfe der Avvisi ziemlichverläßlich auf die jeweilige Meinung der Öffentlichkeit schließen kann.

In der jüngsten Zeit hat Konrad Repgen sich mentalitätsgeschichtlichenFragen zugewendet. Mit Hilfe von Quellen über die Friedensfeierlichkeitenin dem kleinen oberfränkischen Städtchen Kulmbach geht es in den letztendrei Beiträgen dieses Abschnittes um die Resonanz des Friedensschlusses beiden Zeitgenossen. Wenn auch auf Vergleiche gestützte, allgemeine Aussagenderzeit wegen der disparaten Quellenlage nicht immer möglich sind, so ver-mag Konrad Repgen doch bereits die Kulmbacher Feier dem Typus deskirchlich geprägten Feiertages zuzuordnen, wie er in ähnlicher Weise auchbei den Feiern in Augsburg und Freiburg i.Br. auszumachen ist.

V

Konrad Repgen ist es ein besonderes Anliegen, die Aktualität und Prägekraftder 1648 verhandelten Friedensprobleme zu betonen. Durch seine wissen-schaftliche Beschäftigung mit der Zeitgeschichte, von der sein am Schluß desBandes abgedrucktes Schriftenverzeichnis Zeugnis gibt, ist er wie nur wenigeandere in der Lage, die Entwicklungslinien zwischen der Welt des 17. Jahr-hunderts und den politischen Herausforderungen der Gegenwart aufzu-spüren. Die einschlägigen Beiträge bilden den abschließenden Teil V DerWestfälische Friede im politischen Rückblick der Gegenwart.

Im Beitrag Friedensvermittlung als Element europäischer Politik vom Mit-telalter bis zur Gegenwart zeigt Konrad Repgen, daß zentrale Wesenselemen-

XXIEinführung zur ersten und zweiten Auflage

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te diplomatischer Vermittlung, die in Westfalen durch den päpstlichen NuntiusChigi und den venezianischen Botschafter Contarini wahrgenommen wordenist, grundsätzlich auch in der internationalen Politik der Gegenwart ihre Be-deutung bewahrt haben, wenn auch in vielfach modifizierter und verfeinerterForm. Die besondere Stellung des Papsttums als Friedensvermittler, die inAlteuropa – bemerkenswerterweise über Konfessionsgrenzen hinweg – allge-mein anerkannt wurde, hat allerdings im Laufe des 18. Jahrhunderts an Be-deutung verloren und spielte im 20. Jahrhundert keine wichtige Rolle mehr.

Auch der Beitrag Aktuelle Friedensprobleme im Lichte der Geschichte desWestfälischen Friedens geht der Frage nach, ob der Westfälische Friede Leh-ren für die internationale Politik nach dem Zweiten Weltkrieg bereithaltenkann. Konrad Repgen läßt keinen Zweifel, daß es sicherlich naiv wäre, vorei-lige Analogieschlüsse zu ziehen und von der Geschichtswissenschaft irgend-wie geartete Patentrezepte für die Friedensstiftung zu erwarten. Andererseits– und dies zeigt Konrad Repgen anhand mehrerer Beispiele aus der Ge-schichte des Kongresses – kann die detailgetreue Rekonstruktion der Diplo-matie und Staatskunst, die 1648 zum Frieden führte, den Blick für politischeHandlungsspielräume und Zielkonflikte moderner Politik erheblich schär-fen.

Im letzten Beitrag Der historische Ort des Grundgesetzes: 1648 – 1789 –1949 weist Konrad Repgen auf die tiefe Verwurzelung der Verfassung derBundesrepublik Deutschland in den Traditionen deutscher Geschichte hin.Dies gilt nach Ansicht des Autors für die Art, wie das Grundgesetz entstan-den sei: Stets war die innere Ordnung Deutschlands auch eine Angelegenheitseiner europäischen Nachbarn, das war 1648 nicht anders als 1949. Dies giltaber auch für wichtige verfassungspolitische Grundentscheidungen. In die-sem Zusammenhang nahm Konrad Repgen zu einer heftigen Debatte Stel-lung, die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Beitrags im Frühjahr1989, vor dem Fall der Mauer, in der politischen und wissenschaftlichen Öf-fentlichkeit der Bundesrepublik über die Frage ausgetragen wurde, ob dasWiedervereinigungsgebot des Grundgesetzes historisch haltbar sei. KonradRepgen plädierte damals mit einem entschiedenen Ja. Somit stellt dieser Bei-trag in gewisser Weise selbst schon wieder ein historisches Dokument dar.

XXII Einführung zur ersten und zweiten Auflage

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Einführung zur dritten Auflage

Der im Jahr 1998 zum ersten Mal erschienene Sammelband mit den Studienund Quellen, in denen Konrad Repgen seine Forschungsergebnisse zu Drei-ßigjährigem Krieg und Westfälischem Friede veröffentlicht hat, war in derzweiten Auflage von 1999 schon lange vergriffen. Er wird – einem innerhalbder Fachwelt, aber auch darüber hinaus vielfach geäußerten Wunsch entspre-chend – hiermit in dritter Auflage vorgelegt. Es ist kein einfacher Wiederab-druck der zweiten Auflage. Stattdessen haben sich die Herausgeber ent-schlossen, die Neuauflage deutlich zu erweitern und zusätzliche, in denAuflagen von 1998 und 1999 noch nicht enthaltene Beiträge hinzuzufügen.

Dabei handelt es sich einerseits um drei grundlegende Aufsätze KonradRepgens, auf deren Aufnahme seinerzeit verzichtet worden war, weil sieschon in anderen Sammelbänden Aufnahme gefunden hatten. Gerade diesedrei Beiträge1 haben seither die Erforschung des Dreißigjährigen Kriegs undder Geschichte des Krieges in der Frühen Neuzeit, auch in methodischerHinsicht, in den vergangenen Jahren sehr beeinflusst, so dass ihre Aufnahmein einer Neuauflage des Sammelbandes ratsam erschien.

Andererseits handelt es sich um insgesamt 9 zwischen 1998 und 2013 er-schienene Beiträge Konrad Repgens, die von der beeindruckenden Schaffens-kraft des hochbetagten Gelehrten zeugen. Sie greifen Themengebiete undGegenstände auf, die schon in den früheren Auflagen intensiv behandeltwurden. Auch ihre Aufnahme schien daher im Sinne der Vollständigkeit,aber auch aus inhaltlichen Gründen sinnvoll und notwendig.

Aufgrund der deutlichen Erweiterung des Sammelbandes erschien es denHerausgebern geboten, die Anordnung des Bandes leicht zu modifizieren.Den bisherigen Kapiteln wurde ein Abschnitt „Krieg und Kriegstypen“ vor-angestellt, in dem neben dem gleichnamigen, schon in den früheren Auflagenenthaltenen Beitrag zwei grundlegende, für die weitere Forschung außeror-dentlich anregende Aufsätze „Kriegslegitimationen in Alteuropa. Entwurfeiner historischen Typologie“ (zuerst 1985) und „Was ist ein Religions-krieg?“ (zuerst 1987) abgedruckt werden.

Die anschließenden Abschnitte des Bandes wurden aus den vorherigenAuflagen übernommen und ergänzt. In den Abschnitt „Historiographie“fanden die Beiträge „Akteneditionen zur deutschen Geschichte des späteren16. und 17. Jahrhunderts: Leistungen und Aufgaben“ (zuerst 1999) und „Diewestfälischen Friedensverträge von 1648 und die editorische Erschließungihrer Akten und Urkunden“ (zuerst 2000) Eingang. Das Kapitel „Krieg undFriedensverhandlungen“ wurde um vier Aufsätze ergänzt. Zwei davon be-handeln in Form übergreifender Synthesen grundlegende Fragen des West-

1 Im Einzelnen sind das die Beiträge „Kriegslegitimationen in Alteuropa. Entwurf einer histori-schen Typologie“, „Der Westfälischer Friede und die Ursprünge des europäischen Gleichge-wichts“ sowie „Was ist ein Religionskrieg?“.

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fälischen Friedens. Dabei handelt es sich um den Überblicksbeitrag „DieHauptprobleme der westfälischen Friedensverhandlungen von 1648 und ihreLösungen“ sowie den problemorientierten Aufsatz „Die katholische Kircheund der Westfälische Friede“ (beide zuerst 1999). Speziellere Aspekte behan-deln drei andere in dieses Kapitel aufgenommene Aufsätze, nämlich die per-sonengeschichtlich orientierte Abhandlung „Maximilian Graf Trauttmans-dorff – Chefunterhändler des Kaisers beim Prager und beim WestphälischenFrieden“ (zuerst 2013) sowie die wesentlich aus den kaiserlichen Akten ge-schöpften Forschungsbeiträge „Wiener Argumente gegen ein Verbot der Kö-nigswahl zu Lebzeiten des Kaisers durch die Friedensverträge, Juli/August1645“ (zuerst 2002) sowie „Die kaiserlich-französischen Satisfaktionsartikelvom 13. September 1646 - Ein befristetes Agreement“ (zuerst 1998). Einewichtige Ergänzung des Abschnitts „Der Westfälische Friede und die zeitge-nössische Öffentlichkeit“ stellt der Beitrag „Evangelisches Kirchenlied alsMittel zur Popularisierung des Friedensvertrags von Osnabrück im Sommer1648“ (zuerst 2001) dar, wird doch damit auf ein Medium zur Medialisierungdes Friedens verwiesen, was in der Forschung wachsende Aufmerksamkeitfindet.

Der abschließende Abschnitt „Der Westfälische Friede im politischenRückblick der Gegenwart“ wird um zwei Beiträge erweitert, nämlich umden grundlegenden älteren Aufsatz „Der Westfälischer Friede und die Ur-sprünge des europäischen Gleichgewichts“ (zuerst 1986), der seither intensi-ve Diskussionen ausgelöst hat, sowie „Der Westfälische Friede: Ereignis, Festund Erinnerung“ von 1999.

Die Neuauflage enthält wieder ein Personenregister, für dessen ErstellungHerrn Patrick Kindervater M. A. zu danken ist.

Die Herausgeber danken Herrn Hans J. Jacobs vom Verlag Schöningh fürdie gute Zusammenarbeit sowie dem Präsidenten der Görres-Gesellschaft,Herrn Professor Dr. Wolfgang Bergsdorf, für die Aufnahme in die Reihe derRechts- und Staatswissenschaftlichen Veröffentlichungen der Görres-Gesell-schaft.

Duisburg-Essen und Marburg, im August 2015 Franz BosbachChristoph Kampmann

XXIV Einführung zur dritten Auflage

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Siglenverzeichnis

ABF Archives Biographiques FrançaisesADB Allgemeine deutsche BiographieAHP Archivum historiae PontificiaeAHVN Annalen des historischen Vereins für den NiederrheinAPW Acta Pacis WestphalicaeARC Acta reformationis catholicaeBL British Library, LondonBM British Museum, LondonBSB Bayerische Staatsbibliothek, MünchenCC Corpus CatholicorumCOD Conciliorum oecumenicorum decretaCR Corpus ReformatorumCSEL Corpus scriptorum ecclesiasticorum latinorumCT Concilium TridentinumDBA Deutsches Biographisches ArchivDBI Dizionario biografico degli ItalianiDHGE Dictionnaire d’histoire et de géographie ecclésiastiquesDTC Dictionnaire de théologie catholiqueDW F. Ch. Dahlmann – G. Waitz: Quellenkunde der Deutschen GeschichteDWB Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm GrimmEHR English Historical ReviewGWU Geschichte in Wissenschaft und UnterrichtHAB Herzog August Bibliothek, WolfenbüttelHJb Historisches JahrbuchHRG Handwörterbuch zur deutschen RechtsgeschichteHZ Historische ZeitschriftIPM Instrumentum Pacis MonasterienseIPO Instrumentum Pacis OsnabrugenseJMH Journal of Modern HistoryKLK Katholisches Leben und Kirchenreform im Zeitalter der GlaubensspaltungLex MA Lexikon des MittelaltersLThK Lexikon für Theologie und KircheMGH Monumenta Germaniae HistoricaNB NuntiaturberichteND NeudruckNDB Neue Deutsche BiographieNUC National Union CatalogPL Patrologia LatinaPVS Politische VierteljahresschriftQFIAB Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und BibliothekenRE Realencyclopädie für protestantische Theologie und KircheRHE Revue d’histoire ecclésiastiqueRQS Römische QuartalschriftRST Reformationsgeschichtliche Studien und TexteRTA JR Deutsche Reichstagsakten, jüngere ReiheStL Staatslexikon. Recht – Wissenschaft – Gesellschaft

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TRA Das Teutsche Reichs-ArchivTRE Theologische RealenzyklopädieVD 16 Verzeichnis der im deutschen Sprachbereich erschienenen Drucke des

XVI. JahrhundertsVKZ. A Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte, Reihe AWA M. Luther, Werke, Kritische Gesamtausgabe (Weimarer Ausgabe)WdF Wege der ForschungZBLG Zeitschrift für Bayerische LandesgeschichteZGO Zeitschrift für die Geschichte des OberrheinsZhF Zeitschrift für historische ForschungZRG Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte

XXVI Siglenverzeichnis

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1.KRIEG UND KRIEGSTYPEN

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Kriegslegitimationen in Alteuropa

Entwurf einer historischen Typologie

I. Krieg in Alteuropa

Wenn und soweit Geschichte lebendige Erinnerung an Vergangenheit bewir-ken soll, müssen die Historiker sich allgemeinverständlich ausdrücken. Mög-licherweise bedeutet die Formulierung meines Themas schon einen Verstoßgegen diesen Grundsatz; denn ich weiß nicht, ob jedermann hier Begriffe wie„Typologie“ oder „Alteuropa“ geläufig sind.

Die nicht neue, aber auch nicht allgemein eingebürgerte Bezeichnung „Al-teuropa“ meint den Zeitraum zwischen rund 1200 und rund 1800, dessen er-ste Jahrhunderte herkömmlich noch als Teil des Mittelalters gelten, währendfür die letzten drei Jahrhunderte Alteuropas sich seit einer Reihe von Jahrender Name „frühe Neuzeit“ eingebürgert hat, der im Verlaufe unserer Überle-gungen noch oft benutzt werden muß, weil gerade diese Periode im Mittel-punkt unserer Überlegungen stehen wird. Alteuropa, frühe Neuzeit – allderartige Periodenbildungen sind nicht unproblematisch, aber nützlich. „Hi-storische Typologie“ hingegen bedeutet die Bildung von geschichtswissen-schaftlich verwendbaren Typen. Die Historiker bedienen sich des Typusbe-griffs oft, weil sich mit ihm vielfältige Erscheinungen ordnen lassen, indemein ihnen gemeinsamer Zug von relativer Allgemeinheit herausgehoben wird;denn „jedes Besondere trägt ein Allgemeines in sich“ (Ranke, 1832). Zweckdes Typusbegriffs ist also weniger Erklärung als Ordnung; Herausarbeitungeines Typus bedeutet nur eine erste Annäherung, vermittelt eine gewisse,vorläufige Anschaulichkeit und lenkt daher die Aufmerksamkeit in eine be-stimmte Richtung. Der Untertitel aber heißt absichtlich „Entwurf“: vielleichthätte es sogar besser geheißen „Probleme“ eines Entwurfs; denn ich will Ih-nen nicht fertige Ergebnisse vortragen, sondern möchte Sie an Überlegungenteilnehmen lassen, die noch nicht ganz abgeschlossen sind. Sie betreffen die„Kriegslegitimation“. Was damit gemeint ist, bedarf wohl keiner umständli-chen Erklärung in einer Zeit, in der die öffentliche Diskussion über die besteForm der Kriegsverhütung Thema der Tagespolitik ist. Allerdings frage ichnicht, ob und wie man in Alteuropa, insbesondere in der Zeit vom 15. bis 18.Jahr | hundert, in der frühen Neuzeit, Kriege verhütet habe, sondern ich fra-ge, welche Rechtfertigung man für die in dieser Zeit tatsächlich geführtenKriege entwickelt und verbreitet hat. Diese Frage ist bisher nie im Zusam-menhang untersucht worden. Ich muß daher kurz erläutern, warum es nütz-lich ist, so vorzugehen.

Beginnen wir mit dem lebensweltlichen Bild von unserer Geschichte in derZeit vor rund 1800. Darin kommt das Phänomen „Krieg“ selbstverständlichvor. Ein Teil von uns Älteren wird sich bei diesem Stichwort an einen Ge-

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schichtsunterricht in der Schule erinnern, in dem immerzu von einzelnenKriegen die Rede war, deren Name mit den zugehörigen Jahreszahlen gelerntwerden mußte. Es hatte zur Folge, daß der Schüler mit einem festen Gerüstvon Daten versehen wurde, die im Gedächtnis haften bleiben sollten. Einenderartigen Geschichtsunterricht haben die meisten von uns aber selbst nichtmehr erlebt, weil nach 1918, in den 20er Jahren, neue pädagogische Moden inÜbung kamen. Diesen fielen früh die Jahreszahlen der Kriege als ein über-flüssiges Bildungsgut zum Opfer, schließlich wurde die Wünschbarkeit desWissens von Jahreszahlen (unabhängig von Krieg oder Frieden) problemati-siert, und zuletzt das Auswendiglernen als etwas überhaupt Unerwünschtesabgeschafft. Wie auch immer: es wurde uns allen, oder – vielleicht vorsichti-ger – den meisten von uns wurde im Geschichtsunterricht die Vorstellungvermittelt, daß der Friede der Normalzustand der Völker gewesen sei. Diesersei allerdings von Kriegsjahren, mit einer begrenzten Dauer, unterbrochenworden.

In dieser Vorstellung erscheint die Vergangenheit wie ein sehr großer Seemit spiegelglatter Oberfläche, in dem es – hier und da – mehr oder minderheftiges Wassergekräusel gibt, gelegentlich auch kleine und große Wellen.Der ruhige See entspricht dem Zustand des Friedens, Gekräusel und Wellenbedeuten die Jahre des Kriegs. Oder, um ein vielleicht besseres Bild zu ver-wenden: unsere Vergangenheit erscheint uns wie ein sehr langer Staketen-zaun, den man entlang gehen kann und der sich irgendwo im Horizont ver-liert. In diesem Zaun gibt es allerdings – gelegentlich – Lücken, kleine undgroße: Der Zaun wäre der Friede, und die Lücken wären die Kriege. Das ei-ne, der Friede, ist die Normalität, das andere, der Krieg, ist das Unnormale,das Außerordentliche. Und dieses Bild von unserer Vergangenheit will alsVorstellung von etwas Tatsächlichem gelten, von der Geschichte, wie sie sichzugetragen hat.

Solange dieses Bild von der Vergangenheit vorherrschte, waren deshalb beiuns in Deutschland der Name und Begriff „Dreißigjähriger Krieg“ eineChiffre für die Vorstellung von einer allgemeinen geschichtlichen Katastro-phe schlechthin. Bis nach Stalingrad, bis in die letzten Jahre des ZweitenWeltkriegs hinein, genügte die bloße Nennung des Wortes „DreißigjährigerKrieg“, um böseste Assoziationen zu wecken, hinter denen stets die skizzier-te Grundüberzeugung vom Frieden und Krieg in der Vergangenheit steckte.Aus der lebensweltlichen Erfahrung Europas im relativ friedlichen 19. Jahr-hundert, die im 20. lange nachwirkte, ergab sich dies als etwas nahezu Selbst-verständliches.

Dieses Geschichtsbild steht jedoch in krassem Gegensatz zu den historischkontrollierbaren Fakten. Den Janustempel hätte man auch im Mittelalter undin der frühen Neuzeit selten schließen können. Schon 1889 hat ein Dokto-rand (Albert Levy) ausgerechnet, daß es in Deutschland (er zählte, wie da-mals üblich, die Frankenzeit | bereits als einen Teil der deutschen Geschich-te) zwischen dem Anfang des 8. und dem Beginn des 11. Jahrhunderts ver-hältnismäßig wenige Jahre gegeben habe, in denen die Annalen festhaltenkonnten, daß kein Krieg geführt worden sei: Im arithmetischen Mittel betrug

4 [68/69]Krieg und Kriegstypen


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