KUNST+UNTERRICHT 376 I 201312
KATRIN DROPCZYNSKI I MARCUS NÜMANN I LARS ZUMBANSEN
Partnersuche im Gestern und Heute Vergesellschaftungsprozesse visualisieren
Das Erkenntnispotenzial von Strukturbil-
dern erschließt sich nur in konkreten Un-
terrichtszusammenhängen. Insbesondere,
wenn die Schülerinnen und Schüler neben
dem primären Bildmaterial verschiedene
Daten der gesellschaftlich bedingten Bild-
produktion und Bildrezeption in einem
Gesamtpanorama vereinen sollen, wird die
Sinnhaftigkeit von Strukturbildern deutlich.
Das Erstellen von Strukturbildern ist nie-
mals voraussetzungslos. Deshalb werden
im Folgenden auch die exemplarisch vor-
zuführenden Visualisierungsstrategien
konsequent in eine thematisch spezifi-
sche Unterrichtsreihe für die Oberstufe *
eingebunden und nicht als isolierte „Me-
thodenrezeptur“ dargeboten.
Gleichwohl soll der inhaltliche Fokus
eindeutig auf der Darstellung, der didak-
tischen Begründung und der Reflexion
der für die Reihe zentralen Strukturbild-
techniken liegen, die künstlerische sowie
ästhetische Handlungspraxen in je spezi-
fischen Zeiträumen in Beziehung setzen.
1 I Hans Holbein d. J. (1497 / 1498 –1543) Christina von Dänemark (Ausschnitt), 1538, Öl auf Holz,
175 x 82,5 cm, London, National Gallery
Inhaltlicher Schwerpunkt:
Partnersuche
Die Suche nach einem passenden Le-
benspartner beschäftigt die Menschen zu
allen Zeiten. Dabei spielen die transpor-
tablen Abbilder der Suchenden – ob als
Miniaturgemälde oder Fotografien – eine
zentrale Rolle.
Ziel der Unterrichtsreihe war es inso-
fern, historische und aktuelle Bildpraxen
der Partnersuche in ihren gesellschaft-
lichen Zusammenhängen zu erschließen
und zu vergleichen – als Ankerpunkt für
eine eigene gestalterische Auseinander-
2 I Hans Holbein d. J. (1497 / 1498 –1543) Anna von Kleve, 1539, Tempera auf Holz, 65 x 48 cm,
Paris, Louvre
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ZENTRALES UNTERRICHTSBEISPIEL
setzung mit diesem Thema. Aus diesem
Gedanken ergab sich die Konfrontation
der Schülerinnen und Schüler mit den
Werken des Renaissancemalers Hans
Holbein d. J. zur Brautschau Heinrichs VIII.
sowie Partnerschaftsanzeigen in Print-
Medien und Internet.
Sequenz I – Partnersuche
im Gestern
Im Jahr 1538 suchte Heinrich VIII., König
von England – nach dem Tod seiner drit-
ten Frau Jane Seymour – eine neue Frau.
Die Suche erfolgte in damals üblicher Wei-
se über die Diplomatie an den Höfen in Eu-
ropa. Mithilfe der Hofmaler und ihrer ge-
malten Porträts in Miniatur oder größeren
Formaten wurden die Kandidatinnen der
engeren Wahl seiner Majestät ansichtig.
Bildvergleich „Erster und zweiter Blick“
mit tabellarischer Sicherung
Die in diesem Kontext entstandenen Por-
träts der Christina von Dänemark (Abb. 1)
und der Anna von Kleve (Abb. 2) wurden
den Schülerinnen und Schülern zunächst
nacheinander und später in vergleichen-
der Gegenüberstellung präsentiert. Hier-
bei galt es, die Attraktivität und Persön-
lichkeit der abgebildeten Person in ersten
Assoziationen anhand der sichtbaren Er-
scheinung auf einer tabellarischen Gegen-
überstellung zu fixieren. Die Schülerinnen
und Schüler bewerteten auf dieser Grund-
lage, welche der Edeldamen Heinrich VIII.
zu seiner Frau nehmen würde. Nach dieser
ersten Einschätzung wurden die Schüle-
rinnen und Schüler mithilfe der szeni-
schen Methode des Nachstellens, dem
Bau von „Standbildfragmenten“ (s. Kasten
S. 14) erneut mit den beiden Abbildungen
konfrontiert.
In Partnerarbeit stellten sie die Hand-
stellung beider adligen Damen nach
(Abb. 3) und sollten dabei versuchen,
sich in die Situa tion einzufühlen. Hierbei
notierten die Probanden ihre Eigenwahr-
nehmung in der Haltung.
In einem „zweiten Blick“ wurden die
beiden Frauenporträts im Detail unter-
sucht – diesmal bezogen auf die Kopf-
Methodenbaustein: Standbild bauen
(S. 14)
ZENTRALES UNTERRICHTSBEISPIELVergesellschaftungsprozesse
visualisierenSek. II
Sequenz I – Partnersuche im Gestern
Sequenz II – Partnersuche im Heute
Sequenzprotokoll „The Tudors“
(S. 16 f.)
Methodenbaustein:Entwicklung eines Schau-bildes – Beziehungsstruk-turen veranschaulichen
(S. 18)
Methodenbaustein: Hinweise zur Konzeption
eines Schaubildes(S. 21)
„Warum heiratet Heinrich VIII. Anna von
Kleve?“ – Zitatsammlung(S. 22)
Schaubild-Analyse(S. 24)
AufgabenstellungPorträtfotografie
(S. 23)
Bildvergleich
„Erster und zweiter Blick“ mit tabellarischer Sicherung
TV-Serie „The Tudors“ -
Ursachenkette zur Filmsequenz
Schaubild I –
„Beziehungsanalyse“ mit Galeriegang
Schaubild II –
„Zentrales Dilemma“
Charaktercollage
Matrix alltags-
ästhetischer Stile
Selbstporträt als Bewerbungsfoto
BasisartikelStrukturbilder
Erkenntnismittel im Kunstunterricht
(S. 4 ff.)
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Zudem ist eine Vielzahl unterschiedlicher
Materialien notwendig, um schnell einen
Gesamtüberblick über die historische Si-
tuation, ihre Personen und deren histori-
sche Kontexte zu gewinnen.
Ein Umweg zu den historischen Ereig-
nissen dieser Brautschau des englischen
Königs und den involvierten Personen
über aktuelle Bildwelten erschien weitaus
motivierender.
Die britisch-irisch-kanadische Kopro-
duktion „The Tudors“ bot – obschon die
filmische Inszenierung zur historischen
Vergangenheit bzw. Geschichte fiktive
Komponenten enthält – die Möglichkeit
eines angemessenen visuellen Gesamt-
bildes. In diesem ist auch die Brautschau
Heinrichs in ihrer Problematik mit sämt-
lichen Protagonisten vertreten. Gerade
die Beziehungen und Kontexte der ein-
zelnen Personen lassen sich mithilfe filmi-
scher Analyse und deren Visualisierung
gut nutzen, um die Ursachen bzw. Grund-
lagen der Entscheidung Heinrichs nach-
zuvollziehen – insbesondere mit Blick auf
die Bedeutung der Bilder Holbeins für die
Brautentscheidung.
Zur Analyse wurde den Schülerinnen
und Schülern eine 15-minütige Film-
sequenz aus der dritten Staffel dargebo-
ten. Diese stellt ein dramatisches „Patch-
work“ aus historisch-zeitgenössischen
Quellenfragmenten, Anekdoten der Re-
zeptionsgeschichte sowie rein fiktiven
Hinzufügungen dar. Trotz dieses Umstan-
des zeichnet sich die Serie insbesondere
bei der Thematisierung des Braut-Bild-
Verhältnisses durch eine kritisch-reflexive
Haltung aus, verlagert sie doch die Verant-
wortung für das Scheitern der Ehe Hein-
richs mit Anna von Kleve vom Künstler
Holbein hin zu den politischen Einfluss-
faktoren und Entscheidungsträgern um
Thomas Cromwell (vgl. dazu ausführlich
Zumbansen/ Zumbansen 2010, S. 32 ff.).
Die Erstrezeption des Filmes diente
der vordergründigen Aufklärung über
die Wahl Anna von Kleves und deren Kon-
sequenzen, denn Heinrich verabscheut
seine neue Ehefrau bereits nach ihrer
ersten Begegnung und bezeichnet sie als
„fette flandrische Stute“. Diese dargstellten
Ereignisse sollten von den Jugendlichen
Methode: Standbild bauen
Ein Standbild ist eine darstellende Methode, die es ermöglicht, einen ersten Zugang
zu einer Figur oder Figurengruppe in einem Bild durch szenisches Nachstellen zu
erhalten.
Im Standbild wird die im Bild zum Ausdruck gebrachte Haltung, Gestik und Mimik
einer Figur darstellerisch imitiert und eingefroren, um sich in deren Situation ein-
fühlen und eindenken zu können.
Ablauf
Jeder der Teilnehmenden schaut das Bild ca. fünf Minuten lang an.
Ein „Regisseur“, den das Team festgelegt hat, modelliert nun aus dem Körper
(hier Kopf und Hände) seines Mitschülers ein Standbild.
Das „Modell“ nimmt die ihm zugewiesene Haltung ein, einschließlich Mimik
und Gestik. Das Ganze geschieht möglichst nonverbal.
Ist das Bild vollendet, erstarrt das „Modell“ für ca. 30 Sekunden, fühlt sich ein
und gibt dem „Regisseur“ die Gelegenheit, ein Foto zu machen.
Anschließend notiert jedes Teammitglied stichpunktartig die Eigenwahrnehmung
(Modell) bzw. Fremdwahrnehmung (Regisseur) dazu.
3 I Schülerarbeit (Oberstufe) Standbildfragment: Handhaltung der Christina von Dänemark
und Handhaltungen – und die Ergebnisse
wurden wiederum in einer Tabelle notiert.
Die Beurteilung der Attraktivität und Per-
sönlichkeit der beiden Damen kehrte sich
nun um. Auf den ersten Blick erschien das
Porträt der Anna von Kleve in der Attrak-
tivität und Persönlichkeit – und somit als
Wahl Heinrichs – vorne zu liegen. Auf den
zweiten Blick war es dann erstaunlicher-
weise Christina von Dänemark (zu mög-
lichen Gründen s. Zitatsammlung Kasten
S. 22)
Ursachenkette zur Filmsequenz
Die Schülerinnen und Schüler standen vor
einem Dilemma, vor dem auch Heinrich
VIII. gestanden hat und dessen Ausmaß
nun für sie fassbar war. Zugleich kam es
in der Diskussion um die Wahlentschei-
dung Heinrichs auch zu der Feststellung,
dass allein das Aussehen einer adeligen
Dame für einen König wie ihn damals
nicht allein entscheidend gewesen sein
könnte. Zudem gäbe es da ja auch noch
den Charakter oder auch staatspolitische
Überlegungen, die Einfluss gehabt haben
müssten.
An dieser Stelle des Unterrichtsverlaufs
boten die beiden Gemälde für die Schüle-
rinnen und Schüler keine Möglichkeiten,
durch werkimmanente Formalanalyse
als klassisches kunsthistorisches Unter-
suchungswerkzeug Ursachen der histo-
rischen Entscheidung Heinrichs VIII. für
eine der beiden Heiratskandidatinnen zu
erarbeiten. Der nächste Schritt hätte in
die Analyse werk externer Quellen geführt
(historische Quellentexte oder Sekundär-
literatur). Die Motivation, die aus diesem
Material und den dazu notwendigen Ana-
lysemethoden erwächst, ist nicht allein
aufgrund der schwach ansprechenden Äs-
thetik von Textkopien für einen forschen-
den Erkenntnisprozess wenig anspornend.
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in Form einer Ursachenkette strukturiert
erfasst und notiert werden.
Schaubild I „Beziehungsanalyse“
mit Galeriegang
Vor dem Problemhorizont, dass der König
Anna von Kleve ablehnt, galt es in einem
zweiten Schritt das komplexe Beziehungs-
geflecht aller an diesem Ereignis beteilig-
ten Figuren zu erfassen. Die Schülerin-
nen und Schüler fertigten dazu bei einer
nochmaligen Filmrezeption vorbereitend
ein Sequenzprotokoll an (dies kann auch
vorgegeben werden, s. Kasten S. 16 f.), um
sich dann arbeitsteilig mit ausgewählten
„Figurenpärchen“ eingehend zu beschäf-
tigen. Zu diesem Zweck wurden Bildkar-
ten mit den betreffenden Charakteren
ausgeteilt (Details aus den Porträts von
Holbein). Aufgabe war es, die Beziehungs-
struktur des zugelosten Figuren duetts
durch Pfeile, ergänzende Schlagworte
und grafische Symbole anschaulich zu vi-
sualisieren (Abb. 4a u. b). Für Lerngruppen,
die bisher über wenig Erfahrung im Erstel-
len von Schaubildern verfügen, kann an
dieser Stelle ein methodischer Exkurs er-
folgen, der grundlegende Techniken der
Visualisierung vermittelt (s. Kasten S. 18
u. Kasten S. 21). Als prak tikabel erweist
sich in diesem Zusammenhang auch die
Nutzung eines Methoden- bzw. Modera-
torenkoffers, bestückt mit verschieden
großen und unterschiedlich geformten
Farbkarten sowie dicken Filzstiften.
In der nachfolgenden Phase trafen
sich jeweils diejenigen Kursteilnehmer
mit dem gleichen Paar und kontrollier-
ten ihre Ergebnisse gegenseitig, wobei
auch die Prägnanz der Darstellung dis-
kutiert werden sollte. Aus diesen einzel-
nen Schaubildfragmenten sollte dann
in Kleingruppen ein Gesamtbild für alle
fünf handelnden Figuren erstellt werden.
Dazu trafen sich mindestens drei Lerner
mit unterschiedlichen Paaren, sodass jede
Figur in jeder Gruppe mindestens einmal
vertreten war. Um den Schülerinnen und
Schülern Gestaltungsfreiheit anzubieten,
wurde kein spezifisches Plakatformat
vorgegeben, sondern ein Set von DIN-A1-
Pappen lag bereit, die beliebig beschnit-
ten werden konnten.
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4 a u. b I Schülerarbeiten (Oberstufe) Schaubild I „Beziehungsanalyse“
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Episode / Zeit Ort:
auftretende Personen
Episode 3:
00 : 02 : 59 – 00 : 05 : 50
Atelier am Hof Heinrich VIII.:
Holbein / Lady Misseldon /
Sir Robert Tavistock
Saal im Palast:
Heinrich VIII. / Holbein / Sir Robert
Episode 6:
00 : 12 : 19 – 00 : 13 : 50
Thronsaal:
Heinrich VIII. / Cromwell
Episode 6:
00 : 13 : 53 – 00 : 15 : 44
Palast in Mailand:
Holbein / Sir John Hutton /
Christina von Dänemark
Episode 6:
00 : 17 : 38 – 00 : 17 : 56
00 : 30 : 23 – 00 : 31 : 11
Königshof in London:
Heinrich VIII. / Cromwell /
Herzog von Suffolk
Episode 7:
00 : 01 : 15 – 00 : 02 : 03
Cromwell / Holbein
Episode 7:
00 : 04 : 18 – 00 : 05 : 15
Heinrich VIII. / Cromwell
Episode 7:
00 : 20 : 28 – 00 : 21 : 25
Heinrich VIII. / Gefolge
Episode 7:
00 : 22 : 09 – 00 : 24 : 50
Schloss in Rochester:
Heinrich VIII./ Anna von Kleve /
Gefolge
Episode 7:
00 : 24 : 51 – 00 : 26 : 20
Palast, Thronsaal:
Heinrich VIII. / Cromwell /
Sir John / Rat
Sequenzprotokoll *
* aus: „The Tudors“ – Dritte Staffel (DVD, Sony Pictures Home Entertainment, 2009), Zeichnungen: Zumbansen
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Geschehen / Handlungsverlauf
Mithilfe eines Perspektivrahmens porträtiert Holbein die unbekleidete Mätresse des Königs, Lady Misseldon. Unterbrochen wird
die Szene durch den Verlobten des Modells, der sich – empört über die Tätigkeit seiner Angetrauten – mit Holbein einen kurzen
Kampf liefert.
Holbein entschuldigt sich für den Vorfall, der König bestärkt den Maler, richtig gehandelt zu haben. Die Beschwerde des Verlobten
weist Heinrich entschieden zurück und preist stattdessen das Genie des Malers: „Wenn ich sieben Bauern hätte, könnte ich
sieben Lords aus ihnen machen, aber aus sieben Lords könnte ich nicht einen Holbein machen.“
Cromwell berichtet dem König von den Erkundigungen, die der Gesandte Sir John Hutton über mögliche Heiratskandidatinnen
eingeholt hat: Die Herzogin von Mailand (Christina von Dänemark) sei eine Dame „reich an Schönheit, Bildung und Stand“.
Die an zweiter Stelle vorgestellte Anna von Kleve hat laut Heinrich dem Hörensagen zufolge wenig zu bieten, sei „weder anmutig
noch schön“. Cromwell gibt dennoch den politischen Vorteil zu bedenken, da Kleve Mitglied der protestantischen Liga sei.
Holbein wird vom König jedoch zuerst beauftragt, die Herzogin von Mailand zu porträtieren.
Sir John preist den englischen König an, die frisch verwitwete Christina ist ihm allerdings nicht zugetan, würde ihn nur auf Befehl
ihres Onkels, Kaiser Karl V., heiraten. Heinrich habe schließlich reichen Verschleiß an Frauen und sie habe nur einen Kopf,
hätte sie zwei, würde sie gern dem König einen geben. Unterdessen zeichnet Holbein die Herzogin.
Heinrich sieht sich die Skizzen Holbeins an und lobt die Schönheit der Damen, stellt sich jedoch gleichzeitig die Frage,
wie glaubhaft ein Bild sein kann. Holbein könne, um ihm zu schmeicheln, die Porträtdarstellungen idealisieren.
Cromwell weist nochmals auf die Kleve-Schwestern hin, hebt ihr „einfaches, aber freundliches Gemüt“ hervor und wiederholt
sein politisches Argument. Holbein soll daraufhin Anna malen.
Cromwell erteilt Holbein den Auftrag und insistiert darauf, das Porträt Annas ggf. zu schönen. Auf Holbeins Nachfrage,
im Zweifelsfall also „lügen“ zu müssen, entgegnet der Protestant Cromwell seinerseits mit der rhetorischen Frage, ob nicht
„alle Kunst Lüge“ sei.
Heinrich öffnet eine kleine Dose mit einem Miniaturbildnis der Anna von Kleve und lobt die „angenehme Erscheinung“.
Cromwell zitiert ergänzend Sir John, der über Anna zu berichten weiß: „Sie sticht die Herzogin von Mailand aus so wie die goldene
Sonne den silbernen Mond überstrahlt.“ Cromwell weist nochmals auf die militärische und finanzielle Hilfe der protestantischen
Liga hin, die ein Bündnis mit Kleve einbringe.
Heinrich wartet auf die Ankunft Annas, dabei zweifelt er immer noch an der Glaubwürdigkeit der bildlichen Darstellung
und der Lobpreisungen. Daher macht er sich mit seinem Gefolge auf den Weg nach Rochester, um Anna endlich real sehen
zu können.
Als Heinrich Anna zum ersten Mal sieht, zeigt er sich negativ überrascht und begrüßt sie förmlich.
Daraufhin reitet er ab.
Bei seiner Rückkehr an den Hof ruft Heinrich erbost seinen Rat zusammen, dem er vorwirft, ihn getäuscht zu haben in Bezug
auf Anna von Kleve. Diese sähe aus „wie ein Gaul, eine flandrische Mähre“. Dabei nimmt er insbesondere Cromwell ins Visier,
den er erzürnt fragt, wie man sich denn nun von der neu auserkorenen Königin wieder befreien könne.
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Ausgehend von den Vorarbeiten nah-
men die Jugendlichen dabei zuerst eine
räumliche Anordnung der Abbildungen
vor, versahen das Plakat mit einem Pfeil-
system und zeichneten dann die Bezie-
hungssymbole mit erläuternden Stich-
punkten ein. Die entstandenen Plakate
wurden schließlich in einem Galeriegang
wechselseitig durch die Schülerinnen und
Schüler begutachtet. Mit entsprechend
bereitgestellten Farbkarten erhielten die
Gruppen in dieser Phase die Möglichkeit
der Beurteilung, wobei Zustimmung über
die Beschriftung grüner Karten erfolgen
sollte, während gelbe Karten für die Arti-
kulation von Unklarheiten stand und Rot
für inhaltliche Kritik genutzt werden sollte.
Diese Methode der kartengestütz-
ten Metareflexion über Plakatentwürfe
(Formkritik, s. Einführung S. 4 ff.) erwies
sich als idealer Aufhänger für eine plenare
Anschlussdiskussion, da sie ihrerseits eine
Fragehaltung auf Seiten der Strukturbild-
produzenten anbahnen konnte. So lag z. B.
bei einer Gruppe eine gelbe Karte an der
Abbildung Holbeins mit dem Hinweis „Po-
sition?“. Der Künstler wurde mit dem Staats-
mann Cromwell an den oberen Rand der
Grafik gesetzt, während der König selbst
im Zentrum positioniert wurde. Andere
Gruppen hatten diese Anordnung genau
anders herum vorgenommen (Abb. 4a
u. b). Das Gespräch zeigte hier variable
räumliche Ausdrucksformen für Hier-
archieunterschiede. So operierte eine
Gruppe mit der Idee eines vertikalen Ge-
fälles (oben / unten), eine andere mit dem
Strukturkonzept von Zentrum / Peripherie,
wobei Heinrich die Machtmitte einnahm.
Eine dritte Gruppe ging demgegenüber
pragmatisch vor und rückte Holbein ins
Zentrum, weil dieser die am stärksten ver-
netzte Figur in dem Quintett markiert, die
als Alleinstellungsmerkmal zu allen ande-
ren eine direkte Beziehung unterhält.
Bei den Pfeilanordnungen konnten
hingegen kaum Unterschiede festge-
macht werden. Bevorzugt wurde insge-
samt die Differenzierung zwischen durch-
gezogenen und gestrichelten Linien als
Anzeichen für die Opposition direkter und
indirekter Kontakte. Eine Schülergruppe
löste diese Aufgabe durch eine Abstufung
Entwicklung eines Schaubildes – Beziehungsstrukturen
veranschaulichen
Gute Schaubilder sind nicht dazu da, alle Fragen zu einem Thema zu beantworten,
sondern vielmehr neue Impulse für weiterführende Fragen zu liefern. Vor allem sollen
sie dem Schaubildproduzenten aber dazu dienen, bestimmte Abhängigkeiten sowie
Ursache-/Wirkungszusammenhänge überhaupt erst wahrzunehmen und somit zu
verstehen. Hierzu sind in der praktischen Gestaltung schnell decodierbare Zeichen
und Symbole hilfreich, die in ihrer Bedeutung eindeutig festgelegt sind.
weibliche Figur
männliche Figur
Abstammungslinie
eheliche Beziehung
nicht eheliche Beziehung
Trennung, Scheidung
5 I Otto Neurath (1882 – 1945) Isotype (International System of Typographic Picture Education)
aus:
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6 I Bildsymbole für Figurenkonstellationen
Freundschaft
schwache Verbundenheit
Feindschaft
Stärke der Beziehung
Tod einer Figur in der Geschichte
Reihenfolge von Beziehungen
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7 I Schülerarbeit (Oberstufe) Schaubild II „Zentrales Dilemma“
der Linienstärke. Allerdings erlaubt diese
lediglich graduelle Variation keine Abbil-
dung kategorialer Unterschiede. Ein Schü-
ler wies zurecht daraufhin, dass Heinrich
Christiana von Dänemark nicht nur „ein
bisschen, sondern überhaupt nicht“ zu
Gesicht bekäme.
Bei den grafischen Symbolen konnten
Unklarheiten zumeist durch die beigefüg-
ten Texterläuterungen beseitigt werden.
Positiv hervorgehoben wurde hier vor
allem die Kombination eingängiger Icons,
wie die Synthese des „facebook“-typi-
schen „I like“-Daumens mit einer abstrak-
ten Schemazeichnung des Frauenporträts.
Zu dieser Grafik entstand zudem ein inver-
tiertes Pendant mit einer nicht gerahmten
Frauengestalt als Indikator für die „echte“
Anna von Kleve. Die zusätz liche Farb-
kodierung verstärkte diesen Gegensatz
(Abb. 4a).
Diese mehrphasige induktive Gestal-
tungsarbeit mit anschließender Evalua-
tion diente als Diagnose element, um den
Grad der kognitiven Durchdringung be-
zogen auf die Aufgabenstellung anschau-
lich zu erfassen. Falsche oder nicht hinrei-
chend differenzierte Visualisierungen sind
hierbei problematisiert und gleichzeitig
sind bestimmte „best-practice“-Lösungen
exponiert worden.
Ebenso große Bedeutung kam jedoch
dem Umstand zu, dass alternative Bild-
lösungen als gleichwertig in ihrem Er-
kenntnispotenzial erkannt wurden und
dass die Visualisierungsergebnisse insge-
samt nicht als statische Wanddekoration
endeten, sondern permanent in einen
dialogischen Prozess eingebunden wa-
ren, in dem Formfragen immer wieder als
„Türöffner“ für inhalt liche Problematisie-
rungen funktionalisiert werden konnten.
Schaubild II „Zentrales Dilemma“
In einer erweiternden Transferaufgabe,
die häuslich zu bearbeiten war, sollte je-
der Kursteilnehmer eine weitere Grafik an-
fertigen – diesmal jedoch ausschließlich
zu den zentralen Dilemmata des im Film
dargestellten figürlichen Szenarios. Ge-
fordert war demnach eine konsequente
grafische Anwendung der im Plenumsge-
spräch diskutierten Gestaltungsaspekte
sowie ein gewichtendes Umgruppieren
und Neuarrangieren der Strukturgrafik.
Ziel des Arbeitsauftrages war, die Sen-
sibilität der Schülerinnen und Schüler für
die Modellhaftigkeit von Schaubildern
zu erhöhen. Mit dem Wechsel des Wahr-
nehmungsfokus wird stets zugleich auch
immer eine andere, angemessene Visuali-
sierungsform erforderlich. Strukturbilder
sind im Idealfall nicht Endpunkt, sondern
Ausgangspunkt für weiterführende Struk-
turbilder als „Veräußerungen des Denkens“
(vgl. Einführung, S. 4 ff.).
So zeigten sich auf den zweiten Plakat-
bildern denn auch einige neue Raumord-
nungen. Ein Schüler schloss Heinrich in
einen eigenen Raum „Königshof“ ein, der
von der Umwelt getrennt war (Abb. 7). In
der fehlenden Möglichkeit, einen direkten
Kontakt zu seinen potenziellen Bräuten
herzustellen, sah er für den König ein zen-
trales Dilemma. Aus dieser Grundstruktur
ergab sich zugleich die weitere Anlage der
Grafik, die Cromwell und Holbein quasi als
Mediatoren, als „Ohr“ und „Auge“ Hein-
richs zeigt. Genau durch diese Mittlerrol-
le ergaben sich für den Schüler weitere
Konflikte, da eigene Motive der „Berater“
die Informationsübertragung filtern und
die Beurteilung der „Realität“ durch den
König beeinflussen. Sehr überzeugend
wurden die eingehenden Pfeile dabei zu
den passenden Sinnesorganen des Königs
gelenkt.
Dieses Strukturbild ist Ausdruck einer
erhöhten Abstrak tionsfähigkeit und kann
auch für eine fruchtbare Anschlussdiskus-
sion genutzt werden. Die symmetrische
Anlage der Grafik sowie die identische
Linienstärke der Pfeile suggeriert näm-
lich eine relative Gleichgewichtigkeit der
Einflussfaktoren.
Diese Darstellung konnte im nachfol-
genden Plenumsgespräch problemati-
siert werden. War nun von einer „gleich
verteilten Schuld“ der beiden Berater
am Scheitern der Ehe auszugehen? Un-
ter Rückgriff auf die Erkenntnisse des in
der ersten Stunden angestellten Bildver-
gleichs, der Strukturbilder und vor dem
Hintergrund zu beurteilender Zitate aus
Kontaktanzeigen-Beispiele
„Bärchen? Suche etwas größeren, kräftigen, tierlieben Mann, gerne mit Bauch,
zum Reden, Rausgehen, Rumalbern und vielleicht auch Rum-knutschen.
Bin 39, 173 cm, Rubensfrau. Möchte das Leben mit Dir genießen.“
aus: „Zeitmagazin“ (Beilageteil der Wochenzeitschrift „Die Zeit“, Quelle: http://www.heft.de/anzeigeliste.php [abgerufen am 14. 06. 2011]
„Wir leben durch die Lieb´ allein … Prom. Anglophil. Tamino, 43, NR,
sucht Pamina, 28 – 38, NR, schlk., o. Anh., die über sich selbst lachen kann,
m. Neugier u. Sinn f. Zweisamkeit, Loriot, u. Literatur, Kunst u. Klassik,
Leben o. TV – Ziel: so liebe kleine Kinderlein …“
aus: „Zeitmagazin“ (Beilageteil der Wochenzeitschrift „Die Zeit“, Quelle: http://marktplatz.zeit.de/kennenlernen/ [abgerufen am 14. 06. 2011]
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der Sekundärliteratur (s. Kasten S. 22), die
den Schülerinnen und Schülern darge-
boten wurden, sollte diese Frage erörtert
werden und eine eigene Stellungnahme
formuliert werden.
Sequenz II – Partnersuche im Heute
Die gestaltungspraktische Aufgabe bezog
sich – inhaltlich parallel zur Auseinander-
setzung mit der historischen Brautschau
Heinrichs VIII. – auf Kontaktanzeigen.
Da hier Abbilder der Suchenden nicht
vorhanden waren, musste die Erschei-
nung des Äußeren der Person mittelbar
aus dem Wortlaut des Anzeigentextes
entschlüsselt werden (Beispiele s. Kasten
S. 19).
Charaktercollage
Im Einstieg waren die Schülerinnen und
Schüler ausschließlich mit der reinen Text-
form der Kontaktanzeige konfrontiert. Da-
bei sollten sie sich mithilfe eines Schreib-
gesprächs zunächst über die Person ihrer
selbstgewählten Kontaktanzeige ausei-
nandersetzen und in der anschließenden
Diskussion erörtern, was für eine Persön-
lichkeit sich hinter der Anzeige verbergen
könne. Anhand dieser Methode themati-
sierten die Schülerinnen und Schüler im
Plenum sehr schnell die Tatsache, dass
die Anzeigentexte relativ wenig Infor-
mation zum Aussehen der Person oder
ihrer ästhetischen Präferenzen anboten.
Insofern erschien es schwierig, die ästhe-
tische Erscheinung dieser Person und ih-
res Umfeldes genauer zu definieren. Die
Jugendlichen fanden es aber wichtig, ein
umfangreicheres Bild der ästhetischen
Vorlieben der Suchenden zu bekommen,
wollte man sich denn im Ernstfall auf die
Kontaktanzeige bewerben und von Su-
chenden ausgewählt werden.
Genau darin bestand ihre gestaltungs-
praktische Aufgabe. Das Ziel war es für
jeden, anhand einer selbst gewählten An-
zeige ein eigenes Por trätfoto zu gestalten,
das auf die alltagsästhetischen Entschei-
dungen in der Lebensgestaltung der Per-
son der Anzeige passte.
Die Schülerinnen und Schüler defi-
nierten zunächst im Plenum, was sie zur
Lebensgestaltung dazu zählten: Auf der
einen Seite der Definition standen hier
konkrete Alltagsgegenstände, wie z. B.
Kleidung, Einrichtung, Fortbewegungs-
mittel, sogenannte „must have“-Gegen-
stände, aber auch Musikrichtungen. Diese
Sachwerte wurden flankiert von ideellen
Werten wie Familienbild, Lebensziele, Le-
benseinstellungen, Freundeskreis, Sport
usw.
Anhand der Daten im Anzeigetext ent-
wickelten die Schülerinnen und Schüler
eine erste Charakterversion, die neben
den persönlichen Daten die – mutmaß-
liche – gesellschaftliche Orientierung der
suchenden Person enthielt.
Sie bekamen nun die Aufgabe, asso-
ziativ Bildsammlungen in Form collagie-
render Zeitenschriftenrecherchen zur
ersten Charakterversion der / des Suchen-
den anzulegen (Abb. 8). Alternativ war es
auch möglich, eine digitale Collage aus
Webbildern zu erstellen. Als Sammlungs-
bereiche verwendeten sie die Begriffe zu
den Alltagsgegenständen der Lebens-
gestaltung. Diese Bildsammlungen aus
der assoziierten Konsumwelt der/des Su-
chenden dienten dann zur vertiefenden
Auseinandersetzung.
9 I Schaubild: Semantischer Raum der Erlebnismilieus und der Lebensstile nach G. Schulze (1992) mit Beispielen
8 I Schülerarbeit (Oberstufe) Charaktercollage auf Grundlage
eines Anzeigentextes
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• Thema benennen:
Die Güte eines jeden Schaubildes lässt sich stets nur anhand
des genauen Inhaltsaspektes bemessen, den es zu veran-
schaulichen gilt. Die Absicht der Darstellung soll bereits in
der Überschrift erkennbar sein.
• Räumliche Anordnung festlegen:
Um eine geeignete räumliche Struktur für das Schaubild
ermitteln zu können, empfiehlt es sich, die zu vergleichen-
den Elemente zuvor bereits als lose Bilder oder beschriftete
Karteikarten vorliegen bzw. angefertigt zu haben. So lassen
sich durch experimentelles Verschieben auf dem Plakat
die geeigneten Positionen als unterschiedliche Nähe- und
Distanzverhältnisse ermitteln. Inhaltsbezogene Rangunter-
schiede sollen dabei bereits durch entsprechende räum-
liche Ordnungen (oben– unten, Zentrum – Peripherie) zum
Ausdruck kommen.
• Eigenschaften und Beziehungen ausweisen:
Im nächsten Schritt ist zu veranschaulichen, durch welche
Rollenmerkmale bzw. Attribute sich die einzelnen Elemente
jeweils auszeichnen und wie diese zueinander in Beziehung
stehen. Über Symbole und Pfeile sollen die Ausrichtung
(einseitig / wechselseitig), Art (z. B. direkt / indirekt, sach-
lich / förmlich oder privat / freundschaftlich), das konkrete
Anliegen sowie die Stärke der Beziehungen erfasst werden.
• Funktionale Bild-Textkombinationen nutzen:
Informationen, die sowohl bildlich als auch schriftlich darge-
boten werden, sind nicht nur leichter zu erfassen, sondern
können im Regelfall auch besser behalten und abgespei-
chert werden. Bilder oder Ikons sind unmittelbar zugänglich
und können eine Fülle an Assoziationen auf einen Schlag
vermitteln. Kurze schriftliche Erläuterungen können die
potenzielle Bildbedeutung präzisieren und die Aufmerksam-
keit auf wesentliche Inhaltsaspekte lenken.
Praktische Tipps:
• Arbeit auf großen Plakaten:
Der Abstand der im Schaubild vernetzten Elemente sollte
inhaltlich und nicht durch die Formatgrenzen des Plakates
(Platzmangel) begründet sein. Es muss hinreichend Platz
für Pfeile, Symbole und Beschriftung vorhanden sein.
Abschließend kann das fertige Plakat immer noch beschnit-
ten werden.
• Gestaltgesetz der Nähe beachten:
Die zusammenhängende Verarbeitung von Bild- und Text-
bausteinen wird erleichtert, wenn beide in unmittelbarer
Nähe zueinander stehen. Erläuternde Begriffe sollten immer
direkt an die Pfeile und Symbole geschrieben werden
(Verzicht auf ausgelagerte Bildlegenden am Plakatrand).
• Formen und Farben variantenreich einsetzen:
Inhaltlich unterschiedliche Beziehungsverhältnisse sollten
sich stets auch in der Form und der Farbwahl niederschla-
gen. Durchgezogene, gestrichelte, gewellte, gerade oder
gebogene Pfeile können bei bewusstem Einsatz somit schon
eine Bedeutungsfunktion erhalten. Verstärken lassen sich
diese Bedeutungen durch eine passende Farbwahl, die sich
an allgemein bekannten Farbsymboliken orientieren sollte.
So lässt sich z. B. Rot verwenden, um eine emotional heftige
Beziehung zu kennzeichnen, negativ (Wut) wie positiv (Liebe).
• Schriftliche Erläuterungen in Stichworten und in Druckschrift
abfassen:
Bei der Kommentierung der Beziehungsverhältnisse sollte
man sich auf bündige Adjektive (z. B. „einflussreich“, „selbst-
sicher“), Verben (z. B. „beauftragt“, „schätzt“) oder elliptische
Formulierungen (z. B. „wünscht mehr Zuneigung“, „ermutigt
zur Heirat mit …“) beschränken. Statt Schreibschrift sollte
Druckschrift verwendet werden, um die Lesbarkeit und
Anschaulichkeit des Plakates nicht zu mindern.
• Einfache und überzeichnete Bildsymbole verwenden:
Bei der Darstellung der Beziehungssymbole sollte man auf
Details verzichten und sich auf das Wesentliche bzw. eine
zentrale Eigenschaft konzentrieren. Diese kann dann in
karikaturhafter oder drastischer Übertreibung gezeichnet
werden. Eine solche Bildstrategie bindet die Aufmerksamkeit
und führt zu einer intensiveren Auseinandersetzung mit
dem Dargestellten. Beigefügte Texterläuterungen können
die Bedeutung der Bildsymbole präzisieren.
Hinweise zur Konzeption eines Schaubildes
Matrix alltagsästhetischer Stile
Um das Gesamtbild des Lebensstils der/
des Suchenden zu vervollständigen, be-
nötigten die Schülerinnen und Schüler
eine Methode, mithilfe derer sie zusätzlich
verlässlichere Bestandteile des von ihnen
assoziativ angenommenen Wertekosmos
der Person generieren konnten.
Hier bot sich das Zielgruppenmodell
von Helene Karmasin an – als Analyseme-
thode zum alltagsästhetischen (Konsum-)
Verhalten unterschiedlicher Gesellschafts-
milieus und Szenen. Zusammengefasst
geht Karmasin davon aus, dass Konsum-
güter jeweils milieubezogene Konzep-
tionen des Wünschenswerten abbilden,
dass also Produkte über ihre äußere
Erscheinung und ihre kommunizierten
Verwendungskontexte auch Botschaften
über die in einer Gesellschaft konkurrie-
renden Modelle angemessenen Denkens,
Handelns und Fühlens (ästhetische Mo-
delle) zur Anschauung bringen (Karmasin
2004, S. 103 ff.). Um diese Vielfalt der Le-
bensstile in ihren verschiedenen Ausprä-
gungen systematisch zu erfassen, orien-
tiert sich Karmasin u. a. an dem Modell
der Erlebnismilieus, entwickelt von dem
Bamberger Soziologen Gerhard Schulze
(vgl. Schulze, 1992, S. 255).
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Warum heiratet Heinrichs VIII. Anna von Kleve?
„Das Antlitz des Modells wirkt wie ein billiger Stein in prunkvoller Fassung. Er ver-
schwindet unter dem Reichtum der Juwelen. [Holbein] scheint es fast aufgegeben zu
haben, dem Modell etwas Interessantes abzugewinnen, und verwendet seine Kunst
lieber auf eine eindrucksvolle, autonome Komposition. Heinrich ließ sich von der
Rhetorik täuschen und beschloß Anna zu heiraten. Als sie zur Trauung in England
eintraf, war er von ihrem Aussehen tief enttäuscht und nannte sie eine ‚fette flandrische
Stute’. Sechs Monate später wurde die Ehe durch Parlamentsbeschluß aufgelöst, und
Holbein fiel allem Anschein nach beim König in Ungnade. Zum eigenen Nachteil
hatte der König entdecken müssen, daß Konterfei nicht nur Porträt, sondern auch
Täuschung bedeutet.“
aus: Bätschmann, Oskar / Griener, Pascal: Hans Holbein. Köln: DuMont 1997, S. 192
„Immer wieder vermutete man, Heinrich [gemeint ist Henry VIII, LZ] sei durch Holbeins
Portrait bei der Entscheidung für die ihm persönlich nicht bekannte Anne von Cleve
allzu positiv beeinflußt worden: Gleichgültig, ob Holbein die Physiognomie getreu oder
idealisiert wiedergab, sicher ist, daß Heinrich das Bild als der Realität nahekommendes
Abbild akzeptierte. Sicher ist auch, daß Cromwell, der die Heirat vorangetrieben hatte,
nach dem Scheitern der Ehe in Ungnade fiel und am 28. Juli 1540 enthauptet wurde;
Heinrich lastete seine persönliche ‚Niederlage’ dem Drahtzieher Cromwell an, [der
Anna als eine der schönsten Frauen Europas pries]. Holbein dagegen überlebte die
Scheidung unbeschadet; und wenn auch keine königlichen Aufträge nach 1539 über-
liefert sind, so wurde er doch bis [zu seinem Tod] 1543 weiter bezahlt, war also nicht in
Ungnade gefallen.
Für die Reaktion, die sein Werk ausgelöst hatte, wurde Holbein nicht verantwortlich
gemacht. Grund wird einerseits seine hohe Qualität als Maler gewesen sein. Anderer-
seits wurde Holbein von Heinrich […] nur als ‚ausführendes Organ’ angesehen und
letztlich intellektuell geringgeschätzt.“
aus: Buck, Stephanie: Holbein am Hofe Heinrichs VIII. Berlin: Reimer 1997, S. 29 – 30
Schulze entfaltet den Raum der Stile dabei
modellhaft in einem vierseitigen Koordi-
natensystem.
Die eine Vertikalachse bemisst in dieser
Matrix den Grad kognitiver Differenziert-
heit zwischen den Polen Komplexität und
Einfachheit. Gemeint ist damit das jeweils
gewünschte Herausforderungs- bzw. Ent-
spannungsniveau, das jemand durch eine
bestimmte alltagsästhetische Handlung
zu erreichen gedenkt.
Die andere Horizontalachse bildet den
Grad der handlungsbezogenen Reguliert-
heit zwischen den Polen Spontaneität
und Ordnung ab. Ordnung steht dabei für
das Bedürfnis nach Sicherheit durch die
Ausführung berechenbarer Tätigkeiten
oder das Erleben vertrauter, unaufdring-
licher Settings; Spontaneität hingegen für
Selbstverwirklichung und die inszenierte
Brechung sozialer Konventionen.
Bestimmte Merkmalskombinationen
lassen sich nun auf der Grundlage dieser
Dimensionen zu idealtypischen Milieus
bzw. Stilschemata verdichten und im
Koor dinatensystem verorten.
Die didaktische Qualität dieses Struk-
turbildes ergibt sich aus der dimensiona-
len Anlage. So werden die Schülerinnen
und Schüler bei der Verwendung des
Modells nicht zu einer eindeutigen Kate-
gorisierung oder Typologisierung der zu
bebildernden Person genötigt, sondern
10 I Schülerarbeit (Oberstufe) Bewerbungsfoto eines Schülers zum Anzeigentext: „Prom. Akad. (37),
klein, schlank (Gr. 34), dklbl. Locken, sportlich, sonniges Gemüt, kulturell sehr interessiert, sucht Dich für ernst- und dauerhafte Partnerschaft, bis 30 km um Tübingen.“
11 I Schülerarbeit (Oberstufe) Bewerbungsfoto einer Schülerin zum Anzeigentext: „Ich möchte mich
verlieben: attraktiver Südländer, 31, sportlich athletisch, gebildet, niveauvoll, sucht fürsorglichen, väterlichen, finanziell unabhängigen Mann zum Verlieben. Gerne reifer. Ich bin umzugsbereit.“
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können durch experimentelles Verschie-
ben auf beiden Achsen variable Nähe-
und Distanzgrade zu allen Polen und
Extrempunkten visualisieren (vgl. Zum-
bansen 2012).
Darüber hinaus erlaubt die räumliche
Ordnung eine synchrone Abbildung he-
terogener Wertewelten. Die Lernenden
können somit erkennen, dass ästhetische
Orientierungen immer auch auf Differen-
zerfahrungen beruhen, d. h. dem, was je-
weils nicht gewünscht oder ausdrücklich
abgelehnt wird.
Die Schülerinnen und Schüler erhiel-
ten neben dem beschreibenden Text
der Autorin ein Strukturbild des Modells
als Koordinatensystem, das allerdings
einzelne Leerstellen auf der vertikalen
und horizontalen Achse besaß. Die erste
Auseinandersetzung erfolgte nun über
die eigenständige Vervollständigung der
im Strukturbild fehlenden Bestandteile.
Hier waren die einzelnen Milieus und die
komplementären Aspekte des Denk- und
Handlungsstils in der Matrix stimmig zu
ergänzen.
In einem nächsten Schritt suchte nun
jeder der Kursteilnehmer aus seinen Bild-
sammlungen die Abbildungen heraus, die
er als am besten passend für den Lebens-
stil des Autors der Anzeige (vgl. Kasten S.
19) empfand. Nachdem sich die Schüle-
rinnen und Schüler in Kleingruppen zu-
sammengefunden hatten, bestand nun
die Aufgabe darin, die einzelnen Gegen-
stände in der Matrix zu verorten, um so
über die Zuschreibungen der Milieus und
Schemata im Analysemodell Karmasins
noch weitere Aussagen über das Lebens-
stilkonzept der / des Suchenden zu erhal-
ten. Damit sollte das Gesamtbild der / des
Suchenden erweitert und vor dem Hinter-
grund der erkennbaren Unterschiede zu
anderen Stilen präzisiert werden.
So wählte eine Schülerin ein Block-
haus aus Holz vor einer Naturkulisse als
Ausdruck von Bodenständigkeit und Ge-
mütlichkeit (Abb. 9). Neben dieser für das
Harmoniemilieu zentralen Werte wurde
jedoch auch noch ein auf den ersten Blick
dazu unpassendes Plastiksofa in Mund-
form und ein rotes Bärchenkissen rechts
davon positioniert. Das „Herumalbern
ZENTRALES UNTERRICHTSBEISPIEL
Für das visuelle Konzept des Porträts: Inszeniere dich selbst als Modell und erstel-le in einer Arbeitsgruppe daraus eine entsprechende Serie von Porträtfotografien.
BEWERBUNGSFOTO
Porträtfotografie:
Erstellung der Fotostrecke
(mind. 30 Aufnahmen), aus der das
bestmögliche Foto ausgewählt wird
Fotoserie – reflexive Notizen
Porträtfotografie Übung II:
Im Licht – Beleuchtung und Belichtung
und ihre Wirkung für die porträtierte Person
Fotoserie – reflexive Notizen
Alltagsästhetische Stile III:
Erarbeitung der alltagsästhetischen
Erscheinung bzw. des Stils des potenziellen
Bewerbers sowie des Fotoshootings
Konzept: Skizzen, Notizen, Text, Bilder, Fotos
Alltagsästhetische Stile II:
Sammlung von Bildbeispielen für einzelne
Lebensbereiche des Bewebers auf den Kontakt-
anzeigentext mithilfe von Zeitschriften
Bildsammlung, beschreibende und reflexive Notizen
Alltagsästhetische Stile I:
Einordung des Verfassers der Kontaktanzeige in die
alltagsästhetischen Stile und Milieus nach dem Konzept
von Helene Karmasin
Text
Porträtfotografien Übung I:
Typen der Porträtdarstellung und ihre spezifische Wirkung
für die porträtierte Person umgesetzt im Medium Fotografie
Fotoserie – reflexive Notizen
Du bist Single, allein – ein Zustand, den du ändern willst.
Wähle eine Kontaktanzeige aus. Lies den Anzeigentext genau und stelle dir
vor, eine Person zu sein, die durch die Aussagen der Anzeige angesprochen
wird.
Du bist nun motiviert, die Autorin bzw. den Autor der Anzeige kennenzu-
lernen und willst dich dem Suchenden mit einem Porträtfoto präsentieren.
Entwickle anhand der Stationen des Arbeitsprozes-ses für dich ein Konzept für eine fiktive Person und deren Por-trätfotografie, die zur Anzeige bestens passt. Statio
nen
des A
rbeitsp
rozesses
Aufgabe: Partnersuche im Heute
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als saturiert-ernstafter Lebenspartner für
eine promovierte Akademikerin mit son-
nigem Gemüt (Abb. 10) oder als gebildeter
homosexueller Mittfünfziger mit fürsorg-
licher Ader (Abb. 11).
LiteraturBouchon, Catherine: Infografiken. Einsatz, Gestal-
tung und Informationsvermittlung. Boizenburg 2007.
Karmasin, Helene: Produkte als Botschaften. Frank-furt / M. 2004.
Karmasin, Helene: The Bovine Ferrari. Normierung – Mehrwert – Distinktion in Stammes- und Indus-triegesellschaften. In: Frank, Gustav / Lukas, Wolfgang (Hg.): Norm, Grenze, Abweichung. Kultursemiotische Studien zu Literatur, Medien u. Wirtschaft. Passau 2004, S. 383 ff.
Schulze, Gerhard: Die Erlebnisgesellschaft. Kulturso-ziologie der Gegenwart. Frankfurt / M. 1992.
Zumbansen, Lars / Zumbansen, Nils: Bildbasierte Brautschau: Hans Holbein d. J. als Hofmaler in der TV-Serie „The Tudors“. In: Impulse Kunstdidaktik 8 / 2010), S. 32 ff.
Zumbansen, Lars: Die Kunst der Grobeinstellung – Review zu Ansgar Schnurr: „Weltsicht im Plural“. Über jugendliche Milieus und das „Wir“ in der Kunstpädagogik. In: Kunst Medien Bildung | zkmb, Review 2012, www.zkmb.de/index.php?id=81 (Zu-griff: 24. 01. 2013).
* AnmerkungDie Unterrichtsreihe wurde in drei verschiedenen Lerngruppen durchgeführt.
Alltagsgestaltung auf ihrem Foto arbeiten
oder ob sie möglicherweise abweichende
Milieus nutzen wollten. „Gleich und gleich
gesellt sich gern“ oder „nur Gegensätze
ziehen sich an“.
Ebenso wie bei den Bildern zur Braut-
schau Holbeins ging es nun darum, so-
wohl die charakterlichen Eigenschaften
und ideellen Wertvorstellungen als auch
die Geschmacksvorstellung und den
mutmaßlich favorisierten Lebensstil des
Porträtierten umzusetzen. Vorbereitende
praktische Übungen zu verschiedenen
Porträttypen und Beleuchtungsmög-
lichkeiten sollten auch hier eine erhöhte
Sensibilität für die sachgerechte Abwä-
gung von Gestaltungsalternativen bei
den Schülern erzeugen. Für die Serie der
Bewerbungsfotos war letztlich zum einen
das Modell zum anderen der Kulissenraum
mit entsprechenden Attributen zu planen.
Die Schülerinnen und Schüler wählten
dabei sowohl Innenräume als auch Au-
ßenräume aus. Sie inszenierten sich z. B.
und Knutschen“, repräsentiert über die-
se beiden Objekte, wies für die Schülerin
bereits tendenziell in den rechten unteren
Quadranten des Unterhaltungsmilieus, da
diese vorgestellten Tätigkeiten den Willen
zur Spontaneität erkennen ließen. Dieses
Beispiel zeigt sehr überzeugend, dass das
Modell immer auch die Möglichkeit bietet,
bestimmte Geschmacksfassetten abzu-
bilden, die sich einer allzu schematischen
Typologie entziehen. Gleichwohl lassen
sich diese Unterscheidungen überhaupt
erst durch die polare, räumliche Struktur
visuell eindeutig ausweisen.
Selbstporträt als Bewerbungsfoto
Die erweiterte Vorstellung über den Ge-
schmack und den Lebensstil des Kon-
taktanzeigenautors sollte nun in die
gestaltungspraktische Arbeit zum Be-
werbungsfoto integriert werden. Dabei
mussten die Schülerinnen und Schüler
abwägen, inwieweit sie deckungsgleich
mit dem Autorenmilieu für die ästhetische
Das vorliegende Schaubild ist nach einem zentralistischen
Organisationsprinzip aufgebaut – mit dem König als Machtmit-
telpunkt. Jeder der fünf Figuren wird ein ikonisches Attribut
zugeordnet. Dabei fällt der unterschiedliche Spezifikations grad
der Bildsymbole auf. Wird Hans Holbein mit einem Pinsel allge-
mein über seine Profession als Maler identifiziert, ist Thomas
Cromwell analog dazu nicht als Berater ausgewiesen, sondern
wird mit einer Denkblase (gefüllt mit Geldscheinen) verknüpft.
Die Schüler erachten damit seine speziellen ökonomischen
Erwägungen in der Heiratsangelegenheit für wichtiger als seine
allgemeine Funktion als Berater. Obwohl die Schüler keinen
direkten Beziehungspfeil zwischen Anna von Kleve und Crom-
well gezeichnet haben – erschwert durch die große räumliche
Schaubild-Analyse
Distanz der beiden auf der diagonalen von Heinrich durchbro-
chenen Achse – gelingt es ihnen, durch eine ähnliche Attribu-
tierung eine indirekte Beziehung zwischen Cromwell und Anna
von Kleve zu installieren. Diese wird nämlich mit einem Geld-
sack mit identischem Währungszeichen abgebildet, als Zeichen
für die finanzielle Potenz des Herzogtums Kleve.
Auch der formalen Differenziertheit der Beziehungspfeile
kommt eine symbolische Funktion zu. Die grünen Pfeile signi-
fizieren das grundlegende Vertrauen des Königs gegenüber
seinen Beratern. Die zusätzliche farbliche Füllung des Pfeils
Richtung Cromwell dokumentiert den stärkeren Einfluss des
Lordsiegelbewahrers auf den König im Vergleich zum Hofmaler.
Andererseits zeigt das Schaubild, dass alle Figuren mit Ausnah-
me von Holbein eine konfliktbehaftete Beziehung zu Heinrich
unterhalten – dargestellt durch gezackte rote Pfeile.
Als besonders bemerkenswert erweist sich zudem die Visua-
lisierung von Unsicherheit in Bezug auf die Manipulations-
vorwürfe gegenüber Hans Holbein, Anna von Kleve geschönt
porträtiert zu haben. Diese Unsicherheit wird einerseits durch
den links nach unten zu Anna von Kleve führenden Pfeil veran-
schaulicht, welcher durch ein Fragezeichen unterbrochen ist.
Andererseits relativiert ein gestrichelter Pfeil den Betrugsvor-
wurf in Bezug auf den König, womit insgesamt eine ungeklärte
Fragehaltung der Schüler gestalterisch veräußert wird, die als
Gesprächsimpuls für die anschließende Erörterungsphase pro-
duktiv genutzt werden konnte.
12 I Schülerarbeit (Oberstufe) Darstellung der Beziehungen
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