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Kenneth C. Laudon wiein Imprint von Pearson Education München • Boston • San Francisco •...

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ein Imprint von Pearson Education München • Boston • San Francisco • Harlow, England Don Mills, Ontario • Sydney • Mexico City Madrid • Amsterdam wi wirtschaft Wirtschaftsinformatik Eine Einführung Kenneth C. Laudon Jane P. Laudon Detlef Schoder
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ein Imprint von Pearson EducationMünchen • Boston • San Francisco • Harlow, England

Don Mills, Ontario • Sydney • Mexico CityMadrid • Amsterdam

wiwirtschaft

WirtschaftsinformatikEine Einführung

Kenneth C. LaudonJane P. LaudonDetlef Schoder

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Strategische Rolle von Informationssystemen

3.1 Unternehmen und Informationssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . 1263.1.1 Was ist ein Unternehmen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1273.1.2 Gemeinsame Merkmale von Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . 1283.1.3 Differenzierende Merkmale von Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . 130

3.2 Unternehmensorganisation und Informationssysteme . . . 1333.2.1 Rollen in der IT-Abteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1333.2.2 Auswirkungen von Informationssystemen auf die

Organisationsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134

3.3 Manager und Informationssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1383.3.1 Rolle der Manager in Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1383.3.2 Manager und Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141

3.4 Unternehmensstrategie und strategische Informationssysteme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1443.4.1 Was ist ein strategisches Informationssystem? . . . . . . . . . . . . . . 1443.4.2 Informationssysteme für geschäftsbereichsbezogene

Strategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1443.4.3 Unternehmensbezogene Strategien: Verbesserung von

Kernkompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1543.4.4 Branchenbezogene Strategien: Wettbewerbskräfte

und Netzwerkökonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1553.4.5 Analyse der Einsatzmöglichkeiten strategischer

Informationssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158

Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161

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Einführende Fallstudie: Die Wells Fargo Bank ist dank neuer Online-Dienste für Geschäftskunden der Konkurrenz weiterhin voraus 123

Blickpunkt Organisation: Unterschiede im E-Commerce zwischen Frankreich und Deutschland 132

Übung: Eine Datenbank zur strategischen Geschäftsentwicklung nutzen 164

Aufgabe:Dirt Bikes U.S.A. – Analyse der Konkurrenz und der Wettbewerbsfähigkeit 164

E-Commerce-Projekt: Ein Auto konfigurieren und dessen Preis festlegen 165

Gruppenprojekt:Einsatzmöglichkeiten für strategische Informationssysteme identifizieren 165

Abschließende Fallstudie: Inwiefern können neue Informationssysteme General Motors helfen? 166

Lernziele

Als Entscheidungsträger in führender Position sollten Sie wissen, wie Sie Informationssysteme strate-gisch nutzen und in welcher Weise Informationssysteme Ihnen dabei helfen können, bessere Entschei-dungen zu treffen. Nach der Lektüre dieses Kapitels werden Sie folgende Fragen beantworten können:

1 Was müssen Führungskräfte über Unternehmen wissen, um Informationssysteme erfolgreichaufbauen und einsetzen zu können?

2 Wie wirken sich Informationssysteme auf die Unternehmensorganisation aus?

3 In welcher Weise unterstützen Informationssysteme die Aktivitäten von Managern in einem Un-ternehmen?

4 Wie können sich Unternehmen mit Hilfe von Informationssystemen einen Wettbewerbsvorteilverschaffen?

5 Warum ist es so schwierig, erfolgreiche Informationssysteme einzurichten, z.B. Systeme, welchedie Wettbewerbsfähigkeit fördern?

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Einführende Fallstudie: Die Wells Fargo Bank ist dank neuer Online-Dienste für Geschäftskunden der Konkurrenz weiterhin voraus

Die Wells Fargo Bank mit Hauptsitz in San Fran-cisco bot 1995 als eines der ersten Kreditinstitutein den USA Online-Banking für Privatkunden an.Viele andere Banken folgten diesem Beispiel, den-noch ist das Online-Geschäft von Wells Fargoständig gewachsen. Die Bank bedient nun übereine Million Kunden über ihre Website. Um ihreFührungsposition zu sichern, hat die Wells FargoBank ihre Online-Präsenz durch die Entwicklungeiner neuen Palette von Finanzdienstleistungenfür Geschäftskunden erneuert. Diese neue Dienst-leistungspalette trägt den Namen CommercialElectronic Office (C.E.O.) und deckt praktisch jedeFinanzdienstleistung ab, die Geschäftskunden mitihrer Bank abwickeln möchten. Die Großkundenvon Wells Fargo, d.h. Unternehmen mit einem

Umsatz von mindestens 10 Millionen USD, kön-nen C.E.O. benutzen, um elektronische Über-weisungen im In- und Ausland zu tätigen, Devi-sen zu wechseln, elektronische Rechnungen anGeschäftspartner zu stellen, Zahlungen an Pensi-onskassen zu verwalten, online Darlehen zu bean-tragen oder Geld anzulegen sowie elektronischeSchecks anzuzeigen und auszudrucken. Dies sindnur einige Beispiele für das umfangreiche Leis-tungsangebot.

C.E.O. ist im Grunde eine zentrale Anlaufstellefür Firmen, die darüber sämtliche Banktransaktio-nen online abwickeln können. Der Service ist ein-fach zu bedienen. Die Unternehmen müssen nichtwertvolle Zeit dafür aufwenden, Transaktionenper Fax oder Telefon in Auftrag zu geben. Bei-spielsweise müsste die Geschäftsführerin KathyBakken von West Pak Avocado, einem Importeurvon frischem Obst und Gemüse aus Temecula, Ka-lifornien, in der Hauptsaison etwa vier Stundentäglich dafür aufwenden, um telegrafische Über-weisungsaufträge zur Bezahlung mexikanischer

• Neue Unternehmens- strategie entwickeln• Servicegrad und -kosten überwachen

• World Wide Web

• Geschäftskunden• Geschäftsbanken

• Zahlreiche Wettbewerber• Absatzchancen durch neue Technik

• Steuerzahlungen elektronisch überweisen• Geldanweisungen, Devisen- handel und andere Transaktionen tätigen• Zahlungen an Pensionskassen, Altersvorsorgeprämien und Investitionen online verwalten• Ausdruck von Scheckvorlagen

• Kosten reduzieren• Kundenservice verbessern• Umsätze steigern

Management

Technik

Organisation

UnternehmerischeHerausforderungen

Informations-system

Unterneh-merischeLösung

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Anbauer zu übermitteln. Mit Hilfe von C.E.O.kann sie dies in der Hälfte der Zeit erledigen.Mehr als die Hälfte der 30.000 Großkunden vonWells Fargo nehmen dieses Dienstleistungspaketin Anspruch.

Wells Fargo fügte kürzlich eine neue C.E.O.-Dienstleistung zur Zahlung von Steuern hinzu,die Geschäftskunden sogar noch mehr Zeit sparenkönnte. Es gibt in den USA 1.700 verschiedeneSteuerarten, die Unternehmen je nach Veranla-gung an Finanzbehörden auf Bundes-, Landes-oder Kommunalebene abführen müssen. Bei etwa18.000 Bankkunden ergeben sich im Durchschnittmonatlich fast 50.000 Steuerzahlungen, die überden Wells Fargo Steuer-Call-Center und die PC-Steuerüberweisungssoftware getätigt werden. DieKunden können jetzt den Service govONE remit-ONE benutzen, mit dem über die C.E.O.-Websiteelektronische Steuerzahlungen an die verschiede-nen Finanzbehörden überwiesen werden.

C.E.O. unterstützt die Bank dabei, ihre verschie-denen Finanzdienstleistungsprodukte im Verbundzu vertreiben. Laut Danny Peltz, der bei WellsFargo für die Internet-Banking-Abteilung für Ge-schäftskunden verantwortlich ist, gilt: „Je längerein Kunde online war, desto mehr unserer Pro-

dukte nutzt er wahrscheinlich.“ Wenn Geschäfts-leute C.E.O. regelmäßig verwenden, dann machensie mit allen Banking-Produkten von Wells Fargofrüher oder später Bekanntschaft. Die Kunden ler-nen, dass sie über die vertraute Webschnittstellepraktisch auf alle Produkte zugreifen können. ImJahr 2000 wickelten mehr als die Hälfte der Ge-schäftskunden von Wells Fargo ihre Bankgeschäf-te in erster Linie bei einem anderen Kreditinstitutab. Heute betrachten die meisten Wells Fargo alsihre Hausbank. Der durchschnittliche Kundekauft mittlerweile fünf Wells Fargo-Produkte.

C.E.O. erwirtschaftete im April 2002 erstmalsGewinne, im folgenden Jahr zahlten sich die In-vestitionen jedoch erst richtig aus. Während großeBanken aufgrund der Rezession nicht nur Ge-schäftskunden verloren, sondern auch Umsatzein-bußen hinnehmen mussten, wuchsen die internet-basierten Erträge von Wells Fargo um 25 Prozent.

Quellen: Mark Athitakis, „How to Make Money on theNet“, Business 2.0, Mai 2003; Ivan Schneider, „Wells FargoAdding First Data’s Tax Payment Service to Portal“, Bank Sys-tems & Technology, 14. April 2003; und Owen Thomas,„Case Studies: Wells Fargo Commercial Electronic Office“,Business 2.0, Juli 2001.

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In diesem Kapitel untersuchen wir die Beziehungenzwischen Unternehmen, Management, Unterneh-mensorganisation, Informationssystemen und derUnternehmensstrategie. Wir stellen die Merkmalevon Unternehmen vor, die Sie genau kennen soll-ten, um Informationssysteme entwerfen, erstellenund betreiben zu können. Zudem untersuchen wirdie Rolle des Managers und den Entscheidungsfin-

dungsprozess auf der Führungsebene, wobei wir Be-reiche identifizieren, in denen Informationssyste-me die Effizienz von Managern verbessern können.Wir schließen das Kapitel mit einer Betrachtung derProbleme, die sich für Unternehmen durch denWettbewerb stellen, und der Möglichkeiten, wiesich Unternehmen mit Informationssystemen einenWettbewerbsvorteil verschaffen können.

Herausforderungen für das Management

Die Wells Fargo Bank und ihr Commercial Elec-tronic Office veranschaulichen die wechselseiti-ge Abhängigkeit von Unternehmensumwelt, Un-ternehmensphilosophie, Managementstrategieund der Entwicklung von Informationssystemen.Die Wells Fargo Bank führte Online-Banking einund entwickelte als Reaktion auf den Wettbe-werbsdruck weitere Online-Banking-Dienstleis-tungen für Geschäftskunden. Dieses Unterfangenkonnte allerdings nur dank tiefgreifender Ände-rungen in Organisation und Management gelin-gen. Neue Informationssysteme haben dabei dieArt und Weise verändert, wie die Wells FargoBank und ihre Kunden ihre jeweiligen Unter-nehmen führen und Managemententscheidun-gen treffen. Aus dem Beispiel der Wells FargoBank ergeben sich folgende Herausforderungenfür das Management:

1 Aufrechterhaltung des Wettbewerbsvor-teils. Der Wettbewerbsvorteil, den mandurch strategische Informationssysteme ge-winnt, ist nicht notwendigerweise nachhal-tig, um die langfristige Rentabilität zu si-chern. Weil Konkurrenten kontern undstrategische Informationssysteme kopierenkönnen, lässt sich der Wettbewerbsvorteilnicht immer aufrechterhalten. Märkte, Kun-denerwartungen und Technik ändern sich.Wegen der Globalisierung treten diese Ände-rungen immer schneller und in unvorherseh-barer Weise ein (Eisenhardt, 2002). Das Inter-net kann Wettbewerbsvorteile sehr schnellaufheben, da praktisch jede Firma die zu-grunde liegende Technik verwenden kann(Porter, 2001; Yoffie und Cusumano, 1999).

Klassische strategische Systeme, z.B. dascomputergestützte ReservierungssystemSABRE von American Airlines, die Geld-automaten der Citibank oder das Paketver-folgungssystem von FedEx, profitierten da-von, die Ersten in ihrer Branche zu sein.Schon bald tauchten Konkurrenzsystememit ähnlicher oder sogar besserer Funktio-nalität auf. Informationssysteme allein kön-nen keinen anhaltenden Geschäftsvorteilbieten. Systeme, die ursprünglich als strate-gische Systeme konzipiert waren, wandelnsich in ihrer Bedeutung im Zeitablauf häu-fig hin zu Werkzeugen, die schlicht dasÜberleben sichern und für jedes Unterneh-men, das im Geschäft bleiben will, notwen-dig sind. Der Rollenwandel ehemals strate-gischer Systeme kann Unternehmen daranhindern, die strategischen Änderungen vor-zunehmen, die für den Erfolg in derZukunft notwendig sind (Eardley, Avisonund Powell, 1997).

2 Technik und Unternehmen aufeinander ab-stimmen. Es ist einerseits wichtig, IT an derGeschäftsplanung, den Geschäftsprozessender Firma und den strategischen Geschäfts-plänen der oberen Führungsebene auszu-richten; IT soll schließlich dem Unterneh-men dienlich sein. Andererseits könnendiese Geschäftspläne, Prozesse und Ma-nagementstrategien veraltet und mit dergewünschten Technik nicht kompatibelsein. In solchen Fällen muss das Manage-ment das Unternehmen an die Technik an-passen oder sowohl das Unternehmen alsauch die Technik einander anpassen.

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3.1 Unternehmen und Informationssysteme 3.1Informationssysteme und Unternehmen beeinflus-sen sich gegenseitig. Informationssysteme müssenan den Bedürfnissen des Unternehmens ausgerich-tet werden, damit sie die Informationen bereitstel-len, die von den wichtigen Gruppen innerhalb desUnternehmens benötigt werden. Gleichzeitig musssich das Unternehmen bewusst sein, welchen Ein-fluss die Informationssysteme auf sie haben, unddiesen Einflüssen gegenüber offen sein, um vonneuen Techniken profitieren zu können.

Die Interaktion zwischen IT und einem Unterneh-men ist sehr komplex und wird durch eine Vielzahlvon Faktoren moderiert, katalysiert und vermittelt,

zu denen Organisationsstruktur, Verfahrensricht-linien, Politik, Kultur, Umfeld des Unternehmensund Entscheidungen seines Management gehören(siehe Abbildung 3.1). Die Führungskräfte müssensich bewusst sein, dass Informationssysteme dasUnternehmensinnere entscheidend verändern kön-nen. Sie können nur dann erfolgreich neue Systemeentwerfen oder vorhandene Systeme durchblicken,wenn sie das Unternehmen verstehen. Das Manage-ment entscheidet, welche Systeme aufgebaut wer-den, was diese Systeme ausführen, wie sie imple-mentiert werden sollen und so weiter. Manchmalsind diese Entscheidungen nicht sonderlich fun-diert. Zeit- oder Ressourcenrestriktionen sowie In-formationsmangel verhindern eine sachlich gerecht-fertigte Entscheidung. Nichtsdestotrotz stehenEntscheidungsträger unter Handlungsdruck.

Abbildung 3.1: Die wechselseitige Beziehung zwischen Unternehmen und ITDiese komplexe wechselseitige Beziehung wird durch viele Faktoren beeinflusst, zu denen v.a. auch die Entscheidungen gehören, die von Füh-rungskräften gefällt (oder nicht gefällt) werden. Andere Faktoren sind beispielsweise die Unternehmensphilosophie, Verwaltung, Politik, Ge-schäftsmodalitäten und auch einfach Glück/Pech sowie Zufälle.

Abbildung 3.2: Technische, mikroökonomische Definition von UnternehmenNach der mikroökonomischen Definition von Unternehmen werden Kapital und Arbeitskraft (die primären Produktionsfaktoren, die von der Um-welt bereitgestellt werden) vom Unternehmen durch den Produktionsprozess in Produkte und Dienstleistungen (Leistungen an die Umwelt) umge-wandelt. Die Produkte und Dienstleistungen werden von der Umwelt verbraucht, die zusätzliches Kapital und Arbeitskraft als Produktionsfaktorenin die Feedback-Schleife einfügt.

Unternehmen Informations-technik

EinflussfaktorenUnternehmensumweltKulturOrganisationsstrukturVerfahrensrichtlinienGeschäftsprozessePolitikManagemententscheidungenZufälle

Ressourcen derUmwelt (externe

Produktions-faktoren)

Unternehmen

Leistungen andie Umwelt

Produktionsprozess

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3.1 Unternehmen und Informationssysteme

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3.1.1 Was ist ein Unternehmen?

Ein Unternehmen ist eine stabile, formale, sozialeStruktur, die Ressourcen aus der Unternehmensum-welt zu Produkten verarbeitet. Diese technischeDefinition hat vier Qualitäten von Unternehmen imFokus.

Kapital und Arbeitskraft sind primäre Produk-tionsfaktoren, die von der Umwelt bereitgestelltwerden. Das Unternehmen transformiert dieseFaktoren mit Hilfe einer Produktionsfunktion inProdukte und Dienstleistungen. Die Produkte undDienstleistungen werden von der Umwelt konsu-miert, die im Gegenzug Produktionsfaktoren liefert(siehe Abbildung 3.2).

Ein Unternehmen ist, was die Langlebigkeit undRegelmäßigkeit der Abläufe betrifft, stabiler als eineinformelle Gruppe (beispielsweise eine Gruppe vonFreunden, die sich jeden Freitag zum Mittagessentrifft).

Unternehmen sind formale, juristische Körper-schaften mit internen Regeln und Verfahren, die ge-setzlichen Regelungen Folge leisten müssen.

Überdies sind Unternehmen soziale Strukturen,weil sie eine Sammlung sozialer Elemente dar-stellen.

Diese Definition eines Unternehmens ist kurzund prägnant. Allerdings ist sie wenig beschrei-bend und enthält keine Aussagen über zukünftigereale Unternehmen oder ihre Entwicklung. Einerealistischere, verhaltenstheoretische Definitioneines Unternehmens, die stärker organisatorischeAspekte betont, lautet, dass ein Unternehmen eineSammlung von Rechten, Privilegien, Verpflichtun-gen und Verantwortlichkeiten repräsentiert, die imLaufe der Zeit durch Konflikt und Konfliktbewälti-gung ausgewogen verteilt wurden (siehe Abbildung3.3). Nach dieser verhaltenstheoretischen Sicht ent-

wickeln Menschen, die in Unternehmen arbeiten,eigene Arbeitsweisen. Sie gewöhnen sich an vor-handene Beziehungen und sie treffen mit Unterge-benen und Vorgesetzten Vereinbarungen darüber,wie und unter welchen Bedingungen die Arbeit er-ledigt wird. Die meisten dieser Vereinbarungen undVorstellungen werden dabei nicht in formalen Re-gelwerken kodifiziert.

Welcher Zusammenhang besteht zwischen einemUnternehmen und den in ihm wirkenden Informa-tionssystemen? Wenn wir Unternehmen eher auseiner formalen und technischen Sicht betrachten,dann konzentrieren wir uns darauf, wie die Pro-duktionsfaktoren zur Erzeugung einer Leistungkombiniert werden (müssen), wenn Technologieän-derungen im Unternehmen vorgenommen werden.Das Unternehmen wird dabei idealtypisch alsunendlich formbar angesehen, wobei Kapital undArbeitskraft relativ einfach gegeneinander ausge-tauscht werden können.

Unternehmen (technische Definition) | Eine stabile, formale, soziale Struktur, die Ressourcen aus der Unter-nehmensumwelt benutzt und zur Erzeugung von Pro-dukten verarbeitet.

Unternehmen (verhaltenstheoretische Definition) |Eine Sammlung von Rechten, Privilegien, Verpflichtun-gen und Verantwortlichkeiten, die im Laufe der Zeit durch Konflikt und Konfliktbewältigung ausgewogen verteilt wurden.

Abbildung 3.3: Definition eines Unternehmens (hier mit Betonung von organisatorischen Aspekten) aus verhaltenstheoretischer SichtDie verhaltenstheoretische Sicht konzentriert sich auf Beziehungen zwischen Gruppen, Werten und Strukturen.

Organisationsstruktur Hierarchie Arbeitsteilung Regeln, Verfahren Geschäftsprozesse

UNTERNEHMEN

Prozess Rechte/Verpflichtungen Privilegien/Verantwort- lichkeiten Werte Normen Menschen

Ressourcen derUmwelt (externe

Produktionsfaktoren)

Leistungen andie Umwelt

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Die etwas realistischere verhaltenstheoretische De-finition eines Unternehmens legt dagegen nahe,dass zum Aufbau neuer Informationssysteme bzw.zum Umbau vorhandener mehr gehört als lediglicheine technische Neuanordnung von Maschinen undArbeitern und dass manche Informationssystemedas Verhältnis zwischen Rechten, Privilegien, Ver-pflichtungen, Verantwortlichkeiten und Vorstellun-gen innerhalb eines Unternehmens verändern, dassich über einen bestimmten Zeitraum hinweg aus-gebildet hat.

Technischer Fortschritt erfordert Änderungen da-rin, wer Informationen besitzt und kontrolliert, werberechtigt ist, auf diese Informationen zuzugreifenund sie zu aktualisieren, und wer Entscheidungenüber das Wer, Wann und Wie fällt. Der DienstleisterWells Fargo C.E.O. stellt Benutzern beispielsweiseInformationen über internationale Überweisungen,Devisengeschäfte und andere Online-Finanzdienst-leistungen zur Verfügung, damit die Geschäftskun-den selbst Transaktionen durchführen und Manage-mententscheidungen fällen können, für die früherein Vermittler erforderlich war. Diese etwas kom-plexere Sicht zwingt uns, auch die Arbeitsgestal-tung und die Verfahren zu betrachten, die zur Er-zeugung von Ergebnissen verwendet werden.

Die technische und die verhaltenstheoretische De-finition von Unternehmen widersprechen sich nicht.Ganz im Gegenteil, sie ergänzen einander: Die tech-nische Definition gibt Aufschluss darüber, wie Tau-sende von Unternehmen in konkurrierenden Märk-ten Kapital, Arbeitskraft und IT miteinanderkombinieren, während die verhaltenstheoretischeDefinition unseren Blick auf die Interna einzelnerUnternehmen und die Frage richtet, wie diese Tech-nik die internen Abläufe eines Unternehmens beein-flusst. In Abschnitt 3.2 wird beschrieben, wie diesebeiden Definitionen zum Verständnis der Beziehun-gen zwischen Informationssystemen und Unterneh-men beitragen.

Einige Merkmale sind allen Unternehmen ge-meinsam, andere unterscheiden einzelne Unter-nehmen voneinander. Wir wollen uns zuerst dieMerkmale ansehen, die allen Unternehmen gemein-sam sind.

3.1.2 Gemeinsame Merkmale von Unternehmen

Obwohl es vielleicht nicht den Anschein hat, dassApple Computer, United Airlines und das PoliceDepartment von Aspen, Colorado, viel gemeinsamhaben, ist dies dennoch der Fall. In mancherleiHinsicht sind alle modernen Unternehmen gleich,weil sie die Charakteristika aufweisen, die in Tabel-le 3.1 aufgeführt sind. Der deutsche Soziologe MaxWeber hat 1911 als Erster diese „idealtypischen“Merkmale einer Organisation beschrieben. Er nann-te soziale Gebilde Bürokratien, die bestimmte „struk-turelle“ Merkmale aufweisen.

Tabelle 3.1

Nach Weber weisen alle modernen Bürokratien eineklare Arbeitsteilung und Spezialisierung auf. Unter-nehmen ordnen Spezialisten in eine Autoritätshier-archie ein, in der jeder irgendjemandem gegenüberrechenschaftspflichtig ist und die Autorität aufbestimmte Aktionen beschränkt bleibt. Autorität undAktionen werden zudem durch abstrakte Regelnoder Verfahren (Verfahrensrichtlinien) eingeschränkt,die interpretiert und auf einzelne Fälle angewendetwerden. Diese Regeln führen zu einem unpartei-ischen und allgemeinen Entscheidungsfindungssys-tem, in dem alle gleich behandelt werden. Bei derEinstellung und Beförderung von Mitarbeitern sindfür Unternehmen die technische Qualifikation undProfessionalität (und nicht persönliche Beziehungen)ausschlaggebend. Das Unternehmen hat sich demPrinzip der Effizienz verschrieben: mit beschränktenEingaben maximale Ausgaben zu erzielen.

Nach Weber sind Bürokratien vorherrschend,weil sie die effiziente Unternehmensform darstel-len. Andere Wissenschaftler haben Weber ergänztund zusätzliche Merkmale beschrieben. Alle Unter-nehmen entwickeln Verfahrensrichtlinien, eineUnternehmenspolitik und eine Unternehmensphi-losophie.

Bürokratie | Formale Organisation mit einer klaren Arbeitsteilung, mit abstrakten Regeln und Verfahren und gerechter Entscheidungsfindung, in der ausschließlich Qualifikation und Professionalität für die Beförderung von Mitarbeitern ausschlaggebend sind.

Strukturelle Merkmale von Unternehmen

Klare Arbeitsteilung

Hierarchie

Explizite Regeln und Verfahren

Unparteiische Urteile

Erfordernis technischer Qualifikationen für bestimmte Positionen

Maximale organisatorische Effizienz

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3.1 Unternehmen und Informationssysteme

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Verfahrensrichtlinien

Unternehmen, die lange Zeit bestehen, werden inder Regel effizient darin, eine begrenzte Zahl vonProdukten und Dienstleistungen nach Standardver-fahren zu produzieren. Diese Standardverfahrenwerden in präzisen Regeln, Verfahren und Prakti-ken kodiert, die Verfahrensrichtlinien genannt wer-den und dazu entwickelt wurden, praktisch jede zuerwartende Situation beherrschen zu können. Eini-ge dieser Regeln und Verfahren sind schriftliche,formale Verfahrensrichtlinien. Bei den meistenhandelt es sich jedoch um „Faustregeln“, die inausgewählten Situationen zu befolgen sind. Ge-schäftsprozesse basieren auf Verfahrensrichtlinien.

Beispielsweise entwickeln das Management unddie Arbeiter für den Zusammenbau eines Autoskomplexe Verfahrensrichtlinien, damit Tausendevon Arbeitsvorgängen präzise und effektiv ausge-führt werden, so dass am Ende ein fertiges Produktvom Band rollen kann. Jede Änderung der Verfah-rensrichtlinien bedeutet einen großen organisatori-schen Aufwand. Das Unternehmen muss u.U. sogarden gesamten Produktionsprozess unterbrechen,damit eine alte Verfahrensrichtlinie außer Kraft ge-setzt werden kann.

Schwierigkeiten bei der Änderung von Verfah-rensrichtlinien sind ein Grund, warum etliche Auto-mobilhersteller nur sehr langsam einige der als über-legen geltenden japanischen Produktionsprinzipiender Massenproduktion übernommen haben. VieleJahre lang folgten amerikanische Automobilherstel-ler dem Ansatz von Henry Ford in der Massenpro-duktion. Henry Ford war der Überzeugung, dass daskostengünstigste Verfahren zur Produktion mög-lichst vieler Autos darin bestand, Arbeiter eine klei-ne und einfache Aufgabe wiederholt ausführen zulassen. Die japanischen Automobilhersteller habendagegen auf „schlanke Produktionsmethoden“ (LeanProduction) gesetzt, wobei eine kleinere Anzahl vonArbeitern, die jeweils mehrere Aufgaben ausführen,Autos herstellen. Diese Produktionsmethode erfor-dert weniger Lagerbestand, geringere Investitionenund die Arbeiter machen hier weniger Fehler.Zudem sind die Arbeiter für mehrere Aufgaben ver-antwortlich und sollen aktiv zur Qualitätssicherungbereits während des Produktionsprozesses beitra-gen. Dies kann auch bedeuten, bei Fehlern das Fließ-band bis zur Behebung des Problems anzuhalten.

Unternehmenspolitik

Die zu einem Unternehmen gehörenden Menschenbesetzen verschiedene Positionen mit verschiede-nen Spezialkenntnissen, Schwerpunkten und Pers-

pektiven. Infolgedessen haben sie natürlich unter-schiedliche Meinungen darüber, wie Ressourcen,Prämien und Erfolgsprämien verteilt werden soll-ten. Diese Unterschiede sind sowohl für die Füh-rungskräfte als auch für die Arbeiter wichtig undführen in praktisch jedem Unternehmen zu politi-schen Auseinandersetzungen, Konkurrenz undKonflikten. Politische Widerstände sind eine dergroßen Schwierigkeiten, die Veränderungen desUnternehmens erschweren, insbesondere bei derEntwicklung neuer Informationssysteme. Praktischjedes Informationssystem, das bedeutende Verände-rungen hinsichtlich der Ziele, der Verfahren, derProduktivität und des Personalbestands bewirkt, istein politischer Streitpunkt und provoziert eineernst zu nehmende politische Opposition.

Unternehmensphilosophie

In allen Unternehmen gibt es grundlegende, quasifestgeschriebene und (von den Mitgliedern) unan-gefochtene Annahmen, welche die Ziele und Pro-dukte des Unternehmens definieren. Unter einerUnternehmensphilosophie verstehen wir diese Mengegrundlegender Annahmen darüber, welche Produk-te das Unternehmen herstellen und wie, wo und fürwen es diese produzieren sollte. Im Allgemeinenkonstituieren diese Meinungen eine spezifischeUnternehmenskultur, deren tief wurzelnde Annah-men als gegeben betrachtet und kaum öffentlichbekannt gegeben oder besprochen werden (Schein,1985).

Die Unternehmensphilosophie ist eine starke ver-einende Kraft, die politische Konflikte begrenztund ein gemeinsames Verständnis und die Akzep-tanz von Verfahren und allgemeinen Vorgehenswei-sen fördert. Wenn wir alle dieselben kulturellenAnnahmen zugrunde legen, dann lässt sich wahr-scheinlich auch in anderen Angelegenheiten eherEinigkeit erzielen.

Verfahrensrichtlinien | Formale Regeln, Vorschriften und Verfahren zur Aufgabenerledigung, die vom Unter-nehmen für den Umgang mit allen Situationen, die er-fahrungsgemäß eintreten können, entwickelt wurden.

Unternehmensphilosophie | Die Menge grundlegen-der Annahmen darüber, welche Produkte das Unter-nehmen herstellen und wie, wo und für wen es diese produzieren sollte.

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Gleichzeitig ist die Unternehmensphilosophie einFaktor, der Wandel entgegenwirkt, insbesonderetechnischem Wandel. Die meisten Unternehmenwürden fast alles tun, um Änderungen derGrundannahmen zu vermeiden. Jede technologischeVeränderung, die gemeinsame kulturelle Annahmenbedroht, trifft in der Regel auf großen Widerstand.Es gibt allerdings Situationen, in denen sich eineFirma nur weiterentwickeln kann, wenn sie eineneue Technik einsetzt, die der vorhandenen Unter-nehmensphilosophie direkt entgegensteht. In diesenFällen wird die Einführung der neuen Technik häu-fig aufgehalten, während die Unternehmensphiloso-phie langsam angepasst wird.

3.1.3 Differenzierende Merkmale von Unternehmen

Obwohl alle Unternehmen gemeinsame Merkmaleaufweisen, ist jedes Unternehmen einzigartig. Spe-zifische Unternehmen haben verschiedene Organi-sationsstrukturen, Ziele, Kunden, Führungsstile,Aufgaben und Umfelder.

Verschiedene Unternehmenstypen

Die Struktur oder Form ist ein wichtiges Merkmal,in dem sich Unternehmen unterscheiden. Die Un-terschiede zwischen Unternehmensstrukturen las-sen sich auf vielerlei Weise charakterisieren. DieKlassifizierung nach Mintzberg, die in Tabelle 3.2beschrieben wird, unterscheidet fünf Grundtypenvon Unternehmen (Mintzberg, 1979).

Umwelt des Unternehmens

Unternehmen existieren nicht im luftleeren Raum,sondern in einer Umwelt, aus der sie Ressourcenbeziehen und die sie mit Waren und Dienstleistun-gen versorgen. Zwischen Unternehmen und Um-welt besteht eine Wechselbeziehung.

Einerseits sind Unternehmen der sozialen undphysischen Umwelt, die sie umgibt, gegenüberoffen und von ihr abhängig. Ohne finanzielle undpersonelle Ressourcen (Menschen, die bereit sind,für einen festgelegten Lohn oder Einnahmen vonKunden zuverlässig und beständig zu arbeiten)würde es keine Unternehmen geben. Unternehmenmüssen auf gesetzliche und andere Anforderungen,die von staatlicher Seite gestellt werden, und aufdie Handlungen von Kunden und Konkurrenten

Tabelle 3.2

Beispielhafte Einteilung verschiedener Unternehmenstypen (nach Mintzberg)

Unternehmenstyp Beschreibung Beispiel

Einfach-Struktur Junge, kleine Firma in einem sich schnell ändernden Umfeld. Das Unter-nehmen hat eine einfache Organisationsstruktur und wird von einem Unternehmer als alleinigem Geschäftsführer geleitet.

Kleines Startup-Unter-nehmen

Maschinen-Bürokratie Große Verwaltung in einem sich langsam ändernden Umfeld, die maschinell Standardprodukte erzeugt. Dieses Unternehmen zeichnet sich durch ein zentrales Managementteam und eine zentralisierte Entscheidungsfindung aus.

Fertigungsbetrieb mittlerer Größe

Divisional-Struktur Kombination mehrerer Maschinen-Bürokratien, die jeweils andere Produkte oder Dienstleistungen erzeugen und gemeinsam von einer zentralen Hauptstelle geleitet werden.

Großunternehmen wie z.B. General Motors

Profi-Bürokratie Wissensbasiertes Unternehmen, dessen Waren und Dienstleistungen von der Expertise und dem Wissen von Experten abhängen. Für die Leis-tung dieses Unternehmens sind starke Abteilungsleiter kennzeichnend, während zentrale Befugnisse schwach ausgeprägt sind.

Anwaltskanzleien, Schulsysteme

Adhokratie „Task-force“-Organisation, die auf ein sich rasch änderndes Umfeld reagieren muss. Dieses Unternehmen besteht aus großen Gruppen von Spezialisten, die kurzzeitig interdisziplinäre Teams bilden und ein schwaches zentrales Management aufweisen.

Beratungsfirmen wie z.B. Rand Corporation

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3.1 Unternehmen und Informationssysteme

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reagieren. Andererseits können Unternehmen ihreUmwelt beeinflussen. Unternehmen schließen sichin Bündnissen zusammen, um auf Politik und Ge-setzgebung Einfluss zu nehmen. Sie betreiben Wer-bung, um die Akzeptanz ihrer Produkte bei denKunden zu beeinflussen.

Abbildung 3.4 zeigt, dass Informationssystemeeine wichtige Rolle dabei spielen, Unternehmen zuhelfen, Änderungen der Umwelt wahrzunehmenund darauf zu reagieren. Informationssysteme sindwichtige Hilfsmittel zum Beobachten der Umwelt,die dem Management dabei helfen, externe Ände-rungen zu erkennen, die u.U. eine Reaktion des Un-ternehmens erfordern.

Die Umwelt ändert sich in der Regel viel schnel-ler als das Unternehmen. Hauptgründe für dasScheitern von Unternehmen sind ihre Unfähigkeit,sich an eine schnell verändernde Umwelt anzupas-sen, und ein Mangel an Ressourcen (insbesonderebei jungen Unternehmen), um schwierige Zeitenüberdauern zu können (Freeman et al., 1983). Tech-nische Änderungen, neue Produkte und Änderun-gen im Geschmack und in den Werten der Gesell-schaft (die sich häufig in neuen gesetzlichenRegelungen niederschlagen) belasten Kultur, Poli-tik und Unternehmensangehörige. Die meistenUnternehmen werden mit umfangreichen Verände-rungen der Umwelt nicht gut fertig. Die Trägheitder Verfahrensrichtlinien eines Unternehmens, diepolitischen Konflikte, die durch Veränderungen ander bestehenden Ordnung ausgelöst werden, unddie Bedrohung lieb gewonnener kultureller Wertehindern Unternehmen in der Regel daran, Ände-rungen größeren Umfangs vorzunehmen. Es mag

nicht überraschen, dass nur 10 Prozent der 500 füh-renden Unternehmen in den USA (Fortune 500) ausdem Jahr 1919 heute noch bestehen.

Weitere Unterschiede zwischen Unternehmen

Unternehmen weisen auch aus vielen anderen Grün-den unterschiedliche Formen oder Strukturen auf.Sie unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Ziele undder Mittel, die zur Erreichung dieser Ziele eingesetztwerden. Einige Einrichtungen haben Zwangsmaß-nahmen zum Ziel (z.B. Gefängnisse), andere verfol-gen Gewinnabsichten (z.B. Privatunternehmen).Wiederum andere haben normative Ziele (Universi-täten, religiöse Gruppen). Diese Einrichtungen die-nen auch verschiedenen Gruppen bzw. haben ver-schiedene Zielgruppen. Einige Einrichtungen sindhauptsächlich für ihre Mitglieder von Nutzen, ande-re für Kunden, Aktionäre oder die Öffentlichkeit.Die Art der Führung kann in verschiedenen Einrich-tungen bzw. Unternehmen höchst unterschiedlichsein. Einige Unternehmen sind eher demokratischeroder autoritärer geprägt als andere. Ein weiterer Un-terschied zwischen Unternehmen besteht in denAufgaben, welche die Unternehmen erfüllen, undden von ihnen eingesetzten Technologien. EinigeUnternehmen führen primär Routineaufgaben aus,die sich auf formale Regeln reduzieren ließen, fürdie kaum eigenes Urteilsvermögen erforderlich ist(z.B. bei Massenfertigung von standardisierten Tei-len), während andere Unternehmen (etwa Bera-tungsfirmen) primär eher individuelle und ver-gleichsweise stark wechselnde Aufgaben ausführen.

Abbildung 3.4: Zwischen Unternehmen und Umwelt besteht eine WechselbeziehungDie Umwelt bestimmt den Handlungsspielraum eines Unternehmens, aber Unternehmen können auch ihre Umwelt beeinflussen und sie von Grundauf ändern. IT spielt eine entscheidende Rolle darin, Unternehmen zu helfen, Änderungen der Umwelt wahrzunehmen und auf ihre Umwelt zu rea-gieren.

Das Unternehmen und seine Umwelt

Durch die Umwelt gegebeneRessourcen und Beschränkungen

Regierung und Behörden

Konkurrenten

Kunden

Kreditinstitute

Kultur und Werte

WissenTechnik

Das Unternehmen

Informationssysteme

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STRATEGISCHE ROLLE VON INFORMATIONSSYSTEMEN3

132

Informationssysteme können sich auf verschiedeneUnternehmen unter verschiedenen Bedingungenunterschiedlich auswirken. Im Abschnitt „Blick-punkt Organisation“ wird beispielsweise gezeigt,wie sich verschiedene Umgebungen, Kulturen undUnternehmensmerkmale in Deutschland und

Frankreich auf die Verwendung des Internet unddes E-Commerce auswirken. Nur nach eingehenderAnalyse eines bestimmten Unternehmens und Be-rücksichtigung spezifischer Rahmenbedingungenkann ein Manager Informationssysteme effiziententwerfen und verwalten.

Blickpunkt Organisation

Unterschiede im E-Commerce zwischen Frank-reich und DeutschlandWarum unterscheidet sich die Entwicklung des E-Commercevon Land zu Land so stark? Wir wollen diese Unterschiedeam Beispiel von Deutschland und Frankreich veranschauli-chen. Frankreich führte sehr früh Online-Dienste ein, wurdeaber mittlerweile von Deutschland überholt, was den Ein-satz des Internet und E-Commerce betrifft. Warum?

Frankreich ging online, als kaum jemand in der Welt dasInternet kannte. Es wurde damals lediglich vom amerikani-schen Verteidigungsministerium, das entscheidend die Ent-wicklung des Internet in die Wege geleitet hatte, sowie vonMitarbeitern vieler Universitäten in der ganzen Welt einge-setzt. Zu dieser Zeit war das Internet kein kommerziellesMedium. In den 1980er Jahren schuf die französischeRegierung das so genannte Minitel und verhalf ihm zu wei-ter Verbreitung. Das Minitel ist ein Gerät mit einer Tastaturund einem kleinen Bildschirm, das an einen Telefon-anschluss angeschlossen wird und für einfache Aufgaben,wie z.B. Telefonnummern nachschlagen, Rechnungenbezahlen oder Bahnfahrkarten kaufen, verwendet werdenkann (ähnlich wie das frühe deutsche System „Bildschirm-text“ oder kurz BTX). Im Gegensatz zu den deutschen BTX-Anwendern haben die französischen Verbraucher Minitelschnell angenommen und sich rasch an das Gerät und sei-nen Nutzen gewöhnt. Weil sie damit so viele Aufgabenerledigen können, die in anderen Ländern erst seit kurzemüber das Internet ausgeführt werden können, erachtetenviele Franzosen es nicht als notwendig, einen Computer zukaufen und eine Internetverbindung einzurichten.

Infolgedessen sahen viele französische Firmen keine Ver-anlassung, in neue Internettechnik zu investieren. Frankreichist in Bezug auf die Internetverwendung, insbesondere waskleine und mittlere Unternehmen betrifft, eindeutig hinterDeutschland, wo sich BTX weder auf Anbieter- noch aufKundenseite durchsetzen konnte, und viele weitere Länderzurückgefallen. Es gibt aber noch andere Gründe für dielangsame Verbreitung des Internet in Frankreich. In einerVielzahl kleiner und mittelgroßer Städte ist die Internet-installation viel teurer als in Paris. Die Franzosen sind über-dies ein stolzes Volk, das neuen Technologien, die im Aus-land entwickelt wurden, eher skeptisch gegenübersteht.Franzosen nehmen nur zögerlich etwas an, was nicht Fran-zösisch als vorherrschende Sprache hat.

Nichtsdestotrotz bemüht sich die Regierung, Internetver-bindungskosten zu senken und Unternehmen ergreifenMaßnahmen, um sich dem E-Commerce-Trend anzuschlie-ßen. Frankreichs späte Entwicklung hin zum Internet kannbedeuten, dass dort fortschrittlichere Technik zum Einsatzkommen und dass Frankreich u.U. wieder die Führung über-nehmen wird.

Deutschland ist gegenwärtig Frankreich nicht nur weitvoraus, sondern es weist auch den größten und vielfältigs-ten Online-Markt in Europa auf. E-business Europe Advisorschätzt, dass sich Ende 2003 die E-Commerce-Umsatz-erlöse in Deutschland auf insgesamt 168 Millionen Eurobelaufen. Schätzungen für 2003 besagen, dass 75 Prozentder deutschen Unternehmen eine Online-Präsenz besitzenund das Internet intensiv für Transaktionen zwischenUnternehmen nutzen. Hinter diesen Aktivitäten steht eineTelekommunikationsinfrastruktur, die von vielen für diefortschrittlichste der Welt gehalten wird.Trotzdem hat sich das Tempo des deutschen E-Commerce-Wachstums in letzter Zeit aus verschiedenen Gründen etwasverlangsamt. Ein Grund ist, dass dieses Wachstum haupt-sächlich Westdeutschland zu verdanken war und dass dieostdeutsche Wirtschaft nicht in dem Maß aufblühte, wie diesdie meisten bei der Wiedervereinigung von Ost- und West-deutschland erwartet hatten. Zudem ist die deutsche Wirt-schaft ebenso wie die amerikanische und die Wirtschaftvieler anderer Länder in den letzten Jahren ins Stocken gera-ten. Im August 2000 versteigerte Deutschland für über50 Milliarden Euro UMTS-Telekommunikationslizenzen. Die-se enorme Ausgabe dämpfte weitere Investitionen in Inter-nettechnik. Im Jahr 2000 besaßen nur 34 Prozent derBevölkerung Desktop- oder Laptop-Computer, verglichen mitbeispielsweise 59 Prozent in den USA. Eine Folge war, dassT-Mobile International, die Mobilfunktochter des Unterneh-mens Deutsche Telekom AG, ihren Börsengang verschob.

Diskussionsfrage: Welche unternehmerischen Faktorenerklären, warum die E-Commerce-Entwicklung in Frank-reich und Deutschland so unterschiedlich verlief?

Quellen: Richard Martin, „World Market: Germany“, IQMagazine, März/April 2003; Richard Martin, „France:Looking Forward to Growth“, IQ Magazine, Januar/Februar2003.

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3.2 Unternehmensorganisation und Informationssysteme

133

3.2 Unternehmens-organisation und Informationssysteme 3.2Informationssysteme wurden zu integralen, inter-aktiven Online-Werkzeugen, die fester Bestandteilder täglichen Arbeit und der Entscheidungsfindunggroßer Unternehmen sind. Wir beschreiben in die-sem Abschnitt die sich ändernde Rolle von Infor-mationssystemen in Unternehmen und wie diesedurch die Interaktion zwischen Unternehmen undIT beeinflusst wird.

3.2.1 Rollen in der IT-Abteilung

Unternehmen können u.a. durch Entscheidungenüber die technische und organisatorische Konfigu-ration ihrer Informationssysteme darauf Einflussnehmen, wie IT eingesetzt wird. In den vorherge-henden Kapiteln wurde die ständig zunehmendeBedeutung von Informationssystemen in Unterneh-men beschrieben. Diese zunehmende Bedeutungwurde durch Änderungen in der IT-Infrastrukturunterstützt, die wir in Kapitel 1 definiert haben.Jedes Unternehmen legt die Konfiguration seinerIT-Infrastruktur genau fest. In den Kapiteln 6 bis 9werden die verschiedenen Technikalternativen be-schrieben, die Unternehmen zum Entwurf ihrer In-frastruktur einsetzen können.

Auch mit Entscheidungen darüber, wer die IT-In-frastruktur des Unternehmens entwirft, aufbautund pflegt, kann die IT beeinflusst werden.

Diese Entscheidungen bestimmen, wie die IT-Dienst-leistungen bereitgestellt werden. Die formale Organi-sationseinheit oder betriebliche Funktion, die für dieBereitstellung von IT-Dienstleistungen verantwort-lich ist, wird IT-Abteilung genannt. Die IT-Abteilungist für die Wartung der Hardware, Software, Daten-speicher und Netzwerke zuständig, die zusammendie IT-Infrastruktur des Unternehmens bilden.

Die IT-Abteilung besteht aus Spezialisten, z.B.Programmierern, Systemanalysten, Projektleiternund Fachgruppenleitern (siehe Abbildung 3.5). Pro-grammierer sind hoch qualifizierte technische Spe-zialisten, die Computerprogramme entwickeln. Sys-temanalysten stellen die Hauptverbindung zwischender IT-Abteilung und dem übrigen Unternehmendar. Die Aufgabe der Systemanalysten besteht da-rin, betriebswirtschaftliche Probleme und Anforde-rungen in informationstechnische Anforderungenund Konzepte für Informationssysteme zu transfor-mieren.

IT-Abteilung | Die formale Organisationseinheit oder betriebliche Funktion, die für die Bereitstellung von IT-Dienstleistungen verantwortlich ist.

Programmierer | Hoch qualifizierte technische Spezia-listen, die Computerprogramme entwickeln.

Systemanalysten | Spezialisten, die betriebswirtschaft-liche Probleme und Anforderungen in informationstech-nische Anforderungen und Konzepte für Informations-systeme transformieren und als Verbindung zwischen der IT-Abteilung und dem übrigen Unternehmen fungie-ren.

Abbildung 3.5: IT-Infrastruktur und IT-Abteilung Viele Arten von Spezialisten und Teams sind für den Entwurf und die Verwaltung der IT-Infrastruktur verantwortlich.

IT-Infrastruktur Hardware Software Datenbanken Netzwerke

IT-Abteilung

DAS UNTERNEHMENTop Management

Anwender (Fachabteilungen)

IT-Spezialisten Chief Information Officer (CIO) Fachgruppenleiter Systemanalysten Systemdesigner Programmierer Netzwerkspezialisten (Datenbank-)Administratoren Sachbearbeiter

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STRATEGISCHE ROLLE VON INFORMATIONSSYSTEMEN3

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Fachgruppenleiter führen Teams von Programmie-rern und Analysten, Projektmanagern, Telekommu-nikationsmanagern und Anwendungssystemverant-wortlichen. Leiter von Systemadministratoren sindebenfalls Fachgruppenleiter. Externe Spezialisten,wie etwa Hardware-Anbieter und -Hersteller, Soft-ware-Firmen und Berater sind häufig am täglichenBetrieb und an der langfristigen Planung von Infor-mationssystemen beteiligt.

In vielen Firmen steht der IT-Abteilung ein ChiefInformation Officer (CIO) vor. Der CIO gehört zumTop-Management (z.B. ein Vorstand oder Geschäfts-führer) und plant und überwacht den Einsatz der ITim Unternehmen.

Endbenutzer sind Mitarbeiter von Fachabteilun-gen, also anderen Abteilungen als der IT-Abteilung,für die Anwendungen entwickelt werden. DieseBenutzer spielen eine immer größere Rolle in derKonzeption und Entwicklung von Informations-systemen. Mit Anwendern sind Fachabteilungen ge-meint, die die für sie entwickelten Informations-systeme und Anwendungssysteme nutzen. DiePersonen, welche die Systeme benutzen, werdendagegen als (End-)Benutzer bezeichnet.

In den Anfangsjahren bestand eine IT-Abteilungmeist aus Programmierern, die sehr spezielle, techni-sche Funktionen erfüllten. Heute stellen Systemana-lysten und Netzwerkspezialisten einen wachsendenAnteil der Mitarbeiter dar. Die IT-Abteilung löst vieleÄnderungen im Unternehmen aus. Je nach Selbstver-ständnis und Einbindung in die Geschäftsleitung istdie IT-Abteilung entweder als fähiger Dienstleister,der eher den aus der übergeordneten Unternehmens-strategie erwachsenden Erfordernissen nachkommt,oder als Gesprächspartner auf Augenhöhe mit derUnternehmensführung positioniert.

Im letzteren Fall hat sie durch Vorschläge neuer IT-basierter Unternehmensstrategien und neuer infor-mationsbasierter Produkte und Dienstleistungengroßen Einfluss auf die Unternehmensstrategie. Inbeiden Fällen koordiniert sie sowohl die Entwick-lung der Technik als auch die geplanten Änderun-gen im Unternehmen. Die Gesamtheit dieser IT-be-zogenen Aktivitäten wird dabei häufig unter demBegriff IT-Strategie zusammengefasst.

In der Vergangenheit haben Firmen in der Regelihre Software weitgehend selbst entwickelt und ihreeigene IT verwaltet. Heute beziehen viele Firmendiese Dienste von externen Herstellern (siehe Kapi-tel 6 und 12) und benutzen ihre IT-Abteilung zumManagement dieser Dienstanbieter.

3.2.2 Auswirkungen von Informationssystemen auf die Organisationsstruktur

Wie haben sich die Änderungen von Technik und dieVerbreitung des Internet auf die Organisationsstruk-tur von Unternehmen ausgewirkt? Zur Beantwortungdieser Frage ziehen wir sowohl ökonomische alsauch verhaltenstheoretische Forschungsergebnisseund Ansätze heran.

Ökonomische Erklärungsansätze

Vom Standpunkt der Ökonomie aus betrachtet,kann man IT als einen Produktionsfaktor auffassen,der sich durch Kapital und Arbeitskraft ersetzenlässt. Da die Kosten der IT sinken, ersetzt sie Ar-beitskraft, deren Kosten in der Vergangenheit stän-dig gestiegen sind. Folglich sollte IT zu einer Ab-nahme der Anzahl von mittleren Führungskräftenund Sachbearbeitern führen, da IT deren Arbeits-kraft ersetzt.

Transaktionskosten sind Kosten, die nicht durchdie Produktion von Gütern, sondern in Zusammen-hang mit wirtschaftlichen Transaktionen entstehen,weil die beteiligten Wirtschaftssubjekte nur überunvollkommene Informationen und begrenzte Rati-onalität verfügen. Zu den Transaktionskosten zäh-len alle Kosten, die bei der Anbahnung eines Ver-trags (Suche, Information), Abschluss einesVertrags (Verhandlung, Entscheidungsfindung)sowie nach Vertragsabschluss (Überwachung, mög-liche Sanktionen) entstehen. Nach der Transaktions-kostentheorie versuchen Firmen und Einzelperso-nen, Transaktionskosten einzusparen – ähnlich wiesie Produktionskosten einzusparen versuchen(Coase, 1937; Williamson, 1985).

(Fach-)Gruppenleiter | Leiter der verschiedenen Spe-zialistengruppen innerhalb der IT-Abteilung.

Chief Information Officer (CIO) | Top-Manager, der im Unternehmen für Informationssysteme verantwortlich ist.

Endbenutzer | Mitarbeiter von Fachabteilungen (ande-ren Abteilungen als der IT-Abteilung), welche Informa-tionssysteme benutzen.

Anwender | Fachabteilungen (keine Personen), die die für sie entwickelten Informationssysteme und Anwen-dungssysteme nutzen.

Transaktionskostentheorie | Die Transaktionskosten-theorie (oder Transaktionskostenansatz, TKA) bezeich-net eine Theorie der volkswirtschaftlichen neuen Institutionenökonomik, die davon ausgeht, dass jeg-liches Handeln in einer Marktwirtschaft mit (Trans-aktions-)Kosten verbunden ist.

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Je nach Höhe der Transaktionskosten findet derGüteraustausch marktbasiert oder innerhalb einesUnternehmens statt. In der Vergangenheit habenFirmen in der Regel versucht, Transaktionskostendadurch zu reduzieren, dass sie größer wurden,mehr Personal einstellten oder ihre eigenen Liefe-ranten oder Distributoren kauften. Ein Beispiel fürein derartiges, großes und weithin vertikal inte-griertes Unternehmen ist General Motors. DieTransaktionskostentheorie verhilft zu Einsichtenetwa über die (optimale) Wahl der Organisations-form, bei der die Transaktionskosten der Koordina-tion (Information und Kommunikation) minimalsind und die größtmögliche Effizienz des Aus-tauschs und die Absicherung der Investitionen ge-währleistet ist.

IT, insbesondere die Verwendung von Netzwer-ken, kann Firmen helfen, die Transaktionskosten zureduzieren, so dass es sich für sie lohnt, Verträgemit externen Lieferanten zu schließen, statt selbstherzustellen. Durch den Einsatz von Computernetz-werken zu externen Lieferanten kann beispielswei-se die Chrysler Corporation über 70 Prozent derTeile extern beziehen und so Einsparungen erzie-len. Informationssysteme ermöglichen es Firmenwie Cisco System und Dell Computer, ihre Produk-tion extern an Vertragsfirmen wie Flextronicsauszulagern, statt die Produkte selbst zu fertigen.Abbildung 3.6 zeigt, dass mit sinkenden Transak-tionskosten auch die Unternehmensgröße (die An-zahl der Mitarbeiter) schrumpfen sollte, weil es fürdas Unternehmen einfacher und billiger wird, Pro-dukte und Dienstleistungen von externen Lieferan-ten im Markt zu beziehen, als das Produkt selbst

herzustellen oder die Dienstleistung selbst anzubie-ten. Die Firmengröße kann gleich bleiben oder sichsogar verringern, auch wenn die Umsatzerlöse derFirma steigen. (Beispielsweise hat General Electricden Personalbestand von ca. 400.000 Mitarbeiternin den frühen 1980ern auf etwa 230.000 Mitarbeiterreduziert und gleichzeitig den Umsatz um 150 Pro-zent gesteigert.)

IT kann auch die internen Managementkostenreduzieren. Nach der Agency-Theorie wird ein Un-ternehmen als Geflecht aus von Eigeninteressengeleiteten Individuen statt als einheitliche, profit-maximierende Entität betrachtet (Jensen und Meck-ling, 1976). Ein „Prinzipal“ (Auftraggeber, z.B. derEigentümer eines Unternehmens) beschäftigt„Agenten“ (Auftragnehmer, z.B. Manager und Mit-arbeiter), die für ihn die Arbeit erledigen. Die Agen-ten müssen jedoch ständig überwacht und bei-spielsweise durch geeignete Anreizsysteme geführtwerden, weil sie sonst dazu neigen, vom Auftrag-geber abweichende Interessen zu verfolgen.

Agency-Theorie | Ökonomische Theorie, die ein Unter-nehmen als Beziehung zwischen Auftraggeber (Prinzi-pal) und Auftragnehmern (Agenten) betrachtet. Die Agenten sind von Eigeninteressen geleitete Individuen. Sie müssen geführt und überwacht werden, damit sie nicht vom Auftraggeber abweichende Interessen ver-folgen.

Abbildung 3.6: Transaktionskostentheoretische Betrachtung der Auswirkungen von IT auf die UnternehmensgrößeIn der Vergangenheit sind Unternehmen in der Regel gewachsen, um Transaktionskosten zu reduzieren. IT reduziert potenziell die Kosten für einegegebene Unternehmensgröße, wodurch die Transaktionskostenkurve verschoben wird (von T1 nach T2). Dadurch werden neue Möglichkeiten fürUmsatzzuwächse ohne zusätzliche Mitarbeiter oder sogar Umsatzzuwächse bei schrumpfender Unternehmensgröße eröffnet.

T1

Unternehmensgröße (Mitarbeiter)

Transaktions-kosten

T2

0

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Je größer und vielfältiger ein Unternehmen wird,desto höher werden die Agency-Kosten oder Koor-dinationskosten, weil der Auftraggeber immer mehrfür die Überwachung und Incentivierung der Mitar-beiter aufwenden muss.

Da mit Hilfe der IT die Kosten für die Beschaf-fung und Analyse von Informationen reduziert wer-den können, erlaubt sie es Unternehmen, die Agen-cy-Kosten zu senken, weil es für Führungskräfteeinfacher wird, eine größere Anzahl von Mitarbei-tern zu leiten. Abbildung 3.7 zeigt, dass mit Hilfevon IT Unternehmen ihre allgemeinen Manage-mentkosten reduzieren und so ihre Umsätze stei-gern und gleichzeitig die Anzahl der Mitarbeiter immittleren Management und die Anzahl der Sachbe-arbeiter verringern können. Wir haben in früherenKapiteln Beispiele vorgestellt, in denen kleineFirmen durch IT ihre Leistungsfähigkeit und Reich-weite ausdehnen konnten, da diese Technik esihnen erlaubt, koordinierende Aufgaben wie dieAuftragsbearbeitung oder die Lagerwirtschaft miteinigen wenigen Sachbearbeitern und Führungs-kräften zu erledigen.

Verhaltenstheoretische Erklärungsansätze

Ökonomische Ansätze versuchen zwar zu erklären,wie sich eine Vielzahl von Firmen im Markt ver-halten, verhaltenstheoretische Ansätze aus derSoziologie, Psychologie und Politologie eignen sichjedoch besser dazu, das Verhalten einzelner Unter-nehmen zu beschreiben. Die verhaltenstheoretischeForschung hat keine Beweise dafür gefunden, dass

Informationssysteme automatisch einen Wandel inUnternehmen bewirken, obwohl diese Systeme ent-scheidend zur Erreichung dieses Ziels beitragenkönnen, sobald das Top-Management dessen Ver-folgung entschieden hat.

Wissenschaftler postulierten vor dem Hinter-grund verhaltenstheoretischer Überlegungen, dassIT die Entscheidungshierarchie innerhalb eines Un-ternehmens verändern könnte, da sie die Kostender Informationsbeschaffung senkt und eine breite-re Informationsverteilung ermöglicht (Malone,1997). IT kann Informationen von den Fachabtei-lungen direkt an das Top-Management übermittelnund damit das mittlere Management und dessenunterstützende Sachbearbeiter obsolet machen. ITkönnte es dem Top-Management erlauben, übervernetzte Telekommunikationseinrichtungen undComputer untere Betriebseinheiten direkt zu kon-taktieren und somit das vermittelnde mittlere Ma-nagement überflüssig zu machen. Mit IT könntenInformationen auch direkt an Arbeiter der unters-ten Hierarchieebene verteilt werden, die dann ba-sierend auf ihrem eigenen Wissen und ihren Infor-mationen selbst Entscheidungen treffen könnten,ohne dass das Management intervenieren müsste.Einige Wissenschaftler behaupten aber auch, dassder Einzug der Computer in den Geschäftsbetriebdazu führt, dass das mittlere Management mehr In-formationen erhält, wodurch es in die Lage versetztwird, wichtigere Entscheidungen als in der Vergan-genheit zu treffen, und dass daher nicht mehr soviele vergleichsweise weniger stark ausgebildeteAngestellte benötigt werden (Shore, 1983).

Abbildung 3.7: Der Einfluss von IT auf das Unternehmen nach der Agency-TheorieJe größer und vielfältiger ein Unternehmen wird, desto höher werden in der Regel die Agency-Kosten. IT verschiebt die Agency-Kostenkurve nachunten und nach rechts (von A1 nach A2), da sie Wachstum bei gleichzeitiger Senkung der Agency-Kosten ermöglicht.

A1

Unternehmensgröße (Mitarbeiter)

Agency-Kosten

A2

0

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3.2 Unternehmensorganisation und Informationssysteme

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In postindustriellen Gesellschaften beruht Autoritätzunehmend auf Wissen und Kompetenz, statt ein-fach auf formalen Positionen. Folglich sollte dieOrganisationsstruktur „flacher“ werden, weil fürFachkräfte und Experten weniger über- und unterge-ordnetes Management notwendig ist. Auch ist zu er-warten, dass Entscheidungsfindungsprozesse dezen-traler werden, da Wissen und Informationen imUnternehmen breiter verteilt und verfügbar sind(Drucker, 1988). IT kann die Entwicklung von ver-netzten Unternehmen mit Projektteams begünstigen,in denen Gruppen von Experten zeitweilig (persön-lich oder elektronisch) zusammenarbeiten, um einebestimmte Aufgabe zu bewältigen (z.B. den Entwurfeines neuen Autos). Nachdem die Aufgabe erledigtwurde, löst sich das Projektteam auf und die Mit-glieder werden in andere Projektteams eingebunden.Mehrere Firmen können als virtuelles Unternehmenoperieren, indem die Arbeit nicht mehr an einengeografischen Standort gebunden ist. Virtuelle Un-ternehmen verbinden mit Hilfe von Netzwerken Per-sonen, Vermögenswerte und Ideen miteinander. Siekönnen mit Lieferanten, Kunden und manchmalsogar mit Konkurrenten Allianzen schließen, umneue Produkte und Dienstleistungen zu erzeugen,ohne auf traditionelle Unternehmensgrenzen oderphysische Standorte beschränkt zu sein. Beispiels-weise ist Calyx and Corolla ein vernetztes virtuellesUnternehmen, das Schnittblumen unter Umgehungder traditionellen Floristen direkt an Kunden ver-kauft. Die Firma nimmt Bestellungen telefonischoder über ihre Website an und überträgt diese an dieBlumenzüchter, welche die bestellten Blumen vonDHL direkt an die Kunden liefern lassen.

Dabei können jedoch Probleme entstehen. Werstellt sicher, dass selbstverwaltete Teams nicht indie falsche Richtung gehen? Wer entscheidet, wer

wie lange in welchem Team arbeitet? Wie könnendie Führungskräfte die Leistung von jemandembeurteilen, der ständig von einem Team zum nächs-ten Team wechselt? Woran können die Mitarbeitererkennen, wie sich ihre berufliche Laufbahn entwi-ckelt? Neue Ansätze für die Bewertung, Strukturie-rung und Unterrichtung der Mitarbeiter sind erfor-derlich und nicht alle Firmen können als virtuelleUnternehmen effizient arbeiten (Davenport undPearlson, 1998).

Niemand kennt abschließende Antworten aufdiese Fragen und es ist nicht sicher, ob alle moder-nen Unternehmen diese Wandlung vollziehen.Beispielsweise mag General Motors in bestimmtenAbteilungen viele selbstverwaltete Wissensarbeiterhaben, trotzdem gibt es nach wie vor eine Ferti-gungsabteilung, die wie eine riesige, traditionelleBürokratie strukturiert ist. Im Allgemeinen ändertsich die Organisationsstruktur zusammen mit demGeschäftszyklus und richtet sich nach den neues-ten Managementmoden. Wenn die Zeiten gut unddie Gewinne hoch sind, stellen die Unternehmensehr viele Mitarbeiter für Führungsfunktionen ein;wenn die Zeiten schlecht sind, werden viele dieserMitarbeiter wieder entlassen (Mintzberg, 1979).

Virtuelle Unternehmen | Unternehmen, die mit Hilfe von Netzwerken Personen, Vermögenswerte und Ideen miteinander verbinden, um Produkte und Dienstleistun-gen zu erzeugen und zu verteilen, ohne auf traditionelle Unternehmensgrenzen oder physische Standorte be-schränkt zu sein.

Abbildung 3.8: Wechselseitige Beziehung zwischen Technik, Organisationsstruktur, Aufgabe und Mensch im UnternehmenDie Implementierung von Informationssystemen hat Konsequenzen für die Aufgabenanordnung, Organisationsstruktur und Menschen. Nach die-sem Modell müssen zur Umsetzung von Änderungen alle vier Komponenten gleichzeitig verändert werden.

Quelle: Leavitt, 1965.

(Organisations-)Struktur

Aufgabe

MenschTechnik

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Ein anderer verhaltenstheoretischer Ansatz be-trachtet Informationssysteme als Ergebnis des poli-tischen Wettstreits von Unternehmensteilen umEinfluss auf die Richtlinien, Verfahren und Res-sourcen im Unternehmen (Keen, 1981; Kling, 1980;Laudon, 1974; Laudon, 1986). Informationssystemewerden unweigerlich in die Unternehmenspolitikeingebunden, weil sie den Zugriff auf eine Haupt-ressource, nämlich Informationen, beeinflussen. In-formationssysteme können sich darauf auswirken,was sich in welcher Form auf wen, wann, wo undwie in einem Unternehmen auswirkt. Weil Informa-tionssysteme potenziell Änderungen in derOrganisationsstruktur, Kultur, Politik und Arbeiteines Unternehmens bewirken, stoßen sie bei ihrerEinführung häufig auf heftigen Widerstand.

Die Notwendigkeit, die Einführung von Informa-tionssystemen im Unternehmen nicht losgelöst vonanderen Faktoren zu betrachten, lässt sich auf ver-schiedene Weise grafisch darstellen. Leavitt (1965)veranschaulichte mit Hilfe einer Rautenform diewechselseitige Beziehung zwischen Technik, Orga-nisationsstruktur, Aufgabe und Mensch (siehe Ab-bildung 3.8). Hier werden Änderungen an der Tech-nik durch die Anordnung der Aufgaben imUnternehmen, der Organisationsstruktur des Unter-nehmens und der beteiligten Menschen absorbiert,verformt und zunichte gemacht. In diesem Modelllassen sich Veränderungen im Unternehmen nurdurch die gleichzeitige Änderung von Technik,Aufgaben, Organisationsstruktur und der Verhal-tensweisen von Menschen durchsetzen. AndereAutoren haben die Notwendigkeit beschrieben, Un-ternehmen vor der Einführung von Innovationen„aufzutauen“, Innovationen schnell zu implemen-tieren und die Änderung dann „einzufrieren“ bzw.zu institutionalisieren (Alter und Ginzberg, 1978;Kolb, 1970).

Einfluss des Internet auf die Organisationsstruktur von Unternehmen

Das Internet, insbesondere das World Wide Web,hat mittlerweile einen bedeutenden Einfluss aufdie Beziehungen zwischen Unternehmen und ex-ternen Partnern und auf die Organisation der Ge-schäftsprozesse innerhalb einer Firma. Das Interneterhöht die Zugänglichkeit, Speicherung und Vertei-lung der Informationen und des Wissens in Unter-nehmen. Im Grunde ist das Internet in der Lage, die

Transaktions- und Agency-Kosten, die bei denmeisten Unternehmen anfallen, drastisch zu sen-ken. Beispielsweise können jetzt Börsenmakler undBanken in New York ihren an entfernten Stand-orten tätigen Mitarbeitern interne Verfahrensanwei-sungen zukommen lassen, indem sie sie auf ihrerWebsite veröffentlichen und damit Millionen Dol-lar an Versandkosten sparen. Ein globales Vertriebs-team kann über das Web sofort über aktuelle Pro-duktpreise informiert werden oder Anweisungenvom Management per E-Mail erhalten. Lieferantenvon einigen großen Einzelhandelsgeschäften kön-nen direkt auf die interne Website der Einzelhänd-ler zugreifen, um aktuelle Umsatzdaten abzurufen,und sofort Nachbestellungen veranlassen.

Unternehmen stimmen einige ihrer wichtigstenGeschäftsprozesse auf Internettechnik ab und ma-chen diese Technik dadurch zu einer Schlüssel-komponente ihrer IT-Infrastruktur. Man erwartetdabei einfachere Geschäftsprozesse, weniger Mit-arbeiter und flachere Organisationsstrukturen.

3.3 Manager und Informationssysteme 3.3Zur Bestimmung, in welcher Weise Informations-systeme für Manager von Vorteil sein können, müs-sen wir zuerst untersuchen, wie Manager arbeitenund welche Informationen sie für ihre Entschei-dungsfindung und andere Funktionen benötigen.Wir müssen zudem wissen, wie Entscheidungen ge-fällt werden und welche Arten von Entscheidungendurch formale Informationssysteme unterstütztwerden können.

3.3.1 Rolle der Manager in Unternehmen

Manager und Führungskräfte spielen eine Schlüs-selrolle in Unternehmen. Ihr Verantwortungs-bereich reicht vom Fällen von Entscheidungen,Schreiben von Berichten, Teilnehmen an Sitzungenbis zum Organisieren von sozialen Veranstaltungen.Wir wollen klassische und verhaltenstheoretischeModelle des Führungsverhaltens betrachten, umdie Funktionen und Rollen von Führungskräftenbesser zu verstehen.

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3.3 Manager und Informationssysteme

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Klassische Beschreibung des Management

Das klassische Managementmodell, das den Tätigkeits-bereich von Führungskräften beschreibt, war mehrals 80 Jahre lang, seit den 1920er Jahren, nicht inFrage gestellt worden. Henri Fayol und andere früheAutoren beschrieben die fünf klassischen Funktio-nen von Führungskräften als Planung, Strukturie-rung, Steuerung, Entscheidungsfindung und Kontrol-le. Diese Beschreibung der Managementaktivitätendominierte die Betrachtung des Management langeZeit und ist auch heute noch populär.

Diese Begriffe erfassen lediglich formale Manage-mentfunktionen und sind zur Beschreibung dessen,wie Manager tatsächlich arbeiten, unzureichend.Die Begriffe gehen nicht darauf ein, was Führungs-kräfte machen, wenn sie planen, etwas entscheidenund die Arbeit anderer steuern und kontrollieren.Wir brauchen ein differenzierteres Verständnis desVerhaltens von Führungskräften.

Verhaltenstheoretische Modelle

Zeitgenössische Verhaltensforscher beobachteten,dass sich Manager nicht so verhalten, wie wir auf-grund des klassischen Managementmodells annah-men. Kotter (1982) beschreibt beispielsweise denVormittag der Geschäftsführerin einer Investment-firma.

In diesem Beispiel lässt sich schwer bestimmen,welche Aktivitäten von Sternberg den klassischenFunktionen Planung, Strukturierung, Steuerung,Entscheidungsfindung und Kontrolle zuzurechnensind. Verhaltenstheoretische Modelle behaupten, dassdas tatsächliche Verhalten von Führungspersonenanscheinend weniger systematisch, informeller,weniger überlegt, spontaner, weniger geordnet undsehr viel leichtfertiger ist, als Studierende der Wirt-schaftsinformatik dies allgemein erwarten würden.

Beobachter stellten fest, dass das tatsächliche Ver-halten von Führungskräften fünf Attribute aufweist,die stark von der klassischen Beschreibung abwei-chen: Erstens erledigen Manager eine große MengeArbeit mit gleichbleibend hoher Geschwindigkeit.Studien zeigen, dass Manager täglich mehr als 600Aktivitäten ausüben, ohne Pausen zu machen. Zwei-tens sind die Aktivitäten von Managern fragmentiert,wobei die meisten Aktivitäten weniger als neun Mi-nuten dauern und nur 10 Prozent der Aktivitäten dieDauer von einer Stunde überschreiten. Drittensbevorzugen Manager Spekulationen und Gerüchte;sie möchten aktuelle, spezifische und Ad-hoc-Infor-mationen (gedruckte Informationen gelten häufig alsschon veraltet). Viertens bevorzugen Manager diemündliche Kommunikation gegenüber der schriftli-chen, weil mündliche Kommunikationsmittel flexib-ler zu handhaben sind, weniger Aufwand erfordernund schnellere Reaktionen vermitteln. Fünftenslegen Manager großen Wert darauf, ein vielseitigesund komplexes Netzwerk von Kontakten zu pflegen,das als informelles Informationssystem fungiert undihnen hilft, persönliche Aufgaben zu erledigensowie kurz- und langfristige Ziele zu erreichen.

7:35 Uhr: Sternberg kommt ins Büro, packt ih-ren Aktenkoffer aus, holt sich Kaffee und be-ginnt mit der Erstellung einer Liste der Dinge,die sie heute erledigen möchte.

7:45 Uhr: Braun (ein ihr unterstellter Mitarbei-ter) und Sternberg unterhalten sich über diesund das und sehen sich gemeinsam Urlaubs-fotos an.

8:00 Uhr: Sie besprechen einen Zeitplan derPrioritäten des heutigen Tages.

8:20 Uhr: Wilbers (ein ihr unterstellter Mitar-beiter) und Sternberg sprechen über persön-liche Probleme und scherzen währenddessenmiteinander.

8:45 Uhr: Sternbergs Sekretärin kommt insBüro und Sternberg bespricht mit ihr ihre neueWohnung und welche Vorbereitungen für eineam späteren Vormittag stattfindende Sitzungzu treffen sind.

8:55 Uhr: Sternberg geht zu einer Morgenbe-sprechung, die von einer ihr unterstellten Mit-arbeiterin geführt wird. An der Besprechungnehmen dreißig Personen teil und Sternbergliest während der Besprechung.

Klassisches Managementmodell | Traditionelle Be-schreibung des Management, die sich auf die formalen Funktionen der Planung, Strukturierung, Steuerung, Entscheidungsfindung und Kontrolle konzentriert.

Verhaltenstheoretische Modelle | Beschreibungen des Management, die auf den Beobachtungen von Ver-haltensforschern basieren, die untersuchten, was Mana-ger in ihrer beruflichen Tätigkeit tatsächlich tun.

11:05 Uhr: Sternberg und ihre Mitarbeiter ge-hen zurück ins Büro und diskutieren einschwieriges Problem. Sie versuchen, das Prob-lem zu definieren und mögliche Alternativenzu skizzieren. Sie lässt zu, dass die Mitarbeiterin der Diskussion immer wieder vom Themaabschweifen und dann wieder auf das Themazurückkommen. Schließlich einigen sie sichauf einen nächsten Schritt.

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Durch die Analyse des Alltagsverhaltens von Ma-nagern fand Mintzberg heraus, dass sich das Verhal-ten in zehn Managementrollen klassifizieren lässt.Managementrollen sind erwartete Tätigkeiten, dieManager in Unternehmen ausführen sollten. Mintz-berg stellte fest, dass sich diese Rollen in drei Kate-gorien einteilen lassen: zwischenmenschlich, infor-mationsbezogen und entscheidungsbezogen.

In zwischenmenschlichen Rollen fungieren Managerals „Galionsfigur“ des Unternehmens, beispielswei-se wenn sie es nach außen vertreten und symboli-sche Handlungen, etwa die Verleihung von Mitar-beiterpreisen, vollziehen.

Manager fungieren als Vorgesetzte, die versuchen,Mitarbeiter zu motivieren, zu beraten und zu unter-stützen. Manager fungieren auch als Vernetzer zwi-schen verschiedenen Ebenen des Unternehmens. Sieverbinden die einzelnen Ebenen mit den Mitglie-dern des Managementteams. Manager nehmen sichZeit, helfen anderen und erwarten, dass sich dieNutznießer ihrer Bemühungen dafür revanchieren.

In informationsbezogenen Rollen fungieren Mana-ger als „Radarschirme“ ihres Unternehmens, diekonkrete und hoch aktuelle Informationen empfan-gen und diese Informationen an diejenigen Mitglie-der des Unternehmens verteilen, die darüber imBilde sein müssen. Manager sind daher Sender undSprecher ihres Unternehmens.

In entscheidungsbezogenen Rollen treffen ManagerEntscheidungen. Sie fungieren als Innovator, indemsie Aktivitäten anstoßen. Sie lösen Probleme, dieim Unternehmen auftreten. Sie weisen Mitarbeiterndie benötigten Ressourcen zu und vermitteln inKonflikten zwischen Gruppen innerhalb des Unter-nehmens.

Tabelle 3.3 stellt, basierend auf Mintzbergs Rol-lenklassifizierung, dar, in welchen Bereichen Syste-me Managern helfen können. Die Tabelle zeigt, dassInformationssysteme bislang zu einigen wichtigenManagementbereichen noch wenig beitragen. DieseBereiche bieten sich zur Entwicklung künftigerSysteme an.

Managementrollen | Erwartete Tätigkeiten, die Mana-ger in Unternehmen ausführen sollten.

Zwischenmenschliche Rollen | Mintzbergs Klassifizie-rung für Managementrollen, in denen Manager als „Gali-onsfigur“ und Vorgesetzte des Unternehmens fungieren.

Informationsbezogene Rollen | Mintzbergs Klassifi-zierung für Managementrollen, in denen Manager als „Radarschirme“ ihrer Organisation fungieren, die kriti-sche Informationen empfangen und verteilen.

Entscheidungsbezogene Rollen | Mintzbergs Klassifi-zierung für Managementrollen, in denen Manager Akti-vitäten in die Wege leiten, Probleme lösen, Ressourcen zuweisen und in Konflikten vermitteln.

Tabelle 3.3

Managementrollen und unterstützende InformationssystemeQuelle: Kenneth C. Laudon und Jane P. Laudon; und Mintzberg, 1971.

Rolle Unterstützende Systeme

Zwischenmenschliche Rollen

Galionsfigur Nicht vorhanden

Vorgesetzter Nicht vorhanden

Vernetzer Elektronische Kommunikationssysteme

Informationsbezogene Rollen

Radarschirm MIS, ESS

Sender Post, Bürosysteme

Sprecher Office-Anwendungen, PCs

Entscheidungsbezogene Rollen

Innovator Nicht vorhanden

Problemlöser Nicht vorhanden

Ressourcenzuteiler DSS-Systeme

Verhandlungsführer Nicht vorhanden

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3.3 Manager und Informationssysteme

141

3.3.2 Manager und Entscheidungen

Entscheidungen zu fällen ist häufig die schwierigs-te Rolle eines Managers. Informationssysteme hel-fen Managern bei der Übermittlung und Verteilungvon Informationen, sie unterstützen Manager abernur in begrenztem Umfang beim Treffen von Ma-nagemententscheidungen. Weil die Entscheidungs-findung einer der Bereiche ist, den die Systemdesi-gner am meisten zu beeinflussen versucht haben(mit wechselndem Erfolg), wenden wir uns nundiesem Thema zu.

Der Entscheidungsfindungsprozess

Entscheidungsfindungsprozesse lassen sich nach Or-ganisationsebenen klassifizieren, entsprechend derin Kapitel 2 vorgestellten strategischen Ebene, mitt-leren Managementebene und operativen Ebene vonUnternehmen. Strategische Entscheidungsfindung legtdie Ziele, Ressourcen und Richtlinien eines Unter-nehmens fest. Die Entscheidungsfindung in Zusam-menhang mit der Managementkontrolle befasst sichv.a. mit den Fragen, wie effizient und effektiv Res-sourcen eingesetzt werden und ob die Leistung der

operativen Einheiten zufrieden stellend ist. Die Ent-scheidungsfindung in Zusammenhang mit der opera-tiven Kontrolle legt fest, wie bestimmte Aufgaben aus-geführt werden, die von Entscheidungsträgern derstrategischen und der mittleren Managementebenevorgegeben werden, und wie Informationen inner-halb des Unternehmens verteilt werden. Innerhalbjeder dieser Entscheidungsfindungsebenen unter-scheiden Forscher zwischen strukturierten und un-strukturierten Entscheidungen.

Strategische Entscheidungsfindung | Festlegen der langfristigen Ziele, Ressourcen und Richtlinien eines Unternehmens.

Managementkontrolle | Überwachen, inwieweit ope-rative Einheiten sowie Unternehmensressourcen effizi-ent und effektiv arbeiten bzw. eingesetzt werden.

Operative Kontrolle | Entscheiden, wie bestimmte, vom Top-Management und mittleren Management vorgegebene Aufgaben ausgeführt werden und welche Kriterien für die Fertigstellung und die Ressourcen-zuweisung gelten sollen.

Abbildung 3.9: Nutzen von Informationssystemen auf verschiedenen EntscheidungsfindungsebenenVerschiedene Arten von Informationssystemen auf unterschiedlichen Organisationsebenen unterstützen verschiedene Arten von Entscheidungen.

Standortauswahl fürProduktionsstätten

Mahnwesen

Einführung von neuen ProduktenEintritt in neue Märkte

Budgetüberschreitungin der Produktion

Budgetierung

Projektplanung

Operativ Management Strategisch

ORGANISATIONSEBENE

Strukturiert

Schwachstrukturiert

Unstrukturiert

ART DERENTSCHEIDUNG

= Managementinformationssystem

Abkürzungen: = Entscheidungsunterstützungssystem= Unterstützungssysteme für die Führungsebene

DSS

MIS

Ope-rativesSystem

ESS

DSSESSMIS

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STRATEGISCHE ROLLE VON INFORMATIONSSYSTEMEN3

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Unstrukturierte (nicht strukturierte) Entscheidungensind Entscheidungen, bei denen der Entscheidendedie Problemdefinition beurteilen, bewerten undverstehen muss. Jede dieser Entscheidungen istneuartig, wichtig und nicht routinemäßig und esgibt kein definiertes oder vereinbartes Entschei-dungsfindungsverfahren (Gorry und Scott-Morton,1971). Strukturierte Entscheidungen müssen wieder-holt und routinemäßig getroffen werden und es gibtein definiertes Entscheidungsfindungsverfahren, sodass diese Entscheidungen nicht immer wieder wieneue Entscheidungen behandelt werden müssen.Einige Entscheidungen sind schwach strukturiert.In diesen Fällen lässt sich nur ein Teil des Problemsmit Hilfe eines akzeptierten Verfahrens klar lösen.

Das in Abbildung 3.9 dargestellte Raster zeigt,wie diese beiden Perspektiven der Entscheidungs-findung kombiniert werden. Im Allgemeinen habendie für die operative Kontrolle verantwortlichenMitarbeiter mit recht gut strukturierten Problemenzu tun. Strategische Planer müssen dagegen hoch-gradig unstrukturierte Probleme lösen. Jede Ebenedes Unternehmens enthält jedoch sowohl struktu-rierte als auch unstrukturierte Probleme.

Phasen der Entscheidungsfindung

Das Treffen von Entscheidungen beinhaltet unter-schiedliche Aktivitäten. Simon (1960) beschreibtvier Phasen der Entscheidungsfindung: Recherche(intelligence), Alternativengenerierung (design),Auswahl (choice) und Umsetzung (implementation).

Die Recherche umfasst das Erkennen und Verste-hen der Probleme, die im Unternehmen auftreten:warum, wo und mit welchen Auswirkungen dasProblem vorzufinden ist. MIS-Systeme, die vieleunterschiedliche Detailinformationen bereitstel-len, können die Problemerkennung erleichtern, ins-besondere wenn das System über Ausnahmen be-richtet.

Während der Alternativengenerierung entwirft diePerson mögliche Lösungen für das Problem. Kleine-re DSS-Systeme sind in dieser Phase der Entschei-dungsfindung ideal, weil sie mit einfacherenModellen arbeiten, die rasch entwickelt und mit be-grenzten Datenmengen eingesetzt werden können.

Die Auswahl betrifft die Auswahl einer Lösungs-alternative. Hier brauchen die Entscheidungsträgeru.U. ein größeres DSS, um umfangreiche Daten fürverschiedene Alternativen analysieren und kom-plexe Modelle entwickeln zu können, oder Daten-analysewerkzeuge, um verschiedene Kostenarten,Konsequenzen und Möglichkeiten berücksichtigenzu können.

Während der Umsetzung der gewählten Entschei-dung können Manager ein Berichtssystem einset-zen, das Standardberichte über den Fortschritteiner bestimmten Problemlösung erstellt. Als unter-stützende Systeme kommen komplexe MIS-Sys-teme oder auch kleinere Systeme, die auf PCs aus-geführt werden, und Projektplanungssoftware inFrage.

Im Allgemeinen folgen diese Entscheidungsfin-dungsphasen nicht sequenziell aufeinander. Über-legen Sie, wie Sie sich für eine bestimmte Hoch-schule oder Universität entschieden haben. Anjedem Punkt des Entscheidungsfindungsprozessesist es möglich, dass Sie zur vorherigen Phase zu-rückkehren müssen (siehe Abbildung 3.10). Bei-spielsweise ist es häufig so, dass es mehrere Alter-nativen gibt, man sich aber nicht sicher ist, ob einbestimmter Lösungsentwurf das vorliegende Prob-lem löst. In diesem Fall sind zusätzliche Recher-chen erforderlich. Es kann auch der Fall eintreten,dass man während der Umsetzung einer bestimm-ten Lösung feststellt, dass diese Lösung nichtbrauchbar ist. In einem solchen Fall muss man dieAlternativengenerierung und die Auswahlphasewiederholen.

Unstrukturierte (nicht strukturierte) Entscheidun-gen | Nicht routinemäßige Entscheidungen, bei denen der Entscheidende die Problemdefinition beurteilen, bewerten und verstehen muss und für die kein einheit-liches Entscheidungsfindungsverfahren definiert ist.

Strukturierte Entscheidungen | Entscheidungen, die wiederholt, routinemäßig und nach einem definierten Verfahren zu treffen sind.

Recherche | Die erste von Simons vier Phasen der Ent-scheidungsfindung, während der Informationen gesam-melt werden, um im Unternehmen auftretende Probleme zu erkennen.

Alternativengenerierung | Simons zweite Phase der Entscheidungsfindung, während der mögliche Problem-lösungsalternativen identifiziert und generiert werden.

Auswahl | Simons dritte Phase der Entscheidungs-findung, während der eine der verschiedenen Prob-lemlösungsalternativen ausgewählt wird.

Umsetzung | Simons letzte Phase der Entscheidungs-findung, während der die Entscheidung umgesetzt und über den Lösungsfortschritt berichtet wird.

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3.3 Manager und Informationssysteme

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Implikationen für die Entwicklung von Informationssystemen

Damit Informationssysteme echte Vorteile bietenkönnen, ist für ihre Entwicklung ein klares Ver-ständnis des Unternehmens, in dem sie eingesetztwerden, und des zu leistenden Beitrags zum Ent-scheidungsfindungsprozess notwendig. Unserer Er-fahrung nach müssen die folgenden wichtigen orga-nisatorischen Faktoren bei der Planung neuerInformationssysteme berücksichtigt werden:

die Umwelt, in der sich das Unternehmen befin-det

die Organisationsstruktur des Unternehmens:Hierarchiestruktur, Zentralisationsgrad undVerfahrensrichtlinien

Kultur und Politik des Unternehmens

der Unternehmenstypus und dessen Führungs-stil

die wichtigsten Interessengruppen, auf die sichdas Informationssystem auswirkt, und die Hal-tung der Mitarbeiter, die das System benutzenwerden

die Aufgaben, Entscheidungen und Geschäfts-prozesse, die das Informationssystem unterstüt-zen soll

Informationssysteme sollten so konzipiert werden,dass sie sowohl die Entscheidungsfindung vonGruppen als auch die des Unternehmens unterstüt-zen. Die Entwickler von Informationssystemen soll-ten Systeme entwerfen, die über folgende Merk-male verfügen:

Sie sind flexibel und bieten viele Optionen fürdie Bearbeitung von Daten und die Auswertungvon Informationen.

Sie können eine Vielzahl verschiedener Verfah-ren, Fertigkeiten und Kenntnisse unterstützenund viele Alternativen und Konsequenzen ver-walten.

Sie berücksichtigen die bürokratischen undpolitischen Gegebenheiten des Unternehmens.

Abbildung 3.10: EntscheidungsfindungsprozessBis man zu einer Entscheidung gelangt, sind häufig mehrere Iterationen und Bewertungen der einzelnen Phasen erforderlich. Der Entscheidungs-träger muss oft eine oder mehrere Phasen des Entscheidungsfindungsprozesses wiederholen, bevor der Prozess vollendet werden kann.

Welche Alternativensind verfügbar?

Welche Alternativesollte man wählen?

Ist die gewählteAlternative brauchbar?

Welches Problem liegt vor?

Auswahl

Umsetzung

Alternativen-generierung

Recherche

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STRATEGISCHE ROLLE VON INFORMATIONSSYSTEMEN3

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3.4 Unternehmensstrategie und strategische Informationssysteme 3.4Bestimmte Arten von Informationssystemen sindzur Sicherung des langfristigen Wohlergehens undBestehens von Unternehmen besonders wichtig ge-worden. Diese Systeme sind mächtige Werkzeuge,die Firmen einen Wettbewerbsvorteil verschaffen.Sie werden strategische Informationssysteme ge-nannt.

3.4.1 Was ist ein strategisches Informationssystem?

Strategische Informationssysteme verändern die Zie-le, Betriebsabläufe, Produkte, Dienstleistungenoder Beziehungen zur Unternehmensumwelt, umdem Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil zuverschaffen. Systeme, die diesen Effekt haben, kön-nen u.U. sogar das Kerngeschäft des Unternehmensändern. Beispielsweise verlagerte die Firma Cardi-nal Health ihr Kerngeschäft von der Distributionpharmazeutischer Produkte auf die Bereitstellungund Verwaltung von Informationssystemen fürApotheken in Krankenhäusern. Sie bietet Kranken-hausapotheken Verwaltungsdienste an und entwirftund produziert maßgeschneiderte Verpackungenfür Medikamente. Die Firma Hanover Compressor,die anfangs Geräte vermietete, um Erdgas durchProduktions- und Distributions-Pipelines zu beför-dern, setzte Informationssysteme ein, um die Ver-waltung und Wartung der Pipeline-Überwachungs-systeme von Kunden zu übernehmen (Slywotzkyund Wise, 2002).

Strategische Informationssysteme müssen vonden Systemen auf der strategischen Ebene unter-schieden werden, die für das Top-Management vor-gesehen sind, das sich auf langfristige Entscheidun-gen konzentriert. Strategische Informationssystemekönnen auf jeder Organisationsebene eingesetztwerden und sind viel weitreichender und tieferverwurzelt als die anderen Arten von Systemen, diewir bislang beschrieben haben.

Strategische Informationssysteme ändern grundle-gend die Arbeitsweise eines Geschäftsbereichs odersogar eines gesamten Unternehmens. Wie wir nochsehen werden, müssen Unternehmen ihre internenBetriebsabläufe und ihre Beziehungen zu Kundenund Lieferanten ggf. ändern, um die Vorteile neuerstrategischer Informationssysteme nutzen zu kön-nen.

Traditionelle Strategiemodelle werden modifi-ziert, um der Bedeutung vernetzter Unternehmenund neuer Arten der Informationsweitergabe Rech-nung zu tragen. Bevor es vernetzte Unternehmengab, stand bei Unternehmensstrategien das Kopf-an-Kopf-Rennen mit anderen Firmen derselbenBranche im Mittelpunkt. Heute liegt das Gewichtzunehmend darauf, neue Marktnischen zu erfor-schen, zu erkennen und vor der Konkurrenz zu be-legen, die Kundenwertschöpfungskette besser zuverstehen sowie schneller und intensiver als dieKonkurrenten zu lernen.

Es gibt kein allgemeines, allumfassendes strategi-sches System, sondern es gibt eine ganze Reihe vonSystemen, die auf unterschiedlichen Strategieebe-nen arbeiten: Geschäftsbereich, Unternehmen undBranche. Auf jeder Strategieebene unterstützenstrategische Systeme unterschiedliche Aufgaben.Für jede Strategieebene wird ein entsprechendesAnalysemodell verwendet.

3.4.2 Informationssysteme für geschäftsbereichsbezogene Strategien

Auf der Geschäftsbereichsebene bezüglich Strategielautet die Kernfrage: „Wie können wir in diesemspeziellen Markt erfolgreich bestehen?“ Bei demMarkt kann es sich z.B. um Glühbirnen, Nutzfahr-zeuge oder Kabelfernsehen handeln. Die gängigstenallgemeinen Strategien auf dieser Ebene sind 1) derkostengünstigste Hersteller zu werden, 2) sein Pro-dukt oder seine Dienstleistung gegenüber Konkur-renzprodukten abzuheben (z.B. durch neue undeinzigartige Produkte), und/oder 3) den Umfangdes Wettbewerbs zu ändern, indem man entwederden Markt auf globale Märkte ausweitet oder ihnverkleinert, indem man sich auf Nischen konzen-triert, die von der Konkurrenz nicht gut bedientwerden. Vernetzte Unternehmen bieten neue Mög-lichkeiten zur Unterstützung der Unternehmens-strategie durch das Supply Chain Management, denAufbau effizienter Systeme zur Ermittlung und Er-füllung von Kundenwünschen und die Beteiligungan Wertschöpfungsnetzen zur Markteinführungneuer Produkte und Dienstleistungen.

Strategische Informationssysteme | Informations-systeme auf jeder Organisationsebene, die Ziele, Betriebsabläufe, Produkte, Dienstleistungen oder Bezie-hungen zur Unternehmensumwelt verändern, um dem Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen.

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3.4 Unternehmensstrategie und strategische Informationssysteme

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Informationssysteme in der Wertschöpfungskette nutzen

Auf der Geschäftsbereichsebene ist die Analyse derWertschöpfungskette das gängigste Analysewerk-zeug. Das Wertschöpfungskettenmodell hebt bestimm-te Geschäftsaktivitäten hervor, bei denen Wettbe-werbsstrategien am besten einsetzbar sind (Porter,1985) und bei denen die Wahrscheinlichkeit amgrößten ist, dass Informationssysteme eine strategi-sche Wirkung haben. Das Wertschöpfungskettenmo-dell identifiziert bestimmte kritische Einsatzpunkte,an denen eine Firma IT effizient zur Verbesserungihrer Wettbewerbssituation nutzen kann. Wo genaukann die Firma den größten Nutzen aus einem stra-tegischen Informationssystem ziehen? Welche Akti-vitäten lassen sich im Einzelnen zur Schaffungneuer Produkte und Dienstleistungen, zur Erhöhungdes Marktanteils, zur Bindung von Kunden und Lie-feranten und zur Senkung der Betriebskosten nut-zen? Dieses Modell betrachtet das Unternehmen alseine Reihe oder „Kette“ von Grundaktivitäten, dieden Produkten oder Dienstleistungen des Unterneh-mens Wert hinzufügen. Diese Aktivitäten lassensich in Hauptaktivitäten und unterstützende Aktivi-täten unterteilen.

Primäre (Wertschöpfungs-)Aktivitäten stehen unmit-telbar mit der Produktion und Distribution der Pro-dukte oder der Dienstleistung eines Unternehmensin Zusammenhang, die für den Kunden von Wertsind. Zu primären Aktivitäten gehören die innerbe-triebliche Logistik, Arbeitsvorbereitung und -pla-nung, Fertigung, Distributionslogistik, Vertrieb undMarketing und Kundenservice. Die innerbetrieb-liche Logistik beinhaltet den Empfang und die La-gerung von Materialien zur Weitergabe an die Pro-duktion. Durch Arbeitsvorbereitung und -planungund Fertigung werden die zu verarbeitenden Mate-rialien in fertige Produkte umgewandelt. Die Distri-butionslogistik umfasst die Lagerung und Distribu-tion der fertigen Produkte. Vertrieb und Marketingsind für die Werbung und den Verkauf der Produktezuständig. Der Kundenservice ist mit der Wartungund Reparatur der Produkte und Dienstleistungender Firma befasst. Unterstützende (Wertschöp-fungs-)Aktivitäten ermöglichen die Ausführung derprimären Aktivitäten eines Unternehmens und um-fassen die Infrastruktur (Verwaltung und Manage-ment) des Unternehmens, das Personalwesen (Su-che, Einstellung und Schulung von Mitarbeitern),die Technikinfrastruktur (zur Verbesserung der Pro-dukte und des Produktionsprozesses) und dasFinanz- und Rechnungswesen.

Ein Informationssystem kann eine strategische Wir-kung haben, wenn es dem Unternehmen hilft, Pro-dukte oder Dienstleistungen zu geringeren Kostenals die Konkurrenz bereitzustellen oder höherwerti-ge Produkte oder Dienstleistungen zu den gleichenKosten wie die Konkurrenz anzubieten. In diesemFall besitzt das Unternehmen einen Wettbewerbs-vorteil. Welche Aktivitäten am stärksten zum Wertvon Produkten oder Dienstleistungen beitragen,hängt von den Eigenheiten der einzelnen Firmen ab.

Die Wertschöpfungskette eines Unternehmenskann mit den Wertschöpfungsketten ihrer Partner,einschließlich Lieferanten, Großhändler und Kun-den, verknüpft werden. Abbildung 3.11 veran-schaulicht die Aktivitäten innerhalb der Wert-schöpfungskette eines Unternehmens sowie derWertschöpfungskette einer Branche und zeigt Bei-spiele für Informationssysteme auf, durch derenEinsatz diese einzelnen Aktivitäten kostengünstigerwerden könnten. Eine Firma kann sich einen strate-gischen Vorteil verschaffen, indem sie nicht nurüber die Prozesse ihrer internen Wertschöpfungs-kette, sondern auch durch starke, effiziente Verbin-dungen zu Partnerfirmen in der Branche wertvolleProdukte oder Dienstleistungen anbietet.

Elektronische Netzwerke können nicht nur zumEinkauf von Materialien, sondern auch zur Koordi-nation der Produktion vieler voneinander unab-hängiger Firmen eingesetzt werden. Beispielsweiselagert der italienische Bekleidungshersteller Benet-ton arbeitsintensive Fertigungsprozesse, wie dasNähen und Bügeln, an Subunternehmer und unab-hängige Firmen aus, behält sich jedoch die Kontrol-le über das Design, die Beschaffung, Vermarktungund Distribution der Produkte vor.

Wertschöpfungskettenmodell | Modell, das die Hauptaktivitäten oder unterstützenden Aktivitäten hervorhebt, welche die Produkte oder Dienstleistungen einer Firma mit Wert versehen.

Primäre (Wertschöpfungs-)Aktivitäten | Wertschöp-fende Aktivitäten, die unmittelbar mit der Produktion und Distribution der Produkte oder Dienstleistung eines Unternehmens in Zusammenhang stehen.

Unterstützende (Wertschöpfungs-)Aktivitäten |Aktivitäten, welche die Ausführung der primären Aktivi-täten eines Unternehmens ermöglichen. Hierunter fallen die Infrastruktur des Unternehmens, wie z.B. das Perso-nalwesen, die Technikinfrastruktur und das Finanz- und Rechnungswesen.

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STRATEGISCHE ROLLE VON INFORMATIONSSYSTEMEN3

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Das Unternehmen Benetton gibt die Produktions-spezifikationen über Computernetzwerke an unab-hängige Firmen und ausländische Produktions-zentren weiter. Diese können die Waren, die inBenettons Einzelhandelsgeschäften verkauft wer-den sollen, effizient fertigen (Camuffo, Romanound Vinelli, 2001).

Die Internettechnik ermöglicht es, die Wertschöp-fungskette so weit auszudehnen, dass darin sämt-liche Lieferanten, Geschäftspartner und Kunden inein Wertschöpfungsnetz eingebunden werden. EinWertschöpfungsnetz ist eine Gruppe unabhängigerUnternehmen, die mit Hilfe von IT ihre Wertschöp-fungsketten koordinieren, um gemeinsam ein Pro-dukt oder eine Dienstleistung für den Markt zu pro-duzieren.

Es ist stärker kundenorientiert und nicht so linearwie die traditionelle Wertschöpfungskette. Abbil-dung 3.12 zeigt, dass dieses Wertschöpfungsnetzwie ein dynamisches Geschäftsökosystem funktio-niert, das die Geschäftsprozesse von Kunden, Liefe-ranten, Handelspartnern unterschiedlicher Firmeneiner Branche oder verwandter Branchen aufeinan-der abstimmt. Wertschöpfungsnetze sind flexibelund können sich Änderungen in Angebot undNachfrage anpassen. In Reaktion auf veränderteMarktbedingungen können Beziehungen gebündeltoder gelockert werden. Firmen können ein solchesWertschöpfungsnetz benutzen, um mit vielen Kun-den langjährige Beziehungen zu pflegen oder umsofort auf einzelne Kundentransaktionen zu rea-gieren. Firmen können die Markteinführung vonProdukten und die Belieferung von Kunden be-schleunigen, indem sie die Beziehungen ihresWertschöpfungsnetzes optimieren, um schnell ent-scheiden zu können, wer die erforderlichenProdukte oder Dienstleistungen zum richtigen Preisund am gewünschten Standort bereitstellen kann.

Wertschöpfungsnetz | Kundenorientiertes Netzwerk unabhängiger Unternehmen, die mit Hilfe von IT ihre Wertschöpfungsketten koordinieren, um gemeinsam ein Produkt oder eine Dienstleistung für den Markt zu pro-duzieren.

Abbildung 3.11: Wertschöpfungskette eines Unternehmens und Wertschöpfungskette einer BrancheGezeigt werden verschiedene Beispiele für strategische Informationssysteme für primäre Wertschöpfungsaktivitäten und unterstützende Wert-schöpfungsaktivitäten eines Unternehmens und seiner Partner, welche den Wert der Produkte oder Dienstleistungen steigern könnten.

Verwaltung und Management:Elektronische Planungs- und Datenverarbeitungssysteme

Personalwesen:Personalplanungssysteme

Beschaffung:Elektronische Bestellsysteme

Technik:Computergestützte Designsysteme

Eingangs-logistik

AutomatischeLagersysteme

Fertigung

Computer-gesteuerte Maschinen-systeme

Vertrieb undMarketing

ElektronischeBestellsysteme

Kunden-service

Wartungs-systeme

Distributions-logistik

Automa-tisierte Versandpla-nungssysteme

Wer

tsch

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nter

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ensUnterstützende

Aktivitäten

PrimäreAktivitäten

CustomerRelationshipManagement-Systeme

Einkaufs-und Beschaffungs-systeme

Lieferanten Unternehmen Großhändler EndkundenLieferantender Lieferanten

Wertschöpfungskette einer Branche

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3.4 Unternehmensstrategie und strategische Informationssysteme

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Unternehmen sollten versuchen, sowohl für die ge-winnbringendsten Aktivitäten der internen Wert-schöpfungskette als auch für die gewinnbringendstenexternen Aktivitäten strategische Informationssyste-me zu entwickeln. Eine strategische Analyse kannbeispielsweise Vertriebs- und Marketingaktivitätenidentifizieren, bei denen der Einsatz von Informa-tionssystemen den größten Nutzen bringt. Die Analy-se kann z.B. in der Empfehlung eines Systems zur Re-duzierung der Marketingkosten resultieren, dasMarketingkampagnen gezielter plant oder Informa-tionen zur Entwicklung von Produkten bereitstellt,die besser auf den Zielmarkt der Firma zugeschnittensind. U.U. ist zur Schaffung eines strategischen Vor-teils ein Verbund von Informationssystemen erforder-lich, von denen einige mit den Systemen von Part-nern der Wertschöpfungskette verknüpft sind.

Wertschöpfungsketten und Wertschöpfungsnetzesind nicht statisch. Von Zeit zu Zeit müssen sie ggf.umgestaltet werden, um mit den Änderungen inder Wettbewerbslandschaft Schritt zu halten (Fineet al., 2002). Unternehmen müssen möglicherweiseihre strukturellen, finanziellen und personellenVermögenswerte neu ordnen und neu gestalten undihre Informationssysteme überarbeiten, um neueWertschöpfungsquellen ausschöpfen zu können.

Wir zeigen nun, wie IT auf der Geschäftsbereichs-ebene Unternehmen dabei hilft, Kosten zu senken,Produkte zu differenzieren und neue Märkte zu be-dienen.

Informationssysteme zur Unterstützung der Differenzierungsstrategie

Unternehmen können Informationssysteme zurSchaffung einzigartiger, neuer Produkte undDienstleistungen einsetzen, die sich von den Pro-dukten und Dienstleistungen der Konkurrenz un-terscheiden. Strategische Informationssysteme fürdie Differenzierung können die Konkurrenz daranhindern, Produkte nachzuahmen. Kunden sollendurch einen Zusatznutzen (Qualität, Service, Diffe-renzierung) dafür gewonnen werden, einenPreisaufschlag zu bezahlen.

Differenzierung | Wettbewerbsstrategie zur Erzeu-gung von Kundenbindung durch die Entwicklung neuer und einzigartiger Produkte und Dienstleistungen, die von Konkurrenten nur schwer zu kopieren sind und da-her teurer verkauft werden können.

Abbildung 3.12: WertschöpfungsnetzDas Wertschöpfungsnetz ist ein vernetztes System, das die Wertschöpfungsketten von Geschäftspartnern innerhalb einer Branche aufeinander ab-stimmen kann, um auf Änderungen in Angebot und Nachfrage schnell reagieren zu können.

Supply Chain Management-Systeme

Branchenspezifische NetzwerkeOnline-Handelsplätze

Customer RelationshipManagement-Systeme

Kunden

Kunden derKunden

Branche

Unternehmen

ERP-Systeme

Strategische Allianzenund Partnerfirmen

Zentrale Transaktions-systeme

Indirekte Lieferanten

Lieferanten

Lieferantender Lieferanten

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STRATEGISCHE ROLLE VON INFORMATIONSSYSTEMEN3

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Unternehmen, die solche differenzierten Produkteund Dienstleistungen anbieten, müssen nicht mehrauf der Kostenebene konkurrieren, weil sie ihreProdukte teurer verkaufen können. Viele dieser IT-basierten Produkte und Dienstleistungen wurdenvon Kreditinstituten entwickelt. Die Citibank ent-wickelte 1977 Geldautomaten und Bankkreditkar-ten und wurde daraufhin zeitweilig die größte Bankin den USA. Die Geldautomaten der Citibank warenso erfolgreich, dass die Konkurrenten der Citibankgezwungen waren, im Gegenzug eigene Geldauto-matensysteme zu entwickeln. Citibank, Wells FargoBank und andere Banken haben weiterhin innovati-ve Produkte und Dienstleistungen entwickelt,indem sie elektronische Online-Banking-Dienstebereitstellten, so dass die Kunden einen Großteilihrer Banktransaktionen mit dem PC über ein prop-rietäres Netzwerk oder das Internet erledigen kön-nen. Diese Banken führten neue Kontenver-waltungsdienste ein, mit denen Kunden über eineinziges Online-System auf alle ihre Konten, ein-schließlich Kreditkartenkonten, Anlagekonten undsogar Konten, die bei konkurrierenden Banken ge-führt werden, zugreifen können. Einige Banken,z.B. die NetBank, haben das Web zur Einrichtung„virtueller Banken“ benutzt, die eine ganze Palettevon Finanzdienstleistungen anbieten, ohne physi-sche Niederlassungen zu besitzen. (Die Kundensenden ihre Einzahlungen per Post und heben Bar-geld an Geldautomaten ab.)

Computerbasierte Reservierungssysteme für Flug-tickets wie das SABRE-System von American Air-lines stellten bei der Einführung des Systems fürdie Fluggesellschaft und die Reisebranche eine sehrerfolgreiche Möglichkeit zur Produktdifferenzie-rung dar. Diese inzwischen selbstverständlichenReservierungssysteme müssen jetzt mit neuen Rei-sediensten konkurrieren, bei denen die Verbrau-cher unter Umgehung von Reisebüros und anderenVermittlern direkt im Internet Flug-, Hotel- undMietwagenreservierungen vornehmen können.

Hersteller und Einzelhändler beginnen, Informa-tionssysteme zur Entwicklung von maßgeschnei-derten Produkten und Dienstleistungen zu verwen-den, die nach den präzisen Spezifikationeneinzelner Kunden gefertigt bzw. bereitgestellt wer-den. Die Dell Computer Corporation verkauft ihreComputer direkt an Kunden und fertigt die Geräteerst nach Bestelleingang. Privatpersonen, Unter-nehmen und Behörden können bei Dell Computerkaufen, die nach ihren individuellen Wünschenkonfiguriert sind. Sie können ihre Bestellung direktüber eine gebührenfreie Telefonnummer oder dieWebsite von Dell aufgeben. Sobald eine Bestellungbei der Produktionssteuerung von Dell eingeht,wird diese an ein Fertigungswerk weitergeleitet,das den Computer anhand der vom Kunden angege-benen Konfiguration aus Komponenten zusammen-baut, die es vor Ort auf Lager hält. In Kapitel 1 wer-den andere Beispiele beschrieben, in denen IT

Abbildung 3.13: Website von DellAuf der Website der Dell Computer Corporation können Kunden die gewünschten Optionen auswählen und einen Computer bestellen, der nachdiesen Spezifikationen gebaut wird. Dells System der Fertigung auf Bestellung verschafft dem Unternehmen einen bedeutenden Wettbewerbs-vorteil.

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3.4 Unternehmensstrategie und strategische Informationssysteme

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eingesetzt wird, um unter Beibehaltung der Kos-teneffizienz der Massenproduktionstechniken kun-denspezifische Produkte und Dienstleistungen zuschaffen. Diese Strategien für eine Fertigung auf Be-stellung erfordern eine sorgfältige Koordination derKundenanforderungen mit der Produktion und fle-xible Prozesse in der gesamten Wertschöpfungsket-te des Unternehmens (Holweg und Pil, 2001).

Informationssysteme zur Unterstützung der Strategie der fokussierten Differenzierung

Unternehmen können neue Marktnischen schaffen,indem sie spezielle Zielgruppen für ein Produktoder eine Dienstleistung identifizieren, für die dasProdukt oder die Dienstleistung von besonderemInteresse oder Wert ist. Durch fokussierte Differenzie-rung kann ein Unternehmen spezielle Produkteoder Dienstleistungen für einen kleinen Zielmarktbereitstellen. Für große Wettbewerber wäre die Be-setzung einer solchen Nische dagegen unrentabel.

Informationssysteme können Unternehmen einenWettbewerbsvorteil verschaffen, indem sie Datenfür fein auf die Zielgruppe abgestimmte Vertriebs-und Marketingtechniken liefern. Solche Systemebehandeln vorhandene Informationen als eineRessource, die vom Unternehmen ausgeschöpftwerden kann, um Rentabilität und Marktdurch-dringung zu erhöhen. Informationen versetzenUnternehmen in die Lage, die Kaufgewohnheiten,den Geschmack und die Vorlieben von Kunden ge-nauer zu analysieren, so dass sie effiziente Werbe-und Marketingkampagnen für immer kleinere Ziel-märkte konzipieren können.

Die Daten stammen aus verschiedenen Quellen:Kreditkartentransaktionen, demografische Daten,Kaufdaten von Kassensystemen (POS-Systeme) inSupermärkten und Einzelhandelsgeschäften undDaten, die erfasst werden, wenn Websites besuchtund für Online-Transaktionen verwendet werden.Softwareprogramme können Muster in diesen riesi-gen Datenbeständen erkennen und daraus Regelnableiten, die als Entscheidungshilfe dienen können.Die Analyse solcher Daten kann Grundlage für daspersonenbezogene Marketing sein, in dem basie-rend auf den Vorlieben des Einzelnen etwa persön-liche Nachrichten erstellt werden.

Beispielsweise analysiert die WarenhausketteSears Roebuck ständig die Kaufdaten von ihren

60 Millionen aktuellen und früheren Kreditkarten-kunden, um spezielle Werbeaktionen für Käufervon Haushaltsgeräten, für Hobbygärtner oder wer-dende Mütter zu konzipieren. Die Firma sendet bei-spielsweise den Käufern von Waschmaschinen undWäschetrocknern einen Wartungsvertrag und regel-mäßig ein Formular zur jährlichen Verlängerungdes Wartungsvertrags zu. Stein Roe Investors, einemit Mutual Funds handelnde Firma, erfasst undanalysiert Daten, die erzeugt werden, wenn jemandihre Website besucht. Sie verwendet diese Informa-tionen, um für vorhandene und potenzielle Kundenpersonalisierte Inhalte und Werbung zu erstellen,die auf deren Interessen zugeschnitten ist, z.B. diePlanung der Altersversorgung. Die Canadian Impe-rial Bank of Commerce (CIBC) analysiert die Konto-daten ihrer Kunden, um die profitabelsten Kundenzu ermitteln und diesen spezielle Dienstleistungenanzubieten. Der von diesen Datenanalysesystemengebotene Grad an Feinabstimmung auf Kunden-wünsche entspricht der in Kapitel 1 beschriebenenMassenfertigung kundenindividueller Produkte.Weitere Beispiele für die Analyse von Kunden-daten finden Sie in den Kapiteln 7, 9 und 11.

Es wird geschätzt, dass die Kosten für die Gewin-nung eines Neukunden fünf Mal so hoch sind wiedie Kosten für den Erhalt eines vorhandenen Kun-den. Durch eine sorgfältige Analyse der Käufe undTransaktionen seiner Kunden kann ein Unterneh-men profitable Kunden identifizieren und seineMarketing- und Vertriebstätigkeit stärker auf dieseKunden konzentrieren. Ebenso können Unterneh-men diese Daten verwenden, um nicht profitableKunden herauszufiltern. Unternehmen, die Kun-dendaten gekonnt nutzen, konzentrieren sich dar-auf, ihre wertvollsten Kunden zu identifizieren undmit Hilfe von Daten aus verschiedenen Quellen dieBedürfnisse dieser Kunden genauer zu erforschen(Clemons und Weber, 1994; Davenport, Harris undKohli, 2001; Reinartz und Kumar, 2002).

Fokussierte Differenzierung | Wettbewerbsstrategie zur Entwicklung und Besetzung neuer Marktnischen für spezialisierte Produkte oder Dienstleistungen, die es einem Unternehmen ermöglicht, im Zielmarkt seinen Wettbewerbern überlegen zu sein.

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Informationssysteme zur Unterstützung der Strategie der Kostenführerschaft

Die dritte (in Anlehnung an Porter, 1985) wichtigeWettbewerbsstrategie ist die Kostenführerschaft. Hierist das Ziel, der kostengünstigste Hersteller derBranche zu werden. Das kann nur gelingen, wennsämtliche Möglichkeiten, Kostenvorteile zu erlan-gen, aufgedeckt, ausgelotet und ausgenützt werden.Kostenführer vertreiben in der Regel Standardpro-dukte, die sie durch große Mengen günstig vertrei-ben können. Verfolgen mehrere Wettbewerber inder gleichen Branche diese Strategie, so kann einimmer unprofitabler werdender Wettbewerb dieFolge sein.

Mit Hilfe von Informationssystemen können demKunden Dienstleistungen standardisiert angebotenwerden. Durch die Vereinfachung und die Übertra-gung von Verwaltungsarbeiten auf den Kunden (z.B.beim Online-Abschluss von Versicherungen) kön-nen Unternehmen Kosten einsparen und die Wettbe-werbsstrategie der Kostenführerschaft verfolgen.Durch den Einsatz von Informationssystemen lassensich auch in der Produktion Kosten einsparen. Diesist mit automatisierten Produktionsplanungs- undSteuerungssystemen möglich, die beispielsweise dieTerminplanung unterstützen und durch die Festle-gung einer Produktionsreihenfolge die Maschinen-belegung optimieren.

Supply Chain Management und Efficient Consumer Response (ECR)

Vernetzte Unternehmen sind in der Lage, traditionel-le strategische Systeme weit zu übertreffen, denn siekönnen die elektronischen Verbindungen zu ande-ren Unternehmen nutzen. Eine lukrative Unter-nehmensstrategie, die vernetzten Unternehmen zurVerfügung steht, besteht in der Verknüpfung derWertschöpfungsketten von Auftragnehmern und Lie-feranten mit der Wertschöpfungskette des Unterneh-mens (Kopczak und Johnson, 2003). Die Integrationder Wertschöpfungsketten lässt sich noch fortsetzen,indem der Kunde bzw. die Information über seineNachfrage mit der vorgelagerten Wertschöpfungs-kette (Distribution, Beschaffung) über ein effizientesSystem zur Reaktion auf Kundennachfrage (EfficientConsumer Response, ECR) verknüpft wird.

Unternehmen, die über derartige Systeme Ver-knüpfungen mit Kunden und Lieferanten herstel-len, können ihre Lagerhaltungskosten reduzierenund gleichzeitig auf die Kundennachfrage schnellerreagieren. Ein entsprechendes in der Praxis gereif-tes, weit gefasstes Konzept ist das des EfficientConsumer Response.

Efficient Consumer Response (ECR) umfasst die aufdas gesamte Unternehmen bezogene Vision, Strate-gie und Bündelung von Techniken, die im Rahmeneiner partnerschaftlichen, auf Vertrauen basierendenKooperation zwischen Hersteller und Handel daraufabzielen, Ineffizienzen entlang der Wertschöpfungs-kette unter Berücksichtigung der Verbraucherbedürf-nisse und der maximalen Kundenzufriedenheit zubeseitigen, um allen Beteiligten jeweils einen Nut-zen zu stiften, der im Alleingang nicht zu erreichenwäre (von der Heydt, 1997). Zu den beiden Kernzie-len zählen die bedarfsgerechte und kontinuierlicheVersorgung der Konsumenten sowie die Senkung derAdministrations-, Logistik-, Kapital- sowie Marke-tingkosten. Traditionell war der Prozessablauf in derVersorgungskette stark durch das Push-Prinzip do-miniert: Hersteller versuchen, ihre Produkte durch„Push“ („Schub“, d.h., sie müssen initiativ mitjedem einzelnen Abnehmer aktiv kommunizieren)über zum Teil mehrere Handelsstufen hinweg inRichtung (End-)Kunde zu verkaufen (siehe Abbil-dung 3.14). Eine Prozesskette, die nach ECR-Prinzi-pien ausgerichtet ist, arbeitet verbraucherorientiertnach dem Pull-Prinzip. Dabei löst der Abverkaufeiner Ware automatisch einen Informationsfluss aus,der die Wertschöpfungskette „rückwärts“ vom Ortdes Abverkaufs bis hin zum Hersteller bzw. denZulieferanten des Herstellers durchläuft. Der Infor-mationsfluss erfolgt präziser und papierlos beispiels-weise mittels EDI (Electronic Data Interchange).

Kostenführerschaft | Wettbewerbsstrategie mit dem Ziel, der kostengünstigste Hersteller der Branche zu werden. Dazu müssen sämtliche Möglichkeiten, Kosten-vorteile zu erlangen, aufgedeckt, ausgelotet und ausge-nützt werden.

Efficient Consumer Response (ECR) | Umfasst die auf das gesamte Unternehmen bezogene Vision, Strategie und Bündelung von Techniken, die im Rahmen einer partnerschaftlichen Kooperation zwischen Hersteller und Handel darauf abzielen, Ineffizienzen entlang der Wert-schöpfungskette unter Berücksichtigung der Verbrau-cherbedürfnisse und der maximalen Kundenzufriedenheit zu beseitigen, um allen Beteiligten jeweils einen Nutzen zu stiften, der im Alleingang nicht zu erreichen wäre.

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3.4 Unternehmensstrategie und strategische Informationssysteme

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ECR wird über vier komplementäre Basisstrategienumgesetzt:

Mit der Strategie der effizienten Filialsortimente(efficient store assortment) verspricht man sichdurch Bestands- und Regaloptimierung eine höhereVerkaufsflächenproduktivität und eine erhöhteWarenumschlagshäufigkeit.

Effizienter Warennachschub (efficient replenish-ment) oder auch Quick Response stehen für automa-tische Filial- und Lagerbestellungen etwa mittelsEDI (Electronic Data Interchange), eine Just-in-Time-Logistik sowie Ablaufverbesserungen, die derWarenbeschädigung entgegenwirken. Damit sollendie Hersteller-, Großhandels- und Einzelhandels-lagerbestände sowie Lieferzeiten minimiert werden.Efficient bzw. Continuous Replenishment erscheintinsbesondere bei Warengruppen mit gut vorherseh-barem Abverkaufsverlauf sinnvoll. Saisonartikeloder Frischwaren sind hierfür weniger geeignet.

Effiziente Absatzförderung (efficient promotion)dient der Beschleunigung des Waren(ab)flussesbeim Handel insbesondere bei Sonderverkaufs-aktionen sowie des Aufbaus einer Daten- undWissensbasis über Nachfragegewohnheiten. Ziel istdabei die Senkung von Kosten bei der Abwicklungsowie die Produktivitätssteigerung.

Mittels effizienter Produkteinführung (efficient pro-duct introduction) wird eine engere Zusammen-arbeit der Hersteller und des Handels bei der Pro-duktentwicklung und -einführung angestrebt. DieEinführungsaktivitäten (bessere Testmöglichkeiten,schnelle Reaktion auf Konsumentenverhalten) sol-len optimiert und Fehlschläge vermieden werden.

Das Konzept des ECR hat seine Wurzeln in derUS-amerikanischen Lebensmittelindustrie, diedurch eine große Ineffizienz der Logistik gekenn-zeichnet war. In den USA wurde das erste ECR-Pro-jekt 1992 vom Food Marketing Institute initiiert.Kurz darauf konstituierte sich in Deutschland 1995unter organisatorischer Leitung der Centrale fürCoorganisation GmbH Köln (CCG) ein ECR-Len-kungsausschuss mit namhaften Beteiligten auf derHersteller- und der Handelsseite.

Wal-Mart wurde aufgrund seiner niedrigen Preiseund der dank seines legendären Auffüllsystemsstets gut bestückten Regale zum führenden Einzel-handelsunternehmen in den USA. Wal-Marts „effi-zienter Warennachschub“ sendet Nachbestellungenvon Artikeln direkt an die Lieferanten, sobald dieKäufer an der Kasse ihre Einkäufe bezahlen. POS-Terminals zeichnen den Barcode aller Artikel auf,die die Kasse passieren, und senden eine Kauftrans-aktion direkt an den Zentralrechner in der

Abbildung 3.14: ECR-Prozess – Betonung des Pull-PrinzipsDer Abverkauf einer Ware löst automatisch einen Informationsfluss aus, der die Wertschöpfungskette „rückwärts“ vom Ort des Abverkaufs bis hinzum Hersteller bzw. den Zulieferanten des Herstellers, durchläuft. Ziel ist die bedarfsgerechte und kontinuierliche Versorgung der Konsumentensowie die Senkung der Administrations-, Logistik-, Kapital- sowie Marketingkosten.

Quelle: Sylvia Nickel, 2004, Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:ECR.png

Hersteller Handel Kunde

Push als „Schub“ vom Hersteller zum Handel

Pull als „Sog“ vom Konsumenten über den Handel zum Hersteller

EinkaufVorprodukteLager

Produktion Vertrieb/Lager

Einkauf/Zentrallager

Filiale Kasse

Präziser und papierloser Austausch von Informationen

Bedarfsorientierte und kontinuierliche Versorgung mit Produkten

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STRATEGISCHE ROLLE VON INFORMATIONSSYSTEMEN3

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Unternehmenszentrale von Wal-Mart. Dieser Com-puter sammelt die Bestellungen von allen Wal-Mart-Läden und übermittelt sie den Lieferanten. Die Lie-feranten können über Internettechnik auch auf dieUmsatz- und Warenbestandsdaten von Wal-Mart zu-greifen. Weil das System den Warenbestand schnellwieder auffüllen kann, braucht Wal-Mart nicht vielGeld für die Lagerung umfangreicher Warenbe-stände in eigenen Lagerhäusern aufzuwenden. DasSystem ermöglicht es Wal-Mart auch, den Einkaufvon Artikeln des Warensortiments an die Kunden-nachfrage anzupassen. Konkurrenten wie Searsgeben 24,9 Prozent des Umsatzes für Gemeinkostenaus. Bei Wal-Mart betragen die Gemeinkosten nur16,6 Prozent des Umsatzes. (Die Betriebskosten be-laufen sich im Einzelhandel durchschnittlich auf20,7 Prozent des Umsatzes.)

Das kontinuierliche Auffüllsystem von Wal-Martist ein Beispiel für effizientes Supply Chain Ma-nagement, das wir in Kapitel 2 vorgestellt haben.

Supply Chain Management-Systeme können nichtnur die Warenbestandskosten senken, sondern auchdazu beitragen, dass der Kunde das Produkt oderdie Dienstleistung schneller erhält. Das SupplyChain Management kann folglich eingesetzt wer-den, um effizient die Kundennachfrage unmittelbarmit Distributions-, Produktions- und Supply Chainszu verknüpfen. Wal-Marts Auffüllsystem ermöglichtso eine effiziente Reaktion auf die Wünsche derKunden. Das Fertigungssystem der Dell ComputerCorporation ist ein weiteres Beispiel für eine derar-tige effiziente Verknüpfung.

Der Komfort und die einfache Bedienung dieserInformationssysteme erhöhen die Wechselkosten(switching costs), die Kosten, die dem Kunden beimWechsel von einem Produkt zu einem Konkurrenz-produkt entstehen. Dies hält Kunden davon ab, zurKonkurrenz zu gehen. Das Commercial ElectronicOffice von Wells Fargo, das in der einführendenFallstudie zu diesem Kapitel beschrieben wurde,ist ein Beispiel hierfür. Es handelt sich nicht nurum einen neuen Service, sondern auch um einenService mit sehr hohen Wechselkosten.

Ein weiteres Beispiel ist der „warenlose Lager-bestand“ und das Bestellsystem der Firma BaxterInternational, die das Supply Chain Managementeinsetzt, um eine effiziente Reaktion auf die Kun-dennachfrage (ECR) aufzubauen. Die teilnehmen-den Krankenhäuser sind nicht mehr gewillt, zueinem anderen Lieferanten zu wechseln, weil dasSystem so komfortabel und kostengünstig ist. Bax-

Wechselkosten (switching costs) | Die Kosten in Form von verlorenem Zeit- oder Ressourcenaufwand, die ei-nem Kunden oder einem Unternehmen beim Wechsel von einem Lieferanten oder Informationssystem zu einem Konkurrenten bzw. einem anderen System entstehen.

Abbildung 3.15: Website Wells Fargo Commercial Electronic OfficeDie Website Wells Fargo Commercial Electronic Office (C.E.O.) bietet Zugang zu allen Bankdienstleistungen, die von Geschäftskunden benötigtwerden. Sie ist sehr komfortabel und einfach zu bedienen, so dass der Wechsel zu einer Konkurrenzbank für den Kunden unattraktiv geworden ist.

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3.4 Unternehmensstrategie und strategische Informationssysteme

153

ter liefert nahezu zwei Drittel aller Produkte, die inamerikanischen Krankenhäusern verwendet wer-den. Wenn ein Krankenhaus eine Bestellung tätigenwill, muss es keinen Vertriebsmitarbeiter kontaktie-ren oder eine Bestellung schicken, sondern es kanneinfach einen Desktopcomputer oder ein Terminalbenutzen, die über proprietäre Software oder Inter-net eine Verbindung zum Warenkatalog von Baxterherstellen. Das System erzeugt Liefer-, Zahlungs-,Rechnungs- und Lagerbestandsdaten und gibt demKunden ein voraussichtliches Lieferdatum an. DaBaxter über mehr als 80 Distributionszentren in denUSA verfügt, können Produkte täglich ausgeliefertwerden, häufig innerhalb weniger Stunden nachEingang einer Bestellung.

Das Lieferpersonal von Baxter transportiert dieKartons nicht mehr zum Wareneingang des Kran-kenhauses, von wo aus sie in die Lagerräume beför-dert werden müssen, sondern bringt die Warendirekt in das Krankenhaus und liefert sie in denSchwesternzimmern, Operationsräumen und inter-nen Lagerräumen ab. Dadurch wurde aus Sicht desKrankenhauses praktisch ein „warenloser Lagerbe-stand“ geschaffen, da Baxter für die Krankenhäuserals Lager fungiert.

In Abbildung 3.16 wird dieses warenlose Lager derJust-in-Time-Liefermethode und traditionellenWarenwirtschaftspraktiken gegenübergestellt. Wäh-rend es eine Just-in-Time-Warenwirtschaft Kundenerlaubt, ihre Lagerbestände zu reduzieren, indemsie gerade so viel bestellen, dass ihr Warenbestandeinige Tage lang ausreicht, erlaubt ihnen das wa-renlose Lager, ihre Lagerbestände ganz zu eliminie-ren. Die gesamte Lagerhaltung wird dem Distribu-tor übertragen, der den Warenbestand verwaltet.Das warenlose Lager ist ein wirkungsvolles Instru-ment zur Kundenbindung. Es verleiht den Lieferan-ten somit einen eindeutigen Wettbewerbsvorteil.Informationssysteme können die Wechselkostenauch dadurch erhöhen, dass sie die Produktunter-stützung, den Kundenservice oder andere Berüh-rungspunkte mit Kunden komfortabler und zuver-lässiger gestalten (Vandenbosch und Dawar, 2002).

Supply Chain Management und Efficient Con-sumer Response sind zwei Beispiele dafür, wievernetzte Unternehmen Unternehmensstrategiennutzen können, die für traditionelle Firmen nichtzur Verfügung stehen. Beide Arten von Systemensetzen Investitionen in eine vernetzte IT-Infrastruk-tur und Softwarekenntnisse voraus, damit Kunden-

Abbildung 3.16: Warenloses Lager, verglichen mit traditionellen und Just-in-Time-LiefermethodenDie Just-in-Time-Warenwirtschaft erlaubt es Kunden, ihre Lagerbestände zu reduzieren. Dagegen werden mit dem warenlosen Lager die Lager-bestände auf Kundenseite ganz eliminiert. Lieferungen erfolgen täglich, u.U. direkt in die Abteilungen, die die Waren benötigen.

1. TRADITIONELLE LIEFERUNG

BAXTER KUNDEN

2. JUST-IN-TIME-LIEFERUNG

3. WARENLOSES LAGER

Krankenhaus

LieferungZentrallager

Lagerbestand

Lagerbestand

Zentrallager

Zentrallager

Lagerbestand

Lagerraum Zur Krankenhaus-Station

Zur Krankenhaus-Station

Zur Krankenhaus-Station

Häufigere Lieferungen Lagerraum

Tägliche Lieferungen

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STRATEGISCHE ROLLE VON INFORMATIONSSYSTEMEN3

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und Lieferkettendaten reibungslos zwischen denverschiedenen Unternehmen ausgetauscht werdenkönnen. Beide Strategien haben die Effizienz einzel-ner Unternehmen und die der Wirtschaft insgesamterhöht, indem sie die Entwicklung hin zu einemnachfrageorientierten („pull“-orientierten) Produk-tionssystem und weg vom traditionellen angebots-orientierten („push“-orientierten) Produktionssys-tem fördern. Die Planungsgrundlage der Produktionwird dabei von statischen Jahresplänen zu zeit-nahen Kundenkaufdaten umgestellt. In Kapitel 9wird dieses Thema eingehender behandelt. Abbil-dung 3.17 veranschaulicht die Beziehungenzwischen Supply Chain Management, Efficient Con-sumer Response und den verschiedenen Unterneh-mensstrategien.

3.4.3 Unternehmensbezogene Strategien: Verbesserung von Kernkompetenzen

Ein Unternehmen umfasst in der Regel mehrere Ge-schäftsbereiche. Diese Unternehmen sind finanziellhäufig als Gruppe strategischer Geschäftsbereichestrukturiert. Die Erlöse des Unternehmens sinddirekt an die Leistung der strategischen Geschäfts-

bereiche gebunden. Informationssysteme könnendie Gesamtleistung dieser Geschäftsbereiche ver-bessern, indem sie Synergien und Kernkompeten-zen fördern. Synergien können entstehen, wennGeschäftsbereiche Leistungen an andere Geschäfts-bereiche liefern oder wenn Unternehmen ihre Akti-vitäten auf bestimmten Märkten zusammenlegen.Dadurch lassen sich Kosten senken und Gewinneerzielen. In der jüngeren Vergangenheit zu beobach-tende Zusammenschlüsse von Banken und Finanz-unternehmen, z.B. die Zusammenschlüsse vonChemical Bank und Chase Manhattan Corp., WellsFargo und Norwest Corp., Deutsche Bank und Ban-kers Trust sowie Citicorp und Travelers Insuranceerfolgten genau aus diesem Grund. IT kann in die-sen Fällen eingesetzt werden, um die Betriebsab-läufe ungleicher Geschäftsbereiche zu verbinden,so dass sie als Einheit agieren können. Beispiels-weise kann das Unternehmen Citigroup sowohl Fi-nanzprodukte von Citicorp als auch von Travelersan Kunden vertreiben. Entsprechende Informa-tionssysteme können die Vertriebskosten senken,den Zugang von Kunden zu Finanzprodukten er-weitern und die Vermarktung neuer Finanzinstru-mente beschleunigen.

Abbildung 3.17: UnternehmensstrategienEfficient Consumer Response-Systeme sowie Supply Chain Management-Systeme gehören häufig zusammen und helfen Unternehmen, Kundenund Lieferanten an sich zu binden und gleichzeitig die Betriebskosten zu senken. Andere Arten von Systemen können zur Unterstützung der Strate-gien Differenzierung, Fokussierung und Kostenführerschaft eingesetzt werden.

Supply Chain ManagementInterne

UnternehmensstrategieEffiziente Reaktion auf

Kundennachfrage (EfficientConsumer Response/ECR)

Das Unternehmen

Unternehmensstrategie KundenLieferanten

Warenloser LagerbestandKontinuierliches Auffüllen des LagersJust-in-Time-Lieferung

DifferenzierungFokussierte Differenzierung Kostenführerschaft

POS-SystemeDatenanalyseOnline-Bestellungen

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3.4 Unternehmensstrategie und strategische Informationssysteme

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Ein zweites Konzept für Unternehmensstrategienbasiert auf dem Begriff der „Kernkompetenz“. DieLeistung von Geschäftsbereichen kann verbessertwerden, wenn diese Geschäftsbereiche zentraleKernkompetenzen entwickeln. Eine Kernkompetenzist eine Fähigkeit oder Aktivität, mit der sich einUnternehmen gegenüber seinen Wettbewerbern alsüberlegen erweist. Von Kernkompetenzen sprichtman, wenn ein Unternehmen beispielsweise alsbester Entwickler von Kleinteilen, als bester Paket-zustelldienst oder als bester Dünnschichtherstellergilt. Im Allgemeinen beruht eine Kernkompetenzauf Wissen, das durch jahrelange Praxis oder eineerstklassige Forschungsabteilung erworben wird,oder auch auf wichtigen Mitarbeitern, die sich aufihrem Gebiet jeweils neues externes Wissen aneig-nen und so auf dem Laufenden bleiben.

Jedes Informationssystem, das den Wissensaus-tausch zwischen Geschäftsbereichen unterstützt,fördert auch die Kompetenz. Solche Systeme kön-nen vorhandene Kompetenzen begünstigen undverbessern und Mitarbeiter auf neues externes Wis-sen aufmerksam machen. Zudem können solcheSysteme einem Unternehmen helfen, vorhandeneKompetenzen in einschlägigen Märkten zu nutzen.

3.4.4 Branchenbezogene Strategien: Wettbewerbskräfte und Netzwerkökonomie

Ähnlich gelagerte Unternehmen bilden gewöhnlicheine Branche, etwa die Automobilbranche, Telekom-munikationsbranche, Rundfunk- und Fernsehbran-che oder die holzverarbeitende Industrie, um nur ei-nige zu nennen. Auf dieser Analyseebene lautet einewichtige Strategiefrage: „Wie und wann sollte manmit anderen Unternehmen der Branche kooperieren,statt mit ihnen zu konkurrieren?“ Obwohl ein Groß-teil strategischer Analysen auf Wettbewerb ausge-richtet ist, kann man hohe Profite einfahren, wennman mit anderen Unternehmen derselben Brancheoder Unternehmen verwandter Branchen kooperiert.Beispielsweise können Unternehmen zur Entwick-lung von Industriestandards zusammenarbeiten. Siekönnen zusammenarbeiten, um ein Bewusstsein fürKundenwünsche zu entwickeln, und sie könnendurch die Zusammenarbeit mit Lieferanten Kostenreduzieren (Shapiro und Varian, 1999). Für dieAnalyse von branchenbezogenen Strategien sind diefolgenden drei Hauptkonzepte von Bedeutung:Informationspartnerschaften, das Modell der Wett-bewerbskräfte und die Netzwerkökonomien.

Unternehmen können Informationspartnerschaf-ten bilden und sogar ihre Informationssysteme mit-einander verknüpfen, um einzigartige Synergie-

effekte zu erzielen. In einer Informationspartnerschaftkönnen Unternehmen durch den Informationsaus-tausch ihre Kräfte vereinen, ohne sich tatsächlichzusammenzuschließen (Konsynski und McFarlan,1990). Die Fluggesellschaft American Airlines hatbeispielsweise mit der Citibank eine Vereinbarung,nach der sie Teilnehmer an ihrem Vielfliegerpro-gramm mit einer Bonusmeile für jeden mit einerCitibank-Kreditkarte ausgegebenen Dollar honoriert.American Airlines profitiert aus dieser Vereinba-rung durch wachsende Kundentreue und die Citi-bank gewinnt neue Kreditkartenkunden und einenkreditwürdigen Kundenbestand für Marketing-aktionen. Die Fluggesellschaft Northwest Airlineshat eine ähnliche Abmachung mit der U.S. Bank.American Airlines und Northwest Airlines habensich zudem mit MCI (einer Telefongesellschaft) zu-sammengetan, um die Kosten für Ferngesprächemit einer Bonusmeile pro Dollar Umsatz zu hono-rieren.

Solche Partnerschaften helfen Unternehmen,neue Kundenmärkte zu erschließen. Derartige Part-nerschaften bieten Ansatzpunkte zur Quervermark-tung und zielgruppenorientierten Vermarktung. FürUnternehmen, die traditionell Konkurrenten wa-ren, können solche Bündnisse vorteilhaft sein. DieFirma Baxter Healthcare International bietet ihrenKunden über ihren elektronischen Bestellkatalogbeispielsweise auch medizinische Geräte von Kon-kurrenten und Bürobedarf an.

Nach Porters Wettbewerbskräftemodell (Five-Forces-Model), das in Abbildung 3.18 dargestelltist, wird ein Unternehmen mit zahlreichen exter-nen Bedrohungen und Chancen konfrontiert: dieBedrohung durch den Einstieg neuer Konkurrentenin ihren Markt, das Vorhandensein von Ersatzpro-dukten oder -dienstleistungen (Substituten), dieVerhandlungsmacht der Kunden, die Verhand-lungsmacht der Lieferanten sowie die Rivalität derKonkurrenten innerhalb der Branche (Porter, 1985).

Kernkompetenz | Fähigkeit oder Aktivität, mit der sich ein Unternehmen gegenüber seinen Wettbewerbern als überlegen erweist.

Informationspartnerschaft | Kooperative Allianz, die zwischen zwei oder mehr Unternehmen zum Zweck des Informationsaustauschs gebildet wurde, um sich einen strategischen Vorteil zu verschaffen.

Wettbewerbskräftemodell | Modell zur Beschreibung des Zusammenwirkens externer Einflüsse, insbesondere der Bedrohungen und Chancen, die die Strategie und Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens beeinflussen.

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Das Wettbewerbskräftemodell

Die Eigenarten der Unternehmen einer Branche undderen relative Verhandlungsstärke bestimmen dieBranchenstruktur und die allgemeine Rentabilität derGeschäftstätigkeit im spezifischen Umfeld dieserBranche.

Ein Unternehmen kann durch die Verbesserung sei-ner Fähigkeiten im Umgang mit Kunden, Lieferanten,Konkurrenzprodukten oder -dienstleistungen undNeueinsteigern in seinem Markt Wettbewerbsvorteileerzielen, die wiederum die Kräfteverteilung zwischendem Unternehmen und seinen Konkurrenten in derBranche zu seinen Gunsten verschieben können.

Wie lassen sich Informationssysteme zur Schaf-fung eines Wettbewerbsvorteils auf Branchenebenenutzen? In der Zusammenarbeit mit anderen Unter-nehmen können Angehörige einer Branche IT zurEntwicklung von branchenweiten Standards fürden Informationsaustausch oder für elektronischeGeschäftstransaktionen nutzen (siehe Kapitel 6, 8und 9). Dadurch können alle Branchenangehörigengezwungen werden, ähnliche Standards zu unter-stützen.

Weiter oben haben wir beschrieben, wie Unterneh-men von Wertschöpfungsnetzen mit Konkurrenzfir-men der Branche profitieren können. Solche An-strengungen steigern die Effizienz sowohl aufBranchenebene als auch auf Geschäftsebene, da dieVerdrängung von Produkten durch Substitute da-durch weniger wahrscheinlich wird. Die Einstiegs-kosten in einen Markt lassen sich möglicherweiseerhöhen, was neue Konkurrenten von einem Markt-eintritt abhalten könnte. Branchenangehörige kön-nen überdies branchenweite, IT-gestützte Konsor-tien und Kommunikationsnetzwerke einrichten,um ihre Aktivitäten gegenüber Behörden, ausländi-scher Konkurrenz und konkurrierenden Branchenzu koordinieren.

Ein Beispiel für eine solche branchenweite Koope-ration stellt Covisint dar, ein elektronischer Markt-platz, der von den großen Automobilherstellern zurBeschaffung von Autoteilen gemeinsam genutztwird. Obwohl General Motors, Ford und Daimler-Chrysler in Fragen des Designs, Kundenservices, derQualität und des Preises hart miteinander konkurrie-ren, können sie die Produktivität der Branche stei-gern, indem sie an der Schaffung einer integriertenSupply Chain zusammenarbeiten. Covisint versetztHersteller und Lieferanten in die Lage, auf einergemeinsamen Internetplattform zu handeln, underspart den Herstellern damit die Kosten für die Ein-richtung eigener Internetmarktplätze.

Im Internetzeitalter sind die traditionellen Wett-bewerbskräfte noch immer aktiv, jedoch ist derWettbewerb viel intensiver geworden (Porter,

Branchenstruktur | Die Eigenarten der Unternehmen einer Branche und ihre relative Verhandlungsstärke. Leitet sich aus den Wettbewerbskräften ab und bildet das allgemeine geschäftliche Umfeld einer Branche und die allgemeine Rentabilität der Geschäftstätigkeit in diesem Umfeld.

Abbildung 3.18: Porters WettbewerbskräftemodellNach Porter gibt es fünf verschiedene Kräfte, die die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens beeinflussen und sich somit stark auf die Unterneh-mensstrategie auswirken. Dies sind Bedrohungen durch Neueinsteiger in den Markt und Bedrohungen durch Konkurrenzprodukte und -dienstleistun-gen (Substitute). Zwei weitere Kräfte betreffen die jeweilige Verhandlungsmacht von Kunden und von Lieferanten. Bestehende Konkurrenteninnerhalb des Markts passen ihre Strategien ständig an, um ihre Marktposition zu behaupten (Wettbewerbsintensität als „fünfte Kraft“).

Neueinsteigerim Markt

Ersatzprodukteund -dienst-leistungen

(Verhand-lungs-)Macht

der Lieferanten

(Verhand-lungs-)Machtder Kunden

DasUnternehmen

BestehendeKonkurrenteninnerhalb der

Branche

Die Branche

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3.4 Unternehmensstrategie und strategische Informationssysteme

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2001). Internettechnik basiert auf weltweiten Stan-dards, die jedes Unternehmen frei verwendenkann, was Preiskämpfe begünstigt und neuen Kon-kurrenten den Einstieg in den Markt erleichtert. DaInformationen für jedermann zugänglich sind,stärkt das Internet die Verhandlungsmacht der Kun-den, die im Internet schnell den billigsten Anbietersuchen können. Die Gewinne gehen zurück. EinigeBranchen, wie die Reisebranche und die Finanz-dienstleistungsbranche, sind stärker betroffen alsandere. Das Internet bietet aber auch viele neueMöglichkeiten zur Wertschöpfung, beispielsweiseals Grundlage für neue Produkte, neue Geschäfts-prozesse, als Vertriebskanal und durch stark indivi-dualisierte Dienstleistungen. Ein Wettbewerbsvor-teil wird sich wahrscheinlich eher aus diesentraditionellen Stärken ergeben. In Tabelle 3.4 sinddiese Änderungen zusammengefasst.

Das Internet und die aufkommenden vernetztenUnternehmen erfordern eine Änderung des Wettbe-werbskräftemodells. Das traditionelle Porter-Mo-dell setzt ein relativ statisches Branchenumfeld,eine relativ klare Abgrenzung der Branche und einerelativ feste Gruppe von Lieferanten, Konkurrenz-produkten und Kunden voraus. Die heutigen Unter-nehmen sind sich bewusst, dass sie nicht nur einer

einzigen Branche, sondern vielmehr „Branchen-gruppen“ angehören, d.h. mehreren verwandtenBranchen, von denen Verbraucher Produkte oderDienstleistungen beziehen können (siehe Abbil-dung 3.19). Beispielsweise konkurrieren Automo-bilfirmen mit anderen Automobilfirmen der „Auto-mobilbranche“, aber sie konkurrieren auch mit der„Branchengruppe Transportmittel“, wie Eisenbahn-gesellschaften, Flugzeughersteller und Fluggesell-schaften oder Busunternehmen. Der Erfolg oderMisserfolg einer Automobilfirma kann vom Erfolgoder Misserfolg verschiedener anderer Branchenabhängen. Hochschulen nehmen vielleicht an, ihreKonkurrenz bestehe aus anderen traditionellenHochschulen, dabei konkurrieren sie jedoch mitFernuniversitäten, Weiterbildungseinrichtungen,die Online-Kurse veranstalten, und privaten Schu-lungsunternehmen, die technische Zertifizierungenanbieten. Alle diese Einrichtungen gehören zur vielumfangreicheren Branchengruppe „Ausbildung“.Im Zeitalter vernetzter Unternehmen ist zu erwar-ten, dass der Entwicklung von Strategien für denWettbewerb – und die Kooperation – mit Mitglie-dern der Branchengruppe eines Unternehmensmehr Bedeutung zukommt.

Tabelle 3.4

Einfluss des Internet auf Wettbewerbskräfte und Branchenstruktur

Wettbewerbskraft Einfluss des Internet

Ersatzprodukte oder -dienstleistungen (Substitute) Ermöglicht die Entwicklung neuer Ersatzprodukte mit neuen Ansätzen hinsichtlich der Nachfragebefriedigung und der Funktionserfüllung.

(Verhandlungs-)Macht der Kunden Die Verfügbarkeit globaler Preis- und Produktinformationen verleiht den Kunden größere Verhandlungsmacht.

(Verhandlungs-)Macht der Lieferanten Die Beschaffung über das Internet verändert in der Regel die Verhand-lungsmacht der Lieferanten. Lieferanten können von den niedrigeren Markteintrittsbarrieren und von der Verdrängung von Distributoren und anderen Vermittlern, die zwischen ihnen und ihren Kunden stehen, profi-tieren. Im Gegenzug können allerdings Beschaffer den Wettbewerbs-druck etwa durch elektronisch gestützte Ausschreibungen deutlich erhöhen und somit die Verhandlungsmacht der Lieferanten schwächen.

Neueinsteiger im Markt Das Internet verringert die Markteintrittsbarrieren, wie z.B. die Notwen-digkeit einer eigenen Vertriebsabteilung, den Zugang zu Vertriebskanä-len oder Investitionen in physische Vermögenswerte. Es stellt eine Technik zur Steuerung von Geschäftsprozessen zur Verfügung, mit der sich Transaktionen leichter ausführen lassen.

Rivalität mit vorhandenen Konkurrenten im Markt Das Internet führt zu einer Ausweitung des geografischen Markts, es er-höht die Anzahl der Konkurrenten und trägt zu einer Verringerung der Unterschiede zwischen Konkurrenten bei. Vorteile im operativen Bereich können schwierig verteidigt werden, der Preisdruck steigt.

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Netzwerkökonomie

Ein drittes strategisches Konzept, das auf Branchen-ebene nützlich ist, ist das Konzept der Netzwerk-ökonomie. In der traditionellen Ökonomie – derÖkonomie der Fabriken und Landwirtschaft – istdie Produktion mit abnehmenden Grenzerträgenverbunden. Je mehr von einer beliebigen gegebenenRessource in den Produktionsprozess eingebrachtwird, desto geringer sind die Grenzerträge imErgebnis, bis der Punkt erreicht wird, an dem derzusätzliche Ressourceneinsatz keinen zusätzlichenErtrag mehr erzeugt. Dies ist das Gesetz des abneh-menden Ertragszuwachses, das die Grundlage dermeisten modernen Ökonomien bildet.

In einigen Situationen trifft das Gesetz des abneh-menden Ertragszuwachses nicht zu. In einem Netz-werk beispielsweise sind die Grenzkosten des Hin-zufügens einer weiteren Komponente etwa gleichnull, der Grenzertrag ist dagegen oft positiv. Je grö-ßer die Anzahl der Teilnehmer in einem Telefon-system oder dem Internet ist, desto mehr gewinntdieses System für alle Teilnehmer an Wert, weil dieBenutzer mit mehr Menschen kommunizieren kön-nen. Es ist praktisch genauso teuer, einen Fern-sehsender für 1.000 Zuschauer zu betreiben wieeinen für 10 Millionen Zuschauer.

Auch der Wert einer Online-Community wächstmit der Größe, wohingegen die Kosten für das Hin-zufügen neuer Mitglieder unbedeutend sind.

Aus der Perspektive der Netzwerkökonomie gese-hen, kann IT strategisch nützlich sein. Das Internetkann von Unternehmen zum Aufbau von „Online-Communities“ (virtuellen Benutzergemeinschaften)verwendet werden, d.h. ähnlich gesinnten Benut-zern, die ihre Erfahrungen mit anderen austauschenmöchten. Dies kann die Kundenloyalität vergrößern,den Spaß erhöhen und zum Aufbau von besonderenKundenbindungen beitragen. eBay, ein riesiges On-line-Auktionsforum, und iVillage, eine Online-Com-munity für Frauen, sind Beispiele hierfür. Beide Un-ternehmen basieren auf Netzwerken mit Millionenvon Benutzern. Beide Firmen haben die Kommuni-kationsmittel von Web und Internet zum Aufbauvon Benutzergemeinden verwendet. Auch kommer-zielle Softwarehersteller können aus der Netzwerk-ökonomie strategische Vorteile ziehen. Der Wertihrer Software und ergänzender Softwareproduktesteigt, je mehr Menschen diese verwenden. Es gibteinen größeren Kundenstamm, der die weitere Ver-wendung des Produkts und den Herstellersupportrechtfertigt (Gallaugher und Wang, 2002).

3.4.5 Analyse der Einsatzmöglichkeiten strategischer Informationssysteme

Strategische Informationssysteme verändern häufigdas Unternehmen ebenso wie dessen Produkte,Dienstleistungen und Arbeitsverfahren und bewir-ken dadurch, dass das Unternehmen neue Verhal-tensmuster entwickelt. Der Einsatz von Technik ausstrategischen Gründen erfordert eine eingehende

Netzwerkökonomie | Modell strategischer Systeme auf Branchenebene, das auf dem Konzept eines Netz-werks basiert, bei dem das Hinzufügen eines weiteren Mitglieds sich nicht auf die Höhe der Gesamtkosten aus-wirkt, aber zu positiven Grenzerträgen führen kann.

Abbildung 3.19: Das neue Modell der WettbewerbskräfteIm Zeitalter der vernetzten Unternehmen ist eine dynamischere Sicht der Grenzen zwischen Unternehmen, Kunden und Lieferanten erforderlich.Hier konkurrieren Branchengruppen miteinander.

Neueinsteigerim Markt

Ersatzprodukteund -dienst-leistungen

Macht derLieferanten

Macht derKunden

Branche1

Branche3

Branche2

Branche4

Bestehende Konkurrenteninnerhalb der Branche

Branchengruppe

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3.4 Unternehmensstrategie und strategische Informationssysteme

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Planung und ein sorgfältiges Management. Füh-rungskräfte, die ihrer Firma mit Hilfe von Informa-tionssystemen einen Wettbewerbsvorteil verschaffenmöchten, müssen eine strategische Systemanalysedurchführen. Tabelle 3.5 enthält einige der Fragen,die in dieser Analyse zu berücksichtigen sind.

Die Einführung von strategischen Informations-systemen, wie sie in diesem Kapitel beschriebenwurden, erfordert im Allgemeinen Veränderungenan den Geschäftszielen, den Beziehungen zu Kun-den und Lieferanten, den internen Arbeitsabläufenund der Informationsarchitektur. Diese soziotechni-schen Änderungen, die sowohl soziale als auchtechnische Elemente des Unternehmens betreffen,können als Strategiewechsel betrachtet werden, d.h.als ein Übergang zwischen verschiedenen Ausprä-gungen soziotechnischer Systeme.

Durch Veränderungen dieser Art werden oft inter-ne und externe Unternehmensgrenzen verwischt.Lieferanten und Kunden werden enger miteinanderverbunden und können ihren Verpflichtungen ge-meinsam nachkommen. Im Beispiel des warenlosen

Lagerbestandssystems von Baxter Internationalübernahm Baxter die Verantwortung für die Lager-verwaltung der Kunden. Das Management mussneue Geschäftsprozesse entwerfen, um die Aktivitä-ten der eigenen Firma mit den Aktivitäten der Kun-den, Lieferanten und anderen Unternehmen zu ko-ordinieren. Die Anforderung, bei der Einführungvon neuen Informationssystemen Änderungen amUnternehmen vorzunehmen, ist so wichtig, dass wirim gesamten Buch immer wieder darauf zurück-kommen werden. In den Kapiteln 12 und 13 werdender Wandel des Unternehmens und damit zusam-menhängende Fragen ausführlicher behandelt.

Strategiewechsel | Übergang von einer Ausprägung soziotechnischer Systeme auf eine andere. Ist häufig beim Einsatz strategischer Informationssysteme erfor-derlich, die Änderungen an sozialen und technischen Elementen des Unternehmens erfordern.

Tabelle 3.5

Identifikation von Einsatzmöglichkeiten für strategische Informationssysteme

Führungskräfte sollten die folgenden Fragen stellen, um herauszufinden, welche Arten von Informa-tionssystemen ihrem Unternehmen zu einem strategischen Vorteil verhelfen können:

1 Wie ist die Branche strukturiert, zu der das Unternehmen gehört?– Welche Wettbewerbskräfte sind in der Branche vorhanden? Steigen neue Unternehmen in diese Branche ein?

Welchen Einfluss haben Lieferanten, Kunden und Substitutionsprodukte und -dienstleistungen auf den Preis?– Bestimmen die Qualität, der Preis oder die Marke den Wettbewerb?– In welche Richtung und in welcher Weise verändert sich die Branche? Wer oder was stößt Änderungen an?– Wie wird die IT gegenwärtig in der Branche verwendet? Ist das eigene Unternehmen in Bezug auf die IT-

Anwendung der Branche voraus oder hinkt es dieser Entwicklung hinterher?

2 Wie sehen die geschäftsbereichs-, unternehmens- und branchenbezogenen Wertschöpfungsketten desUnternehmens aus?

– Wie erzeugt das Unternehmen für den Kunden wertvolle Produkte bzw. Dienstleistungen? Durch niedrigerePreise und Transaktionskosten oder durch höhere Qualität als die Konkurrenz? Gibt es Punkte in der Wert-schöpfungskette, an denen das Unternehmen einen größeren Wert für den Kunden und zusätzliche Gewinneerzielen könnte?

– Werden die Geschäftsprozesse des Unternehmens verstanden und nach den besten bekannten Verfahrenumgesetzt? Setzt das Unternehmen Informationssysteme für das Supply Chain Management und dasManagement der Kundenbeziehungen sowie ERP-Systeme optimal ein?

– Über welche Kernkompetenzen verfügt das Unternehmen? Nutzt das Unternehmen seine Kernkompetenzenauch vollständig aus?

– Ändern sich die Wertschöpfungskette der Branche und der Kundenstamm in einer Weise, die dem Unter-nehmen nützt oder schadet?

– Könnte das Unternehmen von strategischen Partnerschaften und Wertschöpfungsnetzen profitieren?– An welcher Stelle der Wertschöpfungskette würden Informationssysteme dem Unternehmen den größten

Nutzen bringen?

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STRATEGISCHE ROLLE VON INFORMATIONSSYSTEMEN

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3

IT in der Praxis

Finanz- und Rechnungswesen

Informationssysteme können zu ei-nem besseren Management der Ver-mögenswerte der Firma und zu einembesseren Cashflow-Management bei-tragen, wodurch die Erträge gestei-gert und die Betriebskosten reduziertwerden und somit die Wettbewerbs-position der Firma verbessert würde.Online-Systeme ermöglichen es, dieVermögenswerte der Firma und dieErträge von Investitionen schneller zuerkennen und zu verfolgen. Die Buch-haltung kann Transaktionen sowieKosten und Erträge in Echtzeit genau-er überwachen. Veränderungen inVermögenswerten und Kapitalflüs-sen zu erkennen und zu verfolgen,nahm früher Wochen in Anspruchund ist heute in wenigen Stundenoder Tagen realisierbar. Neue aufInformationssystemen basierendeFinanzprodukte und -dienstleistun-gen verschafften Unternehmen einenWettbewerbsvorteil. Beispiele fürFinanz- und Rechnungswesen-systeme finden Sie in der einführen-den Fallstudie zu diesem Kapitel.

Personalwesen

Informationssysteme reduzieren dieAgency-Kosten, weil sie Unternehmenin die Lage versetzen, mit wenigerRessourcen mehr Mitarbeiter zu ver-walten. Vernetzte Systeme ermög-lichen es zudem, Arbeitsgruppenaußerhalb der traditionellen Arbeits-plätze einzurichten. Mitarbeiter vonvielen verschiedenen Standorten kön-nen Informationssysteme benutzen,um in virtuellen Teams zusammenzu-arbeiten. Die Beachtung der Belangedes Personals sind für eine erfolgrei-che Systemimplementierung unab-dingbar, weil sich die Mitarbeiter aufdie organisatorischen Änderungeneinstellen müssen, die die Einführungeines neuen Informationssystems mitsich bringt.

Fertigung und Produktion

Informationssysteme können zur Opti-mierung der Fertigungs- und Produk-tionsprozesse beitragen, so dassweniger Arbeitsschritte und wenigermanuelle Eingriffe durch Mitarbeitererforderlich sind. Firmen können diepräzisere Informationsweitergabe nut-zen, um Produktion und Distributiongenauer zu koordinieren, wodurchTransaktions- und Agency-Kosten ge-senkt werden. Beispiele für Ferti-gungs- und Produktionsanwendungenfinden Sie in der abschließenden Fall-studie dieses Kapitels.

Vertrieb und Marketing

Informationssysteme stellen eine um-fangreiche Palette neuer Funktionenzur Feinabstimmung von Vertrieb undMarketing zur Verfügung, durch de-ren Einsatz sich Unternehmen häufigeinen Wettbewerbsvorteil verschaf-fen können. Systeme können zurAnalyse riesiger Datenmengen fürsehr zielgerichtete Marketingkam-pagnen verwendet werden. Sie kön-nen überdies einzigartige neueProdukte und Dienstleistungen erzeu-gen, die vom Unternehmen verkauftwerden können. Die Umsetzung vonECR-Maßnahmen kann die Umsätzesteigern, indem sie helfen, die Pro-duktion und Distribution besser aufdie tatsächliche Kundennachfrageabzustimmen. Beispiele für Ver-triebs- und Marketinganwendungenfinden Sie in der einführenden Fall-studie, im Abschnitt „BlickpunktOrganisation“ sowie in der abschlie-ßenden Fallstudie dieses Kapitels.

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Zusammenfassung

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Zusammenfassung

1 Was müssen Führungskräfte über Unterneh-men wissen, um Informationssysteme erfolg-reich aufbauen und einsetzen zu können?

Führungskräfte müssen bestimmte wichtigeMerkmale von Unternehmen kennen, um Infor-mationssysteme erfolgreich entwickeln undeinsetzen zu können. Jedes Unternehmen ver-fügt über eine spezifische Organisationsstruk-tur. Zumeist arbeiten sie nach expliziten Ver-fahrensrichtlinien, um ihre Effizienz zuoptimieren. Alle Unternehmen besitzen ihre ei-gene Politik und Unternehmensphilosophie,die Ergebnis unterschiedlicher Interessengrup-pen sind. Unternehmen unterscheiden sichhinsichtlich ihrer Ziele, Zielgruppen, sozialenRollen, Führungsstile, Motivationsanreize, aus-geführten Aufgabentypen und ihres Umfelds.Diese Unterschiede resultieren in unterschied-lichen Organisationsstrukturen. Die Kenntnisall dieser Eigenheiten von Unternehmen trägtzu einem adäquaten Aufbau und Einsatz vonInformationssystemen bei. Im Übrigen lassensich anhand dieser Besonderheiten auch dieUnterschiede im Einsatz von Informationssys-temen zwischen Unternehmen erklären.

2 Wie wirken sich Informationssysteme auf dieUnternehmensorganisation aus?

Informationssysteme und die Unternehmen, indenen sie eingesetzt werden, beeinflussen sichgegenseitig. Die Einführung eines neuen Infor-mationssystems wirkt sich auf die Organisa-tionsstruktur, die Ziele, den Arbeitsentwurf,die Werte, den Wettbewerb zwischen Interes-sengruppen, auf die Entscheidungsfindung so-wie auf das Alltagsverhalten aus. Gleichzeitigmüssen Systeme so entworfen werden, dasssie den Anforderungen wichtiger Gruppen in-nerhalb des Unternehmens genügen. Informa-tionssysteme wiederum werden von Organisa-tionsstruktur, Aufgaben, Zielen, Kultur, Politikund dem Management des Unternehmens be-einflusst. IT kann Transaktions- und Agency-Kosten reduzieren, was insbesondere bei Un-ternehmen, die das Internet einsetzen, fest-gestellt wurde. Die IT-Abteilung ist die formaleOrganisationseinheit, die für die Informations-systeme eines Unternehmens verantwortlichist. Welche Rolle diese Abteilung tatsächlichspielt, wird durch die Merkmale und die Ma-nagemententscheidungen eines Unternehmensbestimmt.

3 In welcher Weise unterstützen Informations-systeme die Aktivitäten von Managern in ei-nem Unternehmen?

Es gibt verschiedene Modelle, mit denen dieTätigkeit von Managern in einem Unterneh-men beschrieben werden kann. Sie helfen zuverstehen, wie Informationssysteme zur Unter-stützung des Management eingesetzt werdenkönnen. Frühe klassische Modelle der Mana-gertätigkeit betonten die Funktionen Planung,Strukturierung, Steuerung, Entscheidungsfin-dung und Kontrolle. Neuere Untersuchungen,in denen das tatsächliche Verhalten von Mana-gern analysiert wurde, kamen zu dem Ergeb-nis, dass die tatsächlichen Aktivitäten derManager stark fragmentiert, vielfältig und vonkurzer Dauer sind, wobei Manager sich inrascher Abfolge einer Vielzahl von Fragen wid-men. Manager verwenden beträchtliche Zeitfür die Verfolgung individuell gesetzter Ziele.

Die Art und die Ebene der Entscheidungsfin-dung sind wichtige Faktoren beim Aufbau vonInformationssystemen für Manager. Entschei-dungen können strukturiert, schwach struktu-riert oder unstrukturiert sein. StrukturierteEntscheidungen sind v.a. auf der operativenEbene des Unternehmens und unstrukturierteEntscheidungen auf der strategischen Pla-nungsebene zu finden. Die Entscheidungsfin-dung kann überdies in der Verantwortung Ein-zelner oder in der von Teams oder Abteilungenliegen.

IT stellt Managern neue Hilfsmittel zur Erfül-lung ihrer traditionellen und neueren Rollenzur Verfügung. Dadurch können sie genauerund schneller als jemals zuvor überwachen,planen und Prognosen erstellen sowie schnellerauf das sich wandelnde geschäftliche Umfeldreagieren. Am nützlichsten sind Informations-systeme für Manager, die sie bei der Erfüllungihrer Aufgaben der Informationsweitergabe, desHerstellens von Verbindungen zwischen Orga-nisationsebenen und der Ressourcenzuweisungunterstützen. Einige Managementaufgaben kön-nen jedoch kaum durch Informationssystemeunterstützt werden. So sind Informations-systeme beispielsweise für die Unterstützungunstrukturierter Entscheidungen (noch) nichtsonderlich leistungsfähig.

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STRATEGISCHE ROLLE VON INFORMATIONSSYSTEMEN3

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4 Wie können sich Unternehmen mit Hilfe vonInformationssystemen einen Wettbewerbsvor-teil verschaffen?

Unternehmen können strategische Informa-tionssysteme verwenden, um einen Vorsprunggegenüber der Konkurrenz zu gewinnen. Sol-che Systeme ändern die Ziele, Geschäftspro-zesse, Produkte, Dienstleistungen und Bezie-hungen zur Umwelt eines Unternehmens undbewirken dadurch, dass das Unternehmenneue Verhaltensmuster entwickelt.

Informationssysteme können eingesetzt wer-den, um Strategien auf der Geschäftsbereichs-,Unternehmens- und Branchenebene zu unter-stützen. Auf der Ebene der Geschäftsbereichs-strategien können Informationssysteme dazubeitragen, dass Unternehmen kostengünstigeProduzenten werden, ihre Produkte undDienstleistungen gegenüber Konkurrenzpro-dukten differenzieren oder neue Märkte bedie-nen können. Informationssysteme lassen sichzudem verwenden, um Kunden und Lieferan-ten durch Efficient Consumer Response undSupply Chain Management-Systeme an sich zubinden. Eine Analyse der Wertschöpfungsketteist auf der Geschäftsbereichsebene nützlich,um bestimmte Aktivitäten zu identifizieren,bei denen Informationssysteme wahrscheinlicheinen strategischen Vorteil mit sich bringen.

Auf der Unternehmensebene können Informa-tionssysteme eingesetzt werden, um die Effizi-enz zu steigern oder um Dienstleistungen zuverbessern, indem getrennte Geschäftsbereicheso miteinander verknüpft werden, dass diesewie eine Einheit arbeiten oder der Wissensaus-tausch zwischen ihnen erleichtert wird.

Auf der Branchenebene können Informations-systeme einen Wettbewerbsvorteil erbringen,indem sie die Zusammenarbeit mit anderen Un-ternehmen der Branche erleichtern, so dass Kon-sortien oder Gemeinschaften gebildet werden,die Informationen austauschen, Transaktionenverknüpfen oder Arbeitsabläufe miteinander ko-ordinieren. Das Wettbewerbskräftemodell, Infor-mationspartnerschaften und die Netzwerköko-nomie sind Konzepte, mit denen strategischeEinsatzmöglichkeiten für Informationssystemeauf der Branchenebene besser erkannt werdenkönnen.

5 Warum ist es so schwierig, erfolgreiche Infor-mationssysteme einzurichten, z.B. Systeme,welche die Wettbewerbsfähigkeit fördern?

Informationssysteme sind eng mit der Organi-sationsstruktur, der Kultur und den Geschäfts-prozessen eines Unternehmens verflochten. Daneue Informationssysteme festgelegte Arbeits-verfahren verändern und Machtverhältnisseim Unternehmen verschieben, stößt ihre Ein-führung häufig auf heftigen Widerstand.

Die Implementierung strategischer Informa-tionssysteme erfordert oft umfangreicheÄnderungen innerhalb des Unternehmens undeinen Übergang zu einer anderen soziotechni-schen Ausprägung. Solche Änderungen wer-den als Strategiewechsel bezeichnet und sindoft schwierig durchzusetzen. Überdies sindnicht alle strategischen Systeme profitabel; dieEntwicklung solcher Systeme kann sehr teuersein. Viele (vermeintlich) strategische Systemekönnen von anderen Unternehmen einfach ko-piert werden, so dass sich der strategische Vor-teil nicht immer aufrechterhalten lässt odererst gar nicht einstellt.

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Wiederholungsfragen

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Schlüsselbegriffe

Agency-Theorie 135Alternativengenerierung 142Anwender 134Auswahl 142Branchenstruktur 156Bürokratie 128Chief Information Officer (CIO) 134Differenzierung 147Efficient Consumer Response (ECR) 150Endbenutzer 134Entscheidungsbezogene Rollen 140(Fach-)Gruppenleiter 134Fokussierte Differenzierung 149Informationsbezogene Rollen 140Informationspartnerschaft 155IT-Abteilung 133Kernkompetenz 155

Klassisches Management-modell 139Kostenführerschaft 150Managementkontrolle 141Managementrollen 140Netzwerkökonomie 158Operative Kontrolle 141Primäre (Wertschöpfungs-)Aktivitäten 145Programmierer 133Recherche 142Strategiewechsel 159Strategische Entscheidungs-findung 141Strategische Informations-systeme 144Strukturierte Entscheidungen 142Systemanalysten 133Transaktionskostentheorie 134

Umsetzung 142Unstrukturierte (nicht struktu-rierte) Entscheidungen 142Unternehmen (technische Definition) 127Unternehmen (verhaltens-theoretische Definition) 127Unternehmensphilosophie 129Unterstützende (Wert-schöpfungs-)Aktivitäten 145Verfahrensrichtlinien 129Verhaltenstheoretische Modelle 139Virtuelle Unternehmen 137Wechselkosten (switching costs) 152Wertschöpfungskettenmodell 145Wertschöpfungsnetz 146Wettbewerbskräftemodell 155Zwischenmenschliche Rollen 140

Wiederholungsfragen

1 Was ist ein Unternehmen? Vergleichen Sie dietechnische Definition von Unternehmen mitder verhaltenstheoretischen Definition.

2 Welche Merkmale sind allen Unternehmengemeinsam? In welcher Weise können sichUnternehmen voneinander unterscheiden?

3 Wie werden IT-Dienste in Unternehmen bereit-gestellt? Beschreiben Sie die Rollen von Pro-grammierern, Systemanalysten, Fachgruppen-leitern und von CIOs.

4 Erläutern Sie ökonomische Erklärungsansätze,die den Einfluss von Informationssystemenauf Unternehmen zum Gegenstand haben.

5 Erläutern Sie verhaltenstheoretische Erklärungs-ansätze, die den Einfluss von Informationssyste-men auf Unternehmen zum Gegenstand haben.

6 Warum gibt es innerhalb eines Unternehmenszuweilen beträchtliche Widerstände gegen dieEinführung von Informationssystemen?

7 Vergleichen Sie die Beschreibung des Mana-gerverhaltens im klassischen Modell mit derim verhaltenstheoretischen Modell.

8 Welche Managementrollen können Informations-systeme im Einzelnen unterstützen? In welchenBereichen können Informationssysteme Mana-gern besonders viel Unterstützung bieten, in wel-chen Bereichen bieten sie kaum Unterstützung?

9 Welche vier Entscheidungsfindungsphasen hatSimon beschrieben?

10 Welchen Einfluss hat das Internet auf Unter-nehmen und auf Managementaktivitäten?

11 Was sind strategische Informationssysteme? Wo-rin unterscheidet sich ein strategisches Informa-tionssystem von einem auf der strategischenEbene angesiedelten Informationssystem?

12 Beschreiben Sie geeignete Modelle zur Analy-se der Strategie auf der Geschäftsbereichs-ebene und die Arten von Strategien und Infor-mationssystemen, die für den Wettbewerb aufdieser Ebene eingesetzt werden können.

13 Beschreiben Sie geeignete Strategien auf Un-ternehmensebene und wie Informationssyste-me Unternehmen im Wettbewerb auf dieserEbene unterstützen können.

14 Wie lassen sich das Wettbewerbskräftemodell,Informationspartnerschaften und die Netzwerk-ökonomie einsetzen, um Strategien auf derBranchenebene zu identifizieren?

15 In welcher Weise haben das Internet und dasaufkommende vernetzte Unternehmen die Mo-delle der Wertschöpfungskette und der Wett-bewerbskräfte verändert?

16 Warum ist der Aufbau strategischer Informa-tionssysteme schwierig?

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STRATEGISCHE ROLLE VON INFORMATIONSSYSTEMEN3

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Diskussionsfragen

1 Es wurde behauptet, dass es keinen nachhalti-gen strategischen Vorteil aufgrund von Informa-tionssystemen geben kann. Stimmen Sie dieserAussage zu? Begründen Sie Ihre Antwort.

2 Es wurde behauptet, dass der Wettbewerbsvor-teil, den führende Einzelhändler wie Dell undWal-Mart gegenüber ihrer Konkurrenz genie-ßen, nicht der Technik, sondern dem Manage-ment zuzuschreiben ist. Stimmen Sie dieserAussage zu? Begründen Sie Ihre Antwort.

Übung: Eine Datenbank zur strategischen Geschäftsentwicklung nutzen

Das Presidents’ Inn ist ein kleines dreistöckigesHotel an der Atlantikküste in Cape May, New Jer-sey, einem beliebten Urlaubsort im Nordosten derUSA. Zehn Zimmer sind zur Straßenseite gerichtet,zehn Zimmer haben Fenster zur Bucht mit einge-schränktem Meerblick und die restlichen zehnZimmer im vorderen Teil des Hotels blicken direktauf das Meer. Die Zimmerpreise hängen vom Zim-mertyp, der Länge des Aufenthalts und der Anzahlvon Gästen pro Zimmer ab. Der Zimmerpreis giltfür die Übernachtung von ein bis vier Personen.Eine fünfte oder sechste Person muss jeweils eineZusatzgebühr von 20 USD pro Tag zahlen. Gäste,die sieben oder mehr Tage bleiben, erhalten auf denZimmerpreis 10 Prozent Rabatt.

In den letzten zehn Jahren sind die Umsätze ste-tig gewachsen. Das Hotel wurde komplett renoviertund bietet jetzt ein romantisches Wochenendpaketfür Paare, ein Urlaubspaket für junge Familien undwerktags ein Rabattpaket für Geschäftsreisende an.Die Besitzer benutzen gegenwärtig ein manuellesReservierungs- und Buchhaltungssystem, das vieleProbleme verursacht. Gelegentlich wurde ein Zim-mer gleichzeitig an zwei Familien vergeben. DemManagement stehen keine unmittelbaren Informa-tionen über den täglichen operativen Betrieb unddie Einnahmen des Hotels zur Verfügung.

Entwickeln Sie auf der Grundlage dieserBeschreibung und den Datenbanktabellen auf derWebseite zur amerikanischen Ausgabe zu Kapitel 3Berichte, die Daten zur Verfügung stellen, welchedem Management dabei helfen, das Hotelwettbewerbsfähiger und profitabler zu machen. DieDatenbank und zugehörige Abfragen sollen so ent-worfen werden, dass bestimmte Informationenleicht ablesbar sind, z.B. die durchschnittliche Auf-enthaltsdauer der Gäste pro Zimmertyp, die durch-

schnittliche Anzahl von Gästen pro Zimmertypund die Einnahmen pro Zimmer (d.h. Länge desAufenthalts mal Zimmerpreis pro Tag) für einen ge-gebenen Zeitraum.

Nachdem Sie die oben genannten Informationenermittelt haben, beschreiben Sie in einem kurzenBericht, was die Datenbankinformationen über dieaktuelle Geschäftssituation aussagen. Wer stellt bei-spielsweise den stärksten Kundenstamm? WelcheUnternehmensstrategien können verfolgt werden,um die Belegungsrate der Zimmer und den Ertragzu erhöhen? In welcher Weise könnte die Daten-bank verbessert werden, damit sie geeignete Infor-mationen für strategische Entscheidungen liefert?

Aufgabe:Dirt Bikes U.S.A. – Analyse der Konkur-renz und der Wettbewerbsfähigkeit

Softwarevoraussetzungen:

Web-Browser-Software

Textverarbeitungssoftware

Präsentationssoftware (optional)

Die Geschäftsführung der Firma Dirt Bikes möchtesichergehen, dass sie die richtige Wettbewerbsstra-tegie verfolgt. Sie wurden gebeten, die Konkurrenzund Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zuanalysieren und das Web zur Informationsbeschaf-fung zu verwenden. Stellen Sie einen Bericht zu-sammen, in dem Dirt Bikes mit Hilfe der Modelleder Wertschöpfungskette und der Wettbewerbskräf-te analysiert wird. Ihr Bericht sollte auf folgendeFragen eingehen:

1 Welche Aktivitäten von Dirt Bikes tragen ammeisten zur Wertschöpfung bei?

2 Welchen Nutzen bieten die Produkte von DirtBikes für Kunden?

3 Welche Firmen sind die Hauptkonkurrentenvon Dirt Bikes? Wie sind die Preise der Kon-kurrenzprodukte verglichen mit den Produk-ten von Dirt Bikes? Welche Produktmerkmalewerden von diesen Firmen herausgestellt?

4 Welche Wettbewerbskräfte können die Bran-che beeinflussen?

5 Welche Wettbewerbsstrategie sollte Dirt Bikesverfolgen?

6 (Optional) Fassen Sie Ihre Ergebnisse mit einerPräsentationssoftware für die Geschäftsfüh-rung zusammen.

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E-Commerce-Projekt: Ein Auto konfigurieren und dessen Preis festlegen

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E-Commerce-Projekt: Ein Auto konfigurieren und dessen Preis festlegen

Ihr jetziges, sieben Jahre altes Auto hat Ihre Geduldeinmal zu viel auf die Probe gestellt. Sie beschlie-ßen, sich ein neues Auto zu kaufen. Sie sind aneinem Fahrzeug von Ford interessiert und möchtensich näher über den Ford Focus informieren (fallsSie ein anderes Auto bevorzugen, informieren Siesich stattdessen über dieses Auto). Besuchen Siedie Website von CarsDirect (www.carsdirect.com) undbeginnen Sie hier Ihre Recherche. Suchen Sie denFord Focus. Sehen Sie sich die verschiedenen ver-fügbaren Varianten dieses Modells an und entschei-den Sie sich für eine Variante. Informieren Sie sicheingehend über die Merkmale dieses Autos, ein-schließlich Preis, Standardausstattung und optio-naler Zusatzausstattung. Suchen und lesen Siemindestens zwei einschlägige Autotests. Untersu-chen Sie auch die Sicherheit dieses Modells an-hand der Crash-Tests, die von der National High-way Traffic Safety Administration durchgeführtwerden, sofern diese Testergebnisse verfügbar sind.Probieren Sie die Funktionen aus, die es ermögli-chen, ein Fahrzeug im Lagerbestand zu suchen unddirekt zu kaufen. Probieren Sie auch die Finanzie-rungsfunktionen der CarsDirect-Website aus. Nach-dem Sie die für Ihre Kaufentscheidung erforder-lichen Informationen von der CarsDirect-Websiteaufgezeichnet oder ausgedruckt haben, besuchenSie die Website des Automobilherstellers, in die-sem Fall Ford (www.ford.com). Vergleichen Sie die In-formationen, die auf dieser Website für den FordFocus verfügbar sind. Überprüfen Sie auf jeden Fallden Preis und ob Sonderangebote verfügbar sind(diese Angaben können sich von denen von CarsDi-rect unterscheiden). Suchen Sie auf der Ford-Web-site einen Händler, damit Sie sich den Wagen anse-hen können, bevor Sie Ihre Kaufentscheidungtreffen. Sehen Sie sich die anderen Funktionen undAngebote dieser Website an. Besuchen Sie schließ-lich eine dritte Website, Edmunds (www.ed-munds.com), und informieren Sie sich über das ge-wählte Auto, so wie Sie es bei CarsDirect taten.Vergleichen Sie die Informationen, die Sie auf die-ser Website gefunden haben, mit den von Cars-Direct und vom Automobilhersteller bereitgestell-ten Daten. Versuchen Sie, das preisgünstigsteAngebot zu finden. Welche Website würden Sie fürden Autokauf verwenden? Warum? Machen Siezudem Verbesserungsvorschläge für die Websitesvon CarsDirect, Ford und Edmunds.

Gruppenprojekt: Einsatzmöglichkeiten für strategische Informationssysteme identifizieren

Wählen Sie in einer Dreier- oder Vierergruppe ge-meinsam mit Studienkollegen eine Firma aus, die ineinem Wirtschaftsmagazin beschrieben ist. Besu-chen Sie die Website der Firma, um weitere Informa-tionen über diese Firma zu erhalten und zu sehen,wie diese Firma das Web benutzt. Analysieren Siedie Geschäftstätigkeiten auf der Grundlage dieserInformationen. Beschreiben Sie die Merkmale desUnternehmens, wie Geschäftsprozesse, Kultur,Struktur und Umfeld, sowie dessen Unternehmens-strategie. Schlagen Sie strategische Informationssys-teme vor, die sich für dieses Unternehmen anbieten,einschließlich der auf Internettechnik basierendenSysteme, sofern geeignet. Präsentieren Sie Ihre Er-gebnisse, wenn möglich, mit einer Präsentationssoft-ware.

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STRATEGISCHE ROLLE VON INFORMATIONSSYSTEMEN3

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Fallstudie: Inwiefern können neue Informationssysteme General Motors helfen?

General Motors (GM) ist der größ-te Automobilhersteller der Weltmit 386.000 Mitarbeitern in 50Ländern. Zu den Fahrzeugmarkenvon GM gehören Chevrolet, Ponti-ac, Buick, Cadillac, Hummer, Sa-turn und GMC Trucks. GM istauch an Saab, Opel, Vauxhall,Subaru und Fiat Auto beteiligt.GM besitzt überdies einigeFirmen, die keine Automobileherstellen, wie Allison Transmis-sion (ein Hersteller von mittelund hoch belastbaren Getrieben),GM Locomotives und einen35-Prozent-Anteil an HughesElectronics (Hersteller von Satel-liten und Kommunikationstech-nik). Die GM-Tochter GM Accep-tance Corp. (GMAC) ist ein großesFinanzunternehmen, das sich aufdie Finanzierung von GM-Fahr-zeugkäufen und Hypothekendar-lehen spezialisiert hat.

Die Autoverkäufe von GM sindrückläufig und der Marktanteil istvon etwa 60 Prozent am amerika-nischen Fahrzeugmarkt in den1970er Jahren auf heute nur28,3 Prozent gesunken. Die Firmaist harter Konkurrenz durch Ford,DaimlerChrysler und einigen ja-panischen Wettbewerbern ausge-setzt, die alle geringere Produk-tionskosten als GM und zudemden Ruf haben, nicht nur schöne-re, sondern auch qualitativ hoch-wertigere Autos zu produzieren.

Es hat sich herausgestellt, dassdie pure Unternehmensgröße eineder größten Belastungen von GMist. Über 70 Jahre lang arbeiteteGM nach der Philosophie vonCEO (Chief Executive Officer,Vorstandsvorsitzender) AlfredSloan, der die Firma in den1920er Jahren vor dem Konkursrettete. Sloan teilte die Firma infünf getrennte Geschäftsbereicheund Sparten auf (Chevrolet, Pon-tiac, Oldsmobile – wird nichtmehr produziert –, Buick und

Cadillac). Jeder Geschäftsbereicharbeitet als semiautonome Firmamit eigenem Marketing. GM bliebein weitläufiger vertikal integrier-ter Konzern, der in der Vergan-genheit bis zu 70 Prozent derbenötigten Teile selbst herstellte.Dieses Modell der Top-Down-Kontrolle und der dezentralisier-ten Geschäftsführung verschaffteihm einen großen Wettbewerbs-vorteil, da es GM in die Lage ver-setzte, Autos zu geringeren Kos-ten als die Konkurrenz zu bauen.Mit der Zeit hat sich diese Strate-gie allerdings zum Nachteil ent-wickelt. Konkurrenten wie Daim-lerChrysler konnten Fahrzeugebilliger produzieren, weil sie dieTeile von externen Lieferantenkauften und gute Preise aushan-delten. GM war schwerfällig undkonnte nicht schnell genug dieModellpalette und das Design er-neuern. Die Qualität der Fahrzeu-ge blieb hinter der Qualität japa-nischer Autos und sogar derQualität der Autos von US-Kon-kurrenten zurück. GM musstemehr Zeit und Geld als die Mit-bewerber aufbringen, um einAuto zu bauen, weil der Konzerneine schwerfällige Bürokratie,ineffiziente Produktionsprozesseund Tausende von veralteten In-formationssystemen besaß, dienicht miteinander effektiv kom-munizieren konnten.

GM hat die letzten 15 Jahredamit verbracht, diese Altlastenzu überwinden. Der Konzern be-mühte sich, schlanker und effizi-ent zu werden, indem Tausendevon Stellen abgebaut und Dutzen-de von Fabriken geschlossen wur-den. Die Zulieferkosten wurdenreduziert, indem man weltweitnach den niedrigsten Preisensuchte. Seit den frühen 1980erJahren arbeitet der Konzern ander Konsolidierung und Integra-tion seiner unzähligen Informa-

tionssysteme. Diese Bemühun-gen wurden unter der Führungvon CIO Ralph Szygenda be-schleunigt.

Im Februar 2000 wurde der 47-jährige Rick Wagoner zum CEOvon GM ernannt; er ersetzte JackSmith. Wagner stellte sogar nochhöhere Anforderungen an Infor-mationssysteme. Er und seinManagementteam waren davonüberzeugt, dass GM durch dieEinbindung von Internettechnikin sämtliche Geschäftsprozesseein noch intelligenterer, schlan-kerer und schnellerer Konzernwerden würde, der näher amKunden ist. GM könnte Internet-techniken und andere moderne ITeinsetzen, um seine gesamteWertschöpfungskette neu aufzu-setzen und sich dadurch in einkundenorientiertes Unternehmenzu verwandeln, das Kundenneben Autos viele verschiedeneelektronische Dienstleistungenbietet.

GM testete verschiedene Mög-lichkeiten aus, Autos online zuverkaufen, wobei die Händler mitdiesem Unterfangen zumeistnicht einverstanden waren. DieHändler befürchteten, GM würdesie durch den Online-Autover-kauf umgehen. GM verkauft Fahr-zeuge daher nicht direkt online,sondern stellt eine Website miteiner Reihe von Diensten fürKunden und Händler zur Verfü-gung. Auf der Website GMBuyPower.com, die im März 1999 eingerich-tet wurde, können BesucherAutos von GM nach Kriterien wieFarbe, Ausstattung und Verfüg-barkeit suchen und einen Händlerin ihrer Nähe lokalisieren, der dasgewünschte Auto auf Lager hat.Darüber hinaus zeigt die Siteauch alle weiteren Autos an, diedieser Händler auf Lager hat.Händler, die am BuyPower-Ver-kaufsprogramm teilnehmen, wer-

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Fallstudie: Inwiefern können neue Informationssysteme General Motors helfen?

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den für die Arbeit mit Kunden ge-schult, die für ihren Autokaufonline recherchiert haben. DieseHändler müssen alle Auto-Web-sites kennen, die die Kunden po-tenziell besucht haben können,bevor sie bei GM gelandet sind.

Durch GMBuyPower kommentäglich Tausende von Kaufinteres-senten zu den Händlern. Über20 Prozent dieser Kaufinteressen-ten haben dort tatsächlich einAuto gekauft.

GM versucht zudem, die Lager-bestandskosten und die durchSonderverkaufsaktionen (z.B. inForm von Rabatten) verursachtenUmsatzschmälerungen zu redu-zieren, indem nach Möglichkei-ten gesucht wurde, v.a. Autos her-zustellen, die von Kundentatsächlich bestellt wurden. DieFertigung auf Bestellung würdedie Lagerbestandskosten für ferti-ge Fahrzeuge deutlich senkenund zudem weitere Einsparungenan Produktionskosten ermögli-chen, wodurch GM potenziell20 Milliarden USD pro Jahr ein-sparen könnte. Zur Erreichungdieses Ziels ist es erforderlich,dass GM integrierte Informations-systeme nutzt und umfangreicheorganisatorische Änderungendurchführt. Das Unternehmenmüsste in der Lage sein, Online-Bestellungen entgegenzuneh-men, seine Fabriken und Liefe-ranten online zu verbinden, dasFahrzeugdesign so zu verändern,dass Autos einfacher mit Hilfevon Modulen hergestellt werdenkönnen, und die Lieferzeitenstark zu verkürzen. Eine Ferti-gung auf Bestellung erfordert vonHerstellern, dass sie größere La-gerbestände von Vor- und Zulie-ferprodukten bzw. Komponentenbereithalten, was eine Umkeh-rung des 20-jährigen Trendsder Just-in-Time-Komponenten-lieferunge bedeuten könnte. GMhat bei der Verwendung des Inter-net und dem Einsatz von Informa-tionssystemen von Firmen wie i2,

Oracle und SeeBeyond großeFortschritte gemacht. Dadurchkonnten das Supply Chain Ma-nagement und die Lieferung effi-zient gestaltet werden. Die Vor-laufzeit für die Auftragserfüllungwurde um die Hälfte verkürzt, dieLagerbestandskosten sind um20 Prozent gesunken und die Zu-verlässigkeit von Lieferterminenhat sich um 22 Prozent erhöht.Eine reine „Fertigung auf Bestel-lung“ ist jedoch immer noch Zu-kunftsmusik.

GM versucht, technikbasierteDienstleistungen zu entwickeln,die konstante Einnahmen gene-rieren. Das Unternehmen gründe-te eine Tochterfirma namensOnStar, die ein Telematik-Systemmit Bordnavigation, Internet-, Si-cherheits- und Kommunikations-funktionen anbietet, auf das mitnur drei Knöpfen am Armaturen-brett der Fahrzeuge zugegriffenwerden kann. Über GPS (einglobales Positionierungssystem)ist das System ständig über dieaktuelle Position des Fahrzeugswährend der Fahrt informiert.OnStar stellt Dienstleistungenwie Notfall- und Pannenhilfe fürunterwegs, die Verfolgung gestoh-lener Fahrzeuge und Assistenz-dienste, z.B. Tischreservierungenin Restaurants, zur Verfügung.Unabhängig davon, ob die Hard-ware serienmäßig oder nur alsSonderausstattung verfügbar ist,zahlen die Benutzer von OnStareine Grundgebühr, die je nachabonnierten Diensten monatlichzwischen 17 USD und 70 USDbeträgt. In Anspruch genommeneDaten-Downloads, Internet-, In-formations- oder Telekommuni-kationsdienste werden im Mi-nutentakt abgerechnet. Mit Hilfevon OnStar generieren die Fahrervon GM-Autos kontinuierlich fürGM hohe Einnahmen mit ansehn-licher Gewinnmarge. Jedoch hatsich OnStar bislang nicht zu einerprofitablen Einnahmequelle ent-wickelt. Die Kunden sträuben

sich gegen die monatliche Grund-gebühr und nahezu die Hälfte derOnStar-Nutzer verlängern ihrAbonnement nach dem erstenJahr nicht.

Nach Aussage von Kevin Prou-ty, einem Analysten von AMR Re-search, ist die Integration der Pro-duktentwicklung wahrscheinlichdie wichtigste IT-Strategie, dievon Automobilherstellern im Mo-ment verfolgt wird. GM hat sichin diesem Bereich hohe Ziele ge-steckt. Bis Mitte der 1990er Jahrehat jede Sparte von GM ihre Pro-dukte unterschiedlich entwickeltund eigene Informationssystemeverwendet. Für jeden Geschäfts-bereich präsentierte ein eigenesDesignstudio Autodesigns, die andie Marketingabteilung weiterge-geben wurden, welche versuchte,das Design an die Kundenwün-sche anzupassen. Dann versuch-ten die Entwicklungsingenieureherauszufinden, wie man das vor-geschlagene Modell bauen könn-te. Anschließend wurde die Ferti-gung mit dem Bau beauftragt.Verschiedene Teams arbeitetenmit den Fertigungsfabriken undden Zulieferern zusammen undhatten untereinander kaumKontakt. Im Unternehmen wur-den insgesamt vier verschiedeneDesignsoftwarepakete und über560 verschiedene Ingenieur- undSimulationsanwendungen verwen-det.

GM hat jetzt ein einheitlichesVerfahren und eine Anzahl vonInformationssystemen für die Pro-duktentwicklung vorgeschrieben,die unternehmensweit eingesetztwerden müssen. Unter der Füh-rung von Robert A. Lutz, GMs Lei-ter der Produktentwicklung, ver-waltet nun ein einziges Gremiumden gesamten Produktionspro-zess. Die Entwicklungsingenieurevon GM wurden in einem globa-len Team zusammengefasst. 1995begann GM damit, die verschiede-nen Konstruktions- und Design-programme durch ein einziges

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STRATEGISCHE ROLLE VON INFORMATIONSSYSTEMEN3

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Kernsystem für Design und Ferti-gung (Unigraphics von EDS) zuersetzen. Jeder GM-Ingenieur undjeder bedeutende Zulieferer vonwichtigen GM-Komponenten, dermit GM-Ingenieuren zusammen-arbeitet, muss dieses Systembenutzen. Über eine webbasierteBenutzerschnittstelle können siegemeinsam auf dieses Systemzugreifen und dreidimensionaleDesigns austauschen oder Teileund Bauteilegruppen konstruie-ren. Das System aktualisiert dieDesigndaten automatisch, nach-dem Änderungen fertig gestelltwurden, damit jeder mit dem glei-chen Design arbeiten kann. Diestandardisierten Werkzeuge undder optimierte Produktionspro-zess versetzten GM in die Lage,die Entwicklungs- und Produk-tionszeit für ein neues Auto von48 auf nur 18 Monate zu reduzie-ren und 1 Milliarde USD Entwick-lungskosten pro Jahr einzu-sparen. GMs neuer Produktent-wicklungsprozess trägt auch dazubei, dass das Unternehmen nichtnur auf der Preisebene, sondernebenso durch das Angebot neuerModelle und neuer Designs kon-kurrieren kann.

GM gilt heute als der produk-tivste amerikanische Automobil-hersteller, nachdem sich die Fer-tigungszeit für ein Fahrzeug von32 Stunden im Jahr 1998 auf 24,4Stunden im Jahr 2003 verringerthat. Die variablen Kosten von GM(Personal, Bauteile und externeProduktion) belaufen sich auf62 Prozent, verglichen mit 68 Pro-zent bei Ford (und 60 Prozent beiToyota und Honda). GM machtheute pro Fahrzeug einen durch-schnittlichen Gewinn von701 USD, was einer Steigerungvon 108 Prozent gegenüber 2001entspricht. Branchenexperten stu-fen GM-Fahrzeuge heute, was dieQualität betrifft, auf der gleichenEbene wie Fahrzeuge von Toyotaund Honda ein.

Trotz all dieser Triumphe mussGM noch einige Hürden überwin-den. Nach dreißig Jahren diverserManagementfehltritte haben RickWagoner und sein Management-team mit enormen Lasten undwenig Handlungsspielraum zukämpfen. GM bleibt durch sehrhohe Kosten für Renten- undKrankenversicherungsbeiträge be-lastet. In besseren Zeiten sagteGM seinen Mitarbeitern großzügi-ge Renten- und Krankenversiche-rungsleistungen zu, um sich denFrieden mit der GewerkschaftUnited Auto Workers (UAW) zuerkaufen. Als steigende VerlusteGM zwangen, Personal abzubau-en, bot das Unternehmen als Aus-weg Mitarbeitern an, in Frührentezu gehen, und muss nun Tausen-den von Rentnern Pensionen zah-len.

Obwohl GM seinen gewerk-schaftlich organisierten Arbei-tern nur wenig mehr pro Stundezahlt als Toyota, Honda und Nis-san ihren amerikanischen Arbei-tern zahlen, sind die Renten- undKrankenversicherungskosten vonGM immens (etwa 24 USD proStunde bei GM verglichen mit12 USD pro Stunde bei den aus-ländischen Fabrikaten). GMs Ren-tenfond wurde durch das Sinkender Aktienkurse in den 1990erund frühen 2000er Jahren ge-schmälert. Das Unternehmenmuss in den nächsten fünf Jahrenmehr als 15 Milliarden USD gene-rieren, um den notwendigen Wertdieses Rentenfonds wiederherzu-stellen. Überdies muss GM weite-re 5 Milliarden USD pro Jahr fürKrankenversicherungsleistungenfür derzeitige und ehemalige Mit-arbeiter aufbringen. In einer Bran-che mit geringen Gewinnmargenkönnen solche Kosten entschei-dend sein.

Würde eine Firma wie Ford vorähnlichen Problemen stehen,dann würde diese mehrere Werkeschließen und einen kleineren

Marktanteil am US-Markt in Kaufnehmen. Das ist eine Strategie,die sich GM nicht leisten kann,weil das Unternehmen dann we-niger Fahrzeuge produzieren undverkaufen würde und damit we-niger Einnahmen zur Zahlung derhohen Renten- und Krankenversi-cherungskosten verfügbar wären.Wagoner stellt fest: „Wir habenriesige Fixkosten, die 30 JahreStellenabbau und 30 Jahre stei-gende Krankenversicherungskos-ten repräsentieren.“ Bis 2008 wer-den einige dieser Verpflichtungenwegfallen, da die Reihen der GM-Pensionäre immer lichter werden.GM muss bis dahin durchhaltenund genügend Einnahmen gene-rieren, um diese Kosten zu de-cken, bis sie sinken. Gleichzeitigmuss das Unternehmen die Qua-lität, die Effizienz, das Designund das Markenimage verbessern.

Obwohl man ZehntausendenArbeitern kündigte, Milliardenvon Dollars pro Jahr an Kosteneinsparte und ganze Modell-reihen einstellte, sind die Ge-winnmargen von GM noch immerzu gering. GM leidet unter einemschwachen Markenimage, daviele Autokäufer die MarkenChevrolet, Pontiac und Buick füraltmodisch und zweitklassig hal-ten. Viele Kunden entscheidensich stattdessen für Toyota oderHonda. Die wiederbelebte MarkeNissan und die verbesserte MarkeHyundai setzen GM weiter unterDruck. Auch wenn GM neueModelle jetzt sehr schnell auf denMarkt bringen kann, sind die ja-panischen Konkurrenten immernoch schneller. Honda kann innur 14 Monaten neue Modelle biszur Marktreife entwickeln undversucht, die Entwicklungszeitauf 12 Monate zu verkürzen. GMbesitzt heute vielleicht die bestenInformationssysteme und diebeste Technik in der Automo-bilbranche, aber was werden siebringen?

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Fallstudie: Inwiefern können neue Informationssysteme General Motors helfen?

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crance, „Speed Racers“, Compu-terworld, 12. August 2002; SteveKonicki, „Time Trials“, Informati-on Week, 3. Juni 2002; Derek Sla-ter, „GM Proves E-Business Mat-ters“, CIO Magazine, 1. April2002; Gregory L. White, „In-CarInternet Services Stall on Cost,Skeptical Customers“, The WallStreet Journal, 9. April 2002; BobTedeschi, „Going Online to Buy aCar“, The New York Times, 16.September 2002; Faith Keenanund Spencer E. Ante, „The NewTeamwork“, Business Week, 18.February 2002; Danny Hakim, „IsIt G.M.'s Turn to Be the Favori-te?“, The New York Times,3. März 2002, und „What's Goodfor the Country Is Good for G.M.“,The New York Times, 26. Februar2002; John Galvin, „Racing theClock“, Smart Business Maga-zine, Mai 2001; Antone Gonsalves,„IT's the Tiger in Their Tanks“,Information Week, 17. September2001; Jason Black, „Build Lasting

Partnerships“, Internet World,1. August 2001; Dale Buss, „Cus-tom Cars Stuck in Gridlock“, TheIndustry Standard, 16. Oktober2000, und „The Race to BeWired“, The Industry Standard,4. September 2000; Lee Copeland,„GM Now Sells Web Technology,Not Just Cars“, Computerworld,5. Juni 2000, und „GM ShutsDoors on GMDriverSite.com“,Computerworld, 4. September2000; Sari Kalin, „Overdrive“,CIO Web Business Magazine,1. Juli 2000; Julia King und LeeCopeland, „GM Retools forE-Commerce That Goes Well Bey-ond Cars“, Computerworld, 17.April 2000; und Lauren GibbonsPaul, „The Biggest Gamble Yet“,CIO Magazine, 15. April 2000.

Fragen zur Fallstudie:

1 Analysieren Sie GM anhanddes Wertschöpfungsketten-modells und des Modells derWettbewerbskräfte.

2 Beschreiben Sie die Bezie-hung zwischen dem KonzernGM und der IT-Infrastruktur.Welche Faktoren aus den Be-reichen Management, Orga-nisation und Technik beein-flussen diese Beziehung?

3 Bewerten Sie die aktuelleUnternehmensstrategie vonGM in Bezug auf die Wettbe-werber. Welche Rolle spielenInformationssysteme bei die-ser Strategie? Inwiefern sindInformationssysteme für GMvon Nutzen?

4 Wie erfolgreich waren dievon GM verfolgte Strategieund der Einsatz von Informa-tionssystemen hinsichtlichder Probleme des Konzerns?Welche Probleme könnenauf diese Weise gelöst wer-den? Welche Probleme wer-den damit nicht angegangen?


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