Christian Harteis
Kompetenzfordernde Arbeitsbedingungen
WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFT
Christian Harteis
Kompetenzftirdernde Arbeitsbedingungen
Zur Konvergenz okonomischer und padagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung
Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Helmut Heid
Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Ein Titeldatensatz fur diese Publikation ist bei Der Deutschen Bibliothek erhaltlich
Dissertation Philosophische Fakultat II - Psychologie und Padagogikder Universitat Regensburg, 2002
1. Auflage August 2002
Aile Rechte vorbehalten © Springer Fachmedien Wiesbaden 2002
Ursprunglich erschienen bei Deutscher Universitats-Verlag GmbH, Wiesbaden, 2002.
Lektorat: Ute Wrasmann / Britta Gohrisch-Radmacher
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Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main
Gedruekt auf saurefreiem und ehlorfrei gebleiehtem Papier
ISBN 978-3-8244-0660-9 ISBN 978-3-322-90562-8 (eBook) DOl 10.1007/978-3-322-90562-8
Geleitwort
Divergenz oder Konvergenz okonomischer und padagogischer
Handlungsmaximen?
Die Qualitat der Beitrage, die ein Mensch zur Erfiillung der gesellschaftlichen
Arbeitsaufgaben zu leisten vermag, hangt wesentlich von der Entwicklungs
stufe seiner Kompetenz abo Menschliche Kompetenz entwickelt sich in kon
struktiver Auseinandersetzung des Einzelnen mit seiner Umwelt. So fimda
mental dabei die primare Sozialisation und die grundlegende Bildung auch
sein mogen, die Bedingungen, unter denen Menschen sich lange Zeit ihres Le
bens - namlich wahrend ihrer Erwerbstatigkeit - zu behaupten und zu bewah
ren haben, spielen dabei eine nicht weniger wichtige Rolle, und zwar auf meh
reren Ebenen. Bereits die primare (familiale) Sozialisation wird durch die Be
rufstatigkeit dessen beeinflusst, der den Stil der familialen Lernumgebung des
Heranwachsenden pragt. Bereits in der primaren Sozialisation hat die zumeist
implizite Bestimmung des antizipierten Wozu fiir die familiale Erziehung Be
deutung: Worauf muss mein Kind vorbereitet sein? Was soIl aus dem Kind
"werden"? Vollends in der schulischen Bildung und in der beruflichen Quali
fizierung spielt der Aspekt der Lebens- und Berufsruchtigkeit eine wichtige
Rolle. Die damit angedeuteten Wechselseitigkeiten haben eine Grundstruktur:
Menschen finden zunachst einmal die Bedingungen individueller Selbstbe
hauptung und Bewahrung vor, sie sind aber nicht nur Subjekte der kritisch
selektiven und darin zugleich lernenden Auseinandersetzung mit diesen Be
dingungen individueller Selbstbehauptung, sondem sie sind wiederum genau
damit auch Subjekte der Aus-Gestaltung dieser Bedingungen. Auf der einen
Seite hat die ertragreiche Mitwirkung an der Erfiillung gesellschaftlicher und
im besonderen betrieblicher Arbeitsaufgaben entwickelte Kompetenzen zur
Voraussetzung. Auf der anderen Seite ist die jeweilige, in der Regel betriebli
che Organisation gesellschaftlich notwendiger Arbeit eine wesentliche Bedin
gung nicht nur individueller Kompetenzverwertung, sondem auch damr vor
ausgesetzter Kompetenzentwicklung. Die Leistungen eines Betriebs konnen
nur so gut sein, wie die Kompetenz der Subjekte dieser Leistungen gut ist.
VI Geleitwort
Und die Kompetenzentwicklung Beschaftigter ist zweifellos auch eine Funkti
on der Qualitat betrieblicher Arbeitsorganisation und Aufgabenerfiillung. Die
skizzierte funktionale Wechselseitigkeit ist so plausibel, dass die aktuelle An
nahme einer Konvergenz okonomischer und padagogischer Handlungsratio
nalitat im Kontext betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung alles
andere als leichtfertig erscheint.
Urn diese Grundannahme einer empirischen Uberpriifung zu unterziehen,
geht Harteis in seiner Untersuchung zunachst von der Frage nach den Erfolgs
bedingungen untemehmerischen Handelns angesichts aktueller okonomischer
und technischer Entwicklungen in globalisierten Markten aus. Auch er stogt
dabei auf die Bedeutung der Kompetenz Beschaftigter - insbesondere an roh
stoffarmen 5tandorten. Der Untemehmenserfolg hangt nicht zuletzt davon ab,
wie weit es gelingt, die betriebliche Organisation der Arbeit so zu entwickeln,
dass die Kompetenz Beschaftigter optimal genutzt, aber auch permanent ent
wickelt werden kann. Kompetenzentwicklung ist eine Voraussetzung betrieb
licher Kompetenzverwertung, und Kompetenzverwertung eine Voraussetzung
betrieblicher Zweckerfiillung. Aber der Kreis dieses Funktionszusammen
hangs schliegt sich erst, wenn die fiir die betriebliche Organisationsentwick
lung Verantwortlichen einsehen und realisieren, dass die kompetenzfordemde
Ausgestaltung betrieblicher Arbeitsorganisation eine wesentliche Bedingung
der Kompetenzentwicklung ist.
Wahrend in der fortbestehenden Tradition bildungstheoretischen Denkens
und Handelns Okonornie und Padagogik als unvereinbar galten und gel ten,
sehen "realistisch gewendete" Bildungsforscher, Bildungspolitiker und Bil
dungspraktiker in zunehmendem Mag das Erfordemis, die realen - eben auch
betrieblichen - Bedingungen der Entwicklung und Verwendung des in der Bil
dungsbiographie Gelemten ins Kalkiil zu ziehen. So hat beispielsweise die
PI5A-5tudie nicht etwa die bloge Reproduktion generierten Wissens erhoben
und zum Erfolgskriterium bestimmt, sondem statt dessen die Fahigkeit, gene
riertes Wissen auch fiir Problemlosungen zu nutzen. Damit wird nicht auch
schon - wie in bildungstheoretischen Reaktionen voreilig und unbegriindet
beanstandet wird - die okonomische Verwertbarkeit oder Brauchbarkeit zum
(alleinigen) Qualitatskriterium fiir Bildung. Aber eine Bildung, die als gebildet
Geltende nicht befahigt, sich selbst unter den realen Bedingungen gesell
schaftlicher Praxis zu behaupten und zu bewahren, das heilSt auch: an der ver
antwortlichen Gestaltung gesellschaftlicher, kultureller und okonomischer
Geleitwort VII
Praxis mitzuwirken - fur eine solche Bildung hat Theodor Litt (Berufsbildung,
Fachbildung, Menschenbildung, Bonn 1958) in gnadenloser Scharfe eine
"Bankrotterklarung" begrtindet. "Entweder wir werden 'gebildet' in der
Schule des Schicksals, das uns in seine harte Zucht genornrnen hat, oder wir
werden es uberhaupt nicht." (5. 23). "Der Mensch als Person, dieser unersetzli
che Quellpunkt aller Aktivitat und Produktivitat, bleibt nur dann vor dem
Schicksal der Verschuttung bewahrt, wenn er ... gewissenhaft darauf bedacht
ist, der Sache, die ihm anvertraut ist, ... gerecht zu werden, wie er sich hutet,
sich durch sie aufsaugen zu lassen. Nur wenn er das eine mit dem anderen zu
verbinden weiB, wird er seinem Fache nichts schuldig bleiben und doch nicht
aufhoren, Mensch zu sein" (5. 88). Auf der anderen Seite, narnlich auf der Seite
des Beschaftigungssystems, setzt sich zumindest in prograrnrnatischen Postu
laten betrieblicher Organisationsentwickler irnrner starker die Einsicht durch,
dass Niveau und Qualitat betrieblicher Aufgabenerfullung in zunehmendem
MaB von der Qualifikation betrieblich Beschaftigter abhangen. Darin liegt eine
Konvergenz nicht nur des Betrachteten, sondern auch verschiedener Betrach
ter und Beurteiler.
Zum Aufbau der Arbeit
Das ubergeordnete Ziel der Stu die besteht darin, einen konzeptionellen Orien
tierungsrahrnen zu entwerfen, urn die individuelle Kompetenzentwicklung irn
Rahmen betrieblicher Arbeit erfassen und beurteilen zu konnen. Zu diesern
Zweck werden ernpirische Daten explorativ erhoben und fur die Entwicklung
und Prazisierung untersuchungsleitender Hypothesen verwendet. Bevor
Harteis sich dieser Aufgabe widrnet, werden Gegenstand und Fragestellung
der Untersuchung prazisiert und zentrale Begriffe definiert. Harteis verwendet
den Begriff Kompetenz in expliziter Abgrenzung zurn Begriff der Performanz.
Kornpetenz wird als das fur die Erfullung von Aufgaben relevante Handlungs
, Fahigkeits- und Wissenspotenzial verstanden. Die Anwendung dieser Kom
petenz hat eine verantwortliche, und das heillt insbesondere: begrundete Ent
scheidung zur Voraussetzung, zu deren Fundierung eine individuelle Kosten
Nutzen-Kalkulation keineswegs bloB monetarer Engfuhrung wichtig ist.
SchlieBlich zeigt Harteis, wie sich seine Untersuchung in den Bezugsrahmen
intemationaler Lehr-Lem-Forschung und insbesondere beruflicher Qualifizierung einordnet.
VIII Geleitwort
Urn die Bedeutung individueller Kompetenz im Rahmen der Organisation be
triebIicher Arbeit verdeutlichen zu kiinnen, stellt Harteis die wichtigsten Kon
zepte betriebIicher Arbeitsorganisation vor dem Hintergrund der voIkswirt
schaftlichen EntwickIung im 20. Jahrhundert dar und einander gegenuber.
Unter den Rahmenbedingungen, unter denen Betriebe ihre Arbeitsorganisati
on entwickeIn, gehiiren insbesondere veranderte Anforderungen gIobaIisierter
Markte, der permanente technische Fortschritt, insbesondere die standige
Leistungssteigerung der Informations- und Kommunikationstechniken sowie
nicht zuIetzt davon reIativ unabhangige Entwicklungen in der Kompetenz und
Orientierung Beschaftigter (z.B. "WertewandeI"). Imweit gespannten Rahmen
dieser EntwickIung wird sod ann gezeigt, dass und wie neuere Organisations
konzepte die individuelle Kompetenz Beschaftigter aIs zentraIe Ressource fiir
den UnternehmenserfoIg verstehen und - zumindest auf programmatiseher
Ebene - in der betrieblichen Praxis zu beriieksichtigen versuchen. AIs Konse
quenz ergibt sich fur die betriebliche Bildungsarbeit, dass isolierte MafSnah
men individueller KompetenzentwickIung wenig erfoIgversprechend sind.
Statt dessen wird die Verzahnung betriebIieher BiIdungsarbeit mit MafSnah
men der betriebliehen OrganisationsentwiekIung immer wichtiger. Denn erst
in der konkreten Arbeitssituation kiinnen die Verwendungs- und zugIeich die
Entwicklungsbedingungen individueller Kompetenz Beschaftigter erfahren,
genutzt und (weiter-)entwickeIt werden. In der erziehungswissenschaftlichen
Debattc wird dieser SachverhaIt zwar gesehen und im Konvergenzkonzept
postuIicrt. Aber die Diskussion verharrt bisher doch weitgehend auf pro
grammatischer Ebcne. Harteis ist entschieden und konsequent an der Frage
nach der empirischen Uberpriifung interessiert. Zu diesem Zweck zieht er die
bis dahin extrem vernachIassigte individueIIe Perspektive Beschaftigter sehr
vieI starker in Betracht, aIs das in der bisherigen und immer noch herrschen
den Diskussion der Fall ist. Er ist mafSgebIich an der EntwickIung eines Re
gens burger Konzepts der Konvergenz iikonomischer und padagogischer Prin
zipien betrieblicher Organisationsentwicklung beteiligt, das nicht auf der Basis
programmatischer Aussagen verharrt, sondern an die Logik betrieblicher Pra
xis anschliefSt: Keinen iikonomischen Erfolg ohne kompetente, qualifizierte Be
schaftigte. Keinen individuellen ErfoIg Besehaftigter ohne die GeIegenheit, die
bereits vorhandene Kompetenz zu erfahren, zu nutzen und weiterzuentwi
ekeln. Wirtschaftliche Erfolge und KompetenzentwickIung gehiiren nicht nur
auf betrieblicher bzw. organisationaIer, sondern auch auf der individuellen
Geleitwort IX
Ebene jedes einzelnen Beschaftigten zusammen. Die balancierte Realisierung
dieser Wechselseitigkeit ist an Voraussetzungen gekntipft, denen Harteis seine
besondere Aufmerksamkeit widmet.
Das Regensburger Konzept ist Ausgangsbasis ftir die Entwicklung der Frage
stellung, die im Rahmen einer vierstufigen Delphi-Untersuchung gekIart wer
den 5011. Sie lauten im einzelnen:
1. Welche Bedingungen muss ein Unternehmen erftillen, damit Beschaftigte
ihr Arbeitsumfeld als kompetenzfordernd erleben?
2. Welche Hindernisse nehmen Beschaftigte in ihrem Arbeitsumfeld im Hin
blick auf die Forderung ihrer individuellen Kompetenz wahr?
3. In wie weit besteht ein gemeinsam geteiltes Verstandnis von zentralen
Kompetenzanforderungen?
4. In welchem Verhaltnis spielen okonomische und padagogische Uberlegun
gen bei der Abwagung von Vor- und Nachteilen beruflicher Kompetenz
entwicklung eine Rolle? Dabei wird - wie bereits angedeutet - "Okonomie"
nieht undifferenziert dem Unternehmen bzw. dem Betrieb und "Padago
gik" ebenso undifferenziert den Beschaftigten zugeordnet. Besehaftigte ha
ben auBer dem Interesse an der Entwicklung ihrer Kompetenz aueh ein ge
nuin okonomisehes Interesse an der ertragreiehen Verwertung ihrer Kom
petenz.
Die Befunde zur Beantwortung der vier genannten Fragen fallen heterogen
aus. Zum Tei! konnen gtinstige Voraussetzungen ftir die Realisierung kompe
tenzfordernder Arbeitsbedingungen im Sinne des Regensburger Konvergenz
konzeptes gefunden werden. Dazu zahlen die Befunde, wonaeh einzelne
Komponenten der neueren Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation tat
sachlich von Beschaftigten in ihrer konkreten Arbeit als Forderung und Forde
rung ihrer individuellen Kompetenz erlebt werden. Zudem zeigen die Ergeb
nisse, dass die Beschaftigten in der Entwicklung ihrer beruflichen Kompetenz
durchaus auch Vorteile fiir ihre tiber das Berufliche hinausgehende personli
ehe Entwicklung sehen. Allerdings weisen einige Befunde auch auf ungiinstige
Voraussetzungen fiir die Realisierung kompetenzfordemder Arbeitsbedin
gungen hin. Dies tritt in denjenigen Teilen der Untersuchung zutage, in denen
die befragten Beschaftigten auf verkrustete Strukturen und unzureichende
Handlungsspielraume stoBen. Die Ursache fiir diese Hindemisse bei der Reali-
x Geleitwort
sierung kompetenzfordernder Arbeitsbedingungen konnen in einer Fiih
rungspraxis liegen, die in der untersuchten stichprobe nicht imrner den An
forderungen neuer Organisationskonzepten entsprechen.
Mit dem Regensburger Konzept der Konvergenz okonomischer und padago
gischer Prinzipien betrieblicher Organisationsentwicklung wird ein Ansatz
entwickelt und verwendet, der sich von den bislang diskutierten vor aHem da
durch unterscheidet, dass er nicht auf den programrnatisch-normativen Kon
text beschrankt bleibt und fiir die prinzipieHe Differenz deskriptiver und pra
skriptiver satze sensibilisiert. Denn darin ist ein weiterer gravierender Mangel
der bisherigen Diskussion zu sehen, dass nicht klar zwischen Programrn und
Wirklichkeit unterschieden wird, ja dass - entweder gedankenlos oder strate
gisch - normative und empirische satze besonders in den hier thematisierten
Erorterungen regellos konfundiert werden.
In der empirischen Untersuchung geht es urn die Realisierungsbedingungen
kompetenzfordernder Arbeitsorganisation. Es ist im Rahmen dieser Untersu
chung noch nicht moglich, betriebliches Handeln unrnittelbar zu erfassen (et
wa zu beobachten). Vielmehr wird die Erhebung durch eine Befragung nach
der Delphi-Technik durchgefiihrt. Die Erhebung richtete sich auf die vier be
reits erwahnten Fragenkomplexe. Nachdem Harteis die Tauglichkeit der Del
phi-Technik fiir die Beantwortung seiner Fragen ausfiihrIich und auch kritisch
begriindet, beschreibt er seine Stich probe (Fiihrungskrafte und Beschaftigte
aus jeweils zwei Gro1Sunternehmen der Region) sowie den Untersuchungs
verlauf. Danach wird die Durchfiihrung der Untersuchung beschrieben. Die
akribische DarsteHung der Untersuchungsergebnisse machen etwa ein DritteI
der vorliegenden Untersuchung aus. Harteis komrnt zu dem Ergebnis, dass
auf der konzeptionellen Ebene gunstige Voraussetzungen fur die Realisierung
kompetenzfordemder Arbeitsbedingungen im sinne des Regensburger Kon
vergenz-Konzeptes herrschen. Demgegeniiber sind auf der Ebene betriebli
chen Handelns - nach Auskunft der Akteure - haufig noch Bedingungen vor
findbar, die einer Realisierung der Konvergenzkonzeption entgegenstehen.
Worin besteht der wissenschaftliche Ertrag der vorliegenden Arbeit?
1. Harteis begniigt sich nicht damit, die Prograrnmatik der postulierten Kon
vergenz und deren Begriindung nachzuzeichnen. Er begniigt sich auch
nicht darnit, die befiirchteten Diskrepanzen zwischen Programrn und
Wirklichkeit zu buchstabieren. Er beabsichtigt und Ieistet vielmehr einen
Geleitwort XI
Beitrag zur Beschreibung und ErkIarung des tatsachlichen Verhaltnisses
von Programm und Wirklichkeit in dem von ihm ausgewahlten Untersu
chungsfeld. Das geschieht methodenkritisch und mit wunschenswerter Be
hutsarnkeit in der Ergebnisinterpretation.
2. Harteis kann zeigen, dass padagogische Gesichtspunkte auch bei der Er
ftillung beruflicher und gesellschaftlicher Aufgaben eine wichtige Rolle
spielen. Menschen sind an ihrer eigenen Kompetenz interessiert, und sie
sind bereit, in die Entwicklung dieser Kompetenz zu investieren.
3. Es hat sich gezeigt, dass Akteure verschiedener betrieblicher Hierarchiestu
fen moglichst ubereinstimmend wissen mussen, was genau gemeint ist,
wenn von Konvergenz okonomischer und padagogischer Regulative die
Rede ist und worin genau dasjenige besteht, was als Kompetenzmerkmal
postuliert wird (z.B. Verantwortungsbereitschaft).
Eine inhaltlich interessante wie methodisch innovative Besonderheit be
steht darin, dass die Probanden aufgefordert werden, die Interpretation des
beispielsweise mit "Verantwortungsbereitschaft" Gemeinten durch Nen
nung von praktischen Beispielen zu illustrieren und in gewisser Weise auch
zu validieren. Dabei treten hochst interessante Diskrepanzen zutage, mit
denen Harteis zur Sieherung seiner Befunde ebenso behutsam wie ergiebig
umzugehen versteht. Die kritische Verstandigung unter den Akteuren ver
schiedener betrieblicher Hierarchiestufen ist eine Bedingung der Moglich
keit, an der Verwirklichung des Konvergenzpostulates zu arbeiten. Hinzu
kommen muss ein gemeinsamer Wille und eine entsprechende Praxis oko
nomische und padagogische Maximen betrieblichen Handelns nicht nur in
programmatischen Deklamationen, sondern auch in der praktischen Ori
entierung zu balancieren und zu optimieren.
4. SchliefSlich arbeitet Harteis Tatsachen, Ursachen, Relevanz und Konsequen
zen von Diskrepanzen sowohl zwischen okonomischen und padagogischen
Handlungsmaximen als auch zwischen Fiihrungskraften und Beschaftigten
heraus. Er ist sich der Geltungsgrenzen seiner Ergebnisse bewusst, kann a
ber gute Grunde fur seine Einschatzung gel tend machen, dass die Ergeb
nisse nieht nur wichtige Informationen enthalten, sondern auch Ausgangs
punkt weiterer, moglicherweise reprasentativer Untersuchungen sein kon
nen.
XII Geleitwort
Sowohl in methodischer, als auch in inhaltlicher Hinsicht beschreitet Harteis
zur Beantwortung seiner Forschungsfrage neue Wege. Er kommt zu neuen Er
kenntnissen. Bereits bei der Veriiffentlichung von Teil- und Zwischenergebnis
sen hat die Resonanz der FachiiHentlichkeit gezeigt, dass diese Untersuchun
gen einen Fortschritt insbesondere bei der kompetenztheoretischen Bearbei
tung des Themas darstellt. Harteis zeigt nicht nur die Anschlusse fur eine im
5inne des Konvergenzpostulats ertragreiche Praxis der Organisations- und
Kompetenzentwicklung. Er zeigt auch Anschlusse fur gezielte Vorhaben der
empirischen Qualifikations- und Bildungsforschung.
Helmut Heid
Vorwort
In der akademischen Tradition ist es iiblich, Qualifizierungsarbeiten als Leis
tungen von Einzelpersonen auszuweisen. Damit wird dem Missverstandnis
Vorschub geleistet, an der Entstehung einer solchen Forschungsarbeit seien
weitere Personen nicht beteiligt. Dabei weill man spatestens seit dem Erstar
ken konstruktivistischer Ideen im erziehungswissenschaftlichen Diskurs, dass
soziale Einbindung und soziale Aushandlung von Bedeutungen entscheidende
Determinanten der Entwicklung individueller Kompetenz und der Validie
rung individuellen Erkenntnisgewinns sind. Der personliche Dank an die
Mitwirkenden zu Beginn dieser Arbeit soll zeigen, dass ich (nicht nur) in die
ser Hinsicht sehr gute, kompetenzfordemde Arbeitsbedingungen vorfand.
Helmut Heid gilt mein Dank fiir sein Engagement bei der Implementierung
dieses Forschungsprojektes (ein GruB geht an dieser Stelle auch nach Kiel'),
seine kritische Begleitung und seine Bereitschaft, als Erstbetreuer zur Verfii
gung zu stehen. Ich danke meinem Zweitbetreuer Hans Gruber fur die furcht
und manchmal rlicksichtslose Kommentierung des gesamten Vorhabens und
seine Anregungen vor allem flir die empirischen Arbeiten.
Sehr herzlicher Dank gebiihrt Johannes Bauer und Dagmar Festner, die ge
meinsam mit mir in das operative Tagesgeschaft dieses Forschungsprojekts
eingebunden waren. Ihnen wiinsche ich, dass sich der fiir dieses Projekt be
triebene Aufwand auch in personlichem Nutzen niedergeschlagen hat.
Last not least danke ich Wolfgang Gallenberger und Bettina Meier flir ihre
kallegiale Unterstiitzung und Diskussion wahrend der gesamten Arbeit und
var aHem flir ihre Rlickmeldungen in der Endphase der Texterstellung.
AbschlieBend soll noch hervorgehoben werden, dass diese Arbeit auf Basis
einer Sachbeihilfe der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) erstellt wur
de (Aktenzeichen He 1158/4-1).
Christian Harteis
Inbaltsverzeicbnis
1. Einleitung .................................................................................................................... 1
1.1 Rahmenbedingungen betrieblichen Handelns ...................................................... 1
1.2 Konvergenz 6konomischer und plidagogischer Prinzipien betrieblicher Personal· und Organisationsentwicklung ............................................................ 3
1.3 Ziele der Arbeit ..................................................................................................... 5
1.4 Aufbau der Arbeit ................................................................................................. 5
2. KUirung des Untersuchongsgegenstandes ond der verwendeten Begriffe ........... 9
2.1 Kompetenz .......................................................................................................... 1 0
2.1.1 Arbeitsdefinition des Kompetenzbegriffs .................................................... 11 2.1.2 Alternative Kategorisierungs. und Analysestrategien ................................. 15 2.1.3 Restimee: Begrtindung der Arbeitsdefinition .............................................. 20
2.2 Arbeitsbedingungen ............................................................................................ 22
2.3 Individuelle Kompetenzentwicklung im Rahmen beruflicher Arbeit als Teilbereich beruflichen Lernens .................................................................... 23
2.3.1 Organisationsgrad beruflichen Lernens ....................................................... 25 2.3.2 Modi beruflichen Lernens ............................................................................ 27 2.3.3 Voraussetzungen beruflichen Lernens ......................................................... 29
2.4 Zusammenfassung .............................................................................................. 31
3. Ansiitze ond Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation ................................... 33
3.1 Die Entwicklung der Konzepte vor dem Hintergrund der volkswirtschaftlichen Entwicklung .............................................................. 34
3.2 Klassiker betrieblicher Arbeitsorganisation und VorHiufer moderner Managementkonzepte ......................................................................... 39
3.2.1 Grundslitze wissenschaftliche Betriebsfiihrung nach Taylor.. .................... .40 3.2.2 FlieBbandproduktion .................................................................................... 42 3.2.3 Der Human·Relation·Ansatz ...................................................................... .44
3.3 Die erste und zweite Rationalisierungswelle ..................................................... .46
3.4 Die jtingste Welle betrieblicher Reorganisation: Die neuen Organisationskonzepte ..................................................................... .49
3.4. I Prlizise Ansiitze betrieblicher Arbeitsorganisation ...................................... 50 3.4.2 Vage Anslitze betrieblicher Arbeitsorganisation ......................................... 61
3.5 Zusammenfassung .............................................................................................. 64
XVI Inhaltsverzeichnis
4. Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschiiftigter ....................................... 67
4.1 Veriinderungen der Anforderungen .................................................................... 68
4.1.1 Die Rolle Beschaftigter in den Vorgangern moderner Organisationskonzepte ............................................................................... 68
4.1.2 Die Rolle Beschiiftigter in den Ansatzen der ersten beiden RationaIisierungswelien ................................................................. 69
4.1.3 Die Rolle Beschiiftigter in den neuen Organisationskonzepten ...... '" .................................................................... 71
4.1.4 Ergebnis des Abschnitts 4.1 ......................................................................... 83
4.2 Konsequenzen fur die betriebliche Bildungsarbeit ............................................. 84
4.2.1 Individuelle Perspektive .............................................................................. 85 4.2.2 Organisationale Perspektive ........................................................................ 96
4.3 Erziehungswissenschaftliche Bewertung der Entwicklung betrieblicher Arbeitsorganisation ........................................................................ 99
4.3.1 Paradigma der Divergenz ........................................................................... 101 4.3.2 Paradigma der Konvergenz ........................................................................ 103
4.4 Zusammenfassung ............................................................................................ 105
5. Kritische Bestandsaufnahme und Entwurf des Regensburger Konvergenz-Konzepts ......................................................... 107
5.1 Bestandsaufnahme: Kritische Sondierung der beschriebenen Positionen ........ 107
5.1.1 Kritikpunkt I: F ehlende empirische Evidenz .......................................... 108 5.1.2 Kritikpunkt 2: Programmatik ................................................................... 110 5.1.3 Kritikpunkt 3: Unterstellung einseitiger Zusammenhiinge ...................... 117 5.1.4 Kritikpunkt 4: Abstraktionsniveau der Anforderungen ........................... 120 5.1.5 Kritikpunkt 5: Relevanz okonomischer und
padagogischer UberJegungen ................................................................... 122
5.2 Entwurf des Regensburger Konvergenz-Konzepts ........................................... 123
5.2.1 Die okonomischer Perspektive betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung ................................................ 124
5.2.2 Die padagogische Perspektive betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung ................................................ 127
5.2.3 Zur Konvergenz okonomischer und piidagogischer Prinzipien ................................................................................................. 129
5.3 Zusammenfassung ............................................................................................ 131
6. Fragestellung der Untersuchung .......................................................................... 133
6.1 Komplex I: Bedingungen der Kompetenzfcirderung ...... , ................................ 134
6.2 Komplex 2: Hindernisse der Kompetenzfcirderung ......................................... 136
6.3 Komplex 3: Gemeinsam geteiltes Verstiindnis ................................................ 137
6.4 Komplex 4: Verhiiltnis okonomischer und piidagogischer UberJegungen ....... 138
6.5 Ubergeordnete Fragestellung ........................................................................... 139
Inhaltsverzeichnis XVII
7. Methode: Erhebungs- und Auswertungsinstrumente ........................................ 141
7.1 Erhebungsinstrument: Die Delphi-Technik ..................................................... 141
7.1.1 Herkunft des Verfahrens .......................................................................... 141 7.l.2 Eigenschaften und Merkmale der Delphi-Technik .................................. 142 7.1.3 Prognose- und Informationsgewinnung ................................................... 144 7.1.4 Versuchspersonen .................................................................................... 145 7.1.5 Zum typischen Ablauf... ........................................................................... 146 7.l.6 Vor- und Nachteile des Verfahrens .......................................................... 146 7.l.7 Eignung des Verfahrens fur die Ziele der vorliegenden Arbeit... ............ 147
7.2 Beschreibung der Stichprobe ........................................................................... 148
7.3 Untersuchungsverlauf. ...................................................................................... 149
7.3.1 Die erste Delphi-Runde ............................................................................ 151 7.3.2 Die zweite Delphi-Runde ......................................................................... 151 7.3.3 Die dritte Delphi-Runde ........................................................................... 152 7.3.4 Die vierte Delphi-Runde .......................................................................... 153
7.4 Operationalisierung der Untersuchungsfragen und Auswertungsinstrumente ........................................................................... 154
7.4.1 Fragenkomplex I: Bedingungen der Kompetenzforderung ..................... 154 7.4.2 Fragenkomplex 2: Hindemisse der Kompetenzforderung ....................... 156 7.4.3 Fragenkomplex 3: Gemeinsam geteiltes Verstiindnis .............................. 157 7.4.4 Fragenkomplex 4: Verhaltnis okonomischer und
padagogischer Uberlegungen.......... . ........................................... 158
8. Ergebnisse .. ............................................. 161
8.1 Deskriptive Ergebnisse zur Stichprobe ..................................................... 161
8.2 Bedingungen der Kompetenzmrderung ......................................................... 162
8.3 Hindemisse der Kompetenzforderung ............................................................. 166
8.3.1 VerbesscrungsvorschHige ......................................................................... 166 8.3.2 Beispiele fur Schwierigkeiten .................................................................. 170
8.4 Gemeinsam geteiItes Verstandnis .................................................................... 173
8.5 Verhaltnis okonomischer und piidagogischer Uberlegungen ........................... I77
8.5.1 Deskriptive Ergebnisse der Vorteilsnennungcn ...................................... 178 8.5.2 Deskriptive Ergebnisse der Nachteilsnennungen .... ..185 8.5.3 Teilgruppenvergleiche .......................................................................... 193
XVIII Inhaltsverzeichnis
9. Diskussion der Befunde ......................................................................................... 197
9.J Komplex 1: Bedingungen der Kompetenzforderung ....................................... 197
9.2 Komplex 2: Hindemisse der Kompetenzforderung ......................................... 201
9.2.1 Diskussion der Verbesserungsvorschliige ................................................ 202 9.2.2 Diskussion der Beispiele, in denen ein hohes MaG an
Kompetenz zu Problemen fuhrte ............................................................. 208
9.3 Komplex 3: Gemeinsam geteiltes Verstiindnis ................................................ 211
9.4 Komplex 4: Verhiiltnis okonomischer und piidagogischer Oberlegungen ....... 217
9.5 Diskussion methodischer Gesichtspunkte ........................................................ 225
10. Schlussfolgerungen und Ausblick ...................................................................... 231
10.1 Zusammenschau der Ergebnisse .................................................................... 231
10.1.1 Giinstige Voraussetzungen kompetenzfordemder Arbeitsbedingungen ............................................................................... 231
10.1.2 Ungiinstige Voraussetzungen kompetenzfordemder Arbeitsbedingungen ............................................................................... 233
10.2 Schlussfolgerungen ........................................................................................ 235
10.2.1 Schlussfolgerungen fur die piidagogische Praxis .................................. 235 10.2.2 Schlussfolgerungen fur die erziehungswissenschaftiiche Debatte ........ 236
10.3 Ausblick: Weiterfuhrende Forschungsdesiderata ........................................... 237
10.4 Zusammenfassung der Arbeit ......................................................................... 240
Literatur ..................................................................................................................... 245
1 Einleitung
Fragen der Zukunftsfahigkeit von Unternehmen befinden sich heute im Blick
punkt offentlicher Diskussion und offentlichen Interesses. Dabei stehen die
"Mega trends" wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und technischer Entwicklung
im Mittelpunkt. Bezug nehmend auf diese Megatrends wird in der Regel auf
veranderte und sich weiter verandernde betriebliche Rahmenbedingungen
geschlossen, unter denen die individuelle Kompetenz Beschaftigter als strate
gischer Erfolgsfaktor fur den okonomischen Fortbestand der Unternehmen
verstanden wird (vgl. z.B. ICKING 2000; SCHULZE 2000; ULICH 1995). Die hohe
Bedeutung individueller Kompetenz der Beschiiftigten fur die Unternehmen
hat sich mittlerweile im gesellschaftlichen, wissenschaftlichen und wirtschaft
lichen Diskurs fest verankert. Allerdings liegen kaum empirisch gesicherte In
formationen vor, ob und wie weit die Voraussetzungen flir solche
Arbeitsbedingungen gegeben sind, die die individuelle Kompetenz Beschiif
tigter fordern und fordern. Insbesondere in der erziehungswissenschaftlichen
Debatte gilt es als strittig, ob die Behauptung kompetenzfordemder Arbeits
bedingungen zutreffend oder gar verallgemeinerbar ist (vgl. z.B. BOCrnER
1998; MARIAK & KLUGE 1998). Die vorliegende Arbeit ermittelt die Vorausset
zungen kompetenzfordernder Arbeitsbedingungen und stellt in einer explo
rativen Delphi-Studie Moglichkeiten der Realisierung kompetenzfiirdemder
Arbeitsbedingungen dar. Damit soli ein erster Beitrag geleistet werden, das
Defizit an empirischen Befunden in diesem Feld zu beheben.
1.1 Rahmenbedingungen betrieblichen Handelns
In der Diskussion urn die veranderten Rahmenbedingungen, denen sich Un
temehmen heute zu stellen haben, wird auf drei Megatrends verwi~sen (vgl.
z.B. ApPELBAUM, BAILEY, BERG & KALLEBERG 2000; FREI, HUGENTOBLER,
ALIOTH, DUELL & RUCH 1996; PICOT, REICHWALD & WIGAND 1996): (1.) Veran
derte Anforderungen des Marktes, insbesondere der Globalisierung, (2.) tech
nologischer Fortschritt und (3.) Veranderungen im Beschiiftigungssystem.
2 Einleitung
(1.) Die Ausdehnung des Wettbewerbs auf internationale Markte ("Globalisie
rung") bei gleichzeitig hohem Sattigungsgrad der Markte ftir Konsumarti
kel in den entwickelten Landern beschreibt die wichtigste Detenninante
seitens der Marktbedingungen, unter denen Untemehmen ihren Fortbe
stand dauerhaft sicherstellen wollen. Unter dieser Voraussetzung haben
sich die MarktkonsteIIationen weg von Produzentenmarkten, auf denen
Untemehmen mit Massenprodukten den Konsum (und dessen Konditio
nen) steuerten, hin zu Konsumentenmarkten entwickelt. Hier bestimmen
kurze Produktlebenszyklen, hohe Produktionsqualitat und Orientierung
an den Bedtirfnissen der Kundenschaft das unternehmerische Agieren.
(Zumindest laut Programm, denn die Entstehung des neuen Kunstbegriffs
"Mass Customizing" als Versuch, mit Massenprodukten in vordergrtindig
variantenreicher Auspragung Markterfolge zu erzielen, deutet mogli
cherweise auf eine Form der Massenproduktion auf neuem Niveau hin.)
Zentrale Anforderung hier ist die Notwendigkeit flexibler Anpassung an
(unsichere) au/Sere, sich verandernde Rahmenbedingungen. In Folge hier
von avancierten Unsicherheit und Wandel zu festen Bestandteilen moder
ner Arbeitsorganisation (vgI. KOHL 1998). Diese Integration von
Unsicherheit in die Arbeitsorganisation muss von den in den Unterneh
men tatigen Beschaftigten bewaltigt werden, wobei angesichts flacher Or
ganisationsstrukturen diese Aufgabe immer weitere Teile der Belegschaft
erreicht (vgL PRIDDAT 2000c).
(2.) Eine dramatische Leistungssteigerung der Informations- und Kommuni
kationstechniken ftihrt zu immensen Anwendungspotenzialen auf allen
Ebenen betrieblicher Leistungserstellung. 1m Zusammenhang mit Ver
kehrs-, Produktions- und Werkstofftechnik volIziehen sich tiefgreifende
Wandlungen, die sich in der Steigerung von Produktivitat, zunehmender
Mobilitat, Ermiiglichung von Verteilung und Koordination von Ablaufen
sowie in der Integration von Prozessen niederschlagen (vgI. PICOT,
REICHWALD & WIGAND 1996, 5.5). Diese ziehen wiederum eine Zunahme
der Komplexitat betrieblicher Ablaufe nach sich, auf die moderne Kon
zepte betrieblicher Arbeitsorganisation ausgerichtet sind (vgL KOHL 2000).
(3.) Es andert sich innerhalb des Beschaftigungssysterns sowohl die Zusam
mensetzung der Gruppe der Erwerbstatigen - zu nennen sind in erster Li
nie ein ansteigender Anteil von Beschaftigten mit hohem Bildungsstand,
zunehrnende Erwerbstatigkeit von Frauen und anwachsende Alterung
Einleitung 3
(vgl. FREI U.A. 1996, S. 69 ff.) - als auch die gesellschaftlichen Werthaltun
gen (vgl. z.B. HEPP 1994) in Richtung deutlich gestiegener Erwartungen an
die Qualitat beruflicher Tatigkeit. FREI U.A. (1996, S. 71) fordern daher "ei
ne konsequente Ausrichtung von Betriebsftihrungs- und Organisations
strategien auf das gegenwartige Menschenblld erwachsener, selbstandiger,
kooperationswilliger, mtindiger sowie lernfahiger Individuen".
Es ist vermutlich den in Bestsellerlisten erfolgreichen pseudo- oder popular
wissenschaftlichen Ansatzen (z.B. BLANCHARD & BOWLES 2000; HAMEL &
PRAHALAD 1994; WATERMAN 1996) zu verdanken, dass im offentlichen Be
wusstsein Ubereinstimmung tiber die Rolle kompetenter Beschaftigter ftir
Unternehmen herrscht: Erfolgreiche Unternehmen zeichnen sich dadurch aus,
dass sie tiber kompetente Beschaftigte verftigen und in einer Art und Weise
organisiert sind, die eine Nutzung dieses Potenzials ermoglicht.
1.2 Konvergenz tlkonomischer und padagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung
Aus den referierten Grunden mtissten okonomische Zielsetzungen, unter
nehmerischen Erfolg zu ermoglichen, mit padagogischen Zielsetzungen, indi
viduelle Kompetenz Beschaftigter zu pflegen, zusarnrnen fallen. Vor diesem
Hintergrund wurde die These von der Konvergenz okonomischer und pada
gogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung
entfaltet, die von verschiedenen Autoren in verktirzter bis fragwtirdiger Ar
gumentation vorgetragen wird. Well "gerade in ftihrenden Unternehmen die
Bedeutung von Lemprozessen hervorgehoben <wird>, ... konnte man von ei
ner Koinzidenz okonornischer und padagogischer Vernunft sprechen", lautet
das Argument von ACHTENHAGEN (1990, S. VI). BRATER, BDCHELE, FUCKE &
HERZ (1988) schliegen verktirzend aus einem aus ihrer Sicht vorfindbaren ho
hen Qualifikationsstatus Beschaftigter, dass "heute an vielen Stellen die An
forderungen der Arbeitswelt umschlagen in Anforderungen an die freie
Entwicklung der Personlichkeit" (S. 43). ARNOLD (1998, S. 234) erklart schlieg
lich dieser Sicht widersprechende empirische Belege schlichtweg ftir "theore
tisch ". unergiebig". Bemerkenswert scheint, dass zu dieser Thematik bislang
fundierte empirische Befunde nicht vorliegen.
4 Einieitung
Unabhiingig von der erziehungswissenschaftlichen Debatte urn die Konver
genzthese stehen Unternehmen vor der Herausforderung, betriebliche Arbeit
in einer Weise zu organisieren, die eine Bewiiltigung der "Mega trends" tiko
nomischer Rahmenbedingungen begiinstigt. Wenn die einzig als zuverliissig
anerkannte Beschreibung zukiinftiger Entwicklungen und Herausforderung
die Unsicherheit der iikonomischen Rahmenbedingungen ist, dann erfordern
Strategien mit Weitblick, die den berechtigten Anspruch der Erhtihung der
Wahrscheinlichkeit zukiinftigen Erfolgs erheben, die Vorbereitung auf ein
mtiglichst breites Spektrum potenzieller Aufgaben und Problemstellungen.
Diese miissen innerhalb der Arbeitsorganisation von den Beschiiftigten be
wiiltigt werden. Deshalb erfordern Strategien, die auf langfristige Sicherung
des unternehmerischen Erfolgs bedacht sind, die miiglichst weitgehende Fiir
derung individueller Kompetenz der Beschiiftigten.
Damit riickt die Frage in den Vordergrund, was unter Kompetenz zu verste
hen ist. Wird Kompetenz nun als ein Begriff aufgefasst, der den Aspekt der
Performanz insofern ausblendet, als dass diese von einer rationalen Kosten
und Nutzenkalkulation durch die Kompetenztriiger (Beschiiftigte) abhiingig
ist, erscheint eine funktionale Einengung betrieblicher Qualifizierungsbemii
hungen auf die Erfiillung ausschliel.Slich betrieblicher Zwecke nicht aufrecht
erhaltbar. Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass Beschiiftigte bei
der Abwiigung von Kosten- und Nutzen des Einsatzes ihrer Kompetenz die
eigenen Interessen und Bediirfnisse keineswegs ausblenden.
Das fiihrt zur Problemstellung der vorliegenden Arbeit, in der betriebliche
Personal- und Organisationsentwicklung als zweifaches Problem verstanden
wird: Erfolgreiche Entwicklungsbemiihungen zielen einerseits auf die Ermiig
lichung individuellen Kompetenzerwerbs und andererseits auf die Optimie
rung der Bedingungen fiir die Erschliel.Sung des Kompetenzpotenzials der
Beschiiftigten. Es miissen also zuniichst auf einer theoretischen Ebene Bedin
gungen definiert werden, die beiden Aspekten gerecht werden. Diese Bedin
gungen stellen dann Kriterien fiir die folgende empirische Untersuchung der
Frage nach der Konvergenz tikonomischer und piidagogischer Prinzipien be
trieblicher Personal- und Organisationsentwicklung dar. Wenn in der vorlie
genden Arbeit von kompetenzftirdernden Arbeitsbedingungen die Rede ist,
dann ist damit die Realisierung der Konvergenz tikonomischer und piidagogi
scher Prinzipien bei der Ausgestaltung betrieblicher Personal- und Organisa
tionsentwicklung gemeint.
Einleitung 5
1.3 Ziele der Arbeit
Mit dieser Arbeit werden £tinl Ziele verfolgt. Erstens solI herausgearbeitet
werden, in welcher Weise individuelle Kompetenz Beschaftigter im Rahmen
neuerer Ansatze betrieblicher Arbeitsorganisation eine Rolle spielt. Zweitens
soli die erziehungswissenschaftliche Diskussion der Anlorderungen an be
triebliche Bildungsarbeit im Rahmen dieser Ansatze betrieblicher Arbeitsor
ganisation dargestellt werden. Es soIl drittens gezeigt werden, dass die
theoretische Diskussion der Konvergenzthese von verschiedenen Defiziten
gekennzeichnet ist und empirische Evidenz vermissen lasst.
Auf Basis einer vorlaufigen Zwischenbilanz soIl viertens ein eigenes Modell
der Konvergenz 5konomischer und padagogischer Prinzipien betrieblicher
Personal- und Organisationsentwicklung erarbeitet werden, das als Grundlage
fur die Gestaltung kompetenzf5rdernder Arbeitsbedingungen gesehen wer
den kann. Damit wird einerseits ein Konzept vorgestellt, mit dem betriebliche
Personal- und Organisationsentwicklung aus einer erziehungswissenschaftli
chen Perspektive beschrieben, analysiert und untersucht werden kann. Ande
rerseits stellt es die theoretische Basis fur eine empirische Untersuchung der
Konvergenzthese dar.
1m Rahmen einer explorativ angelegten Delphi-Studie soli fiinftens ein empiri
sches Fundament geschaffen werden, das weniger auf verallgemeinerbare Er
gebnisse abzielt als vielmehr versucht, grundlegende M5glichkeiten der
Realisierung kompetenzfiirdernder Arbeitsbedingungen auszuloten und zu
hinterfragen.
Diese Arbeit kann lediglich einen ersten Schritt empirischer Aufklarung dar
stellen, indem sie zur Schaffung eines konzeptionellen und begrifflichen Ori
entierungsrahmens fur weitergehende Untersuchungen und in explorativer
Absicht zur Entwicklung und Prazisierung von Hypothesen beitragt. Entspre
chend endet die Arbeit mit einem Ausblick auf Anknupfungspunkte und
weiterfuhrende Forschungsdesiderata.
1.4 Aufbau der Arbeit
Ein erster wichtiger Schritt zur Bearbeitung dieses Vorhabens ist die Kliirung
des Untersuchungsgegenstandes und der verwendeten Begriffe. 1m Kapitel 2 wird
6 Einleitung
zunachst eine eigene Interpretation des Kompetenzbegriffs vorgenommen, die
dalm der gesamten Arbeit zugrunde liegt. Da es urn die Fiirderung individu
eller Kompetenzentwicklung geht, spielen Fragen beruflichen bzw. betriebli
chen Lernens eine Rolle, so dass im Rahmen einer knappen Systematisierung
beruflichen Lernens aufgezeigt wird, urn welche Formen des Lernens es bei
der Oiskussion kompetenzfiirdernder Arbeitsbedingungen gehen kann.
Einen Uberblick liber die Entwicklung der Ansatze und Kanzeple belrieblicher
Arbeitsorganisatian gibt Kapitel 3. Dabei wird auf die bekanntesten Organisati
onskonzepte eingegangen.
Aufzuzeigen, wie nun in diesen Konzepten die Bedeutung der individuellen
Kampetenz Beschiiftigter gesehen wird, ist Gegenstand von Kapitel 4. Es wird
herausgearbeitet, dass sich die Anforderungen an Beschaftigte dahingehend
verandert haben, als sie nun Unsicherheit und Wandel zu bewaltigen haben.
Zumindest auf der unternehmensprogrammatischen Ebene rlicken Lernpro
zesse Beschaftigter in das Zentrum betrieblichen Interesses. In dies em Zu
sammenhang wird auf die erziehungswissenschaftliche Debatte urn die
Konvergenzthese eingegangen.
Kapitel 5 stellt die Entwicklung des Regensburger Kanvergenz-Kanzepts dar. Es
erfolgt eine kritische Auseinandersetzung mit verschiedenen Positionen, in
der vor allem die Schwachstellen der vorgetragenen Argumente hera us gear
beitet werden. Als Alternative wird das Regensburger Konzept der Konver
genz iikonomischer und padagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und
Organisationsentwicklung als Grundlage kompetenzfiirdernder Arbeitsbedin
gungen vorgestellt.
In Kapitel 6 wird die Fragestellung der empirischen Studie vorgestellt, mit der
das im flinften Kapitel vorgestellte Modell liberprlift wird. Zentral sind fol
gende Untersuchungsfragen: (1.) Welche Bedingungen muss ein Unternehmen
erflillen, damit Beschaftigte ihr Arbeitsumfeld als kompetenzfiirdernd erle
ben? (2.) Wo sehen Beschaftigte in ihrem Arbeitsumfeld die Notwendigkeit flir
Veranderungen, damit sie es als kompetenzfiirdernd erleben? (3.) In wie weit
besteht bei Beschaftigten ein gemeinsam geteiltes Verstandnis zentraler be
trieblicher Kompetenzanforderungen? (4.) Welche Aspekte spiel en bei der
Abwagung von Vor- und Nachteilen beruflichen Kompetenzerwcrbs und be
ruflicher Kompetenzanwendung durch Beschaftigte eine Rolle?
Einleitung 7
/vfetllOde !lnd empirisches Vorgehen werden im siebten Kapitel beschrieben. Es
wird die verwendete Delphi-Technik, ihre theoretischen Grundlagen, ihre for
schungstechnische Funktion und die eigentliche Herkunft des Verfahrens dar
gestelll. Die Zusammensetzung der Stichprobe aus Beschaftigten der BMW
AG und von Infineon Technologies sowie das genaue empirische Vorgehen
tiber die vier durchgefUhrten Delphi-Runden hinweg wird aufgezeigt.
Die Ergebnisse der Delphi-Untersuchung werden im Kapitel 8 in Form einer
deskriptiven Datenanalyse dokumentiert, eine Diskussion der Befunde erfolgt in
Kapitel 9 der Arbeit. Schlussfolgerungen and Ausblick schlieJ5en die Arbeit mit
KapitellO abo
Sprachlich wird weitestgehend eine geschlechtsneutrale Ausdrucksweise ver
wendel. Wo dies zu umstandlichen, den Lesefluss hemmenden Formulierun
gen flihren wtirde, findet die im Sprachgebrauch etablierte mannliche Form
Anwendung. Selbstverstandlich gelten aber aile Aussagen fUr Frauen und
Manner gleichermaJ5en.
2 Klarung des Untersuchungsgegenstandes und der verwendeten Begriffe
Bei der Untersuchung kompetenzfordemder Arbeitsbedingungen kann auf
keine einheitliche Terminologie zuruckgegriffen werden (vgl. z.B. ALBRECHT
1997; BERNIEN 1997; STAUDT & KRIEGESMANN 1999), so dass zunachst eine
Festlegung auf Arbeitsdefinitionen erforderlich ist. Das Thema fokussiert im
Wesentlichen auf Voraussetzungen und Bedingungen arbeitsnahen Kompe
tenzerwerbs, also auf Fragen der Realisierungsbedingungen beruflichen Ler
nens. Dies erfordert zum einen eine Klarlegung, welche Formen beruflichen
Lemens hier gemeint sind. Zum anderen bedarf es einer genauen Bestimmung
des Kompetenzbegriffs. Dies ist im Kontext dieser Arbeit nicht nur deshalb
von Bedeutung, wei! damit der Aspekt beschrieben werden soli, urn dessen
Entwicklung es hier geht. Sondem diese Bestimmung ist auch deshalb wichtig,
weil als Besonderheit des fur diese Arbeit eingefiihrten Verstandnisses von
Kompetenz eine Abgrenzung von anderen, vor aHem in der padagogischen
Psychologie und der Lehr-Lem-Forschung gangigen Ansatzen erfolgt. Es
werden Grunde fur diese Abgrenzung vorgetragen, die eine notwendige Vor
aussetzung fur die Entwicklung eines Modells der Konvergenz okonomischer
und padagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsent
wicklung ist, in dem kompetenzfordemde Arbeitsbedingungen den zentralen
Aspekt bilden.
Im Folgenden wird also zunachst eine Arbeitsdefinition fur den Begriff
"Kompetenz" entwickelt, urn anschlie1Send kurz darzulegen, wie der Begriff
"Arbeitsbedingungen" in dieser Arbeit aufgefasst wird. Abschlie1Send wird
aufgezeigt, urn welche Formen beruflichen Lemens es sich handeln kann,
wenn individueller Kompetenzerwerb im Rahmen beruflicher Arbeit disku
tiert wird und wie hierzu der Stand der Lehr-Lem-Forschung beschrieben werden kann.
10 KHirung des Untersuchungsgegenstandes und der verwendeten Begriffe
2.1 Kompetenz
Der Begriff Kompetenz wird sowohl im wissenschaftlichen und als auch im
alltaglichen Sprachgebrauch sehr unterschiedlich verwendet und gedeutet, so
dass sich in den verschiedenen Diskursen bislang kein gemeinsam geteiltes
VersUindnis vom Kompetenzbegriff etablieren konnte. ALBRECHT (1997, S. 99)
spricht beispielsweise von einem "arg strapazierten Begriff" und spielt damit
darauf an, dass die Unscharfen des Kompetenzbegriffs zum Teil vorsatzlich
und wissentlich in Argumentationszusammenhange eingebunden werden.
Schon auf der alltagssprachlichen Ebene ergeben sich mindestens drei vollig
unterschiedliche Bedeutungen: Kompetent wird eine Person bezeichnet,
• die tiber bestimmtes Wissen verftigt,
• die Tatigkeiten adaquat ausfiihren kann oder
• die fiir etwas zustiindig ist.
Abhangig vom Zusammenhang, in dem der Begriff Verwendung findet, wer
den spezifische, aber in den drei Bedeutungen eben auch grundlegend ver
schiedene Sinngehalte unterlegt, die ihrerseits wiederum vollig
unterschiedliche Voraussetzungen daftir ergeben, dass eine Person als kom
petent bezeichnet werden kann.
Aber auch im wissenschaftlichen Bereich besteht entgegen aller wtinschens
werten Klarheit "weniger Einigkeit dartiber, was Kompetenz eigentlich aus
macht" (STAUDT & KRIEGESMANN 1999, S. 36). Die Unterschiede im
Verstandnis verlaufen dabei nicht allein entlang der Grenzen der verschiede
nen Disziplinen, sondern sie ziehen sich quer durch diese hindurch. Der
Kompetenzbegriff geht auf WHITE (1959) zurtick, der eine sehr allgemeine De
finition einftihrt: "Competence <is> an organism's capacity to interact effecti
vely with its environment" (5. 297). Das Problem dieser Definition ist, dass sie
eine zentrale Unklarheit hinsichtlich der Kriterien ftir die Bestimmung von
Effektivitat hinterlasst. Denn somit wird nicht deutlich, wodurch genau seine
Vorstellung von Kompetenz gekennzeichnet ist. Aber die Bezugnahme auf Ef
fektivitat zeigt, dass er Kompetenz in engen Zusammenhang zu (sogar hoher)
Performanz setzt. Effektivitat ist fur WHITE (1959) zentrales Merkmal von
Kompetenz: "Competence ... ist therefore a suitable word to describe such
things ... all of which promote an effective - a competent - interaction with the
KUirung des Untersuchungsgegenstandes und der verwendeten Begriffe 11
environment" (5. 317f.). Die Akzentuierung von Whites Kompetenzbegriff
betont also hohe Performanz al~ Indikator von Kompetenz.
Dagegen setzt BERNIEN (1997) einen anderen Akzent, indem sie Kompetenz als
"System innerpsychischer Voraussetzungen" beschreibt und fortfahrt: "damit
ist Kompetenz eine Umschreibung dessen, was einen Menschen wirklich
handlungsfahig macht. Der Begriff beinhaltet also die Summe seiner Wissens
bestande und auch die Handlungsfahigkeit des Wissens. Damit ist bereits
ausgedruckt, daB Kompetenz in ihrer Gesamtheit aus aktiven und ruhenden
Wissensbestanden, aus sichtbaren und verborgenen, damit aus beschreibbaren
und nicht beschreibbaren sowie fur seinen Trager sogar aus unbewuBten Fa
higkeiten und Fertigkeiten besteht" (5. 24 f.). Diese Sichtweise zielt insbeson
dere auf Handlungsfahigkeit, die sich aus der Moglichkeit, d.h. dem Potenzial
zu hoher Performanz ergibt.
Wie in den nachsten Abschnitten gezeigt wird, ist das Verhaltnis von Kompe
tenz und Performanz in verschiedenen Ansatzen in unterschiedlicher Weise
verankert. 1m Folgenden wird zunachst eine Arbeitsdefinition von Kompetenz
festgelegt, die im Anschluss vor dem Hintergrund altemativer Konzepte dis
kutiert wird.
2.1.1 Arbeitsdejinition des KompetenzbegrifJs
Fur diese Arbeit wurde der Kompetenzbegriff gewahlt, wei! er - wie in Ab
schnitt 2.1.2 zu zeigen sein wird - fur die Zwecke der Argumentation im Ver
gleich zu anderen Begriffen als besonders tragfahig erscheint. Eine fur die
Zwecke der Arbeit brauchbare Arbeitsdefinition lasst sich in Analogie zu
Becks "systematischen und terminologischen Prazisierung des Qualifikations
begriffs" (BECK 1980, S. 355) beschreiben, nach der der Qualifikationsbegriff "zwei zu besetzende ,Valenzen' <aufweise>, namlich den Bezug auf ein Indi
viduum und den Bezug auf eine Funktion .... Erst durch die Festlegung in bei
den Bereichen ,konkretisiert' sich Qualifikation als ein MaB dafur, in welchem
Umfang die in einem Individuum vorhandenen Verhaltensmoglichkeiten den
an einer bestimmten Stelle im LeistungserstellungsprozeB zu erfullenden Funktion entsprechen" (5. 356). In leichter Modifikation dazu lasst sich das
Verstandnis eines Kompetenzbegriffs entwickeln, wobei im Kontext dieser
Arbeit die beiden von Beck genannten Valenzen mit dem Arbeitsplatz (als ein
12 Klarung des Untersuchungsgegenstandes und der verwendeten Begriffe
Biindel verschiedener Funktionen) einerseits sowie dem Spektrum an Hihig
keiten des Individuums andererseits besetzt werden soIIen.
Individuum ,-____ --lKompetenz
,,-_F_lih_iQ_k_e_ite_n_J-l1 MOQliches I ,_ und Wissen .., Verhalten
Jo. I I
Arbeilsplatz
Abb. 2.1: Konkretisierung des Kompetenzbegriffs in Anlehnung an BECK (1980)
Das Modell von Beck wurde urn den Bereich, der das Feld von Kompetenz
kennzeichnen soIl, erganzt. Beck versteht Qualifikation als auf Anforderungen
beruflichen Handelns bezogene Handlungsmoglichkeiten. Wie gleich zu zeigen
sein wird, steht er damit dem, was hier unter Kompetenz verstanden werden
soIl, naher als dem, was iiblicherweise mit der Verwendung des Qualifikati
onsbegriffs impliziert wird. Denn im Kontext dieser Arbeit solI der Aspekt der
Performanz nicht in der Verwendung des Kompetenzbegriffs impliziert sein.
Zwar ist auch in diesem Konzept von Funktionen, die zu erfiiIlen sind, die
Rede. Darin driickt sich jedoch weniger ein Bezug auf den Performanzaspekt
aus aIs vielmehr die Passung auf den betrieblichen Untersuchungskontext. Betriebe konstituieren sich u.a. dadurch, dass (kompetente) Beschaftigte be
triebliche Funktionen iibemehmen.
Wenn von Kompetenz die Rede ist, soIl also der Fokus nicht auf die Frage
nach dem ob der ErfiilIung von Aufgaben und Funktionen gerichtet werden.
Das ware in betrieblichen Kontexten ein untauglicher Ansatz, denn die Koor
dination verschiedener betrieblicher LeistungsersteIIungsprozesse sowie Ko
operation von Beschaftigten und Arbeitsgruppen sind auf Funktionen
angewiesen, die von den partizipierenden Parteien erfiiIIt werden mtissen.
Der Fokus der Untersuchung soIl vielmehr auf die Qualitat in dem Sinne ge
Iegt werden, wie weit Beschaftigte aIs Subjekte beruflichen Handelns Mog-
Klarung des Untersuchungsgegenstandes und der verwendeten Begriffe 13
lichkeiten zur Mitbestimmung bei der Definition der Zwecke und der Aus
wahl der Mittel beruflichen Handelns haben.
Becks Konzept sieht expJizit die Anpassung des ftir die Erftillung der Funktion
erforderlichen Verhaltens an die zur Verftigung stehenden Handlungsmog
lichkeiten vor. Damit - urn es auf den leitenden Sprachgebrauch dieser Arbeit
zu tibertragen - geht Beck davon aus, dass die Arbeitsanforderungen in Kor
respondenz und wechselseitiger Beeinflussung zur individuellen Kompetenz
der Beschaftigten zu sehen sind.
Arbeitsdefinitian
Als individuelle Kampetem Beschiiftigter soil in dieser Arbeit das in Bezug auf
bestimmte Anforderungen des Arbeitsplatzes relevante Handlungspotenzi
al der Beschaftigten verstanden werden.
Damit wird die Frage der Performanz, also die Anwendung individueller
Kompetenz abgekoppelt. Diese Trennung weicht von dem Vorgehen in der
Expertiseforschung (zum Uberblick: GRUBER & ZIEGLER 1996; GRUBER 1999) als
flihrende Wissenschaftsdisziplin zur Untersuchung von Kompetenz von Men
schen in komplexen, auch beruflichen Domanen (vgl. GRUBER 2000a, S. 122)
ab, in der Kompetenz stets tiber kompetentes Handeln operationalisiert wird.
Dort liegt jedoch zum einen ein anderes Erkenntnisinteresse als in dieser Ar
beit zugrunde, zum anderen sind die Forschungsdesigns haufig in der Kon
trastierung von Experten und Novizen aufgebaut, wobei solche Personen als
Experten bezeichnet werden, die tiber einen langeren Zeitraurn hinweg in ei
ner Dornane herausragende Leistungen erbringen, weJche nicht mehr als zu
fallig oder singular angesehen werden konnen (vgl. POSNER 1988). Dass aber
gerade aus padagogischer Sicht eine Trennung des Kompetenzbegriffs von
dem der Performanz unablassig ist, urn nicht die Mtindigkeit der Kornpetenz
trager in Frage zu stellen, darauf hat HElD (1996b) hingewiesen. Der flir diese Arbeit festgelegte Kompetenzbegriff stiitzt sich auf eine erste Grundannahrne:
Grundannahme 1
Fragen der Kornpetenzentwicklung (bzw. des Besitzes von Kompetenz) und
Fragen der Anwendung von Kompetenz sind zwei analytisch zu trennende
Aspekte gerade in Bezug auf betriebliche Personal- und Organisationsent
wicklung. Prinzipiell sind beide Aspekte zu berticksichtigen, wenn kompe
tenzWrdernde Arbeitsbedingungen diskutiert werden.
14 Klarung des Untersuchungsgegenstandes und der verwendeten Begriffe
Diese Trennung scheint gerade im Zusammenhang mit dem Thema betriebJi
cher Personal- und Organisationsentwicklung bedeutsam, wei! damit eine
Verengung der Perspektive auf Transferfragen vermieden wird. Denn in der
Regel unterstellen herkommliche Argumentationszusammenhange einen di
rekten Zusammenhang zwischen betrieblichen Bildungs- und Entwicklungs
bemuhungen einerseits und den intendierten (Lern-)Erfolgen seitens der
Bezugsgruppe (bevorzugt Beschaftigte) andererseits. Ausbleibende Erfolge
werden allein auf Transferdefizite zuruckgefuhrt (vgl. z.B. LEMKE 1995, S.
47ft.; SIMONS in Druck). Einer so!chen Position liegt die Auffassung zugrunde,
Lernerfolge (spezieller: Kompetenzentwicklung) wurden automatisch zu einer
gewunschten Verhaltensanderung fuhren. Der Einfluss organisationaler Be
dingungen bleibt hier aulSer Betracht.
1m Unterschied hierzu fuhrt die erste Grundannahme ein differenziertes Ver
standnis ein, indem Transferdefizite ein Problem der Kompetenzentwicklung
darstellen und ausbleibendes Verhalten auch dem Aspekt der Kompetenzan
wendung zugerechnet werden kann, ohne dass ein Transferdefizit vorIiegt.
Transferdefizite stellen demnach zwar eine hinreichende, aber keineswegs ei
ne notwendige Erklarung fur eine ausbleibende Anwendung von Kompetenz
dar. Eine zweite Grundannahme beschreibt eine grundlegende Voraussetzun
gen beruflichen Handelns:
Grundannahme 2
Der Anwendung individueller Kompetenz im betrieblichen Alltag liegt eine
individuelle Abwagung von Vor- und Nachteilen der Handlung (und seiner
Folgen) zugrunde. Beschaftigte wenden genau dann ihre individuelle Kom
petenz an, wenn sie sich in ihrer subjektiven Einschatzung unter gegebenen
Bedingungen einen Vortei! davon versprechen.
Diese Annahme folgt dem okonomischen Ansatz zur Erklarung menschlichen
Verhaltens (BECKER 1993), dessen Ziel es ist, menschliches Verhalten in allen
Lebensbereichen (vgl. z. B. BECKER & BECKER 1998) vorhersagbar zu machen
oder es retrospektiv zu erklaren. BECKER (1993) erlautert: "Der Kern meines
Argumentes ist, daIS menschliches Verhalten nicht schizophren ist: einmal auf
Maximierung ausgerichtet, einmal nicht; manchmal durch stabile Praferenzen
motiviert, manchmal durch unbestandige; manchmal zu einer optimalen Ak
kumulation von Information fuhrend, manchmal nicht. Alles menschliche
Verhalten kann vielmehr so betrachtet werden, als habe man es mit Akteuren
KHirung des Untersuchungsgegenstandes und der verwendeten Begriffe 15
zu tun, die ihren Nutzen, bezogen auf ein stabiles Praferenzensystem, maxi
mieren und sich in verschiedenen Markten eine optimale Ausstattung an In
formation und anderen Faktoren schaffen" (S. 15). Bei diesem Ansatz handelt
es sich nicht urn eine auf den "Homo Oeconomicus" reduzierte Anthropolo
gie, sondem vielmehr urn ein Erklarungsschema ftir menschliches Verhalten,
das unter verschiedenen moralischen Grundhaltungen (z.B. Altruismus,
Egoismus) aufrecht erhalten werden kann, da diese "systematisch im Sinne
innerer Sanktionen (,Gewissen') zu einem Bestandteil des individuellen ,Hu
mankapitals'" werden (ScHRAMM 1994, S. 240). Der Vorteil dieses Modells
liegt darin, dass es mit Hilfe weniger Variablen (lediglich Kosten- und Nut
zengroBen) unter vielfaltigen Grundpositionen eine Prognose bzw. Erklarung
menschlichen Verhaltens liefert.
Ein ahnliches Begriffsverstandnis findet sich in anderen Arbeiten, die sich
ebenfalls mit dem Problem der Entwicklung und der Anwendung individuel
ler Kompetenz im beruflichen Alltag auseinandersetzen: "Unter Kompetenz
verstehen wir die Moglichkeit eines Individuurns, in Abhangigkeit von seinen
Lebensbedingungen seine kognitiven, sozialen und verhaltensmaBigen Fahig
keiten so zu organisieren und einzusetzen, daB es seine Wtinsche, Ziele und
Interessen verwirklichen kann" (FREI U.A. 1996, S. 14; ahnlich z.B. in BANDURA
1990, S. 316ff.; LEINO 1999, S. 6f.; STERNBERG 1990, S. 144).
2.1.2 Alternative Kategorisierungs- und Analysestrategien in beruJsbezogenen Kontexten
Angesichts der bereits beschriebenen Unterschiede in der Verwendung und
Interpretation des Kompetenzbegriffs kann die Vielfalt vorfindbarer Kategori
sierungs- und Analyseansatze auf dem berufsbezogenen Feld nicht tiberra
schen. Schon lange vor Mertens' Uberlegungen zu "Schltisselqualifikationen" (MERTENS 1974) wurden Ansatze entwickelt, das Potenzial an Fahigkeiten und
Fertigkeiten Berufstatiger in einer Form zu beschreiben, die zu einer Auflo
sung der starken Fixierung auf eine spezifische Tatigkeit fiihrt. Ais Beispiele
hierftir konnen die Diskussionen urn "extrafunktionale" (DAHRENDORF 1956)
und "prozeBtibergreifende" (KERN & ScHUMANN 1970) Qualifikationen gese
hen werden. Aber erst die Vorschlage von Mertens, die eigentlich einer Unsi
cherheit tiber die weitere Entwicklung der beruflichen Tatigkeiten und daraus
resultierend tiber kommende Qualifikationsanforderungen entsprangen, fan-
16 Klarung des Untersuchungsgegenstandes und der verwendeten Begriffe
den breite Aufmerksamkeit. In der Folge wurden fast beliebig viele, jeweils
individuell akzentuierte Listen an Qualifikations- oder Kompetenzanforde
rungen an Beschiiftigte entwickelt, die im Bedarfsfall nach Ermessen erweitert
werden konnten (vgl. WILSDORF 1991, S. 57 ff.). GEIBLER & ORTHEY (1993) se
hen im Begriff "Schliisselqualifikationen" eine "begriffliche Stopfgans", dessen
Geheimnis gerade darin bestehe, "konkreten Programmfestlegungen auszu
weichen und breite, nicht faBbare Positionen zu markieren, die unterschiedlich
reale Interessen in diese benannte Leere aufnehmen" (5. 40).
Urn die beiden wichtigsten Strange der Kategorisierung des Fahigkeitspoten
zials Beschaftigter aufzuzeigen und die Abgrenzung der Arbeitsdefinition
vom Kompetenzbegriff noch einmal zu unterstreichen, wird im Folgenden auf
den Begriff der Kompetenz und den der Qualifikation in der erziehungswis
senschaftlichen Debatte eingegangen.
2.1.2.1 DeT Kompetenzbegriff
Gangige Definitionsansatze des Begriffs "Kompetenz" lauten:
• Kompetenz ist die "Summe erworbener Leistungsdispositionen" eines
Menschen (ALBECHT 1997, S. 99).
• Kompetenz lasst sich "versteh\!n als das System der innerpsychischen Vor
aussetzungen, das sich in der Qualitat sichtbarer Handlungen nieder
schlagt" (ERPENBECK 1996, S. 6 f.).
• "Kompetenz umfaBt ... die Verfiigbarkeit moglicher Handlungen. Es geht
urn intrapsychische Potentiale als Regulationsdispositionen, die sich in Ta
tigkeiten ,materialisieren'. Sie setzen sich urn beim Handlungsvollzug als
Performanz in der situativen Anwendung" (FAULSTICH 1998, 5.81).
Diese Definitionen sind auf einem sehr hohen Abstraktionsniveau angesiedelt.
Die Unscharfe des Kompetenzbegriffs lasst sich durch zwei Vorgehensweisen
reduzieren, indem entweder durch eine systematische oder eine inhaltliche
Kategorisierung die Komplexitat des Kompetenzbegriffs zu reduzieren ver
sucht wird. Nachfolgend soll mit einer systematischen Analyse der Konzeptu
alisierung des Kompetenzbegriffs ein Befund eines OECD-Gutachtens im
Vorfeld der PISA-Studie und einer inhaltlichen Systematisierung auf Basis ei
nes Gutachtens fur die Arbeitsgemeinschaft Qualifikations-Entwicklungs-
KHirung des Untersuchungsgegenstandes und der verwendeten Begriffe 17
Management jeweils ein renomrniertes Kategorisierungsbeispiel vorgestellt
werden, das den aktuellen Stand der Diskussion reprasentiert.
In einem auf Weinert zuruckgehenden Uberblick "lassen sich <in der Sozial
forschung> prinzipiell folgende Konzeptualisierungen des Kompetenzbegriffs
unterscheiden:
• Kompetenzen als allgemeine intellektuelle Fahigkeiten im Sinne von Dis
positionen, die eine Person befahigen, in sehr unterschiedlichen Situationen
anspruchsvolle Aufgaben zu meistern.
• Kompetenzen als funktional bestimrnte, auf bestimmte Klassen von Situa
tionen und Anforderungen bezogene kognitive Leistungsdispositionen, die
sich psychologisch als Kenntnisse, Fertigkeiten, Strategien, Routinen oder
auch bereichsspezifische Fahigkeiten beschreiben lassen.
• Kompetenz im Sinne motivationaler Orientierungen, die Voraussetzungen
sind fur die Bewaltigung anspruchsvoller Aufgaben.
• Handlungskompetenz als Begriff, der die ersten drei genannten Kompe
tenzkonzepte urnschlielSt und sich jeweils auf die Anforderungen und Auf
gaben eines bestimmten Handlungsfeldes, zum Beispiel eines Berufes,
bezieht.
• Metakompetenzen als Wissen, Strategien oder auch Motivationen, die Er
werb und Anwendung von Kompetenzen in verschiedenen Inhaltsberei
chen erleichtern" (KLIEME, FUNKE, LEUTNER, REIMANN & WIRTH 2001, S.
181£.).
Das in der Arbeitsdefinition gewahlte Verstandnis ist in dieser Systematik am
ehesten dem vorletzten Punkt zuzuordnen, weil darin der Bezug auf das be
rufliche Anwendungsfeld sowie die intellektuellen, funktionalen und motiva
tionalen Handlungsdispositionen als Voraussetzungen beruflichen Handelns enthalten sind.
BERNIEN (1997) bietet einen Ansatz zur Aufspaltung des komplexen Kornpe
tenzbegriffes in verschiedene inhaltliche Bestandteile (vgl. S. 31 ff.), allerdings
scheint der Nutzen einer solchen Aufteilung eher darin zu bestehen, die Breite
des Spektrurns zu systematisieren (ihr geht es im Speziellen urn die Frage der
Messbarkeit beruflicher Kompetenz und hierzu ist eine derartige Systernatik
sicher hilfreich) als eine konkrete Beschreibung beruflicher Kompetenz anzu
bieten:
18 KUirung des Untersuchungsgegenstandes und der verwendeten Begriffe
Kategorie Auspriigungen
Kompetenzinhalte · Fachkompetenz
· Methodenkompetenz
· Sozialkompetenz
· Personlichkeitskompetenz
Lemorganisationsformen · Exteme marktformig organisierte institutionelle Weiterbildung
· Betriebliche organisierte institutionelle Weiterbildung
· Lemen im Prozess der Arbeit
· Individuelles autodidaktisches selbstorganisiertes Lemen
· Lemen im sozialen Umfeld
Lemebenen · Individuelles Lemen
· Lemen in Gruppen
· Lemen in Organisationen
· Lemen auf gesamtgesellschaftlicher Ebene Tab. 2.1: AufteIiung des Kompetenzbegnffs m verschledene Geslchtspunkte (vgl.
BERNIEN 1997)
Die Aufteilung beruflicher Handlungskompetenz in die vier Kompetenzberei
che Fach-, 50zial- Methoden- und Persbnlichkeitskompetenz ist in der Litera
tur (teilweise nur auf die drei ersten Nennungen beschrankt) weit verbreitet
und findet allgemeine Zustimmung (vgl. ERPENBECK & HEYSE 1996). Aller
dings ist der Informationsgehalt dieser Kompetenznennungen entsprechend
gering, so dass eine weitere Aufschlusselung in Teilkompetenzen notwendig
ware. Damit ware aber ein Schritt in das bereits im Zusammenhang mit den
Schltisselqualifikationen angesprochene Problem getan, dass Konkretisie
rungsversuche in beJiebig erweiterbare Kompetenzkataloge munden.
Der Gesichtspunkt "Lernorganisationsform" splittet das Feld in mehrere Lern
felder, ohne eine nachvollziehbare 5ystematik aufzuweisen. 50 stellt sich bei
spielsweise die Frage, wie weit Lemen im Arbeitsprozess vom Lemen im
sozialen Umfeld zu unterscheiden ist, insofem das Arbeitsumfeld mitsamt an
deren Beschaftigten als soziales Umfeld anzusehen ist. Mehr 5tringenz in die
sem Punkt findet sich beispielsweise in den Beitragen von PRENZEL, MANDL &
REINMANN-ROTHMEIER (1997) und GRUBER & HARTEIS (in Druck), in denen
systematisch nach Institutionen bzw. Organisationsgrad unterschieden wird.
Fur die vorliegende Untersuchung spielen diejenigen Felder eine Rolle, die in
den Gestaltungsbereich von Unternehmen fallen. In erster Linie 5011 jedoch die
Klarung des Untersuchungsge$enstan~es und deT ve_r_w_e_n_d_et_en_B_e~gr_i£_fe _______ l_9
betriebliche Arbeitspraxis im Vordergrund stehen, in der all diejenigen Kom
petenzen zur Anwendung gelangen (sollen), die Beschaftigte im Rahmen be
trieblicher Bildungsarbeit erwerben und entwickeln.
Von den vier von Bernien vorgestellten Lernebenen fokussiert die Arbeit im
Wesentlichen auf die ersten drei genannten (vgl. Tab. 2.1). Zwar beeinflussen
Lernprozesse auf gesamtgesellsehaftlieher Ebene - Bernien fasst darunter regi
onale, beispielsweise dureh Infrastruktur bedingte Lernangebote zusammen -
aueh die Entwicklung individueller beruflieher Kompetenz, sie fallen aber als
Lerngelegenheiten nieht in den Wirkungsbereieh von Unternehmen. Die be
triebliehe Arbeitsorganisation kann allenfalls als Anwendungsfeld in Erschei
nung treten (von Spezialfallen wie beispielsweise politisehe Demonstration
abgesehen).
2.1.2.2 Oer Quahfikationsbegriff als Abgrenzung vom KompetenzbegrifJ
Der Qualifikationsbegriff lasst sieh vom Kompetenzbegriff in erster Linie da
durch abgrenzen, dass ersterer eine klar funktionale Ausrichtung auf die Er
fullung (zumeist person-extern) definierter Zweeke aufweist, wogegen
letzterer starker selbstbestimmte Aspekte anspricht. Fur den Begriff der "Qua
lifikation" haben sich u.a. folgende Definitionen etabliert:
• "Qualifikationen sind die Summe aller faehliehen und tiberfaehlichen
Kenntnisse, Fertigkeiten, Fahigkeiten zur Erftillung (beruflieher) Aufga
ben" (MEYER-Dom,11986, S. 324).
• "Qualifikationen konnen als ein Instrument angesehen werden, mit dessen
Hilfe man sieh Zugang zu einem berufliehen Tatigkeitsfeld versehaffen
kann" (BECK 1979, S. 263).
• Qualifikation ist die "Fahigkeit, bestimmten Aufgaben gerecht zu werden"
(NEUBERGER 1985, S. 114).
Schon diese kurze Liste von Definitionsbeispielen zeigt das wesentliehe
Merkmal des Qualifikationsbegriffs: Er ist stets auf eine von der Tragerperson
externale GroBe bezogen: "Das entscheidende Merkmal von Qualifikation ist
die Verwertbarkeit und Anwendbarkeit, d.h. ihr Bezug auf Handlungen ... in
konkrcten Situationen" (WILSDORF 1991, S. 45). Wenn beispielsweise HOFER
(1997) in ihrer Klassifikationssystematik u.a. von "personenbezogenen Beg
riffsfassungen" (S. 8) spricht, dann steht dies nieht im Widersprueh zu der hier
20 Klarung des Untersuchungsgegenstandes und der verwendeten Begriffe
eingefiihrten Unterscheidung, sondern sie zielt damit auf eine andere Ebene
ab, denn "tatigkeitsbezogene Definitionen fokussieren die Qualifikationsbe
standteile, die ein Unternehmensmitglied benotigt, urn bestimmte, vorher
festgelegte Tatigkeiten optimal ausfiihren zu konnen; personenbezogene Beg
riffsfassungen beinhalten aIle Qualifikationsbestandteile, die ein Mensch in
seinem Berufsleben erwirbt" (S. 9). Auch hier ist die BezugsgroBe die Bewalti
gung beruflicher, d.h. externaler Aufgaben, so dass folgendes Resiimee gezo
gen werden kann: Wenn von "Qualifikation" die Rede ist, dann werden
Fahigkeitsdispositionen auf external definierte Verwendungszwecke bezogen.
Bei der Verwendung des Kompetenzbegriffs ist dies nicht notwendigerweise
der Fall.
Ein ebenfalls bedeutsamer Unterschied zwischen "Qualifikation" und "Kom
petenz" besteht darin, dass "Qualifikation" eine GroBe darstellt, die Personen
zugeschrieben wird bzw. die Personen anderen gegeniiber unter Beweis stel
len miissen. Eine besonders prekare Situation stellt die Verteilung innerbe
trieblicher Zustandigkeiten oder Aufgaben (bis hin zur Rekrutierung von
Personal) dar. Qualifikationen, formale wie nicht zertifizierte, miissen erstens
von der Person, die iiber die Verteilung zu befinden hat, anerkannt werden.
Dieses Problem wird zweitens zusatzlich dadurch verkompliziert, dass die
Bewertung von Qualifikation - moglicherweise sogar vorrangig - durch die
"Marktlage" bzw. die momentane Verfiigbarkeit und die Anzahl potenzieller
Konkurrenten determiniert wird. Damit wird deutlich, dass Qualifikation ein
soIches Merkmal einer Person darstellt, auf dessen Anerkennung im Beschaf
tigungssystem die Person selbst allenfalls mittelbaren Einfluss besitzt. Dage
gen verweist der Begriff "Kompetenz" auf das Potenzial und das gesamte Reservoir individueller Handlungsmoglichkeiten. Eine ausbleibende Leistung
lasst daher nicht zweifelsfrei auf fehlende Kompetenz schlieBen.
2.1.3 Resiimee: Begriindung der Arbeitsdefinition
Es wurde fiir die Bearbeitung des Themas der Kompetenzbegriff ausgewahlt
und eine Arbeitsdefinition vorgestellt, die den Aspekt der Performanz aus
blendet. Die Wahl, Verwendung und Definition eines Begriffs ist jeweils ein
Resultat von Entscheidungen vor dem Hintergrund des Sprachgebrauchs. Der
Begriff "Kompetenz" ist im Sprachlichen als eine Bezeichnung einer Dispositi-
Klarung des Untersuchungsgegenstandes und der verwendeten Begriffe 21
on geradezu als Gegensruck zur Performanz zu verstehen und ist von daher in.
Hinblick auf das Anliegen dieser Studie deutlicher und praziser als der Quali
fikationsbegriff, der - obwohl auch als Bezeichnung ftir eine Disposition - im
Sprachgebrauch nicht so scharf von der Performanz abgegrenzt wird.
Diese Trennung von Kompetenz und Performanz ist in betrieblichen Zusam
menhangen gerade aus padagogischer Sicht besonders relevant Erzieheri
sches Handeln kann nur die Entwicklung einer Handlungsdisposition zum
Ziel haben, also beispielsweise Beschaftigten den Erwerb von Wissen, Fahig
keiten und Fertigkeiten ermoglichen, die sie zur Bewaltigung betrieblicher
Aufgaben befahigen. In diesem Sinne kompetente Beschaftigte entscheiden
dann in einer konkreten Situation unter gegebenen Realisierungsbedingungen
tiber die Anwendung ihrer Kompetenz fUr die betriebliche Aufgabenbewalti
gung. Erzieherische "MaBnahmen, die sich nicht darauf beschri:inken, Bedin
gungen der Ermoglichung wtinschenswerten Verhaltens und der daftir
vorausgesetzten Kompetenzen zu verwirklichen, sondem darauf abzielen,
dieses Verhalten zu garantieren, erfordem letztlich Notigung" (HElD 1996b, S.
82, Herv. LO.). Abgesehen, dass dies (nicht nur) aus padagogischer Sicht nicht
erstrebenswert sein kann, darf auch daran gezweifelt werden, dass es auf Basis
von Notigung auf Dauer gelingt, Beschaftigte zu gewtinschtem Verhalten zu
bewegen.
Unter dieser Perspektive - das ist fUr diese Studie von zentraler Bedeutung -
werden kompetente Beschaftigte als Subjekte beruflichen Handelns verstan
den. Ausbleibende Performanz ist dernnach nicht nur den kompetenten Be
schaftigten zuzuschreiben, sondem auch den Realisierungsbedingungen, die
von Untemehmen im Rahmen der Ausgestaltung betrieblicher Rahmenbedin
gungen gepragt werden.
Fur die Arbeitsdefinition wurde eine abstrakte Beschreibung des Kompetenz
begriffs gewahlt und eine inhaItliche Eingrenzung vermieden. Ein solcher
Pragmatismus erscheint hier insofem zweckmaBig, als es auf einer ersten Ar
gumentationsstufe darauf ankommt, ob unter gegebenen betrieblichen Bedin
gungen individuelle Kompetenz in einer sehr allgemeinen Form gefordert und
gefordert wird. Dass eine inhaltliche Festlegung ab einer gewissen Argumen
tationsstufe unverzichtbar ist, steht auBer ZweifeL Dies gilt vor aHem fUr Situ
ationen, in denen Beschaftigte als Adressaten von Kompetenzanforderungen
angesprochen werden. Eine konkrete und prazise inhaltliche Beschreibung der
22 Klarung des Untersuchungsgegenstandes und der verwendeten Begriffe
Kompetenzanforderung ist dann Voraussetzung dafiir, dass Beschaftigte ei
genverantwortlich tiber ihre Anerkennung dieser Anforderung entscheiden
und als Subjekte ihrer beruflichen Kompetenzentwicklung handeln kbnnen.
1m Rahmen dieser Arbeit wird in weiten Teilen eine Auseinandersetzung mit
dem abstrakten Begriff individueller Kompetenz stattfinden, lediglich in den
Teilen der empirischen Untersuchung, bei denen die Bezugnahme auf kon
krete Auspragungen unverzichtbar erschien, wird mit konkreten Beispielen
operiert werden.
2.2 Arbeitsbedingungen
Unter Arbeitsbedingungen kbnnen zunachst einmal generell die Vorausset
zungen und Grundlagen beruflicher Arbeit zusamrnengefasst werden. Eine
grobe Systematik dieser Bedingungen bietet die in STRUCK (1998, S. 180) von
MCCORMICK & lLGEN (1980) aufgegriffene Obersicht von Einflussfaktoren auf
das Handeln im Kontext beruflicher Arbeit:
Situationsmerkmale Personenmerkmale 1. Materielle Arbeitsbedingungen: · Fahigkeiten
· Arbeitsmethoden · Charaktereigenschaften
· Arbeitsmittel · Korperliche Eigenschaften
· Arbeitsplatz · Interesse und Motivation
· Weitere physikalische Umwelt · Alter und Geschlecht 2. Organisation und soziale Umwelt: · Erziehung
· Organisationstyp · Erfahrung
· Ausbildung und Fiihrung · Sonstige Merkrnale der Person
· Anreizarten
· Soziale Umwelt Tab. 2.2: Emflussfaktoren auf das Handeln 1m Kontext berufhchen Handelns (vgl.
STRUCK 1998, S. 180)
Unterschieden wird hier zwischen Merkmalen der Arbeitssituation und Per
sonenmerkmalen, wobei die Arbeitssituation in materielle und organisationale
bzw. soziale Aspekte unterteilt wird. Die Restkategorien "weitere physikali
sche Umwelt" und "sonstige Merkmale der Person" weisen auf die Schwierig
keiten rur die Erstellung einer umfassenden Systematik hin. Der Vorteil
solcher Obersichten besteht darin, in grober Form das Spektrum relevanter
Einflussgr5f5en aufzuzeigen, ein Nachteil ist allerdings darin zu sehen, dass
eine unkritische Rezeption einseitige Abhangigkeiten suggeriert, in deren Bild
Klarung des Untersuchungsgegenstandes und der verwendeten Begriffe 23
fest gegebene Verhaltnisse das Arbeitshandeln determinieren. Eine soIche Per
spektive kann in weiten Teilen der Literatur beobachtet werden, in denen - je
nach Differenzierungsgrad der Diskussion - die Wirtschajt, die Organisation, der
Betrieb oder die Arbeitsbedingungen als unabhangige Variable betrachtet und
das Arbeitshandeln (sowie in Folge die Arbeitsleistung) als davon abhangige
GroBe aufgefasst wird (vgl. z.B. EVANS 1991; FESTING 1997; ScHNEIDER 1997).
In der vorliegenden Untersuchung soIl es jedoch gerade urn die wechselseitige
Abhiingigkeit gehen, indem diese Einflussfaktoren eben auch als abhangige
GroBe Yom Arbeitshandeln der Beschaftigten gesehen werden sollen.
1m Rahmen der vorliegenden Arbeit werden die auf die Organisation und so
ziale Umwelt bezogenen Situationsmerkmale in Tab. 2.2 im Mittelpunkt ste
hen. Ftir die Bedeutung dieser als "weiche Faktoren" bezeichneten
EinflussgroBen beanspruchen PETERS & WATERMAN (2000) die weitlaufige An
erkennung durchgesetzt zu haben. Mit beachtlichem okonomischen Erfolg e
tablierten sie Mitte der 80er Jahre mit Hilfe der Untemehmensberatung
McKinsey das sogenannte 7S-Modell, das die Losung von Organisationsprob
lemen "nicht nur tiber die organisatorische Hardware -Strategie und Struktur -
... , sondern auch tiber die entsprechende Software - Stil, Systeme, Stammper
sonal und Selbstverstandnis" (5. 33) in Aussicht stellte. Erfolgreiche Unter
nehmen unterscheiden sich demzufolge von anderen darin, wie sie ihre
Organisationen ausgerichtet haben: ,,Sie sind darauf ausgerichtet, den Bedtirf
nissen der bei ihnen Arbeitenden besser gerecht zu werden" (WATERMAN
1996, S. 10). Dahinter steckt der Grundgedanke, dass "die Bediirfnisse des
Unternehmens und die Bedtirfnisse der Mitarbeiter untrennbar miteinander
verbunden sind" (5.11). Die weitlaufige Anerkennung der Bedeutung dieser
"weichen Faktoren" mtindete schlieBlich in der Fokussierung zahlreicher Ma
nagementansatze auf die Humanressourcen, wie im Verlauf des dritten Kapi
tels genauer gezeigt werden wird.
2.3 Individuelle Kompetenzentwicklung im Rahmen beruflicher Arbeit als Teilbereich beruflichen Lernens
Sowohl die deutschsprachige Diskussion urn "berufliches Lemen" als auch
der intemationale Blick auf "Professional Learning" skizzieren ein sehr weites
Feld. Denn berufliches Lemen kann vcrstanden werden als
24 Klarung des Untersuchungsgegenstandes und der verwendeten Begriffe
• Lemen fiir den Beru! worunter wiederum organisierte und nicht
organisierte Lemprozesse zu unterschiedlichen Zeitpunkten einer Berufs
biographie zu fassen sind. Es kann sich hier urn Aus- und Weiterbildung
ebenso handeln wie urn beilaufiges Lemen.
• Lemen im Beru! worunter ebenfalls organisierte und nicht-organisiserte
Lemprozesse fallen, die jedoch im unmittelbaren Zusammenhang mit der
Ausubung beruflicher Arbeit stehen. Hier spricht man auch vom Lemen
am Arbeitsplatz.
Die weitlaufige Beanspruchung des Begriffs Beruf in Zusammenhang mit
Lemprozessen fallt in eine Zeit ausgedehnten Bedeutungsverlustes von Beru
fen. Wahrend vor 40 Jahren der Beruf noch "eine der groBen sozialen Sicher
heiten, die der Mensch in der modemen Gesellschaft ... noch besitzt"
(SGIELSKY 1965, S. 238) vermittelte, ist die Bedeutung des Berufs als identitats
stiftende Instanz heute zuruckgegangen. Unter der "Substitutionsthese"
(HARNEY, WEISCHET & GESELBRACHT 1999, S. 273) wird diese Tendenz mit
Hinweis auf den gestiegenen Stellenwert individualisierter Bildungsbiogra
phien diskutiert (vgl. z.B. BOLDER 2000; DYBOWSKI 1996). Der Substitutionsthe
se folgend ersetzt die individuelle Weiterbildung aus zwei Grunden die
Bedeutung des tradierten Berufsbildes: Zum einen entspricht der Beruf als Re
sultat einer mit starr festgeschriebenen Inhalten geregelten beruflichen Erst
ausbildung nicht mehr den aktuellen Anforderungen in der Arbeitswelt (vgl.
z.B. DOSTAL 1998; PATZOLD & WAHLE 2000; RAUNER 1998; VOfl2001). Zum an
deren fiihrt eine starke Ausdifferenzierung beruflicher Tatigkeitsfelder dazu,
dass eine ebenso variantenreiche Ausdifferenzierung beruflicher Qualifikati
onsmuster - als Komposition einer individuellen Bildungsbiographie - auf
Seiten der Beschaftigten erfolgt, die auf diese Tatigkeitsfelder drangen (vgl.
BIENECK 2000, S. 13f.). Ein weiterer Gcsichtspunkt zielt darauf ab, dass in Zu
kunft wahrscheinlich tradierte Beschaftigungsverhaltnisse in den Hintergrund
geraten werden und die Individuen vermehrt zu ihren eigenen Arbeitskraft
unternehmem werden (vgl. PRIDDAT 1999, 2000a).
Jedem dieser Standpunkte liegt offenbar die Annahme zugrunde, der Berufsei
als festes - und zwar auch inhaltlich fixiertes - Qualifikationsschema zu ver
stehen. PATZOLD & WAHLE (2000) stellen aber klar, dass "das erziehungswis
senschaftliche Beruflichkeitskonzept ... immer inhaltsoffen konstruiert" (S.
531) war und ist. Dabei verweisen sie unter anderem auf BECK (1997), der
Klarung des Untersuchungsgegenstandes und der verwendeten Begriffe 25
ebenfalls Zweifel an der Einschatzung aruneldet, wonach Veranderungen in
der Arbeitswelt zu einer Unterminierung beruflich organisierter Erwerbstatig
keit fiihre. "Die beruflichkeitskonstituierende Kompetenzkognition impliziert
namlich nicht etwa eine lebenslange Inhaltskonstanz der eigenen Fahigkeiten
und Fertigkeiten" (S. 362). Insofem scheint die Beibehaltung des Berufsbegriffs
in der erziehungswissenschaftlichen Analyse von Arbeits- und Beschafti
gungsstrukturen durchaus berechtigt.
Zunachst soli geklart werden, an welchen Orten berufliches Lemen erfolgen
kann, urn in Anschluss daran Modi beruflichen Lemens zu benennen. Auf
dieser Basis lassen sich Voraussetzunge~ individueller Kompetenz
entwicklung - und somit Voraussetzungen kornpetenzf6rdemder Arbeitsbe
dingungen beschreiben.
2.3.1 Organisationsgrad beruflichen Lemens
Berufliches Lemen kann bei vielen Gelegenheiten stattfinden, so dass es hier
darurn gehen 5011, strukturell unterscheidbare Merkrnale von Lemgelegen
heiten herauszuarbeiten. Zweifellos besteht zum Beispiel sowohl beim frei
zeitlichen Einkaufsbummel als auch beirn Besuch einer Sportveranstaltung die
prinzipielle Gelegenheit zur Erzielung von Lemerfolgen, die auch £iir die be
rufliche Arbeit Relevanz besitzen. Ebenso unstrittig unterscheiden sich eine
Einkaufspassage und ein Sportstadion in einer groBen Anzahl von Merkma
len. Fiir eine Analyse beruflichen Lemens (so es denn in diesen beispieihaften
Fallen stattgefunden haben sollte) ist jedoch nur der Sachverhalt von Interesse,
dass es sich in beiden Fallen urn Lemprozesse ohne jeglichen Organisations
grad handelt. Ebenso lieBen sich reichlich Unterschiede zwischen einer inner
betrieblichen Serninarveranstaltung und einem klassischen Sprachkurs an der
Volkshochschule kennzeichnen. Beide Beispiele weisen aber als gemeinsarnes Merkrnal einen hohen Organisations grad auf.
Halt man sich nun ein Kontinuum vor Augen, das den Organisationsgrad von
Lemgelegenheiten zwischen null und unendlich vielen Freiheitsgraden fiir die
Lemenden abbildet, so lassen sich in Bezug auf berufliches Lemen drei Kate
gorien unterscheiden (vgL SIMONS 2000):
26 Klarung des Untersuchungsgegenstandes und der verwendeten Begriffe
a Freiheitsgrade
hoch Organisationsgrad niedrig
.. • Lernenim
I Lernenam I Lernen abseits von Trai-
Training / Seminar Arbeitsplatz ning und Arbeilsplatz Abb. 2.2: OrgamsatlOnsgrad berufhcher Lerngeiegenhelten
Vor aHem moderne Formen der Arbeitsorganisation lassen eine Abgrenzung
zwischen dem, was vormals als "traditioneHe" - d.h. dozentenzentrierte -
Vermittlungsform, und dem, was als "weiehe" Form von Weiterbildung be
zeichnet wird, nieht in letzter Scharfe zu, sondern es sind durchaus flielSende
Ubergange zu verzeichnen (vgl. BAETGHE & ScHIERSMANN 1998, S. 32). Diese
idealisierte Abgrenzung erleichtert jedoch den Problemzugriff, wenn es um
eine Abgrenzung versehiedener Organisationsformen von Weiterbildung
geht.
Obwohl ein Arbeitsplatz in der Regel einen hohen Organisationsgrad auf
weist, ist der Organisationsgrad der Lerngelegenheiten als geringer einzustu
fen, da zwar der VoIlzug der Arbeitsaufgaben und innerbetrieblichen
Funktionen hochgradig organisiert sein dtirfte, nieht jedoch die Ermogliehung
von Lernprozessen. Zwar gibt es aueh Arbeitsplatze mit einem hohen MalS an
Lernorganisation, doch dies trifft hauptsachlich auf spezifisehe Phasen berufli
cher Tatigkeit zu, namlich die Ausbildung - beispielsweise in Form der klassi
sehen Beistelllehre - und die Einarbeitung. Man kann jedoch davon ausgehen,
dass tiber den Verlauf der gesamten Spanne beruflieher Erwerbstatigkeit hin
weg so1che Situationen nur einen geringen Teil der Lernprozesse einnehmen
um:! deshalb ihrerseits ais Sonderfalle anzusehen sind.
Als so1che sind sie ftir diese Arbeit nieht interessant, da hier ja grundsatzliehe
Aspekte betrieblicher Arbeitsgestaltung untersucht werden sollen. Demzufol
ge spielen die Randbereiche des Kontinuums (Abb. 2.2) keine entscheidende
Rolle, sondern der Fokus der Arbeit ist ganz klar auf Lernprozesseam Ar
beitsplatz gerichtet. Zwar sind Lernprozesse abseits des Arbeitsplatzes fur die
Entwicklung individueller Kompetenz Beschaftigter ebenfalls von Bedeutung,
allerdings entziehen sieh diese der Gestaltung und unmittelbaren Beeinflus
sung durch die Betriebe. Sie geraten jedoeh aueh durch die vorgenommene
Fokussierung nicht vollig aus dem Bliekwinkel der Arbeit, da im Rahmen der
Untersuchung kompetenzfOrdernder Arbeitsbedingungen auch die Anwen-
Klarung des Untersuchungsgegenstandes und der verwendeten Begriffe 27
dung solcher Kompetenzen erfasst sind, die nicht direkt am Arbeitsplatz er
worben wurden.
2.3.2 Modi berujlichen Lemens
Nachdem die Einengung auf Lemprozesse am Arbeitsplatz vorgenommen
wurde, solI nun eine deskriptive Differenzierung verschiedener Lemmodi er
folgen, urn das 5pektrum moglicher Lemprozesse aufzuzeigen, die im Zu
sammenhang mit der Entwicklung individueller Kompetenz von Bedeutung
sein konnen.
In seiner Analyse des Lemens am Arbeitsplatz sieht KLOAS (1992) die tradierte
Idee der Lehre aufleben, Novizen an die Seite eines Meisters zu stellen und
durch Anieitung und Unterstutzung dem Prinzip "Lemen durch Tun" zu fol
gen (vgl. 5. 196 f.). Eine Renaissance dieser Lernform sei vor allem in den im
Rahmen von Aus- und Weiterbildung wahrend der 90er Jahre an Bedeutung
gewinnenden 5imulationen von Produktionsvorgangen zu Lernzwecken zu
sehen. Aus jener Zeit stammen auch die Ideen der "Leminseln" (vgl. z.B.
BITIMANN, ERHARD, FISCHER & NOVAK 1992; DEHNBOSTEL 1999; zum Uber
blick: DEHNBOSTEL, HOLZ, NOVAK & SCHEMME 2001) und "Lernstatten" (vgl.
z.B. BERGMANN 1993, FRANKE 1993). Dass mittlerweile Lernprozesse jedoch
nicht mehr hauptsachlich als simulierte Arbeitsprozesse diskutiert werden,
sondem Lemen im Vollzug der Arbeitsablaufe erfolgen solI, zeigt sich bei
spielsweise an der Thematisierung einer FehIerkultur (zum Uberblick:
ALTHOFF 1999) in Ansatzen betrieblicher Arbeitsorganisation (vgl. z.B. TEUFEL
1996). KLOAS (1992) dichotomisiert arbeitsplatzrelevante Lemmodi in "Lem
unterstiitzung durch andere" und "eigenstandiges Lemen" (5. 203):
Lernunterstiitzung durch Andere Eigenstandiges Lemen
· Lemen durch angeforderte Unterstutiung · Lemen durch Ausprobieren und Lemen durch Fragen · Lemen durch korrektive Erfahrung
· Lemen tiber Einarbeitung, Einweisung · Lemen durch Beobachtung durch Kollegen und Vorgesetzte · Lemen durch Rtickgriff auf · Gegenseitiges Lemen durch schriftliche Inforrnationsquellen Erfahrungsaustausch
Tab. 2.3: Lernmodl nach KLOAS (1992, S. 203)
28 Klarung des Untersuchungsgegenstandes und der verwendeten Begriffe
In dieser Grobunterscheidung (vgl. Tab. 2.3) adaptiert er die in der Lempsy
chologie etablierte Unterscheidung: So bezeichnen beispielsweise SCHlEFELE &
PEKRUN (1996) die Abgrenzung von selbst- und fremdgesteuerten Lemprozes
sen als grundlegende Kategorien zur Analyse von Lemprozessen (vgl. S. 249
f.). SIMONS (2000) unterscheidet ebenfalls in selbst- und external kontrolliertes
Lemen, fiihrt dann aber noch zusiHzlich "Erfahrungslemen" als dritte Katego
rie ein. Erfahrungslemen wird von Kloas unter beiden dichotomen Klassen
eingeordnet.
Der Blick auf diese exemplarische, aber im "Common Sense" der Lempsy
chologie liegende Ubersicht soli den Fokus darauf richten, welche Vorausset
zungen die Arbeitsumgebung aufweisen muss, damit sie selbst- und
fremdgesteuerte Lemprozesse ermoglicht oder sogar wahrscheinlich werden
lasst. So implizieren beispielsweise "Lemen durch angeforderte Unterstiitzung
und Lemen durch Fragen" die Verfiigbarkeit entsprechender Hilfe bzw. "ge
genseitiges Lemen durch Erfahrungsaustausch" zum einen, dass Personen mit
einem Erfahrungsschatz vorfindbar sind und zum anderen, dass diese auch
bereit sind, ihre Erfahrung zu kommunizieren. In Bezug auf eigenstandiges
Lemen werden die Freiraume und Gelegenheiten vorausgesetzt, austesten
und beobachten zu konnen und gegebenenfalls (konstruktiv) verbessert zu
werden. Diese Voraussetzungen sind weder trivial noch selbstverstandlich.
Gemeinhin werden derlei Voraussetzungen sowohl in der padagogisch
psychologischen als auch der Managementliteratur als programmatische An
forderung einer gewandelten "Lernkultur" formuliert (vgl. z.B. HECKMAIR
2001, S. 59; SIMON 2000, S. 348; ZIEP 2000, S. 248 ff.): "Letztlich miissen Bemii
hungen dieser Art auf die Schaffung einer Wissenskultur im Untemehmen
hinauslaufen" (REINMANN-RarHMEIER, MANDL & ERLACH 1999, S. 758). Somit
sind solche Konzepte insofem gegen ihre Falsifikation immunisiert, als sie mit
der Benennung einer abstrakten Zielvorgabe enden. Dieser Aspekt sei jedoch
an dieser Stelle nicht weiter verfolgt - ein differenziertes Modell beruflichen
Lernens wird im Zusammenhang mit kompetenzfordernden Arbeitsbedin
gungen im fiinften Kapitel vorgestellt -, sondern es wird ein kurzer Blick auf
die Voraussetzungen fiir internal und external regulierte Lernprozesse im
Kontext des betrieblichen Arbeitsalltags geworfen.
KJarung des Untersuchungsgegenstandes und der verwendeten Begriffe 29
2.3.3 Voraussetzungen beruflichen Lernens
BERGMANN (2000) weist darauf hin, "dass arbeitsimmanente Kompetenzent
wicklung an bestimmte Tatigkeitsmerkmale gebunden ist" (S. 110). Zu nennen
seien hier an erster Stelle, einen angemessenen Tatigkeitsspielraum einge
raumt zu bekommen, urn liberhaupt Erfahrung im Treffen von Entscheidun
gen zu sammeln, Rlickmeldungen liber den Erfolg eigenverantworteter
Entscheidungen zu erhalten und Gelegenheit zur kooperativen Bearbeitung
von Problemen zu erhalten. Damit legt sie ihren Schwerpunkt auf organisatio
nale Rahmenbedingungen beruflichen Handelns, namlich auf die ErOffnung
von Lerngelegenheiten. 1m Modell der "Doppelhelix der Kompetenzentwick
lung" (FREI, DUELL & BAITSCH 1984; FREI U.A. 1996) wird dem noch ein weite
rer Aspekt hinzugefligt, indem als die beiden wesentlich wirkenden
Mechanismen arbeitsimmanenter Kompetenzentwicklung beschrieben wer
den:
(a) Ein motivationaler Mechanismus, wonach das Vorhandensein von Hand
lungsspielraumen eine unabdingbare Voraussetzung flir die Ermoglichung
von Lernprozessen bei Beschaftigten darstellt. Monotone Arbeit regt man
gels Exploration nicht zur Entwicklung von Kompetenz an.
(b) Ein kognitiver Mechanismus, wonach erst die Konfrontation mit komple
xen Aufgabenstellungen und Handlungsspielraumen die Moglichkeiten
eroffnet, das eigene Wissen einzusetzen sowie eigene Losungen zu erpro
ben und zu optimieren.
"Mit Hilfe des Bildes einer Doppelhelix konnen wir nun zeigen, wie sich der
Prozel.S der Kompetenzentwicklung vollzieht. Die Doppelhelix bezeichnet ein
Prozel.Smodell der Kompetenzentwicklung, das auf die zwingende Verschran
kung individueller und systemischer Veranderungen hinweist. Flir die Ent
wicklung von Kompetenzen genugt es namlich nicht, dal.S sich etwas "im Kopf" bewegt. Es braucht liberdies noch Veranderungen im sozialen System,
d.h. in den sozialen Beziehungen zu anderen und in den Kommunikations
und Kooperationsmustem zwischen den Mitgliedem eines sozialen Systems.
Ohne diese Veranderungen besteht wenig Moglichkeit, einerseits neue Hand
lungsmoglichkeiten zu erkennen und andererseits neue Handlungsmuster
und Kompetenzen in die Tat umzusetzen; neu erworbenes Wissen und Fahig
keiten bleiben demzufolge ungenutzt" (FREI U.A. 1996, S. 21£.).
30 Klarung des Untersuchungsgegenstandes und der verwendeten Begriffe
Eine wesentliche Voraussetzung kompetenzfordemder Arbeitsbedingungen
ist also die Verzahnung personimmanenter Einflussfaktoren seitens der Be
schiiftigten und personextemaler Einflussfaktoren, die das betriebliche Umfeld
betreffen. Eine Partikularbetrachtung einer dieser beiden Aspekte kann das
Gesamtproblem der Realisierung kompetenzfordemder Arbeitsbedingungen
nur unzureichend erfassen.
Obwohl dieser Zusammenhang schon in den fruhen Ansatzen organisationa
len Lemens thematisiert und in seiner Bedeutung hervorgehoben wurde (vgl.
hierzu im Uberblick GAIRING 1996; ApPELBAUM & GALLAGHER 2000), liegen
noch keine umfassenden empirischen Untersuchungen hinsichtlich seiner
Tragweite in der Praxis betrieblicher Arbeitsgestaltung vor. Zu finden sind
allenfalls Untersuchungen, die sich jeweils auf einen der beiden Aspekte kon
zentrieren (vgl. z.B. BUNDESMINISTER FUR BILDUNG UND WISSENSCHAFT 1990;
GRUNEWALD & MORAAL 1996; KUHLMANN 2001) oder Einzelfallanalysen dar
stellen (vgl. z.B. TULLIUS 1999).
Zwar wurden in den USA umfangreiche Studien durchgefUhrt, die individu
elle Kompetenzentwicklung und deren Nutzen in betrieblichen Kontexten
thematisieren (z.B. APPELBAUM, BAILEY, BERGE & KALLEBERG 2000), allerdings
liegt dort das Erkenntnisinteresse weniger auf Fragen der organisationalen
und individuellen Voraussetzungen individueller Kompetenzentwicklung,
sondem eher auf Fragen, wie berufliche Kompetenz zu mess en sei und worin
der konkrete Nutzen fur Betriebe besteht, wenn sie zur Forderung individuel
ler Kompetenzentwicklung beitragen (vgL BAILEY 1995, S. 89ff.).
Am Research Center for Vocational Education (RCVE) der Universitat Tampe
re wurde das Konzept des "Professional Growth" entwickelt, das den Fokus
auf selbstgesteuerte Lemprozesse im Rahmen beruflicher Arbeitstatigkeit
setzt. "Skills are critical factors for success; the evolving working life needs
people who are capable, willing and determined to learn continually"
(RUOHOTIE & HONKA 1999, S. 5). Das Konzept fugt auf einer Analyse indivi
dueller Lemprozesse und der Wechselbeziehungen zwischen Eigenschaften
der Organisation, Personlichkeitsmerkmalen und der Ausgestaltung der Ar
beitsrolle im Umfeld der Gruppe (vgl. RUOHOTIE 1995). 1m Rahmen dieses
Konzepts wird eine individualisierte Karriereplanung als Verkniipfung indi
vidueller Entwicklungsbedurfnisse und betrieblicher Anforderungen vorge
schlagen, wobei das Hauptaugenmerk auf die motivationalen Aspekte
KHirung des Untersuchungsgegenstandes und der verwendeten Begriffe 31
beruflicher Entwicklung gelegt wird (vgl. KAUITO-KoIVULA 1993, S. 108f£'). In
der zentralen Bedeutung selbstgesteuerter Lern- und Entwicklungsprozesse
liegt eine wichtige Ubereinstimmung zu den Befunden der deutschsprachigen
Lehr-Lem-Forschung (vgl. z.B. DIESLER & NITIEL 2001, S. 56; NENNIGER,
STRAKA, BINDER, HAGMANN & SPEVACEK 1998, S. 118; WEINERT 2000, S. 46)
sowie zu einem altemativen Ansatz von CLAXTON (1999), der emotionalen Be
gleitumstande erfolgreicher Lembiographien thematisiert.
In der intemationalen Forschungsliteratur besteht offenbar Einigkeit uber die
herausragende Bedeutung selbstgesteuerter Lemprozesse (vgl. DUBS 1998, S.
19; SIMONS, LINDEN & DUFFY 2000, S. 14) im Rahmen berufliehen Lemens im
Allgemeinen und betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung im
Speziellen. Dabei wird in der Regel auf geeignete Lernstrategien und lernfor
derliche motivationale Bedingungen als die wichtigsten Voraussetzungen er
folgversprechender selbstgesteuerter Lemprozesse verwiesen (vgl. DUBS 2000,
S. 99£.). In der durch Fragestellungen aus der Padagogischen Psychologie stark
gepragten Literatur drangen individualanalytische Forschungsarbeiten und
Befunde Gesichtspunkte organisationaler Voraussetzungen fUr eine aus Be
triebsperspektive erfolgreiche (d.h. durch in Gang gesetzte und Lemtransfer
begiinstigende Lemprozesse gekennzeichnete) Implementierung selbstgesteu
erten Kompetenzerwerbs in den Hintergrund. Diese stellen jedoch eine we
sentliche Voraussetzung dar, damit Beschaftigte Anreize fiir Kompetenz
entwicklung und Kompetenzanwendung in ihrem Beschaftigungsfeld wahr
nehmen. Diese Zurucksetzung organisationaler Voraussetzungen im For
schungsstand zu individueller Kompetenzentwicklung im Rahmen betriebli
eher Arbeit stellte einen Ausloser fur die Durchfuhrung dieser Studie dar.
2.4 Zusammenfassung
In diesem Kapitel wurde der Untersuehungsgegenstand der vorliegenden Ar
beit geklart. So wurde berufliche Kompetenz in Abgrenzung von Konstrukten,
wie sie etwa in der padagogischen Psychologie und in der Lehr-Lem
Fdrschung etabliert sind, unter Ausblendung des Performanz-Aspekts als fUr
die Anforderungen des Arbeitsplatzes relevantes Handlungspotenzial defi
niert. Es wurden zwei fiir die Arbeit zentrale Grundannahmen eingefUhrt,
wonach im Zusammenhang mit betrieblicher Personal- und Organisations-
32 Klarung des Untersuchungsgegenstandes und der verwendeten Begriffe
entwicklung (a) Fragen des Kompetenzerwerbs und Fragen der Anwendung
von Kompetenz zwei analytisch zu trennende Aspekte darstellen und (b) Be
schiiftigte ihre individuelle Kompetenz im Arbeitsalltag genau dann zur An
wendung bringen, wenn sie sich subjektiv einen Vorteil versprechen. Ein
derartiges Verstiindnis verzichtet auf eine inhaltliche Festlegung darauf, was
Kompetenz inhaltlich kennzeichnet. Dies kann angesichts der Hille der Anfor
derungen des Arbeitsplatzes trotz problematischer Implikationen im Rahmen
der vorliegenden Arbeit als gerechtfertigt angesehen werden, vor allem da es
auf einer ersten Argumentationsstufe urn Grundvoraussetzungen kompetenz
fOrdernder Arbeitsbedingungen gehen solI.
Nach der Definition des Kompetenzbegri£fs wurde der Fokus der Arbeit auf
das organisationale Feld der Arbeitsbedingungen gelegt. In einem knappen
Exkurs in das Feld beruflichen Lernens erfolgte eine weitere Einengung der
Perspektive auf Lernprozesse am Arbeitsplatz, da hier Konzepte betrieblicher
Personal- und Organisationsentwicklung unrnittelbar und durch die Verant
wortlichen gestaltbar zum Tragen kommen. Weiterhin sollte aufgezeigt wer
den, dass kompetenzf6rdernde Arbeitsbedingungen eine Vielzahl
unterschiedlicher Lernprozesse implizieren k6nnen, die wiederum ein ganzen
Biindel organisationaler und individueller Voraussetzungen zur Grundlage
haben. Damit konnte neben der Begriffskliirung ein Ausblick auf das Spekt
rum des theoretischen Rahmens der Arbeit gegeben werden.
3 Ansatze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation
Kompetenzfordernde Arbeitsbedingungen sind in erster Linie eine Frage der
Ausgestaltung betrieblicher Arbeitsorganisation, die wiederum einen explizi
ten oder impliziten Ansatz zur Bewaltigung wirtschaftlicher Rahmenbedin
gungen darstellt (vgl. z.B. PICOT 1993, S. 217). 1m Laufe der wirtschaftlichen
Entwicklung im 20. Jahrhundert haben sich verschiedene Ansatze betrieblicher
Arbeitsgestaltung entwickeln und etablieren konnen, die im foIgenden in drei
Abstufungen vorgestellt und in Hinblick auf ihr impliziertes Menschenbild
untersucht werden: Zunachst sind die VorIaufer moderner Managementkon
zepte zu nennen, die bis - grob geschiitzt - Ende der 60er Jahre dominierten,
gefoIgt von den Ansatzen der ersten und zweiten RationalisierungsweIle, die
bis in die 80er Jahre hinein aufkamen. In den 90er Jahren konnten sich schlieB
lich Organisationskonzepte etablieren, die sich von den bis dahin gangigen
Ansatzen in wesentlichen Gesichtspunkten abhoben und die bis heute die
Ausgestaltung betrieblicher Arbeitsorganisation bestimrnen (vgl. z.B. Ap
PELBAUM & GALLAGHER 2000; KERN & SCHUMANN 1998; SCHUMANN, BAETHGE
KINSKI, KUHLMANN, KURZ & NEUMANN 1994a). In den verschiedenen Entwur
fen steckt jeweils ein (moglicherweise implizites) Verstandnis davon, in wel
cher Funktion Beschaftigte im Arbeitsprozess zu sehen sind. Dieses
Verstandnis bedingt wiederum die Relevanz, die aus betrieblicher Sicht dem
individuellen Kompetenzerwerb und der Anwendung individueller Kompe
tenz im Arbeitsprozess beizumessen ist.
In diesem Kapitel wird zunachst eine Skizze der Entwicklung der Konzepte
betrieblicher Arbeitsorganisation vor dem Hintergrund der volkswirtschaftlichen Entwicklungen gezeichnet. 1m Anschluss daran wird ein Abriss der
wichtigsten Kennzeichen dieser Konzepte vorgestellt, wobei die Entwicklung
komprimiert auf eine dreistufige Abfolge dargestellt wird. Diese Vorgehens
weise v~rdeutlicht zum einen den Hintergrund, vor dem die Frage kompe
tenzfordernder Arbeitsgestaltung zu sehen ist, zum anderen erlaubt sie eine
Zuspitzung auf jene fUr diese Arbeit zentralen Gesichtspunkte. Denn bezug
lich betrieblicher Arbeitsorganisation findet sich zwar eine Fulle an Literatur
34 AnsiHze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation
aus anderen Fachdisziplinen, eine spezifische Auseinandersetzung mit diesen
verschiedenen Ansatzen aus erziehungswissenschaftlicher Sicht, die sich ins
besondere mit dem Gesichtspunkt der individuellen Kompetenzentwicklung
Beschaftigter befasst, liegt bislang jedoch nicht vor.
3.1 Die Entwicklung der Konzepte vor dem Hintergrund volkswirtschaftIicher Entwicklung
Eine der grundlegenden Aufgaben eines Betriebes besteht darin, seine Bezie
hungen zum Markt zu regeln, urn so die Basis fiir eine langfristige Verwertung
seiner Betriebsleistungen bereitzustellen (vgL WOHE 1971, S. 273 ff.). Sie be
griindet die prinzipielle Abhangigkeit der Ausgestaltung betrieblicher Ar
beitsorganisation von den Marktbedingungen. Markt ist hier im weitesten
Sinne zu verstehen. Dazu gehiirt sowohl der Absatzmarkt der eigenen Leis
tungen als auch der Beschaffungsmarkt nicht zuletzt qualifizierter Arbeits
krafte (vgL hierzu BROCK & OrrO-BROCK 1988, S. 448). Urn die Hintergriinde
der Ausgestaltung betrieblicher Arbeitsorganisation aufzuzeigen, geniigt je
doch der Blick auf die Absatzmarkte, da in diesen ja auch solche Entwicklun
gen - gesellschaftlicher Wertewandel, technischer Fortschritt - zum Tragen
kommen, die den Beschaffungsmarkt beeinflussen. "Der ,Rut' eines Unter
nehmens tragt seit der Friihphase der Industrialisierung zur Attraktivitat des
Betriebs fiir freie Arbeitskrafte bei" (HILDEBRANDT & PENTH 1977, S. 249). 1m
Laufe der wirtschaftlichen Veranderungen im 20. Jahrhundert (im Uberblick
und als Referenz hierzu vgL LUTZ 1989) haben sich jeweils neue Konzepte be
trieblicher Arbeitsorganisation entwickeln und etablieren kiinnen, die auf die jeweilig gegebenen Verhaltnisse abgestirnmt waren. In Abb. 3.1 sind in einer
groben, stark verkiirzten Ubersicht die im Folgenden diskutierten Ansatze vor
dem Hintergrund der Marktbedingungen dargestellt.
Ansatze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation 35
Veranderung in den Konzepten betrieblicher Arbeitsorganisation
Marktbedingungen Organisationskonzepte Merkmale Anbieterrnarkt 0 Wissenschaftliche Be- 0 Forrnalisierung und Wie-
triebsfiihrung derholung 0 FlieBbandproduktion 0 Austauschbarkeit der
Arbeitskrafte • 0 Automatisierung • 0 Gruppenarbeit
0 Lean Organization 0 Transfer von Verant-
0 Business Reengineering wortung und Abbau von Hierarchien
0 Fraktales Untemehmen 0 Wandel
0 Virtuelles Untemehmen 0 Beschaftigte ais
Kauferrnarkt 0 Lemende Organisation Individuen .. .. .. Abb. 3.1: Uberslcht uber Veranderungen m den Konzepten betriebhcher Arbeitsorganisation
"Wettbewerbsfahigkeit ist gegenwartig das herrschende Credo. Erhalt und
Verbesserung der Wettbewerbsfahigkeit der Unternehmen und der nationalen
Wirtschaften gilt als der beste Weg, um die effizienteste Lenkung der Welt
wirtschaft und den hachsten Grad an sozialer Wohlfahrt zu garantieren" (DIE
GRUPPE VON LrSSABON 1997, S. 128; vgL auch BROWN & LAUDER 2001, S. 99). In
ihrer Kritik am "Wettbewerbskult" (5. 135) arbeiten die Experten dieser Grup
pe die Begrenztheit der Wettbewerbslogik fur die Lasung globaler Probleme
heraus und skizzieren dabei Zusammenhange zwischen den Marktbedingun
gen einerseits und betrieblichen Organisationskonzepten andererseits, nach
denen die Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation stets in Abhangigkeit
von den Marktbedingungen zu sehen sind (vgL auch ACKOFF 1999, S. 43;
HAMEL & PRAHALAD 1994, S. 30; KOHL 1998, S. 35 ff.).
Die wichtigste Veranderung stellt die Entwicklung weg von einem Anbieter
markt, auf dem die Produzenten die Beschaffenheit der auf dem Markt aus
getauschten Waren bestimmen, hin zu einem Kaufermarkt dar, auf dem die
Beschaffenheit der Produkte durch die Kaufer beeinflusst wird. Der Erfolg ei
nes Unternehmens auf einem Angebotsmarkt stellt sich dann ein, wenn ein
Produkt in groBer Anzahl iiber eine lange Zeit hinweg ohne Veranderungen
im Produktionsprozess hergestellt und abgesetzt werden kann. Auf Wiinsche
der potenziellen Kaufer wird nur insoweit Riicksicht genommen, als sie bei
der Entwicklung des Produktes erkannt und akzeptiert werden. Spezifische
36 AnsiHze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation
Anliegen finden keinen Niederschlag in der Produktbeschaffenheit. Solche
Marktbedingungen konnen sich dann etablieren, wenn ein niedriger Satti
gungsgrad an den Produkten und eine hohe Nachfrage herrscht. Mit steigen
dem Sattigungsgrad und steigender Anzahl an Produktalternativen gewinnen
die spezifischen Wtinsche und Bedtirfnisse der Kunden an Bedeutung. Es
herrscht dann ein Kaufermarkt, auf dem ein Unternehmenserfolg realisiert
werden kann, wenn die Produkte rasch und flexibel den Kundenwtinschen
angepasst werden und sie sich deutlich von den Konkurrenzprodukten (in
welcher Form auch immer) abgrenzen (vgl. PICOT, REICHWALD & WIGAND
1996, S. 8f£'). Konsum wird auf einem Kaufermarkt durch die individuellen
Gesichtspunkte - angefangen von Bedtirfnissen tiber Praferenzen bis hin zu
ethischen Uberlegungen - der Kaufer geleitet, die ftir Unternehmen komplexe
Herausforderungen darstellen (vgl. PRIDDAT 1996; SCHULZE 2000).
LUTZ (1989) beschreibt die wirtschaftliche Entwicklung in Europa und zeigt,
wie im Zuge eines wirtschaftlichen Strukturwandels die tiberwiegend in der
Agrarwirtschaft tatige, auf Selbstversorgung ausgerichtete Landbevolkerung
zunehmend im industriellen Wirtschaftssektor Beschaftigung fand. Die politi
sche Situation Europas in der ersten Halfte des 20. Jahrhunderts bewirkte im
Vergleich zu den USA Verzogerungen in der industriellen Entwicklung, so
dass die flielSbandgesttitzte Massenproduktion hier erst ab Mitte des 20. Jahr
hunderts zu einer Phase lang anhaltender wirtschaftlicher Prosperitat fuhrte.
Das Realeinkommen breiter Bevolkerungsschichten vervielfachte sich, wo
durch der Einkommensanteil der Ausgaben zur Existenzsicherung sank. Ver
bun den mit einer Arbeitskraftewanderung yom primaren in den sekundaren
Produktionssektor - was zu einer Erhohung der industriellen Produktionskapazitaten ftihrte - entwickelte sich ein Klima bestandigen Wirtschafts- und Ab
satzwachstums. Das Konsumverhalten orientierte sich vorwiegend am
vorgefundenen Angebot und sorgte fUr relativ stabile wirtschaftliche Rah
menbedingungen, die sich in langen Laufzeiten der Produkte, einer tiber
schaubaren Anzahl von Wettbewerbern und stabilen Absatzmarkten
niederschiugen.
Mit zunehmendem Sattigungsgrad und ermoglicht durch die Internationali
sierung der Warenmarkte sowie durch den technischen Fortschritt sind heute
in weiten Bereichen der Konsumgtiter, Waren- und Handelsmarkte Bedingun
gen des Kaufermarktes gegeben, die nun die Ausgestaltung betrieblicher Ar
beitsorganisation vor die Herausforderung der Bewaltigung von Unsicherheit
Ansatze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation 37
und Wandel stellen (vgl. z.B. KOHLI & JAWORKSI 1999; LUTZ 1996, S. 33£.;
STICH, SIBIERA & LERCH 1997): Seit den 90er Jahren kann die generelle Markt
situation in Deutschland durch einen relativ hohen Sattigungsgrad charakteri
siert werden. Dies gilt insbesondere fur den Kfz-Markt sowie den Markt fur
Haushalts- und Unterhaltungselektronik, auf denen mit BMW und Infineon
Technologies diejenigen Untemehmen agieren, die spater in den Fokus der
empirischen Untersuchung genommen werden. Ein Blick in die Statistischen
Jahrbucher zeigt folgende ausgewahlte Ausstattungsquoten fur bundesdeut
sche Haushalte (vgl. STATISfISCHES BUNDESAMT 1999, S. 564):
Gegenstand Alte Bundeslander Neue Bundeslander
Pkw 76,2/98,3 70,6/91,6
Fernsehgerat 95,4 / 139,4 97,8/143,2
Videorecorder 62,7/75,2 61,3/70,1
PC 42,8/47,6 35,6/37,9
Klihlschrank 99,0/112,2 99,3/107,8
Waschmaschine 91,2/92,4 94,3/95,4
Tab. 3.1: Ausstattungsgrad pnvater Haushalte mIt langleblgen Gebrauchsgtitem fur den Stichtag 1.1.1998 (in Prozent: ohne / mit Wertung von Mehrfachbelegungen)
Der hohe Sattigungswert korrespondiert mit einem kritischen Kundenverhal
ten. Fur Untemehmen bedeutet dies, nicht mehr nur das Marketing, sondem
bereits die Entwicklung ihrer Produkte nach den Bedurfnissen der potenziel
len Kauferschar ausrichten zu mussen. PRlDDAT (1996) geht sogar noch einen
Schritt weiter, wenn er von "moralischem Konsum" spricht: "Nicht allein die
Produkt-Qualitat steht zur Debatte .... Alle Handlungen des Untemehmens
werden bewertet, auch die - und gerade sie -, die nicht zum normalen Ange
botsrepertoire zahlen" (S. 1074). Das Schlagwort lautet "Kundenorientierung"
und der Untemehmenserfolg bestimmt sich durch eine flexible und rasche Re
aktion auf Kundenbedurfnisse und deren erfolgende Befriedigung. Die (fur
Untemehmen vorteilhaften, weil stabilen) Anbietermarkte sind Kaufermark
ten gewichen, die sich durch instabile Nachfragebedingungen auszeichnen. Zu
diesen Veranderungen auf der Nachfrageseite kommen die Entwicklungen auf
der Angebotsseite. Die Anzahl konkurrierender Untemehmen ist gegenuber
vorangegangenen Zeitabschnitten gestiegen. Ais Beispiel sei hier auf die Au
tomobilindustrie verwiesen, bei der seit Mitte der 90er Jahre aIle groBen Her
steller eine Produktstrategie verfolgen, die ein moglichst breites Spektrum an
38 Ansatze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation
Marktsegmenten abdecken solI. VW produziert exklusive Sportwagen (Bugat
ti), BMW und Mercedes-Benz produzieren Kleinwagen (Mini, ler-Reihe, A
Klasse, Smart). Die Laufzeiten der Produkte werden kurzer und im Zuge des
durch die stete Fortentwicklung der Informations- und Kommunikationstech
nologien, aber auch die Werkstoffentwicklung beschleunigten technologischen
Wandels erfolgt haufig eine Umgestaltung betrieblicher Arbeitsorganisation
und Produktionsprozesse. In den Augen von PICOT, REICHWALD & WIGAND
(1996) liisst sich die Situation wie in Abb. 3.2 dargestellt zusammenfassen:
Veranderung der Wettbewerbssituation
"Intemationalisierung der Markte
.. Innovationsdynamik bei Produkten und Prozessen
.. Kauferml:i.rkte -Globalisierung der Ressourcenbeschaffung
.. Demographische Entwicklung
.. Ressourcenverknappung
Innovationspotenziale der Informations- und
Kommunikationstechnik
.. Neue Produkte
.. Prozessinnovation
.. Neue Formen dec Arbeitsorganisation und Arbeitsteilung
.. Neue Untemehmensformen
Wertewandel in Arbeitswelt und
Gesellschaft
.. EinsteIlung zur Umwelt
.. AItersstruktur der Arbeitnehmer
.. Kauferverhalten "Qualitatsanspruch an den Arbeitsplatz
" -+ ,/ [ Herausforderung fUr die Unternehmen I
-+ Untemehmen und Markte
(Fonnale) Auflosung von Hierarchien Symbiosen und Kooperationen Elektronische Markte Virtuelle Unremehmen
Abb. 3.2: Die wirlschaftlichen Rahmenbedingungen der Ausgestaltung betrieblicher Axbeitsorganisation (PICOT, REICHWALD & WIGAND 1996, S. 3)
Die Wettbewerbsbedingungen haben sich also in den 90er Jahren noch einmal
fundamental gewandelt. Sie sind nun durch einen sich permanent verschiir
fenden Wettbewerbsdruck gekennzeichnet und die Neu- oder Umorganisation
der Arbeit stellt ein wichtiges Reaktionsfeld hierauf dar. "Vielfach ist es so,
dass ... Zeit und Flexibilitiit die entscheidenden Kriterien im Wettbewerb sind,
wenn es darum geht, rasch und kostengtinstig auf die sich iindemde Nachfra
ge eingehen zu mussen" (PICOT, REICHWALD & WIGAND 1996, S. 4). Die neue
ren Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation verfolgen das Ziel, die
Ansatze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation 39
Arbeitsablaufe in einer Weise zu strukturieren, die eine Bewaltigung der an
stehenden Probleme ermaglicht. Dieser Herausforderung wird dadurch zu
begegnen versucht, dass Verantwortung und Entscheidungsbefugnis mag
lichst nah an die Leistungserstellung gekoppelt werden.
Aufbauphase Konsolidierungsphase Sattigungsphase Individuelle · Wiederaufbau · Wohlstand · Umweltbewusstsein Ziele der · Erfiillung von · Sicherheit · Beschaftigung Kunden Grundbediirfnis- · Prestige
sen Anbietermarkt Ubergangsform Kaufermarkt
Kennzeichen · Mangel · GroBe Nachfrage · Dberangebot
· Gutes Angebot · Verdrangungswett-
· Nationaler Wettbe- bewerb werb
Produktions- · Sruckzahl · Rationalisierung · Qualitat ziele · Sruckzahl/ Export · Innovation
· Automatisierung · Flexibilitat Primares · Verfiigbarkeit · Verfiigbarkeit · Qualitat Kaufargu- · Bedarf · Funktionalitat ment · Qualitat · Wertbestandigkeit
· IndividualiUit Tab. 3.2: Interdependenz zwIschen MarktsituatlOn und ProduktlOnsstruktur (vgl. BETZL
1996,530)
Soweit im holzschnittartigen Uberblick die Darstellung der wirtschaftlichen
Rahmenbedingungen, vor deren Hintergrund die im folgenden vorgestellten
Konzepte betriebJicher Arbeitsorganisation entwickelt wurden (vgl. Tab. 3.2).
Diese werden in drei Gruppen zusammengefasst, namlich zunachst die klassi
schen Vorlaufer der modernen Managementkonzepte, dann die Ansatze der
ersten und der zweiten Rationalisierungswelle.
3.2 Klassiker betrieblicher Arbeitsorganisation und VorHi.ufer modemer Managementkonzepte
1m Zuge eines auch durch den ersten Weltkrieg nicht gebrernsten akonomi
schen Aufschwungs und Wachsturnsglaubens in den USA entwickelte sich die
dortige Industrie sehr rasch und fruher als in Europa in Richtung Massenpro
duktion (vgl. LUTZ 1989, S. 79f£'). Dies regte zunachst den mit Betriebsfuh
rungsaufgaben betrauten Taylor zu seinem Ansatz betrieblicher
Arbeitsorganisation an, der einige Jahre spater durch Ford mit Hilfe der FlielS-
_40~~_. __ ~~~~~~~~~A_n_s_a_tz_e_u_n_d_K_o,-n_z_e>-p_te_b_e_tr_ie_b_li_·c_h-,-er_A~rbe~it_so_r-"g,--aru~·sa_ti_·o,-n
bandtechnik weiterentwickelt wurde. Mayos eher zufallige Entdeckungen im
Rahmen der Hawthorne-Experimente ruckten schlie15lich die Bedeutung in
nerbetrieblicher Sozialstrukturen in das Bewusstsein, woraufhin sich "Human
Relation" -Ansatze etablieren konnten. Diese drei Ansatze stellen die klassi
schen Vorlaufer heutiger Managementkonzepte dar und wirken auch noch
diese hinein.
3.2.1 Die Grundsiitze wissenschaftlicher Betriebsfohrung nach Taylor
Frederick W. Taylor entwickelte Ende des 19. Jahrhundert sein erst sehr viel
spater verbffentlichtes Konzept wissenschaftlicher BetriebsfUhrung, das mit
der Einfuhrung der strikten Trennung von planenden und kontrollierenden
Tatigkeitsfunktionen das Leitprinzip fur die spatere industrielle Massenpro
duktion vorgab. Ihn veranlasste die Beobachtung bestandiger "Vergeudung
menschlicher Arbeitskraft durch ungeschickte, unangebrachte oder unwirk
same Ma15nahmen" (TAYLOR 1995/1913, S. 2) der Organisation menschlicher
Arbeit zur Entwicklung eines neuen Ansatzes. 1m scharfen Gegensatz zur
handwerklich organisierten Produktion, in der persbnliche Erfahrung und in
dividuelles Geschick von Bedeutung waren, setzte Taylor neue Schwerpunkte.
"Bisher stand die ,Persbnlichkeit' an erster Stelle, in Zukunft wird die Organi
sation und das System an erste Stelle treten" (S. 4).
Geleitet von der Vorstellung, dass erstens Arbeiter nicht freiwillig ihre volle
Arbeitskraft einsetzen und zweitens ein durch Berechnungen objektiv fest
stellbares, optimales Tatigkeitspensum fiir jeden Arbeiter auf jedem Arbeits
platz existiert, definierte er die innerbetrieblichen Aufgaben neu, indem er vier
Pflichten der Fuhrungskrafte einforderte (vgl. S. 38 ff.):
1. Fur jedes einzelne Arbeitselement wird eine "Wissenschaft" ["science of
bricklaying" (TAYLOR 1998/1911, S. 42)] entwickelt. Gemeint war damit die
systematisch-exakte Berechnung einzelner Arbeitsschritte sowie die fiir ei
ne dauerhafte Leistungserbringung optima Ie Verteilung von Arbeits- und
Ruhephasen fUr jeden einzelnen Arbeitsplatz, gemessen an einem (fUr diese
Position) "hervorragenden" Arbeiter. Taylor ging von einer Passung der
verfUgbaren Arbeiter und vorhandenen Arbeiten aus, d.h. fur jede Stelle
gibt es also hervorragende Arbeiter und fiir jeden Arbeiter gibt es den indi
viduell passenden Arbeitsplatz.
Ansatze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation 41
2. Auf Basis der Berechnungen sollen die passendsten Leute ausgewahlt und
entsprechend eingewiesen, aus- und weitergebildet werden. Die Idee, dass
die Fuhrungskrafte ftir die Abwicklung der Arbeitsschritte und ftir die Bil
dungsbiographie ihrer Arbeiter zustandig sein sollten, war bis dahin neu.
Die Praxis industrieller Arbeit war nach Ansicht Taylors namlich dadurch
gekennzeichnet, dass die Arbeiter bei der Ausftihrung ihrer Tatigkeiten
und der Wahl der Mittel freie Hand hatten.
3. "Sie <die Ftihrungskrafte> arbeiten in herzlichem Einvernehmen mit den
Arbeitern; so konnen sie sich sicher sein, daIS aile Arbeit nach den
Grundsatzen der Wissenschaft, die sie aufgebaut haben, gesthieht"
(TAYLOR 1995/1913, S. 39).
4. Arbeit und Verantwortung sollen sich annahernd gIeichrnalSig auf Fuh
rungskrafte und Arbeiter verteilen. "Das vierte dieser Elemente, die anna
hernd gleiche Verteilung der Verantwortung zwischen Leitung und
Arbeiter, verlangt eine weitere Erklarung. Die Philosophie des Initiative
systems <so bezeichnet Taylor das von ihrn kritisierte System> tibertragt
dem Arbeiter fast die ganze Verantwortung fur die Ausfuhrung der Arbeit,
im ganzen wie im einzelnen, in vielen Fallen sogar auth fur seine Werk
zeuge. AuBerdem mulS er tatsachlich noch die ganze physische Arbeit leis
ten" (5.39 f., Anrn. C.H.).
Mit der Notwendigkeit der raumlichen Trennung von korperlicher Produkti
onsarbeit und geistiger, wissenschaftlicher Denkarbeit - schlielSlich erfordert
letztere ein hohes MalS an Konzentration und daher Abschottung - begrundet
Taylor die von ihm vorgeschlagene Aufgabenteilung kurz und bundig. "Es ist
also ohne weiteres ersichtlich, daIS in den meisten Fallen ein besonderer Mann
zur Kopfarbeit und ein ganz anderer zur Handarbeit notig ist" (5. 40).
Dieser Ansatz verfolgt zwar in erster Linie das Ziel der Effektivierung der Ar
beitsprozesse, allerdings ware der Vorwurf unzutreffend, Taylor wiirde die
Arbeiter als reine Objekte und Mittel zum Betriebszweck begreifen. Vielmehr
betont Taylor gleich zu Beginn seiner Ausfuhrungen, "das Hauptaugenmerk
einer Verwaltung sollte darauf gerichtet sein, gleichzeitig die grolSte Prosperi
tat des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers herbeizufuhren und so beider
Interessen zu vereinen" (5. 7). Es soUte "die personliche Wertschatzung des
Arbeiters und die enge Fuhlungnahme mit ihm Hand in Hand gehen. Letzte
res kann nur der Ausdruck einer ehrlichen und warmen Interesses an der
42 Ansatze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation
Wohlfahrt der Untergebenen sein" (5.36). Taylor betont ausdriicklich, dass die
Anwendung seiner Grundsatze unter Zugrundelegung einer falschen Philoso
phie zu "verderblichsten Folgen" (5. 138) fiihren kiinnte. In seiner Verkniip
fung mit einer entsprechenden Unternehmensphilosophie verweist Taylor also
auf Zusammenhange, die in den modernen Unternehmenskonzepten Jahr
zehnte spater auch betont werden.
In der knappen Darstellung wird deutlich, dass unter "Taylorismus" weniger
ein konkretes Verfahren verstanden werden darf, sondern dass die von ihm
entwickelten Grundsatze als Gesamtheit gesehen werden miissen. Zu Lebzei
ten Taylors war von der Anwendung des Taylor-Systems die Rede, worunter
"die Anwendung wissenschaftlicher Methoden zur Erzielung maximaler Effi
zienz in der industriellen Tatigkeit" (KANIGEL 1999, 5.7) zu verstehen ist. Kor
rekter miisste man eigentlich ,:Taylorismus' als Anwendung des Taylor
Systems, d.h. als Anwendung der ,Wissenschaftlichen Betriebsfiihrung' nach
Taylor definieren" (HEBEISEN 1999, 5.12).
3.2.2 Flieflbandproduktion
Durch den Einsatz von Maschinen, die z.T. nur einen einzigen Arbeitsschritt
ausfiihren konnten, optimierte Henry Ford dieses Organisationsprinzip und
avancierte zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit seinem T-Car zum Pionier der
Automobil-Massenproduktion. "Das Hauptrnerkmal der Massenproduktion
war nicht - wie viele Leute glauben - das Flie15band. Es war vielmehr die voll
standige und pa15genaue Austauschbarkeit der Bauteile und die Einfachheit
ihres Zusarnmenbaus" (WOMACK, JONES & Roos 1991, S. 34). Fords erste An
satze der Automobilproduktion sahen 1903 einen einzigen Montageort fiir die
Herstellung eines Fahrzeugs durch einen einzelnen Monteur vor, der narurlich
iiber eine Ausbildung und (vorteilhafterweise) iiber Erfahrung verfiigen
musste, urn hohe Arbeitsleistung zu erzielen. Bei der Einfiihrung des T
Modells 1908 betrug der durchschnittliche Arbeitszyklus eines Monteurs 514
Minuten, wobei schon ein hohes MaG an Arbeitsteilung, nicht jedoch die per
fekte Austauschbarkeit der Bauteile erreicht wurde. 1m Zuge einer fortgesetz
ten Optimierung konnte der durchschnittliche Arbeitszyklus bis 1913 schon
auf circa 2 Minuten gesenkt werden. Mit der Einfiihrung des FlieGbandes und
dem Erreichen der perfekten Austauschbarkeit der Bauteile war 1914 die
Ansatze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation 43
Fordsche Massenproduktion erreicht, die einem Arbeiter - Monteure waren
nun nicht mehr notig - aIle notwendigen Teile an einen festen Arbeitsplatz
transportierte und eine Verringerung der Taktzeit auf 1,19 Minuten ermog
lichte. Bis Anfang der 20er Jahre erreichte Ford eine Produktionsleistung von 2
Millionen gleichartigen Fahrzeugen im Jahr (vgl. SCHERRER 1992, S. 69).
1m Gegensatz zum Taylorschen Ansatz, der sich die Optimierung der Ar
beitsleistung des einzelnen Arbeiters zum Ziel gesetzt hat, erfolgt bei der
FlielSbandproduktion eine Vergesellschaftung des Produktionsprozesses da
hingehend, dass der Produktionsprozess bis ins kleinste Detail zerstUckelt,
reglementiert und in den vielen unterschiedlichen Einzelschritten aufeinander
abgestimmt ist. Er funktioniert nur dann, wenn aIle Einzelarbeiten koordiniert
und in der geplanten Weise erfolgen. Damit konnte eine enorme Produktivi
tatssteigerung der Arbeit erzielt werden, die zu steigenden Unternehmensge
winnen und in Folge dessen zu hoheren Arbeitslohnen fuhrten, wei! die
Arbeiter "nicht mehr blolS als Maschinen angesehen, sondem ... daruber hin
aus als unentbehrliche Konsumenten der eigenen Produkte" (KANG 1995, S.
151) angesehen wurden. Damit bleiben Beschaftigte jedoch prinzipiell aus
tauschbar, ihre Arbeiten erfordern weder Anlernzeit noch Erfahrung.
Der wirtschaftliche Erfolg dieser Produktionsformen war liberzeugend, so
dass die handwerkliche Fertigung als dominierende Produktionsform abgelost
wurde - eine Form ubrigens, in der die individuelle Kompetenz des Meisters
(des Arbeiters) von herausragender Bedeutung war: Feinheiten in der Ausfiih
rung der Arbeiten und Wissen urn Zusammenhange bei der Herstellung von
Produkten waren originaren Merkmale erfolgreicher Arbeiter in der Manu
faktur. Das Paradigma im Taylorismus und Fordismus basierte hingegen auf
moglichst einfachen Arbeitsschritten, die sich in hoher Geschwindigkeit wie
derholen lielSen. Damit wurden nicht nur die Bauteile austauschbar, sondem
auch die einzelnen Arbeiter in der Fabrik, sie spielten in ihrer Individualitat
keine Rolle mehr. Es "sollte durch Formalisierung aller intra- und interorgani
sationalen Prozesse Unsicherheit gegen Null reduziert werden .... Wenn es
geHinge, das Verhalten aller Organisationsteile untereinander und gegenliber
Veranderungen auf dem Markt vollstandig festzulegen, entstlinde ein Unter
nehmen, wie es sich der friihere Chef von ITT, Harold Geneen, wiinschte:
Selbst Mickeymouse konnte es leiten" (KOHL 1998, S. 30 f.). Deutlicher lasst
sich das Ziel der Anonymisierung des Produktionsprozesses und der gesam
ten Arbeitsablaufe nicht ausdrucken.
44 Ansatze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation
3.2.3 DeT Human-Relation-Ansatz
Zwischen 1927 und 1933 wurden unter FederfUhrung von Elton Mayo und
Fritz Roethlisberger in den Hawthome-Werken experimentelle Untersuchun
gen zur Optimierung von Arbeitsprozessen durchgeftihrt, wobei es eigentlich
urn die Bestimmung der optimalen Beleuchtung von Montagearbeitsplatzen
gehen sollte (vgl. MAYO 1945, S. 109). Dabei wurden in Kontroll- und Experi
mentalgruppen unterschiedliche Beleuchtungssituationen getestet, jedoch
Uberraschenderweise mit dem Ergebnis, dass die Arbeitsleistung in allen
Gruppen stieg (vgl. GAIRING 1996, S. 52). So entstand eigentlich zufallig "die
Entdeckung eines neuen Faktors, der psychischen und vor allem sozialen Be
gleitphanomene der industriellen Arbeit" (BURISCH 1973, S. 46). Man hatte er
kannt, dass alleine die den beobachteten Personen geschenkte Aufmerk
samkeit deren Arbeitsleistung beeinflusst, ohne deren physikalische Umwelt
am Arbeitsplatz zu verandem. In der Interpretation bedeutete dies die Er
kenntnis, dass soziale Beziehungen, in den u.a. zwischenmenschliche Wert
schatzung zum Ausdruck kommt, neben der physikalischen Ausgestaltung
eines Arbeitsplatzes eine wichtige Determinante der Arbeitsleistung ist. Diese
Untersuchungen gelten als Auftakt zur "Human-Relation" -Bewegung (vgl.
BECKER & LANGOSCH 1995, S. 141), wobei inzwischen die Seriositat der Unter
suchungen und vor allem ihrer Interpretationen in der Fachwelt in Zweifel
gezogen werden (vgl. RICE 1982; WALTER-BUSCH 1989, S. 30f£'). "Trotz aller
Kritik an den Human-Relation-Konzepten kann ... davon ausgegangen wer
den, daB die von dieser Forschergruppe erarbeiteten Erkenntnisse und
Grundlagen zu sozialen Beziehungen am Arbeitsplatz, fUr deren Umsetzung
sich die Vorgesetzten kUnftig verantwortlich zeichnen soli ten, bestimmend fUr
die weiteren organisationspsychologischen Arbeiten und die Entdeckung der
Wichtigkeit der Kongruenz formaler und informaler Organisationen waren"
(BETZL 1996, S. 319).
In Analogie zu diesen Arbeiten in den USA entwickelte sich am Tavistock
Institute in England eine vergleichbare Forschungsarbeit: Aus den UrsprUn
gen einer Rehabilitationsklinik fUr psychisch Kriegsgeschadigte hervorgehend
wurde an diesem Institut das Konzept des "sozio-technischen Systems"
(EMERY & TRIST 1960) ausgearbeitet, indem in Experimenten erstmals sozial
psychologische Konzepte der Gruppentherapie und Gruppendynamik, wie sie
in der psychotherapeutischen Klinik entwickelt wurden, in einem industriel-
Ansatze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation 45
len Kontext Anwendung fanden. Bei der Untersuchung der Veranderung der
Arbeit durch neue Technologien kamen die Porscher zu dem Ergebnis, dass
"die durch die technologischen Veranderungen verursachte veranderte Ar
beitsorganisation zwar scheinbar fiir den Arbeitsproze15 effektiver schien, je
doch durch den Verlust von Loyalitat und Verantwortung sowie durch die
Entwurzelung der alten ,Kumpel' -Gruppen-Kultur die mangelnde Produkti
vitat ... verursacht hatte" (GAIRING 1996, S. 74). Nach dem soziotechnischen
Systemansatz besteht ein Betrieb aus einem technischen und einem sozialen
System, wobei diese nicht isoliert voneinander, sondern in ihren Wechselbe
ziehungen betrachtet werden miissen. Zu beach ten ist dabei, dass beide Sys
teme nach unterschiedlichen Regeln und Gesetzma15igkeiten funktionieren -
das technische nach den Gesetzen der Naturwissenschaften, das soziale nach
der Komplexitat menschlichen Verhaltens. Eine partielle Optirnierung nur ei
nes der heiden Systeme macht nach diesem Ansatz keinen Sinn, zielfiihrend
sei nur eine verkniipfte Optimierung (vgl. FREI U.A. 1996, S. 149£.).
Vertretern der Human-Relation-Bewegung geht es also urn die Bedeutung
zwischenmenschlicher Beziehungen am Arheitsplatz. "Aufgabe des Manage
ments ist es, dafiir zu sorgen, da15 durch die Pflege der menschlichen Bezie
hungen ... der irrationale Protest der Arbeitnehmer verrnieden und ihre
Energie in produktive Bahnen gelenkt wird" (NEUBERGER 1989, S, 217). Aller
dings liegen sie in der Tradition der Hawthorne-Untersuchungen, denn pri
marer Zweck der Ausgestaltung zwischenrnenschlicher Beziehungen ist die
Optimierung der Arbeitsleistungen nach der Maxime "gliickliche Kiihe geben
mehr Milch" (ROSENSTIEL 1991, S. 129). Die konkreten Auspragungen solcher
Beziehungen, die in den Human-Relation-Ansatzen vorgesehen sind, werden
nicht aufgrund padagogischer, psychologischer oder sozialwissenschaftlicher
Uberlegungen und Kriterien gestaltet, sondern allein aufgrund okonomischer
Kalkiile zur Steigerung der Arbeitsleistung. Es "geht darum, Anforderungen
fUr die Gestaltung optimaler Arbeitssysteme zu definieren, die zur Realisierung
organisatorischer Effizienz beriicksichtigt werden miissen" (BETZL 1996, S. 32,
Herv. i.O.). In diesem Sinne sind Ma15nahmen, die zwar von den Beschiiftigten
als positiv oder angenehm empfunden werden, jedoch keine leistungsstei
gernde Wirkung entfalten, als nicht sinnvoll anzusehen.
46 Ansatze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation
3.3 Die erste und zweite Rationalisierungswelle
Beim Ubergang in die Konsolidierungsphase, in der eine Ubergangsform zwi
schen Anbieter- und Kaufermarkt vorzufinden war, bekamen bis in die 70er
Jahre erste Rationalisierungs- und Effektivierungsanstrengungen Relevanz
(vgl. Tab. 3.2). Die eben besprochenen Konzepte lassen sich im Charakterisie
rungsschema fiir den Mechanisierungsgrad von Produktionsmitteln nach
KERN & SCHUMANN (1985) der pramechanisierten Stufe zurechnen, in der die
Arbeitsleistung nach wie vor von menschlicher Arbeitskraft iibemommen
wird und die Mechanisierung sich auf die Zufiihrung und den Abtransport
der Arbeitsgegenstande sowie die von Menschen bedienten Werkzeuge be
schrankt (vgl. S. 57 ff.). 1m Zuge der ersten Rationalisierungswelle kam es zu
einer fortschreitenden Mechanisierung und Automatisierung der Produkti
onsprozesse. Die Entwicklung rechnergestiitzter Produktionsanlagen eriiffnete
der Vision der menschenleeren Fabrik den Raum. Jedoch stiegen mit den
Miiglichkeiten des technisch Machbaren die Erfahrungen, dass die Substituti
on menschlicher Arbeitskraft eine Utopie ist und steigende Technisierung des
Produktionsprozesses Menschen umso unersetzlicher machte. Zwar erlaubten
Produktionsmaschinen, den Grad der Arbeitsteilung zuriickzufahren, indem
einfache, repetitive Arbeiten durch Maschinen iibemommen wurden. Doch
gleichzeitig muss ten die Arbeiter in den Fabriken nun deren reibungsloses
Funktionieren iiberwachen, Urnriist- und Wartungsarbeiten an den Maschinen
koordinieren und die Zufuhr und den Abtransport der Fertigungsware orga
nisieren. Die Tatigkeitsbereiche wurden nun komplexer und somit wurde
auch die Organisation betrieblicher Arbeit komplexer. Der Streit urn die Pola
risierungsthese, derzufolge der technische Fortschritt in der Produktion zwar
bei einem Teil der Beschaftigten ein Anstieg des Qualifizierungsniveaus beo
bachtet werden kann, gleichzeitig jedoch ein (nicht unwesentlicher) Teil der
Beschaftigten ein drastisches Absinken des Qualifikationsniveaus hinnehmen
muss, soil hier ausgeblendet werden, da er erstens kontrovers und nicht end
giiltig geklart ist (vgl. z.B. HEGELHEIMER 1986; KRAIS 1996) und zweitens fiir
die Absichten dieser Arbeit nicht von zentraler Relevanz ist.
Die Anforderungen an die spateren Produktionskonzepte aus der zweiten Ra
tionalisierungswelle (bis Mitte der 80er Jahre), die iiber die bis in die 70er Jahre
hineinreichenden, "eher schleichenden denn raumgreifenden Rationalisie
rungsbewegungen" (KERN & SCHUMANN 1984a, S. 41) weit hinausgingen,
Ansatze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorgarusah_·o_n _____________ 4::...-7
Jauteten: Massenfertigung und IndividualiUit. Dies setzte sich von den Ratio
nalisierungsbemtihungen bis in die 70er Jahre deshalb ab, weil jene zumeist
auf Detailanderungen im ohnehin tayloristisch-fordistisch gepragten Produk
tionsprozess beschrankt blieben. Bis Mitte der 80er Jahre wurde dann aber
"neuartiges Handlungswissen ftir Produktionstechnik, Arbeitsorganisation
und Arbeitseinsatz verftigbar - ein Repertoire, von dem der Rationalisie
rungsexperte vor zehn Jahren nur hatte traumen konnen" (5.41). Nun folgten
die Produktionsstrategien der gezielten Produktdiversifikation. Wahrend
Fords Bemuhungen sich darauf konzentrieren konnten, das FlieBband so zu
bestiicken, dass die Arbeitsplatze ausreichend mit Betriebsstoffen versorgt wa
ren, musste nun ein Verfahren gefunden werden, wie die Erweiterung der in
dividuellen Aufgaben koordiniert werden konnte.
"Das neue Rationalisierungs-Paradigma heiBt: Effizienz durch Flexibilitat. Die
neuen Maschinen mussen sich mit geringstem Aufwand fur neue ... Teile um
rtisten lassen .... Flankierend erscheint eine Organisationsform notwendig, die
fur Kapazitats- und Programmvariationen offen ist und die Umstellungen oh
ne Reibungen und Leerlauf bewaltigt" (KERN & SCHUMANN 1984a, S. 43f.).
Durch Gruppenarbeit wurde eine Form betrieblicher Arbeitsorganisation
etabliert, die den beiden Aspekten des neuen Paradigmas Effizienz und Flexi
bilitat gerecht zu werden erschien. Die Flexibilihit wurde jedoch, wie
HEIDENRElCH (1994) kritisch anmerkt, weniger durch die Einftihrung der Ar
beitsgruppen als vielmehr durch die Auslagerung von Produktionsteilen an
kleine Zulieferbetriebe erreicht (vgl. S. 68).
Eine Anzahl von Mitarbeitem arbeite! als organisatorische EinMeil
zusammen
Gemeinsame Planung und Steuerung der
Gruppe
Die Gruppe erfOl1l eine gemeinsame Aufgabe
GruppengrMe (5-15 Personen) erlaubt
direkte Abstimmung
Die Gruppe verfOgt Ober Handlungs- und
Entscheidungsspielraum
Keine formate Hierarchie innernalb der Gruppe
Abb. 3.3: Merkrnale der Gruppenarbeit (KOm & KOlLMANN 1999, S. 11)
48 Ansatze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation
Gruppenorientierte Arbeitsformen sind dadurch gekennzeichnet, dass mehre
re Personen einen Arbeitsprozess gemeinsam bearbeiten, dabei in einem ge
wissen (meist eng begrenzten) Rahmen Handlungs- und Entscheidungs
spielraume der Gruppe tiberlassen bleiben, innerhalb der die Planung und
Steuerung des Arbeitsprozesses ohne formale Hierarchien abgestimmt werden
solI. Jedoch konnen sie "in alIer Regel nicht tiber die Ziele ihres Arbeitseinsat
zes entscheiden und haben nur sehr begrenzte Einflul5moglichkeiten auf die
Form der tibergreifenden Arbeitsorganisation" (KOHL & KULLMANN 1999, S.
13).
In der Praxis dezentraler Untemehmensorganisation haben sich unterschiedli
che Realisierungsformen von Gruppenarbeit herausgebildet, die jeweils stark
von der Untemehmensstruktur, der Marktsituation und den Produkten ab
hangen. Vereinfacht lassen sie sich auf zwei Grundtypen reduzieren, die sich
nach dem Grad der Autonomie der Gruppe unterscheiden (vgl. S. 18f£.) und
dabei folgende Merkmale aufweisen (Tab. 3.3):
Eingeschr~nkte Teilautonome Gruppenarbeit Gruppenarbeit
Arbeitsinhalt Eher geringe Arbeitsumfange Erweiterte Arbeitsumfange Taktbindung Vorgabe kurzer Taktzeiten und Taktentkoppelung statt FliefS-
Integration in FliefSbandferti- band igung
Aufgabenintegration Begrenzte Integration, Arbeits- Hohe Funktionsintegration, teilung in Gruppen, Herausbil- Qualifizierungschancen bei In-dung von Spezialisten sowohl standhaltung, Nacharbeit, La-innerhalb als auch aufSerhalb der gistik, Qualitatssicherung Gruppe
Selbstkoordination Geringes MaB an Selbstkoordi- Hohes MaB an Selbstkoordinati-nation, weitgehende Vorgaben on, Planung und Steuerung der durch Vorgesetzte, Mitsprache- Arbeitsablaufe durch Gruppe, moglichkeiten hohe Autonomie in Bezug auf
Zeit- und Aufgabenverteilung Gruppensprecher Durch Vorgesetzte eingesetzt, Durch die Gruppe gewahit, ar-
haufig frei von operativer Arbeit, beitet mit, kein Teil der Hierar-zahlt als untere Hierarchiestufe, chie, Sprecher und Koordinator Ubernahme von Meister- und derGruppe Vorarbeiteraufgaben
Qualifikationsan- Formale Qualifikationsanforde- Hohe Qualifikationsanforderun-forderungen rungen zur Erreichung der gen durch Selbstkoordination,
Einsatzqualifikation Teamentwicklung, erweitertes Aufgabenspektrum und Quali-tatssicherung .. Tab. 3.3: Emgeschrankte und teIlautonome Gruppenarbelllm Verglelch (KOHL &
KULLMANN 1999, S. 26f.)
Ansatze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation 49
1m deutschen Beschaftigungssystem ergab sich im Vergleich zu seinen inter
nationalen Gegenstiicken mit dem Dualen System die Besonderheit, dass dort
eine enge Kooperation zwischen Lehrlingen und Experten (Meister, Fachar
beiter) eigentlich langst die zentrale Idee der Ausbildung war. "In Deutsch
land muBten gruppenarbeitsbasierte Organisationsformen nicht erst
,erfunden' werden; im Vordergrund stand eher die ,Verteidigung' gegenUber
anderen, tayloristischen Organisationsformen und die Ausweitung auf die
Arbeitsbereiche von An- und Ungelernten" (HEIDENREICH 1994, S. 72).
Die ausli:isenden Ursachen dafUr, dass Gruppenkonzepte ihre Bewahrungs
chancen erhielten, sehen KERN & SCHUMANN (1984b) nicht alleinig in den oko
nomischen Rahmenbedingungen, sondern auch in einem veranderten Bild
vom Arbeiter als nicht mehr ausschlieBlichen Querulanten, sondern rational
handelnden Interessenwahrnehmer. Die Betriebe bzw. deren Leitungsgremien
brauchten weniger explizite MalSnahmen der Herrschaftssicherung, da sie
aufgrund der allseitigen Einsicht in die wechselseitigen Abhangigkeiten als
gesichert angesehen werden konnte (vgl. S. 152).
In spateren Trendreports zum Stand betrieblicher ReorganisationsbemUhun
gen ist davon die Rede, dass zwar bereits in den 80er Jahren die Defizite taylo
ristischer Formen der Arbeitskraftnutzung gesehen wurden und nicht zuletzt
durch KERN & SCHUMANN (1984a) ausreichend Wissen tiber solche Formen
betrieblicher Arbeitsorganisation vorlag, die von tayloristisch-fordistischen
Prinzipien abwichen. Eine weitreichende Umsetzung solcher Konzepte schei
terte aber an einer mangelnden Reform betrieblicher Sozialstrukturen, so dass
die Tragweite der Reorganisationskonzepte eingeschrankt blieb und erst in
den 90er Jahren im Zuge einer weiteren Reorganisationswelle Durchsetzung
fan den (vgl. KUHLMANN & KURZ 1995, S. 158).
3.4 Die jungste Welle betrieblicher Reorganisation: Die neuen Organisationskonzepte
Mit dem Erscheinen der weltweite Aufmerksarnkeit erreichenden MIT-Studie
"The Machine that Changed the World" (WOMACK, JONES & Roos 1990) bzw.
"Die zweite Revolution in der Autoindustrie" (WOMACK, JONES & Roos 1991)
kann der Wendepunkt hin zu neuen Managementkonzepten markiert werden.
In jener Studie wird aufgrund eines internationalen Vergleichs der Automo-
50 Ansatze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisahon
bilindustrie ein neuer "One-Best-Way" der Produktion beschrieben, der die
Herstellung hoher Sruckzahlen bei gleichzeitiger Beriicksichtigung diversifi
zierter Kundenbediirfnisse, wie sie auf einem Kaufermarkt vorzufinden sind
(vgl. Abschnitt 3.1), erlaubte.
Seitdieser Zeit wurde eine Vielzahl an Ansatzen entwickelt, die jeweils unter
schiedliche Uisungen fiir das Problem der Bewaltigung von Unsicherheit auf
dem Markt und im Umfeld eines Unternehmens bieten. Sie lassen sich in
struktur- und verhaltensorientierte Ansatze (vgl. BETZL 1996) unterscheiden
oder in abgegrenzte und offene (PRIDDAT 2000b). 1m Folgenden wird eine
Unterscheidung in prazise und vage Ansatze vorgeschlagen, die sich am Abs
traktionsgrad der den Konzepten immanenten Uisungsansatze bemisst. All
diesen Ansatzen gemeinsam ist die Abkehr von starren Formen der Massen
produktion, die noch den bislang beschriebenen Rationalisierungsbemiihun
gen zugrunde lagen.
3.4.1 Priizise Ansiitze betrieblicher Arbeitsorganisation
Die bekanntesten derjenigen Ansatze, die konkrete und prazise MalSnahmen
zur Bewaltigung der Marktanforderungen beschreiben, haben sich unter den
Bezeichnungen Schlanke Organisation bzw. Lean Organization (WOMACK, JONES
& Roos 1991) oder Business Process Reengineering bzw. Business Reengineering
(CHAMPY 1995; HAMMER & CHAMPY 1994) etabliert. Beide Ansatze setzen auf
Effektivierungserfolge durch eine Fokussierung auf innerbetriebliche Wert
schdpfungsprozesse. In der Schlanken Organisation steht das Hierarchiegefiige
eines Bctricbes im Mittclpunkt, bcim Business Reengineering liegt def Fokus auf
den Funktionen und der Aufgabenverteilung. Mit dem Fraktalen Unternehmen
(WARNECKE 1993) und dem Virtuel/en (DAVIDOW & MALONE 1993) bzw. Gren
zenlosen (PICOT, REICHWALD & WIGAND 1996) Unternehmen werden weitere
Konzepte vorgestellt, die Weiterentwicklungen der erstgenannten darstellen.
"Es ist wohl nicht iiberzogen festzustellen, daIS Dezentralisierung damit im
Begriff steht, zu einem grundlegenden Leitbild organisatorischer Gestaltung
zu gerinnen. Die Entscheidungen betrieblicher Instanzen iiber die Reorganisa
tion von Untemehmens- und Produktionsstrukturen werden seit einigen Jah
ren davon nachhaltig gepragt. Offenbar gewinnt dieses Leitbild, ahnlich wie
friiher der Taylorismus, den Status einer ,Sachnotwendigkeit', die alternative
Ansatze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation 51
Losungen von vorneherein ausschlieBt oder doch zumindest unter betrachtli
chen Legitimationsdruck stellt. Damit verbunden ist fraglos eine Entlastungs
funktion betrieblicher Instanzen" (HIRSCH-KREINSEN 1996, S. 198). All die
genannten Konzepte setzen die Bemuhungen der ersten Rationalisierungs
wellen urn Dezentralisierung von Zustandigkeiten fort.
3.4.1.1 Lean Organization/ Schlanke Organisation
Mit ihrem Konzept der Schlanken Organisation beschreiben WOMACK, JONES &
ROOS (1990,1991) ein prazises Konzept der Optimierung betrieblicher Organi
sationsstrukturen. Dabei beziehen sie sich nicht nur - wie in den 70er und 80er
Jahren - auf die Optimierung der FlieBbandproduktion, sondern sie zielen auf
verschiedene Ebenen eines Industrieunternehmens (vgL auch WOMACK &
JONES 1997):
1. Schlanke Organisation auf der Fabrikebene: "Die echte schlanke Fabrik be
sitzt zwei Hauptorganisationsmerkmale: Sie ubertragt ein Maximum an
Aufgaben und Verantwortlichkeiten auf jene Arbeiter, die am Band tat
sachliche Wertschopfung am Auto erbringen, und sie hat ein System der
Fehlerentdeckung installiert, das jedes entdeckte Problem schnell auf seine
letzte Ursache zuruckftihrt" (WOMACK, JONES & Roos 1991, S. 125). Die Ar
beitsplatze in der Produktion sind also sowohl mit ausfuhrenden als auch
mit uberwachenden und korrigierenden Aufgaben ausgestattet. "Das ge
samte Fertigungssystem besticht durch eine groBe Ubersichtlichkeit. Die
Mitarbeiter haben Blickkontakt zueinander. Bei UnregelmaBigkeiten kon
nen sie schnell und flexibel reagieren" (WAGNER 1993, S. 6).
2. Schlanke Produktentwicklung: Dieses Prinzip der Konstruktion neuer Pro
dukte unterscheidet sich in den vier Bereichen Ftihrung, Teamarbeit,
Kommunikation und simultane Entwicklung fundamental von Massenproduzenten (WOMACK, JONES & RODS 1991, S. 144 ff.). 1m Bereich Ftihrung
mahnen sie eine uneingeschrankte Ftihrungsposition fur die Projektleitung
an, die die Autoritat des Entwicklungsvorgangs darstellt und alle Entschei
dungen in der Geschaftsleitung durchsetzen kann. Diese Position ist keine
Koordinations- oder Stabsstelle, sondern eine Aufstiegsposition. Das heillt,
sie wird mit Personen aus den wertschopfenden Bereichen besetzt und
nicht ManagementpersonaL Der Projektleiter stellt sich fur die Dauer des
Entwicklungsvorhabens ein Team aus verschiedenen Fachabteilungen zu-
52 Ansatze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation
sammen, die wiihrend der Projektlaufzeit dem Team zugeordnet sind, ohne
ihren Kontakt zur Fachabteilung aufzugeben. Der berufliche Erfolg der
Teammitglieder 5011 sich jedoch nicht im Erfolg in der Fachabteilung, son
dem iiber den Erfolg des Entwicklungsteams definieren.
3. Umfassende Kommunikation: 1m Gegensatz zu den Routinen der Massen
produktion, in der Probleme einzelner Projekte erst zu einem relativ spiiten
Zeitpunkt der Projektlaufzeit thematisiert werden, sol1 im schlanken Un
temehmen von Beginn an umfassende Kommunikation herrschen. Die An
zahl der beteiligten Personen ist zu Beginn des Projekts am hochsten, da
siimtliche Interessen gleich am Startzeitpunkt abgeglichen werden (vgl. S.
148).
4. Simultane Entwicklung: Die Idee besteht darin, dass hier siimtliche, fiir die
Herstellung des zu entwickelnden Produkts notwendigen Entwicklungs
schritte parallel, und zwar ab der Entwicklungsentscheidung erfolgen 501-
len. Das erschafft erhebliche zeitliche Vorteile gegeniiber einer
stufenweisen Entwicklung.
Der Grund fiir den Erfolg der Lean-Konzepte "kann darin gesehen werden,
dass Vorteile der Handwerksfertigung und der Massenfertigung eine Symbio
se eingehen, wobei die Nachteile beider Fertigungsverfahren vermieden wer
den" (ERF 1998, S. 20). Sie bieten eine regelrechte "Formel rur die ... so
dringend gesuchte ,fortschrittliche' Organisation (SCHUMANN, BAETHGE
KINSKY, KUHLMANN, KURZ & NEUMANN 1994b, s. 29), indem sie fiir das Ge
samtuntemehmen Dezentralisierung, Verantwortungsdelegation, Riicknahme
von Arbeitsteilung insbesondere zwischen planender und ausfiihrender Arbeit verfugen. Die Zustandigkeit fur die Gewahrleistung eines reibungslosen
Produktionsablaufes sowie fiir eine (rasche und flexible) Reaktion auf Veriin
derungen des Marktes soll moglichst nah am Produktionsprozess selbst lie
gen. Dadurch kann die mittlere Hierarchieebene - ihrer Uberwachungs
funktion entledigt - eingespart werden.
I mpliziertes Menschenbild
Mit der Aufhebung der Trennung von planenden und ausfiihrenden Tiitig
keiten wandelt sich das Bild, wie Beschiiftigte aus der betrieblichen Perspekti
ve gesehen werden. Sie sind nun nicht mehr Storfaktoren und Verweigerer,
Ansiitze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation 53
sondem tragende Saulen des Gesamtkonzeptes, die sich mit ihrem Untemeh
men und dem Ziel, dessen Marktfahigkeit zu verbessem, identifizieren und
innerhalb der Organisation eine zugewiesene Funktion iibemehmen. "Diese
Identifikation mit dem Ziel und dem Wettkampf macht den Funktionsbereich
zum systemischen Glied des Gesamtuntemehmens" (BUCK 1996, S. 105, Herv.
i.O.). Die Verinnerlichung des Marktprinzips und der Wettkampfidee £tir den
beruflichen Alltag ist der wesentliche Unterschied zu den bislang beschriebe
nen Organisationskonzepten, ohne die eine Implementierung eines standigen
Optimierungsstrebens nach dem Kaizen-Gedanken (vgl. HAHN 1996, S. 217)
keinen Sinn macht.
In dem MaBe, in dem nicht mehr prazise Arbeitsanweisungen gegeben wer
den, sondem Funktionell zugeteilt werden, indem die Zustandigkeit fiir Ent
scheidungen delegiert wird, in dem Mage steigt die Anforderung an das
Kompetenzprofil der Beschaftigten, die nunmehr verschiedene Handlungs
moglichkeiten erkennen und unter Beriicksichtigung moglicher Nebeneffekte
bewerten (konnen) miissen (vgl. HURRLE 1993, S. 175). Mit der Entscheidungs
delegation wird auch die Verantwortung fiir diese Entscheidungen delegiert,
was wiederum die Existenz realisierbar erscheinender Altemativen voraus
setzt. D.h. die Delegation von Verantwortung muss mit steigenden Freiheits
graden fiir die Beschaftigten in Entscheidungssituationen einhergehen, damit
iiberhaupt von Verantwortung gesprochen werden kann (vgl. hierzu HElD
1995b; 1999a).
Ziel des Konzepts der Schlanken Organisation, dessen wichtigste Merkmale in
Tab. 3.4 zusammengefasst sind, ist es, den Wechselfallen des Marktes und der
Unsicherheit in der Umgebung des Untemehmens mit einer iiberschaubaren,
aber robusten Organisation entgegenzutreten, die ihre Starke beispielsweise
durch eingespielte Gruppemoutinen gewinnt (vgL KOHL 1998, S. 47f£'). Die
Beschaftigten werden im Rahmen ihres Zustandigkeitsbereiches als Funktionsund Leistungstrager verstanden, die einen wesentlichen Teil zur Starke der Organisation nach augen hin beitragen.
54 Ansatze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation
Merkmale Schlanker Organisation Organisationsprinzip Dezentralisie~ung.
Leitidee Abbau von Hierarchien Arbeitsstrukturierung . Erweiterung der Aufgaben . Delegation von Entscheidungszustandigkeit und
Verantwortung an die wertschopfenden Prozesse Sicherheitsstrategie Dberschaubare und robuste Organisationsstruktur Menschenbild Beschaftigte als Funktions- und Leistungstrager ---
Tab. 3.4: Merkmale Schlanker Orgamsahon
3.4.1.2 Business Process Reengineenng
In def Naehfolge und Fortsehreibung der schlanken Ansatze betrieblieher Ar
beitsorganisation wurde ein neues Konzept entwickelt, das den Blick nieht
rnehr nur auf Teilaspekte, sondern auf die gesarnte Organisation von Betrie
ben riehtete. Wahrend bei der Verschlankung der Organisation die Geschafts
prozesse selbst nicht in Frage gestellt wurden, sondern das hierarehisehe
Gefiige der Betriebe effektiviert werden sollte, stellen die Reorganisationsan
satze des Business Reengineenngs sarntliehe Aspekte eines Betriebes, vor allern
jedoeh die Geschaftsprozesse in Frage (vgl. HAMMER & CHAMPY 1994, S. 31£.).
Die funktionale Arbeitsteilung soli iiberwunden werden und die Spezialisie
rung auf Aufgaben und Funktionen durch Abteilungsgrenzen durch die Imp
lernentierung iiberschreitender Geschaftsprozesse aufgehoben werden. Dabei
sollen nur solche Aktivitaten als Geschaftsprozesse realisiert werden, die fiir
Kunden werthaltig sind (vgl. GAITANIDES 1998, S. 370). CHAMPY (1997, S. 53)
fokussiert auf vier Kernfragen, die als Leitgedanken die Reorganisationsakti
vitaten eines Unternehmens leiten sollen:
• Was ist der Sinn und Zweck unseres Unternehrnens?
• Welche Unternehmenskultur wiinschen wir uns?
• Wie erledigen wir unsere Arbeit?
• Mit welchen Menschen wollen wir zusammenarbeiten?
Die liberwiegend auf Plausibilitatsniveau anzusiedelnden Ausfiihrungen von
Hammer und Champy weisen verschiedene Schwachpunkte auf: So lassen sie
die Frage vollig offen, welcher Personengruppe innerhalb des Betriebs Ent
scheidungsrecht bei der Festlegung der Kriterien zur Beantwortung dieser
Frage eingeraurnt wird und welcher nieht. Ungeklart bleibt zudem auch, was
genau unter Prozessen, denen die Aufmerksarnkeit zu schenken ist, zu verste-
Ansatze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation 55
hen ist und wie sie sich von anderen Geschehnissen abgrenzen lassen. Dar
iiber hinaus sind die Vorschlage auch nur wenig innovativ (z.B. die Vorgabe
des Ziels, Nacharbeiten zu vermeiden). "Sie haben die Eigenschaften von (1)
Visionen fiir neue Unternehmensstrukturen und, mangels theoretischer Fun
dierung, von (2) Kunstlehren" (DRUMM 1996, S. 8, Herv. i.O.). Der Erfolg dieses
Konzepts ist aber offensichtlich gerade seiner Plausibilitat zuzuschreiben, die
die Nachfrage nach Patentrezepten - wie auch schon die MIT-Studie zu Lean
Organization - bedient (vgL GAITANIDES 1998, S. 377).
Die zentrale Idee von Reengineering-Ansatzen besteht darin, dass Unterneh
men auf nur wenige Geschaftsprozesse beschrankt werden konnen. Aile Pro
zesse des Unternehmens sollen hinsichtlich ihrer Ausrichtung auf die
Kernaufgaben hin iiberpriift und gegebenenfalls ausgelagert werden. 1m Un
ternehmen verbleiben nur noch solche Aktivitaten, die in unmittelbaren Zu
sammenhang mit den Kernprozessen stehen. "Wesentliches strukturorien
tiertes Gestaltungselement ist die Zusammenfassung von zusammenhangen
den Arbeitsschritten entlang der ProzeBkette (,integrierte Prozesse')" (BETZL
1996, S. 48). Dabei werden jeweils mehrere einzelne Arbeitsschritte von Ein
zelpersonen oder von Teams erJedigt und es werden Selbstpriifungskonzepte
eingefiihrt, die eine reibungslose Koordination aller Prozesse und somit zu
einer Verkiirzung der Durchlaufzeiten beitragen sollen. Auch hier liegt eine
Zusammenfiihrung von Arbeit und Verantwortung vor, Entscheidungs
zustandigkeit und die Verantwortung ist an die ausfiihrenden Einheiten dele
giert. Die entsprechende Vorbereitung Beschaftigter auf diese Anforderungen
bezeichnen Hammer und Champy als "Empowerment" im Sinne von Bevoll
machtigung fiir weitreichende Entscheidungen und Unterstiitzung bei solchen
(vgL SIMON 2000, S. 212).
Die Ansatze des Business Reengineerings folgen also einerseits dem Prinzip der
Dezentralisierung von Verantwortung, andererseits zentralisieren sie gewissermaBen die betrieblichen Aufgaben und Arbeitsablaufe. So sollen auf der einen Seite die Vorziige von Dezentralisierung und Zentralisierung verkniipft
und gleichzeitig auf der anderen Seite die jeweiligen Nachteile vermieden
werden. Kern dieser Organisationskonzepte ist zum einen eine Beschrankung
der innerhalb des Betriebes zu erJedigenden Aufgaben (und im Zuge dessen
eine Auslagerung gewisser Aufgaben aus dem Zustandigkeitsbereich des Be
triebes) sowie zum anderen eine Neu- bzw. Umverteilung der verbliebenen
Aufgaben auf die Beschaftigten. Erreicht werden soil damit eine "intensivere
56 Ansatze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation
Markt- und Kundenorientierung, Entwicklung und Ausschopfung der Hihig
keiten und Potentiale der Mitarbeiter, Steigerung der Innovations- und Koope
rationsfahigkeit sowie Globalisierung der Produktion" (HIRSCH-KREINSEN
1995, S. 422).
Impliziertes Menschenbild
Der Ansatz des Business Process Reengineering bedient sich im Wesentlichen der
Prinzipien der Schlanken Organisation, wobei Iediglich der Fokus der
Verschlankung weniger auf den betrieblichen Hierarchien als vielmehr auf
den innerbetrieblichen Geschaftsprozessen Iiegt. Insofern liegt beiden Organi
sationskonzepten das gIeiche Menschenbild zugrunde. Wie schon in der
Schlanken Organisation beschrieben werden im Konzept des Business Process
Reengineering Beschaftigte nicht aIs StOrinstanzen, sondern als die Funktions
und Leistungstrager verstanden, denen fiir einen gewissen Aufgabenbereich
Verantwortung zugestanden werden kann und soIl, damit sie "vor Ort" Ent
scheidungen treffen, die zentraI nicht geregelt werden konnen.
Merkmale des Business Process Reengineering Organisations!:,rinzip Reorganisation Leitidee Prozessorientierung Arbeitsstrukturierung . Dezentralisierung von Verantwortung . Zentralisierung und Auslagerung von Aufgaben Sicherheitsstrategie Dberschaubare und robuste Organisationsstruktl1~ r-:--:--- --Menschenbild Beschaftigte als Funktions- und Leistwlgstr"-&.er
Tab. 3.5: Merkmale des BuslOess Process Reengmeenng
3.4.1.3 Fraktales Unternehmen
In einer konsequenten Weiterentwicklung des Reengineering-Gedankens stellt
WARNECKE (1993) mit seinem Konzept des Fraktalen Unternehmens eine Radi
kalisierung der Reorganisationsmodelle vor. Es sieht eine Abwendung von
Organisation nach Geschaftsbereichen hin zu einzelnen, sich aus der Ge
schaftstatigkeit ergebenden Fraktalen vor. Beschaftigte werden nicht mehr
ausschliefSlich als Trager von Funktionen betrachtet, sondern in ihrer Indivi
dualitat und ihrem Wissens- und Erfahrungshintergrund gesehen. "Aus
gangspunkt aller UberJegungen sind die Mitarbeiter. Sie sind
Hoffnungstrager und Potentiale eines Unternehmens. Bedeutende Leistungs-
Ansatze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation 57
faktoren sind die Qualifikation und die Motivation der Mitarbeiter. Ausge
hend vom Menschen als Mittelpunkt des Unternehmens mussen neue Werte
und Leitbilder geschaffen werden, die diese Betrachtungsweise untersrutzen"
(BETZL 1996, 5.49). Es handelt sich urn einen Ansatz, der Technik, Organisati
on und die Menschen als eigentliche Trager von Potenzialen integriert. Frak
tale sind dabei Teileinheiten des Unternehmens, die sich in Struktur und
Merkmalen sowohl untereinander als auch dem Gesamtunternehmen ahneln.
"Ein Fraktal ist eine selbstandig agierende Unternehmenseinheit, deren Ziele
und Leistung eindeutig beschreibbar sind.
• Fraktale sind selbstahnlich, jedes leistet Dienste.
• Fraktale betreiben Selbstorganisation: Operativ: Die Ablaufe werden mit
tels angepaBter Methoden optimal organisiert. Taktisch und strategisch: In
einem dynamischen ProzeB erkennen und formulieren die Fraktale ihre
Ziele sowie die internen und externen Beziehungen. Fraktale bilden sich
urn, entstehen neu und losen sich auf.
• Das Zielsystem, da sich aus den Zielen der Fraktale ergibt, ist wider
spruchsfrei und muB der Erreichung der Unternehmensziele dienen.
• Fraktale sind uber ein leistungsfahiges Informations- und Kommunikati
onssystem vernetzt. Sie bestimmen selbst Art und Umfang ihres Zugriffes
auf die Daten.
• Die Leistung des Fraktals wird standig gemessen und bewertet.
Das Fraktal wird somit zum zentralen Gestaltungselement im Unternehmen.
Dem unbefangenen Besucher wird sich die Fraktale Fabrik jedoch kaum zu
erkennen geben. 1hr Potentialliegt eher in inneren Werten, in der Unterneh
menskultur" (WARNECKE 1993, S. 152 f.). Die Arbeitsablaufe sind in Teams or
ganisiert, wobei es sich bei jedem Fraktal urn ein Unternehmen im
Untemehmen handelt. Es stellt insofern eine Weiterentwicklung der vorher
genannten Ansatze dar, als deren Prinzipien aufgegriffen werden, aber in ei
nem entscheidenden Gesichtspunkt radikalisiert werden, namlich der ge
schaftlichen Eigenverantwortung der Fraktale. Der Ansatz stellt also eine
Inkorporation des Untemehmergeists im Untemehmen dar. DRUMM (1996)
merkt in einem kritischen Beitrag an, dass zwar die Internalisierung der Un
temehmensidee und des Untemehmergeists Voraussetzung fur eine erfolgrei
che Implementierung dieses Ansatzes darstellt, es aber vollig unklar bleibt,
wie die einerseits nach wie vor gegebene Abhangigkeit von zentralen Ent-
58 Ansiilze und Konzeple betrieblicher Arbeilsorgarusation
scheidungen des Unternehmens zur Grundstrategien und innerbetrieblichen
Mittelverteilung in dies em System geldst werden soli und mit welchen Mitteln
und Wegen eine gemeinsame Unternehmenskultur innerhalb der Fraktale e
tabliert werden kann (vgl. S. 13).
[mplizierles Menschenbild
1m Sinne von PRIDDAT (2000b) besteht die Bewaltigungsstrategie fur die Unsi
cherheit im Unternehmensumfeld bei diesem Ansatz darin, diese in die Un
ternehmensstrukturen zu integrieren und diese Unsicherheit im Gefuge der
Fraktale abzubilden. Da diese jedoch selbstorganisiert Einheiten bilden und
auflosen, konnen Beschaftigte nicht mehr als Funktionstrager mit einem defi
nierten Zustandigkeitsbereich beschrieben werden, sondern sie sollen sich in
diesem Ansatz als Individuen einbringen, das Problem der in die Organisation
integrierten Urnfeldunsicherheit Ids en und somit die Organisation nach aufSen
hin reprasentieren. Beschaftigte werden in Fraktalen Unternehmen als Indivi
duen und Problemloser verstanden.
Merkmale eines Fraklalen Unternehmens Organisationsprinzip Aufsplitterung in verschiedene Unlemehmen im
Unlernehmen Leitidee Selbsliihnlichkeil im Sinne von Strukturredundanz C-c-· Ar bei Iss trukturierung . Selbslorgarusation in Teileinheiten . Identifikation rrtil Unlernehmenszielen ~heitsstrategie Abbildung der Unsicherheit im Untemehmen 'Mffis~henbild Beschiiftigte als Individuen und Problernltiser Tab. 3.6: Merkmale emes Fraktalen Unternehmens
3.4.1.4 Virluelles Unternehmen / Grenzenloses Unlernehmen
Wahrend die bislang besprochenen Konzepte stets - zumindest imp liz it - eine
strikte Trennung der Innen- und AufSenwelt eines Unternehmens vornehmen,
gehen DAVIDOW & MALONE (1993); LANGEVIN (1998); PICOT, REICHWALD &
WIGAND (1996) und PRIDDAT (2000a,b) explizit von der Auflbsung soleh tren
nender Strukturen aus und entwerfen Konzepte von Betrieben, die sich durch
tempo rare, sich mbglicherweise sogar spontan bildender Leistungsverbunde
auszeichnen. Derartige Unternehmen bilden nicht mehr notwendigerweise
eine materielle Einheit, sondern nur mehr eine virtuelle. "Herkomrnliche Un
ternehmensbegriffe ... erweisen sich der ErkHirung der Komplexitat eines vir-
Ansatze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation. ____________ 5_9
tuellen Unternehmens nicht mehr gewachsen. 1m Gegensatz zu diesen her
kammIichen Unternehmen, die auch noch als Objekte existieren, ist das virtu
elle Unternehmen zunachst ein auf Zeit angelegtes Netzwerk, um Fiihigkeiten
und Kompetenzen gemeinsam zu nutzen" (BETZL 1996, S. 54). Es ist nur
schwer maglich, im Geflecht von temporaren Netzwerkkooperationen ein klar
abgegrenztes Unternehmen zu definieren. "Von Veranderung oder Auflasung
der traditionell akonomischen Unternehmensgrenzen kann in den folgenden
Fallen gesprochen werden: Zum einen tritt sie ein, wenn die Unternehmung
im Rahmen der Leistungstiefenoptirnierung zunehmend vertikal desintegriert
und Standardleistungen kiinftig vom Markt bezieht. Zweitens kann von Auf
lasung der Unternehmung gesprochen werden, wenn durch den Einsatz von
Informations- und Kommunikationstechnik Standortgrenzen tiberwunden
und Btiroarbeitsplatze zu den Arbeitnehmern nach Hause verlagert werden.
Drittens kann man von der Auflasung der Unternehmung sprechen, wenn
durch unternehmensinterne (z.B. fehlendes Know-how oder Kapital) oder
unternehmensexterne Faktoren ... die Einbeziehung externer Dritter in origi
nare, d.h. spezifische und/oder unsichere Unternehmensaufgaben erzwungen
wird oder diese Einbeziehung freiwillig erfolgt" (PICOT, REICHWALD &
WIGAND 1996, S. 263 f.).
Grundlage soIcher Gebilde sind hochentwickelte Systeme des Informations
austauschs auf der technischen Seite und der Globalisierung auf der Seite der
Beschaffung und des Absatzes. Damit sie bestehen und funktionieren kannen,
bedarf es der Umstellung auf ein Geflecht von internen und tiber die Unter
nehmensgrenzen hinausreichenden Vertragen (PICOT, REICHWALD & WIGAND
1996, S. 275; PRIDDAT 2000a; SCHANZE 1991). Diese Konzepte rticken eine sys
temische Perspektive in den Vordergrund: Betriebe werden als ein (innerbe
triebliches) Netzwerk unterschiedlicher Organisationsformen im Kontext
anderer Organisationen (z.B. Zulieferbetriebe, Kunden) betrachtet. Ais wich
tigstes Element wird dabei jeweils die Beziehung der betrieblichen Netzwerke
zu den Kunden gesehen. Der Fokus dieser Ansatze liegt also nieht auf einem
nach innen gerichteten Blickwinkel, wie dies in den oben genannten Organi
sationskonzepten (CHAMPY 1995; HAMMER & CHAMPY 1993; WOMACK, JONES &
RoOS 1991) der Fall ist, sondern sie erweitern den originaren Zustandigkeits
bereich von Unternehmen nach auBen hin, indem (vor allem) die Beziehungen
zu den Kunden thematisiert werden. In einer radikalen Sichtweise kannte man
60 Ansatze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation
hier von einer Schnittstellenkonzeption sprechen, die eine Optimierung der
Austauschprozesse zwischen Organisationen und externen Systemen anstrebt.
Impliziertes Menschenbild
Die Beschaftigten spielen in diesen Ansatzen deshalb die wichtigste Rolle, weil
sie eben diese Schnittstellen reprasentieren: Der Kontakt von Betrieb und Zu
liefereinheit erfolgt in erster Linie tiber konkrete Personen, die ihren Betrieb
nach augen hin darstellen. Die Anforderungen an die Beschaftigten steigen
insofern, als sie einerseits ihr Unternehmen nach augen vorteilhaft reprasen
tieren sollen und zugleich andererseits die Nachfragesituation seitens der
Kunden erfassen und in die Gestaltung der betrieblichen Arbeitsorganisation
einbringen sollen. Damit riickt Vertrauen der Beschaftigten untereinander so
wie in das Unternehmen als zentrale Voraussetzung fUr eine Realisierung und
dauerhaft kundenorientierte Ausrichtung eines Virtuellen Unternehmens in das
Zentrum betrieblicher Entwicklungsbemtihungen (vgl. GARRECHT 1998, S.
119ff.). Wahrend die Veranderung der Anforderungen bei den erstgenannten
Organisationskonzepten, die eine Delegation von Entscheidungen moglichst
nahe an die Leistungserstellungsprozesse vorsehen, mit einer Erweiterung
oder Anreicherung der Arbeitsaufgaben (Job Enrichment bzw. Job Enlarge
ment) relativ konkret beschrieben werden kann, haben kundenorientierte
Konzepte bisher erst in abstrakter Form Eingang in Konzeptionen der Organi
sationsentwicklung gefunden (vgl. DRUMM 1996, S. 18f.; GAITANIDES 1998, S.
377ff.): Wir sind zwar Wissensriesen, aber Realisierungszwerge" (SATTEL
BERGER 1998, S. 34). Das verdeutlicht, dass die Beschaftigten als lndividuen
und Problemlbser angesehen werden, die £iir die ,)Jbersetzung" der abstrak
ten Anforderungen in konkretes Handeln zustandig sind.
Merkmale eines Virtuellenf Grenzenlosen Untemehmens Organisationsprinzip Temporare Kooperationen Leitidee Auflosung von Unternehmensgrenzen AIbeitsstrukturierung · Verteilte Kompetenz
· Projektarbeit
· Vertrauen Sicherheilsstrategie Temporare Auftragsabwicklung Menschenbild Bes-.0aftigte als Individuen und Problemloser Tab. 3.7: Merkmale emes Vutuellenf Grenzenlosen Unternehmens
Ansatze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation 61
Die in diesem Abschnitt erorterten Konzepte sind insofern prazise, als sie sich
klar auf die organisationale Ausgestaltung betrieblicher Arbeitsablaufe bezie
hen. Schrittweise werden neue Effektivierungs- bzw. Optimierungspotenziale
tiber Dezentralisierung von Verantwortlichkeiten, Btindelung von Aktivitaten,
Aufhebung hinderlicher organisationaler Restriktionen erschlossen. Deutlich
geworden ist die Wand lung der implizierten Menschenbilder: Beschaftigte
stellen nicht mehr die Storfaktoren betrieblicher Leistungserbringung, sondern
gerade die Leistungstrager dar, die nicht mehr ausschliefSIich als ausftihrende
Organe fungieren. Vielmehr tibernehmen sie weiter definierte Funktionen und
nehmen als Individuen die entscheidende Rolle bei der Bewaltigung von
Problemen ein.
1m folgenden Abschnitt stehen nun Konzepte im Mittelpunkt, die hinsichtlich
der Prazisierung der Beschreibung ihrer MafSnahmen hinter die eben behan
del ten zurtickfallen und eine Abwendung von der Idee der perfekten Organi
sationsgestaltung im Sinne eines "One-Best-Way" darstellen (vgl. KUHL 2000).
3.4.2 Vage Ansiitze betrieblicher Arbeitsorganisation
Eine Ende def 90er Jahre an Popularitat stark gewinnende Strategie der Un
ternehmensgestaltung bezog sich vor allem unter dem Schlagwort Lernende
Organisation (ARGYRIS & SCHON 1999; SATIELBERGER 1996; SENGE 1996) auf die
Konzentration der menschlichen Fahigkeiten innerhalb des Unternehmens.
"Man verspricht sich hinter diesem Emblem eine flexiblere Unternehmung in
einem zunehmend turbulenten Umfeld. Wenn der Weg, sich gegen aufSere
Veranderungen abzuschotten, keinen Erfolg verspricht, mufS die Alternative
gewahlt werden, selbst beweglicher zu sein und dem lebendigen Umfeld zu
ahneln" (GIDION 1996, S. 803). In diesen Ansatzen werden Instrumentarien
und Anforderungen jedoch nur sehr unscharf beschrieben, zumeist beschran
ken sich die Ausftihrungen darauf, nur das Ziel - eine lernende Organisation zu
werden - zum Konzept zu erheben. ARGYRIS & SCHON (1978) vermissen schon
sehr frtih ein klares Konstrukt ftir organisationale Lernprozesse, GE1J5LER
(1994) bemangelt an den Theorien zur lernenden Organisation diffuse bis feh
lende Vorstellungen von kollektiven Lernprozessen und be merkt, dass im
Rahmen dieser Ansatze allenfalls naive Vorstellungen eines Wissenszuwach
ses innerhalb einer Organisation forrnuliert wtirden (vgl. auch PRANGE 1999, S.
62 ---~~------
Ansatze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation
25ff.). Neben eben diffus konzipierten kollektiven Lemzuwachsen spielen in
diesen Ansatzen auch Vorstellungen von konkretistischen Lemerfahrungen
von Mitgliedem der Organisation eine Rolle, die ihre Wirkung auf das soziale
Gefiige ausiiben. Worin aber genau die Besonderheit einer lernenden Organisa
tion liegt, bleibt unklar (vgl. DEHNBOSTEL, ERBE & NOVAK 1996, S. 7f.). GEHlLER
& ORTHEY (1997) betonen, dass die Konzepte lemender Organisationen haufig
als Prozesse der Informationsverarbeitung und Wissensansammlung angelegt
sind und mit dem aus padagogischer Perspektive bedeutsamen Prozessen der
Reflexion von Lemerfahrungen und dem kritischen Umgang mit Lerninhalten
wenig Gemeinsames aufweisen. ApPELBAUM & GALLAGHER (2000) arbeiten in
einer Literaturrecherche den Stand der Theorieentwicklung zum organisatio
nalen Lemen auf und stellen verschiedene Ansatze einander gegeniiber (vgl.
S. 42f.)~ Bei aller Vielfalt in den Ansiitzen "zeigt sich jedoch dahingehend weit
gehende Einigkeit dariiber, organisationales Lemen nicht mit dem summati
yen individuellen Lemen aller Organisationsmitglieder gleichzusetzen,
gleichwohl aber zu unterstreichen, daB organisationale Lernprozesse auf indi
viduelle Lemprozesse abgewiesen sind" (PETERSEN 1998, S. 89f.). Daraus erge
ben sich die beiden Fragen, wie nun das Verhiiltnis organisationaler und
individueller Lemprozesse zu bestimmen ist und wie beide ermoglicht und
unterstiitzt werden konnen.
Je nach Autor werden unterschiedliche (Lern-)Schwerpunkte gesetzt, wie die
Auswahl der folgenden beiden Beispiele verdeutlicht. So entwirft SENGE
(1996) sein Konzept der fiinftcn Disziplin im Wesentlichen als Fiihrungsauf
gabe fiir das Management (vgl. SENGE 1999) mit den flinf Teiltechnologien
Systemdenken, Selbstfiihrung, Explikation mentaler Modelle, Entwicklung
einer gemeinsamen Vision und Team-Lernen. Die Integration dieser Techno
logien in einer Unternehmensfuhrung flihre im Resultat zu einer innovativen,
lernenden Organisation (vgl. SENGE 1996, S. 15). Als Disziplin will SENGE
(1996) "nicht eine ,erzwungene Ordnung' oder ein ,Mittel der Bestrafung',
sondern eine grundlegende Theorie und Methodik, die man lernen und be
herrschen muB, urn sie in die Praxis umsetzen zu konnen" (S. 20) verstanden
wissen. Senge propagiert also Managerfahigkeiten, die im Untemehmen ei
nerseits die Voraussetzungen fur organisationaies Lemen schaffen und ande
rerseits durch entsprechende Flihrung der Beschiiftigten Lernprozesse
angeregt werden. Insofern ist dieser Ansatz als "Top-Down-Ansatz" zu schen,
Ansatze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation 63
als Konzept also, welches von der Untemehmensleitung implementiert, ge
steuert und kontroIliert wird.
Einen anderen Ansatz stellen FEDER, BURGOYNE & BOYDELL (1994) vor, indem
sie in einer Mischung aus "eigenen spekulativen Vorstellungen" (5. 33),
Grundgedanken anderer Vordenker auf diesem Gebiet (z.B. ARGYRIS & SCHON
1978) und eigener Forschungstatigkeit einen Katalog von elf Kriterien fur ler
nende Untemehmen vorlegen, der folgende Elemente umfasst (vgl. FEDER,
BURGOYNE & BOYDELL 1994, S. 33f£.):
• Die Bildung von Strategien sind als Lemprozesse zu organisieren, indem
lehrreiche Experimente durchgefuhrt werden.
• Einfiihrung einer partizipativen Untemehmenspolitik, die allen Beschaf
tigten die Teilnahme an wichtigen Entscheidungen erlaubt.
• Es herrscht freier Informationsfluss.
• Es existiert ein formatives Rechnungs- und Kontrollwesen, das Lemen un
terstiitzen 5011.
• Alle Einheiten des Untemehmens verstehen sich als interne Kunden und
Lieferanten.
• Es herrscht ein flexibles Vergiitungssystem.
• Qualifizierende Strukturen unterstiitzen die personliche Weiterentwick
lung.
• Alle Beschaftigten haben Kontakte zum Umfeld des Untemehmens, urn
strategische Fruhaufklarung leisten zu konnen.
• Es findet ein durch Benchmarking eingeleitetes firmenubergreifendes Ler-
nen statt.
• Es existiert ein Lernklima, das Fehler erlaubt.
• Alle Beschaftigten haben Selbstentwicklungsmoglichkeiten.
Dieses Konzept ist nicht so stark als Fuhrungskonzept formuliert wie das von
Senge, sondern es stellt als "Bottom-Up-Ansatz" eine Mischung aus Organisa
tionselementen (z.B. Informationsfluss, Benchmarking) und Aspekten des
Umgangs miteinander (Fehlerkultur, Unterstiitzung) dar. Aber auch hier blei
ben die Anforderungen auf einer sehr abstrakten Ebene formuliert.
Eine nur wenig konkrete Ausformulierung der Ziele und Ma1Snahmen im
Rahmen soIcher Ansatze fuhrt zu Problemen, wei! dadurch eine Beliebigkeit
der konkreten Ausdeutung entsteht und somit einen Raum fur Verzerrung
aufgrund individueller Fehldeutungen eroffnet wird. Ohne eine allgemein
64 Ansiitze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation
geteilte Verstiindigungsbasis tiber abstrakte Anforderungen haben soIche Per
sonen, die tiber Entscheidungsbefugnis und innerbetriebliche Macht verftigen,
die Mbglichkeit, ihren Privatinteressen unter Bezugnahme auf nicht konkret
ausformulierte Anforderungen Geltung zu verschaffen (vgl. hierzu STRUCK
1998). Die Konkretisierungsarbeit stellt im betrieblichen Alltag offenbar noch
eine unerledigte Aufgabe dar: "Verbreitet ist die Praxis, diese Aufgabe auf
tibergeordneter Ebene in groBen Zusammenhiingen und Leitideen anzugehen.
Weniger gut entwickelt ist die Realisierung der - im Zusammenhang der ler
nenden Organisation erhobenen - Ansprtiche aus der konkreten Arbeit her
aus" (GIDION 1996, S. 803).
Impliziertes Menschenbild
Zentraler Kern dieser Ansiitze ist die Fokussierung darauf, dass Beschiiftigte
zum einen Wissenspotenzial einbringen und zum anderen ihr Wissen ausbau
en, also lernen kbnnen. Beschiiftigte werden als die zentrale Ressource be
trachtet, urn zuktinftige, nicht priizise antizipierbare Veriinderungen
bewiiltigen zu kbnnen. Indem Aufbau und Austausch von Wissensbestiinden
den Kern dieser vagen Ansiitze betrieblicher Arbeitsorganisation darstellen,
werden Beschiiftigte als lernende und soziale Subjekte gesehen.
3.5 Zusammenfassung
In diesem Kapitel wurden zuniichst die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen,
wie sie sich im VerIauf des 20. Jahrhunderts entwickelt haben, beschrieben
und mit den steigenden Kundenanspruchen und stetem Wandel die Heraus
forderungen dargestellt, denen sich Unternehmen heute am Markt zu stellen
haben. Es wurde argumentiert, dass Ansiitze betrieblicher Arbeitsorganisation
jeweils in Abstimmung auf das herrschende Markturnfeld entwickelt und
etabliert werden.
In drei groBen Abschnitten wurden die wichtigsten Epochen betrieblicher Ar
beitsorganisation skizziert. In einem groben Raster liisst sich erkennen, dass
die Konzepte in der vorgestellten Reihenfolge aufeinander aufbauen und zum
Teil Fortentwicklungen oder Verfeinerungen der Vorgiingerrnodelle darstel
len. Freilich sind die Konzepte Idealtypen betrieblicher Arbeitsorganisation,
Ansatze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation 65
die so in Reinform kaum vorfindbar sind. Auch ist es mbglich, dass ein Unter
nehmen in verschiedenen Teilbereichen nach unterschiedlichen Konzepten
organisiert ist.
Organisationskonzepte kbnnen u.a. als Reaktionen der Unternehmen auf An
forderungen des Marktes aufgefasst werden. Als Folge der wirtschaftlichen
Krise in den frilhen 70er Jahren und dem Scheitern der Vorstellung vollauto
matisierter Produktion setzten sich solche Organisationskonzepte durch, die
die Reglementierung der Arbeitstatigkeiten und die Arbeitsteilung zuruck
nahmen. Zunachst waren diese Restrukturierungsbemuhungen auf die Opti
mierung von Ablaufen beschrankt, wurden aber in den 90er Jahren auf die
originaren Strukturen und Prozesse der Unternehmen ausgedehnt. SchlieiSlich
wurden klare Grenzziehungen zwischen der Innen- und AuiSenseite von Un
ternehmungen in Frage gestellt.
Es herrscht ein Konsens in der bffentlichen Diskussion tiber zukunftstaugliche
Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation. Das kann als Indiz gewertet wer
den, dass die Praxis betrieblicher Arbeitsgestaltung zunehmend solchen An
satzen zu folgen versucht. 1m Zuge dessen kann davon ausgegangen werden,
dass sich die Arbeitswelt der Beschaftigten verandert. Wie gezeigt wurde, set
zen die neueren Konzepte auf die Delegation von Entscheidungsbefugnis und
Verantwortung mbglichst nah an die ausfilhrenden Tatigkeiten, so dass die
Bedeutung der individuellen Kompetenz Beschaftigter in den Vordergrund
rtickt.
4 Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter
Nachdem im dritten Kapitel die Entwicklung der Management- und Organi
sationskonzepte anhand ihrer wichtigsten Merkmale und Ansatzpunkte dar
gestellt wurde, 5011 in diesem Kapitel nun geklart werden, in welcher Weise
sich imZuge der Konzeptveranderungen die Anforderungen an die Beschaf
tigten gewandelt haben. In Abschnitt 4.1 wird gezeigt, dass nach den neuen
Organisationskonzepten die individuelle Kompetenz der Beschaftigten fiir die
Bewaltigung der Anforderungen von zentraler Bedeutung ist. Vor dem Hin
tergrund dessen, was in dieser Arbeit unter Kompetenz verstanden werden
solI (vgl. Kap. 2.1), wird deutlich, dass das betriebliche Bildungspersonal als
die £iir die Bereitstellung der entsprechenden Humanressourcen (verstanden
als die fiir die Ermoglichung individueller Kompetenzentwicklung) Verant
wortlichen vor anspruchsvollen Aufgaben steht. Es wurde bereits auf den Zu
sammenhang von KompetenzerschlieiSung als notwendige Voraussetzung £iir
die betriebliche Nutzung individueller Kompetenz Beschaftigter und die kon
krete Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen verwiesen (vgl. Kap. 2.2). Dar
aus ergibt sich eine enge Interdependenz von betrieblicher Organisations
entwicklung und betrieblicher Bildungsarbeit. Dieser Punkt wird im Abschnitt
4.2 genauer dargelegt. 1m Abschnitt 4.3 werden zwei gegensatzliche Positio
nen dargesteIlt, wie die Zunahme der Bedeutung individueller Kompetenz im
erziehungswissenschaftlichen Diskurs bewertet wird. 1m ersten Standpunkt
wird in der zunehmenden Ubereinstimmung von Zielen betrieblicher Ent
wicklungsbemtihungen einerseits und Zielen individueller Kompetenzent
wicklung Beschaftigter andererseits von der Konvergenz okonomischer und padagogischer Prinzipien gesprochen. 1m Kontrast hierzu steht der zweite Standpunkt, wonach die Giiltigkeit der Konvergenzthese bestritten wird, weil
betriebliche MaiSnahmen aller Art prinzipiell als Versuche der Effektivierung
der Arbeitsprozesse und somit Unterwerfung unter das okonomische Kalkiil gedeutet werden.
68 Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter
4.1 Veranderungen der Kompetenzanforderungen an Beschaftigte
Prograrnrnatische Kompetenzanforderungen an Beschaftigte sind vor allem
dadurch beeinflusst, nach welchen Strukturen und Konzepten Betriebe orga
nisiert und welche Formen betrieblichen Agierens etabliert sind (vgl. WOJDA &
WALDNER 2000, S. 16). Die neueren Organisationskonzepte unterscheiden sich
von den Vorgangeransatzen vor allem im zugrunde gelegten Menschenbild
und der Betrachtung von Funktion und Motivation der Beschaftigten.
4.1.1 Die Rolle Beschdftigter in den Vorgiingern moderner Organisationskonzepte
1m Licht tayloristisch-fordistischer Arbeitsstrukturen werden Beschaftigte
prinzipiell als Unsicherheitsfaktoren gesehen, die an einer urnfassenden Er
schlielSung ihrer Arbeitskraft kein Interesse haben. Folgerichtig setzen diese
Konzepte an der Eindammung der Unsicherheitsfaktoren an und reglementie
ren die Arbeitsschritte bis ins kleinste Detail in einer Weise, die Effektivitat
gerade durch eine haufige Wiederholung der Arbeitsschritte erzielt. Dabei
werden die Tatigkeiten so einfach zugeschnitten, dass Erfahrung oder Kom
petenz keine Rolle ftir die Qualitat der Leistungserbringung spielt. Taylo
ristisch-fordistische Ansatze postulieren eine Form von Arbeit, "die infolge
extremer Teilung und standiger Wiederholung minimale Anforderungen an
den Arbeiter stellt, wodurch dessen Anlernzeit auf ein Minimum reduziert
und der Arbeiter selbst austauschbar wird" (ULICH, GROSKURTH &
BRUGGEMANN 1973, S. 8). Moglich wird diese Form der Regulierung und Ar
beitsteilung durch die Trennung von planenden und ausftihrenden Tatigkeiten. "Diese augert sich im Taylorsystem in der Schaffung des Planungsbtiros,
dem alle vorbereitenden Aufgaben tibertragen werden und das dem Arbeiter
mit den Instruktionskarten bis ins letzte Detail die Arbeitsmethode vor
schreibt. Ein weiterer Aspekt der Arbeitsteilung, wie sie Taylor propagierte,
bestand darin, dass er Facharbeiter, die Maschinen zu bedienen hatten, von
Nebentatigkeiten wie Werkzeugschleifen entlastete und solche Aufgaben einer
spezialisierten Kraft z.B. im Werkstattraum tibertrug" (HEBEISEN 1999, S. 119).
Die zahlenmalSig tiberwiegende Mehrheit der Beschaftigten in solchen Struk
turen arbeitet also unter sehr restriktiven und die individuelle Kompetenz nur
minimal beanspruchenden Bedingungen (vgl. SCHARFENBERG 1993, S. 13). Die
Funktion der Beschaftigten besteht einzig und alleine in der Verausgabung
Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschilftigter 69
ihrer Arbeitskraft in den reglementierten AbHiufen. Dieses Verstandnis liegt
auch den Vertretern der Human-Relation-Bewegung zugrunde, indem bei
spielsweise Mayo die Beweggriinde seiner Arbeiten damit benennt, dass "die
Zusammenarbeit in einer industriellen Gesellschaft nicht dem Zufall iiberlas
sen bleiben kann" (MAYO 1945, S. 30), wobei er darnit ausdriicklich auch die
Kooperation von Beschaftigten in einem Industriebetrieb einschlieBt. Die Hu
man-Relation-Bewegung erweitert die tayloristisch-fordistischen Ansatze inso
fern, als sie ihre Beschaftigten als Personen im Kontext ihrer spezifischen
Lebens- und Erfahrungswelt, mit tiber die konkreten Arbeitsaufgaben hinaus
gehenden Bediirfnissen erfasst (vgl. GARDNER 1949, s. 168f£.), dabei aber stets
die Optimierung der Arbeitsschritte und Steigerung der Produktivitat an
strebt. Die solI mit der Anreicherung der gegentiber den fordistischen Arbeits
ablaufen kaum geanderten Produktionsstrukturen urn zwischenmenschliche
Belange erreicht werden, die aber keine Auswirkung auf die Funktion der Be
schaftigten in der Produktionslinie haben. Die Arbeitsorganisation im Sinne
der Human-Relation-Konzepte ist nicht vom Stand der individuellen Kompe
tenz der Beschaftigten abhangig und geht ebenfalls von der Vorstellung aus,
Beschaftigte k6nnten allenfalls tiber externale Anreize zur Arbeitsleistung
motiviert werden.
4.1.2 Die Rolle Beschiiftigter in den Ansiitzen der ersten beiden Rationalisierungswellen
Der ersten Rationalisierungswelle lag das Bemtihen zugrunde, monotone und
stupide Tatigkeiten auf Automaten zu iibertragen, somit menschliche Arbeits
kraft zu ersetzen, und zwar durchaus in einem Sinne, der als Humanisierung
der Arbeitswelt durch die Eliminierung der Notwendigkeit stupider Tatig
keitsausftihrung durch Menschen verstanden werden kann (vgl. HElD 1996a,
S. 22). Durch den Wegfall dieser Tatigkeiten sinkt - zumindest in den Augen
von Vertretern der Qualifizierungsthese (vgl. z.B. SENATSKOMMISSION FOR
BERUFSBILDUNGSFORSCHUNG 1990, S. 44ff.) - die Anzahl "primitiver" Tatigkei
ten und steigt der Bedarf an iiberwachenden und mit Geratewartung befassten
Tatigkei~en, die technisches Know-How sowie Wissen tiber die betrieblichen
Produktions- und Prozesszusammenhange erfordern. Vertreter der Dequalifi
zierungsthese hingegen bezweifeln gerade diesen Effekt der Automatisierung
der Produktion, indem sie darauf hinweisen, dass auch in der Oberwachung
70 Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter
von Produktionsmaschinen restriktive und eingeschrankte Tatigkeitsbereiche
zu sehen sind (vgl. DEUTSCHMANN 1989; FRERICHS 1992). Mit dem Zugestand
nis von uberwachenden und steuemden Tatigkeiten fur die ausfuhrenden
Produktionsbereiche wird das Paradigma der strengen Reglementierung un
tergraben, so dass die Funktion Beschaftigter nicht mehr ausschlief5lich in der
Ausfuhrung von RegelUitigkeiten gesehen wird. Es erfolgt eine Erweiterung
des Aufgabenspektrums dahingehend, dass die Beschaftigten nicht mehr nur
fur einen Arbeitsschritt zustandig, sondem neben der Bedienung der Maschi
nen auch noch flir die Oberwachung (und Korrektur) des Produktionsablaufs
verantwortlich sind.
Der Ausgangspunkt fiir die zweite Rationalisierungswelle ist in den Bemuh
ungen urn Produktdiversifikation zu sehen. Die Abkehr von den auf dauerhaft
unveranderten Produktionsstrukturen angelegten Organisationskonzepten
stellt Produktionsbetriebe vor die Herausforderung, Produktionsprozesse un
ter Aufwendung eines (aus okonomischer Sicht) vertretbar erscheinenden
Aufwands zu verandem. 1m Zuge dieser Rationalisierungswelle wird ein neu
er Weg eingeschlagen, der in die Rucknahme des hohen Grades an Arbeits
teilung fiihrt. Die Trennung von planenden und ausfuhrenden Aufgaben wird
insofem ein StUck weit zuriickgenommen, als die Planungsabteilungen den
Produktionsprozess nicht mehr bis in detaillierte Arbeitsschritte strukturieren,
sondem Komplettaufgaben an Arbeitsgruppen weitergeben, deren Aufgabe in
der Bearbeitung des Vorgangs unter dem Prinzip der Selbstkoordination und
Ausrichtung an den Rahmendaten (z.B. Zielvereinbarungen) besteht. Fur die
Mitglieder der Arbeitsgruppe erfolgt dadurch gegenuber den tayloristisch
fordistischen Strukturen zum einen eine Erweiterung ihrer bisherigen Aufga
ben (Job Enlargement) als auch eine Anreicherung ihrer Berufstatigkeit urn
soziale Aspekte, die im Rahmen der Selbstkoordination der Gruppe in den Be
rufsalltag Einzug halten. In den vorangegangenen Organisationssystemen
wurden Beschaftigte als Einzelpersonen im Produktionsprozess verstanden,
mit der Einfuhrung von Gruppenarbeit und der Riicknahme der Arbeitstei
lung beginnt sich ein teamorientierter Zugang durchzusetzen (vgl. KOHL &
KULLMANN 1999, S. 53f£'). Hier gewinnt die individuelle Kompetenz Beschaf
tigter an Bedeutung, die als "Bewaltigungsinstanz" der Produktionsprobleme
(das neue Paradigma: Effizienz und Individualitat, vgl. Kap. 3.2) betrachtet
wird, jedoch ohne Klarheit dariiber, ob und wie weit die Beschaftigten auf die
se Anforderung vorbereitet sind (kritisch hierzu z.B. FROHLICH 1992, S. 82). In
Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter 71
den Ansatzen der ersten beiden Rationalisierungswellen wird bereits die
Moglichkeit mitgedacht, dass Beschaftigte auch tiber intemale Faktoren Ar
beitsmotivation entwickeln k6nnen.
4.1.3 Die Rolle Beschiiftigter in den neuen Organisationskonzepten
In den neueren Konzepten wird die mit Einftihrung von Gruppenarbeit be
gonnene Tendenz der Rticknahme der Arbeitsteilung und Delegation von Ent
scheidungsbefugnis und Verantwortung weiter fortgesetzt. "Urn Prod uk
tivitatssteigerungen zu erzielen, gleichzeitig die Qualitat der Produkte zu
verbessem, Kosten zu minimieren und immer flexibler auf Marktveranderun
gen zu reagieren (bzw. diese zu antizipieren), erweist sich eine primar tech
nikzentrierte Modemisierungsstrategie als zunehmend ineffektiv.
Notwendig wird eine Umkehrung der traditionellen Rationalisierungslogik:
Hierarchien mtissen abgebaut, Entscheidungsprozesse dezentralisiert und ti
berzogene vertikale Arbeitsteilungen riickgangig gemacht werden .... Das Ma
nagement ist auf die autonome Lernfahigkeit, Entscheidungskompetenz und
Verantwortungsbereitschaft der Beschaftigten mehr denn je angewiesen"
(FRERICHS 1992, S. 255).
Urn dies differenzierter aufzeigen zu k6nnen, werden die im dritten Kapitel
vorgestellten neueren Konzepte dahingehend untersucht, welche Anforde
rungen sie an Beschaftigte implizieren und von welcher Bedeutung und
Tragweite die individuelle Kompetenz Beschaftigter gesehen wird.
4.1.3.1 Die Anforderungen praziser Organisationskonzepte
BETZL (1996, S. 57f£') stellt anhand der drei Dimensionen Organisation, Tech
nologie und Personal die wichtigsten Gestaltungsparameter der prazisen Organisationskonzepte einander gegeniiber, woraus sich programmatische
Anforderungen an Beschaftigte ableiten lassen. Anhand dieser Dimensionen
werden zunachst die Gemeinsamkeiten (siehe Tab. 4.1) und anschlief5end die Unterschiede (Tab. 4.2) der prazisen Organisationskonzepte diskutiert.
72 Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter
Lean Organization Fraktales
Virtuelles / und Business
Untemehmen Grenzenloses
Reengineering Unternehmen
Struktur- • Team · Team · Team orientierung • Flache Organisation · Flache Organisation · Flache Organisation
• Zielausrichtung · Zielausrichtung · Kundenorientierung
• Kundenorientierung
• Parallelisierung von AbIaufen
Technologie- • Informations- · Informations- · lnformations-orientierung technologie technologie technologie
• Transportsyst~me · Transportsysteme · Transportsysteme -·Personal- • Partizipation · Partizipation · Partizipation
orientierung • Delegation · Delegation · Delegation
• Qualifikation · Qualifikation · Qualifikation
• Betriebsklima · Betriebsklima
• Entgelt · Entgelt --1 abo 4.1: GememsamkeIlen m den Gestaltungsparametern prazlser Ansatze der
Arbeitsorganisation (vgl. BETZL 1996, S. 58)
Die wesentlichen Gemeinsamkeiten dieser Ansatze bestehen hinsichtlich ihrer
Strukturorientierung in ihrer flachen Organisationsstruktur und ihrer Aus
richtung auf Teamarbeit. In allen Ansatzen spielen Informationstechnologie
und Transportsysteme eine wichtige Rolle, was eine der wichtigsten techni
schen Voraussetzungen fur eine Internationalisierung und Globalisierung von
Beschaffungs- und Absatzmarkten darstellt. Sowohl hinsichtlich Struktur- als
auch Technologieorientierung ergeben sich erste Ruckschlusse auf die Be
deutung Beschaftigter sowie deren individueller Kompetenz. Die durchweg
teamorientierte Arbeitsorganisation sowie die Delegation von Entscheidungs
befugnis und Verantwortung als Folge flacher Hierarchien Whrt zu planenden
und ausfuhrenden Arbeitsaufgaben und je nach bestehendem Handlungs
und Entscheidungsfreiraum gewinnt die individuelle Kompetenz Beschaftig
ter mit steigenden Freiheitsgraden an Bedeutung - sowohl was die fachlich
inhaltliche Kompetenz betrifft, die die Grundlage fur sachkundige Entschei
dungen darstellt, als auch hinsichtlich sozialer Kompetenz, die fur die Regu
He rung von Gruppenprozessen bedeutsam ist. Gerade in besonders leistungs
fahigen Teams, die sich in ihren Kompetenzen erganzen und durch intensiven
Austausch von Information innerhalb der Gruppe und nach auEen hin ande
ren Gruppen gegenuber auszeichnen, spielen die einzelnen Gruppenmitglie
der als Individuen mitsamt ihrer individuellen Kompetenz eine sehr
Die Bedeutung individueller Kompe_t_cnz_B_e_sc_h_af_tI-'·gLte_r ____________ 7_3
bedeutende Rolle (vgl. PALONEN, HAKKARAINEN, TALVITIE & LEHTINEN in
Druck). So lasst sich feststellen, dass in allen prazisen Organisationsansatzen
der individuellen Kompetenz Beschaftigter ein hoher Stellenwert eingeraumt
wird, der zusatzlich in dem MaBe steigt, in dem auch innerbetriebliche Struk
turen nach dem Wettbewerbsprinzip aufgebaut sind und die Unsicherheiten
des Marktes abbilden.
Durch die allen genannten Ansatzen gemeinsame Ausrichtung auf die Infor
mations- und Transporttechnologien erweitert sich das Feld des Wettbewerbs,
dem lokale Untemehmenseinheiten ausgesetzt sind, auf die gesamte Welt
wirtschaft (vgl. DIE GRUPPE VON LISSABON 1996, S. 58f£'). Die Folge ist - neben
einer bkonomischen Verscharfung des Wettbewerbsdrucks - eine Erweiterung
des betrieblichen Handlungsrahmens auf intemationale und interkulturelle
Zusammenarbeit (vgl. THOMAS 2000, S. 52f.), deren Qualitat im Zuge anstei
gender Quantitat steigt und Beschaftigte mit zunehmend komplexen und
schwierigen Anforderungen konfrontiert (vgl. THOMAS 1999, S. 420).
Anhand der Dimension Personalorientierung lasst sich ein wei teres Indiz da
fUr anftihren, dass die prazisen Organisationskonzepte hbhere Anforderungen
an die Beschaftigten stellen als dies in tayloristisch-fordistischen Strukturen
der Fall war, denn zumindest in der Programmatik wird auf Partizipation,
Delegation und Qualifikation Wert gelegt. Dies ist als Begleitumstand zur
Riicknahme der Kontrolle und Regulierung innerbetrieblicher Ablaufe zu se
hen, die Beschaftigten Entscheidungen abverlangt, flir die sie in tayloristisch
fordistischen Strukturen nicht zustandig waren.
Trotz dieser Gemeinsamkeit unterscheiden sich hier jedoch die besprochenen
Ansatze in einem Gesichtspunkt: Wahrend bei den Ansatzen Lean Organizati
on und Business Reengineering eine Parallelisierung von innerbetrieblichen
Ablaufen bei der Strukturbildung ideenleitend wirkt, ist dies bei Fraktalen
bzw. Virtuellen/Grenzenlosen Untemehmen hinfallig, da es hier urn die Ver
dichtung auf kleine Einheiten geht. Lean Organization und Business Reengi
neering sind Ansatze, die jeweils in groBen Gesamteinheiten ihren
Ausgangspunkt nehmen und vor dem Problem einer e£fektiven Koordination
verschiedener Prozesse innerhalb des Betriebes stehen. Dort machen Eingriffe
in Betriebsablaufe Sinn, die durch Parallelisierung Stillstande vermeiden hel
fen. Die Delegation von Entscheidungsbefugnissen ist in diesen Konzepten
noch nicht so weit vorangeschritten, dass Einzeleinheiten vbllige Freiheit in
74 Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschiiftigter
der Disposition ihrer Ressourcen besaBen. Eine Parallelisierung setzt eine
zentrale Steuerungsinstanz voraus. Die individuelle Kompetenz Beschaftigter
spielt aber insofem eine Rolle, als sie in Hinblick auf mogliche Prozessopti
mierungen und Fehlerbeseitigung zum Tragen kommen solI. Diese Reorgani
sationstendenzen werden mit den Ansatzen des Fraktalen oder
Virtuellen/Grenzenlosen Untemehmens radikalisiert, indem dort auch unter
nehmerische Entscheidungen delegiert werden. Fragen der Koordination von
Arbeitsprozessen erubrigen sich ab der Stelle, an der das Uberleben am Markt
das letzte Prufkriterium fur die Bewertung von Untemehmensaktivitaten dar
stellt und somit die Unsicherheit des Marktes im Untemehmen abgebildet
wird. KOHL (1998) liefert eine systemtheoretische Interpretation dieser Organi
sationskonzepte, indem er auf die drei Dilemmata (a) der Untemehmens
identitat (Abgrenzung vs. Auflosung von Grenzen), (b) der Politisierung (Ab
bau von Hierarchien fOrdert informelle Machtstrukturen) und (c) der Komple
xWit (Komplexitatsreduzierung erzeugt neue Komplexitat) als
Grundprobleme der Ausgestaltung betrieblicher Arbeitsorganisation fokus
siert (vgl. S. 82f£'). Diese Probleme lassen sich nicht durch Regulierung von
Ablaufen losen, sondem KOHL (1998) schlagt als Losungsweg Deregulierung
vor und verweist auf das Prinzip der Selbstorganisation als Merkmal komple
xer Systeme (vgl. S. 124f£'). Demnach stehen die Beschaftigten vor der Anfor
derung, in ihrem betrieblichen Arbeitshandeln die in den genannten
Dilemmata abgebildete Unsicherheit fur sich selbst zu lOsen. Ein solches Or
ganisationskonzept lasst sich nur auf Basis eines hohen Grads an individueller
Kompetenz der Beschaftigten realisieren (vgl. KOPPERS 2000, S. 103ff.).
AbschlieBend lasst sich hierzu zusammenfassen, dass in den Ansatzen Lean
Organization und Business Reengineering die Personalorientierung aus dem
Grund auf die individuelle Kompetenz der Beschaftigten ausgerichtet ist, urn
innerbetriebliche Ablaufe vor dem Hintergrund einer uberschaubaren und
robusten Organisationsstruktur zu optimieren und uberflussige Prozesse zu
vermeiden. In den Konzepten des Fraktalen bzw. Virtuellen/Grenzenlosen
Untemehmens erfullt die individuelle Kompetenz der Beschaftigten nicht nur
Optimierungsfunktionen, sondem sie stellt eine notwendige Voraussetzung
dar fur die Losung komplexer, zunachst auch noch unscharfer Probleme vor
dem Hintergrund einer fluiden, d.h. sich nur in temporar tragenden Gerugen
abbildenden Organisationsstruktur.
Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter 75
Damit wurde die Diskussion der Gemeinsamkeiten der priizisen Organisati
onskonzepte abgeschlossen und bereits in eine Erorterung der Unterschiede
eingetreten, die in Tab. 4.2 zusammengefasst werden:
Lean Business Fraktales Organization Reengineering Unternehmen
Organisati- • Dezentralisie- · Reorganisati- • Aufsplitterung · onsprinzip rung on
Leitidee • Abbau von · Prozessorien- • Selbstahnlich- · Hierarchien tierung keit im Sinne von Struktur-redundanz
Arbeitsstruk- • Aufgabener- · Dezentralisie- • ldentifikation · turierung weiterung rung von Ver- mit Untemeh-
• Delegation antwortung rnenszielen · · ZentraJisie- · rungund Auslagerung von Aufgaben
Sicherheits- • Uberschaubare · Uberschauba- • Abbildung der · strategie undrobuste re und robuste Unsicherheit Organisations- Organisati- im Unterneh-struktur onsstruktur men ... .. Tab. 4.2: Unterschlede In den Gestaltungsparametem prazlser Ansatze der
Arbeitsorganisation (vgl. Kap. 3)
Virtuellesf Grenzenloses Unternehmen
Temporare Kooperationen
Auflosung von Untemeh-mensgrenzen
Verteilte Kompetenz Projektarbeit
Vertrauen
Temporare Auftragsab-wicklung
Die Unterschiede dieser Organisationskonzepte lassen sich anschaulicher
thematisieren, indem die Ansatze kontrastiv und gedanklich als Abfolge dar
gestellt werden. Somit lassen sich dann Obergiinge zwischen den Ansiitzen
konstruieren, an denen deren Unterschiede deutlich werden. Eine Analyse der
programmatischen Anforderungen an Beschiiftigte soll dann im Abschnitt 4.2
eine Beschreibung der Anforderungen an die betriebliche Bildungsarbeit er
moglichen. Die Untersuchung der betrieblichen Anforderungen soll unter ei
ner spezifisch piidagogischen Betrachtungsweise erfolgen, wonach betriebliche Anforderungen zwar "Indikatoren, Resultate oder Mittel huma
nitiiren, sozialen und qualifikatorischen Fortschritts ... ebenso oft und ebenso
sehr Symptom und Ergebnis defizitiirer, restriktiver oder verfehlter Gesell
schafts-, Wirtschafts- und Bildungspolitik" sein konnen (HElD 2000, S. 290).
"Wo HumanisierungsmafSnahrnen und konkrete Menschen zum blofSen Mittel der Produktivitiitssteigerung ,werden', verlemen sie <die Beschaftigten, Anm.
C.H.>, sich als Subjekte der Definition und Erfiillung individueller und be-
76 Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter
trieblicher Zwecke zu begreifen und zu betatigen" (ebd., S. 293). Es solI bei der
Bewertung der programmatischen Anforderungen darum gehen, ob sie einer
individuellen Kompetenzentwicklung Beschaftigter insofern fbrderlich sind,
als sie die Voraussetzungen und Mbglichkeiten optimieren, an der Zweckbe
stimmung und Mittelwahl betrieblichen Handelns mitzuwirken (vgl. HElD
1999a, S. 243).
Mit dem Konzept der Lean Organization wird die detaillierte Festlegung des
hochgradig arbeitsteilig strukturierten Produktionsprozesses aufgelbst zu
gunsten dezentraler, zumindest formal teilautonomer, Komplettaufgaben be
arbeitender Arbeitsgruppen. Die Zustandigkeit, Entscheidungen zu treffen
und Probleme zu ibsen, werden (zumindest in Teilen) von den leitenden
Funktionen innerhalb der Organisation in die Arbeitsgruppen hinein verscho
ben. Die Verantwortung ftir die Leistung liegt damit formal-organisatorisch
ebenfalls bei den Teilgruppen selbst. Durch diese Verschiebung werden die
mittleren Hierarchieebenen tiberfitissig, die in tayloristisch-fordistischen
Strukturen tiberwiegend Kontrollaufgaben zu tibernehmen hatten. Durch die
ses Abfiachen des Hierarchiegeftiges sind nun auch in den ausflihrenden Ta
tigkeiten planerische, dispositive Aufgaben zu bewaltigen. Die
Anforderungen an die individuelle Kompetenz der Beschaftigten steigt in dem
MaBe, in dem von den Beschaftigten Planungsentscheidungen cingcfordert
werden. Wie weit diese Anforderungen als kompetenzfbrdernd eingeschatzt
werden kbnnen, ist zunachst einmal davon abhangig, wie weit in den Ent
scheidungssituationen realisierbar erscheinende Handlungsalternativen zur
Verftigung stehen. Deren Existenz ist einerseits Voraussetzung daftir, dass Be
schaftigte ihre individuelle Kompetenz bei der Abwagung und Bewertung der
Alternativen einsetzen kbnnen, andererseits aber auch Voraussetzung daftir,
dass von Verantwortung der Beschaftigten gesprochen werden kann (vgl.
HEID 1995a). Dartiber noch hinausgehend ist die Fbrderung der individuellen
Kompetenz davon abhangig, wie weit Beschaftigte die Qualitat ihrer Ent
scheidung - gemessen an ihrem Erfolg - bewerten und dadurch ihre Kompe
tenz auch im Diskurs mit anderen konsolidieren kbnnen.
"Das Ziel der Komplettbearbeitung von Auftragen bringt in aller Regel eine
erhebliche Erweiterung.der fachlichen Anforderungen an die Gruppenmit
glieder mit sich. Sie brauchen in der Planungsphase, vor Beginn der eigentli
chen Gruppenarbeit, einen Uberblick tiber vor-, neben- und nachgelagerte
Arbeitsschritte in der ProzeBkette der Auftragsbearbeitung. Diese ist nbtig, urn
Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter 77
auf die Gestaltung der Gruppenaufgabe wirksam und situationsangemessen
EinfluB nehmen zu konnen. Wichtiger Bestandteil der Gruppenarbeit ist eine
hohere Flexibllitat der Mitarbeiter innerhalb der Gruppen. Sie ergibt sich dar
aus, daB jeder Mitarbeiter angemessen viele Arbeitsgange oder Einzelaufga
ben innerhalb der Gruppe beherrscht. Hierfur miissen die Gruppenmitglieder
entsprechend qualifiziert werden" (KOHL & KULLMANN 1999, S. 53).
Es ist naheliegend, dass als Folge des Abbaus von Reglementierungen Frei
heitsgrade im VolIzug der Arbeitstatigkeiten entstehen und dass die (im Sinne
des Untemehmens) sinnvolle Nutzung dieser Freiheitsgrade von den Kom
petenzen der Beschaftigten abhangig ist, und zwar je starker ein Abbau an
Vorschriften erfolgt. Und genau darauf zielen die Autoren und Protagonisten
dieser Organisationskonzepte ab: "Die Uberlegenheit von Gruppenarbeit ge
geniiber vorwiegend auf Einzelarbeit beruhenden Formen der Arbeitsorgani
sation zeigt sich iiberall dort, wo das rasche, effiziente, ,eingespielte'
Zusammenwirken von unterschiedlichen Qualifikationen und personlichen
Kompetenzen unter unklaren Rahmenbedingungen erforderlich ist. Mit ande
ren Worten: Uberall dort, wo es darum geht, unter unsicheren oder wechsel
haften Voraussetzungen eine spezifische, komplexe, nur begrenzt
standardisierbare Leistung zu erbringen, erweist sich die Gruppenarbeit als
iiberlegen, wenn die damit verbundenen Potentiale an Effizienz und guten
Arbeitsbedingungen voll ausgeschopft werden" (KOHL & KULLMANN 1999, S.
113).
Zwar scheint diese Bewertung gegen Kritik immun zu sein, well eine Operati
onalisierung der vollen Ausschopfung von Potenzialen kaum zu leisten ist
und sinngemaB ein Verfehlen der Uberlegenheit als ein Verfehlen der Voraus
setzungen interpretiert werden miisste. Aber sie verweist auf personliche
Kompetenzen als Problemlose-, nicht (primar) als Erfiillungsinstanz und un
klare Rahmenbedingungen, die sich gerade im Fehlen klarer Richtlinien und
Handlungsvorgaben niederschlagen. Insofem scheint eine Tendenz zur Forde
rung der Selbststandigkeit und individueller Kompetenz gegeben zu sein.
Mit der grundlegenden Reorganisation betrieblicher Prozesse auf Basis einer
prinzipiellen Uberpriifung aller Aktivitaten auf Wertschopfung stellt der An
satz des Business Reengineerings ein fiir die Arbeitsorganisation folgenreiche
Weiterentwicklung des Verschlankungsansatzes dar. Die Idee, auf solche Ge
schiiftsaktivitaten zu fokussieren, in denen die spezifi;>chen Starken eines Un-
78 Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter
temehmens und seiner Beschaftigten liegen, wertet diese auf und ftihrt dazu,
dass einerseits die Teamarbeit weiter verstarkt wird und die Aufgaben mehr
Generalisten als Spezialisten erfordem: "Die Stelleninhaber sind ,Generalis
ten'; ihr Aufgabenfeld ist umfangreicher als bisher. Sie verfiigen tiber ein
breites Fachwissen, bearbeiten die Auftrage vollig autonom, entscheiden selb
standig und wickeln jeden Auf trag selbst ab" (WEIDNER & FREITAG 1998, S.
146£.), wobei jedoch Unterstiitzung durch zentrale Expertenteams angefordert
werden kann. Da die nach einer Reorganisation im Untef!1ehmen verbleiben
den Einheiten in der Regel als Cost- oder Profit-Center geftihrt werden, erge
ben sich zusatzliche Anforderungen an Beschaftigte vor allem dadurch, dass
eine Disposition des Abteilungsbudgets eingeraumt wird und die Teileinhei
ten ihre Leistungen in Konkurrenz mit anderen erbringen mtissen (vgl.
FRIEDRICH 1996, S. 988). Wenn die Annahme als realistisch geteilt wird, dass
auch Entscheidungstrager in Profit-Centem nur in begrenztem Ma15e tiber
grundsatzliche, das gesamte Untemehmen betreffende Fragen (mit) zu ent
scheiden haben, dann erwachst die Anforderung, sich "urn die Verwirkli
chung der intrapersonalen Voraussetzungen zur ErfiiIlung jeweils
vorgefundener, nur hochst unsicher prognostizierbarer Anforderungen ... zu
bemtihen" (HElD 1992, S. 109), d.h. die individuelle Kompetenzentwicklung
gegentiber den betrieblichen Belangen zu domestizieren. Eine soIche Diskre
panz zwischen der proklamierten Autonomie bei der Auftragserledigung und
versteckter Domestizierungstendenz kann nicht als glinstige Voraussetzung
individueller Kompetenzentwicklung angesehen werden. Dem ist jedoch ent
gegenzuhalten, dass Generalisten in der Regel bessere Chancen auf Partizipa
tion an betrieblichen Entscheidungen besitzen dtirften als soIche Personen, die
auf eng begrenzten Gebieten hohe Kompetenz besitzen.
Wahrend beim Business Reengineering aIle Geschaftsaktivitaten hinsichtlich
ihrer Wertschopfungskraft ftir den Endkunden auf dem Prtifstand stehen,
wird im Ansatz des Fraktalen Untemehmens ein (ktinstlicher) Markt im Un
temehmen geschaffen, indem die einzelnen Untemehmenseinheiten als eigen
standige Untemehmen im Untemehmen interpretiert werden. Das stellt
gegentiber der Einftihrung von Profit-Centem keine Neuerung dar, neu ist
jedoch, dass die Fraktale zusatzlich als eigenstandige Einheiten auf dem offe
nen Markt agieren. Au15erdem andert sich mit der Formulierung des An
spruchs der Strukturredundanz und Selbstahnlichkeit die Qualitat der
Anforderungen an die Beschaftigten. Es gilt hier noch starker, dem Druck des
Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter 79
Marktes standzuhalten, gleichzeitig wird die zentrale Steuerung durch die
Untemehmensleitung auf ein Minimum reduziert, was die Gestaltungsmbg
lichkeiten der Beschaftigten erhbht. Voraussetzung ist jedoch, bei der Antizi
pation von (auch intemen) Kundenbedurfnissen ausreichenden Erfolg zu
erzielen, der den bkonomischen Fortbestand der eigenen Stellung gewahrleis
tet. Durch eine Reduzierung von innerbetrieblichen Schnittstellen erweitem
sich die Grenzen des Aufgabenbereichs eines Fraktals gegenuber fruheren An
satzen, wodurch der Autonomiegrad und der Entscheidungsbereich steigt -
allerdings vor dem Hintergrund der Offnung des Untemehmens fur den
Wandel und die Unsicherheit des extemen Marktes. Indem die Beschaftigten
nun die Schnittstelle zwischen dem Untemehmen und dem Umfeld darstellen,
gelten sie aul5erhalb der Betriebes als dessen Reprasentanten und gewinnen
so mit als individuelle Persbnlichkeit (die es zu entwickeln und in ihrer Kom
petenz zu fbrdem gilt) an Bedeutung (vgl. WARNECKE 1993, S. 193ff.).
Eine vollstandige Zerschlagung herkbmmlicher Organisationsstrukturen voll
zieht sich in dem Ansatz des Virtuellen bzw. Grenzenlosen Untemehmens.
Dieses "ist nicht mehr durch klare 5trukturen und abgegrenzte Leistungen
definiert, sondem erscheint fliel5end, durchlassig und standig wechselnd in
den Grenzen, und zwar zu Lieferanten, Kunden und der eigenen, internen
Struktur" (WEIDNER & FREITAG 1998, S. 137). Die Integration bestandigen
Wandels in das Arbeitsfeld resultiert in der Fokussierung der Personalent
wick lung und -fuhrung auf Kompetenzentwicklung und Motivation der Be
schaftigten (vgl. BRAUN 1996, S. 138f£'). Es erfolgt eine vbllige Abwendung von
formalen Prinzipien der Arbeitsstrukturierung (wie z.B. die Definition von
Zustandigkeiten) hin zu dem informellen Prinzip Vertrauen. So gewinnen FIe
xibilitat, 5elbststandigkeit und Verantwortungsbereitschaft der Beschaftigten
an Bedeutung. FRERICHS (1992) nennt dies eine 50zialintegration von Beschaf
tigten in den Betrieb zum Zwecke der umfassenden Mobilisierung menschli
cher Ressourcen (vgl. S. 255), die nicht auf physische Arbeitskraft beschrankt
ist, sondem auch geistige Arbeitskraft umfasst. Mit der Hinwendung zu Vir
tuellen/Grenzenlosen Untemehmen wird eine weitere Neuerung eingefuhrt.
Wahrend in den ubrigen drei Ansatzen Kompetenz zu bundeln versucht wird,
setzt das Virtuelle/Grenzenlose Untemehmen gerade auf verteilte Kompeten
zen, die sich in einer temporaren Kooperation ohne langfristige vertragliche
Verpflichtungen zusammenfinden und ein gemeinsames, aus der Marktnach
frage hervorgehendes Projekt bearbeiten. So wird die Kompetenz einer Einheit
80 Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter
- also auch individuelle Kompetenz der Angehorigen dieser Einheit - zum
zentralen Identifikationsmerkmal, das fur den Eintritt in Kooperationen ent
scheidend ist. Kompetenz avanciert so zum zentralen Erfolgsmoment inner
betrieblicher Aktivitaten. Die Bildung temporarer Projektgruppen stellt
Beschaftigte zunehmend vor Fuhrungsaufgaben, da sie nicht nach regulierten
Verfahren gebildet werden. Sie werden vielmehr auf Initiative von Einzelper
sonen ins Leben gerufen, die dann (zumindest in der fruhen Projektphase)
auch die Leitung des Projektes llbernehmen.
Die Analyse der programmatischen Anforderungen praziser Organisations
konzepte lasst sich wie folgt zusammenfassen: In all diesen Ansatzen betrieb
licher Arbeitsorganisation wird der individuellen Kompetenz Bedeutung
zugemessen, wobei die Ansatze des Fraktalen und Virtuellen/Grenzenlosen
Unternehmens als Radikalisierung der Schlanken Organisation und des Busi
ness Reengineerings angesehen werden konnen. 1m Rahmen von Lean Orga
nization und Business Reengineering weicht die Trennung von Kopf- und
Handarbeit deren Integration, "der Hand-Werker wird zum Kopf-Werker"
(SCHELTEN 1995, S. 265). Die Beschaftigten stehen "als der Schltissel zur Pro
duktivitat" (BOsENBERG & METZEN 1992, S. 20). Das Potenzial individueller
Kompetenz liegt in diesen Ansatzen auf der Ebene des operativen Manage
ments (zur Dreiteilung operatives, strategisches und normatives Management
vgl. z.B. RUSCHE 1993, S. 19f£.) und zielt im Wesentlichen auf eine Optimierung
der Ablaufe in robusten Strukturen. In den beiden anderen Konzepten ruckt
die individuelle Kompetenz in die Betrachtungsperspektive des strategischen
Managements und avanciert zu einem "strategischen Erfolgsfaktor fur Unter
nehmen" (MEYER-DOHM 1990, S. 6). Durch die Integration der Unsicherheit des Marktes in die Unternehmensstrukturen werden die Beschaftigten mit
komplexen Problemen konfrontiert. Urn hierfur eine gute Voraussetzung zu
erfullen, muss die individuelle Kompetenz der Beschaftigten - verstarkt durch
die fehlende Prognostizierbarkeit zukunftiger Problemstellungen und Anfor
derungen - auf breiter Basis gefordert und entwickelt werden. Die Ansatze des
Fraktalen und Virtuellen/Grenzenlosen Unternehmens implizieren diese auf
langfristige Entwicklung individueller Kompetenz angelegte Perspektive.
Ausgeblendet werden jedoch prograrnmatische Richtlinien fur Problernfalle,
in denen langfristige trberlegungen individueller Kompetenzentwicklung und
kurzfristige Marktentwicklungen konfligieren.
Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter 81
Die Aufwertung individueller Kompetenz im Rahmen der beschriebenen Or
ganisationskonzepte kulminiert insbesondere in den Anforderungen an Be
schaftigte, durch Selbststandigkeit, Flexibilitat und Verantwortungsbereit
schaft die Voraussetzungen fUr eine Umsetzung der Organisationskonzepte
bereitzustellen. Dies gilt im Falle des Virtuellen/Grenzenlosen Untemehmens
zusatzlich fur Fuhrungskompetenz. Diese vier Anforderungen werden im
weiteren Verlauf im Rahmen der empirischen Untersuchung aufgegriffen.
Die besprochenen Modelle betrieblicher Arbeitsorganisation beschreiben Kon
zepte, Untemehmensstrukturen unter einer organisational-strukturellen Per
spektive an Entwicklungen im Umfeld des Untemehmens anzupassen. Einen
anderen Zugang bieten die Ansatze, die von lemenden Organisationen spre
chen.
4.1.3.2 Die Anjorderungen vager Organisationskonzepte
Als lemende Organisation wird eine solehe bezeichnet, "die sich standig an
dert, weil die Mitarbeiter ermuntert werden, standig Anderungen und Anpas
sungen vorzunehmen. Eine lernende Organisation ... konzentriert sich darauf,
Wissen zu schaffen, zu erwerben und zu ubertragen sowie das Verhalten dem
Wissen entsprechend zu andern" (FRIEDMAN, HATCH & WALKER 1999, S. 168).
Die Lemen oder Wissenserwerb thematisierenden Ansatze wurden im dritten
Kapitel gerade dbhalb als vage bezeichnet, weil sie zwar ein Ziel benennen,
aber bezuglich konkreter MaBnahmen und Instrumente der Zielerreichung
abstrakt, unklar und theoretisch diffus verbleiben. Somit stehen Beschaftigte
auch hier vor dem Problem, unscharfen Anforderungen gerecht werden zu
mussen. Verscharft wird dieses Problem zusatzlich dadurch, dass Beschaftigte
als Adressaten unklarer Kompetenzanforderungen normalerweise keinerlei
Einfluss auf die Bedingungen der Kompetenzverwertung besitzen, da diese in
der Regel auBerhalb des Wirkbereiches ihres Arbeitshandelns bestirnrnt wer
den (z.B. Kunden, Markt, Untemehmensleitung).
Andererseits sehen Praxisleitfaden fur die Umsetzung lemorientierter Organi
sationsansatze (z.B. PROBST & B(ICHEL 1994) Verfahrensweisen und Regelun
gen vor, die zum einen Moglichkeiten und Freiraume fUr Prozesse der
Kompetenzentwicklung eroffnen und zum anderen verschiedene Dimensio
nen von Lemprozessen und deren Interdependenz berucksichtigen (vgl. Abb.
4.1).
82 Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter
I Die lerndende Organisation I
Kunde~ .... Olitik
/,--------~==~--------~
Konkurrenten
Vedi.nderung des gesamten des gesamten in der Organisation verftigbaren Wissensbestandes • Offentlichkeit
Abb. 4.1: Dimensionen einer lemenden Organisation (vgl. PROBST & BOCHEL 1994, S. 63)
Das abgebildete Konzept impliziert die Veranderung des organisationalen
Wissensbestandes im Zusammenhang mit Veranderungen aus dem Unter
nehmensumfeld. Berucksichtigt werden sowohl individuelle als auch soziale
Lernprozesse sowie Lernen von und in weiterer Folge tiber Multiplikatoren.
Zur Unterstiitzung der intendierten Lernprozesse erfolgt die Speicherung und
Dokumentation der Lernerfahrungen in verschiedenen Speichersystemen.
Damit umfasst obiges Konzept Gesichtspunkte, die gemeinhin unter "Wis
sensmanagement" im Rahmen von Wirtschaftsunternehmen diskutiert wer
den (z.B. FREIMUTH 1997; WILLKE 1998). In ihrer Gesamtheit ergeben diese vier
Dimensionen des Lernens ein Konzept organisationalen Lernens, das die Nut
zung der ProblemHisekapazitaten der Beschaftigten ermoglichen sol! (vgl.
WILDEMANN 2000, S. 325ff.), worin die zentrale Herausforderung von Unter
nehmen auf rasch sich verandernden Markten gesehen wird (vgl. z.B.
BERRYMAN & BAILEY 1992, S. 10ff.; KOHL 1998, S. 35ff.; LESGOLD 1997, S. 167). In
der fehlenden Klarheit der Vorhersage zuktinftiger Anforderungen liegt be
grtindet, dass in Programmatiken lernender Organisationen die Forderung
eines moglichst breiten Kompetenzspektrums der Beschaftigten angestrebt
wird und dass ein umfassender Austausch von organisationalen Wissensbe
standen ermoglicht werden sol!.
Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter 83
4.1.4 Ergebnis des Abschnitts 4.1
Alle neuen Ansatze betrieblicher Arbeitsorganisation sind dadurch gekenn
zeichnet, dass sie Beschaftigten in hohem MafSe Entscheidungen und Verant
wortungsbereitschaft abfordern und sich in diesem Zusammenhang auf deren
individuelle Kompetenz stiitzen. Je starker formal die Steuerung durch Zent
ralstellen im Unternehmen zuriickgenommen wird, desto eher erhalten Be
schaftigte formal die Miiglichkeit, die Zwecke und Mittel ihres beruflichen
Handelns mitzubestimmen. Dass schlieglich soIche Ansatze an Attraktivitat
gewinnen, die organisationales Lernen proklamieren, kann als Indiz dafiir in
terpretiert werden, dass in den Unternehmensleitungen diese Mitbestimmung
(aus welchen Dberlegungen heraus auch irnmer) akzeptiert und intendiert
wird und daraufhin Versuche erfolgen, die Basis fUr diese Mitbestimmung,
namlich die Entwicklung individueller Kompetenz, sicherzustellen.
Generell sind die Anforderungen "in modernen Arbeitsprozessen durch er
hiihte kognitive und kommunikative Anspriiche, durch eine zunehmende
Entkopplung von Arbeits- und Produktionsprozeg, durch erhiihte FIexibilitat,
Mobilitat und Effizienz sowie durch hiihere Arbeitsintensitat und neue Kon
trollformen gekennzeichnet" (DEHNBOSTEL, ERBE & NOVAK 2001, S. 11). Es
werden schlecht vorhersagbare, sich permanent wandelnde Situationen be
schrieben, mit denen sich Beschaftigte irn Arbeitsalltag konfrontiert sehen.
Dabei wird von ihnen erwartet, die Situationen adaquat, d.h. iikonomisch
effizient, zu bewaltigen. Die Folge ist, dass sich keine konkreten Qualifikati
onsanforderungen an Beschaftigte formulieren lassen, wei! der permanente
Wandel solche Anforderungen schnell wieder in Frage stellt. Je enger eine
Kompetenzanforderung in Zusammenhang mit vorfindbaren Erfordernissen
am Arbeitsplatz formuliert ist, desto griiger wird die Gefahr ihrer Entwertung
durch aktuelle Entwicklungen im Beschaftigungssystem (vgl. HElD 1996, S.
20). In den 70er Jahren formulierte MERTENS (1974) sein Konzept der Schliis
selqualifikationen unter ahnlichen Bedingungen der Unscharfe sich abzeich
nender zuktinftiger Qualifikationsanforderungen. In jiingerer Zeit wird in
bi!dungspolitischen und berufspadagogischen Zusammenhangen dazu iiber
gegangen, bei der Beschreibung der Anforderungen an Beschaftigte auf das
Konzept beruflicher (Handlungs-)Kompetenz zuriickzugreifen, weil damit
diese Unscharfe verschleiert und die Verantwortung fiir die Bewaltigung der
84 Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter
Anforderungen den Beschaftigten zugeschrieben werden karm (vgL DREXEL
2001).
Die in Kap. 2.1 festgelegte Arbeitsdefinition dient ebenfalls als Hilfskonstrukt
zwischen den nicht naher beschreibbaren Anforderungen einerseits und dem
flir deren Bewaltigung relevanten Blindel an Fahigkeiten und Fertigkeiten Be
schaftigter andererseits. Drexels Unterstellung, den Beschaftigten durch Ver
wendung des Kompetenzbegriffs die (aUeinige) Verantwortung fiir die
Bewaltigung der Anforderungen zuzuschreiben, greift flir die Arbeitsdefiniti
on nicht. Derm es wurde ein Begriffsverstandnis eingeflihrt, das die Verant
wortung flir erfolgreiche Kompetenzentwicklung und -anwendung explizit
den organisationalen Rahmenbedingungen sowie den Beschaftigten gleicher
mafien zuschreibt.
Deutlich wurde in diesem Abschnitt, dass aber gerade durch die unscharfen
Anforderungen Beschaftigte mit Erwartungen hinsichtlich der Bewaltigung
von Problemen konfrontiert werden, die liberaus komplex sind. Es wurde
darauf hingewiesen, dass die Anforderungen insbesondere in Bezug auf Flexi
bilitat, Selbststandigkeit, Verantwortungsbereitschaft und zum Teil Fiihrungs
kompetenz kulminieren. Die entsprechende individuelle Kompetenz gilt es im
betrieblichen Kontext durch betriebliche Bildungsarbeit zu entwickeln und zu
fordern. Die im dritten Kapitel und in Abschnitt 4.1 vorgenommene Unter
scheidung der Ansatze darf nicht darliber hinweg tauschen, dass in der Reali
tat Mischformen dieser Ansatze vorzufinden sind, da diese Ansatze jeweils
unterschiedliche Perspektiven auf den gemeinsamen Betrachtungsgegenstand
darstellen. Eine Unterscheidung der Konzepte macht dermoch Sirm, da eine
explizite Entscheidung einer Unternehmensleitung, einen Betrieb beispielsweise als lernende Organisation zu gestalten, einerseits Rlickschllisse auf de
ren Wertschatzung individueller und organisationaler Lernprozesse zulasst.
Andererseits ist allerdings damit nicht ausgeschlossen, dass Teile des Betriebs
in Gruppenarbeit oder schlank organisiert sind.
4.2 Konsequenzen fur die betriebliche Bildungsarbeit
Die Ermoglichung organisationalen Lernens erfordert - darin stimmen Exper
ten im Rahmen urnfassender Untersuchungen des Bundesinstituts flir Berufs
bildung liberein - "neue Sozialformen des Lernens, insbesondere funktions-
Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschiiftigter 85
und hierarchietibergreifende Lernprozesse", die flir die betriebliche Bildungs
arbeit Probleme sowohl auf der individuellen Ebene der Beschaftigten als auch
auf der Ebene der Organisation der Arbeit im Betrieb darstellen (NOVAK 2001,
S. 104). Wie zu zeigen sein wird, kann sich Bildungsarbeit nicht allein auf eine
der beiden Ebenen beschranken, sondern muss im Fokus sowohl auf die indi
viduelle als auch die organisationale Ebene gerichtet sein. Deshalb werden im
Folgenden eine individuelle und eine organisationale Perspektive beschrieben.
Urn die mit betrieblicher Bildungsarbeit intendierten Ziele erreichen zu kon
nen, mtissen auch organisationale Voraussetzungen erfullt sein, die wiederum
an konkrete Individuen gebunden sind. Demnach ist die betriebliche Bil
dungsarbeit als eine Einheit von Personal- und Organisationsentwicklung zu
betrachten.
4.2.1 Individuelle Perspeknve
Unter der individuellen Perspektive werden diejenigen Aspekte erortert, die
mit individuellen Lernprozessen als Teilaspekt des Kompetenzerwerbs Be
schaftigter zu tun haben. Die Ermoglichung individuellen Kompetenzerwerbs
kann in betrieblichen Kontexten entweder in zentralisierter Form - damit sind
organisierte MaiSnahmen betrieblicher Weiterbildung gemeint - oder in dezent
ralisierter Form - also arbeitsnah - erfolgen. Aus padagogischer Sicht ist diesc
Unterscheidung deshalb von Bedeutung, weil arbeitsplatznahe Formen indi
viduellen Kompetenzerwerbs in der Regel den Verwendungszusammenhang
der zu erwerbenden Kompetenz auf die Bedingungen des Arbeitsplatzes £0-
kussieren. Dezentralisierte Formen individuellen Kompetenzerwerbs sind
eher so angelegt, den Verwendungszusammenhang weiter als auf einen spezi
fischen Arbeitsplatz auszurichten. Es wird gezeigt werden, dass die organisa
tionalen Bedingungen eines Betriebes einen entscheidenden EinfIuss auf den
Erfolg der Ermoglichung individuellen Kompetenzerwerbs haben.
4.2.1.1 Zentralisierte Form individuellen Kompetenzerwerbs: Betriebliche Weiterbildung
Befunde aus der Weiterbildungsforschung zeigen eine Tendenz zur Privatisie
rung der Verantwortung ftir die eigene Bildungsbiographie: Betriebe ziehen
sich aus der Finanzierung von BildungsmaiSnahmen flir ihre Beschaftigten zu-
86 Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter
nehmend zuriick (vgl. z.B. BUCHTER & HENDRICH 1998, S. 31; HENDRICH 2000,
S. 40) und jeder hat fiir die Entwicklung und Verwertung der eigenen Kom
petenzen zu sorgen (vgl. die Einfiihrung des Begriffs von "Arbeiter
/ Angestelltenuntemehmem" beispielsweise bei PRIDDAT 1999, S. 133; VOG
2001, S. 155). Trotzdem kann man nicht davon ausgehen, dass sich Betriebe
viillig von der Organisation (Planung, Durchfiihrung oder Finanzierung) von
BildungsmalSnahmen abwenden. Diese Annahme begrundet sich zum einen
daraus, dass nicht prinzipiell von einer Ubereinstimmung von betrieblichem
Kompetenzbedarf und individuell geplanten und gestalteten Bildungsbiogra
phien ausgegangen werden kann. Deswegen besteht in der Regel ein Ergan
zungsbedarf des innerhalb eines Betriebs vorfindbaren Kompetenzbestands,
der auf betriebliche Anforderungen zuriickzufiihren ist und nicht in Zusam
menhang mit individuellen Zielvorstellungen steht. Zum anderen ist es un
wahrscheinlich, dass dieser Erganzungsbedarf ausschlielSlich iiber
Rekrutierung auf dem externen Arbeitsmarkt gedeckt wird, u.a. weil die Per
sonalauswahl Kosten verursacht und somit Aufwendungen fiir BildungsmalS
nahmen giinstiger sein kiinnen als Rekrutierungskosten.
Wenn hier von betrieblicher Weiterbildung die Rede ist, so sind damit all die
jenigen BildungsmalSnahmen gemeint, die Yom Betrieb finanziert, organisiert
oder durchgefiihrt werden. Damit werden also auch exteme BildungsmalS
nahmen erfasst.
Die im dritten Kapitel beschriebenen Organisationskonzepte und die Rah
menbedingungen betrieblicher Bildungsarbeit - technische Entwicklung,
Marktbedingungen, gesellschaftliche Wertorientierung (vgl. HARTEIS 2000a, S.
8ff.; PICOT, REICHWALD & WIGAND 1996, S. 3ff.) - skizzieren Bedingungen, die
der individuellen Kompetenz Beschaftigter - und sornit auch der betrieblichen
Bildungsarbeit - hohe Bedeutung beimessen. Die entscheidende Besonderheit
von betrieblicher Weiterbildung ist, dass sie eine Dienstleistung fur zwei ver
schiedene Kunden erbringt, namlich fiir die Lemenden auf der einen Seite und
fiir die Betriebe als Finanzierungs- und Verwertungsinstanz auf der anderen
Seite. Die entscheidenden Konsequenzen fur die betriebliche Bildungsarbeit
lassen sich auf drei Aspekte fokussieren: (1.) Konsequenzen angesichts be
trieblicher Kosten-Nutzen-Abwagungen, (2.) Konsequenzen angesichts indi
vidueller Kosten-Nutzen-Uberlegungen sowie (3.) Konsequenzen angesichts
veranderter betrieblicher Rahmenbedingungen.
Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter 87
Zu (1.): Betriebliehe Bildungsausgaben werden gemeinhin als Investitionen in
die Humanressoureen eines Unternehmens verstanden (vgl. BARDELEBEN &
BEleHT 1996, S. 23). Diese Ansicht impliziert, dass Bildungsausgaben nur in
Erwartung von (maglichst konkreten) Nutzenmomenten (Return of Invest)
geUitigt werden. Daraus folgt, dass betriebliehe Bildungsarbeit in ihren Resul
taten an betriebswirtsehaftliehen MaJSstaben gemessen wird. Die Entseheidung
dariiber, wann der Nutzen betrieblieher Bildungsausgaben von Bildungsver
antwortlichen und Vorgesetzten (vor dem Hintergrund der von ihnen als
maJSgeblieh angesehenen Zweeke) als ausreiehend groB gewertet wird, hangt
neben Rahmenbedingungen, auf die Besehaftigte keinen Einfluss haben (vgl.
hierzu HElD 1996a), davon ab, wie gut die Lernenden die Lerninhalte gelernt
haben (Lemerfolg). Uberdies hangt diese Entscheidung jedoeh von den Mag
lichkeiten der Lernenden ab, das Gelemte nutzbringend in den Betrieb einzu
bringen. Als weiterer - nicht minder problematischer - Gesichtspunkt spielt bei
dieser Entseheidung die Messlatte bzw. das Bewertungskriterium der ent
scheidenden Person eine Rolle, die urnso mehr Maglichkeiten hat, ihr Kriteri
urn intransparent zu halten, je haher sie in der betrieblichen Maehthierarehie
angesiedelt ist. Dass dabei akonomisehe Kalkiile zum Tragen kommen kan
nen, die aus padagogiseher Sieht hachst fragwiirdig sind, wurde von HARTEIS
(1998) herausgearbeitet. Das betriebliehe Bildungspersonal hat dabei nur di
rekten Einfluss auf die Qualitat der Lehre als eine Determinante des Lerner
folgs.
Die Aufgabe betrieblieher Bildungsarbeit besteht darin, die fiir die Bewalti
gung der betriebliehen Aufgaben und Anforderungen notwendige Kompetenz
Beschaftigter zu gewahrleisten. GemaJS der Merkmale der neueren Organisati
onskonzepte und der sich abzeichnenden akonomisehen und technisehen
Entwicklungen besteht die wesentliehe Herausforderung fiir Betriebe glei
chermaJSen wie fiir Beschaftigung in der Bewaltigung sich stetig verandemder
Bedingungen. Diese sind kaum prognostizierbar, so dass eine Fokussierung
betrieblieher Bildungsarbeit auf konkrete Spezialfertigkeiten wenig aussichts
reich erscheint, sondern vielmehr die Entwicklung und Farderung der abs
trakten Fahigkeit Beschaftigter zur Lasung komplexer Probleme eine
giinstigere Voraussetzung zur Lasung nicht absehbarer Problernstellungen
darstellt. Insofern steigt die Nutzenerwartung 2aus Sieht des Untemehmens
dann, wenn die Lehr-Lern-Bedingungen den Beschaftigten ein ideales Umfeld
die Entwicklung komplexer Problemlasefahigkeiten bieten.
88 Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter
Zu (2.): Befunde der Weiterbildungsforschung haben gezeigt, dass die Teil
nahme an BildungsmaBnahmen von (positiven) individuellen Abwagungen
des antizipierten Nutzens und des falligen Aufwands durch Beschaftigte ab
hangt. Nicht nur die Betriebe als Entsendeinstanzen kalkulieren ihre Bil
dungsausgaben, sondern auch die Beschaftigten sehen ihren individuellen
(materiellen und immateriellen) Aufwand ftir Bildungsarbeit als Investition
(vgl. z.B. GALLEN BERGER 2002; STENDER 1996). Es kann also davon ausgegan
gen werden, dass Beckers allgemeine Theorie der Okonomie menschlichen
Verhaltens (BECKER 1993) auch ftir die Teilnahme an betrieblichen Bildungs
malSnahmen gilt und daher auch Beschaftigte in der Erwartung eines konkre
ten Nutzens an WeiterbildungsmaBnahmen teilnehmen oder nicht.
Nutzenerwartungen beziehen sich dabei auf die Erreichung beruflicher Ver
besserungen, Vermeidung von Verschlechterungen oder auf die Anpassung
an Veranderungen (vgl. KUWAN, GNAHS, KRETSCHMER & SEIDEL 1996, S. 80).
Damit dies jedoch realisierbar erscheinen kann, muss folgende Bedingung er
Wilt sein: Es muss ein Transfereffekt erwartet werden, und zwar mindestens
ein horizon taler oder gar ein vertikaler, d.h. die Lernenden mtissen nach Be
endigung der BildungsmaBnahme - verglichen mit vorher - tiber erweiterte
Kompetenz verftigen, indem sie das Gelemte erfolgreich anwenden kbnnen
(horizontaler Transfer) oder durch die Anwendung des Gelernten noch eine
weitere Steigerung ihrer Kompetenz (vertikaler Transfer) erfahren (vgl.
MANDL, PRENZEL & GRAsEL 1992). Beschaftigte stellen solche Transferannah
men in der Regel auf Basis ihrer individuellen Erfahrung mit der Teilnahme
an (vergleichbaren) WeiterbildungsmaBnahmen an.
Zu (3.): Die Realisierung einer Teilnahme an WeiterbildungsmaBnahmen
hangt aber auch von Gegebenheiten ab, die mit den BildungsmaBnahmen in
keinem direkten Zusammenhang stehen (vgl. FRIEBEL 1993). Urn berufliche
Verbesserungen zu erreichen, muss das berufliche Umield entsprechende Op
tionen zur Verftigung stellen. Dies ist umso unabsehbarer, je langer Bildungs
maBnahmen andauem. Denn gerade Organisationskonzepte wie das Virtuelle
oder das Fraktale Unternehmen setzen auf temporare Kooperationsstrukturen,
das Virtuelle Untemehmen gar auf eine sinkende Bedeutung langerer Kon
trakte. Folglich sind zum Zeitpunkt des Eintritts in eine (langer andauernde)
BildungsmaBnahme die nach ihrem Abschluss vorfindbaren Gegebenheiten
nur schwer antizipierbar.
Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter 89
An dieser Stelle wird die immense Bedeutung der Struktur betrieblicher Ar
beitsorganisation offensichtlich. Akzeptiert man die Auffassung, wonach die
Teilnahme an Weiterbildung mit konkreten Nutzenerwartungen verbunden
ist, dann gentigt streng genommen noch nicht einmal die Tatsache, dass die
Realisierung der Verwertung (Melioration) des Gelernten nach Abschluss der
Bildungsmaf5nahme gegeben ist, vielmehr muss den Beschaftigten diese Mog
lichkeit vor Beginn der Maf5nahme absehbar erscheinen (vgl. ICKING 2000).
Dies scheint nur in einer Form der Arbeitsorganisation gewahrleistet zu sein,
in der eine rigide Orientierung an kurzfristigen Verwertungsoptionen einen
nur geringen Stellenwert einnimmt und in der die individuelle Kompetenz
Beschaftigter ein Kreativitatspotenzial darstellt. Eine solche Orientierung ent
sprieht in etwa dem, was ScHEIN (1995) Merkmale einer lernenden Kultur als
eine (von mehreren) Grundlage lernender Organisationen beschreibt, namlich
eine pragmatische Anschauung tiber Wesen der Wahrheit und Wirklichkeit
(vgl. S. 297£'), die eine Kategorisierung in richtiges vs. falsches, gutes vs.
schlechtes Wissen nicht zulasst. Aus heutiger Sieht ist namlich kein Urteil dar
tiber abzugeben, welches Wissen und welche Kompetenzen fUr die Bewalti
gung zuktinftiger, nieht prognostizierbarer Problemstellungen tauglich bzw.
untauglich ist. Insofern ist eine Dichotomisierung von individueller Kompe
tenzentwicklung in brauchbar und unbrauchbar nicht zu vertreten.
4.2.1.2 Dezentralisierte Form individuellen Kompetenzerwerbs: Lemen am Arbeitsplatz
Die dezentralisierte Form individuellen Kompetenzerwerbs durch Lernen am
Arbeitsplatz ist eine direkt von der betrieblichen Arbeitsorganisation abhangi
ge Komponente, denn das Angebot an Lerngelegenheiten im Arbeitsprozess
hangt von der Problernhaltigkeit der Arbeitsaufgaben abo Die lasst sich als
Kontinuum denken, dessen erstes Ende durch einfache, repetitive Arbeiten, das andere hingegen durch Aufgaben- und Problemstellungen gepragt ist, de
ren Losung eine anspruchsvolle und komplexe Tatigkeit darstellt. "Arbeit
verliert seinen repetitiven Charakter und wird lernwirksam, wenn es gelingt,
auch strategische Momente in die Arbeit einzuftihren" (BENTELER 1995, S. 29f.,
Grammatikfehler i.O.)
"Die Besonderheit betrieblicher bzw. dezentraler Lernorte im Arbeitsprozef5
gegentiber tiblichen Arbeitsplatzen besteht darin, daB zusatzlich zur Arbeits-
90 Die Be~eutung individueller Kompetenz Beschaftigter
infrastruktur eine Leminfrastruktur besteht, so in Form von Ausstattungen,
Lemmaterialien, multimedialer Lemsoftware und gezielt hergestellten koope
rativen Arbeits-Lem-Gruppen" (DEHNBOSTEL 2001, S. 182). Es ist klar, dass es
sieh hierbei lediglieh urn eine perspektivisehe Unterseheidung handelt: Ar
beits- und Leminfrastruktur sind nieht notwendigerweise als physikaliseh ge
trennte Objekte gedaeht, sondem gemeint ist damit der Zugriff auf alle am
Arbeitsplatz verfiigbaren Ressoureen sowohl zu Arbeits- als aueh zu Lemzwe
eken.
Derartige Lemgelegenheiten lassen sieh innerhalb der Arbeitsorganisation
grundsatzlieh entweder direkt im Wertsehopfungsprozess oder parallel zu
diesem eimiehten. Schon aile in diese Feststellung maeht die Bedeutung der
Arbeitsorganisation fiir die Ermogliehung von dezentralisiertem Kompetenz
erwerb deutlieh. Es bedarf der expliziten Entseheidung der Untemehmensfiih
rung und der Einfiihrung entsprechender MaBnahmen, urn Lemgelegenheiten
in die Organisation zu integrieren. Laut DEHNBOSTEL (2001, S. 182) erwies sich
bezogen auf untersehiedliehe Lemgelegenheiten eine Unterseheidung des
Begriffs "dezentrales Lemen" in drei versehiedene Lemformen als sinnvoll: ,---
Arbeitsgebundenes Arbeitsort und Lernort (im engeren Sinn) sind Lernen identisch
Arbeitsverbundenes Lernart und Arbeitsplatz sind zwar voneinander ge-
Lernen lrennt, aber es besteht eine arbeitsorganisatorische und direkte raumliche Verbindung
Arbeitsorientiertes Arbeits- und Lernort slehen in keiner raumlichen oder Letnen arbeitsorganisatorischen Verbindung
1 abo 4.3: Formen dezenlralen Lemens (vgl. DEHNBOSTEL 2001, S. 182)
Arbeitsorientiertes Lernen findet in Institutionen auBerhalb des Betriebs statt,
es zahlt zu den zentralisierten Formen individuellen Kompetenzerwerbs und
ist in einer Form angelegt, den Verwendungszusammenhang der zu entwi
ekelnden Kompetenz nieht allein auf die Bedingungen am Arbeitsplatz auszu
riehten. Arbeitsverbundenes Lemen verlauft parallel zum Wertsehiipfungs
prozess, arbeitsgebundenes Lemen ist Bestandteil des Wertsehiipfungs
prozesses. Ais dezentralisierte Formen individuellen Kompetenzerwerbs £0-
kussieren sie im Gegensatz zu zentralisierten Formen auf die konkret vorfind
baren Bedingungen am Arbeitsplatz.
Lehr-Lem-Arrangements parallel zum Wertschiipfungsprozess sind Einrieh
tungen wie Lemstatt, Leminsel, Qualitatszirkel und Projektgruppen, die ihren
Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter 91
Ursprung zum Teil schon in den 70er Jahren haben (vgl. ANTONI 1996;
DEHNBOSTEL, HOLZ, NOVAK & SCHEMME 2001, S. 7). Projektgruppen und Qua
litatszirkel verfolgen allerdings nur in zweiter Linie Lernzwecke, da es in Pro
jektgruppen zunachst und vorrangig um die Abwicklung eines Vorhabens
geht und bei Qualitatszirkeln in der Regel um die Verbesserung von Prozessen
der Abwicklung von Arbeitsvorgangen. Lernstatt und Leminsel sind hingegen
MalSnahmen, deren vorrangiges Ziel es ist, Lemprozesse zu ermoglichen (vgl.
DEBENER & SIEHLMANN 1992, S. 279f£'). Damit hangt zusammen, dass in diesen
Kontexten a priori ein fur Lemprozesse notwendiger Freiraum vorgesehen ist,
der sich beispielsweise im Fehlen eines unmittelbaren Produktivitatsdrucks
niederschlagt. Produktionsprozesse, die aus dem herkommlichen Wertschop
fungsprozess ausgelagert sind, unterliegen nicht der normalen Arbeitstaktfre
quenz. AulSerdem ist kompetenter Rat fur Ruckfragen verfugbar und die
Moglichkeit, Fehler zu begehen, ist vorgesehen, damit entsprechende Konse
quenzen fur die Lemenden anschaulich nachvollziehbar sind. Auffallig ist je
doch, dass solche Lehr-Lem-Arrangements hauptsachlich in Zusammenhang
mit der beruflichen Erstausbildung thematisiert werden und Weiterbildung
allenfalls eine beilaufige Rolle spielt (vgl. DERRIKS 2001; DYBOWSKI U.A. 1999, S.
224f£').
In den genannten Lemeinrichtungen Lemstatt und Leminsel steht kooperati
yes Lemen irmerhalb einer Lemgruppe im Vordergrund. Daraus ergibt sich,
dass die Lemenden sowohl auf fachlichem Gebiet als auch in uberfachlichen
Bereichen gefordert und gefordert werden. "Dabei bezieht sich das Gruppen
lemen auf fachliche, soziale und methodische Inhalte, die in unterschiedlicher
Weise an die Situation und Prozesse der Gruppe, die jeweiligen Arbeitsaufga
ben sowie Arbeitsumgebung gebunden sind" (DEHNBOSTEL 1995, S. 73).
Speziell eingerichtete, yom regularen Geschaftsbetrieb abgekoppelte Lehr
Lern-Arrangements weisen den Vorteil auf, dass sie als explizite Lerngelegenheiten ausgewiesen sind und eben - wie schon bemerkt - primar Lemzwecken
folgen. Aile Akteure irmerhalb der Lehr-Lem-Arrangements teilen - so ist an
zunehmen - eine Lern- oder eine Lehrintention, Lemende konnen daher davon
ausgehen, dass aile (moglicherweise auch widerspruchlichen oder kontrapro
duktiv erscheinenden) Sachverhalte und Aktivitaten ihr Lemen anregen sollen
und eventuelle Fehlhandlungen und Fehlentscheidungen keine ernsthaften
Konsequenzen nach sich ziehen wurden. Letzteres ist gerade in Zusammen
hang mit komplexen Problemsituationen, die ja didaktischer Bestandteil von
92 Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter
Lehr-Lern-Arrangements sind, von enormer Bedeutung fiir explorative Lern
handlungen. Denn auch Lernhandeln erfolgt unter Antizipation erwarteter
Vor- und Nachteile, so dass die Befiirchtung schwerwiegender Konsequenzen
aus Fehlhandlungen im Lemprozess zu resignativer Passivitat anstelle der ei
gentlich intendierten aktiven Auseinandersetzung mit dem Problem fiihren
wiirde (vgl. DORNER 1998, S. 292).
1m Gegensatz hierzu erscheint arbeitsgebundenes Lemen problematischer:
Zwar steht auch dabei beziiglich individueller Kompetenzentwicklung Lemen
in der Arbeitsgruppe im Vordergrund, allerdings sollen die Lemprozesse in
die Abwicklung der normalen, effektivitatsorientierten Arbeitsablaufe einge
bunden sein. Lernhandlungen konnen - sofem sie nicht unmittelbar produktiv
sind - in Konkurrenz zu direkt wertschopfenden Arbeitshandlungen stehen
und dann die Arbeitsleistung der Gruppe beeinflussen. Damit angesichts die
ser Konkurrenz dem Lemen iiberhaupt Akzeptanz entgegengebracht wird,
bedarf es u.a. der Offenheit gegeniiber "Lempausen" und ihrer entsprechen
den Anerkennung. "In diesem Sinne ist als eine gemeinsame Vision fiir eine
Lemkultur zu pladieren, in der Lemen ein iiberdauemder ProzeE ist ... und
sowohl von den Mitarbeitem als auch yom Untemehmen positiv bewertet und
entspreehend engagiert praktiziert wird" (REINMANN-RoTHMEIER & MANDL
2001, S. 197).
Soweit ist eine erste organisationale Voraussetzung fiir die Ermoglichung de
zentralen Lemens beschricben. Eine zweite Voraussetzung besteht darin, dass
das Arbeitsfeld Lemgelegenheiten enthalten muss, d.h. es miissen Anregun
gen vorhanden sein, welche die Beschaftigten zu intentional en oder impliziten
Lernhandlungen veranlassen. Dazu bedarf es zum einen einer Herausforde
rung (einer Problemsituation), die von den Beschaftigten in der Gruppe (oder
alleine) bewaltigt werden soli, sowie geeigneter Hilfsmittel und ausreichend
Freiraum, die den Besehaftigten die Bewaltigung und Lemhandlungen er
moglichen. (Die neueren Organisationskonzepte sehen ganzheitliehe Aufga
benzusehnitte vor, so dass diese Bedingung insoweit als erfiillt angesehen
werden kann - zumindest gemaE der Programmatik.) Zwar sind modem
strukturierte Arbeitsorganisationen nieht durch rigide Arbeitsanweisungen
geregelt, allerdings konnen Lernaktivitaten aueh mittels ehrgeiziger Leis
tungsvorgaben oder Zielvereinbarungen beeintrachtigt werden.
Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter 93
Eine dritte Voraussetzung fiir die Ermoglichung dezentralen Lemens steht in
engem Zusammenhang mit der Frage, wie innerhalb der Arbeitsorganisation
mit Fehlem umgegangen wird. Komplexe Problemsituationen, wie sie in den
neueren Organisationskonzepten eigentlich als strukturbildend vorgesehen
sind, zeichnen sich zum einen dadurch aus, dass es keine alleinig richtige Lo
sung gibt, sondem eine Vielzahl von Losungen mit unterschiedlichen Konse
quenzen moglich ist. Zum anderen erhoht sich dadurch die
Wahrscheinlichkeit, dass es zu einer gewahlten Losungsaltemative mindes
tens eine andere gegeben hatte, die bei einem anderen jeweils wahlbaren Be
urteilungskriterium besser gewesen ware. Es ist kaum denkbar, dass sich eine
Losung als optimal erweist; eher wahrscheinlich ist es, dass sich immer noch
bessere Altemativen nachweisen lassen. Die Frage im Zusammenhang mit der
Ermoglichung von Lemprozessen besteht nun darin, wie mit belegbar subop
timalen Losungen in einem betrieblichen Urnfeld umgegangen wird, das in
der Tradition betriebswirtschaftlicher Modelle einer permanenten Steige
rungslogik folgt (vgl. hierzu SEIDEL 1994, S. 151ff.).
Das wirft die Frage nach der innerbetrieblichen Kultur im Umgang mit Feh
lem auf, zum einen in Hinblick darauf, wie im Urnfeld sich permanent wan
delnder Verhaltnisse "Schutzwissen", d.h. Wissen dariiber, welches Handeln
vermieden werden soll, aufbauen lasst (vgl. OsER & SPYCHER 2000). Zum ande
ren in Hinblick darauf, dass die Moglichkeit, Fehler zu begehen und als Lem
chancen wahrzunehmen, "erlaubt" sein sollte, urn den Beschaftigten (gerade
exploratives) Lemen im Arbeitsvollzug zu gestatten.
Zu diesen organisationalen Voraussetzungen, die dezentrales, arbeitsgebun
denes Lemen erst ermoglichen oder behindem, kommen Voraussetzungen
seitens der Beschaftigten hinzu, damit sie diese Bedingungen entsprechend
nutzen konnen. Epistemische Oberzeugungen der Beschaftigten spielen fiir
die Wahmehmung einer Situation als Lemgelegenheit eine ma15gebliche Rolle. Empirische Befunde belegen, dass sowohl das prinzipielle Erfassen einer Situ
ation als passende Gelegenheit, Lernaktivitaten zu initiieren, als auch die
Qualitat des resultierenden LemerfoIgs yom Denken dariiber beeinflusst wird,
wie Lemen zu geschehen hat. Ebenso spielt die Oberzeugung der Beschaftig
ten eine Rolle, zu welchen Gelegenheiten und in welchem Urnfeld gelernt
werden kann (vgl. JACOBSON & SPIRO 1994; SCHOENFELD 1988; SCHOMMER
1990; im Uberblick GRUBER 1999, S. 167 ff.). "In Abhangigkeit von der episte
mologischen Uberzeugung, die Lemende selbst besitzen, werden diese auch
94 Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschiiftigter
ihr eigenes Lemen konzipieren und unterschiedliche Wege zum Kompetenz
erwerb einschlagen" (GRUBER 1999, S. 168). In der Literatur werden folgende
Dimensionen epistemischer Uberzeugungen diskutiert:
• QueUe des Wissens: Wird Wissen von Autoritaten ubermittelt oder erwirbt
man Wissen uber Argumentation und Beweisfuhrung?
• Strnktur des Wissens: Besteht Wissen aus isolierten Informationseinheiten
oder ist es in vemetzten Strukturen organisiert?
• Gewissheit von Erkenntnis: Kann Wissen den Status absoluter Gewissheit
erreichen oder entwickelt es sich standig weiter?
• Lerngeschwindigkeit: Geschieht Lemen schnell oder allmahlich?
• Lernsteuerung: 1st Lernfahigkeit eine angeborene und stabile Eigenschaft
oder kann sie sich im Lauf der Zeit entwickeln und verandem?
Vier dieser funf Dimensionen konnten faktorenanalytisch bestatigt werden,
die Dimension QueUe des Wissens wurde wieder verworfen (vgI. SCHOMMER
1998, S. 130). Die verbleibenden vier Dimensionen von Uberzeugungen beein
fIussen Lemen und Verstandnis insofem, als beispielsweise Personen mit der
Oberzeugung, Lemen ginge schnell, eher zu Ubervereinfachungen neigen und
schlechte Transferleistungen erzielen (vgI. GRUBER 1999, S. 169). Die Oberzeu
gung, Wissen sei in abgeschlossenen Einheiten reprasentiert, korreliert mit
Schwierigkeiten beim Verstandnis komplexer Texte (vgI. SCHOMMER 1998, S.
137). Allerdings sind bislang lediglich solche Partialzusammenhange belegt;
Schommer selbst hat erst kurzlich darauf hingewiesen, dass die Effekte kom
binierter Uberzeugungsauspragungen ebenso ungeklart sind wie die Frage, ob
einzelne Dimensionen in Konkurrenz zueinander stehen (vgI. SCHOMMER
AIKINS 2002, S. 116f.).
BAXTER MAGOLDA (2002) weist in einer langsschnittlich angelegten Studie bei
ihren Versuchspersonen im Alter zwischen 18 und 30 Jahren eine Verande
rung epistemischer Uberzeugungen nach, woraus geschlossen werden kann,
dass die Lembiographie ebenso wie der Arbeitskontext einen Einfluss auf die
epistemischen Uberzeugungen Beschaftigter haben. Wenn das Wissen urn die
Auswirkungen epistemischer Oberzeugungen auf Lemerfolg bislang auch auf
Einzelzusammenhange beschrankt ist, so kbnnen sie fur die betriebliche Bil
dungsarbeit doch aufschlussreich sein: Eine padagogische Intervention zum
Zweck der Veranderung solcher Uberzeugungen (z.B. Lemen ginge schnell),
die in Korrelation zu schlechten Transferleistungen festgestellt werden kbn-
Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter 95
nen, kann als Aufgabe ftir die betriebliche Bildungsarbeit angesehen werden,
wenn man die Theorie von der Wirkung epistemischer Oberzeugungen teilt.
Nach BAXTER MAGOLDA (2002), die sich auf das konstruktivistische Lehr-Lem
Paradigrna bezieht, sind epistemische Oberzeugungen Resultat einer sozialen
Konstruktion. Die beschreibt sie als einen Prozess basierend auf anfanglichen
epistemischen Oberzeugungen, Dissonanzerfahrungen in der Begegnung mit
anderen Individuen und dem Kontext, in dem die Dissonanzen auftreten (vgl.
5.91). Folglich k6nnen Bildungsarbeit und Arbeitsorganisation, sofem sie Dis
sonanzen zu inadaquaten Oberzeugungen erzeugen und deren Reflexion mit
anderen unterstiitzen, lem- und transferf6rdemd gestaltet sein. Unter dieser
sozial-konstruktivistischen Perspektive wird die Veranderung epistemischer
Oberzeugungen als kooperatives Lemen in der Arbeitsgruppe beschrieben,
das vermutlich nicht von allen Beschaftigten gleich gut bewaltigt wird. Koope
ratives Lemen bereitet jedoch selbst in geschtitzten Lernraumen wie z.B. der
Hochschule bei geiibten Lemenden (Studierenden) Probleme (vgl. z.B.
GALLENBERGER, GRUBER, HARTEIS & STAMOULI 1999, S. 62f.), urnso schwieriger
diirfte das (m6gIicherweise nicht lemgewohnten) Beschaftigten im Kontext
ihrer alltaglichen Arbeit fallen. Die ausreichende Vorbereitung der Beschaf
tigten auf kooperatives Lemen ist einerseits Aufgabe der betrieblichen Bil
dungsarbeit und andererseits geh6rt es auch zum Auf trag betrieblicher
Organisationsentwicklung, eine Praxis gemeinsamen Umgangs zu etablieren,
die Lernschwacheren kompensatorische Unterstiitzung leistet.
4.2.1.3 Zusammenfassung der individuellen Perspektive
Bei der Diskussion der individuellen Perspektive wurde in betriebliche Wei
terbildung als zentralisierte Form individuellen Kompetenzerwerbs und in
Lemen am Arbeitsplatz als dezentralisierte Form individuellen Kompetenz
erwerbs unterschieden. Die padagogische Relevanz dieser Unterscheidung wurde damit begriindet, dass bei der zentralisierten Form individuellen Kom
petenzerwerbs der Verwendungszusammenhang der zu erwerbenden Kom
petenz tiber die konkreten Bedingungen des Arbeitsplatzes hinausgehen (und
dies wom6glich auch in einem Bildungskanon gefordert sein) kann. Die Be
sonderheit der dezentralisierten Form individuellen Kompetenzerwerbs liegt
gerade in der Fokus,ierung des Verwendungszusammenhangs auf die kon
kret vorfindbaren Bedingungen am Arbeitsplatz.
96 Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter
Bei der zentralisierten Form individuellen Kompetenzerwerbs wurde vor dem
Hintergrund schwer prognostizierbarer zukunftiger Problemstellungen darauf
hingewiesen, dass die Einteilung von Wissen und individueller Kompetenz in
eine Binarkategorisierung "richtig" und "falsch" nicht nachvollziehbar er
scheint, sondem eine pragmatische Anschauung tiber das Wesen von Wahr
heit und Wirklichkeit angemessener ist. Genau dann kann sich das Potenzial
einer nicht auf enge Verwendungszusammenhange fokussierten Bildungsar
beit entfalten. Dies erscheint aber in einer an kurzfristigen Verwertungsinte
ressen orientierten Arbeitsorganisation kaum denkbar. Damit sind
organisationale Bedingungen als Voraussetzungen fur die Untersrutzung in
dividuellen Kompetenzerwerbs in zentralisierter Form betrieblicher Weiter
bildung beschrieben worden.
Bei der dezentralisierten Form individueller Kompetenzentwicklung wurde
darauf hingewiesen, dass die organisationalen Bedingungen zum einen uber
haupt den Spielraum fur Lernhandlungen eroffnen muss und zum anderen
ein Umgang unter den Beschaftigten etabliert sein muss, der kooperative
Lemprozesse untersrutzt.
Es wurde gezeigt, dass auf individuellen Kompetenzerwerb ausgerichtete Bil
dungs- und Entwicklungsarbeit nicht alleine auf die individuelle Ebene der
Beschaftigten fokussiert sein kann, sondem nur in Zusammenhang mit der
Ebene der organisationalen Bedingungen betrachtet werden kann, urn Aus
sicht auf Erfolg zu gewiihrleisten.
4.2.2 Organisationale Perspektive
Schon bei der Beschreibung der Anforderung an betriebliche Bildungsarbeit
aus der individuellen Perspektive wurden Gesichtspunkte angefuhrt, die
letztlich auf die Ausgestaltung der Arbeitsorganisation abzielen. Sie gel ten
daher auch fur diesen Abschnitt uneingeschriinkt und bedurfen hier keiner neuerlichen Ausfuhrung. Aus organisationaler Perspektive lassen sich aber
noch weitere Sachverhalte diskutieren.
Vorstellungen von Untemehmen als Organisationen lemender und problem
b<>waltigender Arbeitsgruppen £inden ihren Niederschlag in zahlreichen neue
ren beru£spadagogischen Veroffentlichungen, von denen hier nur ein eher
exemplarischer als umfassender Ausschnitt vorgestellt werden kann. In je-
Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschiiftigter 97
weils unterschiedlichen Facetten werden dabei die wichtigsten Tendenzen
aufgegriffen und auf Fragen des individuellen Kompetenzerwerbs im Zu
sammenhang mit der beruflichen Arbeitstatigkeit zugespitzt.
So greift DUBS (1998) beispielsweise das in den letztenJahren in der Lehr-Lem
Forschung zunehmend populare konstruktivistische Paradigma auf und skiz
ziert in Abgrenzung zu einem tradierten betriebswirtschaftlichen Paradigma
der Untemehmensstrukturierung ein am Konstruktivismus orientiertes Para
digma. Dessen zentrale Bestandteile sind Kompetenznetzwerke und ein funk
tionierendes Wissensmanagement, in denen dezentrale Lemprozesse im
Arbeitsalltag als die wichtigste Quelle individuellen Kompetenzerwerbs fun
gieren. Diese stellen die sicherste Form bedarfsgerechten und lebenslangen
Lemens dar, das selbstgesteuert unter Ausnutzung der Organisationsressour
cen vollzogen wird. Dass dies jedoch eine Aufgabe der Gesamtorganisation
ist, wei! Erfolge sonst nur in Partialstrukturen des Untemehmens auftreten
kbnnen, hebt Dubs explizit hervor: "Viele Untemehmungen versuchen heute,
das organisationale Lemen einzufUhren. Seine Verwirklichung gelingt aber
meistens nicht in umfassender Weise, sondem nur in einzelnen Arbeitsgrup
pen, in denen das Arbeitsklima gut, der Wille zur Innovation groB und die
Identifikation mit der Untemehmung hoch ist. Dort wo diese Voraussetzun
gen nicht vorhanden sind und vor aHem dort, wo die Organisation nicht auf
Arbeitsgruppen mit groBen Kompetenzen ausgerichtet sind, scheitert das
Vorhaben des organisationalen Lemens meistens, wei! sich traditionelle Ma
nagement- und Organisationsstrukturen und organisationales Lemen gegen
seitig weitgehend ausschlieBen" (DUBS 2000, 5.105).
Was die organisationale Ermbglichung selbstgesteuerter Lemprozesse betrifft,
etablieren sich in Bildungsabtei!ungen gerade durch die (vermeintlichen) Po
tenziale neuer Medien groBe Hoffnungen, die sich in Schlagworten vom
"Learning on Demand" und "Just-in-Time-Leaming" niederschlagen (PETROVIC U.A. 1998). In diesen Phrasen finden Prinzipien betrieblicher Re
strukturierung ihren Niederschlag, die auf eine Reduktion der Geschaftspro
zesse auf die direkt wertschbpfenden Vorgange setzen. An den prinzipiellen
Konflikt zwischen der auf Kurzfristigkeit ausgerichteten "On Demand" und
Just-in-Time" -Strategie einerseits und der auf Langfristigkeit individueller
Kompetenzentwicklung bauenden Strategie andererseits hat HARTEIS (2000b)
erinnert; ihre Attraktivitat verlieren derartige Kurzfriststrategien vor aHem
vom Standpunkt der Untemehmensleitungen aus jedoch nicht. Die Idee be-
98 Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter
steht darin, dass Beschaftigte mit Hilfe neuer Medien im Kontext ihrer alltagli
chen Arbeit genau (und nur) das schnell und kostengtinstig lemen, was sie im
aktuellen Arbeitsalltag beniitigen. Damit ware erstens eine auf individuelle
Qualifizierungsbedtirfnisse abgestimmte und zweitens eine primar auf den
betrieblichen Bedarf ausgerichtete Bildungsarbeit miiglich. Drittens liefSen sich
die Kosten ftir diese Bildungsbemiihungen auf ein Minimum reduzieren, da
die direkten Kosten sich auf die Infrastruktur und Software beschranken wtir
den und die indirekten Kosten nahezu viillig eingespart werden kiinnten. Die
Einschrankung finanzieller Aufwendungen und Bildungsaktivitaten auf un
mittelbar notwendige (oder von den Beschaftigten als notwendig wahrge
nommene) MafSnahmen und die Dezentralisierung der Entscheidung dariiber,
wann was geIemt werden solI, foIgt exakt den Leitgedanken neuerer Organi
sationskonzepte. 1m Lichte bildungsiikonomischer und investitionstheoreti
scher Modelle erscheinen diese Bildungsstrategien aIs rational, denn bei der
Betrachtung von BiIdungsaufwendungen aIs Investitionen eroffnet sich ein
schwerwiegendes Dilemma. Solche Investitionen sind namIich Aufwendun
gen, die in Erwartung auf einen zeitIich enorm (und moglicherweise Jahre um
fassenden) verziigerten Nutzen getatigt werden. Arbeitsrechtlich hingegen
besteht keine MiigIichkeit (und aufgrund etwaiger betrieblicher Verpflichtun
gen vermutlich auch gar nicht der Wunsch der Untemehmen), Beschaftigte
tiber einen Iangen Zeitraum hinweg zu binden. In Bezug auf BiIdungsmafS
nahmen erscheint eine investitions- und bildungsiikonomische Betrachtungs
weise genau die genannten "schIanken" Bildungsstrategien nahe zu legen. Da
aber erschwerend hinzu kommt, dass "ein groger Teil des zuktinftigen Ertra
ges ... betriebswirtschaftlich nicht annahemd megbar ist, sondem Iediglich in
verhaltenswissenschaftlichen und bildungstheoretischen Kategorien beschrie
ben werden kann" (BARDELEBEN & BEleHf 1996, S. 24), ist diese kurzfristig an
gelegte Perspektive auf betriebliche Bildungsarbeit fragwtirdig.
Somit wird also unter einer organisationaIen Perspektive eine ahnliche Vor
aussetzung ftir die Unterstiitzung individuellen Kompetenzerwerbs identifi
ziert wie dies schon unter der individuellen Perspektive der Fall war: "Das
Konzept qualifizierender Arbeitsgestaltung kann nicht IosgeIost von den
Strukturen und Prozessen der Organisation oder des Untemehmens insgesamt
betrachtet werden. Eine auf Qualifizierung ausgerichtete, Iangfristig erfolgrei
che ArbeitsneugestaItung bedingt eine grundlegende Veranderung der Orga
nisationskuItur. Dabei geniigt es nicht, mit Schlagworten wie Kundenorientie-
Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter 99
rung, QualitatsbewulStsein, Flexibilitat, Innovationsbereitschaft usw. durch
setzte Untemehmensleitbilder zu entwickeln, die der neuen Organisations
kultur Ausdruck geben sollen. Vielmehr verstehen wir unter Kultur aIle
Techniken und Technologien, Organisationsformen sowie Wert- und Normen
systeme, die uber Lemprozesse kollektiv vermittelt werden, d.h. das System,
das das erfolgreiche Uberieben der Organisation angesichts der spezifischen
Herausforderungen der naturlichen, sozialen und wirtschaftIichen Umwelt
gewahrleisten soIl" (FRE! U.A. 1993, S. 6f.). Hier wird die Organisation als die
fur die Unterstutzung individuellen Kompetenzerwerbs zentrale Instanz ex
plizit benannt, da sie einerseits aIle Hilfsmittel fur Lemprozesse bereitstellen
muss und da sich durch sie ein lernforderliches Klima etablieren muss, das
sowohl Freiraume fur das Lemen als auch eine Kultur der Kooperation und
gegenseitigen Unterstutzung beinhalten muss, urn den Anforderungen der
Organisationsprogrammatiken gerecht zu werden.
1m Vergleich der individuellen und organisationalen Perspektive zeigt sich,
dass im Zuge der jungeren Entwicklungen mehr und mehr von einer unab
dingbaren Verzahnung von betrieblicher Bildungsarbeit und betrieblicher Or
ganisationsentwicklung auszugehen ist: Das eine macht ohne das andere
wenig Sinn. Darin ist impliziert, dass einerseits die individuelle Kompetenz
entwicklung Beschaftigter mit der Entwicklung der Organisation bzw. des
Untemehmens in Zusammenhang steht und umgekehrt genauso die betriebli
che Organisationsentwieklung Belange individueIIer Kompetenzentwicklung
Beschaftigter zu berucksichtigen hat.
4.3 Erziehungswissenschaftliche Bewertung der Entwicklung betrieblicher Arbeitsorganisation
Eine der Hauptaufgaben erziehungswissenschaftlicher Forschung besteht in der kritischen Analyse und Reflexion von Erziehungs- und Bildungsfragen
(vgl. TENORTH 1999, S. 61; ZABECK 1992, S. 20). 1m Zusammenhang mit der
Frage nach dem Stellenwert individueller Kompetenz Beschaftigter im Rah
men betrieblicher Arbeitsorganisation werden fur erziehungswissenschaftliche
Forschungsarbeiten die Voraussetzungen und Bedingungen flir die Verwer
tung individueIIer Kompetenz im Beschaftigungssystem relevant, urn diese als
Gegenstand der Reflexion und kritischen Analyse beruflicher Bildungspraxis
zu betrachten. Aus der Sieht von Beschaftigten (als Adressaten beruflicher
100 Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter
Kompetenzanforderungen) ist eine Realisierung des Nutzens ihrer individu
ellen beruflichen Kompetenz genau dann moglich, wenn diese Kompetenz im
Kontext des betrieblichen Alltags eingebracht und verwertet werden kann.
Der betriebliche Alltag als Ort der Anforderungen der Arbeitswelt ist jedoch
keine objektiv gegebene Realitat, sondern "ein soziales Definitions-, Bewer
tungs-, Entscheidungs-, Erwartungs- und Sanktionssystem, in dem empirisch
explikative Einschatzungen und Bewertungen individueller, sozialer und
technisch-organisatorischer Tatbestande ... institutionalisiert sind" (HElD 1977,
S. 838, Herv. LO.). In bildungspolitischen Argumentationszusammenhangen
wird die Entscheidungsabhangigkeit vorfindbarer Arbeitsrealitaten zumeist
ignoriert und somit die Notwendigkeit ihrer Rechtfertigung ausgeblendet. Die
Analyse soIcher Wechselbeziehungen zwischen Beschaftigungs- und BiI
dungssystem stellt eine Aufgabe erziehungswissenschaftlicher Forschung dar.
1m dritten Kapitel und im Abschnitt 4.1 wurde als gemeinsamer Kern der neu
eren Ansatze betrieblicher Arbeitsorganisation die individuelle Kompetenz
der Beschaftigten als Grundlage der Bewaltigung von Unsicherheit und Wan
del herausgearbeitet. Ais wichtigste Anforderungen wurden genannt:
(a) Ein hohes MaB an Kompetenzanforderungen, das eine Fiille an Fachwissen
ebenso beinhaltet wie fachiibergreifende Fahigkeiten (z.B. Problemlosefa
higkeit).
(b) Den Beschaftigten wird ein hohes MaB an Selbststandigkeit und Verant
wortungsbereitschaft abverlangt.
(c) Die sogenannten "Soft-Skills" erfahren eine deutliche Aufwertung, indem
darauf verwiesen wird, dass teamorientierte Arbeitskonzepte von der sozi
alen Kompetenz der Gruppenmitglieder getragen wird. In diesem Zusammenhang wird auch von "Emotionaler Intelligenz" gesprochen (GOLEMAN 1999).
(d) Nicht zuletzt wird die Bedeutung der Fahigkeit und Bereitschaft zu selbst-
standigem lebenslangen Lemen betont.
Die Erfiillung dieser Anforderungen ist voraussetzungsreich, gerade in Hinblick darauf, dass die Entwicklung entsprechender Fahigkeiten auch im all
taglichen Arbeitsprozess ermoglicht werden solI (vgl. Kap. 4.2). So bedarf
beispielsweise der Erwerb komplexer Fahigkeiten im Lichte des aktuellen For
schungsstandes aus der Lehr-Lern-Forschung eines gewandelten Verstandnis
ses von Lehr-Lern-Prozessen, in denen Lemen nicht mehr als einseitige
Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter 101
Aktivitat von Lehrenden zu Lemenden gesehen wird, sondern Lehrende und
Lemende als wechselseitig agierende Mitglieder einer Lemgemeinschaft gel
ten (vgl. GERSTENMAJER & MANDL 1999, S. 184; GRUBER 2000b, S. 38ff.). Die In
struktion der Lehrenden wird zugunsten einer Konstruktion von Wissen der
Lemenden durch eine Auseinandersetzung mit authentischen Problemen zu
ruckgenommen. Lemen wird demnach "nicht lediglich als reiner Wissenser
werb begriffen, sondem als ein ProzeB der Enkulturation in eine ,community
of practice'" (SONNTAG, STEGMAIER & JUNGMANN 1998, S. 330). Die aktive Be
teiligung der Lemenden ist nur uber ein ausreichendes MaB an Motivation zu
erreichen, die es in der konkreten Arbeitssituation zu entwickeln gilt.
Parallel zu den Entwicklungen der Strukturierung betrieblicher Arbeitsorgani
sation hat der erziehungswissenschaftliche Diskurs um eine padagogische
Bewertung des Verhaltnisses betrieblicher Kompetenzverwertungsinteressen
einerseits und individueller Entwicklungsperspektiven andererseits die Dis
kussion neu belebt. Sie lassen sich auf zwei gegensatzliche Positionen zuge
spitzt kontrastieren, namlich das Paradigma der Divergenz versus das
Paradigma der Konvergenz okonomischer und padagogischer Prinzipien be
trieblicher Personal- und Organisationsentwicklung. Wahrend noch bis in die
70er Jahre mehrheitlich der Standpunkt geteilt wurde, demzufolge okonomi
sche und padagogische Prinzipien unvereinbar erschienen und von deren Di
vergenz ausgegangen wurde, so scheint es so, als ob in der jungeren
Vergangenheit die Vertreter der Konvergenzthese die Diskussion bestimmen
wurden. Beide Standpunkte werden im Folgenden kurz dargestellt.
4.3.1 Paradigma der Divergenz
Die Divergenzbehauptung wird entweder aus einem bildungstheoretischen
oder einem prograrnrnatisch-normativen Standpunkt heraus gerechtfertigt.
Die bildungstheoretische Begrundung der Divergenzbehauptung nimmt auf
die "Reinheit" der Menschenbildung Bezug, die gerade nur in strikter Tren
nung von jeglichen Verwertungsinteressen und darum erst recht in Distanz zu
den beruflichen Kompetenzanforderungen realisierbar erscheint (vgl. MENZE
1977, S. 80f£.). "Die Arbeit, notwendige Bedingung des Menschseins, fuhrt
selbst zu einer Beschrankung der Menschwerdung" (MENZE 1970, S. 170). In
der zweiten Halfte des 19. Jahrhunderts wurde diese Auffassung eines huma-
102 Die Bedeutung individuelJer Kompetenz Beschiiftigter
nistischen Bildungsbegriffs weniger von Padagogen als vielmehr und vor al
lem von Vertretem des Burgertums aufgegriffen, die durch Industrialisierung
und aufkommendes Klassenbewusstsein ihre gesellschaftliche Vormachtstel
lung gefahrdet sahen (vgl. MENZE 1966, S. 424f.). "Je weniger die politisch
gesellschaftlichen Verhaltnisse das Versprechen einlosten, durch die Bildung
der Einzelnen den Fortschritt der Gesellschaft als Ganzes zu befOrdem, urn so
hartnackiger wurde der Gedanke einer Zweckbindung der Bildung verpont"
(BLANKERTZ 1969, S. 51).
Die aktuellere Form der Divergenzbehauptung stellt die programmatische
Unterscheidung von "Bildung" und "Qualifikation" dar (vgl. z.B. KADE 1983;
KELL 1991, S. 162 ff.), die im Prinzip die bildungstheoretische Argumentation
in Analogie fortsetzt. Der ersten Groge werden berufliche "Mundigkeit", der
zweiten berufliche "Tuchtigkeit" zugeschrieben, worin eine implizite Wert
hal tung zum Ausdruck kommt, die den Bildungsbegriff uber den der Qualifi
kation erhebt. Ohne eine konkrete Darlegung dessen, was konkret-inhaltlich
soiche Wissensbestande, die als Bildung zu bezeichnen waren, von soichen
abgrenzt, die als Qualifikation anzusehen waren, fuhrt KADE (1983) aus: "Ori
entiert man berufliches Lemen an einem ... Konzept gesellschaftlicher Arbeit
und nicht mehr allein am Beruf bzw. der Erwerbsarbeit Lohnabhangiger ... , so
lagt sich begrunden, dag die Bildungsaufgabe im Vergleich zur Qualifikati
onsaufgabe nicht nur Vergangenheit ist, sondem dag Bildung, gerade auch
durch ihren Widerspruch zur Qualifikation, Zukunft hat .... Denn wahrend die
Qualifikationsaufgabe ihr Zentrum im Bereich marktbezogener individueller
Arbeit hat, verlangt der Bereich sozialintegrierter individueller und kollektiver
Eigenarbeit ... die Orientierung an der individuellen Entwicklung als einem
BildungsprozeB" (5. 871). Zwei Implikationen liegen dieser Argumentationen
zugrunde, die einer kritischen Prufung moglicherweise nicht standhalten: (1.)
Es scheint klar, unstrittig, vielleicht sogar "objektiv" begrundet zu sein, welche
Erkenntnisse und Wissensbestande der Qualifikation und welche der Bildung
zuzurechnen sind. (2.) Qualifikation scheint eine Kategorie zu sein, die mit
Bildung unvereinbar ist. Vollig auger acht bleibt, dass dasjenige kognitive,
emotionale und motivationale Potenzial, das eine Person in ihrer Lebenswelt
(und speziell in ihrem beruflichen Alltag) als kompetent auszeichnet, sowohl
unter der Perspektive marktbezogener individueller Arbeit (Qualifikations
perspektive) als auch unter dem Blickwinkel sozialintegrierter Eigenarbeit
(Bildungsperspektive) betrachtet und beurteilt werden kann. Insofem ein
Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter 103
Mensch im Kontext seiner sozialen Umgebung und in der Verfolgung selbst
gesetzter Ziele und Interessen begriffen wird, hat "Bildung" als Einsatz indi
vidueller Hihigkeit (und Kompetenz!) stets auch Anwendungs- und somit
Verwertungsbezug. Individuelle Kompetenz wird in diesem Sinne zur Verfol
gung individueller Ziele verwertet. Qualifikation als Verwertung individueller
Kompetenz (auch) zur Verfolgung externaler Ziele (irn Betrieb) unterscheidet
sich unter dieser Perspektive nur irn Blickwinkel der Betrachtung. Mithin ist
die Unterscheidung von "Bildung" und "Qualifikation" - zumindest in Bezug
auf konkrete Personen - Resultat unterscheidbarer Zuschreibungen eines Bet
rachters auf der Basis von dessen individuellen Oberlegungen. Ob und wie
weit die "Bildung" oder "Qualifikation" einer betrachteten Person mit unter
schiedlichen kognitiven, emotionalen oder motivationalen Momenten dieser
Person in Zusammenhang stehen, bleibt offen. Wenn nun aber die Unter
scheidung von "Bildung" und "Qualifikation" nur durch eine unterscheidbare
Zuschreibung zustande komrnt, kann nicht plausibel argumentiert werden,
weshalb "Bildung" nur in Distanz zu Verwertbarkeitsgesichtspunkten erlangt
werden kann. Daher ist die Divergenzbehauptung auf dieser Basis in Frage zu
stcllen.
4.3.2 Paradigma der Konvergenz
Die Begriindung der Konvergenzthese beinhaltet in der Regel einen Verweis
auf Veranderungen in der Organisation betrieblicher Arbeit (vgl. z.B. BAETHGE
& OBERBECK 1986; BEYER, FEHR & NmZINGER 1994; KERN & SCHUMANN 1984a;
PICOT, REICHWALD & WIGAND 1996). Hervorgehoben werden hauptsachlich
die im dritten Kapitel beschriebenen Aspekte der Dezentralisierung der Ver
antwortlichkeit fiir betriebliche Aufgabenerfiillung, (im Zusamrnenhang da
mit) des Abbaus hierarchischer Strukturen, der Verlagerung der Zustandigkeit fur Planung und Kontrolle an die ausfiihrenden Arbeitspliitze und nicht zu
letzt partizipativer Fiihrungskonzepte.
ACHTENHAGEN (1990) leitet seine Konvergenzannahme aus der Feststellung
ab, dass "gerade in fiihrenden Unternehrnen die Bedeutung von Lernprozes
sen hervorgehoben" (S. VII) werde, weil ganzheitliche Problem- und Aufga
benstellungen das Arbeitsleben dort bestimmen wiirden. Das zentrale
Argument von ARNOLD (1995) unterstellt eine "Erosion des Zweckhaft-
104 Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter
Fachlichen" (5. 5), die auf die neuen Formen betrieblicher Arbeitsorganisation
zUriickgefuhrt werden musse, in denen Wandel und Flexibilitiit andere als
ausschlie1Slich Fachkompetenzen ma1Sgeblich erscheinen lassen (vgl. S. 12ff.).
Deshalb sehen BRATER, BOCHELE, FUCKE & HERZ (1988) "an vielen Stellen die
Anforderungen der Arbeitswelt umschlagen in Anforderungen an die freie
Entwicklung der Persiinlichkeit" (5. 44). Folgt man dieser Auffassung, so nii
hem sich piidagogische Zielsetzungen wie die individuelle Persiinlichkeits
entwicklung und iikonomische Zielsetzungen - z.B. die Bereitstellung geistiger
Arbeitskraft - einander an. Diese Anniiherung erscheint durchaus reizvoll und
gerade darin durfte auch der Grund zu sehen sein, weshalb die Konvergenz
these breite Aufmerksamkeit und wei ten Zuspruch findet.
Allerdings ist diese Position aus zwei Grunden problema tisch:
(1) 5ie stiitzt sich in ihrer Argumentation auf Programmatiken betrieblicher
Arbeitsgestaltung und leitet aus deren Zielvorgaben einen Zustand der
Konvergenz iikonomischer und piidagogischer Prinzipien abo Damit wer
den die beiden hiichst voraussetzungsreichen und keineswegs trivialen
Gegebenheiten ausgeblendet, dass einerseits diese Programme bei deren
Adressaten Zustimmung finden und in der intendierten Weise interpretiert
werden und andererseits die Adressaten die gewunschten Schlussfolge
rungen ziehen und die Programme in ihrem Handeln umsetzen.
(2) Es existieren empirische Befunde vor aHem aus der lndustriesoziologie, die
eine weitgehende Verallgemeinerbarkeit der proklamierten Konsequenzen
infolge des Strukturwandels betrieblicher Arbeitsgestaltung in Frage stellen
(z.B. BOCHTER 1998; HARNEY 1994; KOMPACHER 1994). Damit ist der auf
diese Weise vertretenen Konvergenzbehauptung die Grundlage genom
men.
1m Gegensatz zur Divergenzbehauptung, die aufgrund ihres fragwurdigen
Begrundungszusammenhangs in Zweifel gezogen wurde, bezieht sich die
Kritik an der Konvergenzannahme auf ihre uberwiegende Bezugnahme auf
programmatische Auss~gen. 1m funften Kapitel wird die Kritik an dieser Po
sition ausgefuhrt und eine alternative Herleitung der Konvergenzbehauptung
vorgestellt.
Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter 105
4.4 Zusammenfassung
1m Abschnitt 4.1 wurde herausgestellt, wie sich im Zuge der Entwicklungen
der Arbeitsorganisation die Funktion Beschaftigter und der Anspruch an de
ren individuelle Kompetenz gewandelt hat. Wahrend die Vorlaufer moderner
Ansatze Beschiiftigte als Radchen in der Maschinerie des Betriebs verstanden
und deren individuelle Kompetenz weitgehend auBer Acht blieb, wurde mit
den Ansatzen der ersten beiden Rationalisierungswellen die Idee etabliert,
dass die Kompetenz Beschaftigter eine wichtige Ressource fur betriebliche Ar
beitsablaufe darstellt. Erst jedoch in den neuen Ansatzen werden Beschaftigte
als Individuen betrachtet und deren individuelle Kompetenz wird als unver
zichtbares Element fur eine erfolgreiche Bewaltigung der Anforderungen eines
sich stetig wandelnden Marktes und Unternehmensumfeldes gesehen. Trotz
aller Verschiedenheit der Ansatze ist die Gemeinsamkeit dahingehend fest
stellbar, dass die individuelle Kompetenz Beschaftigter eine wichtige Ressour
ce darstellt. Ausdruck dieses Einvernehmens ist das Aufkommen vielfaltiger
Konzeptionen lernender Organisationen.
Nachfolgend wurden die Auswirkungen fur die betriebliche Bildungsarbeit
dargelegt (Abschnitt 4.2), die sowohl unter Bezugnahme auf die Ebene indivi
duellen Lernens als auch auf der organisationalen Ebene sehr deutlich zeigen,
dass isolierte EinzelmaBnahmen wenig zielfuhrend fur die arbeitsnahe Ent
wicklung und F6rderung individueller Kompetenz sind. Vielmehr steht die
betriebliche Bildungsarbeit vor der Aufgabe, in wechselseitiger Verflechtung
von MaBnahmen der Personal- und der Organisationsentwicklung die Ge
samtheit des Betriebes so zu gestalten, dass gunstige Voraussetzungen fur den
Erwerb und den Einsatz der individuellen Kompetenz der Bescha£tigten herr
schen.
Somit kommt es zu einer Verzahnung individueller Entwicklungsbemuhungen und organisationaler Ansatze und es ist die Grundlage fur die erzie
hungswissenscha£tliche Debatte urn die Konvergenz 6konomischer und
padagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwick
lung gescha££en. Sowohl die Vertreter der Divergenzannahme als auch die
Ver£echter der Konvergenzbehauptung argumentieren fragwurdig. 1m £01-
genden Kapitel werden die Probleme der Argumente naher aufgezeigt und es
wird mit dem Regensburger Konvergenz-Konzept ein eigener Ansatz vorge
stellt.
5 Kritische Bestandsaufnahme und Entwurf des Regensburger Konvergenz-Konzepts
Betriebliche Personal- und Organisationsentwicklung sind - wie sich in der
bisherigen Analyse gezeigt hat - als Einheit zu betrachten, wei! Partialbemu
hungen unter Missachtung jeweils des anderen Feldes wenig Erfolg verspre
chen. Auf dieser Basis wurde die erziehungswissenschaftliche Debatte urn die
Konvergenz iikonomischer und piidagogischer Zielsetzungen betrieblicher
Personal- und Organisationsentwicklung beschrieben, der griiBtenteils prob
lematische Argumente zugrunde liegen.
In diesem Kapitel erfolgt eine erste Bestandsaufnahme, indem das bislang Be
schriebene kritisch sondiert und als Befund aus der Untersuchung der vorlie
genden Forschungsliteratur und Untemehmensprogrammatik dargestellt
wird. Danach wird mit dem Regensburger Konzept der Konvergenz iikonomi
scher und piidagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisati
onsentwicklung ein eigener Ansatz entworfen, urn mit einer empirischen
Oberpriifung die angesprochenen Lucken im Forschungsstand aufzuftillen.
5.1 Bestandsaufnahrne: Kritische Sondierung der beschriebenen Positionen
Dieser Abschnitt dient der Eriirterung und Bewertung des Literatu'rstandes
zur Ausgestaltung betrieblicher Arbeitsorganisation, zu den Auswirkungen
auf die betriebliche Bildungsarbeit sowie der erziehungswissenschaftlichen
Bewertung im Rahmen der Debatte urn die Konvergenzthese. Die Ergebnisse
einer kritischen Analyse des Literaturstandes lassen sich in folgenden Aspek
ten zusarnmenfassen:
1, Die Debatte urn die Konvergenz versus Divergenz iikonomischer und pii
dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisations
entwicklung entbehrt empirischer Evidenz,
2. Die Begrundungen der Konvergenzbehauptung sind unzureichend, weil sie
deskriptive und normative 5iitze nicht (deutlich genug) auseinander halten.
108 Kritische Bestandsaufnahme und Entwurf des Regensburger Konvergenz-Konzepts
3. Moderne Konzepte betrieblicher Arbeitsgestaltung unterstellen oder pos
tulieren einseitige Zusanunenhange und vernachliissigen insbesondere die in
dividuelle Perspektive der Beschaftigten.
4. Die Anforderungen an Beschaftigte sind auf einem hohen Abstraktionsniveau
beschrieben, wodurch ein zu weiter Interpretationsspielraum gegeben ist
und betrachtliche Probleme bei der praktischen Umsetzung zu erwarten
sind.
5. Es bleibt vollig unklar, wie weit Beschaftigte selbst im Zusanunenhang mit
beruflichen Kompetenzanforderungen 6konomische und piidagogische aberle
gungen gleichermaBen als relevant erachten.
5.1.1 Kritikpunkt 1: Fehlende empirische Evidenz
Auffallig ist, dass zwar eine engagierte Diskussion urn die Konvergenzthese
gefuhrt wird, empirische Untersuchungen zu diesem Themenkomplex jedoch
nicht vorliegen. Eine Ausnahme stellt die Studie von ACHTENHAGEN &
OLDENBURGER (1996) dar, in der jedoch nur eine mittelbare Operationalisie
rung der Konvergenz okonomischer und padagogischer Prinzipien erfolgt,
indem Zielvorstellungen im Rahmen betrieblichen Trainings von Vorgesetzten
(aIs Entsendern) einerseits und deren Mitarbeitern andererseits einander ge
genubergestellt werden. Zumindest in kundenorientierten Dienstleistungsun
ternehmen konnte eine Ubereinstinunung von Vorgesetzten und Mitarbeitern
dahingehend gefunden werden, dass beide Seiten mit der Entsendung zu bzw.
Teilnahme an betrieblichen TrainingsmaBnahmen sowohl eine Starkung der
Funktionalitat aIs auch eine Weiterentwicklung der individuellen Personlichkeit anstreben (vgl. S. 398f£'). Dies werten die Autoren schlieBlich als Beleg fur
die Gultigkeit der Konvergenzthese. Demgegenuber lieBen sich fur produzierende Betriebe in der selben Studie trotz einer derart schwachen Operationali
sierung nicht einmal Konvergenzbedingungen nachweisen.
Trotz (oder gerade wegen) dieser offenbar heiklen empirischen Befundlage hat
die empirische Forschungstatigkeit nicht mit dem Engagement in der theoreti
schen Debatte Schritt gehalten. Dies hat zur Konsequenz, dass die Aussagen
im theoretischen Diskurs entweder den Status von Thesen bzw. Hypothesen
einnehmen oder dass empirische Sekundarquellen als Referenzen dienen.
Unter empirischen Sekundarquellen sollen solche Befunde verstanden wer-
Kritische Bestandsaufnahme und Entwurf des Regensburger Konvergenz-Konzepts 109
den, die in anderem Zusammenhang und Erkenntnisinteresse als dem inter
pretierten erhoben wurden. Sowohl der Bezug auf Thesen bzw. Hypothesen
als auch der Ruckgriff auf empirische Sekundarquellen birgt Probleme:
Zu allererst erfordert die Feststellung, dass Aussagen im Zusammenhang mit
der Diskussion der Konvergenzthese den Status von Thesen oder Hypothesen,
also von Behauptungen und Vermutungen (vgl. EBERHARD 1999, S. 20) ein
nehmen, eine zuruckhaltende Bewertung ihres Stellenwertes. Denn sie stellen
vorlaufige Aussagen uber Zusammenhange dar, die es logisch oder empirisch
zu uberprufen gilt (vgl. PRIM & TILMANN 1997, 5.73). Solange also die empiri
sche Prufung aussteht, solange ist der Behauptung der Konvergenz oder Di
vergenz nur vorlaufiger Charakter zuzusprechen. Andemfalls besteht die
Gefahr, beispielsweise Arnolds Fehler zu begehen, der als einer der populars
ten Protagonisten der Konvergenzbehauptung eine kritische Oberprufung der
Voraussetzungen seiner Schlussfolgerungen als "theoretisch letztlich unergie
big" (ARNOLD 1998, S. 234) bezeichnet. UHE (1996), der wirtschaftliche An
spruche und padagogische Zielsetzungen in einem Spannungsverhaltnis
versteht und in der Begrundung auf die Kategorien Bildung und Qualifikation
zuriickgreift, indem er letzterer ausschlielSlich die Funktion der Befahigung
zur Bewaltigung von Aufgaben und ersterer die Heranbi!dung zur selbstbe
wussten und selbstbestimmten Personlichkeit zuspricht, kann zu seiner
Schlussfolgerung eines Spannungsverhaltnisses nur deswegen kommen, wei!
er einer "Hypostasierung kategorialen Denkens" (HElD 2002, S. 639) erliegt:
Denn die wechselseitige AusschlielSlichkeit von Qualifikation und Bildung ist
schon theoretisch fragwurdig, empirisch ist sie jedoch kaum uberprufbar. Die
Problematik besteht vor aHem darin, dass im Verlauf der Debatte die Vorlau
figkeit von empirisch bislang nicht uberpruften Aussagen aulSer Acht gelassen
wird.
Der Ruckgriff auf empirische Sekundarquellen stellt ein Problem dar, wenn darin die Daten fehlinterpretiert werden. So werden beispielsweise das allge
mein gestiegene Qualifizierungsniveau bzw. ein als hohes Allgemeinbil
dungsniveau interpretiertes Kompetenzspektrum Beschaftigter als
Ausgangsargument fur die Feststellung entsprechend gewandelter Arbeitsan
forderungen genommen (vgl. z.B. DEHNBOSTEL 2000; ULRICH 2000). Die Unter
stellung dieses Zusammenhangs blendet die vielfaltigen denkbaren und
tatsachlich wirksamen EinflussfaktorE:n auf die individuelle Kompetenzent
wicklung voHig aus. Die Erklarung eines individuellen Kompetenzprofils mit
110 Kritische Bestandsaufnahme und Entwurf des Regensburger Konvergenz-Konzepts
(individuellen) Anforderungen im Beschaftigungsfeld einer Versuchsperson
ware nur unter der Grundannahme nachvollziehbar und sinnvoll, dass alle
anderen Einfliisse als nicht ausschlaggebend angenommen wiirden. Da diese
Position jedoch vollig unplausibel ist, ist sie als Fehlinterpretation der be
trachteten Daten zu verwerfen.
Ebenso absurd ware die Annahme, die Erhebung von Daten iiber allgemeine
Kompetenzprofile von Akteuren im Beschaftigungsfeld wiirde als Vorausset
zung dafiir geniigen, dass es sich bei den erhobenen Daten urn Anforderungen
des Beschaftigungsfeldes handelt, dass also die Befragten eine implizite Fo
kussierung des Bezugsrahmens der Erhebung auf das berufliche Urnfeld vor
nehmen wiirden.
Die Schwachen der ausgetauschten Positionen zur Frage der Konvergenz oko
nomischer und padagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organi
sationsentwicklung bzw. zu kompetenzfordemden Arbeitsbedingungen
aufgrund ihrer fehlenden empirischen Evidenz belegen die Dringlichkeit em
pirischer Grundlagenforschung. Ohne empirische Uberpriifung sind weder
die Positionen zur Divergenzbehauptung noch die zur Konvergenzthese als
wissenschaftlicher Fortschritt (vgl. hierzu POPPER 1999, S. 50ff.) anzusehen, da
sie die bereits angedeuteten Fehler der Diskussion urn die (Un-)Vereinbarkeit
von allgemeiner und beruflicher Bildung wiederholen.
5.1.2 Kritikpunkt 2: Programmatik
Nach den Ausfiihrungen zur bislang ausstehenden empirischen Uberpriifung
lassen sich die in der Diskussion verwendeten hypothetischen Aussagen auch logisch iiberpriifen (vgl. PRIM & TILMANN 1997, S. 73). Hierbei fallt auf, dass
die ausgetauschten Positionen nahezu ausschliefSlich auf programmatischen
Aussagen basieren. Das fiihrt zu folgenden Problemen:
(a) Programmatische Aussagen handeln yom Wiinschbaren, nicht yom Reali
sierten. Sie resultieren haufig aus impliziten und deshalb unreflektierten
normativen Entscheidungen, wodurch mogliche Altemativlosungen a pri
ori ausgeblendet werden.
(b) Normative Satze konnen nicht empirisch wahr oder falsch sein und tau
schen universelle Geltung vor. Das gilt vor aHem dann, wenn dabei die
Kritische Bestandsaufnahme lind Entwurf des Regensburger Konvergenz-Konzepts 111
Frage nach den Realisierungsbedingungen des Wiinschenswerten viillig
aus dem Blick gerat.
(c) Prograrnrnatische Aussagen werden haufig als Tatsachenfeststellungen
formuliert. Das stellt eine unzuIassige Verwandlung normativer Aussagen
in deskriptive Aussagen dar.
Zu (a): Implizite normative Entscheidungen und Ausblendung von Alternati
Yen
Wenn beispieIsweise die Argumentationslinie verfoIgt wird, dass sich (erste
problematische Schlussfolgerung:) aufgrund sich stetig wandelnder Umwelt
bedingungen eine konkrete Form der Ausgestaltung betrieblicher Arbeitsor
ganisation etabliert hat, die der individuellen Kompetenz Beschaftigter eine
spezifische Bedeutung "verleiht", und davon abgeleitet (a Is zweite problema
tische Schlussfolgerung) generelle Aussagen iiber kompetenzfiirdernde Ar
beitsbedingungen und die Konvergenz iikonomischer und padagogischer
Prinzipien getroffen werden, dann gerat die grundsatzliche, individueIIe Ent
scheidung auiSer Acht, die mit der Festlegung auf eben die konkrete Form der
Arbeitsgestaltung getroffen wurde und der eine spezifische Interpretation der
beobachteten Erscheinungen zugrunde liegt. Wenn - urn das an einem kon
kreten Beispiel zu demonstrieren - PICOT, REICHWALD & WIGAND (1996) die
durch die Prinzipien Wandel und Unsicherheit charakterisierbare Situationsbe
schreibung a[s Herausforderung interpretieren, der es mit einer bffnung des
Unternehmens nach auiSen hin und flexiblen Strukturen zu begegnen gilt,
dann stellt dies keine zwangslaufige, quasi naturgesetzlich vorgezeichnete Re
aktion auf die wahrgenommenen Rahmenbedingungen dar, sondern sie ist
Resultat einer Interpretation der skizzierten Rahmenbedingungen und Folge
einer Entscheidung und Gewichtung von Phanomen. Hierbei spielen normati
ve Vorstellungen dariiber eine tragende Rolle, wie eine (gewiinschte) Zielsitu
ation nach MafSgabe von Wertungen aussehen soll. Die Integration von
Unsicherheit und Aufliisung der Unternehmensgrenzen stellt dabei nur eine
Miiglichkeit dar, der beispielsweise die genau umgekehrte Miiglichkeit der
Abschottung gegeniibersteht, nach der die "innere Sicherheit" aIs Garant fUr
die Bewaltigung der ungewissen Umfeldsituation gesehen wird (vgl. PRlDDAT
2000b). Unter diesem Paradigma wiirden dann die Bildung von Konglomera
ten bis hin zu Fusionen und die klare Definition von Aufgaben und Verant-
112 Kritische Bestandsaufnahme und Entwurf des Regensburger Konvergenz-Konzepts
wortung innerhalb des Unternehmens geeignete Reaktionen auf die Heraus
forderungen darstellen.
Die Ableitung von Aussagen aus der geschilderten Argumentenkette verdeckt
demnach, dass bei der Ausgestaltung wenig oder hochgradig kompetenzfor
dernder Arbeitsbedingungen normative Werthaltungen eine entscheidende
Rolle einnehmen. Indem dies aus dem Blick gerat, fallen auch Alternativen
beispielsweise auf der Basis anderer Bewertungen aus dem Diskussionsrah
men dessen, was im Zusammenhang der Beantwortung der Frage nach der
Konvergenz relevant ware.
Zu (b): Unzulassige Generalisierungen
Die Gefahr unzulassiger Generalisierungen zeigt sich, wenn Aussagen iiber
kompetenzfordernde Arbeitsbedingungen aus Programmatiken abgeleitet
werden, denn dies impliziert die Geltung der Programmatik oder der Bezugs
norm fiir die Arbeitswelt allgemein.
Wenn nun ein Unternehmen laut seines Programms die individuelle Kompe
tenzentwicklung der Beschaftigten fOrdern und anspruchsvolle Arbeitsplatze
fur anspruchsvolle Beschaftigte bieten mochte, dann beansprucht dieses Pro
gramm Geltung fiir den gesamten Unternehmensbereich. Die in Kap. 4.3 ange
fiihrten Protagonisten der Konvergenzbehauptung implizieren sogar die
Geltung soIcher (und ahnlicher) Bedingungen fiir einen groBen Teil des Be
schaftigungssystems.
Skepsis gegeniiber soIchen Generalisierungen ist angebracht, weil sie unzulas
sig sind: Der unternehmensweite Geltungsanspruch dieser Programme bein
haltet nicht die Gewahrleistung ihrer Realisierung, so dass Beschaftigten zwar die Moglichkeit bzw. die Chance eingeraumt wird, eine anspruchsvolle, die
individuelle Kompetenz fordernde Beschaftigung angeboten zu bekommen.
Ob, unter weIchen Bedingungen und nach weIchen Kriterien diese Beschafti
gungen jedoch tatsachlich erreicht werden konnen, blenden die Programme
aus. Den Adressaten der Angebote - den Beschaftigten - bleiben die Bedin
gungen der Realisierungen dieser Angebote intransparent. Ahnlich argumen
tiert HElD (1992) iiber die Verwendung des Chancenbegriffs im
Zusammenhang mit Selektionsprozessen im Beschaftigungssystem. An
spruchsvolle Beschaftigte zeichnen sich (zumindest unter einer padagogischen
Perspektive) dadurch aus, verantwortlich zu handeln, was die prinzipielle
Moglichkeit eines Widerspruchs zwischen der Individualperspektive, die fur
das individuell verantwortete Handeln letztlich maGgeblich ist, und der Be
triebsperspektive beinhaltet. In den Programmen werden Ideale als Zielvorga
ben definiert und solche (prinzipiell moglichen) Zielkonflikte werden
ausgespart. Insofern ist es unzuHissig, die Programme als Ableitungsvoraus
setzung hir Aussagen tiber die Ausgestaltung betrieblicher Arbeitsorganisati
on heranzuziehen.
Empirische Befunde stUtzen Zweifel an einer unternehmensweiten Realisie
rung dessen, was in Programmen unter anspruchsvollen Beschaftigungsver
haltnissen angektindigt wird. So zeigen Untersuchungen, dass selbst innerhalb
von Arbeitsorganisationen, die in hohem MaGe auf Selbststeuerung von Ar
beitsgruppen setzen - also ein durchaus hohes Realisierungsniveau kompe
tenzfbrdernder Arbeitsbedingungen erreichen -, Abwechslungsreichtum,
Interessanntheit und fachlich-inhaltliche Herausforderung der Arbeitstatigkeit
von keinem geringen Teil der betroffenen Beschaftigten (in etwa 40 Prozent)
als nicht verbessert gegentiber restriktiven Arbeitsbedingungen bewertet wer
den (vgl. KUHLMANN & SCHUMANN 2001, S. 273). In reprasentativ angelegten
Befragungen von Beschaftigten durch das BIBB und das lAB zeigte sich in den
90er Jahren mit bemerkenswerter Stabilitat, "dass die Befragten nach wie vcr
Defizite bei der Moglichkeit sehen, sich beruflich weiterzubilden bzw. hinzu
zulernen" (PARMENTIER 2001, S. 17), was letztlich eine Generalisierung des in
Programmatiken Geforderten als unangemessen erscheinen lasst.
Generalisierungen ftir die Arbeitswelt allgemein stellen zunachst einmal eine
grobe Vereinfachung der Sachverhalte dar, da sie einheitliche Verhaltnisse
unterstellen. So wenig, wie es die Arbeitswelt schlechthin gibt, so wenig lasst
sich berechtigterweise annehmen, dass es die Programmatik fiir die Vielzahl
unterschiedlicher Unternehmen gibt. Programmatische Aussagen konnen
nicht empirisch wahr oder falsch sein, sie konnen lediglich akzeptiert oder ab
gelehnt werden. Eine konkrete Ausgestaltung betrieblicher Arbeitsorganisati
on ist Resultat einer Menge von individuellen Entscheidungen, Wertungen
und Auswahlprozessen, vorgenommen von den jeweiligen Entscheidungstra
gern in konkreten und daher von anderen unterscheidbaren Unternehmen.
Schon alleine die Entscheidung dariiber, welche Ereignisse und Sachverhalte
in der komplexen Umwelt eines Unternehmens bei der Festlegung von Unter
nehmensstrategien iiberhaupt in Betracht gezogen werden, ist ein Vorgang,
der aus eben genannten Grtinden nicht generalisiert werden darf. Umso weni
ger ist dies flir die Schlussfolgerungen in Hinblick auf die konkrete Ausge-
114 Kritische Bestandsaufnahmc und Entwurf des Regensburger Konvergenz-Konzepts
staltung der Arbeitsorganisation zuHissig. Ahnlich verhalt es sich mit der An
nahme einer "Generalprogrammatik". Das, was hier als Unternehmenspro
grammatik diskutiert wird, entspringt nach ScHEIN (1995) ,,1. den
Uberzeugungen, Werten und Pramissen der Unternehmensgrtinder; 2. den
Lernerfahrungen der Gruppenmitglieder im Verlauf der Unternehmensent
wicklung; und 3. neuen Uberzeugungen, Werten und Pramissen, die von neu
en Mitgliedern und Ftihrungspersonlichkeiten stammen" (S. 173). D.h.
Unternehmensprogrammatiken hangen von Bewertungen konkreter Gege
benheiten in spezifischen Kontexten ab, von denen nicht angenommen werden
kann, dass sie ftir den Gro15teil des Beschaftigungssystems gleiche Merkmale
aufweisen.
Wie sehr empirische Befunde Anlass zu Zweifel geben, die Generalisierungs
unterstellung fande Korrespondenz in der "Wirklichkeit" betrieblichen Ar
beitsalltags, arbeitet beispielsweise BDCHTER (1997) am Beispiel des an
betriebliche Bildungsarbeit herangetragenen und nicht einzulosenden An
spruchs der Subjektstarkung bei gleichzeitiger Gruppenintegration heraus. Sie
bezeichnet derartige Hoffnungen und Erwartungen als Utopie und Symbol
einer Mythenbildung (vgl. S. 230ff.). D' ALESSIO & OBERBECK (1994) zeigen am
Beispiel des deutschen Bankgewerbes, dass im Dienstleistungsbereich "Selbst
bedienungskonzepte ... frohliche Urstande" feiern (S. 54) und ein Abbau quali
fizierter Personalbestande zugunsten standardisierter Prozessdefinition
erfolgt, der Beschaftigte mit Expertenstatus nur noch in Spezialabteilungen
(die zentral organisiert sind) notwendig macht (vgl. S. 62ff.). DORRE (1996)
fand in einer Zusammenschau verschiedener am SOFI durchgefiihrter Unter
suchungen, dass in der Mehrzahl der Betriebe zwar Partizipations- und indi
viduelle Entwicklungschancen (und zwar vom Management) gewahrt werden,
ein Recht bzw. eine Garantie auf Chancemealisierung existiert jedoch nicht
und wird in der Regel nur in dem Ma15e eingeraumt, in dem Richtlinien und
Interessen des Managements nicht tangiert werden (vgl. S. 20ff.). Zu ahnlichen
Befunden hinsichtlich der Zweifelhaftigkeit der beschriebenen Generalisie
rungsannahmen kommen u.a. auch DORRE, NEUBERT & WOLF (1993), KADTLER
(1998) und MATZKE (1996).
Zu (c): Unzulassige Verwandlung normativer in deskriptive Satze
Das schwerwiegendste Problem der in der Konvergenzdebatte ausgetauschten
Argumente besteht darin, dass Aussagen tiber den Grad, wie weit eine Ar-
Kritische Bestandsaufnahme und Entwurf des Regensburger Konvergenz-Konzepts 115
beitsorganisation die Entwicklung individueller Kompetenz unterstUtzt - d.h.
Aussagen tiber das, was man als Wirklichkeit vorzufinden glaubt oder be
hauptet -, unter Berufung auf geltende Untemehmensprogrammatik formu
liert werden. Dies ist aus logischen Grtinden problema tisch, weil damit
normative Aussagen unzulassigerweise in deskriptive Aussagen verwandelt
werden. Dabei gehen deskriptive Satze als Aussagen tiber die Effekte (namlich
Ausma1S der Kompetenzforderung) konkreter (well bestimmte Formen auf
weisender) Arbeitsorganisation in ihrem Bedeutungscharakter tiber das hin
aus, was normative Aussagen leisten konnen. Wenn praskriptive Aussagen
keine empirischen Implikationen haben, sondem eben praskriptiv-normative,
kormen aus ihnen keine empirischen Aussagen abgeleitet werden (vgl. PRIM &
TILMANN 1997, s. 113). Da es allerdings unter den Gesichtspunkten der Logik
auch moglich ware, dass Aussagen zutreffend sind, obwohl sie auf falschen
Voraussetzungen beruhen, sei auf empirische Befunde verwiesen, die eine
mangelnde Ubereinstimmung zwischen vorherrschender Untemehmenspro
grammatik und praktiziertem Arbeitsalltag nachweisen. So konnte JANSEN
(2000,2001) in einer Reprasentativbefragung in deutschen Industrieuntemeh
men im Rahmen einer BIBB/IAB-Studie eine bemerkenswerte Feststellung
machen: Wie diese Untersuchung zeigt, wirken sich nicht alle Veranderungen
im Betrieb auf die Beschaftigten aus. "Rund drei Viertel der Erwerbstatigen
(77%) haben die eine oder andere Anderung im Betrieb erfahren. Davon hat
sich bei der Mehrheit - das sind 41 Prozent aller Erwerbspersonen - auch eine
Auswirkung auf die personliche Arbeitssituation ergeben. Bei 36 Prozent
wurde die eine oder andere Veranderung im Betrieb zwar registriert, alIer
dings habe das keine direkten Auswirkungen gehabt" GANSEN 2000, S. 7f.).
Selbst werm kleinere Betriebe mit weniger als 100 Beschaftigten ausgeklam
mert werden - die Managementkonzepte sind auf gro1Sere Untemehmen hin
ausgerichtet -, so "ist gut jeder Zweite direkt bei seiner Arbeit von solchen
Veranderungsprozessen betroffen gewesen" (5. 8). Damit ist aber auch gesagt, dass fast jeder Zweite keine personiiche Betroffenheit berichten kann. Nun
kormen diese Antworten unterschiedlichsten Verzerrungen unterliegen, weil
es beispielsweise in Gro1Sbetrieben schwieriger ist, den Gesamtbetrieb zu ti
berblicken und somit Aussagen tiber betriebliche Veranderungen zu treffen
und es insofem auch schwierig ist, personliche Betroffenheit auszudriicken.
Andererseits wiederum ware es denkbar, dass von Veranderungen berichtet
wird, ohne dass dem eine entsprechende personliche Erfahrung zugrunde
116 Kritische Bestandsaufnahme und Entwurf des Regensburger Konvergenz-Konzepts
liegt (zum Beispiel wenn in der Offentlichkeit der Anschein tiberwiegt, be
triebliche Veranderungsprozesse seien an der Tagesordnung).
Derartige Einfltisse ktinnen beiseite gelassen werden, wenn lediglich der Hin
weis belegt werden soll, dass weder die programmatische Verankerung von
Veranderungsprozessen noch tatsachlich arrangierte Wandlungen zu Auswir
kungen auf die Beschaftigten ftihren mtissen bzw. von diesen als Auswirkun
gen wahrgenomrnen werden mtissen. So erwarteten WOMACK, JONES & Roos
(1991), dass in Folge der Durchsetzung der Erkenntnisse aus ihrer internatio
nalen Studie der Automobilindustrie die (durchweg schlank organisierten)
Fabrikhallen der spaten 90er Jahre ausschlie15lich mit Problemltisern geftillt
seien (5. 130). Dass diese Erwartung nicht generell erftillt wurde, liegt nach
KUHLMANN & KURZ (1995) daran, dass die arbeitsorganisatorischen Verande
rungen nicht in allen Bereichen voll umgesetzt wurden, vor allem was die in
formellen Strukturen betrifft. Sie stellen fest, dass "der betriebliche Wandel
trotz wichtiger arbeitsorganisatorischer Innovationen in Teilbcrcichen in vie
lerlei Hinsicht durch ein Fortschreiben der bestehenden sozialen Strukturcn
gepragt ist. ... Umbrtiche betrieblicher Strukturen sind dabei vor allem an
notwendigen Veranderungen der sozialen Beziehungen und der Sozialorgani
sation gescheitert" (5.34).
Deutlicher bestatigt die BIBB/IAB-Untersuchung hingegen die oben vor dem
Hintergrund der Herausforderungen fUr die Unternehmen getroffene Situati
onsbeschreibung, der Druck auf die Betriebe und so mit auf die Beschaftigtcn
wtirde sich verscharfen. Hier berichten weitaus mehr Befragte tiber eine Zu
nahme als von einer Abnahme an Stress, Arbeitsdruck und fachlichen Anfor
derungen. Auch das Risiko des Arbeitsplatzverlustes nehme eher zu als ab
ebenso wie die Tendenz zu Oberstunden (vgl. JANSEN 2001, S. 52ff.).
Es zeigt sich also zusammenfassend, dass die in der Literatur vorgetragenen
Aussagen zu kompetenzftirdernden Arbeitsbedingungen und einer Realisie
rung der Konvergenz tikonomischer und padagogischer Prinzipicn betriebli
cher Personal- und Organisationsentwicklung ausschlieiSlich den Status von
Zielaussagen und Programmatiken besitzen, wei! sie eben aus programma
tisch-normativen Aussagen abgeleitet werden.
Kritische Bestandsaufnahme und Entwurf des Regensburger Konvergenz-Konzepts 117
5.1.3 Kritikpunkt 3: Unterstellung einseitiger Zusammenhiinge
Managementkonzepte sind - und das ist nicht weiter verwunderlich - in der
Regel aus der Perspektive der Untemehmensleitungen formuliert. Sie konnen
als Appelle an die Gesamtheit der Beschaftigten interpretiert werden, dem Ar
beitshandeln und der Arbeitsgestaltung bestimmte Prinzipien zugrunde zu
legen. Diese Ausrichtung der Managementkonzepte fordert jedoch eine ein
seitige Betrachtungsweise: Partizipation, Aufbau vertrauensvoller Beziehun
gen, Orientierung an den Bediirfnissen Beschaftigter - all diese Aspekte
werden in der Managementliteratur und in den Managementkonzepten zu
meist funktional verwendet (vgl. DORRE 1996, S. 20). Sie dienen dem Zweck
okonomischer Optimierung der Arbeitsorganisation. Die Art und Weise, wie
in der Managementliteratur Begriffe Verwendung finden, hat durchaus sug
gestiven Charakter und unterstUtzt die Immunisierung gegen kritische Zu
gange. So argumentiert beispielsweise WATERMAN (1996), Grundlage
erfolgreicher Untemehmen sei die Erkenntnis, dass "die Bediirfnisse des Un
temehmens und die Bediirfnisse der Mitarbeiter untrennbar miteinander ver
bunden sind" (5. 11). Entscheidend ware nun aber eine konkrete Interpretation
der Bediirfnisse des (!) Untemehmens sowie die der Mitarbeiter. Hierbei zeigt
sich, dass die Argumentation zumeist an der (Fehlinterpretation der) Herz
bergschen Motivationstheorie ansetzt (vgl. BECKER & LANGOSCH 1995, S. 254),
wonach die Hygienefaktoren der Arbeit bemuht werden, urn hohe Arbeits
leis tung zu gewahrleisten. Dass die Erfullung der Hygienefaktoren aber allen
falls eine Voraussetzung fur hohe Arbeitsleistung, jedoch keinesfalls Garant
dafur sein kann und im Prinzip die Beschaftigten alleine die letztentscheiden
de Instanz fur die Entwicklung von Leistungsmotivation darstellen, bleibt un
berucksichtigt. Insofem kann davon gesprochen werden, dass einseitige
Zusammenhange unterstellt werden.
Betrachtet man die Generalsystematik betrieblichen Personalmanagements
(HILB 1991), so wird darin eine strategische Ausrichtung auf die Untemeh
mensziele hin eingefordert (5. 128). HILB entwickelt ein Matrixsystem, in dem
die soziale Dimension zwar gleichberechtigt neben der wirtschaftlichen und
technologischen eingefuhrt wird. Die Beurteilungskriterien fur die Qualitat
des Konzepts beziehen sich jedoch - ohne explizit darauf zu verweisen - allei
ne auf wirtschaftliche Kennzahlen. Es steht zu lesen, dass die Zielsetzung be
trieblicher Organisationsentwicklung auf die "optimale Ausschopfung der
118 Kritische Bestandsaufnahme und Entwurf des Regensburger Konvergenz-Konzepts
Begabungs- und Leistungspotentiale der Mitarbeiter im Interesse sowohl der
langfristigen Persiinlichkeits- als auch der Unternehmensentwicklung" (5. 136)
ausgerichtet sein miisse. Allerdings greifen bei der Beurteilung des Erfolgs von Ma1Snahmen, die auf die soziale Dimension betrieblichen Personalmana
gements gerichtet sind, folgende Uberlegungen: "Auf der sozialen Dimension
wurde ein (kostenneutraler, z.T. kostensenkender) Beitrag zur Humanisierung
der Arbeitswelt geleistet" (5. 134). Der Hinweis auf Kostenneutralitat muss als
Legitimation eben jener Ma1Snahmen gewertet werden, da er andernfalls we
nig Sinn macht. Der Kern dieses Ansatzes besteht also darin, die Humanisie
rung der Arbeitswelt soweit voranzutreiben, wie dies aus betriebswirtschaft
lichen bzw. kostenorientierten Uberlegungen heraus sinnvoll erscheint. Diese
einseitige Verbesserung der Arbeitswelt fiihrt dann (offenbar) automatisch zu
den erhofften iikonomischen Erfolgen. An we1che Bedingungen aus Sicht kon
kreter Beschaftigten dieses Ergebnis au1Serdem gekniipft sein kiinnte, bleibt
unerwahnt. Es wird hier eine Kausalbeziehung zwischen begrenzter Humani
sierung und anschlie1Sender Leistungssteigerung angenommen.
Eine derart einseitige Perspektive lasst sich auch bei der Diskussion urn Kon
zepte lernender Organisationen aufzeigen. Die Relevanz von Konzepten ler
nender Organisationen wird nicht zu Unrecht mit den sich wandelnden
Rahmenbedingungen (vgl. Kap. 3) begriindet. Ais kleinsten gemeinsamen
Nenner in der Vielfalt der Ansatze lasst sich finden, dass lernende Organisati
onen sich durch die Bewaltigung des steten Wandels auszeichnen (vgL STICH,
SIEBIERA & LERCH 1997). Diese Interpretationen wirft bedeutsame Fragen auf:
1st eine Organisation, die in der Bewaltigung von Bedingungen an Grenzen
stii1St, keine lernende Organisation? Zeichnet sich eine lernende Organisation also (nur) durch okonomischen Erfolg aus? Nach welchen Kriterien wurde
dann iikonomischer Erfolg zu messen sein? Oder in Anlehnung an Watzla
wick: Kann eine Organisation iiberhaupt "nicht lernen"?
Es scheint sich auch hier zu zeigen, dass die Konzepte funktionalen Charakter
besitzen, bei denen die okonomische Verwertung ausgewahlter Lernerfolge im
Vordergrund steht und nicht die Frage nach den Bedingungen erfolgreichen
Lernens. Vielleicht liegt ihnen sogar eine zirkulare Argumentation zugrunde,
dass als Lern-Erfolg nur das wahrgenommen wird, was sich betriebswirt
schaftlich "rechnet". Aufwendungen fUr die Unterstiitzung von Lernprozes
sen scheinen genau und nur dann gerechtfertigt, wenn sie zur Bewaltigung
der betrieblichen Probleme beitragen. Auch wenn zugestanden wird, dass die
Kritische Bestandsaufnahme und E_ntwurf des Regensburger Konvergenz-Konzepts 119
Zurechenbarkeit einzelner Lernerfolge zu aggregierten Erfolgsgriil5en nicht
(immer) miiglich erscheint, werden die Ansatze lernender Organisation doch
tiberwiegend unter dem Gesichtspunkt erfolgreicher Bewaltigung der Anfor
derungen eriirtert.
Die Fokussierung auf als gelungen interpretierte Lernprozesse liegt u.a. in der
Entwicklungsgeschichte dieser Ansatze begrtindet, denn schon die frtihen An
satze stellen im Prinzip Interpretationen und Abstraktionen vergangener (und
eben als erfolgreich gedeuteter) Lernprozesse dar. Lewins hauiig aufgegriffe
nes Drei-Stufen-Modell zur Beschreibung von organisationalen Lern- und
Veranderungsprozessen, die dart in die drei Phasen des Auftauens, der Ver
anderung und der Zustandsstabilisierung unterteilt werden (vgl. BECKER &
LANGOSCH 1995, S. 66f.; FREI U.A. 1996, S. 132£.), ist Folge seiner in der Feldthe
orie entwickelten Grundannahmen (LEWIN 1963), die sich schliel5lich tiber die
in der Laboratoriumsmethode gewonnenen Erkenntnisse tiber Einflussfakto
ren erfolgreichen Lernens konsolidierten (vgl. GAIRING 1996, S. 58ff.). Die
Entwicklung solcher Modelle lasst sich ebenfalls in drei Schritten beschreiben:
zunachst wird (1.) eine Entscheidung dartiber getroffen, welche Lernprozesse
tiberhaupt betrachtet werden sollen. Dies setzt zwei Dinge voraus, dass nam
lich welche stattgefunden haben und dass sie von den Beobachtern als rele
vant (!) eingeschatzt werden. (2.) Anschliel5end erfolgt eine Interpretation und
Analyse der Lernprozesse auf Basis der die Beobachtung leitenden Grundan
nahmen. (3.) Abschliel5end werden entsprechende Schltisse gezogen und Mo
delle entwickelt. Das Problem ist nun, dass ausgehend von Erkenntnissen, die
in Beobachtung unter der Perspektive eines spezifischen Erkenntnisinteresses
gewonnen wurden, Ableitungen fiir jegliche Lernprozesse in Betrieben gezo
gen werden. Die Schwierigkeit besteht weniger darin, dass diese Modelle nieht
auf "unerwtinschte", "wenig erfolgreiche" oder "falsche" Lemprozesse an
wendbar seien. Vielmehr bleibt in der Diskussion dieser Konzepte der Blick
auf die individuellen Gesichtspunkte ausgeblendet, die Lernprozesse (und
Handlungen allgemein) ausliisen und in eine ganz spezifische Richtung len
ken. Insofern ist festzuhaiten, dass die im dritten Kapitel beschriebenen An
satze defizitaren Motivationsvorstellungen unterliegen und lediglich in der
Erfiillung der Hygienefaktoren von Herzberg den entscheidenden Ausliiser
von Leistungssteigerung sehen.
120 Kritische Bestandsaufnahme und Entwurf des Regensburger Konvergenz-Konzepts
5.1.4 Kritikpunkt 4: Abstraktionsniveau der Anforderungen
Neben der offensichtlichen Vemachlassigung motivationstheoretischer Ge
sichtspunkte durch die einseitige Perspektive ist mit dem Verweis auf das ho
he Abstraktionsniveau der Kompetenzanforderungen an Beschaftigte ein
weiterer Kritikpunkt an der Diskussion urn die Konvergenzthematik zu nen
nen. Mit der Rilcknahme der Reglementierung von Arbeitsschritten durch die
Verlagerung von Entscheidungsbefugnis an die ausfilhrenden Bereiche, die
mit Einflihrung der Gruppenarbeit begormen hatte und in den darauf folgen
den Konzepten immer weiter vorangetrieben wurde, veranderten sich die An
forderungen, mit denen Beschaftigte im Arbeitsprozess konfrontiert wurden.
Je offener die Aufgaben in den Konzepten formuliert werden, desto mehr rli
cken Meta-Kompetenzen in den Vordergrund. So werden sowohl in der
deutschsprachigen (z.B. BECKER 1999; PICOT, REICHWALD & WIGAND 1996) als
auch in der englischsprachigen Literatur (z.B. EVERS, RUSH & BERDROW 1998;
HAMEL & PRAHALAD 1994) die Kompetenzanforderungen an Beschaftigte als
Herausforderung dargestellt und auf abstrakte Fahigkeiten und Kompetenzen
verwiesen. Dabei zeichnet sich folgende Schnittmenge solcher Ansatze ab, die
als glinstige Voraussetzung flir kompetenzfbrdemde Arbeitsbedingungen ge
sehen werden (vgI. PICOT, REICHWALD & WIGAND 1996, S. 453f.):
• Lemen zu lemen: Die Beschaftigten sollen ihre Lembiographie selbst ges
talten.
• Basiskompetenzen: Diese bestehen aus fachlichem Wissen einerseits und
der Beherrschung der neuen Techniken der Informationsverarbeitung an
dererseits.
• Kommunikationskompetenz: Die Beschaftigten sollen die Fahigkeit besit
zen, sich auszutauschen.
• Selbstrnanagement: Die Beschaftigten sollen in eigener Verantwortung und
aus eigenem Antrieb handeln und ihr Handeln selbst kontrollieren.
• Flexibilitat: Die Beschaftigten sollen fahig sein, kreativ zu denken und
Probleme eigenstandig zu Ibsen.
• Sozialkompetenz: Die Beschaftigten sollen Team£ahigkeit aufweisen, Kon
flikte bewaltigen und mit Stresssituationen umgehen kbrmen.
• ProblemlOsekompetenz: Die Beschaftigten sollen in der Lage sein, Proble
me eigenstandig zu Ibsen und die notwendigen Entscheidungen zu treffen.
Kritische Bestandsaufnahme und Entwurf des Regensburger Konvergenz-Konzepts 121
• Selbststandigkeit: Die Beschaftigten sollen sich nicht als Befehlsempfanger,
sondem als eigenstandige Teile des Systems Untemehmen begreifen und
somit se/bst wollen und tun, was sie wollen und tun sollen.
• Innovationsfahigkeit: Die Beschaftigten sollen bereit sein, innovativ zu
handeln und Verbesserungen der Arbeitsprozesse durchzusetzen.
Diese Kompetenznennungen sind wenig eindeutig und lassen eine breite
Spanne an Deutungen zu. Indem diese Anforderungen an Beschaftigte weithin
akzeptiert werden und in Folge dessen die Forderung nach derart kompeten
ten Beschaftigten etabliert wird, findet ein Anforderungskatalog breite Aner
kennung, der unscharf und aus folgenden Grunden problema tisch ist:
(a) Aus Sieht eines Betriebes ist es problema tisch, wenn unprazise Anforde
rungen gestellt sind, da sie eine abgestimmte Personalauswahl, die Identi
fikation entsprechender Fahigkeiten oder aber die Identifikation eines
entsprechenden Bildungsbedarfs erschweren.
(b) Aus Sieht der Beschaftigten ist es problema tisch, wenn sie mit der Erwar
tung konfrontiert werden, Anforderungen zu bewaltigen, die sie weder
kennen noch kontrollieren konnen.
(c) Die Bewahrung unpraziser Kompetenzanforderungen unterstUtzt Versu
che, Machtverhaltnisse zu verschleiem und individuelle Entscheidungen
zu legitimieren, die nicht zum Diskurs gestellt werden konnen oder sollen.
Dies ist beispielsweise im Prozess der Personalauswahl der Fall, wenn
Kandidaten die Eignung fur eine Position unter Bezugnahme auf fehlende
(abstrakte) Kompetcnzen abgesprochen wird (vgl. hierzu z.B. STRUCK
1998).
Auch in Hinblick auf die Frage nach kompetenzfordemden Arbeitsbedingun
gen stellt die fehlende Prazision der Anforderungen ein Problem dar. Zum
einen muss, urn eine Kompetenz zu entwickeln und in den Arbeitsvol!zug einzubringen, klar sein, was genau gelemt und welche Leistung erbracht wer
den muss. Es ist also hierfur schon eirunal Ubereinstimrnung bezuglich der
inhaltlichen Ausdeutung dieser abstrakten Kompetenzanforderungen not
wendig. Zum anderen kann ein Nutzen der Kompetenzanwendung (der gemag Grundannahme 2 aus Abschnitt 2.1.1 Voraussetzung damr ist, dass
iiberhaupt Kompetenz angewendet wird) nur dann realisiert werden, wenn
die Performanz mit der Erwartung (Anforderung) inhaltlich ubereinstimmt. In
einer Situation mit Vorgesetzten und Mitarbeiter miissten beide auf ein ge-
122 Kritische Bestandsaufnahme und Entwurf des Regensburger Konvergenz-Konzepts
meinsam geteiltes Verstandnis zuruckgreifen konnen, urn optimale Voraus
setzungen fiir kompetenzWrdemde Arbeitsbedingungen zu erfiillen. Ange
siehts des hohen Grades an Abstraktion bei den formulierten
Kompetenzanforderungen an Beschaftigte in modem organisierten Betrieben
scheint es - auch auf Basis empirischer Befunde (vgl. HARTEIS U.A. 2001) unsi
cher, dass ein gemeinsam geteiltes Verstandnis vorhanden ist.
5.1.5 Kritikpunkt 5: Relevanz 6konomischer und piidagogischer Uberlegungen
1m vierten Kapitel wurde die erziehungswissenschaftIiche Debatte urn die
Konvergenz okonomischer und padagogischer Prinzipien betrieblicher Perso
nal- und Organisationsentwicklung als die Bewertung der Veranderungen der
Arbeitswelt aus padagogischer Perspektive dargelegt. Bei dieser Diskussion
wird unterstellt, dass Beschaftigte in Zusarnrnenhang mit der Entwicklung
und der Anwendung beruflicher Kompetenz sowohl okonomische als auch
padagogische Uberlegungen in ihr Kalkiil integrieren. Wie weit diese Annah
me zutrifft und in welchem Verhaltnis beide Aspekte zueinander stehen, so11-
ten sie tatsachlich von Relevanz sein, ist bis dato ungeklart.
Wenn zwar darauf hingewiesen wird, dass der Stellenwert beruflicher Arbeit
in der heutigen Gesellschaft nieht mehr (iiberwiegend) als notwendige Vor
aussetzung zur Sieherung des Lebensunterhalts gesehen wird, sondem auch
individuelle Anspruche bedienen muss (vgl. z.B. KEHL 1989; MAASE 1989, S.
366ff.; WIELAND 2000, S. 36f.), folgt daraus nicht zWingend, dass padagogische
Uberlegungen im Sinne individue11er Kompetenzentwieklung im Zusarnrnen
hang mit beruflichen Kompetenzanforderungen eine Rolle spielen. Denn berufliehe Arbeit kann auch instrumentell beispielsweise als QueUe sozialer
Anerkennung betrachtet werden, die nicht notwendigerweise mit Aspekten individueller Kompetenzentwicklung einhergehen muss.
Folgt man dieser Feststellung, ist sowohl die Argumentation der Konvergenz
behauptung als auch die Rechtfertigung der Divergenzannahme neu zu hin
terfragen: Die Konvergenzthese wird, wie bereits gezeigt wurde, vor allem
dadurch begriindet, dass Ziele betrieblicher Veranderungsbemiihungen mit
Zielen individueller Personlichkeitsentwicklung als padagogische Bezugsgro
Be zusammenfallen. Die Vertreter der Konvergenzthese gehen also prinzipiell
davon aus, dass Beschaftigte im Kontext ihrer beruflichen Arbeit Ziele indivi-
Kritische Bestandsallfnahme llnd Entwllrf des Regensburger Konvergenz-Konzepts 123
dueller Personlichkeitsentwicklung verfolgen und berufliches Handeln daher
(auch) padagogischen Maximen zu folgen habe. AuEer Zweifel steht, dass Be
schaftigte mit ihrem beruflichen Handeln okonomische OberJegungen in Ver
bindung bringen, da Erwerbsarbeit gerade tiber die Bereitstellung der
okonomischen Lebensbasis definiert wird (vgl. HAMMER 1997, S. 57; LUTZ
1989, S. 219ff.). Erwerbsarbeit wird jedoch nicht tiber die Erftillung padagogi
scher Zielsetzungen und Bedtirfnisse Beschaftigter definiert, unabhangig da
von, wie weit im Rahmen von Untemehmensprogrammatik solche
Oberlegungen aufgegriffen werden. Von daher ist die Frage zu klaren, ob die
Unterstellung padagogischer Oberlegungen im Zusammenhang mit berufli
cher Arbeit empirisch belegbar ist oder ob sie als "padagogischer Imperialis
mus" bzw. "Padagogisierung der Arbeitswelt" anzusehen ist.
5.2 Entwurf des Regensburger Konvergenz-Konzepts
Nachdem nun in einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Stand der er
ziehungswissenschaftlichen Debatte urn die Bewertung der Veranderungen in
der Arbeitswelt Probleme im aktuellen Forschungsstand benannt wurden, soil
hier mit dem Regensburger Konzept der Konvergenz okonomischer und pa
dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung
ein Ansatz vorgestellt werden, der die benannten Schwachstellen vermeidet
und daher tiber den aktuellen Literaturstand hinausgeht. Das Konzept 5011 im
Unterschied zu anderen Ansatzen nicht aus programmatisch-normativen Aus
sagen abgeleitet werden, sondern aus einer rationalen Beschreibung von
Problemen und Herausforderungen der Ausgestaltung betrieblicher Arbeits
organisation hervorgehen.
1m Rahmen des DFG-Projekts "Betriebliche Personalentwicklung" (Aktenzei
chen He1158/4-1) wurde ein Regensburger Konzept der Konvergenz okono
mischer und padagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und
Organisationsentwicklung entworfen, das im Unterschied zu den im Kap. 4.3
beschriebenen Ansatzen einen anderen theoretischen Bezugsrahmen setzt und
auf die Berufung auf Untemehmensprogrammatik verzichtet. Die Stimmigkeit
der Konvergenzannahme kann aus okonomischen und padagogischen
Grundkonzepten heraus argumentiert werden, wobei ftir die Beschreibung
dessen, was in dies em Konzept als okonomisches und padagogisches Prinzip
124 Kritische Bestandsaufnahme und Entwurf des Regensburger Konvergenz-Konzepts
verstanden werden soIl, die Bezugnahme auf wesentliche, grundlegende theo
retische Positionen geniigt.
5.2.1 Die 6konomische Perspektive betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung
Privatwirtschaftlich gefiihrte Untemehmen verfolgen in der Regel keinen
Selbstzweck, sondem unterliegen dem Primat der Wirtschaftlichkeit. Dieses
legt als ersten und grundlegenden Untemehmenszweck die Erwirtschaftung
von Ertragen fest, wobei damit nur ein sehr abstraktes und unklares Grund
prinzip beschrieben ist, dessen Konkretisierung in eine Vielzahl unterschiedli
cher Kriterien von Wirtschaftlichkeit miinden kann (vgL ULRICH 1996). Das
formale bkonomische Prinzip besteht darin, aus vorhandenen knappen Res
sourcen maximalen Nutzen zu erzielen oder einen angestrebten Nutzen mit
minimalem Ressourceneinsatz zu erreichen (vgL WOHE 1971, S. 3ff.). Aus der
Knappheit der Ressourcen resultiert die Notwendigkeit des sparsamen Um
gangs und der sparsamen Verwendung.
Betriebe, die auf Konkurrenzmarkten agieren, folgen in der Regel dem Leit
prinzip der Nutzenmaximierung (vgL BECKER & BECKER 1998, S. 38ff.; FRANCK
1998, S. 21; kritisch dazu z.B. SCHAAFF 1999; SEIDEL 1994). Nun ist die Frage
der Nutzenmaximierung stark an jeweils festzulegende Zeitperspektiven ge
bunden (vgL BIEVERT & HELD 1995) und von der Definition des Anfangs- und
Endzeitpunktes der Bewertungsfrist abhangig; in den Betrieben sind das iibli
cherweise kurze Quartals- bis Jahresfristen (zu den Konsequenzen hieraus fiir
die Bildungsarbeit vgL HARTEIS 2000b). Das Prinzip der steten Nutzenmaximierung ist jedoch mittlerweile selbst in den Wirtschaftswissenschaften - dort
vor aHem unter dem Gesichtspunkt nachhaltigen Wirtschaftens vor dem Hin
tergrund der Endlichkeit narurlicher Ressourcen - umstritten (vgL hierzu
5ammelband BIEVERT & HELD 1994; HARBORTH 1999), so dass im Rahmen des
Regensburger Konvergenz-Konzepts von Nutzenoptimierung als wirtschaftli
chern Leitprinzip gesprochen werden soIl. Damit wird eine Abwendung von
kurzfristigen Erfolgskalkiilen dokumentiert, die WIELAND (1996) folgender
maJSen pointiert: "Man muJS <gegebenenfalls> aus bkonomischen Griinden
auf Okonomie verzichten" (5. 59).
Kritische Bestandsaufnahme und Entwurf des Regensburger Konvergenz-Konzepts 125
Es liegt auf der Hand, dass die Hohe des erzielbaren Nutzens und dessen Effi
zienz auch davon abhangt, wie umfassend die vorhandenen Ressourcen ge
nutzt werden konnen. 1m Kontext dieser Arbeit hangt die Hohe des
erzielbaren Nutzens und die Ressourceneffizienz davon ab, wie weit der
Zugriff, d.h. die Erschlief5ung des Kompetenzpotenzials der Beschaftigten ge
lingt. Da Kompetenz als eine besondere Art von Ressource betrachtet wird, die
nicht wie herkornrnliche Rohstoffe verbraucht wird, ergibt sich ein weiterer
Gesichtspunkt okonomischer Vernunft: Kompetenz kann (weiter-)entwiekelt
werden, so dass bei entsprechender Pflege der verfiigbare Ressourcenstamm
wachst und (entsprechende Erschlief5ung und Verwertung vorausgesetzt) der
erzielbare Nutzen zusatzlich steigt. Sind also die Bedingungen fiir eine urnfas
sende Erschlief5ung des Kompetenzpotenzials und fiir eine (Weiter-)
Entwicklung des Kompetenzprofils Beschaftigter nieht erfiiIlt, kann folglich
nur ein suboptimaler Nutzen erzielt werden, womit das okonomische Leit
prinzip (5.0.) verletzt wird.
In den vorangegangenen Kapiteln wurde deutlich, dass die zentrale Heraus
forderung fiir Unternehmen aufgrund der wirtschaftliehen, technologischen
und gesellsehaftlichen Rahmenbedingungen in der Bewaltigung schwer vor
hersehbaren Wandels besteht und sich daher ein Paradigrna der Unsicherheit
bestehender Verhaltnisse etabliert hat (vgl. z.B. PRIDDAT 1999). Dadureh kon
nen auch kiinftige Anforderungen an Beschaftigte kaum prognostiziert wer
den, so das5 die einzige Moglichkeit, zukiinftige Chancen nieht schon a priori
zu verringem, darin besteht, einen moglichst breiten und weitreiehenden
Stamm an individueller Kompetenz in der Belegsehaft aufzubauen und zu
pflegen. Eine aus heutiger Sieht optirnale Ausgangsbasis fiir eine Bewaltigung
zukiinftiger Probleme besteht darin, die (Weiter-)Entwicklung der individu
ellen Kompetenz Beschaftigter nicht zu behindem und einzuschranken, son
dem moglichst breit zu fordern und zu unterstiitzen. Aufwendungen rur die
Entwieklung und Sicherung individueller Kompetenz der Beschaftigten sind
als Aufwendungen fiir die Sicherung zukiinftigen Unternehrnenserfolgs zu
betrachten und daher als Investitionen aufzufassen. Investitionen grenzen sich
von anderen Aufwendungen gerade dadurch ab, dass sie in einer spezifischen
Erwartung getatigt werden: Sie sollen nach einer abgrenzbaren Zeit durch ihre
Ertrage (mehr als) ausgeglichen werden. Diese Ertrage werden durch die Er
reichung eines Zielzustandes realisiert, der im angesprochenen Fall dann ein
tritt, wenn die individuelle Kompetenz im Arbeitsalltag bei der Bewaltigung
126 Kritische Bestandsaufnahme und Entwurf des Regensburger Konvergenz-Konzepts
anfallender Probleme zum Einsatz gebracht wird. Das iikonomische Prinzip
impliziert also einen entsprechenden Nutzen (KompetenzerschlieBung) eines
eben in Hinblick darauf getatigten Aufwands (Investition in Kompetenzent
wicklung). AIs iikonomisch rational (im Sinne: diesem Prinzip folgend) sind
dann all diejenigen Aufwendungen zu bezeichnen, die zur Erreichung des
Zielzustandes beitragen bzw. deren Wahrscheinlichkeit erhiihen. Der Beitrag
zur (Steigerung der Wahrscheinlichkeit einer) Zielerreichung kann sowohl
unmittelbar als auch mittelbar erfolgen, urn in diesem Sinne als rational be
zeichnet werden zu kiinnen.
AIs irrational in diesem Sinne waren dann diejenigen Investitionen (in Kom
petenzentwicklung) zu bezeichnen, bei denen wissentlich oder versehentlich
die Ausschiipfung der vollen Miiglichkeiten unterbleibt, die Erreichung des
angestrebten Zielzustandes sicherzustellen. Mit anderen Worten kiinnen sol
che Investitionen als iikonomisch irrational bezeichnet werden, deren "Quali
tatssicherung" - im Sinne flankierender MaBnahmen zur Sicherung des
Investitionsertrags - unterbleibt.
Folgt man Beckers Theorie von der Okonomie menschlichen Verhaltens
(BECKER 1993), wonach Menschen ihr Handeln nach positiver Bewertung der
Abwagung von Kosten- und Nutzenfaktoren ausrichten, so ergibt sich daraus,
dass die Beschaftigten die maBgebliche Instanz der Entscheidung tiber den
Einsatz ihrer Kompetenz sind. Die Betriebe kiinnen ihrerseits die Arbeit nur so
organisieren, dass die Beschaftigten ausreichend Anreize (Nutzen) des Einsat
zes ihrer Kompetenz sehen. Die am haufigsten vorzufindende Kritik an Be
ckers Theorie, sie reduziere den .Menschen normativ und empirisch auf ein
egozentrisches Geschiipf der Nutzenmehrung, kiinnte zur Sorge Anlass geben, Betriebe bewegten sich in der kompetenzfordernden Arbeitsgestaltung auf
einem Gebiet hoher Unsicherheit, da eine egoistische Mehrung des Individu
alnutzens der Beschaftigten erwartet werden mtisste. Allerdings unterliegt
diese Position einer Fehlinterpretation, weil Becker kein anthropologisches
Bild des Menschen zeichnet. SCHRAMM (1994) fasst hierzu zusammen, dass
"der ,homo oeconomicus' methodologisch eine reine ,Logik der Situation'
bzw. des ,als ob' abbildet, die anthropologisch (normativ oder empirisch) ori
entierte Kritik an Beckers ,economic approach' mithin einem methodologi
schen FehlschuB unterliegt" (S. 235). Becker geht auch von konfligierenden
ZielgroBen (Nutzen) menschlichen Handelns aus, worin erstens zum Aus
druck kommt, dass in seinem Ansatz nicht ausschlieBlich monetare Kategorien
Kritische Bestandsaufnahme und Entwurf des Regensburger Konvergenz-Konzepts 127
angesprochen werden, und zweitens, dass individueller Einsatz zugunsten
betrieblicher Nutzenoptirnierung nicht a priori dem individuellen Nutzenstre
ben widerspricht. Vielmehr unterstellt Becker einen Gleichgewichtszustand im
Sinne eines Pareto-Optimums, in dem sich verschiedene, teilweise zueinander
in Konflikt stehende Zielsetzungen die Waage halten und jeweils temporar
zuriickgestellt werden kiinnen (vgl. BECKER 1993, 5.9).
1m Regensburger Konvergenz-Konzept wird als iikonomisches Prinzip be
trieblicher Personal- und Organisationsentwicklung die Unterstiitzung in
dividuellen Kompetenzerwerbs und das Streben nach umfassender
ErschlieGung des Kompetenzpotenzials Beschaftigter verstanden.
Damit sind die bestrniiglichen Voraussetzungen erflillt (a) flir eine Optirnie
rung des Nutzens yom Aufwand fiir Kompetenzentwicklung und (b) fiir die
Bewaltigung zukiinftiger, kaum prognostizierbarer Problernstellungen. Die
Realisierung des Nutzens hangt letztlich von der ErschlieGung der Kompeten
zen ab, die sich darauf erstreckt, dass die Beschaftigten ihre individuelle
Kompetenz bei der Bewaltigung der Arbeitsaufgaben anwenden. GemaG Be
ckers Theorie der Okonomie menschlichen Verhaltens tun sie das genau dann,
wenn sie nach Abwagung der individuell bewerteten Kosten- und Nutzen
faktoren einen individuellen Nutzen sehen (vgl. BECKER 1993, S. 7).
5.2.2 Die piidagogische Perspektive betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung
Anstrengungen betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung verfol
gen erstens das Ziel, bei Beschaftigten eine dauerhafte Veranderung ihrer Ver
haltensdisposition, und zwar in der von den fiir die Bildungsarbeit
Verantwortlichen (unter wahrscheinlich naiven und unkritischen Uberlegun
gen) als richtig empfundenen Weise, zu bewirken. Zweitens liegt diesen An
strengungen theoretisches Wissen urn die Steigerung der Wahrscheinlichkeit
zur Erzielung der intendierten Wirkung zugrunde.
Damit sind die wichtigsten Begriffsbestimmungen erfiillt, urn diese Anstren
gungen als erzieherisches Handeln zu verstehen, weil sie einer erzieherischen
Absicht und theoretischem Wissen folgen (vgl. BREZINKA 1990, S. 79; HElD
1994, S. 57). KLAFKI (1994) benennt weitreichende - darunter auch die im drit-
128 Kritische Bestandsaufnahme und Entwurf des Regensburger Konvergenz-Konzepts
ten Kapitel beschriebenen Rahmenbedingungen betrieblicher Arbeitsorgani
sation - Schliisselprobleme, die den Kern von zukiinftigen, auch betrieblichen
Erziehungsaufgaben bilden miissten (vgl. S. 136£.). Dabei weist er den Erzie
hungsinstitutionen - in unserem Faile sind das die Betriebe - einen klaren, auf
Allgemeinbildung und vielseitige Fahigkeits- und Interessenbildung abzielen
den Erziehungsauftrag zu (vgl. S. 156£.). Und auch Deweys etwas anders ak
zentuiertes Erziehungsverstandnis ist auf betriebliche Personal- und
Organisationsentwicklung anwendbar: "Education signifies the sum total of
processes by means of which a community or a social group, whether small or
large, transmits its acquired power and aims with a view to securing its own
continuous existence and growth" (DEWEY 1985, S. 425).
Fasst man nun das Idealbild rationalen erzieherischen Handelns als solches,
"wenn von einem absichtsgeleiteten Handeln unter jeweils definierten Bedin
gungen aufgrund logisch und empirisch iiberpriifter Annahmen (Theorien
oder Hypothesen) mit angebbarer Wahrscheinlichkeit eine dem Absichtsinhalt
entsprechende Wirkung erwartet werden kann" (HElD 1994, S. 57f.), dann er
geben sich folgende Schlussfolgerungen, wann betriebliche Entwicklungsbe
miihungen als padagogisch rational bezeichnet werden konnen:
1m Regensburger Konvergenz-Konzept sind diese Entwicklungs
bemiihungen dann als padagogisch rational zu bezeichnen, wenn sie zu ei
ner Erhohung der Wahrscheinlichkeit der erwarteten Wirkung fiihren.
Dabei spielen drei Komponenten eine Rolle: (a) Die Optimierung der Rah
menbedingungen erzieherischen Handelns, (b) die Wahl geeigneter Instru
mente und Methoden sowie (c) der Riickgriff auf wissenschaftliche Befunde.
Angewandt auf Bemiihungen betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung, die als Ziel die Bereitstellung der fiir zukiinftige Problemstellungen
benotigten Kompetenz Beschaftigter verfolgt, lasst sich padagogisch rationales
Handeln einerseits in der Optimierung der Rahmenbedingungen individuel
len Kompetenzerwerbs sowie der Anwendung individueller Kompetenz im
Arbeitsalltag erkennen, andererseits in der Wahl adaquater MafSnahmen und
zwar in Anwendung erziehungswissenschaftlicher Erkenntnisse auf die Orga
nisation der Bedingungen erfolgreicher Kompetenzentwicklung.
Als das padagogische Leitprinzip betrieblicher Personal- und Organisations
entwicklung soli daher die Unterstiitzung und Ermoglichung individueller
Kompetenzentwicklung verstanden werden. Dabei sei noch einmal auf das in
Kritische Bestandsaufnahme und Entwurf des Regensburger Konvergenz-Konzepts 129
Kap. 2.1 entwickelte Verstandnis des Kompetenzbegriffs verwiesen, das den
Performanzaspekt nicht einschlieBt. Das hier formuJierte padagogische Leit
prinzip beinhaltet also die Entwicklung der potenziell fur die Arbeitswelt
(spater einmal) relevanten Fahigkeiten und Kenntnisse, uber deren Einsatz im
beruflichen Arbeitsalltag die Beschaftigten individuell nach MaBgabe eigener
und gesellschaftlich getei!ter Orientierungen und WertmaBstabe (situativ) ent
scheiden. Dies bedeutet, dass Wissen uber betriebJiche, wirtschaftliche, gesell
schaftliche und globale Zusammenhange, Wissen urn die Folgen beruflichen
und betriebJichen Handelns angesammelt wird und dieses bei der individuel
len Entscheidung uber die Anwendung von Kompetenz im Arbeitsalltag zum
tragen kommt. Somit bleiben auch die Voraussetzungen eigenverantwortli
chen Handelns Beschaftigter gewahrleistet (vgl. HElD 1995b).
5.2.3 Zur Konvergenz 6konomischer und piidagogischer Prinzipien
Eben wurde beschrieben, was fur das Regensburger Konvergenz-Konzept als
okonomisch bzw. padagogisch rational bezeichnet werden solI. Die Konver
genz okonomischer und padagogischer Prinzipien ergibt sich auf Basis dieser
Definitionen, wei! die Berucksichtigung des formulierten padagogischen Leit
prinzips eine notwendige und hinreichende Voraussetzung des beschriebenen
okonomischen Leitprinzips darstellt:
(a) Die Ermoglichung und Untersrutzung individuellen Kompetenzenverbs der
Beschaftigten seitens des Betriebs ist die Voraussetzung dafur, dass ein
moglichst umfangreiches Kompetenzspektrum im Kreise der Belegschaft
zur Verfugung steht. Je umfangreicher das Kompetenzspektrum, desto
wahrscheinlicher lasst sich Nutzen realisieren, auch deshalb wei! die kunf
tigen Anforderungen nur schlecht prognostizierbar sind. Insofern stellt die
Ermoglichung und Unterstiitzung individuellen Kompetenzerwerbs eine
Voraussetzung der Optimierung kunftigen betriebJichen Nutzens dar, die
mit kalkulierbarer Wahrscheinlichkeit erwartet werden kann.
(b) Damit Nutzen uberhaupt realisiert werden kann, mussen die Beschaftigten
ihre Kompetenzen bei der Bewaltigung ihrer Arbeitsaufgaben anwenden
(KompetenzerschlieJ3ung). Voraussetzung hierfur ist, dass sie in ihrer Ar
beitsumgebung Bedingungen vorfinden, unter denen sie einen individuel-
130 Kritische Bestandsaufnahme und Entwurf des Regensburger Konvergenz-Konzepts
len Nutzen in der Anwendung ihrer individuellen Kompetenz sehen (vgl.
BECKER 1993).
(c) Die Optimierung des betrieblichen Nutzens ist Voraussetzung fUr den
Fortbestand des Betriebs und der Arbeitsplatze der Beschaftigten. Gleich
zeitig ist die Nutzenoptimierung damit aber auch Voraussetzung fur die
Gelegenheit, dass Beschaftigte im Rahmen ihrer beruflichen Arbeitstatig
keit individuelle Kompetenz (weiter-)entwickeln (und anwenden) kiinnen.
Diese Zusarnrnenhange lassen sich graphisch als Triade darstellen (vgl. Abb.
5.1):
KompetenzerschlieGung
cSetenzentwic~
Abb. 5.1: Die Triade des Regensburger Konzepts der Konvergenz okonomischer und padagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung
Das Regensburger Konvergenz-Konzept lasst sich auch in einer negativen
Wendung formulieren: Die Vernachlassigung iikonomischer Prinzipien ver
hindert die Erreichung (betriebs-)padagogischer Ziele ebenso wie in der um
gekehrten Richtung die Vernachlassigung padagogischer Prinzipien aus
okonomischer Perspektive zu suboptimalen Resultaten fuhrt. Angewandt auf
konkrete Beispiele bedeutet dies, dass beispielsweise betriebliche Bildungs
maBnahmen und Entwicklungsbemuhungen insofern einem iikonomischen
Prinzip genugen mussen, als sich der entstehende Aufwand durch den zu er
wartenden Nutzen rechtfertigen lassen muss. Andererseits verletzt ein Unter
nehmen, das keine optimalen Bedingungen fur Kompetenzentwicklung und
-erschlieBung zur Verfugung stellt, das Prinzip des sparsamen Umgangs mit
knappen Ressourcen und kann daher nur suboptimale wirtschaftliche Ergeb
nisse erzielen.
1m Unterschied zu dem im Kap. 4.3.2 beschriebenen Konvergenz-Ansatz fugt
das Regensburger Konvergenz-Konzept nicht auf programmatischen Aussa
gen, sondern auf theoretischen Dberlegungen. AuBerdem wird keinerlei Be-
Kritische Bestandsaufnahme und Entwurf des Regensburger Konvergenz-Konzepts 131
hauptung iiber die Realisierung von Konvergenzbedingungen in betrieblichen
Kontexten aufgestellt, so dass die im Abschnitt 5.1 ausgefiihrten Schwach
punkte der im erziehungswissenschaftlichen Diskurs ausgetauschten Stand
punkte umgangen werden. Der Grad der Erfiillung dieser Bedingungen hat
keinen Einfluss auf den Geltungsanspruch des Regensburger Konvergenz
Konzepts, vielmehr kann es gerade auch bei der Verfehlung dieser Bedingun
gen als Optimierungsmodell Geltung beanspruchen.
53 Zusammenfassung
Ausfiihrlich erfolgte eine kritische Sondierung der erziehungswissenschaftli
chen Debatte urn die Konvergenz okonomischer und padagogischer Prinzi
pien und zum Forschungsstand in Bezug auf kompetenzfordemde
Arbeitsbedingungen. Es wurden als Kritikpunkte zum einen das Fehlen empi
rischer Evidenz zu den ausgetauschten Positionen bemangelt, dariiber hinaus
wurde auf theoretischer Ebene Kritik an unzureichenden Begriindungen und
der Einschrankung der Betrachtungsperspektive geiibt. Weiterhin wurde dar
auf hingewiesen, dass die Anforderungen an Beschaftigte auf einem derart
hohen Abstraktionsniveau angesiedelt sind, dass ihre Adressaten vor ein
kaum zufriedenstellend losbares Realisierungsproblem gestellt werden.
SchlieBlich wurde angemerkt, dass vollig unklar bleibt, ob und wie weit Be
schaftigte irn Rahmen beruflicher Kompetenzanforderungen okonomische
und padagogische Uberlegungen gleichermaBen als relevant erachten.
Mit dem Regensburger Konzept der Konvergenz okonomischer und padago
gischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung
wurde ein Ansatz vorgestellt, der den Literaturstand insofem weiterentwi
ckelt, als er die theoretischen Schwachen der kritisierten Ansatze vermeidet.
Die individuelle Kompetenzentwicklung der Beschiiftigten ist Voraussetzung
dafiir, dass dem Betrieb ein moglichst um£angreiches Kompetenzspektrum
zur Verfiigung steht. Darnit der Betrieb dieses Kompetenzspektrum nutzen
kann, miissen Bedingungen gegeben sein, unter denen die Beschiiftigten einen
Nutzen in der Anwendung ihrer individuellen Kompetenz sehen. Sind diese
gegeben, erhoht sich die Wahrscheinlichkeit ror einen dauerhaften Fortbe
stand des Betriebs, was wiederum Voraussetzung daror ist, dass Beschiiftigte
132 Kritische Bestandsaufnahme und Entwurf des Regensburger Konvergenz-Konzepts
im Rahmen ihrer Arbeit individuelle Kompetenz entwickeln und anwenden
konnen.
In wie weit in der Realitat betrieblichen Alltags Konvergenzbedingungen er
rullt sind, das wird in der empirischen Studie exemplarisch untersucht. Hierzu
werden im nachsten Kapitel Untersuchungsfragen entwickelt.
6 Fragestellung der Untersuchung
Zentrales Anliegen gema15 des Regensburger Konvergenz-Konzepts ist einer
seits die umfassende Fbrderung der individuellen Kompetenz der Beschaftig
ten, andererseits aber auch die Bereitstellung eines Arbeitsumfeldes, das die
Beschaftigten dazu veranlasst, ihre Kompetenz in den Arbeitsvo[[zug einzu
bringen. Nur die Erfiillung beider Gesichtspunkte stellt eine Realisierung der
Konvergenz bkonomischer und padagogischer Prinzipien dar, da die Ver
nachlassigung bereits einer dieser beiden Komponenten in verschiedener Hin
sieht eine suboptimale Lbsung darstellen wurde:
• Wiirde die Fbrderung der individuellen Kompetenz vemachlassigt, so
blieben - padagogisch betrachtet - den Beschaftigten Lem- und Entwick
lungsgelegenheiten vorenthalten. Unter einer bkonomischen Betrachtungs
perspektive ware in der wissentlichen oder unwissentlichen Unterlassung
der Ressourcenpflege und -entwicklung ein versehwenderischer Umgang
mit knapp en (immateriellen) Gutem zu sehen.
• Unterbliebe die Anwendung individueller Kompetenz im Arbeitsalltag, so
verpassten unter einer padagogischen Perspektive die Beschaftigten Gele
genheiten der Uberprufung und Konsolidierung ihrer Kompetenz. Aus ei
ner bkonomisehen Blickrichtung heraus blieben vorhandene Ressourcen
ungenutzt.
Beide Aspekte sind fur sich genommen voraussetzungsreich und die Bedin
gungen der Erflillung dieser Voraussetzungen sind - wie im funften Kapitel
herausgearbeitet - empirisch ungeklart. Deshalb sollen im Folgenden durch
eine explorative Herangehensweise grundlegende Fragen geklart werden, die
auf verschiedenen Ebenen anzusiedeln sind. Insgesamt werden folgende Fra
genkomplexe aufgeworfen:
(1) Welche Bedingungen muss ein Unternehmen erfullen, damit die Beschaf
tigten ihr Arbeitsumfeld als kompetenzfbrdernd erleben? Mit dieser Frage
wird die programmatische Ebene angesprochen, da nach GAIRlNG (1996, S.
105££.) Bemuhungen der Organisationsentwicklung (theoretisch) einer
134 FragesteJlung der Untersuchung
doppelten Zielsetzung folgen, namlich der Effektivierung und gleichzeiti
gen Humanisierung der Arbeit. Diese Frage zielt darauf ab, wie weit reali
sierte Momente betrieblicher Arbeitsorganisation, so wie sie modeme
Konzepte anstreben, von den befragten Beschaftigten in ihrem beruflichen
Urnfeld tatsachlich als kompetenzfiirdemd erlebt werden.
(2) Wo erleben Beschaftigte in ihrem Arbeitsumfeld Hindernisse fiir die Fiirde
rung und Forderung ihrer individuellen Kompetenz? Diese Frage zielt
nicht mehr nur auf Prograrnrnatik, sondem setzt an der Ebene betrieblicher
Realitat an. Es soli sich zeigen, in we1chem AusmaB Beschaftigte Verande
rungen einfordem und wie diese im Verhaltnis zu den Organisatibnskon
zepten zu werten sind.
(3) In wie weit besteht im Kreise der Befragten ein gemeinsam geteiltes Ver
standnis betrieblicher Kompetenzanforderungen? Diese Frage greift den im
fiinften Kapitel angefiihrten Kritikpunkt auf, wonach Anforderungen meist
auf sehr hohem Abstraktionsniveau formuliert werden, das ein breites
Deutungsspektrum eriiffnet. Hier wird auf die Ebene individueller Inter
pretationen von Anforderungen bzw. Bewaltigungserwartungen abgezielt.
(4) We1che Aspekte spielen bei der Abwagung von Vor- und Nachteilen be
ruflichen Kompetenzerwerbs und beruflicher Kompetenzerbringung eine
Rolle? Diese Frage folgt der Perspektive der Konvergenzthese: In we1chem
Urnfang spielen iikonomische und padagogische Kalkiile eine Rolle und in
we1chem Verhaltnis stehen sie zueinander?
Diese Fragenkomplexe werden im Folgenden ausfiihrlicher vorgestellt.
6.1 Fragenkomplex 1: Bedingungen der Kompetenzforderung
In empirischen Studien konnte nachgewiesen werden, dass bestimmte Merk
male beruflicher Arbeit die individuelle Kompetenzentwicklung beeinflussen
kOnnen (vgl. z.B. BERGMANN 2000; PIETRZYK 2001), so dass der prinzipielle Zu
samrnenhang der Ausgestaltung betrieblicher Arbeit und der ind(viduellen,
arbeitsimrna.nenten Kompetenzentwicklung Beschaftigter belegt ist. Die unter
suchten Merkmale sind dem Konzept "vollstandiger Tatigkeiten" (HACKER
1998) entnommen und zeichnen sich durch "ausreichende Tatigkeitserforder
nisse iiberhaupt ... , mogliche Kooperationen ... ,selbstandige individuelle bzw.
Fragestellung der Untersuchung 135
kooperative Zielfindungs/stellungs- und Entscheidungsmiiglichkeiten auf der
Grundlage von Freiheitsgraden ... , kognitive Vorbereitungsschritte der Tatig
keiten ... <sowie> Lem- und Ubertragungsmiiglichkeiten von Leistungsvor
aussetzungen auf andere (Arbeits-, Freizeit-)Tatigkeiten" (5. 253) aus.
Die modemen Ansatze betrieblicher Arbeitsorganisation rucken die individu
elle Kompetenz Beschaftigter in den Mittelpunkt betrieblicher Entwicklungs
anstrengungen, ohne jedoch eine explizit padagogische Perspektive
aufzugreifen. Zwar weisen diese Ansatze programma tisch auch solche Merk
male auf, die in den genannten empirischen Untersuchungen in Zusammen
hang mit der Fiirderung individueller Kompetenzentwicklung gesehen
wurden, allerdings kamen diese empirischen Befunde dadurch zustande, dass
das Konstrukt vollstandiger Tatigkeiten und Selbstkonzepte beruflicher Kom
petenz der Befragten korrelativ uberpriift wurde. Insofem kIaren sie nicht auf,
wie weit Beschaftigte Merkmale ihres konkreten Arbeitsfeldes als kompetenz
fiirdemd erie ben.
Eine Miiglichkeit zur Klarung der Frage, welche Bedingungen eine Arbeitsor
ganisation erfiillen muss, damit Beschiiftigte sie als kompetenzfiirdemd erle
ben, besteht darin, von Beschiiftigten konkret erlebte Beispiele zu erheben. Da
unklar ist, wie weit Programmatiken in der Praxis betrieblicher Arbeit reali
siert werden, und daher eine Beurteilung der geltenden Programme keine
Klarheit verschafft, erscheint eine explorative Untersuchungsstrategie ange
messen: Die Befragung Beschaftigter hinsichtlich konkret in der Arbeitsumge
bung erlebter Beispiele der Fiirderung individueller Kompetenz fuhrt zu
Aussagen, die als Katalog von Merkmalen angesehen werden kiinnen, die kon
krete Beschiiftigte in konkreten Arbeitsfeldem als kompetenzfiirdemd erlebt ha
ben. Verbunden mit einer zusatzlichen Gruppeneinschatzung aller erhobener
Antworten liisst sich eine Aussage treffen, welche Bestandteile eine Arbeitsor
ganisation beinhalten sollte, urn die Wahrscheinlichkeit zu erhiihen, von den (befragten) Beschiiftigten als kompetenzfiirdemd wahrgenommen zu werden.
In dem MaBe, in dem dieser Katalog von Merkmalen Bestandteile modemer
Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation enthalt, kann diesen Programmen
Erfolg insofem attestiert werden, als sie eine gute Voraussetzun~ dafur dar
stellen, eine der Bedeutung angemessene giinstige Voraussetzung fur die
Entwicklung individueller Kompetenz zu bieten.
136 Fragestellung der Untersuchung
Befunde zu diesem Fragenkomplex vermeiden die im Kritikpunkt 3 zusam
mengefassten Probleme (vgl. Abschnitt 5.1.3), wonach in der Diskussion urn
die Wirkung von Organisationskonzepten und Entwicklungsmagnahmen hau
fig eine Perspektive eingenommen wird, die Instrumente betrieblicher Perso
nal- und Organisationsentwicklung als Technologien betrachten und somit die
Perspektive der Beschaftigten ausblenden. Hier werden Aussagen und Wer
tungen von Beschaftigten in Bezug auf ihre individuelle Kompetenzentwick
lung erhoben und somit der haufig ausgeblendeten Perspektive Geltung
verschafft.
6.2 Fragenkomplex 2: Hindernisse der Kompetenzftirderung
In engem Zusammenhang zum ersten Fragenkomplex ist die umgekehrte He
rangehensweise zu sehen, nach der Beschaftigte dahingehend befragt werden
sollen, welche Faktoren in ihrem Arbeitsumfeld fUr die Entwicklung ihrer in
dividuellen Kompetenz als hinderlich anzusehen sind. Hinweise hierzu erge
ben sich zum einen aus einer indirekten Frage danach, welche Veranderungen
im Arbeitsfeld der Befragten notwendig waren, darnit es als kompetenzftir
demd wahrgenommen wiirde, zum anderen aber auch aus der Erhebung von
Beispielen, in der ein hohes Mag an individueller Kompetenz zu Schwierig
keiten im Arbeitsvollzug fUhrte. 1m 5inne einer Optimierung der Vorausset
zung individueller Kompetenzentwicklung sind beide Varianten von
Bedeutung: (a) Die Reihe der fiir eine Kompetenzftirderung als notwendig
eingeschatzten Veranderungen ist als eine Liste von Verbesserungsvorschla
gen fiir die Ausgestaltung des betrieblichen Arbeitsalltags zu sehen. In dieser Liste werden Idealvorstellungen abgebildet, deren Realisierbarkeit jeweils
unterschiedlich eingeschatzt werden diirften. Es ist plausibel anzunehmen,
dass solche Verbesserungsvorschlage einen starkeren Einfluss auf die motiva
tionale Grunddisposition Beschaftigter ausiiben, die als realisierbar einge
schatzt werden, als solche, deren Realisierung als unm6glich angesehen wird. (b) Erlebnisse, in denen ein hohes Mag an individueller Kompetenz zu
Schwietigkeiten im Arbeitsprozess fiihren, stellen sowohl aus der Perspektive
der Beobachtung als auch der einer pers6nlichen Betroffenheit ungiinstige
Voraussetzungen fiir die Ftirderung und (Weiter-)Entwicklung individueller
Kompetenz dar. Denn die Erfahrung, dass eine hohe Auspragung individuel
ler Kompetenz im Arbeitsprozess zu Problemen fiihrt, beeintrachtigt die als
Fragestellung der Untersuchung 137
Voraussetzung fur menschliches Handeln angenommenen Kosten-Nutzen
Abwagungen negativ, so dass als Folge die Anreize sowohl fur Beobachter als
auch unmittelbar Betroffene sinken, ihre Kompetenz fortzuentwickeln bzw.
ihre Kompetenz in den Arbeitsprozess einzubringen.
Insofern an der Untersuchung Beschaftigte aus modern organisierten Unter
nehmen teilnehmen, kennte sich in den Antworten die Reichweite der Umset
zung der jeweiligen Organisationskonzepte zeigen. Je nachdem, wie die
Verbesserungsvorschlage im Verhaltnis zu dem in den Konzepten Eingefor
derten zu bewerten sind, deuten Befunde zu diesem Fragenkomplex auf eine
unzureichende Realisierung der Organisationskonzepte oder auf Interventi
onspunkte fur weitere Verbesserungen des Arbeitsalltags hin. Dass die An
nahme einer nur unzureichenden Realisierung von Organisationskonzepten
berechtigt ist, zeigen beispielsweise die Untersuchungen von JANSEN (2000,
2001) oder ScHUMANN U.A. (1994b) bzw. die Studie von GERST (1999), der in
der Automobilindustrie eine schleichende Unterwanderung moderner Orga
nisationskonzepte durch Ruckgriff auf hierarchische Differenzierung und Ver
einfachung von Arbeitsschritten vor dem Hintergrund des wirtschaftlichen
Wettbewerbsdrucks beobachtet. Hierauf wurde bereits in Kritikpunkt 2 im
Abschnitt 5.1.2 verwiesen.
6.3 Fragenkomplex 3: Gemeinsam geteiltes Verstandnis
Der vierte Kritikpunkt (Abschnitt 5.1.4) fasste das Problem zusammen, dass in
der Diskussion urn kompetenzferdemde Arbeitsbedingungen das Raster von
Kompetenzanforderungen an Beschiiftigte zumeist auf einem derart hohen
Abstraktionsniveau beschrieben wird, so dass dieses ein gemeinsam geteiltes
Verstandnis der Organisationsmitglieder von diesen Anforderungen als wenig
wahrscheinlich erscheinen lasst. Daher stellt sich die Frage, ob und in wel
chern AusmaB das Verstiindnis Beschaftigter von zentralen Kompetenzanfor
derungen Ubereinstimmungen oder Unterschiede aufweist.
Urn diese Gesichtspunkte als Teilfragestellung in diese Arbeit integrieren zu
kennen, erscheint eine Fokussierung sinnvoll, so dass eine Auswahl weniger,
jedoch wichtiger Bestandteile aus dem Anforderungsspektrum an Beschiiftigte
in modern organisierten Betrieben getroffen werden soIl. Diese Einschriinkung
erlaubt es schlieBlich, eine Interpretation auf zwei gedanklichen Ebenen vor-
138 Fragestellung der Vntersuchung
zunehmen: (a) Zum einen sollen Beschaftigte abstrakt nach ihrer Definition
der ausgewahlten Kompetenzanforderungen gefragt werden. Hier - so ist an
zunehmen - kommen Idealvorstellungen und theoretische Annahmen zum
Tragen (vgl. HARTEIS V.A. 2001). (b) Zum anderen 5011 aber auch nach einer
Reihe konkreter Beispiele gefragt werden, urn persiinliche Erfahrungen der
Befragten anzusprechen, die Abweichungen von ihren Idealvorstellungen und
theoretischen Annahmen aufweisen kiinnen.
Aus den Befunden kann geschlossen werden, ob das hohe Abstraktionsniveau
von Kompetenzanforderungen ein Hindemis fur die Entwicklung eines ge
meinsam geteilten Verstandnisses der Beschaftigten darstellt oder ob sich in
der Praxis betrieblicher Arbeit ein solches Verstandnis einstellt.
6.4 Fragenkomplex 4: Verhaltnis okonomischer und padagogischer Dberlegungen
1m funften und letzten Kritikpunkt wurde in Abschnitt 5.1.5 darauf hingewie
sen, dass allseits unterstellt wird, Beschaftigte wurden in Zusammenhang mit
beruflichen Kompetenzanforderungen und beruflicher Kompetenzentwick
lung iikonomische und padagogische Uberlegungen gleicherma8en - womiig
lich sogar in einem ausgeglichenen Verhaltnis zueinander - anstellen.
Okonomische Uberlegungen zur Verwertung beruflicher Kompetenz im Be
schaftigungssystem liegen auf der Hand, padagogische Uberlegungen und ein
Ausgleichsverhaltnis beider Kalkiile hingegen nicht.
Beide Arten von Dberlegungen lassen sich iiber solche Abwagungen operatio
nalisieren, die Erwartungen von Vorteilen oder Nachteilen des Strebens nach
oder des Einsatzes von beruflicher Kompetenz abbilden. Die jeweiligen Er
wartungen lassen sich inhaltsanalytisch dahingehend auswerten, ob bei den
Abwagungen iikonomische oder padagogische Uberlegungen vorgetragen
werden. Zwar spielen Abwagungen von Vor- und Nachteilen, Kosten und
Nutzen unter Beriicksichtigung von Opportunitatskosten, Realisierungswahr
scheinlichkeiten etc. in so verschiedenen theoretischen Ansatzen wie bei
spielsweise dem "Risiko-Wahl-Modell" (ATKINSON 1957) oder der Okonomie
menschlichen Verhaltens (BECKER 1993) eine Rolle, geben aber keine inhaltli
che Prazision der angestellten Dberlegungen. Fiir die Frage nach der Realisie
rung der Konvergenz okonomischer und padagogischer Prinzipien ist es
Fragestellung der Untersuchung 139
jedoch von Bedeutung, welche Art von Uberlegungen im Zusammenhang mit
der Entwicklung oder der Anwendung individueller Kompetenz angesteIlt
werden.
Das Regensburger Konzept der Konvergenz 6konomischer und padagogischer
Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung sieht vor,
dass von der Entwicklung individueller Kompetenz Beschaftigter sowohl der
Betrieb bzw. der Arbeitgeber als auch die Beschaftigten selbst profitieren. Von
daher lassen sich Kosten-Nutzen-Kalktile entsprechend differenzieren, indem
jeweils die Perspektive des Arbeitgebers und der Beschaftigten verfolgt wird.
Letztere lasst sich noch einmal zusatzlich unterscheiden in den Aspekt berufli
chen Erfolgs einerseits und individueIler Pers6nlichkeitsentwicklung anderer
seits. Deshalb wird auf die drei Perspektiven (a) Kosten/Nutzen ftir den
Arbeitgeber, (b) Kosten/Nutzen fUr den beruflichen Erfolg Beschaftigter sowie
(c) Kosten/Nutzen ftir die individuelle, pers6nliche Entwicklung Beschaftigter
fokussiert.
Die Befunde zu dies~m Fragenkomplex sollen zeigen, ob Beschaftigte in Zu
sammenhang mit beruflicher Kompetenzentwicklung und beruflichen Kom
petenzanforderungen auch padagogische Uberlegungen ansteIlen. Dartiber
hinaus 5011 sich zeigen, ob sich das Verhaltnis 6konomischer und padagogi
scher Kalktile im Vergleich der drei Perspektiven untereinander unterscheidet.
6.5 Ubergeordnete Untersuchungsperspektive
Hinsichtlich aIler vier Fragenkomplexe wird aufschlussreich sein, ob die Be
funde hierarchiespezifische Antwortschemata aufweisen: Urteilen Beschaftigte
mit Leitungsfunktion anders als Beschaftigte ohne Leitungsfunktion? Ftih
rungskrafte haben wahrscheinlich nicht nur mehr M6glichkeiten, ihre Interes
sen bei der Ausgestaltung der betrieblichen Arbeitsorganisation zur Geltung
zu bringen, sie wirken durch ihr Ftihrungsverhalten direkt auf kompetenzf6r
dernde Arbeitsbedingungen ein. Gerade dort, wo Hierarchien formal ihre Be
deutung verlieren, besteht die Gefahr, dass informelle Machtstrukturen zu
greifen beginnen, die der Idee moderner Organisationskonzepte sowie dem
Konvergenz-Ansatz zuwiderlaufen k6nnen.
In Hinblick auf aIle vier Fragenkomplexe ist eine Unterscheidung dieser bei
den Hierarchien mit Blick auf die skizzierten Probleme relevant:
140 Fragestellung der Untersuchung
(1) Begreift man die Rolle von Fiihrungskraften u.a. in der Funktion, ein Ar
beitsurnfeld zu organisieren, das die Entwicklung und die Anwendung
individueller Kompetenz Beschaftigter unterstiitzt, so sind hierarchische
Unterschiede in der Auffassung, was ein kompetenzforderndes Urnfeld
auszeichnet, als dysfunktional anzusehen.
(2) In ahnlicher Weise gilt dies auch fiir den zweiten Fragenkomplex, in dem
Verbesserungsvorschlage zum Zweck der Forderung individueller Kom
petenz untersucht werden sollen.
(3) Mit dem dritten Fragenkomplex wird getestet, wie weit bei den Befragten
ein gemeinsam geteiltes Verstandnis von zentralen Kompetenzanforde
rungen festzustellen ist. Besonders problema tisch sind hierarchische Un
terschiede in dieser Frage dann, wenn Fiihrungskrafte als diejenigen
angesehen werden, die Anforderungen an Beschaftigte herantragen und
der ErfiiIlungsgrad dieser Anforderungen als Kriterium fiir eine Leis
tungsbewertung Beschaftigter herangezogen wird.
(4) Ein Vergleich, in welchem AusmafS beide Teilgruppen bei der Abwagung
von Kosten und Nutzen individueller Kompetenzentwicklung bkonomi
sche oder padagogische Uberlegungen ansteIlen, lasst Riickschliisse zu,
ob die beiden Teilgruppen in ihren Abwagungen wesentlich unter
schiedliche Akzente setzen und padagogische Nutzeniiberlegungen nur
bei einer der beiden Teilgruppen greifen. Dies kbnnte bedeuten, dass
Konvergenzbedingungen nur fiir eine hierarchische Ebene gelten.
Diese Fragestellungen werden in den nachsten Kapiteln empirisch im Rahmen
einer vierstufigen Delphi-Studie aufgearbeitet.
7 Methode: Erhebungs- und Auswertungsinstrumente
Das Kapitel ist in vier Teile gegliedert: Zunachst wird die Wahl des Delphi
Verfahrens begriindet, indem die wichtigsten Merkmale und die Herkunft des
Verfahrens beschrieben werden und die Eignung des Verfahrens ftir die Ziele
dieser Arbeit diskutiert wird. In einem zweiten Abschnitt wird die untersuchte
Stichprobe beschrieben, ein dritter beschreibt anschlieBend das genaue Vorge
hen bei der Untersuchung, das leicht von dem typischen Delphi-Verfahren
abweicht. Das Kapitel wird von der Beschreibung der Auswertungsinstru
mente abgeschlossen.
7.1 Erhebungsinstrument: Die Delphi-Technik
Die Delphi-Technik ist ein heuristisches Problemltiseverfahren, das in Form
einer strukturierten, schriftlichen Gruppenbefragung tiber mehrere Befra
gungsrunden hinweg durchgeftihrt wird. Es eignet sich insbesondere fUr die
Bearbeitung von Themen, zu denen noch keine gesicherten empirischen Daten
vorliegen und wurde speziell als Prognoseinstrument zur Vorhersage zuktinf
tiger Gegebenheiten entwickelt. Dieses Merkmal trug zur Namensgebung in
Anlehnung an das antike Orakel bei. Gerade ftir das in dieser Arbeit verfolgte
Vorhaben, in einem explorativen Vorgehen Daten auf einem wenig erforsch
ten Feld zu erheben, stellt das Delphi-Verfahren ein besonders geeignetes Er
hebungsinstrument dar, das gerade durch die Variationsmtiglichkeiten eine
weitgehende Adaption an das Erkenntnisinteresse und das Erhebungsfeld erIaubt.
7.1.1 Herkunft des Verfahrens
1m Streben urn die militarische Vormachtstellung beauftragte das Pentagon
Ende der 40er Jahre Mitarbeiter der in Santa Monica (USA) ansassigen RAND
Corporation, nach neuen Methoden zur Generierung zuverlassiger Zukunfts-
142 Methode: Erhebungs- und Auswertungsinstrumente
prognosen zu suchen. Sehr bald stellte sich heraus, dass fur die Gewinnung
aussagekraftiger Zukunftsaussagen die Ausnutzung von Spezialkenntnissen
ausgewiesener Fachleute von Vorteil ist. Da jedoch die Sichtung und Analyse
schriftlicher Publikationen solcher Fachleute ein sehr zeit- und arbeitsintensi
yes Verfahren darstelIt, wurde an einem Altemativverfahren gearbeitet, das
an die Stelle der Literaturrecherche treten sollte. Angestrebt wurde eine sys
tematische Befragung von Fachleuten in Form einer strukturierten Kommuni
kation, bei dem auch auf die intuitiven Urteile der Experten zugegriffen
werden sollte (HELMER 1966). Intuitive Urteile zeichnen sich dadurch aus, dass
der oder die Urteilende die Herkunft der Urteile nicht mehr im Detail nach
vollziehen kann. Sie sind in einem komplexen und langwierigen Prozess der
Informationsverarbeitung und Meinungsbildung entstanden und werden von
einer Vielzahl an Einflussfaktoren bestimrnt. Sie konnen daher als hochreflek
tierter Dateninput angesehen werden, an dem die Erfinder dieses Verfahrens
ein grolSes Interesse haben mussten (LAMNECK 1980/81). Die basale Grundan
nahme des Verfahrens besteht darin, dass "auf Wissensgebieten, in denen
langfristig wirkende GesetzmalSigkeiten der Entwicklung und des Wandels
objektiv unbekannt sind, zukunftige Zustande aufgrund intuitiver Urteile
prognostiziert werden konnen" (BRONNER, MATIASKE & STEIN 1991, S. 1229 f.).
Die erste grolS angelegte Delphi-Studie wurde 1964 von der RAND Corporati
on durchgefuhrt. Sie sollte fur einen Zeitraum von 50 Jahren Voraussagen zum
Fortschritt auf den Gebieten Technologie, Wirtschaft, Gesellschaft und Militar
treffen (HELMER 1966).
7.1.2 Eigenschaften und Merkmale der Delphi-Technik
Die Delphi-Technik ist "ein Entscheidungsverfahren zur zeitlichen und konditioneIIen Prazisierung ktinftiger, ungewisser Ereignisse mittels sukzessiver
Expertenbefragungen" (SCHOLLHAMMER 1970, S. 128), das in unterschiedlichen
Abwandlungen auf verschiedene Themenbereiche angewandt werden kann
(vgl. LINSTONE & TUROFF 1975, S. 3). Relativ hohe Bekanntheit innerhalb der
Erziehungswissenschaften eriangte die curriculare Delphi-Studie zur physika
lischen Bildung (HAUf5LER U.A. 1980), im Kontext betrieblich relevanter Frage
stellungen arbeiteten beispielsweise BRONNER, MATIASKE & STEIN (1991) sowie
HEINZL & SRIKANTH (1995), auf dem Feld der Qualifikationen betrieblichen
Methode: Erhebungs- und Auswertungsinstrurnente 143
Bildungspersonals HARTEIS & PRENZEL (1998). Mittlerwei!e findet das Verfah
ren, nicht zuletzt seit es durch das Bundesforschungsministerium auf gesamt
gesellschaftliche Fragestellungen angewandt wurde (BMBF 1998), zunehmend
Verwendung und Akzeptanz (ZEDLER 1999).
Ausftihrliche Beschreibungen zu Merkmalen und Eigenschaften der Delphi
Technik liegen schon seit langem vor (BECKER 1974; SACKMAN 1975; WECHSLER
1978). Ais die wesentlichen Merkmale gelten (vgl. ACHTENHAGEN & TRAMM
1983; HENTZE, BROSE & KAMMEL 1993, S. 265 f.):
• An der Untersuchung nehmen ausgewahlte Fachleute tei!, die sich mit dem
jeweiligen Problem intensiv auseinandergesetzt haben. Gerade bei Proh
lemstellungen, tiber die wenig objektive Information verftigbar ist, ist der
Rtickgriff von Personen mit sehr hohem Fachwissen in Hinblick auf die
Qualitat des Endergebnisses von Bedeutung. Das hat vor allem damit zu
tun, dass Fachleute in ihre intuitiven Urteile ein breites Spektrum an rele
vanter Information einfliefSen lassen und in der Lage sind, ftir das gestellte
Problem relevante von irrelevanter Information zu unterscheiden. Dies ist
die fur die Qualitat des Endergebnisses wichtigste EinflussgrofSe (vgl.
ScHGLLHAMMER 1970).
• Die Befragten unterziehen sich einer iterativen Bearbeitung des Fragekom
plexes, wobei die gebundeJten Ergebnisse einer vorangegangenen Bear
beitungsrunde jeweils als Ausgangspunkt der nachsten Runde dienen.
Durch die gesteuerte Ruckkopplung sollen aile Beteiligten Gelegenheit er
halten, ihre eigene Meinung im Lichte neuer Information in Form der
Gruppenmeinung tiberdenken und modifizieren zu konnen. Solehe Ur
teilsmodifikationen hangen im Wesentlichen von zwei Faktoren ab: der
Distanz zum Gruppenurteil einerseits und der Starke der personlichen Un
sicherheit andererseits. Je unsicherer eine Stellungnahme zu einem Punkt
ist, desto eher erfolgt eine Annaherung an das Gruppenurteil in der nachs
ten Runde. Dadurch konnen Beurtei!ungsfehler, die in Folge irrrurnlicher
Aussagen auftreten, im Verlaufe der Untersuchung reguliert werden (vgl.
ALBACH 1970, S. 19). Insgesamt ist im Verlauf des Verfahrens eine Annahe
rung der einzelnen Meinungen zu erwarten und auch schon experimentell
nachgewiesen (BECKER 1974).
• Die gesamte Untersuchung stellt sich als ein Prozess einer strukturierten
Kommunikation dar, der zentral von der Forschungsstelle aus geleitet wird
und sternformig tiber diese Stelle verlauft. Zur Ausfuhrung einer struktu-
144 Methode: Erhebungs- und Auswertungsinstrumente
rierten Kommunikation bedarf es "some feedback of individual contributi
ons of information and knowledge; some assessment of the group judg
ment or view; some opportunity for individuals to revise views; and some
degree of anonymity for the individual responses" (LINSTONE & TUROFF, S.
3). Es bleiben also die Versuchspersonen untereinander ebenso wie ihre
Antworten anonym. Damit erhalt jeder Beitrag gleiches Gewicht und wird
nicht durch gruppendynamische Prozesse verzerrt wahrgenommen. Durch
die stufenweise Abwicklung des Verfahrens erhalt die Versuchsleitung die
Moglichkeit, im Verlauf der Kommunikation die Ausrichtung der Diskus
sion auf das Untersuchungsziel hin sicherzustellen.
• Eine anfangs relativ offene Fragestellung wird nach und nach konkretisiert.
Damit kann gewahrleistet werden, dass das Verfahren ohne eine Voraus
wahl an Items starten kann und aile Untersuchungsergebnisse aus der
Gruppe der Befragten heraus generiert werden. Der Sinn dieser Vorge
hensweise besteht darin, dass bei der Entwicklung des Gruppenurteils
auch AulSenseitermeinungen erfasst werden sollen. Das Ziel ist es hierbei,
tiber mehrere Befragungsrunden hinweg einen Meinungskonsens in der
Gruppe der Fachleute herzustellen.
7.1.3 Prognose- und Informationsgewinnung
Eine Prognose fulSt auf Wahrscheinlichkeitsannahmen tiber entscheidende Ge
sichtspunkte des Prognosegegenstandes. Es treten hierbei im Wesentlichen
zwei Probleme auf: "Erstens ist es in komplexen Prognosesituationen prak
tisch nie moglich, aile relevanten Entscheidungsfaktoren in Betracht zu ziehen, und zweitens gibt es in der Regel keine exakte Fundierung ftir Wahrschein
lichkeitsannahmen" (SCHOLLHAMMER 1970, S. 129). Herkommliche Verfahren
(z.B. Korrelationsanalysen) liefem haufig ungenaue und unterschiedliche Er
gebnisse, die sich nicht malSgeblich auf unterschiedliche subjektive Einschat
zungen der zuktinftigen Entwicklungen zuriickfiihren lassen, sondern
vielmehr deshalb zustande kommen, "wei! es dem Vorausschauenden nur
selten gelingt, eine grolSere Zahl von Variablen sowie nicht quantifizierbare
Informationen systematisch in die Prognose einzubeziehen" (ebd.).
Ein besseres Prognoseverfahren muss daher einen Prozess beinhalten, der eine
Unterscheidung in prognose-relevante und prognose-irrelevante Information
ermoglieht sowie aile relevanten Informationen systematisch und umfassend
beriicksichtigt.
Die Delphi-Technik geht von folgenden Annahmen aus: "Bei Prognosen iiber
langfristige Ereignisse kann man nieht auf exaktes Wissen zuriickgreifen. Es
gibt jedoch fiir die Prognose dieser Entwicklungen gute und sehlechte Infor
mationen. Die guten und schlechten Informationen sind gleiehmaBig und zu
fallig in den Kopfen von mehreren Einzelpersonen verteilt. Angesichts der
Unsicherheit der Zukunft hat der Einzelne keine Kriterien, eindeutig zwischen
guten und schleehten Informationen zu unterscheiden" (ALBACH 1970, S. 17).
Da in einer Gruppe von gleich (hochgradig) kompetenten Personen im Ver
gleich zu einer kompetenten Einzelperson folglich mindestens genauso viele,
normalerweise jedoch mehr richtige und falsche Informationen vorfindbar
sind, stellt das Gruppenurteil, das durch die Delphi-Teehnik ermittelt wird,
mit einer hOheren WahrscheinIiehkeit ein riehtiges dar als ein Einzelurteil (vgl.
S.18).
Die genannten Eigenschaften der Delphi-Teehnik gelten nieht nur fiir Progno
sen, sondern generell fiir Prozesse der Informationsgewmnung zu ungewis
sen, komplexen und schlecht definierten Problemstellungen.
7.1.4 Versuclzspersonen
"Die Delphi-Methode wurde zu dem Zweck entwickelt, durch Forderung der
Ubereinstimmung der informellen Basis mehrerer Gutaehter tragfahige Urteile
iiber Prozesse zu erhalten, deren GesetzmaBigkeit (noeh) nieht oder nur un
vollstandig bekannt sind" (BECKER 1974, S. 7). Da solche Urteile ein spekulati
yes Moment besitzen, diirfen fiir die Untersuchung lediglich Faehleute zum
Untersuchungsgegenstand herangezogen werden, urn die Verlasslichkeit des
Urteils zu gewahrleisten.
1m Gegensatz zu anderen empirischen Methoden geniigt fUr die Delphi
Technik bereits eine relativ kleine Probandengruppe fiir die Erzielung aussa
gekraftiger Ergebnisse, als Mindestzahl gilt eine Gruppe von sieben Personen
(BF.CKER 1974, S. 10). Eine experimentelle Uberpriifung des Zusammenhangs
von GruppengroBe und Urteilsqualitat zeigte, dass die durchsehnittliche Feh
lerquote (im Sinne des Anteils falseher Information im GruppenurteiI) bei
steigender GruppengroBe ab einer AnzahI von sieben Personen nur noch
lvIctflode: Erheb~ngs- und Auswer~instrumente 145
ermbglicht sowie aile relevanten Informationen systematisch und umfassend
berticksichtigt.
Die Delphi-Technik geht von folgenden Annahmen aus: "Bei Prognosen tiber
langfristige Ereignisse kann man nicht auf exaktes Wissen zurtickgreifen. Es
gibt jedoch ftir die Prognose dieser Entwicklungen gute und schlechte Infor
mationen. Die guten und schlechten Informationen sind gleichrnaBig und zu
fallig in den Kbpfen von mehreren Einzelpersonen verteilt. Angesichts der
Unsicherheit der Zukunft hat der Einzelne keine Kriterien, eindeutig zwischen
guten und schlechten Informationen zu unterscheiden" (ALBACH 1970, S. 17).
Da in einer Gruppe von gleich (hochgradig) kompetenten Personen im Ver
gleich zu einer kompetenten Einzelperson folglich mindestens genauso viele,
normalerweise jedoch mehr richtige und falsche Informationen vorfindbar
sind, stellt das Gruppenurteil, das durch die Delphi-Technik errnittelt wird,
mit einer hbheren Wahrscheinlichkeit ein richtiges dar als ein Einzelurteil (vgl.
S.18).
Die genannten Eigenschaften der Delphi-Technik gelten nicht nur fur Progno
sen, sondern generell ftir Prozesse der Informationsgewinnung zu ungewis
sen, komplexen und schlecht definierten Problemstellungen.
7.1.4 Versuclzspersonen
"Die Delphi-Methode wurde zu dem Zweck entwickelt, durch Forderung der
Ubereinstimmung der informellen Basis mehrerer Gutachter tragfahige Urteile
tiber Prozesse zu erhalten, deren GesetzmaBigkeit (noch) nicht oder nur un
vollstandig bekannt sind" (BECKER 1974, S. 7). Da solche Urteile ein spekulati
yes Moment besitzen, dtirfen ftir die Untersuchung lediglich Fachleute zum
Untersuchungsgegenstand herangezogen werden, urn die Verlasslichkeit des
Urteils zu gewahrleisten.
1m Gegensatz zu anderen empirischen Methoden gentigt ftir die Delphi
Technik bereits eine relativ kleine Probandengruppe ftir die Erzielung aussa
gekraftiger Ergebnisse, als MindestzahI gilt eine Gruppe von sieben Personen
(BF.CKER 1974, S. 10). Eine experimentelle Uberprtifung des Zusammenhangs
von GruppengroBe und Urteilsqualitat zeigte, dass die durchschnittliche Feh
lerquote (im Sinne des Anteils falscher Information im GruppenurteiI) bei
steigender GruppengrbBe ab einer Anzahl von sieben Personen nur noch
146 Methode: Erhebungs- und Auswertungsinstrumente
leicht zuruckgeht und ab 25 Personen kaum mehr eine Qualitatsverbesserung
des Urteils eintritt (vgl. DALKEY, BROWN & COCHRAN 1969, S. 4 ff.).
7.1.5 Zum typischen Ablauf
"Vorrangiges Ziel der Delphi-Methode ... ist es, durch wiederholtes Befragen
innerhalb einer Gruppe von Fachleuten einen Meinungskonsens ... herzustel
len" (LAMNECK 1981, S. 22). Mit Arbeitspapieren werden die Versuchsperso
nen gebeten, mehrmals nacheinander zu einem Untersuchungsgegenstand ihr
personliches Urteil abzugeben. Jede dieser einzelnen Befragungen bildet eine
Delphi-Runde. Die Arbeitspapiere werden von der Versuchsleitung versandt
und nach Bearbeitung wieder an diese zuruckgegeben, somit bleibt die Ano
nymitat der Antworten in der Probandengruppe gewahrleistet. Die Versuchs
leitung wertet die einzelnen Bearbeitungen aus und erstellt eine Ubersicht
tiber die Gruppenmeinung, die an die Versuchspersonen in der Folgerunde
zusammen mit einem neuen Arbeitsauftrag zuruckgemeldet wird.
7.1.6 Vor- und Nachteile des Verfahrens
Abgesehen von den bereits angesprochenen methodischen Vorteilen lassen
sich in Bezug auf die Durchfuhrung des Verfahrens weitere Vorteile benen
nen. So eroffnet sich durch die Beschrankung auf ausschlieBlich schriftliche
Befragungen die Moglichkeit, die Untersuchung unabhangig von Aufenthalts
ort und Zeitplan der Probanden durchzufuhren. Die Arbeitsunterlagen lassen
sich auf dem Postweg belie big weit streuen. Zur zeitlichen Orientierung der
Fachleute wird eine angemessene Bearbeitungsfrist gesetzt, so dass die Ter
minplane der Versuchspersonen nicht fur gemeinsame Arbeitstermine koor
diniert werden mussen.
Ein weiterer Pluspunkt des Verfahrens liegt in der relativ hohen Akzeptanz,
das ihm entgegengebracht wird. So bezeichnen beispielsweise 11 von 14 Ver
suchspersonen der Prognosestudie zu den Kompetenzanforderungen betrieb
lichen Bildungspersonals die Delphi-Technik als (sehr) effektives Verfahren,
13 von ihnen halten es auch geeignet ftir die Erkundung unbekannter Prob
lemstellungen (HARTEIS 2000a, S. 21 f.).
lvlethodc: Erhebungs- und Auswertungsinstrumente 147
VOGEL & VERHALLEN (1983) fiihren als Nachteil des Verfahrens den hohen
zeitlichen Aufwand an, den die Durchfiihrung beansprucht. Die Delphi
Technik verlangt den Teilnehmern ein hohes Ma15 an Motivation ab, urn am
gesamten Verfahren bis zum Abschluss teiIzunehmen. Speziell unstrukturier
te, offene Fragestellungen konnen als entmutigend erlebt werden, au15erdem
gibt es im Verlauf der Untersuchung keine soziale Belohnung (vgl. S. 225).
71.7 EigHll1lg des Verfahrens flir die Ziele der vorliegenden Arbeit
In der Beschreibung der Problemstellung wurde einleitend in dieser Arbeit
daraui hingewiesen, dass ein empirischer Zugang zu einem Feld eroffnet wer
den soIl, dem es bislang an empirischer Evidenz mangelt. Zwar dreht sich die
offentliche Diskussion der Zukunftsfahigkeit (deutscher) Unternehmen so
wohl in Wissenschaft als auch in Praxis haufig urn die Bedeutung individuel
ler Kompetenz Beschaftigter, allerdings - das wurde im fiinften Kapitel
herausgearbeitet - beziehen sich die ausgetauschten Argumente auf Program
matik und nicht auf empirisch gesicherte Erkenntnisse. Nun ist gerade die
Delphi-Technik ein Verfahren, als dessen wichtigstes Merkmal die Eignung
fur Fragestellungen ohne gesicherte Datengrundlage genannt wurde.
Es wurden Untersuchungsfragen hergeleitet (Kap. 6), die zum einen auf die
Wahrnehmung der Arbeitsbedingungen in Hinblick auf die Forderung und
Forderung ihrer individuellen Kompetenz abzieIen, zum anderen auf die In
terpretation zentraler Kompetenzanforderungen gerichtet sind. Angesichts
eines soleh breiten, bislang empirisch nicht erfassten Untersuchungsgegens
tandes sprachen mehrere Griinde fiir die Wahl des Delphi-Verfahrens:
(a) Wechselnde Fragestellungen: Die Delphi-Technik erlaubt es, zu einem The
mengegenstand Fragestellungen aus verschiedenen Perspektiven zu stel
len. Das erscheint in Hinblick auf die Komplexitat der aufgeworfenen
Untersuchungsgegenstande angezeigt.
(b) Konkretisierllng des Gegenstands der Fragestellung: In der Regel werden im
Rahmen von Ansatzen betrieblicher PersonaI- und Organisationsentwick
lung abstrakte Begriffe in die Diskussion zentraler Kompetenzanforderun
gen eingebracht. Es erscheint notwendig, im Verlauf der Untersuchung die
Abstraktionsgrade dessen, was diskutiert und untersucht werden soll,
Schritt fur Schritt abzusenken.
148 Methode: Erhebungs- und Auswertungsinstrumente
(c) Erhebungstechnische Griinde: Zu den aufgeworfenen Fragen soli untersucht
werden, ob und wie weit Differenzen und Ubereinstirnrnungen zwischen
den Probanden bestehen. Es sollen sowohl die Extrema der Interpretatio
nen und Meinungen erfasst als auch (teil)gruppenspezifische Referenz
deutungen herausgearbeitet werden.
(d)Eingeschriinkte Belastbarkeit der Probanden: Die Untersuchung soli mit Be
schaftigten durchgefuhrt werden, die in einen Arbeitsprozess modem ge
ftihrter Untemehmen eingebunden sind. Von daher muss eine Form der
Erhebung gewahIt werden, die keine storungen des Arbeitsalltags verur
sacht. Das ist bei schriftlichen Befragungen gewahrleistet, zumal die Fristen
fur die Bearbeitung groBzugig festgelegt werden konnen.
7.2 Beschreibung der Stichprobe
Die Stich probe setzte sich aus Beschaftigten des Werks 6 der BMW AG in Re
gensburg und des Regensburger standorts der Infineon Technologies AG zu
sarnrnen. Beide Betriebe steIIen insofem ein gunstiges Rekrutierungsfeld dar,
als sie einerseits den Anspruch erheben, eine mit hochqualifizierten Beschaf
tigten ausgestattete Arbeitsorganisation darzusteIIen. Andererseits betreiben
beide Betriebe einen hohen Bildungsaufwand fur ihre Beschaftigten. somit
steIIen sie gtinstige Voraussetzungen fur die Realisierung kompetenzfordem
der Arbeitsbedingungen. In der Untersuchung geht es vorrangig urn grundle
gende Fragen der Moglichkeiten und Bedingungen kompetenzWrdemder
Arbeitsorganisation, so dass unter diesen Voraussetzungen verwertbare Ergebnisse erwartet werden durfen. Dass generalisierende Aussagen in Bezug
auf andere Unternehmen nur sehr eingeschrankt getroffen werden konnen,
liegt auf der Hand. Ein solches Erkenntnisinteresse liegt der studie aber auch nicht zu Grunde.
Zentrales Anliegen bei der Rekrutierung war eine Zweiteilung der Proban
dengruppe in Fuhrungskrafte und in Beschaftigte ohne Fuhrungsfunktion (im
Folgenden auch: Belegschaft), urn eine kontrastive Untersuchung zu ermogli
chen. N=32 Beschaftigte nahmen an der Delphi-Untersuchung teil, die sich wie
folgt auf die Untergruppen verteilten:
Methode: Erhebungs- und Auswertungsinstrumente 149
Fiihrungskrafte Beschaftigte ohne Fiihrungsfunktion
BMWAG n-9 n-9 Infineon Technologies n-7 n-7
Tab. 7.1: Vertetlung der Probanden
Die in 7.1.4 formulierten Anforderungen an die Probandengruppe sind erfullt,
wei! zum einen die GroBe der gesamten Gruppe, aber auch der Teilgruppen
ausreichend groB ist (siehe Tab. 7.1). Zum anderen konnen die Probanden als
Fachleute fur die Beurteilung der Verhaltnisse an ihrem Arbeitsplatz angese
hen werden, so dass ihr Urteil als verlasslich gelten kann.
Die Rekrutierung der Probanden vollzog sich sowohl uber die Bildungsver
antwortlichen vor Ort in den Werken als auch uber personlichen Aufruf zur
Teilnahme im Rahmen von Weiterbildungsveranstaltungen. Es liegt also we
der eine Reprasentativauswahl noch eine Zufallsziehung vor. Vielmehr ist ge
rade aufgrund der Rekrutierung uber BildungsmaBnahmen bzw.
Bildungsverantwortliche davon auszugehen, dass in der Stichprobe einzelne,
fur die Thematik der Studie relevante Merkmale uberreprasentiert sein durf
ten, die eine Annahme von Konvergenzbedingungen begiinstigen konnten.
Dies ist bei der Interpretation der Ergebnisse zu betrachten; die getroffene
Auswahl der Probanden stellt jedoch angesichts der in Hinblick auf Generali
sierbarkeit bescheiden formulierten Untersuchungsziele kein Problem fUr die
Untersuchung dar.
7.3 Untersuchungsverlauf
Die Untersuchung war als vierstufiger Delphi-Prozess angelegt, der sich uber
einen Zeitraum von Januar bis Oktober 2000 erstreckte. In den vier Schritten
wurden unterschiedliche Fragestellungen aufgeworfen (vgl. Abb. 7.1), die
tei!weise aufeinander aufbauten, zum Teil wurden aber auch Perspektiven
wechsel vorgenommen.
150 Methode: Erhebungs- und Auswertungsinstrumente
1. Runde: Interpretation von _
Kompetenz... anforderungen
Januar2DOO
Vierstufiges Delphi-Verfahren
2. Runde: 3. Runde: Vorteile beruflicher Nachteile beruflicher
Kompetenz- Kompetenz-entwicklung entwicklung
April 2000 Juli 2000
Beispiele fur kompetenzfllrdernde Arbeitsbedingungen
April 2000
Bewertung del Beispiele
Juli2DOO
Abb. 7.1: Oberblick tiber den Untersuchungsaufbau
4. Runde: Erstellung von
Dilemmata Oktober2000
Hindernisse del Kompetenz-entwicklung
Oktober 2000
1m Rahmen dieser Arbeit lasst sich das Verfahren in ftinf zusammenhangende
Teilerhebungen aufteilen, wobei eine Trennung der Versuchspersonen in zwei
hierarchische Teilgruppen vorgenommen wurde:
(a) Untersuchung der Interpretationen der Kernkompetenzen
(b) Benennung von Vor- und Nachteilen beruflicher Kompetenzentwicklung
(c) Benennung und Bewertung von Beispielen betrieblicher KompetenzfOrde-
rung
(d) Entwicklung von Anderungsvorschlagen und deren Bewertung
(e) Beispiele der Kompetenzunterdruckung
Die Delphi-Technik kam hier in einer Abweichung von ihrer typischen Ver
wendung zum Einsatz, weil weder eine Prognose erstellt noch ein und die sel
be Frage tiber mehrere Runden hinweg vertieft wurde. Statt einer Prognose
wurde eine Gruppenmeinung erhoben, die sich auf die aktuellen Gegebenheiten im Arbeitsumfeld der Befragten bezog. Zudem wurde nur in Teilen auf
eine Verengung des Datenspektrums Wert gelegt, auch erfolgte nur an einer
Stelle eine umfassende Bewertung aller Daten aus der vorangegangenen Run
de. Diese Abwandlungen stellen mit Hinblick auf die Untersuchungsziele kei
nen Einschnitt in die Erhebung dar, der die Qualitat der Befunde mindern
konnte. Alleine durch diese Abwandlungen war es moglich, ein breites Frage
spektrum, wie es im sechsten Kapitel entwickelt wurde, in einem durch die
Bedingungen im Feld gegebenen engen Rahmen zu bearbeiten.
Methode: Erhebungs- und Auswertungsinstrumente 151
7.3.1 Die erste Delphi-Runde
Die Delphi-Studie wurde mit einer offenen, einleitenden Fragestellung eroff
net, indem die Versuchspersonen Definitionen von zentralen betrieblichen
Kompetenzanforderungen anfiihren soli ten und zur Benennung von jeweils
drei Beispielen aus ihrer betrieblichen Alltagserfahrung aufgefordert waren.
Die Fragestellung wurde auf die vier Kompetenzanforderungen F/exibilitiit,
Fiihrungskompetenz, Se/bststiindigkeit und Verantwortungsbereitschaft beschrankt,
die einerseits als abstrakt genug angesehen werden konnen, urn eine breite
Streubreite an Antworten zu erhalten, andererseits jedoch weniger diffus in
terpretiert werden diirften als die weithin postulierte Sozialkompetenz, auf die
in diesem Zusammenhang bewusst verzichtet wurde (vgl. detailliert zur ers
ten Runde HARTEIS U.A. 2001). Dass dies zentrale Kompetenzanforderungen an
Beschaftigte in solchen Betrieben sind, die nach den neuen Konzepten betrieb
licher Arbeitsorganisation aufgebaut sind (wie die untersuchten Betriebe),
wurde im vierten Kapitel gezeigt. Die Antworten sowohl zu den Definitionen
als auch den Beispielen wurden einer qualitativen Inhaltsanalyse unterzogen
(MAYRING 1993) und inhaltsgeleitet kategorisiert, d.h. die Antworten wurden
einander gegeniibergestellt, sinngema15e Ubereinstimmungen wurden einan
der zugeordnet. Die Auswertungsarbeiten wurden von drei Personen getrennt
vorgenommen, bei Abweichungen in den Kategorisierungen wurde eine Kon
senslosung erarbeitet. Das Gruppenergebnis wurde den Probanden zuriick
gemeldet, die am haufigsten genannten Antworten wurden als gemeinsame
Interpretationsgrundlage fiir die weiteren Fragen in Bezug auf diese Kompe
tenzanforderungen herausgesteUt.
7.3.2 Die zweite De/phi-Runde
In der zweiten Runde hatten die Probanden drei Aufgaben zu bearbeiten: (1)
Die Benennung von Vorteilen des Erwerbs bzw. des Besitzes der in der ersten
Runde definierten Kompetenzen anhand mindestens zweier Beispiele. Um ein
differenziertes Urteil anzusto15en, wurde diese Frage unter drei verschiedenen
Perspektiven zur Bearbeitung gestellt, und zwar soUten Vorteile (i) unter der
Perspektive des Arbeitgebers, (ii) der (aus Sieht der Probanden) auf den eige
nen beruflichen Erfolg gerichteten Perspektive sowie (iii) der eigenen, auf die
individueUe Entwicklung gerichteten Perspektive genannt werden. (2) Die Be-
152 Methode: Erhebungs- und Auswertungsinstrumente
nennung von Beispielen aus ihrem Arbeitskontext, in denen die Entwicklung
und der Einsatz individueller Kompetenz gefOrdert und gefordert werden. (3)
Die Benennung von Ansatzpunkten fUr eine Verbesserung ihres Arbeitsum
feldes, damit es die Entwicklung und den Einsatz individueller Kompetenz
fordern und fordern wurde. Aile Aufgaben waren als offene Fragen formu
liert, urn wiederum eine weite Spannbreite an Nennungen erfassen zu konnen.
Dies erh6hte die Wahrscheinlichkeit, dass relevante Gesichtspunkte angefiihrt
wurden, die man auf den ersten Blick vielleicht nicht als soIche erkannt hatte.
AuiSenseitermeinungen mussten sich, da aile Daten in eine der folgenden
Runden zur weiteren Bearbeitung an die Probanden zuruckgegeben werden
soli ten, im weiteren Untersuchungsablauf dem Gruppenurteil stellen und
konnten sich dort bewahren oder wurden als irrelevant verworfen.
Die Probanden wurden in den Instruktionen darauf hingewiesen, dass mit in
dividueller Kompetenz mehr als nur die fUr die unmittelbaren Aufgaben am
Arbeitsplatz ben6tigten Fahigkeiten und Fertigkeiten gemeint sind, sondern
auch soIche Kompetenzen, die daruber hinausgehen.
7.3.3 Die dritte De/phi-Runde
Auch die dritte Runde wies eine dreigeteilte Aufgabenstellung auf: (1) Zu
nachst soli ten in Analogie ZUI Vorgangerrunde die Nachteile des Erwerbs bzw.
Besitzes der vier Kernkompetenzen benannt werden. Auch hier sollten anhand
jeweils zweier Beispiele Nachteile unter den Perspektiven (i) des Arbeitgebers,
(ii) des eigenen beruflichen Erfolges sowie (iii) der eigenen pers6nlichen Ent
wicklung benannt werden. (2) Die Probanden erhielten die gesamte Menge
der in der zweiten Runde genannten Beispiele der Kompetenzforderung und
-forderung, urn sie dahingehend auf einer zehnstufigen Ratingskala zu be
werten, wie weit sie fUr das eigene Arbeitsurnfeld als zutreffend zu bezeich
nen sind. Zusatzlich sollten die Probanden eine Rangliste derjenigen zehn
Nennungen erstellen, die ihnen am wichtigsten erschienen. Somit wurde eine
gruppeninterne Einschatzung samtlicher Beitrage aus Runde 2 hinsichtlich
Stimmigkeit und Bedeutung erzielt. (3) Analog wurde mit den Verbesse
rungsvorschlagen verfahren, die allesamt auf einer zehnstufigen Ratingskala
dahingehend eingeschiitzt wurden, wie realistisch sie den Probanden erschie
nen. SchlieJ51ich sollte auch hier eine Rangreihenfolge der zehn am wichtigsten
Methode: Erhebungs- und Auswertungsinstrumente 153
eingeschiHzten Vorschlage erstellt werden. So konnte auch fiir die Verbesse
rungsvorschHige ein gruppenintemes Meinungsbild dariiber erstellt werden,
was die Probanden als wichtig und realistisch einschatzen.
7.3.4 Die vierte Delphi-Runde
Die abschlieBende vierte Delphi-Runde bestand aus zwei verschiedenen Ar
beitsauftragen: (1) Zum einen erhielten die Probanden eine Liste alIer in der
zweiten und dritten Runde eingebrachten Nennungen zu den Vor- bzw.
Nachteilen des Erwerbs oder Besitzes der ausgewahlten Kompetenzen. Es
sollten soIche Vor- und Nachteilsnennungen verbunden werden, die zueinan
der in Relation stehen und ein Dilemma ergeben. Hierzu wurde eine Liste
derjenigen Nennungen aus den beiden vorangegangenen'Runden erstelIt, die
jeweils von mindestens zwei Probanden eingebracht wurden. Es wurden fiir
jede der vier untersuchten Kompetenzen zwei Arbeitsblatter entworfen, wobei
das erste die Liste der Vor- und Nachteile aus Sicht des Arbeitgebers enthielt.
Das zweite Arbeitsblatt umfasste den personlichen Vorteil in Hinblick auf den
eigenen beruflichen Erfolg, die Nachteile eben desselben Gesichtspunktes so
wie die Nachteile fiir die eigene individuelle Entwicklung (zur tabellarischen
Dbersicht vgl. Tab. 7.2). Die Aufgabe fiir die Versuchspersonen bestand darin,
(i) passende (im Sinne von fiir die Probanden als zusammengehorend einge
stufte) Paare von Vor- und Nachteilen zu bilden, (ii) auf einer zehnstufigen
Ratingskala die Tragweite soIcher Vorteil-Nachteil-Konflikte einzuschatzen
sowie (iii) auf einer zehnstufigen Ratingskala einzuschatzen, wie haufig diese
Konflikte auftreten. (2) Der zweite Arbeitsauftrag bestand darin, Situationen
im ArbeitsalItag zu erinnem, in denen eine hohe Auspragung individueller
Kompetenz zu Problemen fiihrte, und zwar (i) Situationen im Umgang mit
Kolleginnen und Kollegen, (ii) Situationen im Umgang mit Ftihrungskraften
sowie (iii) Situationen, in denen Aspekte der Untemehmensphilosophie zum Tragen kamen.
Der Arbeitsauftrag (1) wird hier nur aus Griinden der Vollstandigkeit er
wiihnt, denn die Daten wurden nicht in diese Studie mit einbezogen, sondem
stellen den Anschluss zu weiterfiihrenden Untersuchungen her.
Einen zusammenfassenden Dberblick iiber die Fragestellungen und Ar
beitsauftrage fur die Probanden gibt die Tabelle 7.2:
154 Methode: Erhebungs- undAuswertungsinstrumente
._-- -----Aufgabenstellung~ Arbeitsauftrag
(1) Kompetenzanforderungen: (i) + Kombination Vor- und Nachteile Arbeitgeberper-Flexibilitat, spektive Fiihrungskompetcnz, + Kombination eigener Vorteil mit eigenem Nachteil Selbststandigkeit, in Bezug auf beruflichen Erfolg V erantwortungsberei tschaft + Kombination eigener Vorteil mit eigenem Nachteil
in Bezug auf individuelle Entwicklung (ii) Einschatzung Tragweite der Kombinationen (iii) Ein~hatzung ~rJi~~keit
(2) Negative Folgen einer hohen Beantwortung offener Fragen zu: Auspragung individueller + Situationen im Umgang mit Kolleginnen und KolIe-Kompetenz gen
+ Situationen im Umgang mit Fiihrungskriiften + Situationen, in denen Aspekte der Unternehmens-
philosophic zum Tragen kamen - - .. --- ----
Tab. 7.2: Uberslcht uber d,e Arbeltsschntte der vlerten Runde
7.4 Operationalisierung der Untersuchungsfragen und Auswertungsinstrumente
In diesem Abschnitt wird die Operationalisierung der vier aufgeworfenen
Fragekomplexe und die Auswertung des vorliegenden Datemuaterials be
schrieben.
7.4.1 Fragenkomplex 1: Bedingungen der Kompetenzjorderullg
Ziel des ersten Fragenkomplexes war die Klarung, unter welch en Bedingun
gen Beschaftigte ihr Arbeitsurnfeld als kompetenzfordernd wahrnehmcn.
Hierzu wurde in der zweiten Runde eine offene Frage gestellt, in der dritten
Runde waren Einschatzungen mit Hilfe von Ratingskalen vorzunehmen.
7.4.1.1 Auswertung der offenen Frage
Die Antworten auf die offenen Fragen wurden im Rahmen einer qualitativen
Inhaltsanalyse ausgewertet, sinngleiche Beitrage wurden zusammengefasst.
Ziel des Verfahrens war es, aile unterschiedlichen Argumente im Datenmate
rial zu identifizieren und in einer Liste zusammenzufassen. Fur dies en wie
auch fur aIle anderen Auswertungsschritte, in denen eine qualitative Inhalts
analyse erfolgte, gilt, dass die Kategorisierung jeweils sehr behutsam vorge-
Methode: Erhebungs- und Auswertungsinstrumente 155
nommen wurde. 1m Zweifelsfall wurden Beitrage, die nicht einander nicht
klar zuzuordnen waren, als singulare Beitrage angesehen. Urn uber den Status
von aggregierten Einzelaussagen hinaus zu gelangen und die Generalisierbar
keit der Aussagen zu testen, wurden die Liste mit den Ergebnissen der In
halts analyse an die Gruppe zuruckgemeldet und einer Bewertung unterzogen.
7.4.1.2 Auswertung der Ratingskalen
Es erfolgte eine deskriptive Datenauswertung, indem die Punktsummen zu
beiden Teilfragen errechnet wurden. Da fur die Einschatzung, wie zutreffend
die Beispiele fur den persanlichen Arbeitsalltag gesehen werden, eine zehnstu
fige Ratingskala vorgegeben war, konnte die Punktsumme direkt errechnet
werden. Fur die Einschatzung der Bedeutung war zunachst eine Auswahl zu
treffen, die dann in eine Rangreihenfolge gebracht werden sollte. Deshalb
wurden Rangpunkte vergeben, und zwar fur den ersten Rang 10, fur den
zweiten 9, fur den dritten 8 usw. Zur Berechnung der Gruppenrangliste wur
den die Rangpunkte herangezogen.
Obgleich es sich beim Erhebungsinstrument um eine Schatzskala handelt, die
im Prinzip den Anforderungen einer Intervallskalierung nicht genugt, wei! die
Zuordnung der Datenwerte zu den empirischen GraBen intersubjektiv nicht
stabil ist (vgl. NIEDEREE & MAUSFELD 1996, S. 386), hat sich hat sich in der For
schungspraxis ein pragmatischer Umgang etabliert, der auf eine Uberprufung
der Skalenaxiomatik verzichtet: "Die meisten Messungen sind ,perfiat'
Messungen (Messungen ,durch Vertrauen'), fur die Erhebungsinstrumente
(Fragebagen, Tests, Ratingskalen etc.) konstruiert werden, von denen man an
nimmt, sie wurden das jeweilige Merkmal auf einer Intervallskala messen"
(BORTZ & DORING 1995, S. 69). Somit sollen auch hier die Daten als intervall
skaliert interpretiert werden.
In Hinblick auf die Fragestellung ist die Einschatzung der Bedeutung fUr die
Farderung der Kompetenzentwicklung maBgeblich. Zur Beantwortung der
Frage musste die kritische Grenze festgelegt werden, bis zu der Items als Be
dingungen gedeutet werden sollten, die von den Beschiiftigten als besonders
wichtig fur die Forderung ihrer Kompetenz beurteilt wurden. Ais Grenzwert
wurde die 25%-Mark(' aller erreichbaren Rangpunkte festgesetzt. Fur diese
Festlegung konnte auf keine Erfahrungswerte aus anderen Studien zuruckge
griffen werden, so dass eigene Plausibilitatserwagungen maBgeblich waren.
156
Diese Grenze erscheint ausreichend streng, da nur solche Items dies Grenze
uberschreiten konnten, die entweder von vielen Befragten ausgewahlt wurden
oder von ausreichend vie len Befragten hohe Rangwertungen erhielten.
Das Gruppenurteil, wie weit die vorgelegten Items als zutreffend eingeschatzt
werden, wird in eine z-standardisierte Verteilung transformiert, so dass die
Einschatzungen einzelner Items verglichen werden kbnnen.
Flir den Test auf Unterschiede zwischen Vorgesetzten und Belegschaft wird
der t-Test auf dem Signifikanzniveau p s .05 (zweiseitige Prufung) herangezo
gen.
7.4.2 Fragenkomplex 2: Hindernisse der Kompetenz/iirderung
Der zweite Fragenkomplex zielte auf die Erfassung von Umstanden ab, die flir
die Entwicklung individueller Kompetenz als hinderlich angesehen werden
kbnnen. Zu diesem Fragenkomplex wurden in den Runden zwei bis vier Ar
beitsauftrage erteilt.
7.4.2.1 Auswertung der offenen Fragen
Die Antworten auf die offene Frage in Runde zwei wurden in einer qualitati
yen Inhaltsanalyse auf die eingebrachten Argumente hin untersucht, die in
einer Liste zusammengestellt und an die Befragten zur weiteren Bearbeitung
zuriickgegeben wurden.
Die Antworten auf die offene Frage in Runde vier wurden ebenfalls in einer
qualitativen Inhaltsanalyse auf ihre Argumente hin analysiert und bei ahnli
chem Sinngehalt zusammengefasst. Es erfolgte ein Vergleich der beiden Teil
gruppen Flihrungskrafte und Belegschaft auf der deskriptiven Datenebene
(Haufigkeiten).
7.4.2.2 Auswertung der Ratingskalen
Das Auswertungsverfahren verlief analog zum Fragenkomplex 1: Fur die Ein
schatzung der Realisierbarkeit war eine zehnstufige Ratingskala vorgegeben,
so dass die Punktsumme direkt berechnet werden konnte. Die Einschatzung
der Bedeutsamkeit sollte wiederum zunachst in einer Auswahl und dann mit
156 Methode: Erhebungs- und Auswertu~in~trumente
Diese Grenze erscheint ausreichend streng, da nur solche Items dies Grenze
uberschreiten konnten, die entweder von vielen Befragten ausgewahlt wurden
oder von ausreichend vie len Befragten hohe Rangwertungen erhielten.
Das Gruppenurteil, wie weit die vorgelegten Items als zutreffend eingeschatzt
werden, wird in eine z-standardisierte Verteilung transformiert, so dass die
Einschatzungen einzelner Items verglichen werden kbnnen.
Fiir den Test auf Unterschiede zwischen Vorgesetzten und Belegschaft wird
der t-Test auf dem Signifikanzniveau p $ .05 (zweiseitige Prufung) herangezo
gen.
7.4.2 Fragenkomplex 2: Hindernisse der Kompetenz/iirderung
Der zweite Fragenkomplex zielte auf die Erfassung von Umstanden ab, die fiir
die Entwicklung individueller Kompetenz als hinderlich angesehen werden
kbnnen. Zu diesem Fragenkomplex wurden in den Runden zwei bis vier Ar
beitsauftrage erteilt.
7.4.2.1 Auswertung der offenen Fragen
Die Antworten auf die offene Frage in Runde zwei wurden in einer qualitati
yen Inhaltsanalyse auf die eingebrachten Argumente hin untersucht, die in
einer Liste zusammengestellt und an die Befragten zur weiteren Bearbeitung
zuriickgegeben wurden.
Die Antworten auf die offene Frage in Runde vier wurden ebenfalls in einer
qualitativen Inhaltsanalyse auf ihre Argumente hin analysiert und bei ahnli
chem Sinngehalt zusammengefasst. Es erfolgte ein Vergleich der beiden Teil
gruppen Fiihrungskrafte und Belegschaft auf der deskriptiven Datenebene
(Haufigkeiten).
7.4.2.2 Auswertung der Ratingska/en
Das Auswertungsverfahren verlief analog zum Fragenkomplex 1: Fur die Ein
schatzung der Realisierbarkeit war eine zehnstufige Ratingskala vorgegeben,
so dass die Punktsumme direkt berechnet werden konnte. Die Einschatzung
der Bedeutsamkeit sollte wiederum zunachst in einer Auswahl und dann mit
Methode: Erhebungs- und Auswertungsinstrumente 157
der Festlegung einer Rangreihenfolge vorgenommen werden. Hier wurde das
Gruppenurteil wieder tiber die Berechnung von Rangpunkten ermittelt.
Die Daten wurden als intervallskaliert interpretiert, zum Vergleich der beiden
Teilgruppen wurde der t-Test bei einem Signifikanzniveau von p S .05 (zwei
seitige Prtifung) herangezogen.
7.4.3 Fragenkomplex 3: Gemeinsam geteiltes Verstiindnis
Die Frage nach einem gemeinsam geteilten Verstandnis von zentralen betrieb
lichen Kompetenzanforderungen wurde in der ersten Delphi-Runde behan
delt, in der jeweils offene Fragen gestellt waren.
Ein erster Auswertungsschritt bestand in einer qualitativen Inhaltsanalyse.
Durch Zuordnung sinngleicher Beitrage und Abgrenzung unterschiedlicher
Antworten wurden aus dem vorliegenden Datenmaterial Kategorien gebildet.
Eine Objektivierung der Zuordnung sollte dadurch erreicht werden, dass die
Auswertung von drei unabhangigen Personen vorgenommen wurde. Abwei
chungen in den Zuordnungen wurden in der Gruppe diskutiert und in einem
Konsens die endgliltige Zuordnung festgelegt.
Da auf kein allgemein anerkanntes Kriterium zur Bestimmung eines gemein
sam geteilten Verstandnisses zurtickgegriffen werden kann (vgl. BOLES 1999),
muss ftir jedes Forschungsvorhaben eine eigene Operationalisierung festgelegt
und vertreten werden. Das "gemeinsam geteilte Verstandnis" bezog sich hier
auf die Interpretationen und Deutungen der vier vorgelegten Kompetenzan
forderungen. Homogenitat bzw. Heterogenitat konnte also tiber die Streu
breite der Anworten operationalisiert werden, die sich in dem Grad
niederschlagt, in dem sich die eingegangenen Beitrage gemeinsamen Sinnka
tegorien zuordnen lieBen.
Hierftir wurde als VerdichtungsmaB der Quotient aus der Anzahl der Sinn
kategorien geteilt durch die Anzahl der Antworten eingeftihrt (Ratio). Ais die
kritische Grenze ftir ein gemeinsam geteiltes Verstandnis wurde der Grenz
wert von 25% (Ratio S .25) festgelegt. Das heillt, eine ausreichende Basis ftir
ein gemeinsam geteiltes Verstandnis wurde bei den Kompetenzanforderungen
angenommen, zu denen sich die Antworten der Versuchspersonen gegentiber
der ursprtinglichen Anzahl auf mindestens ein Viertel verschiedener Sinnka-
158 Methode: Erhebungs- und Auswcrtungsinstrumente
tegorien verdichten liefSen. Auch diese Festlegung erfolgte nach eigenen Plau
sibilitatserwagungen, da auf keinen etablierten Standard wert zuriickgegriffen
werden konnte.
Der Vergleich beider Teilgruppen wurde mittels eines Vergleichs der Haufig
keitsverteilungen angestellt. Hierzu fand der x2..Test (df = 1) Anwendung, als
signifikanzniveau galt p ::; .05.
7.4.4 Fragenkomplex 4: Verhiiltnis okonomischer und piidagogischer Oberlegungen
Urn die Frage zu klaren, ob und in welchem Verhiiltnis Bescha.ftigte in Zu
sammenhang mit beruflichen Kompetenzanforderungen okonomische und
padagogische Uberlegungen anstellen, wurden in der zweiten und dritten
Delphi-Runden in offener Fragestellung Vorteils- bzw. Nachteilskalkiile erho
ben.
7.4.4.1 Auswertung der offenen Fragen
Das Vorgehen gleicht dem zu Fragenkomplex 3: Ein erster Auswertungsschritt
bestand in einer qualitativen Inhaltsanalyse. Durch Zuordnung sinngleicher
Beitrage und Abgrenzung unterschiedlicher Antworten wurden aus dem vor
liegenden Datenmaterial Kategorien gebildet. Die Arbeiten wurden von drei
unabhangigen Personen vorgenommen, strittige Zuordnungen wurden im
Diskurs geklart.
Ein weiterer Auswertungsschritt bestand in der Aufteilung der Beitrage in 501-
che, die okonornische Gesichtspunkte in der Vordergrund steIlen, und solche,
die padagogische Gesichtspunkte in den Vordergrund stellen. Damit Beitrage
den padagogisch gepragten Antworten zugeordnet wurden, mussten in den
Argumenten Aspekte des Wissens- und Kompetenzerwerbs, der individuellen
Entwicklung enthalten sein oder die Bedingungen motivierten Lernens
(PRENZEL 1995) thematisiert werden. Urn diese Einteilung nicht ausschliefSlich
dem individuellen Ermessen einer Einzelperson zu iiberlassen, wurde sie von
drei Personen getrennt voneinander vorgenommen. Die letztliche Einteilung
kam durch das Mehrheitsurteil zustande.
159
7.4.4.2 Deskriptive Aliswertung
Die eingegangenen Beitrage wurden in einem nachsten Schritt dahingehend
ausgewertet, wie haufig die im ersten Arbeitsschritt entwickelten Kategorien
in den beiden Teilgruppen belegt wurden und in welchern Haufigkeitsver
haltnis okonomisch und padagogisch gepragte Antworten bei beiden Teil
gruppen vorzufinden sind.
7.4.4.3 Tezlgruppenvergleich
Nachdem in dieser Datengruppe norninalskalierte Daten vorliegen, ware ein
X2-Test eigentlich das Standardverfahren fur den Nachweis von unabhangigen
Urteilen beider Teilgruppen. Da jedoch beim Vergleich der Haufigkeitsver
teilungen der Vorteils- und Nachteilsnennungen die Daten aufgrund zu nied
riger Erwartungswerte das sogenannte Cochran-Kriteriurn, wonach hdchstens
80% der Erwartungswerte < 5 und keiner < 1 sein darf, nicht erfilIIen, wurde
hier als TestgrdBe der in dieser Hinsicht stabilere Kontingenzkoeffizient C
(BORTZ & LrENERT 1998, S. 232; CLAUJl, FINZE & PARTZSCH 1995, S. 71 ff.) he
ranEezogcn. Der Pearson-Kontingenzkoeffizient C gibt als AssoziationsmaB
flir nominalskalicrtc Variablen an, wic gut sich bei zwei Variablen jeweils eine
durch die> andere vorhersagen lasst. Der maximal erreichbare "Vert C bedeutet
die vollstandigc Vorhersagbarkeit einer Variable durch die andere.
Der Teilgruppenvcrgleich hinsichtlich der Verteilung auf okonomisch bzw.
padagogisch gcpragtc Antwortcn wurdc mit Hilfe cines Vier-Felder-x2-Tests
(di = 1) volIzogen.
~1cth()de: Erhebung_~_~d AUSWl'rtunr;sinstr.~~ente 159
7.4.4.2 Deskriptive Allswertung
Die eingegangenen Beitrage wurden in einem nachsten Schritt dahingehend
ausgewertet, wie haufig die im ersten Arbeitsschritt entwickelten Kategorien
in den beiden Teilgruppen belegt wurden und in welchern Haufigkeitsver
haltnis okonomisch und padagogisch gepragte Antworten bei beiden Teil
gruppen vorzufinden sind.
7.4.4.3 Tezlgruppenvergleich
Nachdem in dieser Datengruppe norninalskalierte Daten vorliegen, ware ein
X2-Test eigentlich das Standardverfahren fur den Nachweis von unabhangigen
Urteilen beider Teilgruppen. Da jedoch beim Vergleich der Haufigkeitsver
teilungen der Vorteils- und Nachteilsnennungen die Daten aufgrund zu nied
Tiger Erwartungswerte das sogenannte Cochran-Kriteriurn, wonach hdchstens
80% cler Erwartungswerte < 5 und keiner < 1 sein darf, nicht erfilIIen, wurde
hier als TestgrdBe der in dieser Hinsicht stabilere Kontingenzkoeffizient C
(BORTZ & LrENERT 1998, S. 232; CLAUls, FINZE & PARTZSCH 1995, S. 71 ff.) he
rangezogcn. Der Pearson-Kontingenzkoeffizient C gibt als AssoziationsmaB
fUr nominalskaliertc Variablen an, wie gut sich bei zwei Variablen jeweils eine
durch die> andere vorhersagen Iasst. Der maximal erreichbare Wert C bedeutet
clie vollstanclige Vorhersagbarkeit einer Variable durch die andere.
Der TeilgruppenvergJeich hinsichtlich der Verteilung auf okonomisch bzw.
padagogisch gepragte Antworten wurde mit Hilfe eines Vier-Felder-x2-Tests
(di = 1) vollzogen.
8 Ergebnisse
Die Darstellung der Ergebnisse ist folgendermalSen gegliedert: Zunachst wer
den deskriptive Ergebnisse zur Stichprobe beschrieben, die einen Oberblick
tiber die Beteiligung an den vier Delphi-Runden geben. Dann werden die Er
gebnisse in der Systematik der aufgeworfenen Fragestellungen (vgl. Kap. 6)
zusammengestellt. Bei def Auswertung kamen die im Abschnitt 7.4 darge
stell ten Instrumente zum Einsatz.
8.1 Deskriptive Ergebnisse zur Stichprobe
Es wurden keinerlei personenbezogene Daten erhoben, fur die Untersuchung
war lediglich die Zuordnung zu den Teilgruppen Fiihrungskrafte und Beleg
schaft von Bedeutung. Ftir die Teilnahme hatten sich N=32 Personen ange
meldet, die jeweils die Arbeitsunterlagen zu den vier Delphi-Unterlagen
zugesandt bekamen. Der Rticklauf schwankte im Verlauf der Untersuchung.
f
'j Fuhrungshifle"-.
Start 16 (100%)
[IWcklauf 1. Runde 16 (100%)
I Ruckiauf 2. Runde 13 (81 %)
..
Gesarot I Belegschait + 16 (100%) , 32 (100 %)-:
..J1.QO.:±)_ ._ 6 (81%) 13 (81 %) 2
16 (100%) . __ ~ ~2 I Ruckiauf 3. Runde 11 (69%) 8(50%) l 1 t RuckIau.f 4. ~unde 11 (69%) 9 (56%) 2
____ 9 (59%) __
o (63%) Tab. 8.1: Uberslcht uber die Rucklaufquoten dcr vlcr Delphl-Runden
Zwar lag die Rticklaufquote in den letzten beiden Runden unter der der ersten
beiden Durchgange, allerdings konnen diese Quoten als zufriedenstellend an
gesehen werden, da keine der beiden Teilgruppen unter die fur Delphi
Verfahren als MindestgrolSe angegebene Anzahl von sieben Personen sank.
162 Ergebnisse
8.2 Ergebnisse zum Fragenkomplex 1: Bedingungen der Kompetenzforderung
Die Probanden hatten in den Runden 2 und 3 die Teilaufgabe, Beispiele aus
ihrem Arbeitsalltag zu benennen, die von den Probanden als Indiz dafur ange
sehen werden, dass ihre individuelle Kompetenz gefordert und gefordert wird
(Runde 2). Die Antworten wurden gesarnmelt und in der dritten Runde kom
plett zur Bewertung in der Gruppe vorgelegt, indem die Probanden (a) alle
Antworten auf einer zehnstufigen Ratingskala dahingehend einschatzen soll
ten, fUr wie zutreffend sie die Antworten haJten und (b) eine Rangliste der
zehn ihnen am wichtigsten erscheinenden Beitrage erstellen sollten. Die 79
Beispielsnennungen aus der zweiten Runde - aus der 26 Versuchspersonen
bearbeitete Unterlagen zurucksendeten - konnten zu 19 verschiedenen Items
zusammengefasst werden.
Hier werden die Ergebnisse in Tab. 8.2 fur die gesamte Stichprobe dargestellt,
da die Fragestellung zunachst fur Beschaftigte allgemein, also Fuhrungskrafte
und Belegschaft zusarnmen, formuliert ist. Die Tabelle enthalt alle 19 sinnge
mag zusammengefassten Beispiele, wodurch die Versuchspersonen in ihrem
Arbeitsumfeld ihre individuelle Kompetenz gefordert und gefOrdert sehen.
Die erste Zahlenspalte der Tabelle gibt die Anzahl der Nennungen an, mit de
nen die jeweiligen Beispiele in der zweiten Runde eingebracht wurden (An
zahl Nennungen). Die nachste Spalte (I) weist die Summe der Rangpunkte
aus, die rechte Spalte (Anzahl Wertungen) zeigt, wie viele Probanden das je
weilige Item in ihre Rangliste der zehn wichtigsten Beispiele aufgenommen
haben.
Ergebnisse 163
Anzahl E
Anzahl Nennungen Wertungen
Unterstiitzung bei der L6sung van Problemen durch Vor- 2 88 16 gesetzte und Kollegen Proiektarbeit 6 84 13 Freiraume ftir Entscheidungen 6 80 15 Teilnahme an Weiterbildung, Feedbackrunden und fach- 10 75 13 tiberl!!eifenden Arbeitskreisen ilbertrarufllt von Personalverantwortung 11 72 12 Hohe Anforderung durch vielfaltige Arbeitsaufgaben 1 68 11 Gezielte und systematische Einarbeitung neuer Mitarbeiter 1 67 10 Strategische Ausrichtung der Arbeitsorganisation 1 64 10 Erfahrungsaustausch mit Kollegen und Vorgesetzten 2 61 11 Vielfalt der Arbeitsaufgaben 12 53 11 RestelmiiJSig stattfindende Mitarbeitergesprache 7 52 11 Orstanisation von Wissen auf der Basis von Netzwerken 3 44 9 Abschluss von Zielvereinbarungen, deren Erreichen finan- 4 38 6 ziell honoriert wird Einftihrung von Gruppenarbeit 2 36 7 Durchftihrung von Grurrenmoderationen 1 32 4 "Je mehr Kompetenz eingebracht wird, desto mehr Gehalt 1 25 6 wird ausbezahlt" Bereitstellen vielfaltiger Informationen tiber Intranet und 2 20 4 Firnlenzeitung Angemessene Verteilung der Aulgaben mit steigenden 4 16 5 Anforderungen im Erfolgsfall Arbeitseinsatz an verschiedenen Standorten 3 15 5
.. .. .. Tab. 8.2: Relspiele fur Kompetenzforderung und .hre Bedeutung m der Emschatzung durch die l'robanden
Aus dieser Aufstellung geht hervor, dass Einzelnennungen aus der zweiten
Runde in der FoIgebewertung durchaus hohe Bedeutung beigemessen wurde.
Damit wurde die Intention des Delphi-Verfahren erreicht, zum einen ein brei
tes Spektrum an Gedanken zu erfassen und die Gelegenheit einzuraumen,
dass Einzelaussagen durch eine Gruppenbewertung einen Bedeutungszu
wachs erfahren.
An der dritten Runde haben 19 Versuchspersonen teiIgenommen, allerdings
reichte eine Person keine Bearbeitung der Ratingskalen ein. So lagen nur von
18 Versuchspersonen bearbeitbare Daten vor, ein Item konnte daher maximal
180 Rangpunkte erreichen. Den Grenzwert (vgl. 7.4.2.2) von 45 uberschritten
die in Tab 8.3 angegebenen Items. In dieser Tabelle sind in der rechten Spalte
zusatzlich die z-standardisierten Werte der Gruppeneinschatzung aufgefUhrt,
164 Ergebnisse
wie weit diese Items von den Versuchspersonen als fur ihren Arbeitsbereich
zutreffend eingestuft wurden.
I: z Unterstiitzung bei der Liisung von Problemen durch Vorgesetzte 88 .27 undKollegen Projektarbeit 84 1.90 Freiraume fur Entscheidungen 80 1.26 Teilnahme an Weiterbildung, Feedbackrunden und fachtibergreifen- 75 .2 den Arbeitskreisen Ubertragung von Personalverantwortung 72 .84 Hohe Anforderung durch vielfaltige ArbeitsaufKaben 68 1.6 Gezielte und systematische Einarbeitung neuer Mitarbeiter 67 -.44 Strategische Ausrichtung der Arbeitsorganisation 64 -.15 Erfahrungsaustausch mit Kollegen und Vorgesetzten 61 -.44 Vielfalt der Arbeitsaufgahen 53 1.05 RegelmiiJ5ig stattfindende Mitarheitergesprache 52 .48 .. .. .. .. Tab. 8.3: Uberslcht uber dIe m Hmbhck auf dIe Forderung mdlvldueller Kompetenz am
wichtigsten eingeschatzten Items sowie die Einschatzung, wie zutreffend die Beispiele ftir die Arbeitsumgebung der Befragten gesehen werden
Von den elf als besonders wichtig fur die Ftirderung und Forderung individu
eller Kompetenz eingestuften Items wiesen acht bei der Einschatzung, wie
weit sie als zutreffend fur den eigenen Arbeitsbereich gesehen werden, positi
ve Werte auf, d.h. sie wurden uberwiegend als zutreffend eingeschatzt.
Da hinsichtlich der Untersuchungsfragen auch auf den Vergleich der beiden
Teilgruppen Vorgesetzte und Belegschaft Augenmerk gelegt werden soUte,
wurde ein t-Test fur unabhangige Stichproben durchgefuhrt. Es wurde zwei
seitig getestet (df = 16). Tab. 8.4 enthalt die Ergebnisse des t-Tests sowohl flir
die Zuschreibung der Bedeutsamkeit der Items (Bedeutung) als auch fur die
Einschatzung, wie weit sie zutreffen (zutreffend).
Ergebnisse 165
Bedeutung Zutreffend T Sig. T Sig.
Unterstiitzung bei der Losung von Problemen durch Vorge- -1.088 .293 -1.324 .204 setzte und Kollegen Projektarbeit 1.167 .260 .968 .347 Freiraume fUr Entscheidungen .559 .584 .101 .921 Teilnahme an Weiterbildung, Feedbackrunden und fach- -1.456 .165 -.857 .404 tibergr_eifenden Arbeitskreisen Obertragun~ von Personalverantwortun~ -.776 .449 .238 .815 Hohe AnIorderung durch vielfaltige Arbeitsaufgaben -.313 .758 .824 .423 Gezielte und systematische Einarbeitung neuer Mitarbeiter -1.278 .220 -.422 .679 Strategische Ausrichtung der Arbeitsorganisation 1.706 .107 1.666 .115 Erfahrungsaustausch mit Kollegen und Vorgesetzten -.422 .679 -.691 .499 V;;-Ifalt der Arbeitsaufgaben -1.273 .238 -.126 .901 ~egelmal5Jg stattfindende Mitarbeitergesprache 1.519 .148 .957 .353 Organisation von Wissen auf der Basis von Netzwerken 1.951 .069 -1.091 .291 Abschluss von Zielvereinbarungen, deren Erreichen finan- 1.851 .090 .360 .723 zie II honoriert wird Einfuhrung von Gruppenarbeit -1.897 .092 -1.440 .169 Durchfiihrung von Gru££enmoderationen -1.356 .194 -.615 .547 "je mehr Kompetenz eingebracht wird, desto mehr Gehalt -.051 .960 -2.314 .034' wird ausbezahlt" Bereitstellen vielfal tiger Informationen tiber Intranet und 1.444 .178 -.254 .803 Firmenzeitung Angemessene Verteilung der Aufgaben mit steigenden An- .049 .962 -.734 .473 iorderungen im ErfoI9;sfail L~beitseinsatz an verschiedenen Standorten 2.366 .040' -.793 .439
.. .. Tab. 8.4: t-Test bel unabhangtgen Shchproben: Verglelch der Gruppenemschatzungen (zweiseitiger Signifikanztest)
Bis auf zwei Ausnahmen wurden die Items in den beiden Teilgruppen Fiih
rungskrafte und Belegschaft nicht statistisch signifikant unterschiedlich be
wertet. Signifikant unterschiedlich werteten die beiden Teilgruppen, wie weit
die AU5sage, hoheres MaB an eingebrachter Kompetenz fiihre zu mehr Gehalt,
zutrifft. Tab. 8.5 zeigt, wie sich die Ratings in beiden Teilgruppen verteilten:
Rating Fiihrungskrafte Belegschaft Gesamt 1 1 1
3 2 2
4 1 1
5 2 1 3
6 4 3 7
9 1 3 4 Gesamt 11 7 18 ..
Tab. 8.5. Haufigkeltsvertedung des Ratmgs bzgl. der Aussage "Je mehr Kompetenz eingebracht wird, desto mehr Gehalt wird ausbezahlt": 1 = gar nicht zutreffend; 10 = voll zutreffend
166 Ergebnisse
Diese Aussage wurde also von Fiihrungskraften skeptischer beurteilt als in
nerhalb der Gruppe der Belegschaft. Die klare Mehrheit der Belegschaft wer
tete dies als zutreffend bis stark zutreffend, wogegen eine knappe Mehrheit
der Fiihrungskrafte in der unteren Halfte der Ratingskala wertete.
Signifikant unterschiedlich wurde auch die Bedeutung eines Arbeitseinsatzes
an verschiedenen Standorten fUr die Forderung und Forderung der individu
ellen Kompetenz eingeschatzt. Hier zeigt die Haufigkeitsverteilung ein klares
Bild (vgl. Tab. 8.6):
Rating Fiihrungskrafte Belegschaft Gesarnt
Nicht gewahIt 6 7 13 Rangplatz9 3 4
RangplatzS 1 1 Rangplatz5 1 1
Gesamt 11 7 18 .. Tab. S.6: Hauftgkeltsvertellung des Ratmgs bzgl. der Bedeutung des Arbeitseinsatzes an
verschiedenen Standorten fiir die Forderung individueller Kompetenz
Dieses Beispiel wurde nur von Fiihrungskraften in die Auswahl der zehn
wichtigsten Items aufgenommen, allerdings nur von einer Minderheit. In der
Gruppe der Belegschaft fand dieses Item in keine der Ranglisten Eingang.
8.3 Ergebnisse zum Fragenkomplex 2: Hindernisse der Kompetenzforderung
Dieser Fragenkomplex umfasste zwei unterschiedliche Aspekte: Zum einen
sollten die Versuchspersonen Aspekte benennen, die in ihrem Arbeitsumfeld verandert werden miissten, damit die Entwicklung individueller Kompetenz
besser gefOrdert wiirde. Zum anderen sollten die Probanden Beispiele aus ih
rem Arbeitsalltag anfiihren, in denen eine hohe Auspragung individueller
Kompetenz zu Schwierigkeiten fiihrte.
8.3.1 Verbesserungsvorschliige
Die Entwicklung von Verbesserungsvorschlagen verlief analog zur Datener
hebung zum ersten Fragenkomplex. In der zweiten Runde sollten die Ver
suchspersonen Beispiele nennen, die in der dritten Runde komplett zur
Ergebnisse 167
Rewertung zuriickgemeldet wurden. Die Bewertung sollte hinsichtlich der Re
alisierbarkeit der Vorschlage sowie dahingehend vorgenommen werden, wel
che Bedeutung den Vorschlagen fiir die eigene Kompetenzentwicklung
beigemessen wurde. Auch hier war zunachst eine Auswahl von zehn Items zu
treffen, die dann in eine Rangreihenfolge zu bringen waren.
Anzahl L
Anzahl Nennungen Wertungen
Mehr Mut zur Anderung von Strukturen und bekannten 7 103 14 Routinen Ftihrungskrafte sollen sich mehr Zeit nehmen, auf Starken 2 83 14-
und Schwachen Beschaftigter ernzugehen Job Rotation und Aufgabenerweiterung 4 78 13 Organisierte Kommunikation unter Kollegen; Feedbackge- 5 69 11 sprache mit Vorgesetzten und Personalabteilung Beseitigung der Diskrepanz zwischen Verantwortung und 6 59 9 Handlungsspielraum: GroBere Entscheidungsspielraume Orientierung an gemeinsamen Werten 1 55 r---1?-Mehr Mitsprache bei der Gestaltung tibergeordneter Ziele 2 49 8 Forderung und Anerkennung von Kreativitat 1 49 ~--Langfristige Planung mtisste genauer bekannt sein; klarere, 4 48 9 strukturiertere Ziele ~kung der sozialen Komponente im Ftihrungsprozess 3 44 9 Anspruchsvolle Weiterbildung fur aIle Beschliftigten 3 43 TI Groilziigigere Anerkennung der Mitarbeiter 1 39 "Me;n Arbeitsalltag unterstiitzt in vollem Umfang die Mog- 1 39 6 ~len meiner Kom£etenzentwicklung" Mehr Zeit fur Tiitigkeiten abseits des Tag~schafts 5 38 8 Mehr Riickhalt durch die Vorgesetzten; Abfedem des Kun- 2 33 8 dendrucks durch die Ftihrungskrafte Noch gezieltere Schulungs-Bedarfsermittlung 2 33 8 Profilneurosen entgegenwirken 1 26 6 Bessere Koordination von Terminen; RegelmiiBige Anpas- 3 25 6 sung der Arbeitsplane Oberschaubare GruppengroBe einhalten 1 18 4 Inhomogenere Zusammensetzung der Arbeitsgruppen 1 16 3 Einftihrung zusatzlicher Forderanreize 2 5 1 Griindung eines eigenen Untemehmens 1 2 1
.. .. Tab. S.7. Verbesserungsvorschlage zur Kompetenzforderung und .hre Bedeutung In der Einschatzung durch die Probanden
In Tab. 8.7 sind die 22 zusammengefassten Beispiele aus Runde zwei (ur
spriinglich 58 Nennungen) sowie die Bedeutung aufgefiihrt, die den Aussagen
von den Versuchspersonen beigemessen wurden. Die erste Zahlenspalte der
Tabelle weist die Anzahl der Nennungen aus, mit denen dieser Vorschlag von
den Versuchspersonen eingebracht wurde (Anzahl Nennungen). Dann sind
168 Ergebnisse
die Rangpunkte (L) und die Anzahl der Versuchspersonen aufgefiihrt, die das
Item in ihre Auswahl der zehn wichtigsten VorschHige aufgenommen haben.
Es zeigt sich auch hier, dass Einzelnennungen aus der zweiten Runde hohe
Wertungen bzgL ihrer Bedeutsarnkeit erzielen konnten.
Diejenigen Items, die mehr als ein Viertel aller moglichen Rangpunkte (Gren
ze: 45 Punkte) erreichten, werden als diejenigen ausgelegt, die von den Be
fragten als besonders wichtig eingestuft wurden. Sie sind in Tab 8.8 nochmals
aufgezahlt, zusatzlich werden die z-standardisierten Werte der Gruppenein
schatzung hinsichtlich Realisierbarkeit genannt.
I: z Mehr Mut zur Anderung von Strukturen und bekannten Routinen 103 2.124 Fuhrungskrafte sollen sich mehr Zeit nehmen, auf Starken und Schwachen 83 -.01 Beschaftigter einzugehen Job Rotation und Aufgabenerweiterung 78 1.743 Organisierte Kommunikation unter Kollegen; Feedbackgesprache mit Vorge- 69 1.353 setzten und Personalabteilung Beseitigung der Diskrepanz zwischen Verantwortung und Handlungsspiel- 59 .277 raum: GroBere Entscheidungsspielraume Orientierung an gemeinsamen Werten 55 .914 Mehr Mitsprache bei der Gestaltung ubergeordneter Ziele 49 -.35 Forderung und Anerkennung von Kreativitat 49 .329 Langfristige Planung musste genauer bekannt sein; klarere, strukturiertere 48 -.06 Ziele .. .. .. Tab. 8.8: Uberslcht uber dIe m Hmbhck auf die Forderung mdlvldueller Kompetenz am
wichtigsten eingeschatzten Items sowie die Einschatzung ihrer Realisierbarkeit
Von diesen neun Items erzielten sechs positive z-Werte bei der Einschatzung
ihrer Realisierbarkeit. Drei Nennungen lagen mit mehr als einer Standardab
weichung deutlich tiber dem Mittelwert.
Ein t-Test fiir unabhangige Stichproben (df = 16; zweiseitige Testung) sollte
zeigen, ob die beiden Teilgruppen der Fiihrungskrafte und der Belegschaft in
ihren Urteilen signifikante Unterschiede aufweisen (vgl. Tab. 8.9).
Ergebnisse 169
Bedeutung Realisierbar-
keit T Sign. T Sign.
Beseitigung der Diskrepanz zwischen Verantwortung und .536 .599 .868 .398 Handlungsspielraum: GroBere Entscheidungsspielraume Mehr Mut zur Anderung von Strukturen und bekannten 1.216 .255 .636 .542 Routinen Job Rotation und Aufgabenerweiterung -.262 .797 -.274 .789 Organisierte Kommunikation unter Kollegen; Feedbackge- .362 .722 -.080 .937 sprache mit Vorgesetzten und Personalabteilung Mehr Zeit flir Tatigkeiten abseits des Tagesgeschafts 2.023 .061 .663 .711 GroBzligigere Anerkennung der Mitarbeiter -1.922 .073 0 1 Inhomogenere Zusammensetzung der Arbeitsgruppen -.972 .346 -.936 .363 Mehr Rlickhalt durch die Vorgesetzten; Abfedern des Kun- .691 .499 .112 .912 dendrucks durch die Flihrungskrafte Bessere Koordination von Terminen; RegelmaBige Anpas- -.655 .522 .497 .626 sung der Arbeitsplane Anspruchsvolle Weiterbildung rur alle Beschaftigten .738 .471 1.859 .082 "Mein Arbeitsalltag untersti.itzt in vollem Umfang die Mog- -.488 .632 .986 .339 lichkeiten meiner Kompetenzentwicklung" Langfristige Planung mlisste genauer bekannt sein; klarere, -.484 .635 -.780 .447 strukturiertere Ziele Mehr Mitsprache bei der Gestaltung libergeordneter Ziele .008 .994 -.177 .862 Grundung eines eigenen Unternehrnens .789 .442 .377 .711 Einflihrung zusatzlicher Forderanreize .789 .442 .067 .948 Uberschaubare GruppengroBe einhalten -.844 .423 -l.301 .212 Fiihrungskrafte sollen sich mehr Zeit nehmen, auf Starken -.358 .725 1.330 .202 und Schwachen Beschaftigter einzugehen Profilneurosen entg~enwirken .801 .435 .994 .336 Orientierung an gemeinsamen Werten 2.712 .016' 2.038 .058 Starkung der sozialen Komponente im Flihrungsprozess .145 .886 -.346 .734 Ftirderung und Anerkennung von Kreativitat -.818 .425 1.021 .334 Noch gezieltere Schulungs-Bedarfsermittlung -.685 .503 -1.002 .331
.. .. Tab. 8.9: t-Test be. unabhang.gen Shchproben: Vergle.ch der Gruppenemschatzungen (zweiseitiger Signifikanztest)
Bis auf die Bedeutung, die der Orientierung an gemeinsamen Werten fUr die
Forderung individueller Kompetenz beigemessen wurde, ergab sich bei keiner Einschatzung ein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Teilgruppen.
Die Tab. 8.10 zeigt die Haufigkeitsverteilung zu der signifikant unterschiedlichen Einschatzung:
170 Ergebnisse
Rating Ftihrungskrafte Belegschaft Gesamt Nicht gewahlt 1 4 5
Rangplatz 10 3 1 4
Rangplatz 9 1 1
Rangplatz 8 1 1
Rangplatz7 1 1 2
Rangplatz 6 2 2
Rangplatz3 1 1
Rangplatz 1 2 2
Gesamt 11 7 18 .. Tab. 8.10: Hauflgkeltsvertellung des Rahngs bzgl. der Bedeutung emer Orientierung an
gemeinsamen Werten ftir die Forderung individueller Kompetenz
Wahrend nur eine Minderheit der Belegschaft der Orientierung an gemeinsa
men Werten ausreichende Bedeutung beimaB, um sie in die Rangliste aufzu
nehmen, wurde dieses Item von fast allen Fiihrungskraften ausgewahlt, zum
Teil sogar auf einen sehr hohen Rangplatz gesetzt.
8.3.2 Beispiele for Schwierigkeiten
UnteT diesem Aspekt sollten in der vierten Runde Gesichtspunkte aufgegriffen
werden, die von Prograrnmaussagen wegfiihren und direkt an die personliche
Erfahrungswelt der VeTsuchspersonen heranfiihren. Sie sollten Situationen
beschreiben, in denen eine hohe Auspragung individueller Kompetenz zu
Problemen fiihrte.
Es wurde auf drei verschiedene Perspektiven Bezug genornmen, die auf je
weils eigene Hintergriinde verweisen konnen. Es sind dies (a) Situationen im
Umgang mit Kollegen, (b) Situationen im Umgang mit Fiihrungskraften bzw.
eigenen Vorgesetzten sowie (c) Situationen, die die Unternehmensphilosophie
beriihren.
8.3.2.1 Situationen im Umgang mit Ko/legen
Von den 20 Versuchspersonen, die sich an der vierten Runde beteiligten, ga
ben acht zu dieser Perspektive keine Stellungnahme ab, so dass Antworten
von 12 Befragten vorliegen. Die Frage war offen gestellt und es war moglich,
mehrere Situationen zu schildern. Diese Moglichkeit wurde allerdings nur von
Ergebnisse 171
vier Befragten genutzt. Die offenen Antworten wurden inhaltsanalytisch in
Hinblick auf das ursachliche Moment ausgewertet. Insgesamt wurden 16 Situ
ationen geschildert, die sich laut den Beschreibungen der Versuchspersonen
auf folgende Ursachen zuriickfiihren liel5en:
Ursache Fiihrungskrafte Belegschaft Gesamt Gefiihl der Zuriicksetzung 4 3 7 Unterschiede in den Personen und lnteressen 5 0 5 Mangelnde Wertschalzung eingebrachter Kompetenz 1 1 2 Mangel an gegenseitiger Akzeptanz 0 2 2
.. .. Tah. 8.11: Hauflgkelt der Ursachen fur die geschiiderten SlIuallonen
8.3.2.2 Situationen im llmgang mit Fuhrungskriiften bzw. eigenen Vorgesetzten
Zu dieser Perspektive gingen mehr Antworten ein als zur eben beschriebenen.
Sechs Versuchspersonen gaben keine Antwort, drei Befragte nannten jeweils
zwei Problemsituationen, so dass von 14 Probanden insgesamt 18 Antworten
vorliegen. Die Analyse bzgl. auslosender Ursachen fiir die genannten Prob
lernsituationen stellt sich wie folgt dar:
Ursache Fiih!"lln~krafte Belegschaft Gesamt Bezugnahme auf hierarchische Unterschiede 1 5 6 Tht~rschiedliche Einschatzungen der Situation 4 0 4 T ransferproblern: Probleme hei der Anwendung von 1 0 1 Wissen Komrnunikationsprobleme und in Foige fehlendes 1 0 1 Vertrauen ~iche Abneigunl( , 1 0 1 Pauschalismus und Opportunismus 1 0 1 Unklare Zustandil(keiten 1 0 1 "Bei strategischen Entscheidungen, die das eigene 1 0 1 Wissensgebiet hetreffen" "Bei Entscheidungsfindung und -umsetzunl(" 0 1 1 "Ubereilte Entscheidungen, teilweise Uberschat- 1 0 1 zung"
.. .. Tab. 8.12: Hauflgkell der Ursachen fur dIe geschiiderten Sltuahonen
Die letzten drei Antworten (siehe Tab. 8.12) sind im originalen Wortlaut aus
den Antwortbogen iibernommen, da sie keine eindeutige Ursachenanalyse
zulieBen und Verzerrungen vermieden werden sollten. Bemerkenswert ist
hier, dass (abgesehen von einer nicht eindeutigen Antwort) aIle Antworten der
Teilgruppe Belegschaft die Bezugnahme auf hierarchische Unterschiede als die
Ursache von Problemen ansehen, wenn ein hohes Mal5 an individueller Kom-
172 Ergebnisse
petenz zu Problemen ftihrt. Ais Beispiele nannten die Befragten u.a. "Ftih
rungskraft WhIt sich in seiner Rolle ,gefahrdet'" (Vp 12) oder "Wissen von
neuen Techniken (Jung-Ing.) ,tibertrumpft' alten Chef" (Vp 29). Die Nennung
aus der Gruppe der Ftihrungskrafte greift das gleiche Phanomen auf: "Kann
bei Vorgesetzten zu Angst fiihren, von guten Mitarbeitern iiberholt zu wer
den" (Vp 7).
In Korrespondenz dazu ktinnen die vier Antworten aus der Gruppe der Fiih
rungskrafte angesehen werden, die eine unterschiedliche Einschatzung einer
Situation als die Ursache ansehen, wenn hohe Kompetenz zu Problemen ftihrt.
In einem Hierarchiegefalle scheint namlich eine statusbezogene Entscheidung
eine nicht unwahrscheinliche Uisung einer Situation zu sein, wenn sie kom
petente Personen eine Situation unterschiedlich einschatzen. Die Probanden
ftihrten zu diesem Punkt beispielsweise aus: "Konflikte entstanden auch hier
aufgrund unterschiedlicher Einschatzung bei fachlichen Angelegenheiten"
(Vp 19), "Konflikt mit Vorgesetzten, wenn er nicht von innovativen Ideen
iiberzeugt werden konnte" (Vp 21).
8.3.2.3 Situationen, die die Unternehmensphilosophie beriihren
Dieser Aspekt der Fragestellung erschien den Probanden offenbar wenig rele
vant, wenn die Antwortfrequenz als Indikator einer Relevanzzuschreibung
interpretiert werden kann. 12 Versuchspersonen gaben keine Antwort zu die
ser Fragenperspektive, von den iibrigen 8 Probanden gaben drei Probanden
explizit an, sich an "keine" Situation zu erinnern, in der individuelle Kompe
tenz zu Problemen fiihrte, weil sie Aspekte der Unternehmensphilosophie be
riihrte. Eine Versuchsperson schrankte jedoch ein "wenn man von ein paar
,Ewig Gestrigen' absieht, die aber im Unternehmen keinen Riickhalt mehr ha
ben" (Vp 5).
Zwei Versuchspersonen aus der Teilgruppe der Fiihrungskrafte gaben die
Antworten "unterschiedliche Interpretationen" (ungekiirzte Antwort Vp 1) -
womit wohl Probleme angesprochen werden, wenn Personen Aussagen und
Leitlinien der Unternehmensphilosophie unterschiedlich interpretieren - sowie
"bei Veranderung von Rollen, die aus der Vergangenheit abgeleitet werden"
(Vp 2). Die zweite Antwort deutet auf Widerstande gegen Veranderungspro
zesse hin.
Ergebnisse 173
Drei vollig untersehiedliehe Aspekte finden sieh in den Antworten der Teil
gruppe Belegsehaft: Der erste bezieht sich auf die Politik der Rekrutierung
aussehlieBlieh hoehqualifizierten Faehpersonals, bei der das Qualifikationsni
veau der Besehaftigten das Anforderungsniveau des Arbeitsalltags tibersteigt:
"Das Untemehrnen kann nieht Anforderungen/ Aufgaben gema/5 den Qualifi
kationen bereitstellen" (Vp 12). Das wird von der Versuchsperson als hinder
lieh in Hinblick auf die individuellen Entwicklungsmoglichkeiten gesehen.
Die anderen beiden Antworten lauten jeweils ungektirzt: "Eine Ftihrungskraft
verhalt sich kontrar zu unseren Werten" (Vp 26) und "Sinn vs. Untemeh
mensphilosophie" (Vp 29). Wahrend in der zweiten Antwort Skepsis am Sinn
einer Untemehmensphilosophie angedeutet werden (die Versuehsperson setzt
sie zumindest kontrar zum Begriff Sinn), ist in der ersten Antwort ein Enga
gement zur Verteidigung der Untemehrnensphilosophie zu sehen (die Ver
suehsperson scheint in der Verletzung der Untemehmenswerte ein Problem
zu erkennen).
8.4 Ergebnisse zum Fragenkomplex 3: Gemeinsam geteiltes Verstandnis
Die detaillierte Dokumentation der Ergebnisse findet sich bei HARTEIS U.A.
(2001). So kann im folgenden Abschnitt der Fokus auf diejenigen Ergebnisse
gerichtet werden, die in unmittelbarem Zusammenhang zu den aufgeworfe
nen Untersuehungsfragen liegen.
Sie stammen aussehlieBlich aus der ersten Delphi-Runde, in der die Versuehs
personen in offener Fragestellung urn eine Definition der vier Kernkompeten
zen gebeten wurden und zu denen sie jeweils Beispiele entwiekeln sollten, wie
sich diese Kernkompetenzen im beruflichen Urnfeld der Befragten realisieren
wtirden. lnsgesamt gingen 714 Aussagen ein, wovon 298 zu Definitionen und
416 zu Beispielen gegeben wurden. Wie im vorangestellten Kapitel ausgeftihrt,
wurden die Aussagen sinngemaB zusammengefasst und kategorisiert. Tab.
8.13 gibt Auskunft dartiber, wie weit sich die Daten auf diese Weise verdich
ten lieBen:
174 Ergebnisse
Anzahl der Anzahl der Aufgabe Nennungen Kategorien
Definitionsmerkmale Flexibilitiit 83 17
Beispiele fur Flexibilitat 92 23
Definitionsmerkmale Fiihrungskompetenz 70 26
Beispiele fiir Fiihrungskompetenz 123 50
Definitionsmerkmale Se/bststiindigkeit 70 18
Beispiele fur Selbststiindigkeit 100 41
Definitionsmerkmale Verantwortungsbereitschaft 75 18
Beispiele fur Verantwortungsbereitschaft 101 37 .. Tab. 8.13: Nennungshauflgkelten und Anzahl der Kategonen
Die Zielrichtung der Fragestellung in der Eroffnungsrunde zielte zum einen
auf den Nachweis eines gemeinsam geteilten Verstandnisses, zum anderen
soUte eine fiir aIle Versuchspersonen gemeinsam giiltige Arbeitsdefinition der
Kernkompetenzen festgelegt werden, die als Basis fiir die folgenden Untersu
chungsschritte herangezogen werden sollte. Das gemeinsam geteilte Ver
standnis wurde iiber die in Tab. 8.14 aufgefiihrten Kennzahlen identifiziert,
fiir die Festlegung der Arbeitsdefinitionen wurden die am haufigsten ge
nannten Nennungen (vgL Tab. 8.15) herangezogen.
Die Tabelle der Kennzahlen weist sowohl die Daten der gesamten Probanden
gruppe als auch die nach hierarchischer Abstufung aus:
Ergebn~i~ss~e ____________ _ 175
# Kategorien / Anteil Ratio # Nennungen # Einzel- Einzelnen-
nermungen nungen Gesamtauswertung Def Bsp Def Bsp Def Bsp Def Bsp Flexibililiit .205 .25 83 92 17/5 23/10 .29 043 Fiihrungskompetenz .371 0407 70 123 26/14 50/27 .54 .54 Selbststiindigkeit .257 .41 70 100 18/11 41/22 .61 .54 Verantwortungsbereitschaft .24 .366 75 101 18/5 37/17 .28 .46 Teilgruppen Ftihrungskrafte Fleribilitiit .333 .4 36 45 12/4 18/10 .33 .56 Belegschaft Fleribilitiit .298 ,319 47 47 14/4 15/7 .29 047 Ftihrungskrafte .405 .557 37 70 15/8 39/24 .53 .62 Fiihrungskompetenz Belegschaft .606 0472 33 53 20/14 25/13 .7 .52 Fiihrun[l.skompetenz Ftihrungskrafte .278 .471 36 51 10/5 24/12 .5 .5 Selbststiindigkeit Belegschaft .382 .510 34 49 13/6 25/17 .46 .68 Selbststiindi!(keit Ftihrungskrafte .3 .542 40 48 12/3 26/16 .25 .62 Verantwortungsbereitscllilft Belegschaft .457 0491 35 53 16/8 26/15 .5 .58 Verantwortun!(sbereitschaft
1 abo 8.14: Kennzahlen zur ersten Runde: Rabo (Anzahl Kategonen/ Nennungen); Anzahl Nennungen (#); Anzahl Kategoricn/ Anzahl Einzelnennungen; Anteil an Einzelnennungen; jeweils fiir die Abfrage der Definitionen (Def) und Beispiele (Bsp)
Die Tabelle 8.14 zeigt die Kennzahlen jeweils in Doppelspalten sowohl fiir die
eingegangenen Definitionen (De£) als auch die Beispielsnennungen (Bsp), wo
bei sich die Gesamtauswertung auf die gesamte Probandengruppe bezieht.
Zudem ist die hierarchisch getrennte Auswertung fiir Fiihrungskrafte und
Belegschaft angegeben. Mit Ratio ist der Quotient bezeichnet, bis zu weIchen
Grad sich das Datenmaterial zusammenfassen lieK Er errcchnet sich, indem
die Anzahl der Kategorien durch die Anzahl der Nennungen geteilt wird. In
der zweiten Doppelspalte sind die Anzahl der Antworten angefiihrt, die dritte
Doppelspalte weist die Anzahl der Kategorien nach der Verdichtung des Da
tenmaterials sowie der Anteil davon aus, der durch Einzelnennungen - das
sind Antworten, die jeweils nur ein einziges Mal im gesamten Probandenfeld
eingebracht wurden - eingenommen wird. Die vierte Doppelspalte gibt den
Anteil der Einzelnennungen an den Kategoriensystemen an.
Mittels eines x2-Tests wurden die Ergebnisse beider hierarchischen Teilgrup
pen auf Unabhangigkeit getestet. Dabei wurden die Haufigkeitsverteilungen
in der Belegung von Definitions- bzw. Beispielskategorien beider Teilgruppen
176 Ergebnisse
verglichen. Es lieBen sich keine statistisch signifikanten Unterschiede nach
weisen:
Test auf Unterschiede zwischen den Hierarchien x'-Wert p
Definitionsmerkmale Flexibilitiit .557 n.s. Beispiele rur Flexibilitiit .779 n.s. Definitionsmerkmale Fiihrun!tskompetenz .266 n.s. Beispiele fiir Fiihrun!tskompetenz .208 n.s. Definitionsmerkmale Selbststiindi!tkeit .349 n.S. Beispiele fiir SelbststiindiKkeit .008 n.S.
Definitionsmerkmale VeTantwortunKsbereitschalL .402 n.s.
Beispiele rur VerantwortunKsbereitschaft .455 n.S. .. Tab. 8.15: Testwerte der Unabhang.gkeltspriifung (x'-Test, df=l)
Fur die Festlegung auf eine fur aile Proband en geltende Arbeitsdefinition von
den vier ausgewahlten Kompetenzanforderungen wurde auf die auf die am
haufigsten genannten Definitionsmerkmale zuruckgegriffen:
Oefinitionsmerkmale Anzahl Nennungen
Flexibilitat
Anpassung an Anforderungen 24
Bereitschaft zur Mobilitat 12
Schnelligkeit 9
FiihTUngskompetenz
Soziale Kompetenz 13
Fachliche Kompetenz 10
Strategische Kompetenz 6
Selbststandigkeit
Aufgaben erfiillen 21
Planung der eigenen Tatigkeit 13
Verantwortung iibemehmen 7
Verantwortungsbereitschaft
Handlungskonsequenzen tragen 13
Entscheidungen treffen 13
Erfolg herbeifiihren 7 .. .. Tab. 8.16: O,e hauflgsten Beltrage zur OefUlltlOn der vIer Kompetenzanforderungen
Ergeb_rn_·s_sc _______________________________________________________ l_77_
Mit den Kennzahlen zu dieser Runde und der Benennung der am haufigsten
eingebrachten Beitrage sind die wichtigsten Ergebnisse aus der ersten Runde
und zu dem den Interpretationen der Kernkompetenzen gewidmeten Teil der
Studie dargelegt. Flir den weiteren Untersuchungsverlauf wurden die Kom
petenzanforderungen auf Basis dieser Ergebnisse wie folgt definiert:
(a) Flexibilitiit: Fahigkeit und Bereitschaft, sich rasch der betrieblichen Situation
anzupassen, verschiedene Aufgaben zu erledigen und dabei auch an ver
schiedenen Orten einsetzbar zu sein.
(b) Fiihrungskompetenz: Fahigkeit, mit Menschen umgehen und fachliche Un
terstlitzung leisten zu konnen.
(c) Selbststiindigkeit: Fahigkeit, Aufgaben eigeninitiativ zu erfiillen und dabei
die notigen Schritte selbst zu planen.
(d) Veranhvortungsbereitschaft: Fahigkeit und Bereitschaft, Entscheidungen zu
treffen und die Konsequenzen daraus zu tragen.
Diese Definitionen wurden den Probanden bei jedem folgenden Arbeitsauf
trag vorgelegt, bei dem es urn Einschatzungen im Zusammenhang mit diesen
Kompetenzanforderungen ging.
8.S Ergebnisse zum Fragenkomplex 4: Vcrhaltnis okonomischer und padagogischer Uberlegungen
Am Beispiel dieser vier Kompetenzanforderungen wurden in den nachsten
Delphi-Runden Vorteile (2. Runde) und Nachteile (3. Runde) abgefragt, die
mit dem Erwerb bzw. dem Besitz dieser Kompetenzen verbunden sind, und
zwar aus der Perspektive des Arbeitgebers und aus der Perspektive der Ver
suchspersonen selbst, wobei hier zwischen beruflichem Erfolg und individu
eUer Entwicklung unterschieden werden sollte (vgl. Kap. 7.3). Die
nachfolgenden Tabellen enthalten die Auswertungsergebnisse der qualitativen
Inhaltsanalyse sowie der Zuordnung zu okonomischen bzw. padagogischen
UberJegungen (ok/pad). Zunachst werden die Ergebnisse der deskriptiven
Auswertungen zu den Vorteils- und Nachteilsnennungen dokumentiert, beY~r
im Anschluss daran die Ergebnisse der Teilgruppenvergleiche dargestellt
werden.
178 Ergebnisse
8.5.1 Deskriptive Ergebnisse der Vorteilsnennungen
In der zweiten Runde gingen - verteilt auf das gesamte Fragenspektrum - 672
Antworten ein, die nach Kategorisierung wie folgt streuen:
8.5.1.1 Flexibilitiit
Nennung Nutzen Arbeitgeber (16 Kategorien) Kalkiil Fiihrungs- Beleg-
Gesamt krafte schaft
Bessere Ressourcenverteilung ok 8 9 17 Einsparung fiir Personal (bzw. Weiterbildung) ok 3 5 8 Effektivitat, Effizienz, Leistungssteigerung ok 6 2 8 Reaktionsfahigkeit auf Marktveranderungen ok 4 2 6 Flache Hierarchien ok 1 2 3 Innovation pad 1 1 2 Universelle Einsatzmoglichkeit ~d 1 1 2 Kompetenz- und Wissenserweiterung des Perso- pad 1 1 2 nals Fachiibergreifend denkende Mitarbeiter pad 2 0 2 Know-How-Transfer ~ad 1 0 1 Mobilitat ok 1 0 1 Netzwerkarbeit pad 1 0 1 Gestaltungsalternativen pad 1 0 1 Fahigkeiten zum Global Player entwickeln ok 1 0 1 Mehr Handlungsalternativen fiir die Beschaftig- pad 1 0 1 ten Besserer Bekanntheitsgrad untereinander pad 0 1 1
Gesamt 33 24 57 .... Tab. 8.17: VorteIie von FlexlbIiItat aus der Perspekilve des Arbeltgebers
Nennung beruflicher Eigennutzen Kalkiil
Fiihrungs- Beleg- Gesamt 1119 Kategorien) krafte schaft Karriereperspektiven ok 7 5 12 Interessante und abwechslungsreiche Aufgaben pad 4 5 9 Chance zur Profilierung ok 3 5 8 Steigerung des eigenen Marktwerts ok 6 1 7 Entwicklunzsperspektiven ~ad 1 4 5 Zuwachs an Erfahrung pad 2 1 3 Wissens- und Kompetenzzuwachs pad 1 1 2
Erfolg ok 1 1 2 Einkommen ok 1 1 2 Sicherung des Arbeitsplatzes ok 1 1 2
Erleichterung bei Arbeitsplatzwechsel ok 1 0 1 Weitblick pad 1 0 1 Mitsprache pad 1 0 1 Anerkennung pad 1 0 1 Zufriedenheit pad 1 0 1 Weitergabe von Fachkenntnis pad 0 1 1
Ergebnisse 179
Belastbarkeit I ok 1 0 1 Anpassungsfahigkeit I ok 0 1 1 Selbstkompetenz I pad 0 1 1
Gesamt 33 28 61 .... Tab. 8.18: Vortelle von Flexlbllltat m Hmbhck auf elgenen berufhchen Erfolg
Nennung privater Eigennutzen (26 Kategorien) Kalkiil Fiihrungs- Beleg-
Gesamt krafte schaft
Wissens- und Kompetenzzuwachs pad 4 6 10 Erweiterung des Horizonts pad 6 3 9 A ufgeschlossenheit pad 3 3 6 Obernahme ansprechender Aufo-aben pad 3 1 4 Steigerung des Selbstwertgefiihls pad 3 0 3 Anreicherung der Personlichkeit pad 2 0 2 Steigerung des Selbstbewusstseins pad 1 1 2 Karrierechancen ok 1 1 2 Bewaltigung neuer Situationen _pad 1 1 2 Selbstsicherheit pad 0 2 2 Abwechslung im Berufsleben pad 1 1 2 Z ufriedenheit pad 1 1, 2 Teamfiihigkeit pad 1 1 2 Erweiterung des Handlungsrepertoires pad 1 0 1 Erhohung des eigenen Marktwerts ok 1 0 1 Bereicherung des Alltags pad 0 1 1 F reude an der Arbeit pad 0 1 1 Selbstaktualisierung pad 0 1 1 KreativitiH pad 0 1 1 p'ufgabenerweiterung pad 1 0 1 Entscheidungsfiihigkeit _pad 1 0 1 -. Private und berufliche Mobilitat ok 1 0 1 MehrGehalt ok 1 0 1 Konfliktvermeidung pad 0 1 1 Steigende Lebensgualitat pad 0 1 1 Soziale Kompetenz pad 0 1 1
Gesamt 33 28 61 ....
Tab. 8.19: Vortelle von Flexlblhtat In Hmbhck auf die elgene Entwlcklung
8.5.1.2 Fiihrungskompetenz
Nennung Nutzen Arbeitgeber (19 Kategorien) Kalkiil Fiihrungs- Beleg-
Gesamt krafte schaft
Motivation der Beschliftigten pad 8 8 16 Sicherung von Leistungsbereitschaft und Enga- ok 4 4 8 Igement Leistungssteigerung, Effektivierung der Ablaufe ok 6 1 7 Gutes Arbeits- und Betriebsklima pad 1 6 7 Zufriedenheit der Beschaftigten pad 6 1 7
180 Ergebnisse
Ausrichtung der Beschaftigten auf das Unter- ok 2 2 4 nehrnensziel Abbau von Spannungen, Konfliktbewaltigung pad 1 2 3 Berechenbarkeit und Zuverlassigkeit der Organi- ok 2 1 3 sation Sicherung der Leistungsfahigkeit ok 1 2 3 Verbesserung der Arbeits- und Produktionsqua- ok 2 0 2 IWit Erzeugung von Vertrauen zwischen Fiihrungs- pad 2 0 2 kraften und Belegschaft Inhouse-Rekrutierung von Fiihrungskriiften pad 1 1 2 Flexibilitat Beschiiftigter pad 0 2 2 Geringere Fluktuation und Fehltage ok 1 1 2 Anerkennung pad 0 1 1 Flexible, auf Belegschaft angepasste Ftihrungsstile pad 1 0 1 Entlastung fur die Fiihrungskriifte ok 1 0 1 Sicherung von Sach-, Sozial- und Methodenkom- pad 0 1 1 ;petenz "Es werden Fachkenntnisse eingesetzt" pad 0 1 1
Gesamt 39 34 73 .. Tab. 8.20: Vortelle von Fuhrungskompetenz aus Arbedgeberperspekttve
Nennung beruflicher Eigennutzen Kalktil
Fiihrungs- Beleg-Gesamt
24 Kategorien) krafte schaft Anerkennung erfahren pad 7 4 11 Erhohung des eigenen Marktwerts ok 2 5 7 Karrierechancen ok 3 2 5 Erreichung der eigenen Ziele bzw. der Arbeits- ok 3 1 4 ziele ErOffnung von Entwicklungsperspektiven pad 2 0 2 Verbesserung des Betriebs- und Arbeitsklimas pad 1 1 2 Team- und Gruppenarbeit pad 1 1 2 Steigendes Einkommen ok 1 1 2 Erfolg ok 1 1 2 "Werde mit Ftihrungsaufgaben betraut" ok 1 0 1 Nutzung von Synergieeffekten ok 1 0 1 Soziale Kompetenz pad 0 1 1 Erftillung der Erwartungen der Mitarbeiter ok 0 1 1 Weitergabe meiner Fachkenntnisse pad 0 1 1 Flexible Einsetzbarkeit ok 0 1 1 Profilierung ok 0 1 1 Einblick in die Untemehrnensstrategie ok 0 1 1 Zeitersparnis ok 1 0 1 Steigerung der Arbeitsleistung ok 1 0 1 Obemahme von Verantwortung ok 1 0 1 Zufriedenheit pad 1 0 1 Einfluss ok 0 1 1 Projektarbeit pad 0 1 1 Verbesserte Kommunikation pad 0 1 1 Gesamt 27 25 52
" Tab. 8.21: Vortelle von Fuhrungskompetenz In Bezug auf elgenen berufhchen Erfolg
Ergebnisse 181
Nennung privater Eigennutzen (28 Kategorien) Kalkiil FUhrungs- Beleg-
Gesamt krafte schaft
Soziale Kompetenz pad 5 4 9 Anerkennung pad 2 3 5 Padagogische Kompetenz ("wirkt auf Erziehung pad 1 2 3 der Kinder") Selbstbewusstsein pad 3 0 3 Zufriedenheit pad 2 1 3 Personliche Weiterentwicklung pad 1 2 3 Gestaltungsfreiraum .pad 2 1 3 Zuwachs an Kom~etenz und Wissen pad 1 1 2 "freundliche Umgebung", angenehmes Umfeld pad 1 1 2 Selbstkornpetenz pad 1 0 1 Selbstaktualisierung pad 1 0 1 Berufliche Erfiillung pad 0 1 1 ~·ves Auftreten pad 0 1 1 Erweiterung des Horizontes pad 0 1 1 Ausgeglichenheit pad 0 1 1 Belastbarkeit o~_ 0 1 1 l5t'':igendes Einkornrnen ok 0 1 1 "Urnsetzung eigener Eitelkeit in Hinblick auf ok 0 1 1 Macht"
~tersein pad 1 0 1 Untersrutzer sein pad 1 0 1 Durchsetzungsverrnogen ok 1 0 1 Aufgabenerweiterung yad 1 0 1
~~ent pad 1 0 1 Selbstwertgefiihl paJ 1 0 1 Familiarer Zusarnrnenhalt pad 0 1 1 ~~lbstsicherheit pad 0 .1 1 Motivation pad 0 1 1 Vertrauen pad 0 1 1
Gesamt 26 26 52 ,. Tab. 8.22: Vortede von Fuhrungskompetenz In Hmbhck auf dIe .,gene EntwlckIung
8.5.1.3 Selbststandigkeit
Nennung Nutzen Arbeitgeber (19 Kategorien) KalkUI FUhrungs- Beleg-
Gesamt krafte schaft
Entlastung der FUhrungsebene ok 5 5 10 Flache Hierarchien ok 3 5 8 Zeitersparnis ok 3 5 8 Effektivierung und Effizienz der AbHiufe ok 2 4 6 Verbesserung der Arbeits- und Produktionsqua- ok 1 2 3 litat Errnoglichung von Zielvereinbarungen ok 1 2 3 Personal- bzw. Kosteneinsparung ok 2 1 3
182 Ergebnisse
Kreativitat pad 1 1 2 Vertrauen pad 1 1 2 Uisung auftretender Probleme pad 0 2 2 Team- bzw. Projektarbeit pad 2 0 2 Ubertragung von Gesamtaufgaben 6k 1 1 2 Synergieeffekte, Verbesserung der Zusammenar- 6k 2 0 2 beit Motivation pad 1 0 1 Engagement pad 1 0 1 Unternehmerisches Denken 6k 1 0 1 Beherrschung von Komplexitat pad 1 0 1 Innovation pad 1 0 1 Zuverlassigkeit 6k 0 1 1
Gesamt 29 30 59 .. Tab. 8.23: Vortetle von Selbststandlgketl aus Arbeltgeberperspekhve
Nennung beruflicher Eigennutzen Kalkiil
Fiihrungs- Beleg-Gesamt
25 Kategorien) krafte schaft Erh6hung des eigenen Marktwerls 6k 4 3 7 Profilierung 6k 3 3 6 Aufgabenerweiterung pad 1 4 5 Karrierechancen ok 3 1 4 Anerkennung pad 1 2 3 Eroffnung von Freiriiumen und Gestaltungsspiel- pad 1 2 3 raum Vertrauen der Vorgesetzten pad 1 1 2 Motivation pad 2 0 2 Steigerung der Effektivitat und Effizienz ok 2 0 2 Einfluss ok 0 2 2 Ubemehmen von Fiihrungsaufgaben ok 1 1 2 Teamarbeit pad 2 0 2 "Erkennen von Schwachstellen im Umfeld" ok 1 1 2 Selbstbewusstsein pad 1 1 2 Entwicklungsperspektiven pad 1 1 2 Erfolg ok 1 0 1 SpafS an der Arbeit pad 1 0 1 Leichtere Abstimmungsprozesse ok 1 0 1 Weniger Kontrolle ok 0 1 1 Soziale Kompetenz pad 0 1 1 Sicherung des Arbeitsplatzes ok 0 1 1 Bessere Arbeitsorganisation ok 0 1 1 Selbstvertrauen pad 0 1 1 MehrGehalt ok 0 1 1 Zeiterspamis ok 0 1 1
Gesamt 27 29 56 .. Tab. 8.24: Vortetle von SelbststandigkeJt m Hmbhck auf elgenen berufhchen Erfolg
Ergebru~ _________________________________________________________ 1_8~3
.------N- - F' (23 K .) I K~lktil --Fuhrungs--- Beleg- GDsamt ennung pTIVater.lgennutzen ategoTIen krafte schaft '
~angigkc~ ______ pad 3 9 12i Gestaltungsfrelrdume J'.~ 2 2 41 ~~enheO:it-=.:.==-------------------+ pad --=~-.-.---1f-~--------±J
Motivation pad 3 1 4
~~etenz- und Wi"enszu,,:=:ac::ch:::..s ____ --+_LP'a=d=----cI----__ -=-I----_---"3+---_~4 Selbstbestinunung pad 2 3 ~ertrauen ----------------+-= pi ad 2
Selbstwertgefuhl pad 1 1 ___ ~ I Auff~at b 't ~a""d 2 0 2 ~,ener~~~n~--------------------~~~~<~+------~3_----~+-----~ Karrierechancen ok 2 'Se!bstb~wusstsein pad 0 1 ~.;;zh~ilicit----------------------+--'p-,,,-:--d-;-t------_------::--c1:-tr___----"-"----::ot-_-_-_-_-------c-::-i1 r;~_"r:=e.c.ah'-'--v-___ i",t";--" t-;--:----:---:--_____________________ -+_-'----p,ac;d-+ 1 0 1
~~it:!~ie0!i-~!~I2g. pad 1 0 1 ~~heErfu~~-------------- £a~ ______ ~O+----~t_----~ ~~.schelci.~n trefEen pad -- 0 1 ~~keit zu Agleren un I Reagieren l"id_t-----___ O ___ 1"
~i;f~~:_0n ~- :a~ 1_ -~ _-_=-=--=--::6+1,_---_-_------c-"1~ ~'!tJar:~e~---------------------- ---""t ---' , , ~nliche _"Y::-i.t.erentWjCkl'!~R..___ _ __ __ _ p-"_" d_ _ ~ 00:! 1
rr~~i:~:;~d~~~~~----------- ------__ - ~~ ___ ~ 1 -~ [~. __________________________ " _____ ~esamt 27 25~ ~ Tab. 8.25: Vorlcllc von Selb,tstandigkeit in Hinblick auf die eigene Entwlcklung
8.5. J.4 Verantwortungsbereitschajt
Nenn ---
~~rFtih;';;;gS-1 B~leg--:- -Z---ung N utzen Arbeitgeber (18 Kategorien) aUt krafte schaft esamt
orteil (Entscheidungen werden getroffen, ok 31 5 --------s ,er ~~k~'ersicherungen werden eingeholt) rung der Effizienz, Effektivitat und ok
I 4 3 7
~ stung der Fiihrungsebene
Zeitv weill Steige Leistu Entia Perso Flach Zuve Ein~a
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nifizier-""K koml'le;"er Proble.;;e-------ok
r-------& 3 2 5 1 3 4
e Hierarchien rHissigkeit tz im Sil:'r:e der) Zieler-.reichung uen zum Fuhrungspersonal und Beschaf·
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184 Ergebnisse
Steuerbarkeit ilk 1 0 1 Tearn- und Projektarbeit pad 1 0 1 Kundenzufriedenheit ilk 1 0 1 Ubertragung anspruchsvoller Aufgaben ilk 1 0 1 Motivierte Mitarbeiter pad 1 0 1 "Anderen den Weg freirnachen" ilk 0 1 1
Gesamt 26 25 51 Tab. 8.26: VorteIle von Verantwortungsbereltschaft aus Arbeltgeberperspekhve
N ennung beruflicher Eigennutzen KalkUl
Fiihrungs- Beleg-Gesamt
12 KategorienJ krafte schaft Karrierechancen ilk 6 5 11 Erhilhung des eigenen Marktwerts ilk 6 3 9 Aufgabenerweiterung pad 4 4 8 Anerkennung pad 4 3 7 Steigenden Einfluss irn Betrieb ilk 3 2 5 Profilierung ilk 1 2 3 Erfolgsbeteiligung ilk 1 0 1 Hohe Qualitat der Arbeitserllebnisse ilk 1 0 1 Schnelle Zielerreichung ilk 0 1 1 Obemahrne von Fiihrungsaufgaben ilk 0 1 1 Glaubwiirdigkeit ilk 0 1 1 Aufopferung ilk 0 1 1
Gesamt 26 23 49 Tab. 8.27: Vortede von Verantwortungsbereltschaft m Hmbhck auf elgenen berufhchen
Erfolg
Nennung privater Eigennutzen (26 Kategorien) Kalkiil Fiihrungs- Beleg-
Gesarnt krafte schaft
Ubernahme privater Verantwortung pad 2 4 6 Zufriedenheit pad 3 2 5 Selbstbewusstsein pad 1 3 4 Selbstkornpetenz pad 2 1 3 Persilnliche Weiterentwicklung pad 1 2 3 Selbstwertgefiihl pad 1 1 2 Selbstsicherheit pad 1 1 2 Bewusster) Umgang mit Verantwortung pad 1 1 2
Wirkung der eigenen Personlichkeit ilk 2 0 2 Erlemen von Menschenfiihrung pad 1 1 2 Gestaltungsspielraurn pad 1 1 2 Mehr Einfluss auf Andere ilk 2 0 2 Weitsicht pad 1 0 1 Fehlerkultur pad 1 0 1 Soziale Kornpetenz pad 1 0 1 Akzeptanz pad 1 0 1 Berufliche Erfiillung pad 0 1 1 Identifikation mit Arbeit ilk 0 1 1 Belastbarkeit ilk 0 1 1
Ergebnisse
Unternehmerisches Denken ok 1 ProblemlOsendes Denken pad 1 Karrierechancen ok 1 Wissens- und Kompetenzzuwachs pad 1 Pragung des Charakters pad 1 Erfolgserlebnisse ok 0 Erhiihung des eigenen Marktwerts ok 0
Gesamt 27 Tab. 8.28: Vortetle von VerantwortungsbereItschaft m Hmbhck auf die elgene
Entwicklung
8.5.2 Oeskriptive Ergebnisse der Nachteilsnennungen
185
0 1 0 1 0 1 0 1 0 1 1 1 1 1
22 49
In Analogie zur Fragestellung aus der zweiten Runde soIl ten die Probanden in
der dritten Runde Nachteile aufzahlen, die mit dem Besitz bzw. dem Erwerb
dieser Kompetenzen unter den mittlerweile bekannten drei Perspektiven ver
bunden sein kennen. Mit 372 Nennungen gingen wesentlich weniger Ant
worten ein als zur Frage nach den Vorteilen.
8.5.2.1 Flexibilitiit
Nennung Nachteil Arbeitgeber (11 Kategorien) Kalkiil Fiihrungs- Beleg-
Gesamt krafte schaft
Gefahr der Abwanderung von Personal ok 4 3 7
Verlust von Kontinuitat, Konzentration auf kurz- ok 3 3 6 fristige Aktionen Fehlendes Fachwissen in Detailfragen £lad 1 4 5 Negativer Einfluss auf Tagesgeschaft, mangelnde ok 3 2 5 Verfiigbarkeit am Stammarbeitsplatz Steigendes Risiko durch unreflektierte Aktionen ok 2 2 4 SteigendesAnspruchsdenken ok 3 0 3 Steigender Einarbeitungsaufwand ok 3 0 3 Aufwand fiir Nachfolgeplanung ok 1 0 1 Konzentration auf attraktive Arbeitsorte ok 0 1 1 Ungerechtigkeit bei Leistungsmessung pad 1 0 1 Hohere Personalkosten ok 1 0 1
Gesamt 22 15 37 ....
Tab. 8.29: Nachtelle von F1exlblhtat aus der Arbeltgeberperspekttve
186 Ergebnisse
Nennung beruflicher Nachteil Mitarbeiter Kalktil
Fiihrungs- Beleg-Gosamt
14 Kategorienl krafte schaft Arbeitsverdichtung, Mehrfachbelastung, steigen- ok 6 2 8 de Anforderungen Mangelndes Fachwissen in Detailfragen pad 4 2 6 Erschwerte Fortentwicklung pad 3 2 5 Verlust eines klaren Aufgabenbereiches pad 1 1 2 Fehlende Identifizierung, Verlust beruflicher ok 1 1 2 Identitat Verpflichtung zu fachfremden bzw. unangeneh- pad 1 1 2 men Aufgaben Konkurrenz zu SpeziaIisten ok 2 0 2 Steigendes Fehlerrisiko, evtl. LeistungseinbufSen ok 2 0 2 Steigender Anspruch an Verrugbarkeit ok 1 0 1 Geringere Anerkennung durch weniger abge- pad 1 0 1 schIossene Projekte "Erschwert Einbringen individueller Kompetenz" pad 0 1 1 Keine Orientierung an Iangfristigen Strategien ok 1 0 1 "Keine Weiterbildung moglich" pad 0 1 1 MangeInde Einbindung ins Team pad 0 1 1
Gesamt 23 12 35 .... Tab. 8.30: NachteIie von FleXlblhtat In HInbhck auf elgenen berufhchen Erfolg
Nennung privater Nachteil Mitarbeiter Kalkiil
Ftihrungs- Beleg-Gesamt
12 Kategorien) krafte schaft Familiare Belastung und Probleme pad 6 3 9 Mehr Stress, grogere Belastung, Ausbeutung der ok 5 2 7 Gesundheit Belastung, Erschwernis bzw. Verlust sozialer pad 4 2 6 Kontakte Erschwerte Integration in Arbeitstearns pad 1 2 3 "Kann mich leichter verzetteln", zu wenig Kon- ok 0 3 3 zentration auf eine Aufgabe, Oberflachlichkeit Beeintrachtigung eines zielgerichteten Aufstiegs ok 1 1 2 U nzufriedenheit pad 2 0 2 Wenig Feedback tiber Qualitat der eigenen Arbeit pad 1 0 1 Sinkendes Selbstbewusstsein pad 0 1 1 Zwang zu Flexibilitat durch Gruppendruck pad 1 0 1 Hemmung politischen Engagements pad 1 0 1 Verpflichtung zu unangenehmen Aufgaben pad 0 1 1
Gesamt 22 15 37 .... Tab. 8.31: Nachtelle von FleXlblhtat In HInbhck auf die elgene Entwlcklung
Ergebnisse 187
8.5.2.2 Fllhrungskompetenz
Nennung Nachtoil Arbeitgeber (14 Katogorion) I Kalkiil Fiihrungs- Beleg-
Gosamt krafto schaft
Fixierung der Mitarbeiter auf Fiihrungskraft (z.B. tlk 3 2 5 negative Auswirkung auf Flexibilitat)-Erhtlhtes Konfliktpotenzial ok 4 1 5 Unzufriedenheit falls nicht genugend Fuhrungs- pad 3 2 5 ipositionen vorhanden Steigende Abhangigkeit, Verlust an Kontrolle ok 2 0 2 Gefahr der Vernachlassigung der eigentlichen ok 1 1 2 Aufgabe Erhohtes Anspruchsdenken der Mitarbeiter ok 1 1 2 Mangelnde Selbs13.ndigkeit, da Unterstiitzung pad 1 1 2 durch Fuhrungskraft gewiss, weniger Eigenan-trieb "Gefahr kompetenter Kritik am FUhrungsverhal- pad 1 01 1 ten des Arbeitgebers" Abwerbung durch andere Firmen ok 1 0 1 "Menschen ungerecht zu behandeln" pad 0 1 1 "FuhrunJ(skompetenz falsch auszufUhren" pad 0 1 1 Konkurrenz zu anderen Kollegen ok 0 1 1 Erhohter Aufwand ok 0 1 1 Gefahr von Missbrauch ok 0 1 1
~-
Gesamt 17 13 =::Jill -.. Tab. 8.32: : Nachtelle von Fuhrungskompetenz aus der Perspekttve des Arbeltgobers
Nennung beruflicher Nachteil Mit'Tbeiter Kalkiil
Fiihrungs- Beleg-Gesamt
9 Kategorien) krafte schaft Vernachlassigung der Fachthemen, Fachaufgabe pad 5 2 7 bzw. Fachkenntnis Konflikte (z.B. aufgrund unangemessener Fuh- ok 4 2 6 rungsanspruche oder undiplomatischen Auftre-tens) ErhOhter Aufwand und steiJ(ende Belastung ok 4 0 4 Notwendigkeit, unangenehme Entscheidungen ok 0 1 1 treffen oder durchsetzen zu mussen Beeintrachtigung der eigenen Entwicklung (durch pad 1 0 1 Fokus auf Mitarbeiterftlrderung) Zu wenig ehrliches Feedback aufgrund Abhan- pad 1 0 1 gigkeit Keine Anerkennung von Mitarbeitem pad 0 1 1 Verlust sozialer Kontakte zu den Kollegen pad 0 1 1 "Verlassen auf Unterstiitzung" pad 0 1 1
Gosamt 15 8 23 Tab. 8.33: Nachtetle von Fuhrungskompetenz m Bezug auf elgenen berufhchen Erfolg
188 Ergebnisse_
Nennung privater Nachteil Mitarbeiter Kalkiil
Fiihrungs- Beleg-Gesamt ~gorien) krafte schaft
Dominanz, Gefahr der Einschrankung Anderer pad 0 3 3 Gefahr der Vberlastung, starkere Belastung, we- ak 3 0 3 niger Freizeit Unzufriedenheit und Frust, falls keine adaquate pad 0 2 2 Stelle vorhanden
~1~!, Bess~_wisser" rad 2 0 2 Mangdnde Trennung Privat- und Berufsleben r ad 1 1 2 Geringere Weiterentwicklung der fachlichen pad 1 0 1 Kompetenz Verunsicherung durch neue Anforderungen pad 1 0 1 Abgehobenheit ok 1 0 1 Elitedenken ok 1 0 1 Erhohtes Anspruchsdenken ok 1 0 -~
Familiare Belastung pad 0 1 1 Verlust sozialer Kontakte pad 0 1 1 ~-
Gesamt 11 8 19 --Tab. 8.34: Nachtelle von Fuhrungskompetenz tn Hmbhck auf dIe e'gene Entwlcklung
8.5.2.3 Selbststdndigkeit
Nennung Nachteil Arbeitgebcr (18 Kategorien) Kalkiil Fuhrungs- Beleg-
Gesamt krafte schaft
'Ihlilihte~-Risiko von Fehlentscheidungen ok 2 3 .--:;-
5 1v!;;~gelnde Absprachen, InformationsfIuss bzw. ok 3 1 -4 Kooperatio,:! Verlust an Kontrollmoglichkeiten ok 2 2 4 Aufwand fUr die Einfuhrung einer neuen ok 2 2 4
%o'ihrungskultur Konflikte und Probleme mit Vorgesetzten ok 1 2 '3' Stures Abteilungsdenken ok 2 0 -~ Einzelkampfertum ok 1 1 2 Unabgestirnrnte strategische Ausrichtung ok 0 2 __ ~ "Sich in andere Bereiche einrnischen" ok 1 o 1 Mangelnde Einhaltung von Zielvorgaben ok 1 0 1 Abwanderung der Arbeitskrafte ok 0 1 1 Prozesse werden nicht dokumentiert, sind nUI im ok 1 0 1 Gedachtnis der Leute vorhanden "NUT Vorteile, wenn Fiihrungsqualitat und Frei- ok 1 0 ')
raurne vorhanden" Mitarbeiter handeln nicht irnrner systernkonform ok 1 0 1 Erhohtes Anspruchsdenken der Mitarbeiter ok 0 1 1 Eventuelle Unzufriedenheit des Kunden ok 0 1 1 Schlechter Ruf fiir die Firma ok 0 1 1 Erhohter Aufwand (finanziell bzw. personeIll ok 0 1 1
Gesarnt 18 18 36 Tab. 8.35: Nachtelle von Selbststandlgkett aus der Perspekhve des Arbeltgebers
Ergebnisse 189
Nennung beruflicher Nachteil Mitarbeiter Kalkiil
Fiihrungs- Beleg-Gesamt
13 Kategorien} krafte schaft Steigendes Konfliktpotenzial mit Vorgesetzten pad 6 2 8 undKollegen Einzelkampfertum, mangelnde Kooperation ok 2 6 8 Mangelndes Feedback zur eigenen Leistun!,; pad 2 1 3 [mageverlust ok 2 1 3 Unnoti!,;er Stress ok 1 a 1 Mangelnde Forderung Untergebener wegen feh- ok 1 a 1 lender Delegation Hoherer Aufwand fur Informationsbeschaffun!,; ok a 1 1 Konkurrenz urn Ressourcen mit anderen lnitiati- ok a 1 1 ven Vorgesetzte verlieren den Uberblick ok a 1 1 Stei!,;ende Erwartungshaltun!,; der Vorgesetzten ok a 1 1 iiberlastung durch iiberflutung ok 1 a 1 ErhOhtes Anspruchsdenken der Mitarbeiter ok a 1 1 Unsicherheit und An!,;st bei Entscheidungen pad a 1 1
Gesamt 15 16 31 Tab. 8.36: Nachtetle von Selbststandlgkelt m Hmbhck auf elgenen berufhchen Erfolg
Nennung privater Nachteil Mitarbeiter Kalkiil
Fiihrungs- Beleg-Gesamt 16 Kategorien} krafte schafl
Eigenbrodelei, Verlusl an Koopcration ok 2 6 8 Hohere (psychische) Belastung, hOherer ok 5 a 5 Arbeitsaufwand Gefahr der Bevormundung anderer, Dominanz pad 2. 1 3 Selbst)iiberlastung bzw. Sclbstiiberschiitzung pad 3 0 3
Kompromisslosigkeit (auch im privaten, familia- pad a 2 2 ren Bereich) Demotivation pad 1 1 2 "Setze mich Gefahren aus" ok 1 a 1 Aus der Rolle fallen pad 1 a 1 Einschrankung der Freizeit ok 1 0 1 Familiare Belastung pad 1 0 1 Hemrnung der personlichen Entwicklung pad 1 0 1 "Blick nach vome verlieren" pad 1 0 1 ImageverIust ok 0 1 1 Fehlende Forderung bei Konflikt mit pad 1 0 1 Vorgesetzten Unsicherheit pad 0 1 1 Kein Selbstbewusstsein pad 0 1 1
Gesaml 20 13 33 .. Tab. 8.37. Nachletle von Selbstslandigkell m Hmbhck auf dIe elgene Entwicklung
190 Ergebnisse
8.5.2.4 Verantwortungsbereitschaft
Nennung Nachteil Arbeitgeber (15 Kategorien) Kalkiil Fiihrungs- Beleg-
Gesamt krafte schaft
Verlust an Kontrollmoglichkeiten ok 5 1 6 Unabgestimmte strategische Ausrichtung ok 2 2 4 Erhohtes Risiko von Fehlentscheidungen ok 2 1 3 Dominanz von einzelnen Personen ok 0 2 2 Kompetenziiberschreitungen ok 2 0 2 Probleme mit hoheren Hierarchien ok 1 1 2 Erhohtes Anspruchsdenken der Belegschaft ok 1 1 2 EvtI. Notwendigkeit von Entiassungen ok 1 0 1 Aufwand fur Etablierung einer neuen ok 1 0 1 Unternehmenskultur Informa tionsdefizit pad 0 1 1 Mangelnde Abgrenzung von Aufgabenbereichen pad 0 1 1 Schlechtes Auftreten beim Kunden (Unglaub- ok 0 1 1 wurdigkeit) Personifizierung individueller Verantwortung ok 1 0 1 "Kein Nachteil, da ideale Eigenschaft" ~ad 1 0 1 Kostenaufwand aufgrund Fehlentscheidungen ok 0 1 1
Gesamt 17 12 29 Tab. 8.38: Nachtede von Verantwortungsbere.tschaft aus der Perspektive des Arbe.tgebers
Nennung beruflicher Nachteil Mitarbeiter Kalkiil Fiihrungs- Beleg- Gesamt 17 Kategorien) krafte schaft Fehler haben Foigen: Sie werden vermerkt und ok 2 3 5 Foigen mussen getragen werden Karriereknick bei Fehlern ok 3 1 4 Erhiihter Arbeitsaufwand ok 3 1 4 Imageverlust ok 2 1 3 Reduzierte Wiirdigung positiver Ergebnisse, ne- pad 3 0 3 gative Honorierung von Verantwortungsbereit-schaft Konflikte und Probleme mit hoheren Hierarchien ok 0 3 3 Selbstiiberscbatzung und Kompetenziiberschrei- ok 2 0 2 tung Vernachlassigung anderer Aufgaben ok 1 0 1 Mangelndes Fachwissen im Detail pad 1 0 1 Konflikte, wenn andere Bereiche tangiert werden pad 0 1 1 Fehlender Schutz in der Gruppe pad 0 1 1 Geringere Arbeitsqualitiit ok 0 1 1 "Kopf fiir Kollektiv hinhalten" ok 1 0 1 Scheuklappendenken ("Arbeit wird Lebensmit- pad 1 0 1 telpunkt';) -"Bei richtigem Fiihrungsstil hat der Mitarbeiter pad 1 0 1 nur Vorteile" "Zu unangenehmen Entscheidungen stehen" ok 0 1 1
Ergebnisse 191
t:rderung I G;:!'tl 2~1 1!1 ~I Tab. 8.39: Nachteile von Verantwortungsbereitschaft in Hinblick auf eigenen beruflichen
Erfolg
Nennung privater Nachteil Mitarbeiter Kalkiil
Fiihrungs- Beleg-IllS Kategorien) kriifte schaft Weniger Erholung und geistige Frische pad 4 3 ErhOhter Stress und htlhere Belastung tlk 3 1 Risiko, bestraft zu werden bzw. Konsequenzen ok 2 1 tragen zu miissen; fehlende Glaubwiirdigkeit bei falschen Entscheidungen Unsicherheit bzw. Verlust an Selbstsicherheit pad 1 1 Einsamkeit und Ausgrenzung pad 1 1 Selbstiiberschatzung pad 1 0 Konflikte mit dem Arbeitgeber haufen sich ok 1 0 Karriereknick ok 0 I Siindenbock sein ok 0 1 Unzufriedenheit pad 1 0 Einseitigkeit von Interessen pad 1 0 Keine --.E.ad 1 0 Neid und Missgunst pad 1 0 Dominanz in der Familie pad 0 1 V:oreiligkeit bei Entscheidungen ok 0 1
Gesamt 17 11 Tab. 8.40: Nachtelle von Verantwortungsberettschaft m Hmbhck auf die elgene
Entwicklung
Gesamt
7 4 3
2 2 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1
28
Der vierte Fragenkomplex fokussiert darauf, wie weit die Abwagung von Vor
und Nachteilen beruflicher Kompetenzentwicklung am Beispiel der vier aus
gewahlten Kompetenzanforderungen von iikonomischen bzw. padagogischen
UberJegungen getragen ist. Daher ist in folgenden Tabellen jeweils die Anzahl
iikonomischer bzw. padagogischer Kalkiile bei der Nutzen- (Tab. 8.41) bzw.
NachteiIseinschatzung (Tab. 8.42) beruflicher Kompetenzentwicklung angege
ben.
192 Ergebnisse
v orteilseinschatzungen
Perspektive Eigene berufliche Perspektive
Flexibilitat Arbeitgeber Perspektive personliche Entwicklung
Okonomische Aspekte 44 (24/20) 36 (21/15) 5 (4/1)
Padagogische Aspekte 13 (9/4) 25 (12/13) 56 (29/27)
Perspektive Eigene berufliche Perspektive Fiihrungskompetenz Arbeitgeber Perspektive
personliche Entwicklung
OkonOlnische Aspekte 30 (19/1l) 30 (15/15) 4 (1/3) Padagogische Aspekte 43 (20/23) 22 (12/10) 48 (25/23)
Perspektive Eigene berufliche Perspektive
Selbststandigkeit personliche Arbeitgeber Perspektive
Entwicklung Okonomische Aspekte 47 (21/26) 32 (16/16) 5 (4/1)
Padagogische Aspekte 12 (8/4) 24 (11/13) 47 (23/24)
Verantwortungs- Perspektive Eigene berufliche Perspektive
bereitschaft Arbeitgeber Perspektive personliche Entwicklung
Okonomische Aspekte 45 (23/22) 34 (18/16) 10 (6/4)
Padagogische Aspekte 6 (3/3) 15 (8/7) 39 (21/18) .. Tab. 8.41: Ole Anzahl okonomlscher bzw. padagogIscher Oberlegongen bel der
Vorteilseinschatzung beruflicher Kompetenzentwicklung
N achteilseinschatzung
Perspektive Eigene berufliche Perspektive
Flexibilitat Arbeitgeber Perspektive
personliche Entwicklung
Okonomische Aspekte 31 (20/1l) 16 (13/3) 12 (6/6)
Padagogische Aspekte 6 (2/4) 19 (10/9) 25 (16/9)
Perspektive Eigene berufliche Perspektive
Fiihrungskompetenz Arbeitgeber Perspektive personliche
Entwicklung Okonomische Aspekte 20 (12/8) 11 (8/3) 6 (6/0)
Padagogische Aspekte 10 (5/5) 12 (7/5) 13 (5/8)
Perspektive Eigene berufliche Perspektive Selbststandigkeit personliche
Arbeitgeber Perspektive Entwicklung
Okonomische Aspekte 36 (18/18) 19 (7/12) 16 (9/7)
Padagogische Aspekte 0 12 (8/4) 17 (1l/6)
V erantwortungs be- Perspektive Eigene berufliche Perspektive persllnliche
reitschaft Arbeitgeber Perspektive Entwicklung
Okonomische Aspekte 26 (16/10) 25 (14/9) 7(3/4)
Padagogische Aspekte 3 (1/2) 9 (6/3) 21 (14/7) .. .. Tab. 8.42: Ole Anzahl okonOlllischer bzw. padagogIscher Oberlegongen bel der
Nachteilseinschatzung beruflicher Kompetenzentwicklung
Ergebnisse 193
Die Tabellen weisen die Anzahl der Probandenantworten aus, die im Zuge der
Auswertung der okonomischen bzw. der padagogischen Perspektive zuge
ordnet wurden. In Klammem sind die Zahlen ftir die Teilgruppen angegeben,
und zwar zunachst ftir die Ftihrungskrafte und dann ftir die Belegschaft.
8.5.3 Teilgruppenvergleiche
Der erste Vergleich beider Teilgruppen zielte auf die Haufigkeiten, mit denen
die kategorisierten Antworten innerhalb der Tab. 8.17 bis 8.28 (Vorteilsnen
nungen) bzw. Tab. 8.29 bis 8.40 (Nachteilsnennungen) bei beiden Teilgruppen
belegt wurden. Es zeigte sich, dass zwischen beiden Teilgruppen grofStenteils
sehr signifikante Kontingenzen bestehen:
Test auf Kontingenzen zwischen den Hierarchien: Vorleilsnennungen C-Wert p
Vorteile Arbeitgeber Flexibilitiil .860 .005**
~ne berufliche Vorteile Flexibilitiil .758 n.s. Eigene private Vortei!e Flexibilitiit .817 .000**
Vorteile Arbcilgeber Fiihrunliskompetenz .842 .006**
Eigene berufliche Vorteile Fiihrunlislwmpetenz .839 .000*' Eigene private Vorleile Fiihrunlislwmpetenz .820 .000**
Vorteile Arbeitgeber Selbstsliindilikeil .761 .050* Eigene berufliche Vorteile Selbststiindigkeit r_:!55 .007*' Eigene private Vorteile SelbststiindiKkeil .755 .002**
Vorteile Arbeitgeber Veranttoortungsbereilscha{t .739 n.s. Eigene berufliche Vorleile VeranltoortunKsbereitscha{t .860 .026' Eigene private Vorteile Veranttvartungsbereitschaft .710 .010"
.. .. Tab. 8.43: 1 estwerle der Kontingenzpriifung (Pearsons Kontmgenzkoefftzlent C),
n.s. = nicht signifikant
Bei den Vorteilsnennungen liegen einzig in Hinblick auf die Einschatzungen
der eigenen beruflichen Vorteile von FIexibililal und der Vorteile von Verant
worhmgsbereilsdUlft aus der Sicht des Arbeitgebers keine signifikanten Kontin
genzen vor. Hier unterscheiden sich die beiden Teilgruppen.
194 Ergebnisse
Test auf Kontingenzen zwischen den Hierarchien: Nachteilsnennungen C-Wert p
Nachteile Arbeitgeber Flexibilitiit .826 n.s. Eigene berufliche Nachteile F/exibilitiit .769 .027* Eigene private Nachteile Flexibilitiit .786 n.s. Nachteile Arbeitgeber Fiihrunl{skompetenz .771 .008** Eigene berufliche Nachteile Fiihrunl{skompetenz .783 .027* Eigene private Nachteile Fiihrunl{skompetenz .660 n.S. Nachteile Arbeitgeber Selbststiindil{keit .702 .041* Eigene berufliche Nachteile Selbststiindil{keit .832 .001** Eigene private Nachteile Selbststiindil{keit .742 n.s. Nachteile Arbeitgeber Verantwortun;?sbereitschaft .584 n.s. Eigene berufliche Nachteile Verantwortun;?sbereitschaft .664 .037* Eigene private Nachteile Verantwortun;?sbereitschaft .781 .003** .. .. Tab. 8.44: Testwerte der Kontingenzpriifung (Pearsons Kontmgenzkoefflzlent C),
n.s. = nieht signifikant
Bei den Nachteilsnennungen finden sich in ftim Hillen keine signifikanten
Kontingenzen, d.h. beide Teilgruppen unterscheiden bei der Nachteilsein
schatzung zu Flexibilitiit in der Arbeitgeber- und der eigenen privaten Per
spektive. In der Arbeitgeberperspektive liegen Unterschiede bei der Nennung
der Nachteile zu Verantwortungsbereitschaft vor, hinsichtlich der eigenen pri
vaten Perspektive in Bezug auf Fiihrungskompetenz und Selbststiindigkeit.
Flexibilitat Perspektive Eigene beruflkhe Perspektive personliche Arbeitgeber Perspektive Entwicklung
Vorteil I Nachteil Vorteil I Nachteil Vorteil I Nachteil
x' .8878 I 2.0278 .6344 I 3.1574 .5678 I .6593
P n.5. I n.s. n.s. I n.s. n.s. I n.s.
Fiihrungs- Perspektive Eigene berufliche Perspektive personliche kompetenz Arbeitgeber Perspektive Entwicklung
Vortell I Nachteil Vortell I Nachteil Vorteil I Nachteil
x' 2.0096 I .2715 .1051 I .5242 1.0833 I 6.3776
P n.s. I n.S. n.S. I n.s. n.s. I 5.S.
Selbststan- Perspektive Eigene berufliche Perspektive personliche digkeit Arbeitgeber Perspektive Entwicklung
Vorteil I Nachteil Vorteil I Nachteil Vorteil I Nachteil
x' 1.8488 I 0 .0954 I 2.6196 1.7469 I .2468
P n.s. I n.S. n.s. I n.s. n.s. I n.s.
Verantwor-Perspektive Eigene berufliche Perspektive personliche
tungsbereit-schaft
Arbeitgeber Perspektive Entwicklung
Vorteil I Nachteil Vorteil I Nachteil Vorteil I Nachteil
fl' .0026 I .8821 .0006 I .0928 .1218 I 1.2478
P n.s. I n.S. n.s. I n.s. n.s. I n.s. ..
Tab. 8.45: ErgebnIsse emes Vler-Felder-II'-Tests, df = 1 (n.s. = nIcht S.gn.flkant; s.s. = sehr signifikant)
Ergebnisse 195
Der zweite Teilgruppenvergleich (siehe Tab. 8.45) bezog sich auf das Verhalt
nis von iikonomisch und padagogisch gepragten Antworten. Hierbei kam der
Vier-Felder-x2-Test (df = 1) zum Einsatz.
Eine statistisch bedeutsame Abweichung ist lediglich bei der Abwagung der
Nachteile in Hinblick auf die persiinliche Entwicklung zur Kompetenzvorgabe
Fuhrungskompetenz zu finden. Dort ftihrten ausschlieBlich Befragte aus der
Gruppe der Ftihrungskrafte iikonomische Aspekte an (z.B. "Gefahr der Uber
las tung", "starkere Belastung") an, wogegen bei den Beschaftigten padago
gisch gepragte Nachteilstiberlegungen dominierten (z.B. "Dominanz",
"Gefahr der Einschrankung anderer").
Die Dokumentation der Untersuchungsergebnisse ist damit abgeschlossen. Es
wurden die Daten zu allen vier Fragenkomplexen beschrieben, so dass die Ba
sis £tir die Diskussion der Befunde geschaffen ist.
9 Diskussion
Nach der ausftihrlichen Darstellung der Untersuchungsergebnisse sollen die
Befunde in diesem Kapitel vor dem in den Kapiteln vier und ftinf erarbeiteten
theoretischen Hintergrund diskutiert werden. In den Abschnitten 9.1 bis 9.4
werden die Ergebnisse zu den vier Fragenkomplexen zusammengefasst und
erortert, in Abschnitt 9.5 werden die verwendeten Methoden reflektiert, um
die Tragweite der Ergebnisse einschatzen zu konnen.
9.1 Fragenkomplex 1: Bedingungen der Kompetenzforderung
Der erste Fragenkomplex verfolgte das Ziel, Bedingungen zu erheben, unter
clenen Beschaftigte in ihrem Arbeitsumfeld ihre individuelle Kompetenz ge
Wrdert und gdordert sehen. Die Versuchspersonen soUten zunachst konkrete
Beispiele aus ihrer Arbeitsumgebung benennen, die ihrer Ansicht nach ihre
individuelle Kompetenz fordern und fordern wurden. 1m Folgeschritt erfolgte
schlicmich cine Gruppenbewertung samtlicher genannter Beispiele, und zwar
in Hinblick daraui, wclche Bedeutung den Beispielen beigemessen wird und
wie weit sie als zutreffend ftir den cigencn Arbeitsplatz angesehen werden.
Vor dem Hintergrund der programmatischen Anforderungen neuerer Ansatze
betrieblicher Arbeitsorganisation (vg1. Kap. 3), nach denen die individuelle
Kompetenz Beschaftigter als wichtige Ressource ftir zuktinftigen Unterneh
menserfolg interpretiert wird, die es auszubauen und zu pflegen gilt (vg1. Kap.
4), steUt sich ein spezieller Blickwinkel fur die Betrachtung der Ergebnisse: Sie
belegen, wie weit Beschaftigte das, was in modernen Konzepten betrieblicher
Arbeitsorganisation proklamiert wird, als kompetenzWrdernd erleben. Eine
gtinstige Bedingung fUr die Realisierung der Konvergenz iikonomischer und
padagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisations
entwicklung besteht darin, dass die Befragten solehe Beispiele der Fiirderung
und Forderung ihrer individuellen Kompetenz nennen, die den neuen Organi
sationskonzepten zu Grunde liegen. Daher werden die Befunde unter diesem
Gesichtspunkt diskutiert.
-"1.:...98'-____________________________ D_iskussion
Die von den Befragten genannten und als besonders wichtig eingestuften Bei
spiele lauteten: Untersttitzung bei der Liisung von Problemen durch Vorge
setzte und Kollegen; Projektarbeit; Freiraume ftir Entscheidungen; Teilnahme
an Weiterbildung und Feedbackrunden sowie fachtibergreifenden Arbeits
kreisen; Ubertragung von Personalverantwortung; hohe Arbeitsanforderun
gen; gezielte und systematische Einarbeitung bei Neueinstellungen;
strategische Ausrichtung der Arbeitsorganisation; Erfahrungsaustausch mit
Kollegen und Vorgesetzten; Vielfalt der Arbeitsaufgaben; regelmaBig stattfin
dende Mitarbeitergesprache (vgl. Tab. 8.3).
In den Beispielen zeigt sich eine sehr hohe Ubereinstimmung mit Organisati
onsmerkmalen, wie sie in den neuen Ansatzen betrieblicher Arbeitsorganisati
on angedacht sind: Bereits mit Einftihrung einer Schlanken Organisation
wurde Entscheidungsbefugnis delegiert, Projektarbeit und Qualitatszirkel ein
geftihrt, die als fachtibergreifende Arbeitskreise organisiert sind. Mit der De
regulierung der Arbeitsprozesse ging eine Steigerung der
Arbeitsanforderungen und eine Anreicherung der Arbeitsaufgaben einher.
Kooperative Problemlosung sowie eine strategische Ausrichtung der Arbeits
organisation ist ein Merkmal eines Fraktalen oder eines Virtuellen Unterneh
mens, in denen dauerhafte innere Strukturen zugunsten temporarer
Kooperationsformen aufgegeben werden. Erfahrungsaustausch und explizite
Erwahnung von Weiterbildungsteilnahme findet sich in Ansatzen der lernen
den Organisation.
Nicht in die Zielsetzung neuerer Organisationskonzepte passt das Beispiel der
Ubertragung von Personalverantwortung, scheint sich hierin doch ein hierar
chisches Gefalle zu manifestieren, das seit der Einftihrung der Schlanken Or
ganisation zu tiberwinden versucht wird. Denn zunachst ist davon
auszugehen, dass tiber die Zuteilung von Personalverantwortung zugleich ein
hierarchisches Gefalle definiert wird.
Trotzdem kann aber konstatiert werden, dass in einem GroBteil der ftir die
Forderung und Forderung individueller Kompetenz als besonders bedeutsam
eingeschatzten Beispiele Merkmale neuerer Organisationskonzepte aufgegrif
fen werden. Insofern konnen die Befunde als eine Bestatigung eben jener Or
ganisationskonzepte gedeutet werden, wei! die genannten Merkmale von den
Beschaftigten genau so wahrgenommen werden, wie es intendiert ist: Ais For
derung und Forderung individueller Kompetenz.
Diskussion 199
Die Einschatzung der Bedeutsamkeit bewegt sich jedoch noch auf der pro
grammatischen Ebene dessen, was moglicherweise von den Versuchspersonen
gewtinscht wird. Informationen dartiber, wie weit diese Beispiele in der Praxis
des betrieblichen Alltags realisiert werden, gibt die zweite vorgenornrnene
Einschatzung. Dort sollten die Versuchspersonen angeben, wie weit die Bei
spiele ftir deren Arbeitsbereich als zutreffend angesehen werden. Besonders
hoch wurden hier die Beispiele Projektarbeit, hohe Arbeitsanforderungen,
Freiraume ftir Entscheidungen und vielfaltige Arbeitsaufgaben bewertet, die
jeweils mehr als eine Standardabweichung tiber dem Mittelwert der Gruppe
liegen (vgl. Tab. 8.3).
Die Realisierung wird lediglich bei den Beispielen Einarbeitung neuer Be
schaftigter, wechselseitiger Erfahrungsaustausch mit Kollegen und Vorge
setzten sowie strategische Ausrichtung der Arbeitsorganisation
zurtickhaltender bewertet. Diese drei Nennungen erhielten negative z-Werte,
d.h. sie wurden unterdurchschnittlich zutreffend bewertet, allerdings nahe am
Mittelwert (z = [-.44;-.15], vgl. Tab. 8.3).
Alle anderen der elf besonders wichtig eingestuften Beispiele erhielten positi
ve z-Werte zwischen z = .2 bis z = .84 und scheinen daher eine weitgehend
zutreffende Beschreibung der Bedingungen zu sein, die die Befragten in ihrer
Arbeitsumgebung vorfinden.
Insgesamt liegen also giinstige Realisierungsbedingungen ftir die Konvergenz
okonomischer und padagogischer Prinzipien vor:
1. In einer Bewertung der Bedeutung von Beispielen der Forderung und For
derung individueller Kompetenz im Rahmen des betrieblichen Alltags
wurden tiberwiegend solche Beispiele hoch eingeschatzt, die Merkmal
neuerer Organisationskonzepte sind. Diese Konzepte folgen dem okonomi
schen Prinzip, wei! sie die Grundlage ftir den wirtschaftlichen Erfolg der
Unternehmen bereitstellen sollen. Da ihre Merkmale aber auch (intendier
ter Weise) als Forderung und Forderung der individuellen Kompetenz Be
schaftigter wahrgenommen werden, erftillen sie auch ein padagogisches
Prinzip.
2. Die empirische Bestatigung, dass die beschriebenen Beispiele grofSenteils
zutreffend den Arbeitsbereich der Versuchspersonen beschreiben, weist
tiber die Ebene der Programmatik hinaus auf die Ebene betrieblicher Wirk
lichkeit. Damit bescheinigten die Befragten, dass sie in ihrem Arbeitsum-
200 Diskussion
feld konkrete Situationen wahrnehmen, in denen sie ihre individuelle
Kompetenz gefordert und gefordert sehen. Sie bekundeten damit (in aus
gewahlten Beispielen) kompetenzfordernde Arbeitsbedingungen.
Bezogen auf die elf als besonders wichtig eingeschatzten Beispiele konnten
keine signifikanten Unterschiede zwischen den Fuhrungskriiften und der Be
legschaft festgestellt werden. Auch dies kann als gtinstige Voraussetzung fur
die Realisierung der Konvergenz gesehen werden. Da in beiden hierarchi
schen Ebenen ahnliche Wertungen vorgenommen wurden, ergab sich ein Be
leg dafur, dass die genannten Beispiele nicht nur im Arbeitsbereich von
Fiihrungskriiften vorzufinden sind, sondern dass auch die Gruppe der Beleg
schaft einen anspruchsvollen Arbeitsalltag vorfindet.
Nun konnte aus dem ahnlichen Bewertungsverhalten beider Teilgruppen die
Vermutung abgeleitet werden, dass beide Teilgruppen - aus welchen Grunden
auch immer - grundsatzlich ahnlich urteilen, was Zweifeln an der Aussage
kraft dieses Befundes gleich kame. Urn diesen moglichen Einwand zu wider
legen, sei auf die beiden signifikant unterschiedlichen Einschatzungen beider
Teilgruppen verwiesen. Sie betreffen aber lediglich solche Beispiele, die in der
Bedeutungszuschreibung die hinteren Rangplatze belegten.
Dies betrifft zunachst einmal die von einer Versuchsperson eingebrachte Aus
sage: "Je mehr Kompetenz <in den Arbeitsalltag> eingebracht wird, desto
mehr Gehalt wird ausbezahlt" (Zitat aus einem Antwortbogen, Erganzung
c.H.). Das Urteil, wie sehr diese Aussage fur den Arbeitsbereich der Proban
den zutrifft, fiel bei den Fuhrungskriiften wesentlich skeptischer aus als bei
der Belegschaft (vgI. Tab. 8.5). Wahrend die iiberwiegende Mehrheit der Be
fragten aus der Teilgruppe Belegschaft diese Aussage auf der oberen Halfte
der Ratingskala wertete (sechs von sieben), wahlte die Mehrheit (sechs von elf)
der Fiihrungskriifte einen Wert auf der unteren Halfte der Skala. Eine Erkla
rung fiir diese unterschiedliche Einschatzung konnte darin bestehen, dass
Fiihrungskrafte prinzipiell bessere Gehalter beziehen und in ihren Arbeits
vertragen weniger Spielraum fiir leistungsbezogene Vergtitung vorgesehen ist
als dies bei Beschaftigten ohne Fuhrungsfunktion der Fall ist.
Die zweite signifikant unterschiedliche Bewertung betrifft die Bedeutung, die
einem Arbeitseinsatz an verschiedenen Standorten fUr die Forderung und
Forderung individueller Kompetenz beigemessen wurde (vgI. Tab. 8.6). Dieses
Beispiel wurde von keiner einzigen Versuchsperson aus der Teilgruppe der
Diskussion 201
Belegschaft in die Auswahl der am wichtigsten eingeschiHzten Aussagen
tibemommen, sondem ausschlielSlieh von Ftihrungskraften. Ob darin zum
Ausdruck kommt, dass ein Einsatz an verschiedenen Standorten ftir Beschaf
tigte ohne Ftihrungsfunktion nieht relevant oder nicht attraktiv erscheint,
kann auf Basis der Daten nieht eingeschatzt werden.
Diese beiden Beispiele signifikant unterschiedlicher Einschatzungen zwischen
beiden Teilgruppen dienen lediglich dem Beleg, dass die Teilgruppen in die
sen Fallen auch zu spezifischen Wertungen gelangten. Dies ist ein Indiz ftir die
Qualitat des Datenmaterials, aber ftir die Diskussion urn die Realisierungsbe
dingungen der Konvergenz okonomischer und padagogischer Prinzipien be
trieblicher Personal- und Organisationsentwicklung nicht malSgeblich, da
ihnen im Gesamtbild von den Versuchspersonen nur wenig Bedeutung in ge
nau dieser Frage beigemessen wird.
Resiimee
Die Befunde konnen als gtinstige Realisierungsbedingung fur die Konvergenz
okonomischer und padagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Or
ganisationsentwicklung angesehen werden, weil sie zum einen eine Bestati
gung der padagogischen Dimension neuerer Ansatze betrieblicher
Arbeitsorganisation darstellen, die zum anderen aber eine Basis ftir den wirt
schaftlichen Erfolg von Unternehmen bereitstellen sollen.
Bei den als am wichtigsten eingestuften Beispielen wurden von den Befragten
Aspekte der Kooperation und des Erfahrungsaustauschs, einer strategischen
Ausrichtung verbunden mit Entscheidungsfreiraumen bei der Umsetzung,
Weiterbildungsmoglichkeiten etc. vorgebracht. All dies sind Aspekte, die in
den Programmatiken moderner Untemehmensorganisation bereits einen fes
ten Bestandteil darstelJen.
9.2 Fragenkomplex 2: Hindernisse der Kompetenzforderung
Neben der Frage, wie weit Beschaftigte ihr Arbeitsumfeld als kompetenzfor
demd erleben, spielt bei der Untersuchung kompetenzfordemder Arbeitsbe
dingungen auch der Aspekt eine Rolle, welche Hindemisse ftir die Forderung
und Forderung individueller Kompetenz im ArbeitsalJtag auftreten. Diese
wurden zum einen indirekt tiber die Anregung von Verbesserungsvorschla-
202 Diskussion
gen und zum anderen direkt erhoben, indem die Versuchspersonen Beispiele
erinnern solI ten, bei denen eine hohe Auspragung individueller Kompetenz
zu Problemen fiihrte. Bei der Diskussion der Ergebnisse wird auf das unter
Abschnitt 8.3 dokumentierte Datenmaterial Bezug genommen.
Betrachtet man einstweilen die Befunde der Erhebung und Bewertung von
VerbesserungsvorschIagen, so lassen sich auch diese vor dem Hintergrund der
im Theorieteil ausgearbeiteten Charakteristika neuer Organisationskonzepte
analysieren. Werden solche Verbesserungsvorschlage eingebracht, die eigent
lich laut dieser Organisationskonzepte bereits realisiert sein miissten, so kann
dies als Indiz fur eine unzureichende Umsetzung der Programmatik angese
hen werden. Das wiirde dann auch auf eine Beeintrachtigung der Realisierung
von Konvergenzbedingungen hinweisen.
9.2.1 Diskussion der Verbesserungsvorschlage
Von den Verbesserungsvorschlagen wurden von der gesamten Probanden
gruppe folgende neun Nennungen als besonders wichtig in Hinblick auf eine
bessere Fiirderung individueller Kompetenz eingeschatzt:
• Es solle mehr Mut zur Anderung von Strukturen und bekannten Routinen
aufgebracht werden.
• Fiihrungskrafte sollen sich mehr Zeit nehmen, auf Starken und Schwachen
Beschaftigter einzugehen.
• Es solle Job Rotation und Aufgabenerweiterung vorangetrieben werden.
• Organisierte Kommunikation unter Kollegen sowie Feedbackgesprache mit Vorgesetzten und Personalabteilung solIe impiementiert werden.
• Die Diskrepanz zwischen Verantwortung und Handlungsspielraum solie
beseitigt werden, indem griiBere Entscheidungsspielraume eingeraumt
werden.
• Es solle eine Orientierung an gemeinsamen Werten erfolgen.
• Es sollen fiir die Beschaftigten erweiterte Mitsprachemiiglichkeiten bei der
Gestaltung iibergeordneter Ziele eingeraumt werden.
• Kreativitat solIe gefiirdert und anerkannt werden.
• Die langfristige Planung miisste genauer bekannt sein und eine klarere,
strukturiertere Zielsetzung erfolgen.
Diskuss:::io:::n'--____________________________ '-20'-'--3
Diese Beispielsnennungen spielen auf drei verschiedene Aspekte des betriebli
chen Alltags ab: (a) Formale Ablaufe, (b) Verhalten und zwischenmenschlicher
Umgang, (c) grundlegende Verbesserungsvorschlage.
Zu (a): Auf formale Ablaufe bezogen sich die auf Beteiligung und Strukturie
rung der Zielsetzungen bezogenen Verbesserungsvorschlage, die Forderung
nach Job Rotation sowie der Ruf nach organisierter Kommunikation. Interes
sant ist hier, dass diese Vorschlage jeweils komplementare Beitrage zum ers
ten Fragenkomplex aufweisen. Das heiBt, unter den Verbesserungsvor
schlagen wurden Aspekte angesprochen, die zugleich als Beispiele der Kom
petenzforderung aus dem Betriebsalltag genannt wurden. Dort wurde nam
lich - ebenfalls als besonders wichtig eingestuft - "hohe Anforderungen durch
vielfaltige Arbeitsaufgaben", "Erfahrungsaustausch mit Kollegen und Vorge
setzten" sowie die strategische Ausrichtung der Arbeitsorganisation genannt.
Was auf den ersten Blick als ein Widerspruch erscheinen mag, lasst sich plau
sibel mit dem Erhebungsverfahren erklaren. Die Versuchspersonen waren
allfgefordert, in der zweiten Delphi-Runde sowohl Beispiele der Kompetenz
forderung aIs auch Verbesserungsvorschlage einzubringen. Die Aufgaben
stellung in der dritten Delphi-Runde bestand dann darin, zu allen
eingegangenen Vorschlagen Wertungen vorzunehmen. Es war somit moglich,
dass in der zweiten Runde ein Aspekt von einer Versuchsperson als Beispiel
aus der eigenen Alltagserfahrung genannt wurde, gleichzeitig aber von einer
anderen Versuchsperson als Verbesserungsvorschlag vorgetragen wurde. In
der dritten Runde mussten dann aile Probanden diesen Aspekt sowohl als Bei
spiel aus dem Arbeitsalltag als auch als Verbesserungsvorschlag bewerten. In
beiden Fallen war zunachst eine Einschatzung vorzunehmen, wie wichtig die
ser Aspekt filr die Forderung und Forderung der individuellen Kompetenz
eingestuft wird. Eine ahnIich hohe bzw. niedrige Wertung in beiden Fallen ist
naheliegend und folgerichtig. Unterschiede sind eher beziiglich der zweiten Wertung zu erwarten, namlich wie weit die Beispiele als zutreffend fiir den
eigenen Arbeitsbereich eingeschatzt wurden bzw. fiir wie realisierbar die Ver
besserungsvorschlage gehalten wurden. Anhand dieser zweiten Wertung sol
len diese scheinbar widersprilchlichen Befunde gedeutet werden.
Das Komplementar zum Verbesserungsvorschlag Job Rotation wurde bei den
Beispielen der Kompetenzforderung im Gruppenurteil als sehr zutreffend ein
geschatzt. Es kann also davon ausgegangen werden, dass fiir die meisten Ver
sllchspersonen hohe Anforderungen durch vielfaltige Arbeitsaufgaben zum
204 Diskussion
betrieblichen Alltag gehoren. Angesichts dessen ist auch die hohe Einschat
zung der Realisierbarkeit dieses Aspekts verstiindlich. Dass er in die Reihe der
Verbesserungsvorschlage Eingang fand, soll daher nicht als Indiz fur eine un
zureichende Urnsetzung gewertet werden.
Bei den beiden anderen Scheinparadoxien in den Befunden fiel die Gruppen
bewertung in anderer Form aus. Das Komplementar zur Forderung nach Be
teiligung bei der Gestaltung, der Struktur und dem Bekanntheitsgrad von
Zielsetzungen kann in der Liste der Beispiele im Beitrag "strategische Aus
richtung der Arbeitsorganisation" gesehen werden. Dieses Beispiel erhielt je
doch bei der Einschatzung, wie weit es die Versuchspersonen als flir den
eigenen Bereich zutreffend sehen, keine hohen Werte (z = -.15). Es scheint sich
also vielmehr urn ein aulSergew6hnliches Beispiel zu handeln. Dies spiegelt
sich auch in der Einschatzung der Realisierbarkeit der Verbesserungsvor
schlage wider, die eher mittelma15ig (z = [-.35;-.06]) ausfiel. Somit scheint die
Interpretation angebracht, dass die Beteiligung der Beschaftigten an der Ges
taltung ubergeordneter Ziele und der Bekanntheitsgrad langfristiger Planun
gen von den Versuchspersonen zwar gewunscht und fur die
Kompetenzf6rderung als wichtig angesehen werden, in der Realitat des be
trieblichen Alltags jedoch unterentwickelt sind. Ein solcher Befund steht je
doch im Gegensatz zu den Teilen der Konzepte des Fraktalen und Virtuellen
Unternehmens, die auf eine Selbstorganisation von Unternehmensteilen in
temporaren Kooperationen abzielen. Strukturen dieser Art setzen die Gestalt
barkeit der Zielsetzungen durch die Beschaftigten voraus. Ein nur einge
schrankter Bekanntheitsgrad langfristiger Planungen und Zielsetzungen
deutet auf eine unzureichende Urnsetzung eines allen neueren Ansatzen gemeinsamen Merkmals hin. Denn mit zunehmender Delegation von Entschei
dungsbefugnis mussen die Zielsetzungen des Unternehmens expliziert sein,
urn die Voraussetzung einer auch irn Sinne des Unternehmens kompetenten
und vernunftigen Entscheidung zu schaffen.
Ahnlich wurde das letzte "Gegensatzpaar" in den unterschiedlichen Listen
eingeschatzt: In der Reihe der besonders wichtig bewerteten Verbesserungs
vorschlage fand sich die Forderung nach einer organisierten Kommunikation
unter Kollegen sowie nach Feedbackgesprachen. Die Realisierbarkeit dieses
Vorschlags wurde besonders hoch eingeschatzt (z = 1.353). Demgegenuber
wurde Erfahrungsaustausch mit Kollegcn und Vorgesetzten als ein besonders
wichtiges Beispiel fur die F6rderung individueller Kompetenz eingebracht.
Diskussion 205
Allerdings fanden dieses Beispiel nicht viele Versuchspersonen als besonders
zutreffend, was in dem negativen z-Wert Niederschlag fand. Hierin konnte ein
besonders gravierender Mangel bei der Umsetzung neuerer Organisations
konzepte Ausdruck finden. Zwar zielen beide Aussagen im Detail auf unter
schiedliche Gesichtspunkte innerbetrieblicher Kommunikation. Aber da in den
VerbesserungsvorschHigen die 1mplementierung einer brganisierten, das heillt
auch formalisierten Form gefordert wurde, liegt der Schluss nahe, in der Pra
xis wiirden Defizite vorliegen, die sich iiber den Organisationsgrad von
Kommunikationsprozessen verringern liegen. Problema tisch hinsichtlich der
Umsetzung neuerer Organisationskonzepte ware dies in zweifacher Hinsicht:
Erstens wlirde dies darauf hindeuten, dass die Bedingungen der betrieblichen
Arbeitsorganisation die Kommunikation zwischen den Beschaftigten nicht
fordem; zweitens wiirde die Regulierung solcher Kommunikationsprozesse
der den neueren Organisationskonzepten zugrunde liegende Tendenz zur De
regulierung zuwiderlaufen.
Zu (b): 1m zweiten Biindel konnen verhaltensorientierte Nennungen zusam
mengefasst werden, namlich der Appell, Flihrungskriifte soli ten mehr Zeit flir
die Beriicksichtigung individueller Starken und Schwachen Beschaftigter auf
bringen, und die Forderung nach einer Orientierung an gemeinsamen Werten.
Flir die erstere der beiden Nennungen konnten keine statistisch signifikanten
Unterschiede zwischen beiden Hierarchien festgestellt werden (vgl. Tab. 8.9),
so dass dieses Defizit nicht nur von der Teilgruppe Belegschaft angemahnt,
sondem dies auch in der Gruppe der Flihrungskriifte anerkannt wurde. Die
Realisierbarkeit dieses Vorschlags wurde mittelmagig eingeschatzt. Dieser Be
fund lasst eine ambivalente Bewertung zu. Auf der einen Seite ist dieser Vor
schlag als Ausdruck eines diesbezliglichen Mangels zu sehen, der damit auf
ein eklatantes Hindemis fiir die Forderung und Forderung individueller
Kompetenz hinweist. Auf der anderen Seite ist die iiber beide Teilgruppen
hinweg geteilte hohe Bedeutungszuschreibung zugleich Ausdruck eines ent
sprechenden Problemverstandnisses.
Anders verhalt sich die Einschatzung zwischen beiden Teilgruppen in Bezug
auf den Vorschlag einer Orientierung an gemeinsamen Werten. Wie Tab. 8.9
zeigt, unterscheiden sich Fiihrungskrafte und Belegschaft in der Bedeutungs
zuschreibung fiir diesen Vorschlag in Hinblick auf die KompetenzWrderung
sehr signifikant. Nur eine Minderheit der Versuchspersonen aus der Beleg
schaftsgruppe mag diesem Verbesserungsvorschlag ausreichend Bedeutung
206 Diskussion
bei, urn ihn in die Rangliste der zehn am wichtigsten eingeschatzten Vorschla
ge aufzunehmen; er wurde aber allenfalls auf hintere Rangplatze gesetzt. In
nerhalb der Gruppe der Fiihrungskrafte wurde er mit einer Ausnahme von
allen Versuchspersonen ausgewahlt und zum Teil auch auf hohe Rangplatze
gesetzt (vgl. Tab. 8.10). Es scheint also, dass die befragten Fiihrungskrafte ei
ner Orientierung an gemeinsamen Werten hohe Bedeutung beimessen, woge
gen dem die befragten Personen aus der Gruppe der Belegschaft keine
iibergeordnete Relevanz zusprechen. Dem Datenmaterial lasst sich nicht ent
nehmen, worin die Ursache fiir eine offenbar unzureichende Orientierung an
gemeinsamen Werten zu suchen ist. Denkbar ware beispielsweise eine Gleich
giiltigkeit in der Belegschaft gegeniiber gemeinsamen Werten oder aber auch,
dass die Gruppe der Belegschaft die Werte der Fiihrungskrafte nicht teilt.
Zwar ging aus den Arbeitsunterlagen, die die Versuchspersonen zu bearbeiten
hatten, nicht hervor, aus welcher Teilgruppe weIche Vorschlage eingebracht
wurden. Aber da die Fiihrungskrafte diesem Vorschlag hohe Bedeutung bei
maBen, liegt die Vermutung nahe, dass sie dem in der taglichen Fiihrungspra
xis entsprechend Ausdruck verleihen. Wenn nun die Probanden aus der
Belegschaft die Werte der Fiihrungskrafte ablehnen, dann diirften sie bei der
niedrigen Bewertung auf jene nicht geteilten Werte Bezug genommen haben.
Beide Erwagungen, Gleichgiiltigkeit wie auch Ablehnung, wiirden im Faile
ihres Zutreffens Ansatzpunkte neuerer Organisationskonzepte unterlaufen.
Gerade bei den im dritten Kapitel als neuer bezeichneten Ansatzen betriebli
cher Arbeitsorganisation spielen gemeinsame Wertorientierungen eine nicht
unerhebliche Rolle. Dies beginnt im Grunde genommen schon bei einer ernst
genommenen und serios umgesetzten Delegation von Verantwortung und
Entscheidungsbefugnis, die den Beschaftigten Freiheitsgrade und realisierbare
Handlungs- und Entscheidungsalternativen eroffnet: Damit eine dauerhafte
Existenz und fortgesetzte Handlungsfahigkeit eines Betriebes auf dem Markt
wahrscheinlich erscheint, ist die Grundlage gemeinsam geteilter Werte unver
zichtbar, die fiir die Organisationsmitglieder verbindlich handlungsleitend
wirken. Selbstredend konnen mit Werten hier nur soIche normative Orientie
rungsgroBen gemeint sein, die im Zusammenhang mit beruflichem Handeln
von Relevanz sind. Auf Privatsphare bezogene oder religiose Werthaltungen
diirften hier keine Rolle spielen. Es kann auch davon ausgegangen werden,
dass die Versuchspersonen bei der Bewertung dieses Vorschlags eine soIche
Eingrenzung vorgenommen haben. Die Frage der Moglichkeiten und Konse-
Diskussion 207
quenzen auftretender Diskrepanzen und Wertekollisionen zwischen Berufs
und alltaglicher Lebenswelt bleibt hier bewusst ausgeklammert.
Zu klaren ware auf Basis des vorliegenden Datenmaterials in einer weiterfiih
renden Untersuchung, ob und wie weit beide Teilgruppen sich ihrer unter
schiedlichen Einschatzungen bewusst sind, um weitere Riickschliisse auf
Auswirkungen hinsichtlich der Fiihrungs- und somit allgemeinen Praxis des
Arbeitsalltags zuzulassen.
Zu (c): Das dritte Bundel bilden grundlegende Verbesserungsvorschlage, zum
einen die Diskrepanz zwischen Verantwortung und Handlungsspielraum
durch groBere Entscheidungsfreiraume zu beseitigen, zum anderen mehr Mut
zur Anderung von Strukturen und bewahrten Routinen aufzubringen sowie
Kreativitat zu fordern. Diese Gesichtspunkte stellen die Umsetzung zentraler
Aspekte moderner Organisationskonzepte in Frage, in denen eben von der
Delegation von Verantwortung und Entscheidungsbefugnissen, dem AufbTe
chen verkrusteter Strukturen sowie von Innovationen die Rede ist.
Nun kann abeT nur dann von der Delegation von Verantwortung gesprochen
werden, wenn darnit die Ermogliehung von Freiheitsgraden fiir die Adressa
ten der Delegation einher geht (vgl. HElD 1999a). Die Tatsache, dass dies em
Verbesserungsvorschlag ausgesprochen hohe Bedeutung beigemessen wurde,
deutet darauf hin, dass ein solcher Zusammenhang nieht gegeben scheint und
im betrieblichen Kontext im Zusammenhang mit Verantwortung zumeist von
der erfolgreichen Bewaltigung external definierter Aufgaben die Rede ist. Die
se Vermutung wird dutch einen Detailbefund aus der ersten Untersuchungs
runde bestatigt, wonach die Befragten im Kontext betrieblichen Arbeitsalltags
Verantwortung nicht im (erziehungswissenschaftliehen) Verstandnis als mo
ralischen Anspruch interpretieren, sondern - um einer Unterscheidung von
TENORTH (1990) zu folgen - eher als Aufgabe sehen, worin deren nach welchen
Kriterien auch immer erfolgreiche Bewaltigung impliziert ist (vgl. HARTEIS
u.A.2001).
Nicht allein die FIut an popularer Literatur zum Veranderungs- bzw. Change
Management (z.B. BERNDT 1998; DOPPLER & LAUTERBURG 2000; GATIERMEYER
2000) ist als Indiz dafiir zu werten, dass Veranderungen eine zentrale Bedeu
tung in der Organisation betrieblicher Arbeit beigemessen wird. Auch und
gerade die neueren Managementkonzepte sehen in der raschen Anpassung an
die Bedurfnisse des Marktes und der Kunden das zentrale Rezept unterneh-
208 Diskussion
merischen Erfolgs. Diese Anpassung vertragt sich nicht mit dem unhinter
fragten Festhalten an eingespielten Verfahrensweisen. Ein sich rasch bis tur
bulent veranderndes Unternehmensurnfeld konfrontiert Betriebe mit
Unsicherheit, die Anderungen in den Strukturen - sei es an den Schnittstellen
zur Unternehrnensumwelt oder im Inneren von Unternehmen selbst - zur Fol
ge haben (vgl. PRIDDAT 2000b). Die hohe Bedeutung, die dieser Nennung 50-
wie der Forderung nach hoherer Anerkennung von Kreativitat als
Verbesserungsvorschlage von beiden Teilgruppen gleichermaLlen zugerechnet
wurde, ist als Indiz fur Defizite sowohl der Umsetzung neuerer Konzepte be
trieblicher Arbeitsorganisation als auch der Realisierung der Konvergenz oko
nomischer und padagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und
Organisationsentwicklung zu sehen.
9.2.2 Oiskussion der Beispie/e, in denen ein hohes Mafl individueller Kompetenz zu Problemen fiihrte
Bewertet man die Anzahl der Beitrage als Indikator dafur, auf welchen Ebenen
innerhalb der untersuchten Unternehrnen wie haufig Probleme aufgrund ho
her Auspragung individueller Kompetenz auftreten, dann spielen dabei Ge
sichtspunkte der Unternehmensphilosophie kaum eine Rolle. Denn kaum eine
der Versuchspersonen konnte sich an eine Situation erinnem, in denen Prob
Ierne aufgrund hoher individueller Kompetenz auf die Unternehmensphiloso
phie zuruckfuhrbar waren. Das ist insofern plausibel, als die beiden
untersuchten Unternehrnen - wie schon in Kap. 7.2 ausgefuhrt - in ihrer Ar
beitsstrukturierung neueren Organisationskonzepten folgen und auf die Ent
wicklung und Forderung individueller Kompetenz ihrer Beschaftigten
expliziten Wert legen. Entsprechend sind in ihren Unternehrnensleitsatzen
programmatische Aussagen zur Wertschatzung individueller Kompetenz der
Beschaftigten zu finden. Probleme lassen sich daher nur sehr schwer auf die
Unternehmensphilosophie zuruckfiihren. Wie die Ergebnisse zeigen (vgl. Kap.
8.3.2.3), werden Probleme in der Auslegung und Akzeptanz der Unterneh
mensphilosophie angesprochen, wenn etwa von "ewig Gestrigen" die Rede ist
oder der Hinweis erfolgt, dass manche Personen ihre Rolle aus der Vergan
genheit ableiten. Diese Probleme lassen sich jedoch auf Einzelpersonen zu
ruckfuhren und hangen von der Unternehmensphilosophie allenfalls mittelbar
abo
Diskussion 209
Ein genanntes Beispiel weist dann aber doch auf einen aus padagogischer
Sicht problematischen Gesichtspunkt hin: Eine Versuchsperson aulSert sich
unter Bezugnahme auf die Untemehmenspolitik, ausschlieBlich hochqualifi
ziertes Fachpersonal zu rekrutieren, dahingehend, dass im Betrieb keineswegs
ein dem hohen Qualifizierungsstand angemessenes Aufgabenspektrum bereit
steht. Foiglich scheint diese Versuchsperson den Eindruck zu haben, als sei sie
selbst oder die Person, auf die sich dieses Beispiel bezieht, unterfordert. Sollte
dies ein weit verbreitetes Phanomen darstellen, dann ware eine paradoxe Situ
ation gegeben: Die Wertschatzung individueller Kompetenz bei der Rekrutie
rung von Beschaftigten wiirde dazu fiihren, dass individuelle Kompetenz
nicht nutzbringend eingesetzt und aus Sieht der Beschaftigten verwertet wer
den kann. Damit wiirden dann aber ungiinstige Bedingungen fiir die Forde
rung und Forderung individueller Kompetenz gegeben sein. Wie weit dieses
Beispiel generalisierbar ist und Konsequenzen fiir die Realisierung von Kon
vergenzbedingungen hatte, kann auf Basis des Datenmaterials nicht abge
schatzt werden. Dies miisste in weitergehenden Untersuchungen geklart
werden.
Aber die weiteren Befunde deuten darauf hin, dass zumeist personliche und
zwischenmenschliche Belange die Ursache sind, wenn ein hohes MalS indivi
dueller Kompetenz zu Problemen fiihrt. Dies gilt sowohl fiir den Umgang
zwischen Kollegen (vgl. Kap. 8.3.2.1) als auch fiir den Urngang mit Fiihrungs
kraften (vgl. Kap. 8.3.2.2).
Von den 16 genannten Beispielen im Umgang mit Kollegen, in denen indivi
duelle Kompetenz zu Problemen fiihrte, wurden 14 mit unterschiedlichen Per
sonlichkeiten und Interessen, mit einem Mangel an gegenseitiger Akzeptanz
oder einem Gefiihl der Zuriicksetzung begriindet. Daraus kann geschlossen
werden, dass Hindemisse fiir die Forderung individueller Kompetenz durch
personliche, zwischenmenschliche Unstimmigkeiten gebildet werden. Dieses Problem scheint jedoch nichl auf der organisatorischen Ebene kompetenzfOr
demder Arbeitsbedingungen zu liegen. Hier waren eventuell die beiden ver
bliebenen Nennungen anzusiedeln, die eine mangelnde Wertschatzung
eingebrachter Kompetenz anfiihren. Doch auch hier gilt, dass erst weiterge
hende Untersuchungen Schlussfolgerungen in Hinblick auf die Realisierung
von Konvergenzbedingungen erlauben wiirden.
210 Diskussion
Zu Beispielen im Umgang mit Fiihrungskraften gingen 18 Nennungen ein,
wobei zehn davon fiir eine weitere Betrachtung interessant sind, und zwar,
weil sie jeweils haufiger geau15erte Positionen innerhalb der beiden Teilgrup
pen darsteIIen: Aus der Teilgruppe Belegschaft wurde von fiinf Versuchsper
sonen die Bezugnahme auf hierarchische Unterschiede als Ursache dafiir
angefiihrt, wenn individuelle Kompetenz zu Problemen fiihrte. Sie scheinen
damit auf Situationen anzuspielen, in denen individuelle Kompetenz in der
Bedeutung hinter den hierarchischen Status zuriickgesetzt wurde. 1m Gegen
satz hierzu wurde von vier Fiihrungskraften Problernsituationen damit be
griindet, dass eine Situation unterschiedlich eingeschatzt wurde. Es ware
durchaus denkbar, dass beide Beispiele die selbe Situation aus jeweils ihrer
Teilgruppenperspektive beschreiben. So ist es jedenfalls nicht unwahrschein
lich, dass eine Entscheidung dann auf Basis der hierarchischen Stellung legi
timiert und dies dann von der untergeordneten Person als Problem erst
wahrgenommen wird, wenn eine Situation jeweils auf Basis hoher individu
eller Kompetenz unterschiedlich bewertet wird. In Hinblick auf die Realisie
rung der Konvergenzbedingungen ware dies dann problema tisch, wenn die
Uisung im AIIgemeinen nicht diskursiv herbeigefiihrt wiirde und dabei ein
serioser Austausch iiber die Qualitat der Argumente ausgespart bliebe. Hierzu
lassen die Daten aber keine Aussagen zu.
Angesichts der Problembeispiele lasst sich in Hinblick auf Hindernisse der
Forderung und Forderung individueller Kompetenz zusammenfassen, dass
die Unternehmensphilosophien wohl keine groBeren Hindernisse aufbauen.
Probleme werden zumeist auf zwischenmenschliche Schwierigkeiten zuriick
gefiihrt. AuffaIlig ist aIIenfaIIs, dass sich in Hinblick auf Differenzen zwischen
Fiihrungskraften und der Belegschaft teilgruppenspezifische Positionen an
deuten.
Resiimee
Dieser Fragenkomplex war der Erhebung von Hindernissen fiir die Forderung
und Forderung individueIIer Kompetenz im Arbeitsalltag gewidmet. Zum ei
nen fiihrten die Befragten unterschiedliche Gesichtspunkte an, die in ihrem
Arbeitsumfeld geandert werden miissten, damit sie es als kompetenzfordernd
erieben wiirden.
Hier spricht die Befundlage dafiir, dass es offenbar an einer gemeinsamen
Wertorientierung mangelt. Fiihrungskrafte sehen in diesem Mangel im Gegen-
Diskussion 211
satz zu den Befragten aus der Belegschaft ein sehr wichtiges Hindernis fiir die
Forderung und Forderung individueller Kompetenz. Sie stimmen damit mit
den bei FREI U.A. (1996) angefiihrten Fallstudien bei Alcatel STR (vgl. S. 196)
und Swissair (vgl. S. 219) iiberein, in denen die Bedeutung einer gemeinsamen
Wertorientierung fUr eine Umsetzung neuerer Organisationskonzepte heraus
gesteUt wird. Die Versuchspersonen aus der Teilgruppe Belegschaft messen
dem hingegen keine groBere Bedeutung bei.
Es offenbaren sich auch Mangel im Fiihrungsverhalten, nachdem beide Teil
gruppen die Forderung nach gezielterer Beriicksichtigung individueller Star
ken und Schwachen durch die Fiihrungskrafte aufstellen und hoch gewichten.
Hier scheint aber auch bei beiden Teilgruppen ausreichendes Problembe
wusstsein vorzuliegen.
Das schwerwiegendste Hindernis fiir die Forderung und Forderung individu
eUer Kompetenz kommt jedoch in den Verbesserungsvorschlagen zum Aus
druck, die auf das Verharren in verkrusteten Strukturen verweisen und dies
aufzubrechen fordern, die auf die Kluft zwischen Verantwortung und Ent
scheidungsspielraum verweisen und die eine nicht ausreichende Anerken
nung von KreativiUit thematisieren.
Daher ist wohl davon auszugehen, dass in der betrieblichen Alltagspraxis so
wahl die Umsetzung der neuen Organisationskonzepte als auch die Realisie
rung der Konvergenz okonomischer und padagogischer Prinzipien nicht
immer gelingt.
In der Diskussion der Beispiele, in denen hohe individueUe Kompetenz zu
Schwierigkeiten fiihrte, wurde herausgestellt, dass sich offenbar ein GroBteil
der auftretenden Probleme auf zwischenmenschliche Differenzen zuriickfiih
ren lasst und weniger Widerspriiche zu den Unternehmensphilosophien ur
sachlich sind.
9.3 Fragenkomplex 3: Gemeinsam geteiltes Verstlindnis
Die Bedeutung gemeinsam geteilter Interpretationen beruflicher Kompetenz
anforderungen als Resultat gemeinsamer Verstandigungsprozesse wurde von
HARTEIS U.A. (2001) hervorgehoben. Die Adressierung von Kompetenzanfor
derungen (wie auch anderer Anforderungen) wurde dabei als Schnittstellen-
212 Diskussion
problem skizziert. Voraussetzung ftir eine gelungene Kommunikation dieser
Anforderungen ist, dass die Adressaten mit der Forderung genau den gleichen
Sinngehalt verbinden wie die Autoren der Forderung.
MaBgeblich der in Kap. 7.4.3 festgelegten Vorgaben war bei den Kompetenz
anforderungen Fiihrungskompetenz und Selbststiindigkeit keine Basis ftir ein ge
meinsam geteiltes Verstandnis gegeben. Betrachtet man beispielsweise die
eingebrachten Definitionsmerkmale zu Fiihrungskompetenz (vgL Tab. 8.16),
dann wurden zwar mit den Nennungen "soziale Kompetenz" und "fachliche
Kompetenz" zwei Aspekte besonders haufig genannt (13 bzw. 10 mal), daftir
verteilten sich die restlichen 47 Nennungen ziemlich breit (vgL HARTEIS V.A.
2001, S. 238). Bemerkenswert erscheint die wiederholt in den Antwortbogen
auftretende Definition von Fiihrungskompetenz als Zusammensetzung von
Fach-, Sozial- und (teilweise) Methodenkompetenz. Das weist darauf hin, dass
hier Inhalte aus gangiger Ftihrungs- und Managementliteratur (vgL z.B.
KOGLER 1991; VETTER & WIESENBAUER 1993) und entsprechenden Trainings
wiedergegeben wurde. Wahrend also die (schwache) Gemeinsarnkeit in den
Definitionen von Fiihrungskompetenz in der (offensichtlichen) Darstellung von
Inhalten aus Managementliteratur und -seminaren besteht, lag der Schwer
punkt der eingebrachten Beispiele ftir Fiihrungskompetenz auf dem Gesichts
punkt, Fiihrungskompetenz beweise sich in erster Linie in der Forderung der
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter - also in der Rolle eines Personalentwicklers
oder Coach (15 Nennungen). Diesem Schwerpunkt der Antworten steht mit 35
Beitragen fast ein Drittel des insgesamt zu den Beispielen ftir Fiihrungskompe
tenz eingegangenen Datenmaterials gegentiber, das nur vereinzelt - d.h. von
einer oder zwei Versuchspersonen - als Beispiel kompetenten Fiihrungsver
haltens genannt wurde. Darin kommt die Vielfalt moglicher Fiihrungsprozes
se in der betrieblichen Praxis zum Ausdruck, die auch in der Literatur -
beispielsweise bei WEINERT (1991) - genannt wird, der neben ftinf Fiihrungs
kategorien zusatzlich sogenannte "Fiihrungsdispositionen" einfiihrt, unter
denen eine Reihe der von den Befragten eingebrachten Einzelnennungen zu
finden sind (z.B. Ftirsorge, Gerechtigkeit, Vertrauen).
Die Antworten zu den Definitionsmerkmalen von Selbststiindigkeit streuten in
einem ahnlichen AusmaB (vgL Tab. 8.14), indem eine besonders haufig ange
ftihrte Nennung (21 von insgesamt 70 Beitragen) vorliegt, die auf die Erfiil
lung vorgefundener Aufgaben bezogen ist. Es folgt mit 13 Nennungen der
Gedanke, die Planung ftir die eigene Tatigkeit zu iibemehmen, die restlichen
Diskussion 213
36 Antworten verteilten sich breit gestreut auf 16 weitere Kategorien. In den
Antworten lasst sich deutlich ein funktionales Verstandnis von Selbststiindig
keit ablesen, denn Gesichtspunkte der Realisierungsbedingungen fur die Aus
ubung von Selbststiindigkeit wurden allenfalls randlaufig in Erwagung gezogen
(insgesamt beziehen sich drei Beitrage auf Freiraum und Entscheidungsspiel
raum). Dieses Phanomen lielS sich auch bei den Beispielsnennungen fur Selbst
stiindigkeit erkennen, bei denen zwar "Eigeninitiative" die haufigste Anwort
darstellte (12 Nennungen), die Daten jedoch keine Ruckschlusse dahingehend
zulassen, wie weit die Versuchspersonen in ihren Antworten hierbei auch
Voraussetzungen fur die Ermoglichung selbststandigen beruflichen Handelns
bedachten. ExpJizite Bezugnahmen auf derlei Voraussetzungen fanden sich in
drei Beitragen, die einmal in der Beanspruchung von Freiraumen ein Beispiel
fur Se/bststiindigkeit sahen bzw. in zwei Nennungen die generelle, kritische
Uberprufung von Aufgaben und Strukturen sowie die Befugnis, (Arbeits-)
Probleme selbst zu definieren, herausstrichen. Aus einer unter padagogischen
Gesichtspunkten getragenen Perspektive blieben wesentliche Gesichtspunkte
vemachlassigt, wie etwa die Frage nach der Qualitat der Zwecke selbstsUindig
zu erledigender Aufgaben (vgl. z.B. FURSTENBERG 1984) oder der Gesichts
punkt der Selbstevaluation als Kontrolle des eigenen Handlungserfolgs mit
samt zugehoriger Schlussfolgerungen (vgl. FELFE 1993).
Die Beitrage zu den Kompetenzanforderungen Flexibilitiit und Verantwortungs
bereitschaft lagen im Gegensatz zu den eben besprochenen innerhalb der fur
die Annahme eines gemeinsam geteilten Verstandnisses festgelegten Grenzen.
Bei Verantwortungsbereitschaft trifft dies jedoch nur fur die Aufzahlung der De
finitionsmerkmale zu. Dass sich die eingebrachten Definitionsmerkmale aus
reichend stark bundeln und komprimieren lielSen (auf 24% gegenuber der
ursprunglich eingegangenen Anzahl an Antworten), liegt zum einen daran,
dass einerseits lediglich funf Einzelnennungen vorlagen (vgl. Tab. 8.2) und
andererseits jeweils 13 Nennungen auf die Haftung fur Handlungskonsequen
zen bzw. den Mut, Entscheidungen zu treffen, entfielen. Aber in diesem Punkt
kann nach den festgelegten Kriterien ein gemeinsam geteiltes Verstandnis von
"Verantwortungsbereitschaft" unterstellt werden. Die Beitrage zu den Bei
spielsnennungen streuten erheblich starker, wobei hierfur unterschiedliche
Antwortmuster bei den beiden hierarchischen Teilgruppen malSgeblich sind,
wie im Anschluss gleich gezeigt wird. Einzig in Hinblick auf "Qualitatsbe
wusstsein" (11 Nennungen) als Beispiel fur Verantwortungsbereitschajt fand
214 Diskussion
sich ein relativ haufig erwahnter Aspekt. Gemag KAUFMANN (1989) umfasst
Verantwortung kognitive, kommunikative und moralische Aspekte, die aile in
den Beitragen der Befragten Beriicksichtigung fanden, wobei die moralischen
Gesichtspunkte mit lediglich zwei Nennungen eher am Rande erwahnt wur
den.
Obwohl sich statistisch beide Gruppen nicht signifikant unterscheiden (vgL
Tab. 8.15), lassen sich auf der deskriptiven Datenebene bemerkenswerte Un
terschiede bei den Beispielsnennungen beobachten, indem einerseits sechs
Fiihrungskrafte einen Erfolgsaspekt in dem Sinne anftihrten, dass Verantwor
tungsbereitschaft mit erfolgreichen Entscheidungen zusammenhangt. Dieser
Gesichtspunkt wurde nur von einer Versuchsperson ohne ftihrende Funktion
berticksichtigt. Hier scheinen also Ftihrungskrafte in starkerem Mage diese
Verbindung zu sehen als dies bei Beschaftigten ohne Ftihrungsfunktion der
Fall ist. Solche teilgruppenspezifische Schwerpunkte der Interpretation liegen
sich auch bei den Definitionsmerkmalen zu Verantwortungsbereitschaft finden,
bei denen Ftihrungskrafte in besonderem Mage auf "aktives Handeln" (dies
wurde von drei Ftihrungskraften und keiner Versuchsperson aus der anderen
Teilgruppe) und Mut "sich einzumischen" (5 vs. 1 Nennung) fokussierten.
Verantwortung schien demnach tiber die gesamte Probandengruppe hinweg
weniger im Sinne eines moralischen Anspruchs (vgl. TENORTH 1990) als viel
mehr als eine (zu erledigende) Aufgabe gedacht zu werden. In Folge dessen
wird Verantwortung dann als Zuschreibung an Personen formuliert, die aber
nicht auf deren Kompetenz beruhen muss (vgL HEIO 1995). AIs Indiz fUr diese
Interpretation der Daten kann das Ergebnis gewertet werden, dass zehn Be
fragte ohne Ftihrungsfunktion industrielle Tugenden (z.B. Piinktlichkeit, Aus
dauer, Zuverlassigkeit, Ehrlichkeit, Sorgfalt) als Beispiele fUr Verantwortungs
bereitschaft nannten.
Eine gemeinsame Verstandigungsbasis ist nach den festgelegten Grenzen ftir
die Kompetenzanforderung Flexibilitiit sowohl hinsichtlich der Definitions
merkmale als auch beztiglich der Beispielsnennungen zu unterstellen (vgL
Tab. 8.14), die sich auf 20,5% bzw. 25% gegentiber der ursprtinglichen Zahl
eingegangener Beitrage verdichten liegen. Von den 83 eingegangenen Nen
nungen bezogen sich insgesamt 53 daraui, dass es um die (Bereitschaft) zur
Anpassung (auch der persiinlichen Arbeitszeit) an vorgefundene Verhaltnisse,
um eine Bereitschaft zur Mobilitat und um die Verktirzung von Reaktionszei
ten geht. Bei den BeispieIsnennungen bezogen sich 58 von 92 eingegangenen
Diskussion 215
Antworten auf diese Gesichtspunkte. Die Bedeutung des in dieser Form ge
meinsam geteilten Verstandnisses liegt nun darin, dass Beschaftigte aus bei
den Teilgruppen sich den funktionalen Charakter von Flexibilitiit ins
Bewusstsein rufen, wenn sie in beruflichen Kontexten betrachtet wird. Flexibi
Iitiit ginge durchaus tiber diesen Gesichtspunkt hinaus, indem sie beispiels
weise in emanzipativer Funktion als Unabhangigkeit von bestimmten
Situationen verstanden werden konnte. Jedoch bestatigt die auf Funktionalitat
eingeschrankte Perspektive die Auffassung von EDWARDS (1998), der FlexibiIi
tiit als berufliche Anforderung auf Anpassung der Arbeitsleistung (numeri
sche Flexibilitat) und Aufgabenbereiche (funktionale Flexibilitat) reduziert
sieht, worunter die Reflexion von Rahmenbedingungen beruflicher Aufgaben
stellungen zu leiden hatte.
Resiimee
Aus dem vorliegenden Datenmaterial zu den vier Kompetenzanforderungen
lasst sich nur in Teilbereichen eine gemeinsame Verstandigungsbasis entneh
men. Wenn offensichtlich groBe Differenzen in Hinblick auf die Interpretation
von Selbststiindigkeit und Fiihrungskompetenz bestehen, stellt sich die Frage, ob
diese Unterschiede in der betrieblichen Alltagspraxis in Kauf genommen wer
den, nicht erkannt werden oder keine Rolle spielen:
(a) Eine Inkaufnahme wtirde partizipative Zielsetzungen unterlaufen, bote sie
Entscheidungsbefugten doch die Moglichkeit, jene Kompetenzen nach ei
genen, womoglich intransparenten Kriterien zuzuschreiben.
(b) Werden solche Differenzen nicht erkannt, wird eine Ursachenforschung
schwierig, die sich dem Problem einer vermeintlich unzureichenden Kom
petenz Beschaftigter widmen solI. Wenn diejenigen, die in diesem Fall Fiih
rungskompetenz oder Selbststiindigkeit unter Beweis stellen sollen, eine
(vollig) andere Auffassung von diesen Kompetenzen zugrunde legen als
diejenigen, die deren Entwicklung fordem, fiihrt das genau dann zu Frust
rationen, wenn Beschaftigte den Anforderungen gerecht zu werden versuchen.
(c) Spielen solche Unterschiede im betrieblichen Arbeitsalltag keine Rolle, so
kann das darin begrtindet sein, dass Beschaftigte im beruflichen Kontext
ihr Handeln allein an die in der Arbeitsorganisation interpretierten Anfor
derungen und Erwartungen ausrichten. Fiihrungskompetenz und Selbststiin
digkeit konnen durchaus individuell interpretiert werden, innerhalb der
216 Diskussion
betrieblichen Arbeitsorganisation verlangt erfolgreiches Agieren jedoch ei
ne Unterordnung unter die dort jeweils geltenden Anspruche. Sofem diese
Ursachenvermutung zutrifft, besteht ein Zusammenhang zu dem in Punkt
(a) Genannten.
In allen drei Hillen waren ungiinstige Voraussetzungen fur kompetenzfOr
demde Arbeitsbedingungen gegeben, auBerdem bildeten sie schlechte Vor
aussetzungen fur Untemehmenskulturen, wie sie in den modernen Konzepten
betrieblicher Arbeitsorganisation gefordert werden (vgL Kap. 3). Es wurde
namlich das Potenzial Beschaftigter a priori auf jeweils Erwunschtes be
schranken, wodurch ein erhebliches AusmaB an Kreativitatspotenzial keine
Geltung erlangen konnte.
Dass die Kompetenzanforderung Verantwortungsbereitschaft von den Beschaf
tigten einerseits in einer Form definiert wird, die den festgelegten Kriterien fur
ein gemeinsam geteiltes Verstandnis genugt, andererseits die Beispielsnen
nungen sehr hoch streuen, deutet moglicherweise auf Diskrepanzen hin, die
weiterer Aufklarung bedurfen. In Betracht kommen U.a. die Theorie-Praxis
Diskrepanz, die Kompetenz-Performanz-Diskrepanz oder auch die Diskre
panz zwischen Ideal (Programm) und Wirklichkeit. Denn auf der einen Seite
zeigt sich Ubereinstimmung auf einer abstrakten theoretischen Ebene, die
Nennung der Beispiele ist auf der anderen Seite stark auf die individuelle Er
fahrungswelt der Versuchspersonen bezogen, bei der das theoretisch oder
programmatisch GeauBerte nicht unbedingt zum Tragen kommen muss. Hier
ware ein Anknupfungspunkt fur die Untersuchung der in diesem Zusammen
hang bedeutenden Frage, wie weit Befunde, die auf der Beantwortung abs
trakter Fragen basieren, die Realitat nicht oder verzerrt wiedergeben.
Die weitgehende Ubereinstimmung in den Definitionsmerkmalen und den
Beispielsnennungen zu Flexibilitiit ist zunachst einrnal zur Kenntnis zu nehmen und als Hinweis zu sehen, dass hier Voraussetzungen fUr die Realisie
rung der Konvergenz okonomischer und padagogischer Prinzipien gegeben
sein konnten. Allerdings ist aus den Daten nicht ersichtlich, ob diese Einrnu
tigkeit nicht auch auf eine Art "heimlichen Lehrplan des Betriebs" (HElD &
LEMPERT 1982) zuruckgefuhrt werden muss.
Diskussion
9.4 Fragenkomplex 4: Verhaltnis tikonomischer und padagogischer Uberiegungen
217
Der vierte Fragenkomplex soHte klaren, ob und in welchem Verhaltnis tiko
nomische und padagogische Uberlegungen eine Rolle spielen, wenn Beschaf
tigte Vor- und Nachteile beruflicher Kompetenzentwicklung abschatzen.
Zunachst soH ein Blick auf die Vor- und Nachteilseinschatzung der gesamten
Stichprobe geworfen werden, urn das Verhaltnis von okonomischen und pa
dagogischen Uberlegungen in der gesamten Menge der Antworten zu eror
tern. AnschlieBend soli auf Unterschiede zwischen beiden Teilgruppen
eingegangen werden.
Die Abwagung der Vorteile (vgl. Tab. 8.41) war in den auf die Arbeitgeberper
spektive bezogenen Teilen in drei der vier Faile von okonomischen Uberle
gungen dominiert. Ais Nutzen fur den Arbeitgeber von flexiblen,
selbststandigen und verantwortungsbereiten Beschaftigten sehen die Befrag
ten also iiberwiegend okonomische Gesichtspunkte. Das schlagt sich auch in
den jeweils am haufigsten genannten Argumenten nieder: Am haufigsten ge
nannt wurden im Faile flexibler Beschaftigter, dass eine bessere Verteilung
betrieblicher Ressourcen erfolgen konne (vgl. Tab. 8.17). Selbststandige Be
schaftigte wiirden zu einer Entlastung der Ftihrungsebene ftihren (vgl. Tab.
8.23) und verantwortungsbereite Beschaftigte wlirden fiir den Arbeitgeber den
Nutzen bringen, dass sich ein zeitlicher Vorteil dergestalt einstellen wiirde,
dass Entscheidungen ohne Rlickkopplungen und Riickversicherungen getrof
fen wlirden (vgl. Tab. 8.26). Wahrend im FaIle dieser drei Kompetenzanforde
rungen okonomische Vorteilstiberlegungen die Arbeitgeberperspektive
dominierten, iiberwogen bei Fiihrungskompetenz padagogische Uberlegungen.
Das am oftesten vorgetragene Argument lautete hier, Fiihrungskompetenz wlir
de die Motivation der Beschaftigten fordern und unterstUtzen. Freilich konnte
dahinter wiederum eine okonomische Uberlegung stehen, dass motivierte Be
schaftigte hohere Arbeitsleistungen erbringen. Doch gerade Ansatze wie bei
spielsweise die Selbstbestimmungstheorie der Motivation (DEC! & RYAN 1993)
oder die darauf aufbauende padagogische Interessentheorie (z.B. PRENZEL
1995) machen deutlich, dass Motivation ein Zustand ist, der nicht unter Ver
nachlassigung gerade auch padagogischer Grundbediirfnisse der zu Motivie
renden herbeigeflihrt werden kann.
218 Diskussion
Was die Vorteilsuberlegungen bezogen auf die eigene berufliche Perspektive
betrifft, waren die Beitrage zu allen vier Kompetenzanforderungen von oko
nomischen UberJegungen dominiert. Von FlexibiIitiit versprachen sich die Ver
suchspersonen am haufigsten Karriereperspektiven (vgl. Tab. 8.18). In Bezug
auf Fiihrungskompetenz wurde zwar eine als padagogisches Kalkul eingestufte
Uberlegung (Anerkennung erfahren) am haufigsten genannt, es folgten aIler
dings die Hoffnung auf die Erhohung der eigenen Marktwerts und Karriere
perspektiven (vgl. Tab. 8.21). Mit Selbststiindigkeit wurde am haufigsten die
Hoffnung auf die Erhohung der eigenen Marktwerts und der Profilierung
verbunden (vgl. Tab. 8.24), mit Verantwortungsbereitschaft Karrierechancen und
erneut die Erhohung des eigenen Marktwerts (vgl. Tab. 8.27). Fur die eigene
berufliche Entwicklung verbinden also die meisten Versuchspersonen die
Hoffnung, dass sich die Entwicklung und die Anwendung der vier Kompe
tenzbeispiele in einer Verbesserung der Chancen auf beruflichem Aufstieg
niederschlagt.
1m Unterschied hierzu standen bei den Vorteilserwartungen fur die personli
che Entwicklung padagogische Uberlegungen klar im Vordergrund. Von Fle
xibilitiit erwarteten sich die Versuchspersonen am haufigsten einen Wissens
und Kompetenzzuwachs (vgl. Tab. 8.19), von Fiihrungskompetenz soziale Kom
petenz (vgl. Tab. 8.22), von Selbststiindigkeit Unabhangigkeit (vgl. Tab. 8.25)
sowie von Verantwortungsbereitschaft den Effekt, auch im privaten Bereich zu
nehmend Verantwortung zu ubernehmen (vgl. Tab. 8.28). AIle Versuchsper
sonen verbanden mit der beruflichen Kompetenzentwicklung auch Nutzen fur
ihre personliche Entwicklung.
Dass aile Versuchspersonen in der beruflichen Kompetenzentwicklung einen Nutzen auch fur ihre personliche Entwicklung sahen, der uber okonomische
Uberlegungen (z.B. steigendes Einkommen) hinausging und zum groBten Teil auf padagogische Kalkule Bezug beinhaitete, stellt einen Befund dar, der als
giinstige Voraussetzung fUr eine Reaiisierung der Konvergenz okonomischer
und padagogischer Prinzipien gewertet werden kann.
Die Angabe eines Nutzens fur die personliche Entwicklung kann nicht allein
auf die Tatsache zuruckgefuhrt werden, dass diese Frage uberhaupt aufge
worfen wurde: Denn die Anzahl der Beitrage zur Perspektive der personlichen
Entwicklung weist nahezu den gleichen Umfang auf wie die der Beitrage zur
naheliegenden Perspektive der eigenen beruflichen Entwicklung. Waren
Diskussion 219
Oberlegungen zum Nutzen ftir die personliche Entwicklung den Versuchsper
sonen in diesem Zusammenhang vollig fremd gewesen, so ware der Umfang
der Beitrage geringer ausgefallen.
Der Befund, dass die Arbeitgeberperspektive und die der eigenen beruflichen
Entwicklung von okonomischen Kalktilen dominiert ist und die Perspektive
der personlichen Entwicklung hauptsachlich von padagogischen Ubedegun
gen getragen ist, erscheint hochgradig plausibel und kann deshalb auch als
Beleg fUr die Qualitat des Datenmaterials gewertet werden.
Die Nennung moglicher Nachteile bezogen auf die Entwicklung und Anwen
dung der vier Kompetenzbeispiele zeigt ein ahnliches Bild wie die eben dis
kutierten Vorteilsnennungen (vgl. Tab. 9.4). Die unter der Beurteilungs
perspektive Arbeitgeber abgegebenen Antworten waren sehr deutlich von
okonomischen UberJegungen getragen, zur Vorgabe Selbststiindigkeit wurde
nicht ein padagogisch gepragter Beitrag abgegeben. Dies ist tiberaus koharent
mit einem bildungstheoretischen Verstandnis von Selbststiindigkeit, das durch
Distanzierung und kritische Reflexion von sowie Emanzipation aus Abhan
gigkeitsstrukturen gekennzeichnet ist (vgl. z.B. APEL 1994). Ein Nachteil von
selbstandigen Beschaftigten entsteht einem Arbeitgeber erst dann, wenn die
Beschaftigten (a) tatsachlich selbststandig handeln und (b) ihr Tun von dem
abweicht, was sie nach MalSgabe des Arbeitgebers tun sollen (vgl. HElD 1991,
S. 267f.). Insofern ist es durchaus nachvollziehbar, dass die eingegangenen
Nachteilsnennungen ausschlielSIich okonomischen Oberlegungen foigen. Die
am haufigsten genannten Argumente ftihrten ein erhohtes Risiko von Fehlent
scheidungen an (vgl. Tab. 8.35), mangelnde Absprachen sowie ein Rtickgang
an Kontrolimoglichkeiten. In diesen Antworten kommt eine Grundauffassung
zum Tragen, die selbststandigen Handlungen und Entscheidungen ein Ab
weichen von nicht naher explizierten, aber betrieblicherseits malSgeblichen
Soll-Vorgaben unterstellen. Die gleichen Argumente werden in Bezug auf verantwortungsbereite Beschaftigte eingebracht (vgl. Tab. 8.38). Auch hier ist eine
vergleichbare Situation gegeben. Aus Sicht des Arbeitgebers kann sich aus
verantwortungsbereitem Handein der Beschaftigten erst dann ein Nachteil
ergeben, wenn ihr Handein nicht den Vorgaben des Arbeitgebers entspricht.
Nun Iasst sich auf Basis des DatenmateriaIs nicht entscheiden, ob die Ver
suchspersonen die eben ausgeftihrten OberJegungen anstellten und somit die
folgerichtigen Antworten gegeben haben, oder ob in diesen Antworten der
220 Diskussion
von HEID (1991, 1995a,b) kritisierte Zweek der Forderung von Selbststandigkeit
und Verantwortungsbereitschaft zum Ausdruek kam, dass die Besehaftigten aus
freien Sttieken tun, was sie naeh Ma15gabe des Arbeitgebers tun sollen. Die
Nachteilseinschatzung zu Flexibilitiit (vgl. Tab. 8.29) zielte zumeist auf die Ge
fahr ab, dass die Beschaftigten abwandem konnten und dass die Kontinuitat
in der Bearbeitung betrieblieher Vorgange verloren ginge, weil sieh die Be
sehaftigten zumeist auf kurzfristige Aktionen konzentrieren wtirden. In Hin
bliek auf Fiihrungskompetenz (vgl. Tab. 8.32) beftirchteten die
Versuchspersonen am haufigsten eine Fixierung der Besehaftigten auf eine
Fiihrungskraft und ein erhbhtes Konfliktpotenzial. Diese beiden als okonomi
sehe Aspekte eingestuften Nennungen lassen nur schwer Rtickschltisse auf
kompetenzfordernde Arbeitsbedingungen zu, da im ersten Fall die weiteren
Konsequenzen nieht angesprochen wurden und im zweiten Fall die Ausftih
rungen der Versuchspersonen zu wenig konkret waren, um die Antworten
weiter differenzieren zu konnen. Ebenso haufig wie die beiden genannten
okonomischen Argumente wurde noch ein padagogisehes vorgetragen, dass
namlieh die nur begrenzte Verfligbarkeit aus motivationaler Sieht ein Problem
flir zu viele ftihrungskompetente Besehaftigte seien, die dann nicht ihrer
Kompetenz entsprechend eingesetzt werden konnten.
Bei der Fokussierung auf die eigene berufliche Perspektive fiel die Dominanz
okonomischer Argumente weniger deutlich aus als dies bei den Vorteilsnen
nungen der Fall war. Okonomiseh dominiert waren hier die Nachteilsein
schatzungen zu Selbststiindigkeit und Veranhuortungsbereitschaft, die beim
Beispiel Selbststiindigkeit zu einem Einzelkampfertum mit fehlender Koopera
tion sowie steigendem Konfliktpotenzial mit Vorgesetzten und Kollegen ftih
ren konnte (vgl. Tab. 8.36) bzw. beim Beispiel Verantwortungsbereitschaft am
haufigsten mit dem Nachteil in Verbindung gebraeht wurde, dass begangene
Fehler zu personlichen Folgen ftihren wtirden (vgl. Tab. 8.39). In den beztig
lieh Selbstsliindigkeit vorgenommenen EinsehiHzungen kommen Argumente
zum Vorsehein, in denen Selbststiindigkeit als Eigenstandigkeit interpretiert
wird, d.h. in der Abwieklung betrieblicher Aufgaben nieht explizit auf Koope
ration ausgerichtet ist. Diese Sichtweise wurde als okonomische Perspektive
eingestuft, weil die Perspektive auf Prozesse des betrieblichen Arbeitsvollzugs
gerichtet ist: Selbststandiges Handeln Besehaftigter ftihrt in dieser Sichtweise
zu einer fehlenden Kooperation. Hingegen wurde das ebenso haufig vorgetra
gene Argument, Selbststiindigkeit ftihre zu einem steigenden Konfliktpotenzial
Diskussion 221
als padagogisches Argument eingestuft, weil es auf ungtinstige motivationale
Grundvoraussetzungen der Entwicklung bzw. des Einsatzes von Selbststdndig
keit abzielt. Die in Bezug auf Verantwortungsbereitschaft am haufigsten ge
nannten Nachteile, dass Fehler persanliche Foigen nach sich ziehen wurden,
kannen als Spiegelbild des schon in Abschnitt 9.3 diskutierten Verstandnisses
von Verantwortungsbereitschaft als Anforderung gesehen werden, external de
finierte Aufgaben zu erfiillen. Ein solches Verstandnis wurde als unglinstige
Realisierungsbedingung fiir die Konvergenz akonomischer und padagogi
scher Prinzipien beschrieben, weil es auf die Bereitschaft der Beschaftigten ab
zielt, Anforderungen unter gegebenen Bedingungen unreflektiert zu
akzeptieren und zu erfUllen.
Bezogen auf die Kompetenzbeispiele Flexibilitdt und Flihrungskompetenz fiel die
Verteilung der Argumente annahernd ausgewogen aus. So lautete die am hau
figs ten vorgetragene Nachteilsiiberlegung zu Fiihrungskompetenz, dass sie zu
einer Vernachlassigung der Fachaufgaben und in Foige dessen zu einer Be
eintrachtigung der Fachkompetenz kommen kanne (vgl. Tab. 8.33). In Bezug
auf Fiexibilitdt wurde am haufigsten eine Mehrfachbelastung und steigende
Arbeitsanforderungen beflirchtet (vgl. Tab. 8.30). Diese Oberlegungen geben
keinen Aufschluss in Hinblick auf die Realisierung kompetenzfOrdernder Ar
beitsbedingungen, da sie jeweils plausible Folgen der Slarkung der jeweilig
vorgegebenen Kompetenz darstellen, aber nicht auf <.'in problematisches Ver
standnis hinweisen.
In den Nachteilseinschatzungen bezogen auf die eigene berufliche Entwick
lung der Versuchspersonen kamen also bezliglich Selbststandigkeit und Ver
antwortungsbereitschaft Uberlegungen zum hagen, die auf eine Beeintrach
tigung der Konvergenzbedingungen hindeuten kannten.
Zumeist eine deutliche Dominanz padagogischer Oberlegungen zeigte sich in
den Nachteilsiiberlegungen, die auf die persanliche Entwicklung der Ver
suchspersonen bezogen war. Lediglich bei der Einschatzung der Selbststiindig
keil waren akonomisch und padagogisch gepragte Antworten nahezu
gleichverteilt. Am haufigsten befiirchteten die Versuchspersonen im privaten
Bereich Eigenbradelei und einen Verlust an Kooperation sowie eine hahere
psychische Belastung aufgrund eines haheren Arbeitsaufwands (vgl. Tab.
8.37). Als Folge von Flexibilitdt bezogen sich die haufigsten Nachteilsbeflirch
tungen auf familiare Belastungen sowie zunehmenden Stress (vgl. Tab. 8.31).
222 Diskussion
Die starkere Belastung bzw. die Gefahr der Uberlastung wurde neben der
Vermutung, andere im privaten Umfeld einzuschranken, auch als der am hau
figsten vermutete Nachteil von Fiihrungskompetenz gesehen. Erhohter Stress
wurde haufig auch als Nachteil von Verantwortungsbereitschaft gesehen, noch
haufiger erwarteten die Versuchspersonen jedoch weniger Erholung und we
niger geistige Frische. Diesen Antworten ist Plausibilitat zuzuschreiben, sie
lassen jedoch keine Riickschliisse auf die Realisierung der Konvergenzbedin
gungen zu, auch kommen keine bemerkenswerten Deutungsmuster zum Vor
schein.
1m Abschnitt 8.5.3 wurden Teilgruppenvergleiche zwischen den Fiihrungs
kraften und der Gruppe der Belegschaft angestellt. 1m Folgenden sollen nun
diejenigen FaIle erortert werden, in denen sich signifikante Unterschiede erga
ben. Dabei wird zunachst der in Tab. 8.43 bzw. Tab. 8.44 aufgezeigte Vergleich
der Vor- bzw. Nachteilsnennungen betrachtet.
In Hinblick auf die Nennung von Vorteilen ergab die Berechnung des Kontin
genzkoeffizienten in zwei Fallen keine signifikante Abhangigkeit zwischen
beiden Teilgruppen, namlich bei der Einschatzung des eigenen beruflichen
Vorteils von Flexibilitat sowie den Arbeitgeber-Nutzen von Verantwortungs
bereitschaft.
1m ersten Fall traten die deutlichsten Unterschiede in den Beitragen bei fol
genden Nennungen auf: Die Hoffnung auf eine Steigerung des eigenen
Marktwerts als Folge von Flexibilitiit wurde von sechs Fiihrungskraften vorge
tragen, wogegen sie nur von einer einzigen Versuchsperson aus der Beleg
schaft geaulSert wurde. Anders verteilten sich die Beitrage, die auf berufliche
Entwicklungsperspektiven abzielten. Hierauf wies nur eine einzige Fiihrungskraft hin, aber dafiir vier Befragte aus der Belegschaft. Unter dem Gesichts
pUnkt der Realisierung von Konvergenzbedingungen lassen sich diese
Unterschiede in den Antwortrnustem nur schwerlich diskutieren, da sich in
ihnen keine problema tisch erscheinende Trennlinie zwischen beiden Hierar
chieebenen niederschlagt.
Ebenso unergiebig erscheint die Diskussion des zweiten Falls der Einschat
zung des Arbeitsgebemutzens von Verantwortungsbereitschaft. Die von Einzel
nennungen abgesehen augenfalligsten Unterschiede in den Antwortrnustem
bestanden darin, dass der Vertrauensaspekt lediglich von Befragten aus der
Gruppe der Belegschaft eingebracht wurde und ausschlielSlich Fiihrungskrafte
Diskussion 223
in diesem Kontext von untemehmerischen Denken sprechen. Letzteres steht
mit dem bereits diskutierten Verstandnis von Verantwortungsbereitschaft als
Willen und Bereitschaft zur Erfiillung extemaler (untemehmerischer) Aufga
ben und Kriterien in Zusammenhang. Untemehmerisches Denken kann nam
lich nicht a priori als Resultat von Verantwortungsbereitschaft seitens der
Beschaftigten betrachtet werden.
Abgesehen von diesen auf statistischen Kennwerten beruhenden Unterschie
den zwischen beiden (in diesem Fall der zweiten Runde gleichstarken, vgl.
Tab. 8.1) Teilgruppen kann auf der Basis deskriptiver Zahlen festgestellt wer
den, dass die befragten Filhrungskrafte in den meisten Fallen mehr Vorteils
nennungen abgaben als die Befragten aus der Gruppe der Belegschaft. Das
kann als Indiz dafilr gedeutet werden, dass die Filhrungskrafte den Nutzen
beruflichen Kompetenzerwerbs optimistischer einschatzen als dies Befragte
aus der Gruppe der Belegschaft tun. Allerdings trifft dies auch auf die Ant
worten zu den moglichen Nachteilen zu, auch dort lieferten die Filhrungs
kriifte in den meisten Fallen mehr Antworten als die Belegschaft. Allerdings
nahmen an der dritten Befragungsrunde, als die Nachteile erhoben wurden,
mehr Filhrungskrafte als Versuchspersonen aus der Belegschaftsgruppe teil.
Bei der Analyse der Nachteilsnennungen erwiesen sich die Antwortrnuster in
film Fallen so weit unterschiedlich, dass kein signifikanter Zusammenhang
zwischen den Teilgruppen mehr feststellbar war.
Die Nachteilseinschatzung von Flexibilitiit aus der Perspektive des Arbeitge
bers zeigten sich die auffalligsten Unterschiede darin, dass die Haifte der Ver
suchspersonen aus der Belegschaft fehlendes Fachwissen in Detailfragen
befilrchtete. Dieser Aspekt wurde nur noch von einer Filhrungskraft erwahnt.
Dafilr wiesen ausschlieiSlich Filhrungskrafte darauf hin, dass Arbeitgeber als
Folge von Flexibilitiit ihrer Beschaftigten ein steigendes Anspruchsdenken so
wie einen erhohten Einarbeitungsaufwand hinzunehmen hatten. In Bezug auf
die personiiche Entwicklung betonten die Filhrungskrafte familiare Belastung
und Stress wesentlich starker als die Gruppe der Belegschaft. Die einzige
Nennung, die ausschlieiSlich aus der Belegschaftsgruppe vorgebracht wurde,
bezog sich auf die Gefahr, dass Flexibilitiit im privaten Bereich zu Oberflach
lichkeit und zu wenig Konzentration auf eine Aufgabe filhren konnte. Paral
lelen hierzu zeigten sich auch in der Einschatzung der Nachteile filr die
personliche Entwicklung aufgrund Selbststiindigkeit und Fuhrungskompetellz:
224 Diskussion
Auch hier betonten die Ftihrungskrafte den Aspekt gestiegener Belastung und
zunehmendem Stress sehr stark, in den Antworten der Belegschaft fand dieser
Gesichtspunkt hingegen gar keinen Niederschlag. In dieser Gruppe fanden
dagegen Beftirchtungen von Komprornissbereitschaft und Eigenbrodelei als
Foige von Selbststiindigkeit Beachtung, als Foige von Ftihrungskompetenz
dachte die Gruppe der Belegschaft en die Gefahr der Dorninanz und der Ein
schrankung anderer im privaten Bereich. Wahrend also Ftihrungskrafte offen
bar in wesentlich starkerem MaBe Stress und Belastung in ihrem privaten
Bereich als Foige der ausgewahlten beruflichen Kompetenz versptiren, be
ftirchten die Versuchspersonen aus der Belegschaft eine Ubertragung offenbar
als unangenehm empfundener Eigenschaften von Ftihrungskraften auf ihr
privates Urnfeld.
In der Einschatzung der Nachteile von Verantwortungsbereitschaft unter der
Perspektive des Arbeitgebers zeigte sich als die am meisten offensichtliche
Differenz in den Antwortrnustern das mittlerweile wiederholt diskutierte, aus
padagogischer Sicht zu kritisierende Verstandnis von Verantwortungsbereitschaft in den Antworten der Ftihrungskrafte. Denn sie beftirchten einen Ver
lust an Kontrollmoglichkeiten, der ja - wie erortert - erst dann ein Problem
darstellt, wenn die Beschaftigten in ihrer Verantwortung anders handeln als
dies von ilmen erwartet wird. Dieses problematische Verstandnis scheint da
her eine spezifische Haltung von Ftihrungskraften abzubilden.
Wie in Tab. 8.45 dargestellt, ergab ein Vergleich beider Teilgruppen dahinge
hend, ob sie sich in dem Anteil okonomisch und padagogisch gepragter Ant
worten unterscheiden, nur in einem Fall ein signifikantes Ergebnis. Die
Nachteile von Fiihrungskompetenz in Hinblick auf die personliche Entwicklung schiitzten die Teilgruppen insofern unterschiedlich ein, als okonornische Ar
gumente ausschlieBlich von den Ftihrungskraften eingebracht wurden. Bei den Versuchspersonen aus der Gruppe der Belegschaft dominierten padago
gisch orientierte Argumente. Wie oben bereits angesprochen, deuteten ihre
Antworten auf eine Tendenz hin, andere zu dorninieren und einzuschranken.
Sofern man davon ausgeht, dass die Antworten vor dem Hintergrund kon
kreter Erfahrung gegeben wurden, konnte dies den Hinweis darauf geben,
dass die Versuchspersonen aus der Belegschaft die Ftihrungskrafte in ihrem
Urnfeld entsprechend erleben und wahrnehmen.
Diskussion 225
In Hinblick auf die Realisierung der Konvergenzbedingungen weisen einige
Aspekte der Nachteilsnennungen auf Schwierigkeiten hin. Das trifft insbeson
dere auf die Befunde zu, die auf das Verstiilldnis von Verantwortungsbereit
schaft hindeuten. Hier zeigten die Teilgruppenvergleiche, dass das
problematische Verstandnis ein spezifisches Merkmal innerhalb der Gruppe
der Ftihrungskrafte zu sein scheint.
Resumee
Die Befunde zeigen, dass Beschaftigte im Zusammenhang mit beruflicher
Kompetenzentwicklung und dem Einsatz individueller Kompetenz am Ar
beitsplatz sowohl okonomische als auch padagogische Uberlegungen anstel
len, wenn sie eine Abwagung von Vor- und Nachteilen vornehmen. Auf
gtinstige Realisierungsbedingungen der Konvergenzthese weist hin, dass aIle
Versuchspersonen auch einen Nutzen fUr ihren privaten Bereich sehen, der
nicht nur auf okonomische Uberlegungen beschrankt ist, sondern auch pada
gogische Gedanken beinhaltet. Einschrankende Befunde in Hinblick auf die
Realisierung von Konvergenzbedingungen liefern die Nachteilstiberlegungen.
Dort zeigt sich insbesondere, dass die Ftihrungskrafte in Bezug auf Verantwor
tungsbereitschaft ein Verstandnis an den Tag legen, das aus padagogischer
Sieht als problema tisch zu bezeichnen ist.
Beztiglieh des Verhaltnisses der okonomischen und padagogischen Kalktile
zueinander lassen sich plausible Tendenzen feststeIlen, indem die Arbeitge
berperspektive von okonomisehen Kalktilen dominiert ist und die Peripektive
der personlichen Entwicklung von padagogischen Uberlegungen. Dies kann
als lndiz ftir die Qualitat des erhobenen Datenmaterials angesehen werden.
9.5 Diskussion methodischer Gesichtspunkte
Nach der Diskussion der Befunde sollen nun Oberlegungen zu methodischen
Gesichtspunkte dieser Arbeit angestellt werden, urn die Aussagekraft der Be
funde einschatzen zu konnen.
Zur Beantwortung der Untersuchungsfragen wurde eine auf die spezifischen
Ziele der Arbeit abgestimmte Variante der Delphi-Technik gewahlt. Sie stellt
ein sehr effektives und okonomisches Verfahren dar, Meinungsbilder inner
halb einer Gruppe in Bereichen zu erheben, zu denen bislang wenig Informa-
226 Diskussion
tionen vorliegen (vgl. DALKEY 1969). Zu vier verschiedenen Erhebungs
zeitpunkten wurden qualitative und quantitative Daten erhoben. Die Studie
liegt somit im aktuellen Trend empirischer Sozialforschung, diese beiden Ar
ten der Datenerhebung zu verkniipfen (vgl. KELLE & ERZBERGER 2000).
Die Erhebung qualitativer Daten ohne die Vorgabe eines Antwortformats hat
den Vorteil, dass die Versuchspersonen ihre Gedanken weitgehend unbeein
flusst von vorgegebenen kategorialen Einschrankungen formulieren kiinnen.
Dadurch wird in den erhobenen Daten ein miiglichst breites Gedankenspekt
rum erfasst, das noch frei von Einflussen vorgefertigter Antwortstrukturen ist.
Da die Befragung ausschliefSlich in schriftlicher Form durchgefuhrt wurde,
weist es trotzdem gegenuber beispielsweise Interviewstudien Restriktionen
auf: Die schriftlichen Aussagen sind weniger umfangreich und armer an Aus
sagedetails als mundliche Aussagen ausfallen wurden, denn die Versuchsper
sonen waren angehalten, ihre Statements miiglichst knapp und pragnant zu
verfassen. Das wiederum erforderte von den Probanden entsprechende Fahig
keiten, ihre Gedanken auf die zentralen Gesichtspunkte verkurzt zu
verschriftlichen. Fur einen Teil der Fragestellungen hatten auch Beobach
tungsstudien im Feld hilfreiche Erganzungen zu den Befunden erbringen und
reichhaltige Zusatzinformationen liefern kiinnen.
An den Stellen der Untersuchung, an denen ein Gruppenurteil erhoben wer
den sollte, wurde auf einen standardisierten Fragebogen mit vorgegebenem
Antwortformat zuruckgegriffen, der zu einem quantitativen Datensatz flihrte.
Zwar reduziert dieses Verfahren die Aussagekraft der erhobenen Einschat
zung erheblich, da sich die Versuchsperson gezwungenermafSen dem von der
Untersuchungsleitung definierten Antwortschema unterordnen mussen. Daflir ermiiglicht es statistisch-mathematische Auswertungsroutinen, die von subjektiven MafSgaben der Auswerter unabhangig sind.
Abgefragt wurden subjektive Interpretationen und Selbstaussagen der Ver
suchspersonen uber den Themenbereich Entwicklung und Anwendung indi
vidueller Kompetenz. Die Aussagen wurden retrospektiv bzw. sehr allgemein gehalten erfragt. Das kann in Hinblick auf die Qualitat und Interpretierbarkeit
des Datenmaterials zu folgenden Problemen flihren: (1.) Die Versuchsperso
nen treffen Aussagen uber individuelle Kompetenzen als einen Gegenstands
bereich, in dem sie (wahrscheinlich) keine Experten sind. (2.) Die Aussagen
kiinnen verfalscht sein.
Diskussion 227
Ad (1.): Es ist nicht anzunehmen, dass die Versuchspersonen auf dem Gebiet
individuellen Kompetenzentwicklung in hohem MaJ3e tiber erziehungswis
senschaftliches Fachwissen verftigen. Das hat zur Folge, dass die Versuchsper
sonen bei der Bearbeitung der Unterlagen vermutlich Geweils individuelle)
naive Theorien zugrunde legen. Von daher bleibt unklar, welches Kompe
tenzkonzept jeweils als Grundlage der Aussagen und Einschatzungen der
Versuchspersonen zu kompetenzfordemden Arbeitsbedingungen herangezo
gen wird. Allerdings stellt das Verhaltnis von Fragestellung durch Forscher
und deren Beantwortung durch Versuchspersonen ein prinzipielles Problem
wechselseitiger Konstruktions- und Dekonstruktionsprozesse dar. In keiner
Phase einer Untersuchung kann die Objektivitat dieser (De-)Konstruktionen
angenommen oder gar gewahrleistet werden (vgl. STEINKE 1999, S. 81f£.), so
dass die Vorstellung einer verzerrungsfreien schriftlichen Datenerhebung und
-auswertung auch beim Einsatz anderer Erhebungsmethoden als unrealistisch
betrachtet werden muss (vgl. DRECHSEL 2001, S. 198).
Ungewiss ist aufgrund des fehlenden Fachwissens der Versuchspersonen
auch, ob sie ein kompetentes (im Sinne von fachkundiges) Urteil tiber Ent
wicklung und Anwendung ihrer individuellen Kompetenz abgeben konnen.
Wtirde dies in Zweifel gezogen, wtirde die Tauglichkeit der Versuchsperso
nenauswahl dieser Stu die in Frage gestellt. Hierzu sind drei Bemerkungen an
zubringen: Erstens wurde in der Studie auf einen theoretischen Rahmen Bezug
genommen, der seitens der Beschaftigten keinen erziehungswissenschaftlichen
Expertenstatus voraussetzt. Es ware absurd anzunehmen, die subjektive Ab
wagung von Vor- und Nachteilen beruflicher Kompetenzentwicklung und
vom Einsatz individueller Kompetenz sei nur vor dem Hintergrund erzie
hungswissenschaftlichen Expertenwissens ein taugliches Modell zur Erkla
rung beruflichen Handelns Beschaftigter. Zweitens wurde ein GroJ3teil der
Erhebungen darauf konzentriert, Rahmenbedingungen beruflicher Kompetenzentwicklung zu untersuchen, und zwar genau in der von den Versuchs
personen subjektiv wahrgenommenen und bewerteten Form. Hierfiir ist den
Beschaftigten vor Ort in den Betrieben ein hoher Expertenstatus zuzuschrei
ben. Drittens erfasst ein erziehungswissenschaftlicher Zugang zur Frage kom
petenzfordemder Arbeitsbedingungen nur einen Ausschnitt betrieblicher
Wirklichkeit. Wtirde Forschung auf diesem Gebiet bei der Datenerhebung
ausschliefSlich auf Versuchspersonen mit erziehungswissenschaftlichen Ex-
228 Diskussion
pertenstatus zurtickgreifen, kame dies einer Hypostasierung dieses Aus
schnitts betrieblicher Wirklichkeit gleich.
Ad (2.): Es wurden retrospektive Daten und subjektive Einschatzungen erho
ben. Die Aussagen und Wertungen der Versuchspersonen konnen daher vor
satzlich oder unbewusst verfalscht sein. Diese Moglichkeit lielSe sich nur tiber
ein Erhebungsverfahren vermeiden, das nicht an der subjektiven Sichtweise
der Versuchspersonen, sondern an der Situation ansetzen wtirde, in der indi
vidueUe Kompetenz Relevanz gewinnt. Dies ware durch Interaktionsstudien
unter Einsatz von Beobachtungsverfahren zu erreichen. Abgesehen davon,
dass Beobachtungsstudien im Untersuchungsfeld dieser studie aus organisa
torischen GrUnden nicht realisierbar gewesen waren, waren derart gewonnene
Daten wiederum anfallig gegentiber Verzerrungen durch die Beobachter. Inso
fern greift auch hier das bereits oben angeftihrte Argument, dass eine Objekti
vitat der erhobenen Befunde nicht erreichbar ist.
Nach der inhaltsanalytischen Auswertung der offenen Antworten wurden
HaufigkeitstabeUen ersteUt, anhand derer aggregierte Informationen beztiglich
der gesamten stichprobe oder der beiden Teilgruppen erstellt wurden. Auch
mit den quantitativen Daten wurden statistische Verfahren gerechnet, die den
Mittelwert der gesamten Gruppe bzw. der Teilgruppen als BezugsgrolSe ver
wenden. Die Verwendung aggregierter Daten wie Haufigkeitstabellen und
Mittelwertvergleiche verdecken Informationen auf der individueUen Ebene
einzelner Versuchspersonen. Das Ziel dieser Stu die bestand allerdings auch
nicht in der Generierung individueller Datensatze, sondern das Delphi
Verfahren ist gerade auf Gruppendaten ausgerichtet. Zudem wurden in den
quantitativen Datensatz auch Beitrage einzelner Versuchspersonen aufgenommen, die dann allerdings einem Gruppenurteil zugeftihrt wurden.
1m Laufe der inhaltsanalytischen Auswertungen wurden auf Basis des vorlie
genden Datenmaterials Kategorien gebildet, sinngleiche Aussagen verschie
dener Versuchspersonen wurden zueinander in Beziehung gesetzt. Dabei
kommen individuelle Interpretationen und Wertungen derjenigen Personen
zum Tragen, die zu einer subjektiven Bewertung und Kategorisierung des
Datenmaterials ftihren k5nnen, auch wenn die Verfahrensweisen im Ablauf
modell der qualitativen und hier speziell zusammenfassenden Inhaltsanalyse
(MAY RING 1993) eingehalten wurden. Urn den Einfluss subjektiver Einzelur
teile zurtickzudrangen und dem Kriterium intersubjektiver Nachvollziehbar-
Diskussion 229
keit gerecht zu werden, wurden die Inhaltsanalysen in einer Gruppe dreier
unabhangiger Personen durchgefiihrt. "Interpretationen in Gruppen sind eine
diskursive Form der Herstellung von Intersubjektivitat und Nachvollziehbar
keit durch expliziten Umgang mit Daten und deren Interpretationen" (STEINKE
1999, S. 214). Bei Meinungsunterschieden wurde diskursiv ein Konsens erar
beitet, so dass sich die Kategorienbildung letztlich auf Argumenten beruht, die
von den drei beteiligten Personen getragen wurden.
Die zentrale Frage ist nun, wie we it die Befunde als generalisierbar angesehen
werden konnen bzw. welche Tragweite ihnen eingeraumt werden kann. Zu
nachst einmal handelt es sich urn eine sehr kleine Stichprobe, so dass der Ge
neralisierbarkeitsanspruch sehr zuriickhaltend gesehen werden muss: Zum
einen handelt es sich bei den beiden ausgewahIten Betrieben urn ausgespro
chen modern strukturierte und hochtechnisierte Betriebe, in denen dem unter
suchten Merkmal individueller Kompetenz hohe Bedeutung zugeschrieben
wird. Von daher ist die Annahme naheliegend, dass die beteiligten Versuchs
personen iiber eine besonders hohe Auspragung des untersuchten Merkmals
aufweisen, zumal die Teilnahme an der Stu die freiwilIig erfolgte und entspre
chendes Interesse voraussetzte. Zum anderen bestand das ZieI der Untersu
chung aber auch nicht in erster Linie darin, verallgemeinerbare Ergebnisse zu
erzielen, sondern in einem Feld, das fiir die Erfiillung der Konvergenzbedin
gungen besonders gtinstige Voraussetzungen bereitstellt, grundlegende empi
rische Daten zu erheben. Das Vorgehen war also exemplarisch angelegt.
Allerdings ist auch nicht davon auszugehen, dass die beteiligten Versuchsper
sonen in beiden Betrieben unter exotischen Bedingungen arbeiten. Deshalb
konnen die Befunde durchaus dariiber Aufschluss geben, wie weit unter
gtinstigen betrieblichen Voraussetzungen eine Realisierung kompetenzfOr
dernder Arbeitsbedingungen gelingen kann. Dies gilt umso mehr, als die Del
phi-Technik gerade ein Instrument zur Eruierung einer aussagekraftigen Gruppenmeinung auf Basis eines kleinen Stichprobenumfangs ist.
Die Befunde weisen also aus mehreren Griinden eine begrenzte Aussagekraft
auf, trotzdem lassen sich aus ihnen weiterfiihrende Schlussfolgerungen zie
hen, weJche im nachsten Kapitel dargelegt werden.
10 Schlussfolgerungen und Ausblick
1m Verlauf der vorliegenden Arbeit wurde die Bedeutung individueller Kom
petenz Beschaftigter auf Basis neuerer Ansatze betrieblicher Arbeitsorganisa
tion herausgearbeitet, der Stand der erziehungswissenschaftlichen Debatte zu
diesem Thema aufgezeigt und als neuer Ansatz das Regensburger Konver
genz-Konzept vorgestellt. Es wurden Untersuchungsfragen aufgeworfen, die
mit Hilfe eines Delphi-Verfahrens empirisch bearbeitet wurden. Nach einer
ausftihrlichen Diskussion der Befunde sollen nun zum Abschluss der Arbeit
zunachst noch einmal eine Zusammenschau der wichtigsten Ergebnisse gege
ben, daraus Schlussfolgerungen gezogen und als Ausblick weiterftihrende
Forschungsfragen aufgeworfen werden, die sich aus der vorliegenden Studie
ergeben. Eine Zusammenfassung und eine SchIussbemerkung bilden das Ende
dieser Arbeit.
10.1 Zusammenschau der Ergebnisse
Die Ergebnisse der Delphi-Studie fallen heterogen aus: In einigen Teilen spie
geln die Befunde gtinstige Voraussetzungen fur die Realisierung der Konver
genz okonomischer und padagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und
Organisationsentwicklung, in manchen Teilen zeigen sich eher Einschrankun
gen.
10.1.1 Giinstige Voraussetzungen fUr kompetenzJ6rdernde Arbeitsbedingungen
Folgende Ergebnisse deuten auf gtinstige Voraussetzungen ftir kompetenzfOr
demde Arbeitsbedingungen als Resultat einer Realisierung der Konvergenz
okonomischer und padagogischer Prinzipien hin:
1. Die Versuchspersonen erleben zahlreiche Merkmale neuerer Konzepte be
trieblicher Arbeitsorganisation als kompetenzfordernd und in ihrem Ar-
232 Schlussfolgerungen und Ausblick
beitsumfeld realisiert. Dazu gehiiren insbesondere die Delegation von Ent
scheidungsbefugnis, Projektarbeit und vielfiiltige Arbeitsaufgaben.
2. Aile Versuchspersonen sehen in der Entwicklung individueller Kompeten
zen im Kontext ihrer Arbeit auch Nutzen ftir ihre persiinliche Entwicklung.
Dieser Nutzen ist nicht nur auf iikonomische Gesichtspunkte (wie bei
spielsweise ein hiiheres Einkommen) beschriinkt, sondem umfasst auch
piidagogische Uberlegungen (wie z.B. Erweiterung des HOrizonts).
3. In Bezug auf die Definitionsansiitze der Kompetenzanforderung Flexibilitiit
konnte eine ausreichende Ubereinstimmung ftir ein gemeinsam geteiltes
Verstiindnis festgestellt werden. Das ermiiglicht Adressaten dieser Kom
petenzanforderung erst, ihr selbst verantwortet gerecht zu werden (oder sie
zu missachten).
Diese drei Ergebnisse kiinnen deshalb als eine gtinstige Voraussetzung ftir die
Realisierung kompetenzfiirdemder Arbeitsbedingungen angesehen werden,
weil sie den im vorderen Teil der Arbeit ausgeftihrten theoretischen Annah
men entsprechen. 1m vierten Kapitel wurde darauf hingewiesen, dass in den
neueren Ansiitzen betrieblicher Arbeitsorganisation der individuellen Kom
petenz der Beschiiftigten hohe Bedeutung zugeschrieben wird. Wenn die be
fragten Beschiiftigten angeben, eben genau Merkmale dieser Ansiitze in ihrem
betrieblichen Umfeld als realisiert und kompetenzfiirdemd zu erleben, dann
ist dies als eine empirische Bestiitigung dieser Ansiitze zu werten.
Die Integration piidagogischer Erwiigungen in die Gegentiberstellung von
Vor- und Nachteilen individueller Kompetenzentwicklung im betrieblichen
Kontext zeigt die Relevanz der Frage nach der Konvergenz iikonomischer und
piidagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung fUr die Beschiiftigten. Sie ist nicht nUT ein erziehungswissenschaftlicher
Diskurs abseits der Lebenswelt Beschiiftigter.
Ein von allen Beschiiftigten einschlieBlich der Ftihrungskriifte gemeinsam ge
teiltes Verstiindnis von beruflichen Kompetenzanforderungen ist zuniichst einmal die zentrale Voraussetzung dafur, dass Beschiiftigte als die Adressaten
diese Anforderungen richtig interpretieren und auf Basis dieser Interpretation
tiber Akzeptanz oder Ablehnung entscheiden kiinnen. Es ist aber auch Vor
aussetzung daftir, dass Adressaten zielgerichtete Bemtihungen erbringen kiin
nen, diesen Anforderungen gerecht zu werden. Letztlich ist ein gemeinsam
geteiltes Verstiindnis von Anforderungen eine Voraussetzung fUr wirksame
Schlussfolgerungen und Ausblick 233
Fiihrungsprozesse, da diese Anforderungen auch als Operationalisierung des
Fiihrungsziels verstanden werden konnen.
10.1.2 Ungiinstige Voraussetzungen for kompetenzJordernde Arbeitsbedingungen
Kontrar zu den eben angesprochenen Ergebnissen gibt es aber auch Befunde,
die auf ungiinstige Voraussetzungen kompetenzfordemder Arbeitsbedingun
gen hinweisen:
1. Die Versuchspersonen fordern eine Beseitigung der Diskrepanz zwischen
Verantwortung und Handlungsspielraum sowie mehr Mut zur Anderung
von Strukturen und bewahrten Routinen.
2. Manche Befunde weisen darauf hin, dass das Verhalten der Fiihrungskrafte
nicht immer den Anspriichen neuerer Organisationskonzepte entspricht.
Das zeigt sich daran, dass in Situationen, in denen ein hohes MalS an indi
vidueller Kompetenz zu Problemen fUhrte, haufig mangelhaftes Fiihrungs
verhalten als Ursache angegeben wurde. AulSerdem sind sich beide
Teilgruppen offenbar einig, dass es in der Fiihrungspraxis an Moglichkei
ten mangelt, auf individuelle Starken und Schwachen der Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter einzugehen. Uberdies scheinen die Befragten aus der Teil
gruppe der Belegschaft einer Orientierung an gemeinsamen Werten keine
groge Bedeutung beizumessen, wahrend die befragten Fiihrungskrafte dies
als sehr bedeutsam ansehen. Nicht zuletzt wird mehr Mitsprache bei dpr
Gestaltung iibergeordneter Ziele eingefordert.
3. Zu drei der vier untersuchten Kompetenzanforderungen (Fiihrungskompe
tenz, Se/bststiindigkeit, Verantwortungsbereitschaft) ist keine ausreichende Ba
sis fiir ein gemeinsam geteiltes Verstandnis gegeben.
4. Probleme mit der Kultur des taglichen Umgangs deuten sich dadurch an,
dass erstens eine Organisation (und somit Regulierung) von Kommunika
tionsprozessen im Kollegenkreis gefordert wird. Zweitens deuten darauf
auch Befunde hin, die einen Mangel an gegenseitiger Akzeptanz bescheini
gen. Dies war der Fall, als Beispiele fiir Hindernisse individueller Kompetenzentwicklung untersucht wurden.
Die vier genannten Punkte deuten auf eine unzureichende Realisierung kom
petenzfordernder Arbeitsbedingungen hin. Das Festhalten an Bewahrtem
234 Schlussfolgerungen und Ausblick
stellt die Umsetzung der neueren Organisationskonzepte grundlegend in Fra
ge, in denen als zentrales Anliegen von flexiblen Anpassungen der Organisa
tion an Bedingungen des Marktes die Rede ist. Dariiber hinaus stellt das
Verharren auf bewahrten Gepflogenheiten auch die Notwendigkeit von Ler
nen und Kompetenzentwicklung in Frage. Wenn die Versuchspersonen eine
Diskrepanz zwischen dem AusmalS, in dem sie zur Verantwortung gezogen
werden, und ihren Handlungsfreiraumen beklagen, dann deutet dies zum ei
nen auf das Problem hin, dass es eben nicht urn Verantwortung im 5inne von
HElD (1995a/b) geht, sondern urn die freiwillige Erfiillung vorgegebener An
forderungen. Zum anderen untergrabt ein als eingeschrankt wahrgenomme
ner Handlungsspielraum das nach DEC! & RYAN (1993) angeborene Bediirfnis
nach Autonomieerleben, was zu einer ungiinstigen motivationalen Vorausset
zung fiir die Entwicklung individueller Kompetenz fiihrt.
Das Verstandnis einer Fiihrungskraft ist nach den neueren Ansatzen betriebli
cher Arbeitsorganisation von einem gewandelten Bild gepragt, das Analogien
zur Lehrperson nach einer konstruktivistischen Auffassung von Lehr-Lern
Prozessen (vgL hierzu z.B. GERSTENMAIER & MANDL 1995; REINMANN
ROTHMEIER & MANDL 1998) zeigt: FiihrungskrMte sollen nicht in erster Linie
Anweisungen und Vorgaben geben, sondern als Coach und Begleitperson a
gieren, urn so Abwehrverhalten und defensive Routinen (ARGYRIS 1999) ande
rer Organisationsmitglieder zu vermeiden und zu einer kooperativen
Bearbeitung betrieblicher Herausforderungen beizutragen. Damit waren die
Voraussetzungen erfiillt, dass BeschMtigte ihre individuelle Kompetenz im
Zuge einer Enkulturation in eine "Community of Practice" (LAVE & WENGER
1991) entwickeln. Dies scheint angesichts der Befunde allerdings kaum reali
siert zu sein, was negative Folgen in Hinblick auf die Unterstiitzung individu
ellen Kompetenzerwerbs im betrieblichen Alltag zeitigen diirfte.
50 wie das Vorhandensein eines gemeinsamen Verstandnisses von Kompe
tenzanforderungen Voraussetzung fiir eine eigenverantwortete Erfiillung die
ser Anforderungen sowie fiir wirksame Fiihrungsprozesse ist, so stellt ihr
Fehlen ein Problem dar. Denn es wirft die Frage auf, wie BeschMtigte den un
tersuchten, offenbar diffus interpretierten Anforderungen geniigen kiinnen
und wie es vor diesem Hintergrund miiglich erscheint, dass die Autoren die
Anforderungen von den Adressaten als erfiillt ansehen.
Schlussfolgerungen und Ausblick 235
Nach dem Ansatz von DEC! & RYAN (1993) stellt das Streben nach sozialer
Einbindung ein angeborenes menschliches Grundbedurfnis dar. Die Befunde
uber mangelnde gegenseitige Akzeptanz und Defizite in der Kommunikation
weisen auf eine VernachHissigung dieses Grundbedurfnisses hin. Somit ist auf
einen weiteren Aspekt betrieblicher Praxis verwiesen, der eine schlechte Vor
aussetzung fiir motiviertes Handeln allgemein und individuellen Kompetenz
erwerb im Speziellen darstellt.
10.2 Schlussfolgerungen
Diese Arbeit befasst sich mit kompetenzfordernden Arbeitsbedingungen und
setzt sich mit betrieblicher Bildungsarbeit und Organisationsentwicklung als
einem spezifischen Bereich padagogischer Praxis auseinander. Ihren Ausgang
nahrn sie aber in der fehlenden ernpirischen Fundierung des erziehungswis
senschaftlichen Diskurses urn die Konvergenz okonomischer und padagogi
scher Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung.
Schlussfolgerungen sollen daher zunachst fiir die padagogische Praxis und
anschliefSend fiir die erziehungswissenschaftliche Df'batte gezogen werden.
10.2.1 Schlussfolgcrungen fiir die piidagogische Praxis
Die Versuchspersonen wurden aus Untemehrnen rekrutiert, die nach den
MafSgaben neuerer Ansatze betrieblicher Arbeitsorganisation strukturiert sind.
Diese Unternehmen folgen einer Programrnatik, die der individuellen Korn
petenz Beschaftigter hohe Bedeutung beirnisst. Aus den Befunden, die auf
giinstige Voraussetzungen fur eine Realisierung kompetenz£ordernder Ar
beitsbedingungen hir Neisen, kann geschlossen werden, dass die betriebliche
Bildungsarbeit und Organisationsentwicklung geeigneten programmatischen
Konzepten folgt. Die befragten Beschaftigten nehmen Teilaspekte neuerer
Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation tatsachlich als Forderung und
Forderung ihrer individuellen Kompetenz wahr. Das ist zwar einerseits wenig
uberraschend, da diese Konzepte implizite Anleihen in psychologischen Moti
vationstheorien (und hier zurneist bei Herzbergs Theorie der Hygienefaktoren
von Arbeit) nehrnen, andererseits bestatigen die Befunde aber, dass Beschaf
tigte die Delegation von Entscheidungsbefugnis, Projektarbeit etc. nicht nur
236 Schlussfolgerungen und Ausblick
als leistungsmotivierend, sondem eben explizit auch als Forderung ihrer indi
viduellen Kompetenzentwicklung erleben.
Eine weitere Schlussfolgerungen aus den Ergebnissen ist in Analogie zu der
im funften Kapitel vorgetragenen Kritik zu ziehen, wonach mit der bloJ5en
Implementierung einer Untemehmensprogrammatik keineswegs deren Um
setzung in der betrieblichen Praxis einher geht. Parallel dazu kann hier nicht
aus der kompetenzfordemden Wahmehmung einzelner Komponenten auf
eine Realisierung kompetenzfordemder Arbeitsbedingungen geschlossen
werden. Die Befunde ungiinstiger Voraussetzungen kompetenzfordemder
Arbeitsbedingungen deuten vielmehr darauf hin, dass es an der (umfassen
den) Realisierung neuerer Ansatze betrieblicher Arbeitsorganisation mangelt.
Offenbar treten im betrieblichen Arbeitsalltag Beharrungstendenzen und Wi
derstande gegen Veranderungen auf, die den auf Flexibilitat, Wandel und In
novation ausgerichteten Organisationskonzepten widersprechen. Hier besteht
Handlungsbedarf fUr die betriebliche Organisationsentwicklung, urn entspre
chende individuelle und strukturelle Voraussetzungen fur die Kompetenz und
Bereitschaft der Beschaftigten zu schaffen, aktiv Veranderungsprozesse zu
gestalten und somit kompetenzfordemde Arbeitsbedingungen im Sinne des
Regensburger Konvergenz-Konzepts zu realisieren.
Als ein geeigneter Ansatzpunkt fur Interventionen bietet sich die Fiihrungs
praxis an. Denn aus den Befunden zu unzureichendem Fuhrungsverhalten
liisst sich auf einen Handlungsbedarf fur die Bildungsarbeit mit Fuhrungs
kraften schlieJ5en.
10.2.2 Schlussfolgerungen fUr die erziehungswissenschaJtliche Debatte
Vor uber einem Jahrzehnt hat die DEUTSCHE FORSCHUNGSGEMElNSCHAFI
(1990) das Thema Lemen in Arbeitsprozessen in Verbindung mit padagogisch
organisiertem Lemen zu einer vordringlichen Forschungsaufgabe erklart (vgl.
S. 79f.). Dieser Forderung wurde in der vorliegenden Arbeit und dem DFG
Projekt "Konvergenz okonomischer und padagogischer Prinzipien betriebli
cher Personalentwicklung" (Aktenzeichen He 1158/4-1) als unmittelbarer
Kontext dieser Arbeit Rechnung getragen.
Auf der theoretischen Ebene wurden im funften Kapitel maJ5gebliche Defizite
des Standes der erziehungswissenschaftlichen Debatte urn die Konvergenz
Schlussfolgerungen und Ausblick 237
oder Divergenz okonomischer und padagogischer Prinzipien betrieblicher
Personal- und Organisationsentwicklung herausgearbeitet. Es wurde das Re
gens burger Konvergenz-Konzept als ein alternativer Ansatz vorgestellt, mit
dem die kritisierten theoretischen Schwachpunkte der Diskussion umgangen
werden. Es konnte insofern ein konzeptioneller Orientierungsrahmen fUr
weitergehende Untersuchungen entwickelt werden, als das Regensburger
Konvergenz-Konzept tragfahiger als bislang diskutierte Standpunkte er
scheint.
Die empirische Studie sollte zur empirischen Evidenz der Konvergenzbe
hauptung beitragen, da bislang - abgesehen von der Untersuchung von
AOITENHAGEN & OLDENBORGER (1996) - keine empirische Studien vorlagen. In
explorativer Absicht sollte sie zur Entwicklung und Prazisierung von weiter
fUhrenden Hypothesen beitragen.
So ist nach Abschluss der Studie zu konstatieren, dass berufliche Kompetenz
entwicklung auch der individuellen Entwicklung im privaten Bereich zugute
kommt und dass - bereits wiederholt aufgegriffen - Merkmale neuerer Ansatze
betrieblicher Arbeitsorganisation von Beschaftigten im betrieblichen Kontext
tatsachlich als Forderung und Forderung ihrer individuellen Kompetenz
wahrgenommen werden. Auf einer interpretativen Ebene - so lautet eine
Schlussfolgerung - scheint sich die Realisierung der Konvergenzthese zu bes
tatigen. Nach den Befunden ist aber - so eine zweite Schlussfolgerung - ein
Verfehlen der Konvergenz okonomischer und padagogischer Prinzipien auf
der Ebene betrieblicher Arbeitspraxis zu vermuten.
Auf Basis dieser Schlussfolgerungen sind weiterfiihrende Hypothesen zu ent
wickeln. Erste Schritte auf diesem Weg sollen im folgenden Abschnitt aufge
zeigt werden.
10.3 Ausblick: Weiterfiihrende Forschungsdesiderata
Weite Teile der im Rahmen dieser Studie erhobenen Daten sind auf der Ebene
gedanklicher Konstrukte angesiedelt. Das betrifft die Interpretationen der
Kompetenzanforderungen, die Benennung von Vor- und Nachteilen der Ent
wicklung und Anwendung dieser Kompetenzen sowie die Aufzahlung von
Verbesserungsvorschlagen fUr den betrieblichen Alltag zur besseren Forde
rung individueller Kompetenzentwicklung. Wenn nun die Befunde darauf
238 Schlussfolgerungen und Ausblick
hindeuten, dass auf der Ebene betrieblicher Arbeitspraxis die Bedingungen
kompetenzfordernder Arbeitsgestaltung verfehlt werden, dann drangt sich die
Untersuchung des Themenbereiches auf der Ebene betrieblicher Handlungs
praxis auf. Dabei waren verschiedene Vorgehensweisen denkbar:
Zunachst einmal haben die Versuchspersonen in dem Teil der vierten Delphi
Runde, der nicht in dieser Arbeit berucksichtigt wurde (vgl. Abschnitt 7.3.4),
anhand der hier bearbeiteten Vor- und Nachteilseinschatzungen Dilemmata
entwickelt und hinsichtlich ihrer Tragweite eingeschatzt. Dabei stellte sich
heraus, dass die besonders schwerwiegenden Konfiiktsituationen hauptsach
lich in Vorteilen fur die eigene berufliche Entwicklung bei gleichzeitigen
Nachteilen fur individuelle Personlichkeitsentwicklung bestehen (vgl. HElD,
HARTEIS, BAUER & FESTNER 2001, S.12). Interessant ware eine weitere Untersu
chung dieser Dilemmata vor aHem in Hinblick darauf, welche Losungsstrate
gien Beschaftigte in der Vergangenheit in solchen Konfiiktsituationen
angestrebt haben und in welchem Verhaltnis dabei okonomische und padago
gische Uberlegungen zum Tragen kamen. Wichtig erscheint hier eine retro
spektive Bearbeitung der Dilemmata, urn starker auf die Ebene betrieblichen
Handelns abzielen zu konnen.
In den Interpretationen der Kompetenzanforderung Verantwortungsbereitschaft wurden an verschiedenen SteHen Uberlegungen angestellt, dass damit die
Konsequenz verbunden sei, fur die Folgen eigenen Handelns haftbar gemacht
zu werden. Hier eroffnet sich mit dem Thema Fehlerkultur bzw. Umgang mit
Fehlem ein weites Anschlussfeld fur interessante Forschungsarbeiten. Denn
Haftung fur Folgen wird in der Regel dann gel tend gemacht, wenn das Re
sultat einer Handlung nicht den Zielerwartungen entspricht. Auf Basis des vorliegenden Datenmaterials bleibt ungewiss, wie weit in der betrieblichen
Praxis Fehler aIs Lerngelegenheiten anerkannt und auch genutzt werden. Die Haftung fur Handlungskonsequenzen kann nun einerseits in einer weniger
lernforderlichen Verfahrensweise bedeuten, dass die handelnde Person zur
Rechenschaft im Sinne einer Schuldzuschreibung gezogen wird, oder anderer
seits in einer eher Iernforderlichen Verfahrensweise bedeuten, dass aufgetre
tene Fehler hinterfragt, analysiert und Ursachen beseitigt werden (vgl.
ALTHOFF 1999, S. 7f.). Die Frage, wie weit Abweichungen von geplanten Zielen
oder Verfahren, die im komplexen betrieblichen Alltag aIs unvermeidbar an
zusehen sind (vgl. hierzu KOHL 1998), als Lerngelegenheit und Ausgangs
punkt individueller Kompetenzentwicklung genutzt werden, ist in
Schlussfolgerungen und Ausblick 239
betrieblichen Kontexten kaum untersucht worden. Dringlicher waren empiri
sche Untersuchungen nicht zuletzt deshalb, wei! der Umgang mit Fehlem ei
nen wichtigen Aspekt einer fiir lemende Organisationen proklamierten
Lemkultur darsteIIt (vgl. FREI V.A. 1993, S. 330f.).
Da die Befunde der vorliegenden Stu die einerseits die Hypothese nahelegen,
in der betrieblichen Praxis wiirden die Voraussetzungen kompetenzfOrdem
der Arbeitsbedingungen verfehlt und andererseits die Fiihrungspraxis in Teil
befunden aIs problema tisch ausweisen, sollte bei weiteren Forschungsarbeiten
der Fokus auf die Fiihrungspraxis gelegt werden. 1m vierten KapiteI wurde
gezeigt, dass die Ermtiglichung individueller Kompetenzentwicklung im
Kontext betrieblicher Arbeit vor allem mit einer Abkehr von strikten Regle
mentierungen und auf kurzfristige Perspektiven angelegten Effektivierungs
bemiihungen verbunden sein muss. Dabei miissen den Beschaftigten in erster
Unie Freiraume zur Verfiigung stehen, Lemaktivitaten aufzunehmen und den
Erfolg (bzw. Misserfolg) eigener Handlungen bewerten und analysieren zu
ktinnen. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass die Rolle der Fiihrungs
kraft im Rahmen kompetenzfOrdemder Arbeitsbedingungen Parallelen zur
Rolle einer Lehrkraft im konstruktivistischen Verstandnis aufweist. Von daher
waren Forschungsvorhaben zum praktizierten Fiihrungsverhalten oder Ein
stellungen zur Rolle von Fiihrungskraften angezeigt.
Die in dieser Arbeit behandelte Frage nach der Konvergenz tikonomischer und
padagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwick
lung zielt auf die Entwicklung individueller Kompetenz einerseits und die
Anwendung dieser Kompetenz andererseits abo Diese Fragen lassen sich auf
der Ebene betrieblichen Handelns auch unter motivationstheoretischen Ge
sichtspunkten analysieren.
Bei Kompetenzentwicklung geht es urn Lernprozesse im weitesten Sinne, so
dass sich fUr die Untersuchung der Voraussetzungen individueller Kompe
tenzentwicklung eine Betrachtung unter lemtheoretischen Aspekten anbietet.
Wenn im betrieblichen Kontext von der Entwicklung von Kompetenzen die
Rede ist, wird haufig das Schlagwort yom Lebenslangen Lemen aufgeworfen
und damit die Anforderung an Beschaftigte gemeint, sich mit den Inhalten
ihres Berufslebens aus eigenem Antrieb hera us auseinanderzusetzen und
Lemgelegenheiten aufzusuchen. Gute lemtheoretische Voraussetzungen fiir
diese Form des Lemens beschreibt Prenzels Modell der Bedingungen selbstbe-
240 Schlussfolgerungen und Ausblick
stimmten, motivierten Lemens (vgl. PRENZEL 1995), fur das auch Erhebungs
instrumente vorliegen (vgl. PRENZEL, KRISTEN, DENGLER, ETTLE & BEER 1996).
Der Anwendungsaspekt individueIler Kompetenz lasst sich ebenfaIls unter
motivationstheoretischen Gesichtspunkten analysieren, wobei ein Riickgriff
auf die von DEC! & RYAN (1993) als grundlegend und angeboren proklamier
ten menschlichen Bediirfnisse des Autonomieerlebens, der sozialen Einbin
dung und des Kompetenzerlebens nahe liegen wiirden. Eine Gestaltung
betrieblicher Arbeitsorganisation, die diesen Bediirfnissen gerecht wird, steIlt
demnach eine giinstige Voraussetzung fiir· die Anwendung individueller
Kompetenz dar.
AIle in diesem Abschnitt skizzierten Forschungsansatze waren geeignet, die
im Rahmen dieser Studie erarbeiteten Ergebnisse und Schlussfolgerungen urn
Befunde auf der Ebene betrieblichen Handelns zu erganzen. Erst wenn derar
tige Untersuchungen - vor allem mit einem breiteren Feldzugang - vorliegen,
ist die Frage zu beantworten, wie weit betriebliche Arbeit (in der Regel) so
gestaltet ist, dass von kompetenzfiirdemden Arbeitsbedingungen im Sinne des
Regensburger Konzepts der Konvergenz iikonomischer und padagogischer
Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung gesprochen
werden kann.
10.4 Zusammenfassung der Arbeit
Fragen der Zukunftsfahigkeit von Untemehmen nehmen einen breiten Raum
iiffentlicher Diskussion ein und erfahren weitgehende Aufmerksamkeit. Zu
meist wird auf die "Megatrends" iikonomischer, gesellschaftlicher und tech
nologischer Entwicklung hingewiesen und im Zuge der Globalisierung der
wirtschaftlichen Beziehungen auf wachsenden Konkurrenzdruck und sich
standig wandelnde Marktbedingungen verwiesen. Vor diesem Hintergrund
erfahrt die individuelle Kompetenz Beschaftigter einen Zuwachs an Bedeu
tung und gewinnt die Frage nach der kompetenzfiirdemden Ausgestaltung
betrieblicher Arbeitsorganisation an Relevanz.
Das iibergeordnete Ziel dieser Arbeit bestand zum einen im Entwurf eines
konzeptionellen Orientierungsrahmen fiir die Diskussion und Untersuchung
individueIler Kompetenzentwicklung im Rahmen betrieblicher Arbeit und
zum anderen darin, in explorativer Absicht empirische Daten als Grundlage
Schlussfolgerungen und Ausblick 241
fiir die Entwicklung und Prazisierung von weiterflihrenden Hypothesen zu
erheben.
Dazu wurden zunachst der Gegenstand der Arbeit und die wichtigsten Begrif
fe geklart. Es wurde ein Kompetenzbegriff eingeflihrt, der in Anlehnung an
den Sprachgebrauch und in Abgrenzung zur Expertiseforschung den Aspekt
der Performanz ausblendet. Kompetenz wurde in dieser Arbeit als das flir Er
flillung von Aufgaben relevante Handlungs-, Fahigkeits- und Wissenspoten
zial verstanden, wobei die Entscheidung iiber die Anwendung dieser
Kompetenz als Resultat einer subjektiven Abwagung von (antizipierten) Vor
und Nachteilen der Anwendung zu sehen ist. AufSerdem wurde dargelegt,
wie sich das Thema der vorliegenden Arbeit im grofSeren Bezugsrahmen be
ruflichen Lernens und der internationalen Lehr-Lern-Forschung einzuordnen
ist.
1m Anschluss daran wurden die wichtigsten Konzepte betrieblicher Arbeits
organisation vor dem Hintergrund der volkswirtschaftlichen Entwicklung im
20. Jahrhundert vor- und die wesentlichen Merkmale der Ansatze einander
gegeniibergestellt. Dies war notwendig, urn eine Systematik zur Verfiigung zu
haben, an der sich die gewandelte Bedeutung individueller Kompetenz im
Rahmen der Organisation und Strukturierung betrieblicher Arbeit verdeutli
chen lieJS.
Es wurde herausgearbeitet, dass die neueren Organisationskonzepte die indi
viduelle Kompetenz der Beschaftigten als zentrale Ressource fiir den Erfolg
von Unternehmen verstehen. Als Konsequenz ergibt sich fiir die betriebliche
Bildungsarbeit, dass isolierte BildungsmafSnahmen wenig erfolgversprechend
sind und vielmehr eine Verzahnung betrieblicher Bildungsarbeit mit MafS
nahmen der betrieblichen Organisationsentwicklung notwendig erscheint.
Denn erst in der konkreten Arbeitssituation entscheidet sich der Einsatz und
auch die Entwicklung individueller Kompetenz Beschaftigter. In der erzie
hungswissenschaftlichen Debatte fand diese Entwicklung in einer engagierten
Diskussion urn die Konvergenz okonomischer und padagogischer Prinzipien
im Rahmen betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung ihren Nie
derschlag, deren Argumente kurz skizziert wurden.
In einer kritischen Sondierung wurde an dem Stand der erziehungswissen
schaftlichen Debatte dieses Themas folgende Defizite festgestellt: Sie entbehrt
empirischer Evidenz, die Argumente sind unzureichend begrtindet und ver-
242 SchlussfoIgerungen und Ausblick
nachlassigen die individuelle Perspektive der Beschaftigten. AuEerdem ist die
Relevanz iikonomischer und padagogischer Uberlegungen im Zusammenhang
mit beruflichen Kompetenzanforderungen viillig unklar. Es wurde das Re
gensburger Konzept der Konvergenz iikonomischer und padagogischer Prin
zipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung eingefiihrt, das
nicht auf Basis von programmatisch-normativen Aussagen, sondern auf einer
Beschreibung der Herausforderungen fiir Unternehmen aufgebaut ist.
Dieses Konzept war ebenso wie die skizzierten Defizite der erziehungswissen
schaftlichen Debatte Ausgangsbasis fiir die Entwicklung der Fragestellungen,
die im Rahmen der vierstufigen Delphi-Untersuchung geklart werden sollten.
Sie lauteten im Einzelnen:
1. Welche Bedingungen muss ein Unternehmen erfiillen, damit Beschaftigte
ihr Arbeitsurnfeld als kompetenzfiirdernd erleben?
2. Welche Hindernisse nehmen Beschiiftigte in ihrem Arbeitsumfeld in Hin
blick auf die Fiirderung und Forderung ihrer individuellen Kompetenz
wahr?
3. In wie weit besteht ein gemeinsam geteiltes Verstandnis von zentralen
Kompetenzanforderungen?
4. In welchem Verhiiltnis spielen iikonomische und piidagogische Uberlegun
gen bei der Abwiigung von Vor- und Nachteilen beruflicher Kompetenz
entwicklung eine Rolle?
Die Befunde fielen heterogen aus. In Teilen konnten giinstige Voraussetzun
gen fiir die Realisierung kompetenzfiirdernder Arbeitsbedingungen im Sinne
des Regensburger Konvergenz-Konzepts gefunden werden. Dazu ziihlen die
Befunde, wonach einzelne Komponenten der neueren Konzepte betrieblicher
Arbeitsorganisation tatsiichlich von Beschiiftigten im Kontext ihrer Arbeit als
Fiirderung und Forderung ihrer individuellen Kompetenz erlebt werden. Zu
dem zeigen die Ergebnisse, dass die Beschaftigten in beruflicher Kompetenz
entwicklung auch Vorteile fiir ihre persiinliche Entwicklung sehen, die zudem
nicht nur iikonomischen, sondern auch padagogischen Kalkiilen folgen.
Allerdings weisen die Befunde auch auf ungiinstige Voraussetzungen fiir die
Realisierung kompetenzfiirdernder Arbeitsbedingungen hin. Dies tritt in den
Teilen der Untersuchung zu Tage, in denen die befragten Beschaftigten auf
verkrustete Strukturen und unzureichende Handlungsspielraume verwiesen
haben. Die Ursache fiir diese Hindernisse bei der Realisierung kompetenzfiir-
Schlussfolgerungen und Ausblic_kc..· __________________ --=2"'4:.:.3
dernder Arbeitsbedingungen kiinnte in einer Ftihrungspraxis liegen, die in der
untersuchten Stichprobe nicht immer den Anforderungen neuerer Organisati
onskonzepten entsprechen.
Mit dem Regensburger Konzept der Konvergenz iikonomischer und padago
gischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung
wurde ein Ansatz vorgesteHt, der sich durch die bislang diskutierten Konzepte
vor aHem dadurch absetzt, dass er nicht auf programmatisch-normativen Aus
sagen basiert und somit auch nicht beschreibende mit normativen Aussagen
vermischt
In der empirischen Studie wurden Grundlagen ftir die Realisierung kompe
tenzfiirdernder Arbeitsbedingungen untersucht, wobei weniger auf die be
triebliche Handlungsebene als vielmehr auf die Ebene gedanklicher
Konstrukte fokussiert wurde. Aus den Befunden wurde der Schluss gezogen,
dass auf einer konzeptioneHen Ebene durchaus gtinstige Voraussetzungen fiir
die Realisierung kompetenzWrdernder Arbeitsbedingungen im Sinne des Re
gens burger Konvergenz-Konzepts herrschen wiirden, auf der Ebene betriebli
chen Handelns jedoch Bedingungen vorfindbar seien, die eine Realisierung
der Konvergenz okonomischer und padagogischer Prinzipien beeintrachtigen.
Zur endgtiltigen Klarung dieser Hypothesen wurde zum Abschluss der Arbeit
auf weiterfiihrende Forschungsdesiderata verwiesen.
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