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Katholisches Wort in die Zeit 30. Jahr Nr. 3 März 1999 - Der Fels · 2004. 1. 21. · DER FELS...

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Katholisches Wort in die Zeit 30. Jahr Nr. 3 März 1999 IN DIESEM HEFT: David Berger 1999 Zeit des Heils und der Rückkehr in das Haus des Vaters S. 68 Peter C. Düren Der Papst - nur ein Ehrenvorsitzender der Kirche? S. 71 Karin Struck Kind und Frau durch „Teile und Herrsche“ auseinanderdividiert S. 75
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Page 1: Katholisches Wort in die Zeit 30. Jahr Nr. 3 März 1999 - Der Fels · 2004. 1. 21. · DER FELS 3/1999 65 Katholisches Wort in die Zeit 30. Jahr Nr. 3 März 1999 IN DIESEM HEFT: David

DER FELS 3/1999 65

Katholisches Wort in die Zeit

30. Jahr Nr. 3März 1999

IN DIESEM HEFT:

David Berger

1999 Zeit des Heils und der Rückkehr in

das Haus des Vaters

S. 68

Peter C. Düren

Der Papst - nur ein Ehrenvorsitzender

der Kirche?

S. 71

Karin Struck

Kind und Frau dur ch „T eile und Herr sche“

auseinanderdividiert

S. 75

Page 2: Katholisches Wort in die Zeit 30. Jahr Nr. 3 März 1999 - Der Fels · 2004. 1. 21. · DER FELS 3/1999 65 Katholisches Wort in die Zeit 30. Jahr Nr. 3 März 1999 IN DIESEM HEFT: David

66 DER FELS 3/1999

DER FELS - Katholische Monatsschrift .Gegründet 1970 von Pater Gerhard Hermes

Verlag: Der Fels-Verlag GmbH

Herausgeber: Initiativkreis katholischer Laien undPriester in der Diözese Augsburg e.V.Verantwortlicher Redakteur: Prof. Dr. Hubert Gindert

Redaktion: Eichendorffstr. 17, D-86916 Kaufering,Tel.: 08191/966744, Fax: 08191/966743Verlagsleitung: ebendortGrafik und Layout: Renate Gindert, BernauDruck: Egger Satz + Druck GmbH Landsberg

DER FELS erscheint monatlich im Umfang von 32Seiten. Bezugspreis jährlich einschließlich Portound Versand: DM 40,-; ins Ausland DM 45,-; öS320,-; sF 38,-; Abbestellungen sind nur halbjährlichmöglich bis zum 15. Juni oder 15. Dezember.

Bestellung: An den Fels-Verlag GmbH, Postfach 1116,D-86912 KauferingEinzahlung der Bezugsgebühren Deutschland:Konto Fels-Verlag, Raiffeisenbank Kaufering-Lands-berg eG, Nr.: 519 952, BLZ: 701 694 26, PostbankMünchen, Nr.: 598935-806, BLZ: 700 100 80

Österreich: Bestellungen wie oben, Bezugsge-bühren an: Landeshypothekenbank Salzburg, Fels-Verlag, Konto Nr.: 2 493 378, BLZ: 55 000;

Italien: Bezugsgebühren - nur durch Auslands-postanweisung oder Euroscheck - an: Auslieferung„Der Fels“, Postfach 11 16, D-86912 Kaufering

Schweiz: Bestellung, Auslieferung, Bezugsge-bühren: Christiana-Verlag, CH-8260 Stein am Rhein,Tel.: 052/7414131. Postscheckkonto Zürich Nr.: 80-26630-6

66 DER FELS 3/1999

Papst Johannes Paul II.:Der Herr wird allen Völkern ein Festmahl richten 67

Dr. David Berger:1999 Zeit des Heils und der Rückkehr in dasHaus des Vaters ................................................. 68

Dr. Peter C. Düren:Der Papst - nur Ehrenvorsitzender der Kirche? . 71

Robert Kramer:Hinführung zur Erstbeichte und Erstkommunion 74

Karin Struck:Kind und Frau durch „Teile und Herrsche“ auseinan-derdividiert .......................................................... 75

Prof. Dr. Reinhold Ortner:Erziehung auf Gott hin? ...................................... 78

Jürgen Liminski:Geist gegen Zeitgeist .......................................... 80

Franz Salzmacher:Gewalt, Mord, Unterdrückung ............................ 84

Auf dem Prüfstand .............................................. 86Zeit im Spektrum ................................................. 88Bücher ................................................................ 90Nachrichten ........................................................ 92Forum der Leser ................................................. 95

Titelbild: W. Speicher: Johannes der Täufer,Missionskalener, St. Ottilien, 1992Fotos: 67 L’Osservatore Romano, 22.1.99, Nr. 4, S.20; 70 (Detail) Das große Lexikon der Malerei, Ge-org Westermann Verlag, Braunschweig 1982, S. 183;71 Düren; 72 L’Osservatore Romano, 4.12.98, Nr.:49, S. 15; L’Osservatore Romano, 27.2.99, Nr.: 9, S. 3;73 Kirche Aktuell, S. 9; L’Osservatore Romano; 74Kramer; 75 Struck; 81, 82, 83, 85 Liminski; 96HirmerVerlag München, Fassade von St. Michael, München;

Liebe Leser,

Herzliche Grüßeaus Kaufering

Ihr Hubert Gindert

INHALT:

In diesem Monat beginnt die vor-österliche Fastenzeit. Damit istnicht das modisch gewordeneHeilfasten zur körperlichen Ent-schlackung gemeint. Es gehtvielmehr um den bekannten RufJohannes des Täufers, der auchzu Beginn des öffentlichen Wir-kens Jesu steht: Kehrt um, be-kehrt Euch! Ohne unsere Bekeh-rung kann es auch keine Verän-derung in Kirche und Gesell-schaft zum Besseren geben. Einchristlicher Minimalismus reichtdafür nicht mehr aus. Was heißtaber Umkehr? Im Schreiben„Kirche in Amerika“, das der Hl.Vater auf seiner letzten Pastoral-reise nach Mexiko und St. Louisin den U.S.A. den Bischöfenübergeben hat, sagt er dazu:„Umkehr ist eine Änderung derGeisteshaltung. Es handelt sichnicht nur darum, intellektuellanders zu denken, sondern dar-um, die eigene Art zu handelnim Licht des Evangeliums zuüberprüfen“. Bei anderer Gele-genheit zum gleichen Thema:„Bekehrung ist eine Verände-rung im Geist und im Herzen desMenschen.“ Wir sollten die Ge-legenheit der Fastenzeit nutzen,aus den Scheinwelten herauszu-treten, in denen wir es uns oft zuwohnlich eingerichtet haben, so,als würden wir hier ewig leben.Es ist an der Zeit, uns wieder insGedächtnis zu rufen, daß wirhier nur eine begrenzte Zeit ha-ben und nur Verwalter der unsübertragenen Aufgaben sind.Kardinal Ratzinger hat auf derSondersynode der Bischöfe ausdem pazifischen Raum die der-zeitige Krise auf den Punkt ge-bracht: Die Krise unserer Ge-

sellschaft, die Entwicklung derKultur des Todes ist prinzipiellauf die „Abwesenheit“ Gotteszurückzuführen. Dies gilt auchfür die Kirche, wenn sie sich ein-seitig auf institutionelle Proble-me konzentriert. Die wesentlicheReform wäre die erneute Aner-kennung Gottes. Bei der Vorstel-lung seines Buches „Macht undGnade“ am 21. September 98hat Kardinal Ratzinger diesenGedanken noch einmal aufge-griffen mit den Worten: „Es istoffenbar kein Raum mehr fürGottes Handeln in der mensch-lichen Geschichte vorhanden ...es besteht die Versuchung, dieHoffnung auf ein EingreifenGottes aufzugeben.“ Wenn wir inunserem Leben Gott für sein Wir-ken Raum geben, dann erwächstauch wieder neue Hoffnung undZuversicht. Eine neu gewonne-ne Spiritualität ist, wie PapstJohannes Paul II. in derMittwochskatechese am 2.12. 98ausgeführt hat, „keine Fluchtoder Zurückweisung der Welt,denn „christliche Hoffnungschwächt nicht die Sorge für dieKultur dieser Erde, sondern be-lebt sie neu. Es ist eine Spiritua-lität der Verwandlung der Weltund der Hoffnung auf das Kom-men des Reiches Gottes“.DieKirchengeschichte ist voller Bei-spiele dafür. Robert von Mo-lesme hat noch als Siebzigjähri-ger das Kloster Cîteaux gegrün-det. Von diesem Zisterzien-serkloster ging ein Sturm dergeistlichen Erneuerung und derReform durch die gesamteabendländische Kirche, derauch tiefe Spuren in der Kulturder mittelalterlichen Gesell-schaft hinterlassen hat. Es ist einKennzeichen selbsternannterReformbewegungen, die keinesind, daß dort nicht von persön-licher Bekehrung und Umkehrdie Rede ist, sondern nur vonStrukturreformen.Wir sollten an der richtigen Stelleansetzen.Ich wünsche Ihnen eine frucht-bare Fastenzeit

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Die vor uns liegendeFastenzeit ist Gottes

Geschenk. Er will unshelfen, daß wir uns wie-der als seine Kinder se-hen, von des Vaters Lie-be durch Christus imHeiligen Geist geschaf-fen und erneuert.

1. Der Herr wird allenVölkern ein Festmahlrichten. Diese Worte be-stimmen die vorliegen-de Fastenbotschaft, undsie möchte vor allem an-regen, der liebendenFürsorge des Himmli-schen Vaters für alleMenschen innezuwer-den. Sie offenbart sichschon im Schöpfungs-akt, als Gott „sah, was ergemacht hatte: Es warsehr gut“ (Gen 1,31). Sie wird be-stätigt in der besonderen Nähe zumVolk Israel, das Gott als sein Volkfür das Heilswerk auserwählt. InJesus Christus erreicht diese lieben-de Fürsorge ihre Vollendung: ImHerrn geht der Segen Abrahams aufalle Völker über, und aufgrund desGlaubens erhalten wir denverheißenen Geist (vgl. Gal 3,14).

Gerade die Fastenzeit eignet sich,dem Herrn aufrichtig zu danken fürseine durch die Geschichte fortdau-ernden Wundertaten an den Men-schen und vor allem für die Erlösung,derentwegen er selbst seinen Sohnnicht verschonte (vgl. Röm 8,32).

Gottes heilschaffende Gegenwartin den Wechselfällen des Menschenzu entdecken, spornt zur Umkehran. Wer wahrnimmt, daß die Aus-erwählung Gottes allen gilt, dendrängt es zu Lob und Preis. Mit demheiligen Paulus wiederholen wir:„Gepriesen sei der Gott und Vaterunseres Herrn Jesus Christus. Er hatuns mit allem Segen seines Geistes

gesegnet durch unsere Gemein-schaft mit Christus im Himmel.Denn in ihm hat er uns erwählt vorder Erschaffung der Welt, damit wirheilig und untadelig leben vor Gott“(Eph 1,3-4). Unseren Glauben zuerneuern, lädt Gott selbst uns zuBuße und innerer Reinigung ein.Unermüdlich ruft er uns zu sich,und jedesmal, wenn wir die Nieder-lage der Sünde erleben, zeigt er unsden Weg zurück in sein Haus; dortfinden wir diese einzigartige Zu-wendung wieder, für die er uns inChristus erwählt hat. So wächst inuns Dankbarkeit für die Liebe, dieder Vater uns erfahren läßt.

2. Die Fastenzeit bereitet uns vorfür die Feier von Christi Leiden undAuferstehung, dem Geheimnis un-serer Erlösung. Wenn der Herr mitseinen Jüngern am GründonnerstagMahl hält, und er sich selbst in denZeichen von Brot und Wein dar-bringt, dann nimmt er dieses My-sterium vorweg. In der Eucharistie„verwirklicht sich die reale, substan-

tielle und dauernde Ge-genwart des auferstande-nen Herrn ... mit der Dar-bringung jenes Brotesdes Lebens, das Unter-pfand der zukünftigenHerrlichkeit ist“, soschrieb ich im Apostoli-schen Schreiben DiesDomini (Nr. 39).

Das Mahl ist Zeichender Freude, weil sichdort die tiefe Verbunden-heit derer zeigt, die esbegehen. Das vom Pro-pheten Jesaja für alleVölker angekündigteFestmahl (vgl. Jes. 25,6)wird so in der Euchari-stie Wirklichkeit. Un-trüglich verweist sie aufdie Endzeit. Der Glaubesagt uns, daß das Pa-

scha-Geheimnis in Christus schonerfüllt ist, aber es muß sich noch injedem von uns realisieren. Mit sei-nem Tod und seiner Auferstehungschenkte uns der Sohn Gottes dasewige Leben, das hier seinen An-fang nimmt und seine endgültigeVerwirklichung im ewigen Osterndes Himmels findet. Viele unsererBrüder und Schwester sind fähig,Elend, Sorgen und Krankheit anzu-nehmen in der Gewißheit, einesTages am ewigen Mahl des Him-mels teilzunehmen. So läßt die Fa-stenzeit den Blick über die Gegen-wart, die Geschichte und den Hori-zont dieser Welt hinausgehen; sieverweist auf die vollkommene unddauernde Gemeinschaft mit derHeiligsten Dreifaltigkeit. Der inChristus erhaltene Segen reißt dieMauer der Zeitlichkeit nieder undöffnet die Pforte der endgültigenTeilhabe am Leben in Gott.

„Selig, wer zum Hochzeitsmahldes Lammes eingeladen ist“ (Offb19,9): wir können nicht vergessen,

„Der Herr wird allen Völkern ein Festmahlrichten“

Das Endziel des Menschen ist das Hochzeitsmahl des Lammes -Vorweggenommen ist es in der Eucharistie -

Die Botschaft von Johannes Paul II. zur Fastenzeit 1999

Darstellung der Emmaus Szene, ein Werk von Paolo Ve-ronese; im Louvre Museum Paris

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68 DER FELS 3/1999

daß unsere Liebe in diesem Fest-mahl, vorweggenommen im Sakra-ment der Eucharistie, sein Endzielhat. Christus hat nicht nur unseremirdischen Leben neue Würde er-langt, sondern er hält vor allem dieneue Würde der Kinder Gottes be-reit, die zum ewigen Leben mit Ihmberufen sind. Die Fastenzeit wapp-net gegen die Versuchung, dieWirklichkeit dieser Welt als endgül-tig anzusehen; sie will erkennen

machen, daß „unsere Heimat imHimmel ist“ (Phil 3,20).

3. Im Hören auf diesen wunder-baren Ruf, den der Vater in Christusan uns richtet, können wir seine Lie-be für uns nicht vergessen. DiesesJahr der Vorbereitung auf das Gro-ße Jubiläum 2000 will neu bewußtwerden lassen, daß Gott Vater ist,der uns in seinem auserwähltenSohn sein eigenes Leben mitteilt.Durch die Heilsgeschichte, die Ermit jedem und für jeden von unswirkt, lernen wir, die Liebe intensi-ver zu leben (vgl. 1 Joh 4, l0ff), dietheologische Tugend, deren Vertie-fung ich für 1999 im ApostolischenSchreiben Tertio millennioadveniente empfohlen hatte.

Die Erfahrung der Liebe des Va-ters drängt den Christen, in einerLogik des Dienens und Teilens sei-nerseits lebendiges Geschenk zuwerden, offen für die Aufnahmeder Menschen. In unendlich vielenBereichen hat die Kirche im Laufeder Jahrhunderte mit Wort und Ta-ten die Liebe Gottes bezeugt. Auchheute noch öffnen sich vor unsweite Räume, in denen durch dasWirken der Christen die Liebe Got-tes präsent werden muß. Die neueArmut und andere quälende Fra-gen, die vielen Angst machen, su-chen konkrete und zutreffendeAntworten. Wer einsam ist oder anden Rand der Gesellschaft gedrängtwurde, wer hungert, Opfer der Ge-walt oder hoffnungslos ist, soll inder Fürsorge der Kirche das Mit-fühlen des Himmlischen Vaters er-

fahren, der seit Anbeginn der Weltjeden umsorgt und mit seinem Se-gen beschenkt.

4. Eine Fastenzeit mit dem Blickauf den Vater wird zu einer einmali-gen Zeit der Liebe und findet Aus-druck in den leiblichen und geisti-gen Werken der Barmherzigkeit.Unübersehbar sind ja alle die, dievom Mahl des alltäglichen Wohl-stands ausgeschlossen sind. Es gibtviele „Lazarusse“, die an die Türender Gesellschaft klopfen: alle, diekeinen Anteil an den materiellen Vor-teilen des Fortschritts haben. Andau-ernde Situationen der Misere müssendas Gewissen der Christen aufrüttelnund verpflichten, individuell undgemeinsam Abhilfe zu schaffen.Nicht nur einzelne haben Gelegen-heit, Arme an ihrem Wohlstand teil-haben zu lassen; auch internationaleInstitutionen, Staatsregierungen undführende Zentren der Weltwirtschaftsind zu mutigen Wegen verpflichtet,Güter innerhalb der jeweiligen Län-der und zwischen den Völkern ge-recht zu verteilen.

5. Brüder und Schwestern, amBeginn der Fastenzeit wende ichmich mit dieser Botschaft an euch,um euch zur Umkehr zu ermutigen.Sie führt zu einer volleren Kenntnisdes Geheimnisses des Guten, dasGott für uns bereithält. Maria, dieMutter der Barmherzigkeit, leite un-sere Schritte. Sie hat als erste den lie-benden Plan des Vaters erkannt undangenommen; sie hat geglaubt undist die „gesegnete unter den Frauen“(Lk 1,42). Sie war gehorsam im Lei-den und wurde so als erste der Herr-lichkeit der Kinder Gottes teilhaftig.Maria stärke uns mit ihrer Gegen-wart; sie sei „Zeichen der sicherenHoffnung“ (Lumen gentium 68) undtrete bei Gott ein, damit uns GottesBarmherzigkeit neu erfülle.

Aus dem Vatikan, 15. Oktober1998 Papst Johannes Paul II.

Das letzte Jahr der Vorbereitungauf das Heilige Jahr 2000 ist -

nach dem Willen Papst JohannesPauls II - in besonderer Weise demGlaubensgeheimnis der VaterschaftGottes gewidmet. So erscheint esnotwendig, daß sich die Christenneu vergegenwärtigen, was sie mei-nen, wenn sie von Gott dem Vatersprechen. Nur wenn sie sich diesesfesten Standpunktes versichert ha-ben, kann die Zeit der Öffnung, umdie der Hl. Vater in seinem Gebetzum Jahr 1999 betet, auch eine Zeitdes Heils und der „Rückkehr in dasHaus des Vaters“ werden.1

Der hl. Thomas von Aquin sprichtim ersten Buch (q.33 a.3) seinerSumma theologiae, dem Lehrbuchder katholischen Theologie schlecht-hin, von einer fünffachen VaterschaftGottes: Zunächst der göttlichen Va-terschaft im eigentlichen Sinne, so-dann der Vaterschaft Gottes aufgrundder Schöpfung der nicht vernunftbe-gabten und der vernunftbegabtenKreatur. Weiter nennt er die VaterschaftGottes über die in der Gnade neuge-schaffene Kreatur und jene, insofernGott Vater der Seligen in der himmli-schen Herrlichkeit ist. Im folgendenwerden wir sehen, daß man diese fünf-Gliederung zu einer dreifachen Vater-schaft Gottes vereinfachen kann: Deruneigentlichen (1) und der eigentli-chen, ewigen Vaterschaft Gottes (2)sowie der Vaterschaft, die der Gottes-kindschaft des begnadeten Menschenvorausgeht (3).

Gott der Vater aller seinerGeschöpfe

Die uneigentliche Vaterschaft Got-tes: Diese meint eine Vaterschaft imweiteren, übertragenen Sinne desWortes. Etwa so, wie wenn wir voneinem „Beichtvater“, einem „Dok-torvater“ oder einem „Kirchenva-ter“ sprechen. In diesem Sinne be-zeichnet Job 38, 28 Gott als „Vaterdes Regens“, Hebr 12,9 nennt ihnals den „Vater der Geister“; diechristliche und die jüdische Traditi-on sprechen von Gott als dem „Va-ter des Menschengeschlechtes“resp. des auserwählten Volkes (Jer31,9). Vater meint hier nicht die er-ste Person der Trinität in Abgren-zung zu Gott Sohn und Gott Heili-gem Geist, sondern den dreieinigenGott als Vater aller seiner Geschöp-

GebetSagt zu Gott: Ich brauche Dich,ich rechne mit Dir, um zu existie-ren und zu leben. Du bist stärkerals meine Sünde. Ich glaube anDeine Macht über mein Leben.Ich glaube an Deine Fähigkeit,mich, so wie ich bin, zu retten.Gedenke meiner, vergib mir!

¨

Je mehr der heutige Menschdas Gespür für die Sünde ver-liert, um so weniger kommt eszur Verzeihung durch Gott.Davon hängen viele Problemeund Schwierigkeiten unsererZeit ab.

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DER FELS 3/1999 69

er ist Gott. Er geht auch über diemenschliche Vaterschaft hinaus,obwohl er deren Ursprung und Maßist: Niemand ist Vater so wie Gott“(KKK 239).

Von Ewigkeit Vater seineseingeborenen Sohnes

Gott als Vater im eigentlichen Sin-ne: Von der eben beschriebenen,sich in der Zeit ereignenden,uneigentlichen Vaterschaft Gottes istdie eigentliche, physische Vater-schaft Gottes verschieden und voll-ständig unabhängig. Mit dieser ei-gentlichen Vaterschaft ist die ewigeVaterschaft, die den ursprungslosenAusgangspunkt des strikt überna-türlichen, geheimnisvollen inner-trinitarischen Lebensprozesses bil-det, gemeint. Ist die uneigentlicheVaterschaft Gottes mit dem natürli-chen Licht der Vernunft erkennbar,so daß in vielen Religionen Gott alsVater bezeichnet wird, wird unsGott Vater als erste Person der Drei-faltigkeit nur durch die übernatürli-che Offenbarung, durch Jesus Chri-stus, zugänglich. Eingetaucht ins

Licht der Gnade führtuns der „geliebte Sohn“des ewigen Vaters (Mt3,17) zum dreifaltigenLeben Gottes. Dort wirduns über die Glaubens-wahrheit, daß Gott vonEwigkeit her einen ihmwesensgleichen Sohn,den Logos, gezeugt hatbzw. zeugt (Ps 2,7.109,3; Jo 1,18; Hebr1,5) die Person des Va-ters offenbar. Wie dieSohnschaft eine Sohn-schaft im vollsten Sinnedes Wortes (d.h. einephysische) ist, so auchdie Vaterschaft, die der

Name Vater hier benennt. Der Rö-merbrief (8,32) spricht von Jesus alsdem „eigenen“ (im Unterschied zuden uneigentlichen Söhnen) Sohnund Jo 5,18 von dessen „eigenemVater“. Klar lehrt die Kirche dazu:„Jesus hat geoffenbart, daß Gott ineinem ungeahnten Sinn Vater ist:nicht nur als Schöpfer, sondern vonEwigkeit her Vater seines ein-geborenen Sohnes, der nur in be-zug auf seinen Vater Sohn ist“ (KKK240). Aus dem „gleichsam von Lie-be entflammten göttlichen Willen“4:bzw. aus der gegenseitigen Liebedes Vaters und des Sohnes geht derdem Vater und Sohn wesensgleicheHeilige Geist auf dem Wege einereinzigen Hauchung hervor. So ist ergleichsam das Band, durch das sichVater und Sohn gegenseitig lieben.

Diese eigentliche VaterschaftGottes wird besonders nachdrück-lich von der Liturgie der Kircheimmer wieder in Erinnerung geru-fen: So etwa in der Taufliturgie mitihrer biblisch begründeten tri-nitarischen Taufformel (Mt 28,19;KKK 232), im Credo, den schonin der Alten Kirche weit verbreite-ten Doxologien („Gloria Patri ...“)

1999 Zeit des Heils und der Rückkehr in das Hausdes Vaters

- Gedanken zur Vaterschaft Gottes

Von David Berger

„Das ganze christliche Leben ist wie eine große Pilger-schaft zum Haus des Vaters, dessen Liebe zu jedemmenschlichen Geschöpf und besonders zum „verlore-nen Sohn“ man jeden Tag wiederentdeckt“, schreibtPapst Johannes Paul II in seinem Apostolischen Schrei-ben „Tertio Millennio adveniente“ zur Vorbereitung aufdas Jubeljahr 2000 (Ziff. 49, S.40). Das dritte und letz-te Vorbereitungsjahr 1999 ist in besonderer Weise Gott-vater gewidmet. Der Verfasser David Berger legt in sei-nem Beitrag drei wesentliche Aspekte der VaterschaftGottes dar. David Berger ist der Autor des sehr beach-teten Werkes „Natur und Gnade. In systematischerTheologie und Religionspädagogik von der Mitte des19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart“, besprochen im„Fels“ 2/1999, S. 28.

fe. Diese Vaterschaftgründet in der Erschaf-fung, Erhaltung und Vor-sehung des ganzenMenschengeschlechtes.So fragt Moses das aus-erwählte Volk: „Ist derHerr nicht dein Vater,dein Schöpfer? Hat erdich nicht geformt undhingestellt?“ (Dt 32,6).Stützt sich die Erklärungdieser Vaterschaft u.a.auf die Aktivität Gottesnach außen - eine Akti-vität, die nicht denHauch einer Passivitätenthält -, so ist nicht nuraufgrund der Tradition,sondern auch sachlich unabdingbarvon einer Vaterschaft und nicht voneiner Mutterschaft zu sprechen.Denn der Begriff Vater „drückt vor-herrschend nur etwas Aktives, Voll-kommenes aus, während der derMutter geradezu eine passive Stel-lung andeutet“2. Damit wird auchschon der enge Zusammenhang, derzwischen der uneigentlichen göttli-chen und der menschlichen Vater-schaft besteht deutlich: In dem Ide-al der menschlichen Vaterschaftspiegelt sich auf unvollkommeneWeise die uneigentliche, aber imHinblick auf die Schöpfung dochvollkommene Vaterschaft Gottes(Eph. 3,14)3. Dabei ist angesichtsder Tatsache, daß wir uns in West-europa zunehmend zu einer „vater-losen Gesellschaft“ entwickeln,auch zu beachten, was der Kate-chismus der Katholischen Kircheanmerkt: „Wie die Erfahrung aberzeigt, können menschliche Elternauch Fehler begehen und so dasBild der Vaterschaft (...) entstellen.Deswegen ist daran zu erinnern, daßGott über den Unterschied der Ge-schlechter beim Menschen hinaus-geht. Er ist weder Mann noch Frau:

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und der klassischenGrundformel am Endeder Orationen, die dasGebet durch Christus anden Vater richtet.

Gott als Vater derBegnadeten

Gott als Vater der Be-gnadeten: Wir habenden tiefen Unterschied,der zwischen deruneigentlichen und dereigentlichen VaterschaftGottes herrscht, be-trachtet. In der Vater-schaft Gottes, die derGotteskindschaft derBegnadeten zugrunde-liegt, ist uns ein Glau-bensgeheimnis ge-schenkt, das gleichsamzwischen diesen beidenVaterschaften liegt. DasMysterium der Gnade(als der den vor allerZeit in Christus Auser-wählten geschenkteTeilhabe an der göttli-chen Natur) gibt dieAntwort auf die Fragedes hl. Petrus Chry-sologus: „Wann würdewohl ein sterblichesWesen es wagen, GottVater zu nennen (...)?“5

In der Menschwer-dung des ewigen Soh-nes des Vaters erkenntdie Kirche die Quelle der Vermäh-lung von Natur und Übernatur, „dasMysterium der wunderbaren Verei-nigung der göttlichen und mensch-lichen Natur in der einen Persondes Wortes“ (KKK 483). Dochnicht schon allein durch unser Seinals Menschen, sondern durch dasGeschenk der göttlichen Gnadebzw. durch den Empfang der hei-ligen Sakramente, besonders derTaufe, werden wir „in den SohnGottes eingegliedert und an Soh-nes Statt angenommen“ (KKK2798). M.J. Scheeben6 schreibtdazu: „Die Gotteskindschaft derBegnadeten hat etwas von der na-türlichen Sohnschaft Christi selbst,von der sie getragen wird (...) Sieist daher auch durch Christus kei-ne bloße Adoptivkindschaft mehr,da wir nicht als Fremde, sondern

als Verwandte, als Glieder deseingeborenen Sohnes dieselbe er-halten“. Dem Bilde seines natürli-chen ewigen Sohnes im HeiligenGeist „gleichförmig geworden“(Röm 8,29) können wir es wagen,Gott wirklich Vater, „Abba“ zu nen-nen (Gal 4,6): „Der neue, wieder-geborene und seinem Gott durchdessen Gnade wiedergegebeneMensch sagt zuerst ‘Vater’, weil ersein Sohn geworden ist“7! So wirdder Mensch durch die Gnade auf-genommen in das innertrinitarischeLeben, in dem die eigentliche Va-terschaft gilt: „Die Seele wird einsmit Christus im Heiligen Geiste,welchen dieser in sie aushauchtund mit welchem sie durch den vonihm selbst geweckten Liebeshauchsich verschmelzt: wie eine Flam-me, die, nachdem sie von einer

1 Vgl. Fels 1-1999, 52 Matthias Joseph Scheeben, Die Myste-rien des Christentums, Freiburg 1951, 1593 Vgl. Auch: Thomas von Aquin, Summatheologiae I q. 33 a. 2 ad 4.4 Catechismus Romanus I 9,75 Petrus Chrysologus, Sermo 716 a.a.O., 317-3187 Cyprian von Karthago, De Dominicaoratione 9. Vgl. auch: KKK 27818 Scheeben, Mysterien, 146

anderen entzündet wur-de, mit dieser anderensich begegnend undkreuzend, zu einer ein-zigen Flamme sich ver-einigt“8. Diese gnaden-hafte Erhebung desMenschen in den inner-göttlichen Lebens-prozeß beantwortet unsauch die Frage, welcherAspekt der dreifachenVaterschaft im Vorder-grund steht, wenn wirzum Vater beten. DerKatechismus der Ka-tholischen Kirche(2789) antwortet dar-auf: „Wenn wir Vaterunser beten, wendenwir uns persönlich anden Vater unseres HerrnJesus Christus. Wir tei-len die Gottheit nichtauf, denn der Vater istihre Quelle und ihr Ur-sprung. Vielmehr be-kennen wir damit, daßder Sohn von Ewigkeither von ihm gezeugtwird und der HeiligeGeist aus ihm hervor-geht. Wir vermischenauch nicht die Perso-nen, denn wir beken-nen, daß wir Gemein-schaft mit dem Vaterund seinem Sohn in ih-rem einzigen HeiligenGeist haben.“Wir dürfen dieses Gebet

zum Vater „in der Hoffnung auf dieHerrlichkeit der Kinder Gottes“(Röm 5,2) beten, die zur himmli-schen Liturgie im neuen Jerusalemgeladen sind. Zu jenem ewigenFest, für das die Zusage des Vatersgilt: „Wer siegt, wird dies als An-teil erhalten: Ich werde sein Gottsein, und er wird mein Sohn sein“(Offb. 21,7). ¨

„Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn JesusChristus: Er hat uns mit allem Segen seines Geistes ge-segnet durch unsere Gemeinschaft mit Christus im Him-mel“ (Eph 1,3-4 im Apostolischen Schreiben TertioMillennio adventiente, Apostolisches Schreiben vonPapst Johannes Paul II. zur Vorbereitung auf das Jubel-jahr 2000.Albrecht Dürer, Das Allerheiligenbild, 1511, Kunst-historisches Museum Wien.

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DER FELS 3/1999 71

Das Papsttum - obgleich Symbol für

die Einheit der Kirche -stellt im ökumenischenDialog wegen seinerherausragenden Stel-lung in der katholi-schen Kirche eine nichtunbedeutende Schwie-rigkeit dar. Nach demRegensburger Dogma-tiker Wolfgang Beinertist das Papsttum der„heiße Brei“, um dendie „ökumenischen Kat-zen“ seit Jahren he-rumschleichen. Auchwenn man im Papstevangelischerseits nichtmehr den „Antichri-sten“ sieht, so äußertman doch erheblicheBedenken gegenüberden Dogmen über Pri-mat und Unfehlbarkeitdes Papstes. Auch dieorthodoxen Kirchen be-fürchten die „Unterwerfung“ ihrerPatriarchen unter den Patriarchenvon Rom.

Bewegung kam in diese Dis-kussion, als vor einiger Zeit ver-lautete, man denke in Rom über„neue Formen des Papsttums“nach. Und schon wurde speku-liert, wie denn ein allseits respek-tiertes ökumenisches Papsttumaussehen könne. Der Papst selbsthatte den Stein ins Rollen ge-bracht, als er in seiner Ökumene-Enzyklika „Ut unum sint“ im Mai1995 bekundete, „für die Ökume-ne eine besondere Verantwortungzu haben“, und er die an ihn ge-richtete „Bitte vernehme, eineneue Form der Primatsausübungzu finden, die zwar keineswegsauf das Wesentliche ihrer Sendungverzichtet, sich aber einer neuenSituation öffnet“ (Nr.95).

Der Papst - nur Ehrenvorsitzender der Kirche?

Erwägungen der Glaubenskongregation über den Primat des Papstes

Von Peter C. Düren

Der glattgebügelte Papst

Nur allzu gerne griff man dasGesprächsangebot des Papstes übereine Neugestaltung des Petrus-dienstes auf und eröffnete dasDiskussionsforum. Keine zwei Jah-re danach, im Januar 1997, legtenkatholische, orthodoxe, lutherischeund anglikanische Theologen beieiner Tagung der Katholischen Aka-demie in Bayern ihre Reformvor-schläge vor.

Der Ökumenische Dienst derKatholischen Nachrichten-Agenturfaßte das „Wunschbild der Theolo-gen“ damals wie folgt zusammen:

„Der Bischof von Rom, ersterPatriarch der Christenheit und Hü-ter der Apostelgräber, nimmt eineEhrenstellung für alle christlichenKirchen ein. Sein Dienst ist es, die

Einheit der Kirche zuwahren und ihre Belan-ge nach außen, zum Bei-spiel gegenüber Nicht-christen, zu vertreten.Jurisdiktionsgewalt übtder Papst nur für seinPatriarchat, die lateini-sche Kirche, aus. Diekirchenrechtliche Ei-genständigkeit der ande-ren Gliedkirchen wirdgesichert. Zur päpstli-chen Lehrautorität ge-hört, daß keine einsa-men Entscheidungen inGlaubensfragen getrof-fen werden. Statt dessenberät sich der Papst mitden Bischöfen und an-deren Kirchenverant-wortlichen. Entschei-dend ist ferner, daßLehraussagen unter derAutorität des Evangeli-ums stehen müssen undauf die Annahme (Re-

zeption) durch die Gemeinschaft derGläubigen, den unfehlbarenGlaubenssinn der Gesamtkirche,angewiesen sind. Der Führungsstildes PetrusNachfolgers soll kollegi-al sein. Sicherungsmechanismenmüssen Machtmißbrauch verhin-dern. Das einheitsstiftende Ober-haupt aller Christen soll nach demVorbild des jetzigen Amtsinhabersviel reisen, mit den Gliedkirchen imGespräch bleiben, die christliche Sa-che mutig vertreten, die Brüder undSchwestern stärken - dies alles in derForm der Bitte um Versöhnung.“Soweit das Ideal der MünchenerAkademietagung.

Ein Papst ohne persönliche Un-fehlbarkeit und ohne Primat - alsKirchen-Repräsentant, als „Außen-minister“ der Kirche gegenüber an-deren Religionen, als „Primus interpares“, als „Reisender“ und „Dia-

Das „Nachdenken“ über „ande-re Formen der Ausübung desPetrusamtes“, um die Ökumene„voranzubringen“ führt unterKatholiken zu Irritationen und zuVerunsicherung, wenn nicht zu-gleich deutlich gemacht wird,daß dabei, jedenfalls von seitendes Papstes, nicht daran gedachtist, Wesentliches preiszugeben.Wir halten es daher für ange-bracht, daß in eindeutiger undklarer Weise zu dieser Frage

Stellung genommen wird. Der Verfasser Dr. theol. Pe-ter C. Düren, 1964 in Düren/Rheinland geboren, istverheiratet und hat drei Kinder. Nach der Promotionan der Universität in Augsburg ist Dr. Düren theologi-scher Referent im Referat „Lehre und Gottesdienst“des Bischöflichen Ordinariates Augsburg. Er ist Ver-fasser zahlreicher Pubkikationen zu den Themen Eheund Familie, Natürliche Familienplanung, Abtreibung,Sterbebegleitung. (Publikationen des Autors siehe S. 92)

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logührer“, der um Versöhnung bit-tet, anstatt Gehorsam einzufordern?All diese Überlegungen des zu-nächst sympathisch klingendenBerufsprofils scheitern jedoch anendgültig definierten Glaubensleh-ren der Kirche. Denn bei der Defi-nition von Primat und Unfehlbarkeitdes Papstes im Jahre 1870 wurdenausdrücklich Vorstellungen verwor-fen, nach denen Petrus und seinenNachfolgern nur ein Ehrenprimat,nicht aber ein Jurisdiktionsprimatübertragen worden sei.

Verworfen wurde auch die Leh-re, daß der Papst nicht über alle Kir-chen sowie alle Bischöfe und Gläu-bige den Primat ausübe. Verworfenwurde schließlich, daß der Papst fürdie Ausübung der Unfehlbarkeit derZustimmung der Kirche bedürfe.Selbst wenn er wollte - der Papstverlöre automatisch sein Amt, wür-de er diesen dogmatisch gesicher-ten Grundbestand seines Amtes an-greifen.

Vor diesem Hintergrund kann dasErgebnis der Münchener Akademie-tagung daher getrost mit anderentheologischen Entwürfen zu denkirchengeschichtlichen Akten abge-legt werden.

Aber auch die Kongregation fürdie Glaubenslehre griff das ein-gangs zitierte Wort des Papstes ausseiner Ökumene-Enzyklika auf undveranstaltete im Dezember 1996 eindiesbezügliches Symposium, des-sen Akten nun publiziert wurden.Die Kongregation unter LeitungKardinal Ratzingers kam jedoch

nicht umhin, darüber hinaus zu die-sem Thema eigene „Erwägungen“anzustellen, die jetzt im „Osser-vatore Romano“ (dt., 11.12.1998,S. 8) veröffentlicht wurden.

Mit diesen „Erwägungen“ will dieGlaubenskongregation ausdrück-lich die „wesentlichen Punkte derkatholischen Glaubenslehre überden Primat ... in Erinnerung rufen“,was gewiß angesichts der eingangserwähnten Überlegungen renom-mierter Theologen von nicht zuunterschätzender Bedeutung ist.

Der vom Präfekten, Kardinal Jo-seph Ratzinger, unterzeichnete Ar-tikel mit dem Titel „Der Primat desNachfolgers Petri im Geheimnis derKirche“ hebt zunächst die biblischeGrundlage des Petrusamtes hervor:den Vorrang des Petrus im Kollegi-um der Zwölf, den von Christus ein-gesetzten Felsen, auf den dieser sei-ne Kirche bauen will. Auch dasÜberlieferungszeugnis ist überzeu-gend, wenn unter anderem das Wortdes Kirchenlehrers Ambrosius zitiertwird: „Ubi Petrus, ibi ergo Ecclesia- Wo Petrus ist, da ist die Kirche“.

Gegen das Argument, das Petrus-amt dauere nicht im Papsttum fort,wenden die Erwägungen ein, daßdann auch nicht das Apostelamt inden Bischöfen fortdauere: ohnePapst auch keine Bischöfe. Viel-mehr habe die Kirche von Anfangan begriffen, daß der Petrusdienstder Einheit zur fortdauernden Struk-tur der Kirche gehöre und an dengeographischen Ort seines Marty-riums gebunden sei, weshalb der

jeweilige Bischof von Rom zu-gleich Papst der Gesamtkirche sei.

Unmittelbare Vollmacht über alle

Das im göttlichen Plan gründendepetrinische Charisma diene der Ein-heit des Glaubens und der Gemein-schaft aller Gläubigen. Daher besit-ze der Papst eine besondere Amts-gnade zur Erfüllung dieser Aufga-be. Die „Erwägungen“ der Glau-benskongregation erinnern daran,daß die Lehre des Ersten Vatikani-schen Konzils im Zweiten bekräf-tigt und fortgeschrieben worden sei:So stünden der Primat des Bischofsvon Rom und das Amt der anderenBischöfe nicht in Gegensatz zuein-ander, sondern „in einer ursprüng-lichen und wesentlichen Harmo-nie“. Auch die Bischöfe seien Epi-skopen und übten die Episkopé, dieAufsicht, in der Kirche aus. DemPapst komme jedoch „nicht nurhöchste, volle und universale, son-dern auch unmittelbare Vollmachtüber alle, sowohl die Hirten als auchdie anderen Gläubigen“ zu. DerPapst hat also Vollmacht über dieanderen Bischöfe.

Vor diesem Hintergrund von Ur-sprung, Zielsetzung und Wesen desPrimats nimmt die Kongregationausdrücklich zur Ausübung desPrimats und ihren Formen Stellung.Der päpstliche Primat ist demzufol-ge „kein Koordinierungs- oderPräsidentenamt, er beschränkt sichweder auf einen Ehrenvorrang,

Die Bilder zeigen den Heiligen Vater, der kraftvoll das Pertrusamt ausübt, sich mit den Bischöfen der Weltkircheberät, neue Kardinäle weiht, der mit allen spricht, und der Kinder liebt und von ihnen geliebt wird.

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noch darf er wie eine Monarchiepolitischer Art begriffen werden.“Auf der anderen Seite könne es aberauch kein „Willkür-Papsttum“ ge-ben, denn der Papst stehe „unterdem Wort Gottes und unter demkatholischen Glauben“. Ein Papstkann also niemals definitiv lehren,was im Gegensatz zur Offenbarungsteht, noch darf er eine Glaubens-oder Sittenlehre ändern, die einerseiner Vorgänger definitiv entschie-den hat.

Besonderer Beistand des Geistes

Der Primat des Bischofs von Romartikuliere sich in seinem Lehramt,Hirtenamt und Priesteramt, heißt esin den Erwägungen weiter. Alshöchster und universaler Lehrer derKirche komme dem Papst „in ersterLinie“ die Weitergabe des WortesGottes zu. Diese Funktion sei miteinem besonderen Charisma ver-bunden: einem „besonderen Bei-stand des Heiligen Geistes für denNachfolger Petri, wozu in gewissenFällen auch das Vorrecht der Unfehl-barkeit gehört“.

Zugleich sei der Papst obersterHirte der Gesamtkirche, was ihnberechtige, „Akte kirchlicher Lei-tung zu setzen, die zur Förderungund Wahrung der Einheit im Glau-ben und in der Gemeinschaft not-wendig und angemessen sind“.Dazu zähle beispielsweise das Man-dat zur Weihe neuer Bischöfe,Gesetzgebungsvollmacht für die

Dieser Artikel ist mit freundlicherGenehmigung der DeutschenTagespost, Nr. 152 vom 17.12.1998,entnommen.

gesamte Kirche, Schaffung pasto-raler Strukturen in einzelnen Diöze-sen. Im kanonistischen Grundsatz„Prima sedes a nemine iudicatur“(der Primatsstuhl wird von nieman-

dem gerichtet) komme zum Aus-druck, daß der Papst keinem Men-schen gegenüber Rechenschaft fürsein Tun ablegen müsse. Sein ober-stes Priesteramt in der Kirche übeder Papst vor allem in der Feier derEucharistie aus, wie auch keineEucharistie gefeiert werden dürfe,ohne daß durch Nennung seinesNamens im Meßkanon die Einheitmit dem Papst zum Audruck ge-bracht worden sei.

Die Kongregation für die Glau-benslehre verwirft jene Entwürfe,die „den Kern der Glaubenswahrheitüber die Kompetenzen des Primats“

nach dem tatsächlich erreichtenMindestmaß an ausgeübter Befug-nis zu definieren suchen. Wenn alsobestimmte Funktionen in der Kir-chengeschichte nicht vom Papstausgeübt worden seien, sage dasnichts darüber aus, ob diese Funk-tionen in Zukunft zur Zuständigkeitdes Petrusdienstes gehörten.

Mit den „Erwägungen“ der Kon-gregation für die Glaubenslehresind wesentliche und unverzichtba-re Elemente des Papsttums aus derSicht der katholischen Lehre ge-nannt. Zugleich werden bestimmteEntwürfe einer Neudefinition desPapstamtes von vornherein abge-lehnt. Innerhalb dieses vom Lehr-amt gesteckten Rahmens ist es nunAufgabe katholischer Theologenund Anreiz nichtkatholischer Theo-logen, nach einer Form der Aus-übung des Papsttums zu suchen, diedem Bemühen um die Einheit derChristen dienlich ist. Allerdingsmuß man sich bewußt sein, daß derRahmen eng gesteckt ist.

Und schließlich obliegt es nichtden Theologen, über die Zukunftdes Papsttums zu entscheiden: DerPapst selbst habe „als NachfolgerPetri die Autorität und die Kompe-tenz ..., das letzte Wort über dieFormen der Ausübung seinesHirtenamtes in der Gesamtkirche zusprechen.“

Unter allen Kirchen und kirch-lichen Gemeinschaften ist sichdie katholische Kirche bewußt,daß Amt des Nachfolgers desApostels Petrus des Bischofsvon Rom, bewahrt zu haben,den Gott als „Immerwährendesund sichtbares Prinzip und Fun-dament der Einheit“ eingesetzthat und den der heilige Geist bei-steht, damit er alle anderen andiesem wesentlichen Gut teilha-ben läßt.Enzyklika „Ut unum sint“ von

Papst Joh. Paul II. Ziffer 88

¨

S. 72 links: Außerordenliche Synode der Bischöfe aus Ozeanien. S: 72 rechts: Der Papst setzt Castrillòn Hoyosdas Kardinalsbirett auf. S. 73 links: Papst Johannes Paul II. spricht mit Fidel Castro

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Achte Stunde: Die Nächsten

Vorbemerkung für Eltern und Erzie-her:

Im 5. Gebot geht es darum, daßwir den anderen neben uns, aberauch alle anderen anerkennen undihnen weder an Leib noch Lebenschaden. „Du sollst nicht morden!“,heißt das Gebot. Im Grunde geht esum das Gebot der Nächstenliebe:„Du sollst deinen Nächsten liebenwie dich selbst!“

Das heißt aber: Nur wer sich selbstannimmt, kann auch den andern an-nehmen. Das Sündhafte sollen wiraus uns entfernen; im übrigen abersollen wir uns annehmen, wie Gottuns geschaffen hat. Der Neidischeschaut ständig auf die anderen, dieangeblich besser, schöner, er-folgreicher sind. So bildet sich inihm ein Minderwertigkeitsgefühl,das entweder zu einer sklavischenAnpassung („mit den Wölfen heu-len“) oder zu einem zerstörerischenHaß (Kain) führt.

Fragen wir uns deshalb: Nehmeich mich so an, wie Gott mich ge-wollt hat? Mühe ich mich um eingrundsätzliches Wohlwollen gegen-über den anderen? Oder habe ichandern leiblich geschadet, sie ge-schlagen, im Streit verletzt? Hasseich jemanden? Trage ich erlittenesUnrecht nach? Habe ich anderenBöses gewünscht oder mich übersein Unglück gefreut? Habe ich an-dere lächerlich gemacht? Habe ichanderen geschadet (beim Sport;beim Autofahren)? (Habe ich michan der Tötung ungeborener Kinderbeteiligt oder anderen dazu gera-ten?) Habe ich meiner Gesundheitgeschadet (durch übermäßiges Es-sen oder Trinken; Fernsehen; exzes-siven Freizeitbetrieb; Flucht in dieArbeit u.a.m.)? Habe ich anderendurch meine Arbeit geschadet? War

Hinführung zur Erstbeichte undErstkommunion

Von Robert Kramer

ich anderen gegenüber hilfsbereit?Habe ich entsprechend meinenMöglichkeiten Hilfe geleistet?

5. Gebot: Gott will, daß ich denNächsten liebe und niemandemschade

Christi Rede vom Weltgericht (Mt25,31-46): Alle werden gerichtet -wer gut ist, wird gerettet, wer böseist, verworfen - Was sind die wich-tigsten Worte? Wir schreiben unsdiese Worte mit dem einleitendenSatz (und der Zeichnung) „Gott will(...)“ ins Heft.• Was heißt: dem andern nichts Bö-ses antun? Wir beobachten einmaldas Treiben auf dem Pausenhof ei-ner Schule vom 1. Stock aus (...)Was sehen und hören wir da? (Lärm- Essen - Rennen- Raufen (...). Je-sus hat uns eine Verhaltensregel ge-geben, nach der wir uns gut richtenkönnen (sie gibt es als Sprichwort:)„Was du nicht willst, daß man dirtu, das füg’ auch keinem andernzu“. Oder anders: „Alles, was ihrwollt, daß euch die andern tun, dassollt ihr ihnen tun“. (Wir schreibenuns die „Goldene Regel“ mit Über-schrift und Zeichnung ins Heft).• Wir überlegen: Habe ich heute aufdem Schulhof (auf dem Spielplatz -gegenüber meinen Geschwistern)die „Goldene Regel“ beachtet? Bei-spiele!• Wir sollen helfen! Vorsichtig ge-genüber Unbekannten! Aber dorthelfen, wo Hilfe gebraucht wird (...)Beispiele!

Zur Gewissenserforschung:War ich zu anderen (Geschwi-

stern, Schulkameraden) gut undfreundlich? Oder habe ich sie geär-gert, geschlagen, zum Weinen ge-bracht?

War ich hilfsbereit? Oder habe ichnichts hergeben, nicht teilen, nichthelfen wollen?

Habe ich andere verspottet oderihnen böse Namen gegeben?

Habe ich anderen geschadet?Habe ich den Schaden wieder gut-gemacht?

Was ihr einemvon meinen ge-ringsten Brüderngetan habt, dashabt ihr MIR ge-tan.

Alles, was ihrwollt, daß euchdie andern tun, dassollt auch ihr ih-nen tun.

Zum Stundenverlauf:• Wir schreiben die Überschrift insHeft..• Wer ist mein Nächster? (ins Heftschreiben) Wir zeichnen vier Krei-se ins Heft. Wer ist uns amnähesten? Wer kommt dann? usw.In den innersten Kreis schreibenwir „Ich“, in den nächsten „Vater,Mutter, Geschwister“, in den dritten„Verwandte, Bekannte, Nachbarn,Freunde, Kameraden“, in den letz-ten „jeder, gleich, ob Freund oderFeind“.• Wie sollen wir uns gegenüber demNächsten verhalten? Wir schildern

Gott will, daß wir den Nächstenlieben wie uns selbst und ihm

nichts Böses antun.

Wer ist mein Nächster?

Jesus sagt: Die Goldene Regel:

Reue und Vorsatz:Lieber Jesus, du willst, daß wiranderen gegenüber gut und hilfs-bereit sind, ihnen nichts Bösesantun. Es tut mir leid, daß ichimmer wieder egoistisch und sowenig hilfsbereit war.

Hilf mir, daß ich gut zu den an-deren bin. Denn was ich den an-deren tue, habe ich dir getan.Amen.

Page 11: Katholisches Wort in die Zeit 30. Jahr Nr. 3 März 1999 - Der Fels · 2004. 1. 21. · DER FELS 3/1999 65 Katholisches Wort in die Zeit 30. Jahr Nr. 3 März 1999 IN DIESEM HEFT: David

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Eine meiner jüngerenLeserinnen schreibt

mir: „Wir sind in einerunglaublich unehrlichenGesellschaft, die nichtgenau hinschaut. Ichkenne persönlich sechsFrauen, die abgetriebenhaben und danach niemehr mit sich richtigklargekommen sind.Vier davon sind dannnachher so schnell wiemöglich wieder schwan-ger geworden und habenihre Kinder bekommen -so viel zur sozialen Not-lage.“ Abtreibung gältenur „in einer Gesell-schaft, die nicht hin-sieht“ als Lösung.

Eine ältere Leserinschreibt mir: „Von Ab-treibung erfuhr ich zumerstenmal als 14-jährigesMädchen bei Kriegsen-de. Seitdem habe ichnoch manche Frauenkennengelernt, die inden verschiedenstenschwierigen Notlagenihr Ungeborenes verlo-ren. Für jede dieser Frau-en kam nach Jahren, manchmalnach Jahrzehnten, ganz unerwarteteine sehr schwere Zeit der Trauer.Sie hat ihr Leben mehr belastet, alsein mühsam erzogenes Kind, sogarein Sorgenkind, je vermocht hätte.“Die Leserin schliesst an: „Warumwird das alles nicht zur Kenntnis ge-nommen? Wenn wenigstens dieKirche deutlicher darauf aufmerk-sam machen würde! Sie müßte vorallem auch um der Frauen willen aufden unseligen Beratungsschein ver-zichten.“

Was hier Frauen aus zwei Gene-rationen, die nach meiner jetzt 30-jährigen Erfahrung als Schriftstelle-

Kind und Frau sind durch „Teile und Herrsche“auseinanderdividiert

Von Karin Struck

rin für viele andere Frauen spre-chen, an Erfahrung schildern, stößtin einer Öffentlichkeit, die zumThema Abtreibung die Gesetze der(von Prof. Elisabeth Noelle-Neu-mann erforschten) Schweige-spirale bemüht, seit gut zwei Jahr-zehnten auf taube Ohren.

Politikerinnen, die kürzlichdurch den Wähler entmachtet wur-den, wie die ehemalige Bundes-tagspräsidentin Rita Süssmuth, tra-gen Mitveranwortung dafür, daßFrauen wie die zitierten Leserinnenso gut wie ohne Echo bleiben. Die-se Politikerin nämlich steht reprä-sentativ für all jene Meinungs-

führerinnen, die Ab-treibung und ihre Fol-gen mit nicht selten zuHülsen erstarrten Be-griffen verharmlosen.Am 3.11.1991 etwahabe ich Frau Süssmuthin Hamburg vortragenhören, dass es bereits imMittelalter „200 Kräu-ter“ gegeben habe; unddass in der Paralleledazu RU 486 heutenichts weiter als „einhormonzers törendesMittel“, ein „Präparat“sei. Frau Süssmuth wie-derholt dies 1999 inTalkshows, zum Bei-spiel als Gast derModeratorin SabineChristiansen. Sie, dieverlangte, „Tatbestän-de“ solle man „redlichbeim Namen nennen“,würzte aber selbst ihreRede vor der Hambur-ger Frauen-Union mitBinsenweisheiten wiedieser: „Die Entschei-dung für ein Kind ver-ändert am stärksten Le-ben für die Frau“, um die

rhetorische Frage anzufügen: „Wasbedeutet Entscheidung für dasKind?“ Den eigentlichen „Tatbe-stand“ - die vorgeburtliche Kinds-tötung, denn nichts anderes ist eineAbtreibung - nannte und nennt FrauSüssmuth niemals „redlich beim Na-men“. Die Politikerin pflegt dafürgewöhnlich unterschwellig ein-schüchternde Seitenhiebe gegen vonihr nicht näher benannte Ab-treibungsgegner einzuflechten, inHamburg unterstellte sie mit der ver-steckt aggressiven Formulierung -„eine Frau, die einen Abbruch vor-nimmt, müßte dafür lebenslang inHaft genommen werden“ - allen Ab-

Karin Struck war frühereine von den links-liberalenMedien gefeierte Schrift-stellerin. Sie schrieb mehrals ein Dutzend Bücher undwurde mit Literaturpreisengeehrt. Karin Struck hat er-lebt, was es heißt, in dieserangeblich pluralistischenund toleranten Gesellschaftdie Fronten zu wechseln.„Stern“, „Spiegel“, „DieZeit“ u.a. nahmen nicht dar-an Anstoß, daß KarinStruck eines ihrer fünf Kin-der abgetrieben hat, sondern

daran, daß sie, als ihr dies erst dann bewußt wurde, dasBuch „Ich sehe mein Kind im Traum“ schrieb und zurAbtreibungsgegnerin geworden war. Danach setzte eineVerfolgungskampagne ein. „Neurotische Abtreibungs-gegnerin“ nannte sie der „Stern“. Dies erinnert an kom-munistische Methoden, mit denen Regimegegner als psy-chisch krank erklärt wurden. Karin Struck ließ sich da-durch nicht beirren. Sie kämpft mit den Mitteln einerSchriftstellerin für eine Kultur des Lebens und gegendie Abtreibung, weil sie weiß, daß „mit dem Kind stetsauch ein Teil der Mutter stirbt“ (Gisela Koch). Kürzlichhat Karin Struck einen Aufruf gegen die Freigabe derAbtreibungspille RU 486 verfaßt.

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treibungsgegnern und Lebens-schützern, sie wollten Frauen fürAbtreibung ins Zuchthaus bringen.Sie versichert zwar dann be-schwichtigend, man müsse „denLebensschutz ganz ernst nehmen“,fügt aber schnell ein „aber...“ an.

Eine zweite Politikerin, die Prä-sidentin des Berliner Abgeord-netenhauses, Frau Dr. Hanna-Rena-te Laurien, schriebmir am 19.11.1992,sie fände nicht, dasssich in Herrn Weiz-säckers Äußerung,mit der er die Männerzur Zurückhaltung beider Frage des Paragr.218 aufgefordert hat-te, wie ich behaupte-te, Feigheit äußere.Herr Weiszäkker wol-le vielmehr „doch da-mit nur diejenigen indie Schranken wei-sen..., die stets Fraus-ein definieren undfestlegen, wie Frauenihr Leben gestaltensollten.“ Frau Dr.Laurien stellt sich als„entschiedene Gegne-rin“ der „Fristenlö-sung“ vor, betont al-lerdings, daß sie „nachdrücklich ab-lehne, die mit der anderen Meinungzu verteufeln“. Wörtlich schreibtsie: „Es geht eben nicht darum, daßich als papstabhängige Feministen-gegnerin dastehe und die anderenals Mörderinnen bezeichne, gegendie ich die bethlehemitischen Glok-ken läuten muß.“ Es gehe beim The-ma „Abtreibung“ um „eine todern-ste (im wahrsten Sinne des Wortes!)Auseinandersetzung zweier ethi-scher Grundüberzeugungen“. Dieeine setze „soziale Bedingungengleich mit dem biologisch-ontologi-schen Lebensrecht. Die andere, derich mich zurechne, wertet sozialeUmstände zwar als wichtig und u.U. auch als beachtenswert, nichtaber als grundsätzlich von gleichemRang.“

Warum spricht eine sich als Chri-stin verstehende Politikerin von„biologisch-ontologischem Lebens-recht“? Ich verstehe immer wiederneu nicht, warum Christen in unse-rem Land an der schändlichenFristenlösung so großen Anteil ha-ben. Der Herrgott hat das Lebens-

recht des Kindes nach der HeiligenSchrift bereits vor Empfängnis undZeugung dem Menschen einge-schrieben, und auch dem unge-borenen Kind stehen die Menschen-rechte und das Recht auf Unver-sehrtheit der Person zu. Wer dieUnversehrtheit von Personen an-greifen will, der zweifelt dasPersonsein dieser Menschen an -

dieser Vorgang ist aus der Geschich-te bekannt.

Nur wenige wagen ja heute noch,dem ungeborenen Kind offen Per-sonsein abzuerkennen und es „einhimbeerähnliches Gewebe“ zu nen-nen, wie es in den siebziger Jahrengang und gäbe war. Dafür sprechensie heute verbissen wie nie nichtvom Kind, sondern fast immer reinsächlich von „der Schwanger-schaft“. Und sie sprechen vor allemvon der Frau und ihrer „Entschei-dung“.

Die Politikerin Renate Schmidtbrachte das Abtreibungsproblemwährend der Talkshow „Talk imTurm“ 1991 einmal auf den Punkt,es gehe schließlich darum, „20 Jah-re für ein Kind verantwortlich sein“zu müssen. Frau Süssmuth hatte beijener Hamburger Rede die „2,8Millionen Frauen mit Kleinstrente,das sagt etwas aus“ erwähnt, um zurechtfertigen, warum Frauen sich„gegen ein Kind entscheiden“.

Es geht den zitierten Politike-rinnen längst nicht mehr nur um die

psychisch-soziale und wirtschaftli-che Notlage von Schwangeren. Esgeht ihnen letztendlich um den Ab-schied von der Mutterschaft, den siewie der Radikalfeminismus als„auslaufendes Modell“ betrachten.Das Thema „Konfliktschwanger-schaft“ scheint mir auf dieserMarschroute inzwischen nur nochMittel zum Zweck zu sein.

Mit den diversenSprachregelungen,die inzwischen wie öf-fentliches Falschgeldselbstverständl ichsind, ist in unseremLande die Abtreibungals Handlung längstsalonfähig geworden.Abtreibung ist nichtlänger, wie das Zwei-te Vatikanische Konzilsagt, „ein verabscheu-ungswürdiges Verbre-chen“, sie gilt auchnicht mehr als ein Ver-gehen, in der öffentli-chen Meinung auchnicht mehr als ein(straffreier) Rechts-bruch, der sie ja nachdem letzten Urteil desBundesverfassungs-gerichts im Großge-

druckten noch ist. Sie ist nicht ein-mal mehr ein Kavaliersdelikt. Sie istim Sprachgebrauch, und sie ist inder Praxis eine moralisch hochste-hende Entscheidung (der Frau) ge-worden - und damit mehr als salon-fähig.

Mit dem Husarenstreich, der Ab-treibung jeden Hauch des Unrech-ten genommen zu haben, ist dieAbtreibung als Leid für Kind undFrau unter dem Mantel des Verges-sens und Verschweigens ver-schwunden. Der politisch lancierteAbschied von der Mutterschaft istperfekt.

Die „Falle für die Frau“, als diedie „Mutter des Radikalfeminismus“Simone de Beauvoir, Mutterschaft,Kind und Ehe bezeichnet hat, istdamit beseitigt. Das ist die tragischeund folgenreiche Katastrophe, diein den letzten zwei Jahrzehntenüber uns gekommen ist. DieAbtreibungsstatistik ist für dieseEntwicklung nur der bürokratischsichtbare Ausdruck.

Bis in die tagtäglichen Seifen-opern hinein, wie kürzlich in der

Susan Stanford beschreibt die Folgen einer Abtreibung, wiesie sie am eigenen Leibe kennengelernt hat. Sie beschreibtdie Leere, die innere Trostlosigkeit, das Gefühle, als sei siezu einer Schaufensterpuppe“ geworden, sie beschreibt denEkel auch vor sich selbst, sie bemerkt, daß sie beginnt, „eineMaske“ zu tragen, eine Maske, unter der sich ihr Inneresauflöst - „ähnlich wie Eis unter dunklem Winterwasserschmilzt“. Sie beschreibt ihre „abgestorbene, vertrockneteSeele“; sie hatte, scheint ihr, auch sich selbst getötet, „dort:auf dem Tisch in der Klinik“. Später beschreibt sie Begeg-nungen mit gleichfalls an der Abtreibung leidenden Frauen.Diese haben wie sie, „einen Teil ihrer Psyche preisgegeben“.„Einige von uns sind innerlich fast tot.“

Aus dem Buch: „Ich sehe mein Kind im Traum. Plädoyergegen die Abtreibung“, Copyright Karin Struck, Neuaufla-ge demnächst bei: Verlag Fiat Domine Dr. Beate Bruckner,Elisabethstr. 26, A-1010 Wien.

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harmlosen Serie „Der Landarzt“,heißt es nun, wenn eine Frau ihremMann sagt, daß sie ein Kind erwar-ten (beruhigend): „Wir können unsnoch entscheiden.“ Das Wort „ent-scheiden“ hat - wie der Begriff der„ergebnisoffenen Beratung“ - in denletzten Jahren und in diesen Tageneine Schlüsselfunktion. Als dürfeder Mensch wie Gott über Lebenund Tod entscheiden! Die in-flationär verwendeten Begriffe sindimmer und ausnahmslos Ver-schlüsselungen und Beschwichti-gungen des eigentlichen Tötungs-vorgangs. Sie sollen die Tötung desUngeborenen ummänteln. Daß sieinsbesondere denen, die die„Fristenlösung“ und teils auch dieAbtreibung bis zur Geburt verfech-ten, notwendig sind, enthüllt zu-gleich, daß sie, die sie der Mitweltdie Verharmlosungen durch pausen-lose Wiederholung einbrennen, umihr Verschweigen und Vertuschenwissen. Insgeheim sind sie sich ih-res Tabubruchs bewußt.Sie wissen im tiefsten In-nern, daß sie schon mitihrer Begrifflichkeit Mit-täter sind, sei es auch„nur“ vom Schreibtischaus. Sie wirken daranmit - und sei es „nur“durch ihre Vernebelungder Gehirne -, jemandZartes, sehr Verletzli-ches, das Kind im Mut-terleib der Frau, zu zer-stören. Die Inflation dermanipulierenden undbürokratisierten Begrif-fe um die Abtreibunghat übrigens nicht zu-letzt die erwünschte Wir-kung, die Öffentlichkeitzu ermüden, die inzwi-schen das Thema Ab-treibung, wie es heißt:„leid und müde ist“.

Der österreichische„Vater der Fristenlö-sung“, Dr. Alfred Rockenschaub,hat einmal wie folgt Abtreibung (mitRU 486) beschrieben: „Dabei wirdweder etwas abgekratzt noch abge-saugt noch abgetrieben, sondern nurdas Schwangerschaftspotential derFrau auf das frühembryonale Sta-dium eingeschränkt, was eine Rück-bildung und Auflösung derSchwangerschaft zur Folge hat.“Eine traurigere Ummäntelung der

Tatsache der vorgeburtlichen Kinds-tötung ist kaum mehr vorstellbar.Die Formulierung Dr. Rocken-schaubs läßt uns aber auch ahnen,warum jene, die die „Fristenlösung“durchgesetzt haben, jetzt immernoch nicht ruhen und gegenwärtigerneut eine Perfektionierung derAbtreibung durch RU 486 betrei-ben. Dr. Rockenschaub nennt un-gewollt das Motiv: Für jene, die ak-tiv oder passiv mitwirken an derTötung des ungeborenen Kindes,wird vom Kind - das für Dr.Rockenschaub „Schwangerschafts-potential“ ist - kaum noch etwas zuerkennen sein. Und das eben ist er-wünscht: Das Kind soll vollständigaus dem Bewußtsein gelöscht wer-den! Wenn die Frau die scheinbarharmlose „Pille“ geschluckt habtwird, wird sie später keinen mehrangreifen können für „ihre Ent-scheidung“. Sie wird so allein wienie sein mit dem Verlust. Das Lei-den der Frau, das sie womöglich erst

Tage, Wochen, Monate oder Jahrenach der Abtreibung kalt erwischenwird, ist denen, die „nicht hinschau-en wollen“, hier ebenso gleichgül-tig - was immer ihre Lippenbekennt-nisse auch sagen mögen.

Neuerdings kursiert innerhalb derLebensrechtsbewegung ein beden-kenswerter Aufsatz „Abtreibung:Das geringste von drei Übeln. Wiedie Lebensbewegung Frauen in Not-

lagen erreichen kann“ des Ameri-kaners Paul Swope. Leider enthältder Text aber auch den Keim einergefährlichen Anpassung an dasradikalfeministische Frauenbild.Für die Verfechter der „Ent-scheidung der Frau“ steht die Frau(nicht die Frau als Mutter!) im Mit-telpunkt. Die feministische Seite hatLebensrechtlern oft vorgeworfen,sie sähen die Frau nur als „Gefäß“.Ähnlich hat man Frederic Leboyer,dem genialen Erfinder der sanftenGeburt, vor Jahren seine Einfühlungfür das Kind in der Geburt angekrei-det. Er sei „frauenfeindlich“, hießes. Ebensowenig wie aber Leboyerein Frauenfeind war, ist die Lebens-rechtsbewegung frauenfeindlich.Sie sollte in ihrer Verzweiflung über25 Jahre vielfältiger Verkennungnicht das Kind mit dem Bade aus-schütten!

Die Aufgabe von katholischerKirche und Lebensrecht besteht ge-rade darin, das Kind sichtbar zu

machen - das ungebore-ne wie das geborene. Eswäre fatal, wenn mansich durch die offenoder versteckt radikal-feministisch geprägtePolitik - auch übrigensvon Teilen der kirchli-chen Frauenverbände -nach dem Prinzip „Teileund Herrsche“ vor-schreiben ließe, Kindund Mutter auseinan-derzudividieren.

Läßt die Kirche sichetwa durch Austeilungvon Beratungsscheinenweiterhin in das Systemder Salonfähigkeit vonAbtreibung einspannen,wird sie in Staat und Ge-sellschaft in die Be-deutungslosigkeit abrut-schen - auch wenn sieals Heilige Mutter Kircheim Kern unzerstörbar

ist. Den Bischöfen ist zu wünschen,daß sie sich nicht ungewollt als Lob-by der meinungsführenden Fun-ktionärinnen mißbrauchen lassen.Übrigens wird auch das scheinbarso harmlose Wort „Beratungs-schein“ verschleiernd gebraucht.Die Bedeutung des Scheines gehtbekanntlich weit über eine neutrale„Bescheinigung“ hinaus. Der Be-griff hat offensichtlich eine ähnli-

Eine Schülerin Viktor E. Frankls, die Therapeutin Dr.Elisabeth Lukas, hat ausgeführt, daß die von KonradLorenz analysierten „Tötungshemmungen“ bei Tieren(...) beim Menschen nicht ohne weiteres funktionieren,vor allem deshalb nicht, weil die Tötungshemmung„ohne den direkten Blick in die Augen des Artgenos-sen“ verloren geht. Frau Lukas aber teilt Konrad Lo-renz’ „pessimistische Aussage“ nicht, denn sie meint,daß der Mensch mit Recht eben nicht nur ein biologi-sches, sondern auch ein geistiges Wesen! sei. (...).„Aggressionsschranken“ beim Menschen könnten nurerrichtet werden, wenn statt des Blicks in die Augen desGegners ein „Blick in die vom Gewissen erschlossenenGefilde dessen, was menschenwürdiges Leben bedeu-tet“, gerichtet werde. Dieser Blick erst setzt den Men-schen instand, sich nicht eines Unschuldigen, etwa alseines „Ersatzobjektes“ für aggressive Entladungen, zuentledigen.

Aus dem Buch: „Ich sehe mein Kind im Traum. Plä-doyer gegen die Abtreibung“, Karin Struck.

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78 DER FELS 3/1999

I m vergangenen Wintersemesterhatte jemand aus der Universität

einen Blick in meinen Vorlesungs-plan am Anschlagbrett geworfen. Erentnahm daraus, daß ich das The-ma „Gott und die Letztzieltrans-zendenz. Zur Sinnfrage des Lebensund der pädagogischen Hilfelei-stung“ in der Vorlesung behandelnmöchte. Er sprach mich an: „So einThema? Beim heutigen Fortschrittder Wissenschaft? Darüber konnteman vielleicht früher sprechen. Aberheute? Und wenn schon: Es gehörtnicht in eine Vorlesung an dieserFakultät. Hat es denn überhaupt et-was mit Ihrem Fach zu tun?“ Ichsagte: „Halten Sie das Thema fürunwissenschaftlich?“ „Na, also hö-ren Sie mal...“, wurde mir erwidert.„Sprechen Sie wohl auch noch vonGott und so?“ Ich sagte: „Ja, dashabe ich vor. Ich befinde mich dain guter Gesellschaft: Plato, Cicero,Erasmus von Rotterdam, Luther,Comenius, Francke, Basedow, Salz-mann, Herbart, Pestalozzi, Sprang-er, Montessori...“ - „Na ja,früher...Die wußten es nicht an-ders“, meinte mein Gesprächspart-ner. „Wissen Sie es anders?“ fragteich. „Wirkt das nicht irgendwiepeinlich?“ blockte er ab. „Sage ichda wohl etwas Unanständiges?“entgegnete ich. „Na, das habe ichja wohl nicht behauptet“, sagte er.„Aber fürchten Sie nicht, daß SieUnverständnis und Widerspruch beiden Studenten erfahren? Daß die dasunwissenschaftlich finden? Oderdaß ihnen dies wirklich peinlich ist.“Ich sagte: „Kann sein. Vielleicht beieinigen. Aber viele sind aufge-schlossen. Sie sind auf der Suchenach dem Sinn ihres Lebens. Undwenn sie bisher kritisch waren, sowaren sie dabei doch immer fair.“ -„Na ja“, sagte mein Gegenüber,„wenn Sie unbedingt wollen, daßman über Sie spricht...Sie wissenschon, wie.... Fundamentalist undso...Ich meine es nur gut.... Wer willdenn heute etwas über Trans-zendenz und Gott hören, und dasausgerechnet in einer Pädagogik-Vorlesung! Niemand.“ Ich sagte:„Vielleicht doch...“

Transzendierendes Denken undFühlen gehören zum Wesen desMenschen. Daher stellen wir unsauch die Frage nach dem Sinn un-seres Lebens: „Was ist das Ziel mei-ner Lebensbewältigung? Wofür lebe

che Funktion in dem gegenwärtigenSystem von Täuschung und Selbst-täuschung über die vorgeburtlicheKindstötung wie die bereits analy-sierten Begriffe. Der Beratungs-schein ist wie jene nicht zuletzt dieBeruhigung für all jene, die ihre Ar-beit in der „ergebnisoffenen Bera-tung“ tun, ohne von den Folgenwissen zu wollen. (Welch eine bü-rokratische Neuschöpfung, diesesWort „ergebnisoffen“!). IhreBeratungstätigkeit bedeutet unzäh-lige Arbeitsplätze, und in einer Ge-sellschaft, in der die Existenz, aberscheinbar auch das Seelenheil vonArbeit abhängt, geht es nicht zuletztauch um pure Existenzängste derBeraterinnen. Es ist begreiflich, daßdie Bischöfe dafür Verständnis ha-ben. Sind aber nicht die Existenz-ängste der ungeborenen Kinder undder Mütter, die mit dem Verlust desKindes durch Tötung fertigwerdenmüssen, vorrangig? Die Kirche darfdas allgemeine Spiel mit den ver-schleiernden Begriffen um die Ab-treibung nicht mitmachen, sie darfsich nicht erpressen lassen von je-nen, die doch sonst glühende Ver-fechter der Trennung von Staat undKirche sind und in der Frage derKomplizenschaft durch den Be-ratungsschein plötzlich Unterwer-fung, ja Verschmelzung der Kirchemit dem Staat verlangen! Warumbraucht die Kirche einen Beratungs-schein, um Frauen zu helfen, ihr

Kind anzunehmen? Das ist docheine ganz einfache Frage, die eineeinfache und klare Antwort ver-dient. Die Kirche hat unerschöpf-liche Möglichkeiten, über Kollekte,Spenden und eigene weitere Initia-tiven eine Konversion desBeratungssystems zu realisieren -statt sich von rot-grünen Koalitio-nen, aber auch von Christdemo-kraten, durch Drohungen mit Ent-zug des Mammon erpressen zu las-sen. Wenn sie das Beratungssystemkonvertieren würde, wie man„Schwerter zu Pflugscharen“ macht,wäre ihr der Respekt vieler, selbstbisher Gleichgültiger gewiss. Dieanfangs erwähnte Leserin schreibt:„Ich glaube, ja, ich bin überzeugt,daß die Frauen eines Tages dafürdankbar sind (in der Kirche, die dieBeratungsscheine abschafft, K.S.),einen unverrückbaren Felsen zuwissen.“

Daß sie, die Heilige Kirche, rech-net, wie viele Kinder sie rettet, undwie viele verlorengehen, ist verwerf-lich. Das klingt nach mehr als nurnach Berechnung, schon gar nichtnach Abwägung - es klingt leiderallzusehr nach einer speziellenForm der guten Selektion. Die ei-nen werden per Beratungsscheingerettet, die anderen eben nicht.Man macht die Rechnung. Men-schen aber, auch ungeborene, soll-ten einer Buchhaltung nicht unter-liegen.

Seit der Legalisierung der Abtrei-bung besorgen Ärzte das blutigeGeschäft. Die Ärzte müssen auchheute noch den Eid des Hippo-krates ablegen, indem sie u.a.schwören: „Meine Verordnungenwerde ich treffenzu Nutz und From-men der Kranken,nach bestem Ver-mögen und Urteil;ich werde sie be-wahren vor Scha-den und willkürli-chem Unrecht. Ichwerde niemandem,auch nicht auf sei-ne Bitte hin, eintödliches Gift ver-

abreichen oder auch nur dazuraten. Auch werde ich nie einerFrau ein Abtreibungsmittel ge-ben. Heilig und rein werde ichmein Leben und meine Kunstbewahren.“

¨

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DER FELS 3/1999 79

Erziehung auf Gott hin?

Von Reinhold Ortner

um schließlich in der Frustration des„Umsonst“ zu landen. Die letztenWorte eines Parteiführers derNationalsozialisten vor seiner Hin-richtung waren: „Hauptsache, ichhabe 12 Jahre angenehm gelebt.“Fahren heute nicht unzählige Men-schen auf der gleichen Schiene?Welch ein Trugschluß....

Es kommt hinzu, daß keiner vonuns es schaffen wird, sich so totalzu emanzipieren, daß er das Ergeb-nis als vollkommen bezeichnenkönnte. Dazu sind wir alle von un-serer Genetik und Umweltbe-einflussung her einfach nicht fähig.Es fehlen die heute so hochgejag-ten Maßstäbe: Begabung, „Schön-heit“, Geld, Macht, die gleichenChancen...

Aber alle Menschen wollen ei-gentlich nur leben, wenn ihr per-sönliches Leben einen Sinn hat,wenn es sinnbestimmt ist. Und siemöchten in einer Sinnvollendungalles das erreichen, wonach sie sichin ihrem Herzen sehnen. Abermacht es einen Lebenssinn, Jahreund Jahrzehnte lang sich in derJagd nach einem angenehmen Le-ben (Machterfolg, Bankkonten,Sexvariationen, Weltreisen, Schön-heit und Konsum) zu verschleißen?Nur um möglichst viele Erlebnissegehabt zu haben, die dann einesTages aus der Erinnerung erlö-schen, weil die Gedächtnismassedes Gehirns sich aufgelöst hat.

Werfen wir einen Blick auf dieGeschichte der Menschheit. Milli-arden Menschen haben vor uns ge-lebt. Inzwischen sind sie alle tot.Wofür gab es das Leben dieser Mil-liarden Menschen? Welches warder Sinn ihres Lebens? Macht?Gold? Sex? Schönheit? Besitz?Konsumanhäufung? Sie habendoch alle nichts mehr davon. Soll-te wirklich darin der Lebenssinngelegen haben? Was wäre dann das

Leben für ein absurdes und irresTheater!

Wenn ich Erziehung als bestmög-liche Hilfeleistung für den anver-trauten Menschen definiere, umfaßtdiese Hilfeleistung zunächst eineGrundorientierung über das „Wo-her“, das „Warum“ und das „Wo-hin“ des Menschen. Die Antwort aufdiese Fragen machen den Sinn desLebens aus. Erziehliche Hilfe be-deutet selbstverständlich zunächsteinmal bestmögliche Ausstattungdes Menschen mit Fähigkeiten derLebensbewältigung im persönlich-individuellen, sozialen und natür-lich-kulturellen Lebensraum. Aberdarin darf sich eine solche Hilfenicht erschöpfen, wie es in vielengängigen Erziehungskonzeptionengeschieht. Zum Leben gehörenKrankheit, Leid, Behinderung undTod. Auch diese müssen vom Men-schen ganz persönlich bewältigtwerden. Das kann nur zufriedenstel-lend geschehen, wenn ihm derentieferer religiöser Sinnhintergrundeinsichtig gemacht wird. Ich kennekeine Philosophie oder Ideologie,die eine schlüssigere Erklärung hier-für anbietet als der christliche Glau-be, daß die Schöpfung des Men-schen und seine Sinnvollendungausschließlich in Gott gründen.

Ein Erziehungssystem darf zu-mindest dieser letztentscheidendenSinnfrage nicht ausweichen. Wennes aber dieses Problem ausklam-mert oder gar als „unwissen-schaftlich“ abtut, ziehe ich Konse-quenzen: Dieses System ist wederfür mein pädagogisches Handelntragfähig noch kann ich es im Hin-blick auf die Weitervermittlung anmeine Studierenden verantworten.Spreche ich in der Erziehung nichtvon Gott, dann versäume ich es,den mir anvertrauten Menschen dieentscheidenden Impulse für denSinn ihres Lebens vorzustellen. Siewürden dann in ihrem eigenen päd-agogischen Wirken zögern oderganz versäumen, ihren SchülernImpulse auf Gott hin zu vermitteln.Erziehung hätte dann in einer zen-tralen Aufgabe versagt. Leider abergeschieht solches heute im Er-ziehungsgeschehen auf erkennbarbreiter Ebene. Die mahnende Fra-ge „Erziehung - wo bleibt die Aus-richtung auf Gott?“ ist ebenso drin-gend wie weltweit existenznotwen-dig geworden.

ich?“ Ich kenne kaum einen Men-schen, der nicht in sich die Sehn-sucht verspürt, unzerstörbar zu seinund sich nicht mit dem Tod imNichts aufzulösen. Die Erfahrungzeigt, daß Fragen der Letztziel-orientierung für die Bewältigungdes gesamten Lebens grundlegendund richtungsweisend sind, alsoauch für das Nachdenken über dieFrage, wie es nach dem Tod weiter-geht.

Wenn Erziehung Hilfeleistungzur Lebensbewältigung sein will,muß sie auch über den Sinn desmenschlichen Lebens Bescheid wis-sen. Der Lebensvollzug des Men-schen ist heute bis in Details er-forscht. Über die Sinnfrage des To-des und des Letztzieles jedochherrscht tabuisiertes Schweigen.Viele Erzieher klammern das Ein-münden des Lebens in die Letztziel-phase aus. „Das ist nicht unsereSache“, verteidigen sie sich. Abermüßten sie sich nicht fragen: „Wie-so tun wir unser Bestes, umEmanzipation voranzutreiben,wenn wir gleichzeitig keine Antwortauf lebensentscheidende Fragengeben wollen (oder können)?“ Daist doch das Problem: Welchen Sinnsollen eigentlich Emanzipation, alsoBefreiung, und Selbstverwirk-lichung haben, wenn sie früher oderspäter im totalen Zwang und in derSelbstzerstörung des Todes enden?

Leben wir nur dafür, uns zuemanzipieren, uns aus Abhängig-keiten zu befreien, um dann - end-lich irgendwie befreit - in die totaleAbhängigkeit und Unfreiheit desSterbenmüssens und der Vernich-tung im Tod zu geraten? Ehrlich,diese Ungereimtheit moderner Er-ziehung bleibt mir unbegreiflich.Ich jedenfalls empfinde es als ab-solut widersinnig, mich ein Lebenlang für meine Emanzipation oderSelbstverwirklichung abzumühen, ¨

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80 DER FELS 3/1999

Die Globalisierung ist vorwiegendein Anliegen der Wirtschaft. Werüber den Rand der Dollar- oder Euro-Münze hinausblickt und dasGesamtwohl des Menschen, alsoauch seine kulturelle Befindlichkeitim Auge hat, wird feststellen müs-sen, daß die Welt nicht zusammen-wächst, sondern im Gegenteil sichin Gegensätze aufteilt, sich kulturellpolarisiert. Die Kultur des Lebens,die niemand anders engagierter undglaubwürdiger vertritt und verteidigtals Papst Johannes Paul II., steht ei-ner mächtigen Kultur des Todes ent-gegen, deren Repräsentanten nichtso offen als solche auftreten. ZumBeispiel der amerikanische PräsidentBill Clinton. Über seine moralischenund charakterlichen Schwächen istgerade in diesen Tagen manch frag-würdiges Urteil ergangen. Dennochwird er als Politiker hoch gepriesen.Das Lob allerdings bezieht sich aufseine Fähigkeit, Geld locker zu ma-chen und den materiellen Wohlstandder Mittelklasse zu mehren. Politischgut im Sinne des Gemeinwohls, dasnicht nur im Portemonnaie des Nor-malverbrauchers einen Platz hat, istdieser Mann nicht. Im Gegenteil: Ergehört zu jenen Heuchlern, die sichvor der Kamera eine Träne abdrük-ken und dann alles tun, um der Ab-treibung mit allen Mitteln höchst of-fiziell den Weg zu ebnen.

Clinton ist ein Protagonist derKultur des Todes. Er war es auch,der Gesetze im Sinne der Todesstra-fe verschärfte, indem er dieBerufungsfristen verkürzte und dieZahl der Berufungsmöglichkeiten fürzum Tode Verurteilte erheblich ein-schränkte und die Zahl der Delikte,die mit dieser Strafe geahndet wer-den können, ebenso stark erweiter-te. Unter seiner Amtszeit schnelltefolgerichtig die Zahl der Todesurtei-le und der Vollstreckungen in die

Geist gegen Zeitgeist

Abtreibung, Euthanasie, Todesstrafe - Unermüdlich zeigt der Papst dieZusammenhänge zwischen der Kultur des Lebens und der Wahrheit auf

Von Jürgen Liminski

Höhe. Über Amerika hinaus bekanntwurde der Fall der 38jährigen CarlaFaye Tucker, einer Frau, die als Ju-gendliche mit anderen im Drogen-rausch einen Doppelmord beging,zum Tod verurteilt wurde, sich imGefängnis bekehrte und zu einerfrommen Christin wurde. Die Pha-lanx derjenigen, die kurz vor ihrerHinrichtung im Frühjahr 1998 welt-weit für sie um Gnade baten, warbeeindruckend. Sie reichte vomPapst bis zu den Verwandten der Er-mordeten. Fast noch beeindrucken-der war die Gnadenlosigkeit, mit derJustiz und Politik in Amerika diesenFall behandelten. Sie öffnete einenBlick in die calvinistische Seite deramerikanischen Seele: Gerechtigkeitum jeden Preis. Daß solche Gerech-tigkeit immer in Gefahr ist, in reineRache umzukippen, haben schon dieKlassiker gewußt. Thomas vonAquin schrieb die Gleichung: Ge-rechtigkeit ohne Barmherzigkeit istGrausamkeit.

Aber der Fall Tucker hat auch einestaatspolitische Komponente. DieVereinigten Staaten von Amerika ste-hen mit ihrer Todestrafenjustiz in ei-ner Reihe mit dem Irak, dem Iran,dem Jemen oder auch Pakistan. Fürdie 3400 Todgeweihten in den ame-rikanischen Todeszellen, man könnteauch sagen, die Morituri in der poli-tischen Arena – unter ihnen auchDeutsche, für deren Begnadigungdeutsche Politiker vergeblich Appellean ihre amerikanischen Kollegenrichten - , ist es gleichgültig, wie siehingerichtet werden. Das Ergebnis,in Amerika wie im Irak oder Iran, hatimmer auch mit der Anmaßung zutun, die den Kaisern in Rom oderganz allgemein den Potentaten imAltertum eigen war. Sie entschiedengottgleich über Leben und Tod. DieFrage muß erlaubt sein, ob hier nichtein Merkmal der Moderne, der Zivi-

lisation, des aufgeklärten Menschenzur Disposition steht. Eine Antwort,die alle zufriedenstellt, wird es kaumgeben. Der israelische SchriftstellerAmos Oz hat das einmal so beschrie-ben: „In einem Stück Shakespearesist die Bühne am Ende mit Leichenübersät, darüber schwebt die Gerech-tigkeit. Bei Tschechow sind dagegenam Schluß alle frustriert und unzu-frieden, aber immerhin noch am Le-ben.“

Auch auf dem alten Kontinentbricht die Debatte um die Todesstra-fe immer wieder mal auf. Sie ruftdann wenigstens dies ins Gedächt-nis: Europa ist keine Insel der Seli-gen, auch wenn die Verfassungender rund vierzig Länder des Euro-parates die Todesstrafe als Akt derGerechtigkeit verwerfen. Das Volkbleibt ein Element, unberechenbar- seine deutsche Variante, derStammtisch, auch. Die Hinrichtungder geläuterten Carla Faye Tuckerlehrt, wie hohl das Geschrei derMasse nach der endgültigen Lösungim Einzelfall sein kann und wienötig es ist, daß Eliten aufgeklärtund von der Tagesmeinung unbe-rührt bleiben.

Solche Endlösungen passen nichtin eine Kultur des Lebens. Konse-quent verfolgt der Papst das Ziel, dieTodesstrafe weltweit zu ächten.Schon bei seiner Reise in die USAim Herbst 1987 sprach er sich für dieAbschaffung der Höchststrafe aus,und er hat seinen Appell seither im-mer dringlicher wiederholt. Bei sei-nem Segen urbi et orbi zu Weihnach-ten vergangenen Jahres insistierte ererneut: „Ich wiederhole noch einmaldie Dringlichkeit, das menschlicheLeben zu schützen und die Todes-strafe abzuschaffen“. Aber auchwenn mehr als die Hälfte aller Staa-ten die Todesstrafe aus ihren Gesetz-büchern getilgt haben, in rund 90

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DER FELS 3/1999 81

Ländern gehört sie zum Katalog derUrteilsmöglichkeiten. Als theoreti-sche Möglichkeit steht sie auch imKatechismus. Dort heißt es im Ka-pitel über das Fünfte Gebot im Zu-sammenhang mit der Notwehr, diedas Töten des Angreifers billigendin Kauf nimmt: „Der Schutz des Ge-meinwohls der Gesellschaft erfor-dert, daß der Angreifer außerstandegesetzt wird zu schaden. Aus diesemGrund hat die überlieferte Lehre derKirche die Rechtmäßigkeit des Rech-tes und der Pflicht der gesetzmäßi-gen öffentlichen Gewalt anerkannt,der Schwere des Verbrechens ange-messene Strafen zu verhängen, ohnein schwerwiegendsten Fällen die To-desstrafe auszuschließen“ (Nummer2266). In einer Neufassung aus demJahre 1997 wird allerdings noch hin-zugefügt, daß dieser Fall präventi-ver Notwehr „praktisch überhauptnicht mehr gegeben“ ist. Und des-halb nutzt der Papst jede Gelegen-heit, auf die Ächtung der Todesstra-fe hinzuwirken. Gerade bei seinemeintägigen Besuch in Amerika, aufder Rückreise von Mexiko nachRom, verurteilte er die Todesstrafeals „grausam und unnötig“. Clintonstand neben ihm und hörte zu, seinSprecher hatte aber schon vorab ver-lauten lassen, daß die Meinung desPräsidenten unverändert bleibe. Im-merhin, ein Gnadengesuch des Pap-stes an den Gouverneur von Missou-ri hatte Erfolg. Der zum Tode Verur-teilte Darell Mease wurde begnadigt.

Es geht dem Papst natürlich nichtnur um die Abschaffung einer grau-samen und unnützen Strafe. Sie istTeil eben jener Kultur des Todes, zuder auch die Abtreibung und dieEuthanasie gehören. Daher seinDoppel- Appell, „das menschlicheLeben zu schützen und die Todes-strafe abzuschaffen“. Die Kultur desTodes kann auf Dauer keinen Frie-den und keine Gerechtigkeit verbür-gen. „Wenn du Frieden willst, tritt fürGerechtigkeit ein. Wenn du Gerech-tigkeit willst, verteidige das Leben.Wenn du das Leben willst, nimm dieWahrheit an“. Mit diesen Worten faß-te er Ende Januar die Botschaft andie rund 120.000 Jugendlichen imFootball-Stadion von Saint Louiszusammen. Es ist mehr als eine Bot-schaft, es ist ein Programm. Und esgilt nicht nur den Amerikanern, esgilt allen Menschen guten Willens.Auch wenn der Papst an das spekta-kuläre Gerichtsverfahren aus demJahre 1856 erinnert, als der obersteGerichtshof entschied, daß Weißedas Recht hätten, Sklaven als Eigen-tum ohne Rechte zu behandeln undsomit eine ganze Gruppe von Men-schen außerhalb des Schutzes derGesetze gestellt wurde, dann weister darauf hin, daß es sich heute mitden ungeborenen Kindern genausoverhält. Und auch die Sterbenskran-ken sind in diesem Sinn eine Grup-pe ohne fundamentale Rechte. DieEntscheidung in dieser Frage, so derPapst in Gegenwart des Abtreibungs-

befürworters Clinton, sei die großePrüfung, vor der die Nation heutestehe. Die Antwort werde die Zukunftim nächsten Jahrhundert bestimmen.Er bete dafür, daß die USA sich fürdas Leben entscheide und gegen dieKultur des Todes.

Die Nation ist austauschbar. DerPapst könnte dasselbe zu Deutsch-land sagen, auch wenn es hier nichtum die Todesstrafe geht. Aber hierund allgemein in Europa steht die Ge-sellschaft vor der Frage, ob sie sichfür eine Kultur des Lebens, mithinfür die Zukunft oder für eine Kulturdes Todes, mithin für Generationen-konflikte, Vergreisung und Stagna-tion entscheidet. Zwar gibt es inWesteuropa kein Land mehr, in demdie Todesstrafe noch existiert. Aberes gibt de facto auch kein Landmehr, in dem die Abtreibung nichtliberalisiert wäre. Irland und Spani-en haben noch einige Schrankenbewahrt, und in diesen beiden Län-dern sind nach einer Studie des ame-rikanischen Alan-Guttmacher-Insti-tuts die Abtreibungszahlen am nied-rigsten. Aber Europa insgesamt kannbei fünf Millionen Abtreibungen jähr-lich nicht mehr von sich behaupten,besonders lebensfreundlich zu sein.Von Osteuropa, insbesondere Rumä-nien, ganz zu schweigen. In Rußlandwerden doppelt so viel Kinder ab-getrieben wie geboren. Selbst libe-rale Zeitungen sprechen da mit Rechtvom „stillen Selbstmord eines Vol-kes“. Und die Todesstrafe in Ruß-

Und über allem steht dasKreuz, Symbol der Erlö-sung: Die lichtdurchflu-teten Totenbretter beiStraubing zeigen, daßdie christliche Kulturdes Lebens auch denTod überstrahlt.

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82 DER FELS 3/1999

land? Es wundert niemanden, daßdie Kandidaten für die NachfolgeJelzins, dessen Amtszeit in diesemJahr ausläuft, alle für die Todesstra-fe eintreten – und sie auch anwen-den werden.

Es steht nicht gut umdie Kultur des Lebensund die Zivilisation derLiebe. Der Papst ist ihreBastion, ja ihre Avantgar-de. Er weist unermüdlichauf diese Wunde im Her-zen der Industriestaatenhin. Sei es in den USA,sei es mit der Bitte an diedeutschen Bischöfe, dasZeugnis der Kirche indieser für die Zukunft derGesellschaft entschei-denden Frage nicht ver-dunkeln zu lassen. DieGlobalisierung ist einTrend, der im Einzelfallden Pegelstand in derKasse eines Staates odereines Unternehmens be-stimmt. Bei Todesstrafe,Abtreibung und Eutha-nasie aber geht es im Einzelfall umLeben und Tod, im Fall der Gesell-schaft um eine Kultur des Lebensoder eine Kultur des Todes, umZukunft oder Ende. Selten in derGeschichte Europas war das unver-fälschte Zeugnis der Christen so not-wendig wie heute. Denn, um es mitden Worten des Papstes zu sagen,„wenn du das Leben willst, nimmdie Wahrheit an“. Keine andere Per-sönlichkeit der Gegenwart hat dieZusammenhänge zwischen der Kul-tur des Lebens und der Wahrheit aufder einen und der Kultur des Todesund der Verneinung der Wahrheitauf der anderen Seite so oft, so deut-lich, so feinfühlig und so umfassenddargelegt wie Johannes Paul II.

In Deutschland und anderen so-genannten Sozial-oder Wohlfahrts-staaten wird gern auf die Freiheit deseinzelnen, die Gewissensfreiheit hin-gewiesen, wenn vom „begleitendenWirken“ der Kirchen, zum Beispielim System der Schwangerenkonflikt-beratung, die Rede ist. Aber die Frei-heit ist der Wahrheit untergeordnet.Die Wahrheit wird euch frei machen,sagt Paulus. Es handelt sich, wie Jo-hannes Paul II. in Veritatis splendorschreibt, um eine „grundlegendeAbhängigkeit der Freiheit von derWahrheit“. Nur: Was ist Wahrheit?

Was ist Wirklichkeit? fragen sich vie-le und wiederholen die Worte jenesPilatus, der die Wahrheit vor sichhatte und sie nicht sehen wollte, zu-mal „der Lärm immer größer wur-de“, wie es bei Matthäus 27,24

heißt. Das machte ihm Angst, derLärm der Menge, der Krach, ja derTerror der Öffentlichkeit. In diesemSinn sprach der Kölner HistorikerPeter Berglar auch von denPilatisten. Das sind jene Meinungs-führer, auch in der Kirche, die vorder Konsequenz einer Erkenntniszurückschrecken, die ihr Handelnund ihre Entscheidungen nach Ge-sichtspunkten der Opportunität aus-richten, nach dem Geschrei in derMenge.

Hier, im Spannungsfeld von Frei-heit und Wahrheit, wurzelt auch dasDilemma der Demokratie, wie Ar-thur Utz, der Nestor der deutschenNaturrechtslehre in seinem jüngstenSammelband „Ethik des Gemein-wohls“ ausführt. Die totale Mei-nungsfreiheit im pluralistischenStaat widerspricht notgedrungendem Wahrheitsanspruch und führtzum Gegensatz grundsätzlicher Na-turrechte. Aber kein Natur-oderGrundrecht kann grundsätzlichersein als das Recht auf Leben. Da-her wird diese Voraussetzung vonden Befürwortern der Todesstrafe,der Euthanasie oder der Abtreibungoft verneint. Die Kirche ist, in die-sem Sinn „Treuhänderin der Wahr-heit“, das Christentum eine ver-nünftige Religion, ja die „am mei-

sten universale und rationale reli-giöse Kultur“, schreibt KardinalRatzinger, und die Kirchen erinnern- oder sollten es tun - die Demokra-tie an ihre Prinzipien, insbesonderean die Unantastbarkeit der Würde

des Menschen. Sie sei-en das Gewissen des de-mokratischen Staates,der die Wahrheit nichtwie Pilatus einfach sus-pendieren dürfe.

Ratzinger breitet die-se Gedanken aus in sei-nem Buch „Wahrheit,Werte, Macht - Prüfstei-ne der pluralistischenGesellschaft“. Schonvorher schrieb Johan-nes Paul II. in einemBrief an die Jugend:„Die Wahrheit ist dasLicht des menschlichenVerstandes“, und „sie istdie Struktur des mensch-lichen Geistes. Der Hun-ger nach Wahrheit ist seingrundlegendes Verlan-gen und Merkmal.“ Aber

allzu oft wird dieser Hunger mit demFastfood einer Gefühlsmoral betäubt,die das Leiden und den Schmerzverneint und nicht die Würde des Le-bens, sondern die Lebensart zumMaßstab ethischen Handelns nimmt.Nicht das Sein und nicht einmal dieDenkfähigkeit, sondern dieKonsumfähigkeit und das Laissez-faire, die Alles-Sofort- oder Alles-ist-möglich-Mentalität machen für vie-le die Lebensqualität aus. Das istHedonismus in Reinkultur, Genuß-menschen ohne Herz. Damit aberdroht das eigentlich Menschlicheverloren zu gehen. Der spanischePhilosoph und UniversitätsrektorAlejandro Llano sieht die heutigeGesellschaft in der Dekadenz desDürstenden. Die Informationsgesell-schaft lechze, so schreibt er, „nacheiner verbindlichen und deshalbauch verbindenden Moral, aber sieweiß es nicht. Es ist eine Aufgabeder Schulen und Universitäten, ihrdies wieder bewußt zu machen. Sichin alles fügen, was die Politik be-stimmt, hat bisweilen den sympathi-schen Anstrich der Toleranz. Aberwie oft bedeutet diese Pseudo-toleranz nicht die Unterdrückung derSchwächeren durch die vermeintlichStärkeren, die Verdrängung derWahrheit durch die Mehrheit? Der

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Ausländer, die Frau, das ungeboreneKind, der Kranke, der Analphabetoder der Altersschwache - sie ziehendabei immer den Kürzeren. Beispielehaben wir leider genug.“

Wieder ist es der Papst, der die Zu-sammenhänge offenlegt. Er be-schreibt sie in Veritatis splendor mitdiesen Worten: „Nachdem die Ideevon einer für die menschliche Ver-nunft erkennbaren universalenWahrheit über das Gute verloren ge-gangen war, hat sich unvermeidlichauch der Begriff des Gewissens ge-wandelt. Das Gewissen wird nichtmehr in seiner ursprünglichen Wirk-lichkeit gesehen, das heißt als ein Aktder Einsicht der Person, der es ob-liegt, die allgemeine Erkenntnis desGuten auf eine bestimmte Situationanzuwenden und so ein Urteil überdas richtige zu wählende Verhaltenzu fällen. Man stellte sich darauf ein,dem Gewissen des einzelnen dasVorrecht zuzugestehen, die Kriteri-en für Gut und Böse autonom fest-zulegen und dementsprechend zuhandeln. Diese Sicht ist nichts ande-res als eine individualistische Ethik,aufgrund welcher sich jeder mit sei-ner Wahrheit, die von der Wahrheitder anderen verschieden ist, konfron-tiert sieht. In seinen äußersten Kon-sequenzen mündet der Individualis-mus in die Verneinung sogar der Ideeeiner menschlichen Natur.“

Das ist die Quintessenz des Nihi-lismus, der heimlichen Schwesterdes Individualismus, die Verneinungan sich. Natürlich auch derSchöpfungswirklichkeit. Verneinungals Prinzip im Dienst der eigenenAutonomie. Es ist, wie der bretoni-sche Schriftsteller Hello schon vorhundertfünfzig Jahren prophetischfragend schrieb, eine „Leidenschaft,die das Nichts zum Gegenstand hat.Gibt es diese Leidenschaft bei derMenschheit? Hat sie einen Sinn?Nein. Aber diese Leidenschaft ent-hält ein Geheimnis: Die Liebe zumNichts ist der Haß gegen das Sein.“

Diese Zusammenhänge mögenden Befürwortern der Abtreibungund der Todesstrafe nicht bewußtsein. Aber sie leben danach. Und sietöten nach diesen Gesetzen des Ni-hilismus. „Wenn du das Leben willst,nimm die Wahrheit an“ – der Papstsagt diese Maxime der Politik insGesicht. Das ist Widerstand des Gei-stes gegen den Zeitgeist, das istNachfolge Christi.

„Ich freue mich schon auf einenfröhlichen Ansturm auf die Ein-wanderungsbüros“, so klang esbeim Sonderparteitag der Grünen imOktober letzten Jahres, als man denKoalitionsvertrag mit der SPD, denersten rotgrünen auf Bundesebene,entschied. Es gab keinen Gegen-wind, der Vertrag, die Grundlage fürdie Regierungsarbeit der nächstenJahre, wurde von beiden Parteieneinmütig angenommen. Seit der Hes-sen-Wahl ist es aus mit der Fröhlich-keit. Dem Ansturm auf die Ein-wanderungsbüros ging ein Sturm aufdie Wahlurne voraus. Die Wahl-bürger halten nicht viel von der an-gestrebten totalen Multi-Kulti-Gesell-schaft der Rotgrünen. Die Unter-schriftenaktion, die auf Drängen vonCSU-Chef Stoiber zustande kam,zeigt Wirkung. Die SPD kommt insNachdenken, die Diskussion überdie Staatsbürgerschaft ist in Gang.

Das ist vielleicht das wichtigsteErgebnis von Hessen, daß inDeutschland jetzt wieder über solcheFragen nachgedacht wird: Wer istDeutscher? Was macht die Identitätdes deutschen Europäers aus? Wo-durch unterscheidet sich die Kulturhierzulande von der in der Türkeioder in anderen rand-oder außereu-ropäischen Ländern? Der politischeDiskurs darüber wird zeigen, wievital Deutschland noch ist und wietief wir bereits mit einem Bein in derfatalen Logik der Kultur des Todes

Gefährlicher Multi-Kulti-TrendWarum die Hessen-Wahl so wichtig war

stehen. Denn ohne Antwort auf die-se Fagen geht unserer Kultur auchdie grundsätzliche Präge-und Aus-sagekraft, die eigene Identität verlo-ren, die wir im Dialog mit anderen,konsequenteren Weltanschauungenbrauchen, mit denen ein Dialog statt-finden soll. Daß dies auf islamischerSeite geradezu instinktiv erkannt ist,zeigen Sprüche wie „Wir werdeneuch zu Tode gebären“. Der Islamhat in der Tat beim Dialog die De-mographie und somit die Zeit aufseiner Seite. Auch von daher ist esdringend geboten, die Voraussetzun-gen für die kulturelle Auseinander-setzung zu prüfen und sich sozusa-gen im eigenen Hause intensiver umdie Rahmenbedingungen zu küm-mern. Das Fundament ist im christ-lichen Kulturkreis infrage gestelltund somit auch die eigene Identität.Das ist, angesichts der demographi-schen, politischen und sozialen Ent-wicklung gefährlich. Der bekannte-ste Bevölkerungsforscher Deutsch-lands, Professor Herwig Birg, warntauch schon davor, daß Deutschlandsich „zu einer Multi-Minoritäten-gesellschaft“ wandele. Diese „wirddadurch geprägt sein, daß die bis-herige Mehrheitsgesellschaft (derDeutschen) ihre absolute Mehrheitverliert und zu einer Minorität unteranderen Minoritäten wird.“ Bei ei-ner automatisch doppelten Staatsbür-gerschaft wäre diese Entwicklungbeschleunigt worden. F. Salzmacher

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Gewalt, Mord, UnterdrückungWachsende Christenverfolgung in Asien und Afrika /

Dekalog der ReligionsfreiheitVon Franz Salzmacher

Fast täglich tröpfeln kleine Mel-dungen über Gewaltaktionen

gegen Christen in die westlichenMedien. „Wieder zwei Christen inIndien ermordet – Begleiter wollteMädchen vor Vergewaltigungschützen“, oder: „Neunköpfigechristliche Familie in Pakistan mas-sakriert – Opfern die Kehle durch-geschnitten“, oder: „ChinesischesMilitär geht gegen christliche Mis-sionare vor – Protestantin von Poli-zisten geschlagen“ oder: „Zuneh-mende Schikanen gegen Christen inder Türkei“, oder: „Moslems attak-kieren erneut mehrere Kirchen inIndonesien“, oder: „Wieder Kirchenabgebrannt – Moslems in Indone-sien machen Jagd auf Christen“,oder: „Indische Christen fordernSchutz von Regierung – Spannun-gen durch Vergewaltigung einerNonne erhöht“, oder: „ChristlicheOrganisation kauft tausend Sklavenim Sudan frei – Von Regierungs-soldaten verschleppt“.

Die Reihe der Titel dieser kleinenAgenturmeldungen ließe sich ohneweiteres fortsetzen. Ihre kurze, be-liebige Auswahl vermittelt bereitsein Bild. In Südostasien, insbeson-dere in Indonesien und Indien le-ben Christen heute am Rande einesVulkans, in dem es brodelt. Natio-nalistische und religiöse Eiferer sindeine unheilvolle Allianz eingegan-gen. In Indonesien sind es dieIslamisten, in Indien die Hindus. DieGründe sind unterschiedlich, ge-meinsam ist den Unruheregioneneine wachsende politische und wirt-schaftliche Instabilität.

Die regierende Hindu-Partei inIndien muß um ihre Macht fürch-ten und sucht einen Sündenbock.Ihre verfehlte Wirtschaftspolitik, daswachsende Elend und zahlreicheaufgedeckte Korruptionsfälle habendas Vertrauen der Wähler schwin-den lassen. Jetzt mobilisieren ihreStrategen das Volk mit emotionalenThemen. Bis vor einigen Monatenwaren es die Muslims, jetzt sind esdie Christen. Dabei sind es geradechristliche Orden und Vereinigun-gen, die mit ihren Schulen, Kinder-gärten, Kranken- und Sterbe-häusern das Elend lindern und denAnalphabetismus bekämpfen. DieQualität und das Niveau derBildungs- und medizinischen Ein-richtungen ist allgemein anerkannt.Gemessen an der geringen Zahl der

Christen (27 Millionen bei einer Ge-samtbevölkerung von 980 Millio-nen, also gerade mal 2,4 Prozent,82 Prozent sind Hindus und 12 Pro-zent Moslems) ist ihr Wirken enorm.Mutter Teresa und ihre Schwesternsind weit über Kalkutta und Indienhinaus bekannt geworden. Jetzt le-ben auch sie gefährlich. Anfang Fe-bruar wurden sie in Bombay be-droht und an der Ausgabe von Me-dikamenten gehindert. Unbekann-te Täter schlugen den Fahrer dermobilen Apotheke, warfen die Me-dikamente weg und forderten dieNonnen auf, zu verschwinden.

Insgesamt gab es im vergangenenJahr mehr Gewaltakte gegen Chri-sten als in den 50 Jahren seit derUnabhängigkeit. Das für seine Tole-ranz bekannte Land radikalisiert sich.Eine ähnliche Entwicklung greift inPakistan um sich. Von der Diktaturin China ist seit dem Massaker aufdem Platz des Himmlischen Friedensnichts anderes zu erwarten. In denislamischen Ländern ist der Trendzum Fundamentalismus auch stärkergeworden. Überall im islamisch-asiatischen Krisenbogen zwischenCasablanca und Wladiwostok gärtund brodelt es. Die Wirtschafts-undFinanzkrise bietet zusätzlichen Nähr-stoff für Neid und Fanatismus. Hin-zu kommt der Revolutionsexportdurch das Regime in Teheran. DieMullahs sind derzeit besonders imsüdlichen Afrika aktiv. In der Repu-blik Südafrika bauen sie mit Hilferechtsextremer Organisationen eineInfrastruktur auf. Aus diesem Bünd-nis der Radikalen entstehen beson-ders Gefahren für Christen und Ju-den.

Die Globalisierung zieht einen glo-balen Kulturkampf nach sich. Dabeidroht ein fundamentales Menschen-recht, die Religionsfreiheit, in wei-ten Bereichen Asiens und Afrikasunterzugehen. Es ist nicht irgendein

Menschenrecht. Es ist das Urrechtder Menschenrechte, denn aus derFreiheit des Gewissens leiten sich dieanderen Rechte ab, mit diesemUrrecht begann die Neuzeit. Aberwas ist Religionsfreiheit? Verstehtman darunter nicht jeweils etwas an-deres, je nach dem Kulturkreis?

Im Frühjahr 1988 hat der HeiligeStuhl auf einer Folgekonferenz zuder Schlußakte von Helsinki einenVorschlag zur Definition der Reli-gionsfreiheit vorgelegt. In einemDekalog zählte der Heilige Stuhlvor diesem internationalen Forumdie Rechte auf, die unabdingbarsind, wenn in einem Land volle re-ligiöse Freiheit bestehen soll. Sielauten:1. Das Recht der Eltern, einen Glau-ben ihren Kindern weiterzuvermit-teln.2. Respektierung religiöser Über-zeugungen im weltlichen Erzie-hungswesen.3. Das Recht einer Person auf indi-viduelle oder in Gruppen organisier-te religiöse Erziehung.4. Das Recht jeder religiösen Ge-meinschaft, ihre Geistlichen in ei-genen Institutionen auszubilden.5. Das Recht religiöser Gemein-schaften auf Gottesdienst inrepektierten Gebäuden.6. Das Recht auf offenen Austauschreligiöser Information und den Er-werb von Schriften.7. Das Recht, zu religiösen Zwek-ken Medien einzurichten und zuanderen Medien Zugang zu haben.8. Das Recht, sich ungehindert zuversammeln, einschließlich Pilger-fahrten im In-und Ausland.9. Das Recht auf Gleichbehandlungohne Diskriminierung in wirtschaft-licher, gesellschaftlicher oder kul-tureller Hinsicht.10. Das Recht jeder religiösen Ge-meinschaft, sich nach eigenem Gut-dünken zu organisieren.

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Nach diesem Dekalog herrschtChristenunterdrückung in vielenStaaten. Mit der Gewaltanwendungist sie zur Verfolgung geworden.Eine besonders subtile Form derUnterdrückung ist die Gleichgültig-keit in den „christlichen“ Staatengegenüber dem Schicksal derGlaubensbrüder in Asien oder Afri-ka. Dabei könnten gerade die Staa-ten Europas und Amerikas hier mitwirtschaftlichen und finanziellenMitteln heilsamen Druck ausüben.Man bräuchte gar nicht viel verlan-gen. Es reicht, wenn man auf Ge-genseitigkeit besteht. Wer zum Bei-spiel das Recht hat, in Europa Mo-scheen zu bauen, muß das Rechtzugestehen, daß auch in seinemLand Kirchen gebaut werden dür-fen. Das ist bei manchen arabischenLändern nicht der Fall, etwa in Sau-di-Arabien, wo eine Religions-polizei streng darüber wacht, daßkeine nicht-islamische Religion aus-geübt wird.

Papst Johannes Paul II. will nochin diesem Jahr in den Irak reisen,eine Jerusalem-Reise steht schonlange auf der Agenda, und im Märzhat sich der iranische PräsidentChatami angesagt. Der Vatikan ver-folgt mit besonderer Aufmerksam-keit den Friedensprozess im NahenOsten und wird nicht müde, trotzder Unterschiede immer wiederauch auf die „große Gemeinsamkeitder monotheistischen Religionen“hinzuweisen. Aus den Begegnun-gen und Plänen läßt sich die Absichtableiten, daß der Heilige Stuhl diefehlende Aufmerksamkeit des We-stens gegenüber der Christen-unterdrückung in den Ländern desFundamentalismus wettmachenwill.

Der Versuch ist natürlich unter-stützenswert. Seine Erfolgsaussich-ten jedoch sind eher gering. DasSelbstverständnis des Islam sprichtdagegen. Mehr noch: Es ist gerade-zu typisch, daß Muslime für sichnicht nur Rechte in Anspruch neh-men, die sie Christen nicht zuge-stehen wollen, sondern darüberhin-aus auch Geschichte und Gestaltender Christen besetzen wollen. ZumBeispiel Goethe. Der Dichterfürst istfür viele Muslime in Deutschlandein Muslim. In einem Dokument derGemeinschaft der Muslime in Wei-mar heißt es nach der Analyse eini-ger Texte Goethes abschließend:

„Somit kann eindeu-tig angenommenwerden, daß Europasgrößter Dichter undder Ruhm der deut-schen Sprache undihres geistigen Le-bens gleichzeitigauch der ersteMuslim des neuzeit-lichen Europa ist.“

Sie nennen ihnMuhammad JohannWolfgang von Goe-the. Darüber magman noch mit einemLächeln hinwegge-hen. Aber die Aus-höhlung des christli-chen Europa ist einFaktum von ge-schichtlicher Trag-weite. Die Verfol-gung der Christen imNahen und FernenOsten sind Vorboteneiner Entwicklung,die einmal auch inEuropa Platz greifenkönnte. Es ist nichtnur aus Nächstenlie-be, sondern auch auseigenem Interessenötig, der Unterdrük-kung und Verfolgungvon Christen nach-drücklich Einhalt zugebieten.

Ein Lepra-Kranker inKalkutta bittet eineSchwester der Näch-stenliebe um Hilfe.Ihm wird geholfenwerden. Die Schwe-stern von Mutter Te-resa lindern Schmer-zen, heilen, trösten,helfen in Würde zusterben – und werdendennoch verfolgt.

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Aufdem

Prüfstand

Völlig verrannt

Am 14. Dezember 1998 wurde im„Münchner Merkur“ (AusgabeStarnberg) über ein „Glaubens-seminar“ in Tutzing berichtet, beidem auch die DominikanerinBenedikta Hintersberger aus Augs-burg auftrat. Schwester Benedikta,die in Augsburg die Realschule St.Ursula leitet, meinte unter anderemzu der von Christus seiner Kircheeingestifteten hierarchischen Struk-tur (Dogma!): „Die hierarchischenStrukturen (der Kirche) seien nichtStrukturen der Zukunft.“ Von wel-cher „Zukunft“ redet hier SchwesterBenedikta? Zielt sie damit nicht aufeine Zukunft ohne Christus? „Weg-weisender sind für sie synodale ...und demokratische Strukturen“,also Strukturen protestantischer Ge-meinschaften! Entlarvend ihr Hin-weis: „Als beispielhaft nannte sie dieBewegung ‘Wir sind Kirche’.“ Ge-nau dies trifft zu: Die Kir-chenvolksbegehrer sind protestan-tisch! Deren Ansichten aber als „Er-neuerung“ zu verkaufen, statt alsHäresien zu entlarven, verrät eini-ges über den inneren Zustand vonSchwester Benedikta: „Es gebe vie-le Hinweise für eine weltweite Er-neuerung“, meinte sie. „Wir bewe-gen uns - und Rom hängt nach.“ Alsob dieser „breite Weg ins Verder-ben“ so erstrebenswert wäre! Be-merkt diese Schwester wirklichnicht ihre erschreckende Blindheit?Wie kann sie sonst urteilen: „Diehierarchischen Strukturen würdenabsterben, doch die Kraft desChrist-Seins sei so intensiv und fürdie Welt so notwendig, daß sie über-dauern würden. Allerdings, mahn-te sie, seien die Katholiken noch ‘zustark autoritätshörig’: ‘Da könnenwir von der evangelischen Kircheetwas lernen.’“ - Aber wer die hier-archische Struktur der Kirche ver-wirft, verwirft doch die StiftungChristi!

Daß bei dem Tutzinger Trauer-spiel Pfarrer Hans Marquard daraufhinwies, „daß der Papst sogar ver-boten habe, über dieses Thema zudiskutieren“, macht nur deutlich,daß dieser Frontalangriff vonSchwester Benedikta auf die katho-lische Kirche mit Willen und Wis-sen „der Gemeinde“ und ihres Pfar-rers stattfand.

„Einen besonderen Schwerpunktlegte Schwester Benedikta auf dasThema Frauen und Kirche. Enga-giert setzte sie sich für die ‘Frauen-Ordination’, also die Priesterweihevon Frauen ein: ‘Unsere Gemein-den sind langsam soweit’“.

Es stellen sich folgende Fragen:Wieso überläßt eine Ordens-gemeinschaft einem Mitglied, dasschon längst nicht mehr katholischist, die „katholische“ Erziehung jun-ger Menschen? Wieso duldet es diezuständige Bistumsleitung, daß eine„Ordensschwester“ klare Irrlehrenverbreitet? Wieso dürfen Diözesan-priester bekannt „kirchenkritische“Redner und Rednerinnen zu„Glaubensseminaren“ einladen, dienur den einen Zweck haben, die ka-tholische Kirche herabzusetzen,ohne daß sie Widerspruch erfahrenund gemaßregelt werden?

Robert Kramer

Warnung vor dieser „Caritas“

Die Caritas ist schon seit Jahren aufAbwegen. Dazu paßt nebenstehen-de Meldung der „SüddeutschenZeitung“ vom 2. Februar 1999: DerLeiter der Aids-Beratungsstelle beider Caritas, Walter Imhof, läßt aufFaschingsbällen „Überraschungs-tüten“ verteilen. Darin enthaltensind u.a. auch Bonbons und einKondom „zur praktischen Vorbeu-gung“. Anregung zur Sofortbefrie-digung bei flüchtigen Faschings-bekanntschaften war bisher eigent-lich nicht Aufgabe kirchlicher Or-ganisationen. Testet hier die Cari-tas die Bischöfe, um herauszufin-den, wie weit sie gehen kann? DaßVerantwortung und Selbstbeherr-schung besser wären als rascher Ge-nuß und lange Reue für alle Betei-ligten und betrogene Angehörige,weiß diese Caritas anscheinend

nicht mehr. Die vielen kleinenSpenden für die Caritas sind eigent-lich für andere Zwecke gegebenund gesammelt worden. Wer nunnach dieser Information weiterhinfür die Caritas sammelt oder spen-det, muß der nicht in den Beicht-stuhl gehen und sich anklagen: „Ichhabe für die Caritas gesammelt/ge-spendet bzw. zu Spenden aufgeru-fen.“ Wenn die Caritas so weiter-fährt, die bewährten Zehn Gebotedurch den Zeitgeist zu ersetzen,dann bekommen nicht nur die Dro-gensüchtigen Drogen, die Alkohol-kranken Alkohol und die Leichtle-bigen Kondome. Dann müßtenauch die Korrupten gleich Geld be-kommen - von der Caritas. Die Kon-sequenzen sind unabsehbar. Tröst-lich ist nur, daß sich jeder Irrtumselbst zu Tode läuft, aber leider erst,wenn er genug Leid angerichtet hat.

Eduard Werner

Amtsträger herausgefordert

In der Januarausgabe 99 des „Fels“stand die Nachricht, daß einTutzinger Pfarrer in der Christmetteden evangelischen Pfarrer die Pre-digt halten ließ und ihm auch dieKommunion in beiderlei Gestaltreichte. Die sogenannte Interkom-munion ist heute schon weit ver-breitet. Am 13.1.99 schrieb der ka-tholische Stadtpfarrer von Starnbergsehr zustimmend zu derartigen öku-menischen Vorgängen im „Kreis-boten“: „Viele Christen in unserenGemeinden gehen ihren eigenenökumenischen Weg, gehen in bei-den Kirchen zu Abendmahl undKommunion, und manche Kinderwissen nicht auf Anhieb, ob sie zurkatholischen oder zur evangeli-schen Kirche gehören. (...) Gott seiDank sind wir soweit, daß evange-lische und katholische Christen un-problematisch miteinander lebenund beten können.“ - Es fällt auf,daß mit den Bekennenden und Frei-kirchlichen Gemeinden nicht diegleiche Verschmelzung gesuchtwird. Liegt es daran, daß diese Ge-meinschaften noch Grundsätze ha-ben?

Gilt die Lehre der Kirche noch?Die Tatsache, daß kein Bischof inder Öffentlichkeit zur Inter-kommunion Stellung nimmt, ge-schweige denn mit Sanktionen ein-

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Im Hohen Haus zu Bonn ging es imJanuar wieder hoch her. Das Parla-ment debattierte den Tierschutz, derals Staatsziel in das Grundgesetz ein-gefügt werden soll. Die Mehrheitendafür sind sicher. Ein junger CDU-Politiker meinte sogar: „Tierschutzgehört zu einer humanen Gesellschaft.Für Christen sind die Tiere Teil derSchöpfung und haben daher eine ei-gene Würde.“ Wenn sie doch beimThema ungeborene Kinder auch soengagiert kämpfen würden! Aber dahört bei der Mehrheit anscheinend dasChristsein und die Schöpfung auf.Vielleicht sollte man Kinder und Fa-milie unter Artenschutz einordnen; siehätten wieder eine Chance.

Die Almudena-Kathedrale in Ma-drid ist zum Jahresbeginn elektro-nisch aufgerüstet worden. Als erstespanische Kirche bietet sie den Gläu-bigen die Möglichkeit, über einenKreditkartenautomaten Spenden di-rekt abbuchen zu lassen. Die Spen-der tippen den Spendenbetrag ein underhalten dafür einen Beleg, mit demsie den Betrag von der Steuer abset-zen können. Der elektronische Op-ferstock soll, die Spendeneinnahmenwieder erhöhen. Diese sind starkrückläufig, weil die Leute wegen dererhöhten Kriminalität nicht mehr soviel Bargeld bei sich tragen. Notmacht erfinderisch, und solange esnur ein Kreditkartenautomat und keineinarmiger Bandit ist, dürfte dies auchTouristen nicht allzu spanisch vor-kommen. J.L.

Das Glaubenswissen sei in Deutsch-land auf einen Tiefpunkt gesunken,und das bei etwa dreißig theologi-schen Fakultäten mit 380 Theologie-professoren, rund 8000 Religions-lehrern sowie vielen katholischenAkademien und Bildungswerken,stellte Joachim Kardinal Meisner vorkurzem fest. Die kirchliche Bildungs-arbeit müsse wieder mehr katecheti-schen Charakter tragen, in dem dieGlaubenslehre klar dargestellt werde.- Gewiß, das muß sie. Doch dazu wirdes erst dann kommen, wenn die Bi-schöfe selber wieder die Glaubens-lehre klar und verbindlich verkündenund auch gegen Irrlehrer energischeinschreiten. Die Bischöfe sind dieTräger des apostolischen Lehramtes;s i e sind „mit Autorität Christi ausge-rüstete Lehrer“ (II Vat., Lumengentium 25). H. Fr.

schreitet, wertet mancher als Einver-ständnis der kirchlichen Amtsträger.Jedenfalls geht die Saat so mancherTheologieprofessoren auf. Da eskeinen wirksamen Religionsunter-richt gibt, war das früher katholi-sche Volk leicht umzugewöhnen.Wann ziehen diese zuständigenAmtsträger endlich die notwendi-gen Konsequenzen?

Eduard Werner

Politik und Moral

„Was moralisch falsch ist, kann po-litisch nicht richtig sein“. Diese Ma-xime des britischen StaatsmannesWilliam E. Gladstone ist über hun-dert Jahre alt, sie hat an Aktualitätnichts eingebüßt – und auch nichtan Anschauungsmaterial. Weltweitspielen Politiker ihre Rollen vonden Gutmenschen, die von den Bö-sen am guten Tun gehindert wer-den. Heuchelei und Lüge gehörenzum politischen Alltag. Aber es gibteine Moral in der Politik und eineim privaten Leben. Der Schutz derPersönlichkeitsrechte muß, wie-wohl eingeschränkt, auch für Poli-tiker gelten.Das allerdings wird nicht immerbeachtet. Jüngstes Beispiel ist deramerikanische Präsident Clinton.Sein moralisches Fehlverhalten inseinem Privatleben ist offenkundigund im Internet nachzulesen. Solchein Mann verdient kein Vertrauen.Dennoch genießt er hohe Popu-laritätswerte, denn die Amerikanerunterscheiden eben zwischen Pri-vatsphäre und öffentlichem Man-dat. Aber läßt sich das so ohne wei-teres durchhalten? Die Test-Frage,„Würden Sie von Clinton einenGebrauchtwagen kaufen?“ mag fürden einzelnen Aufschluß geben.Für die Masse, die am Gebraucht-wagen kein Interesse hat, ist sieohne Belang. Und das läßt tief blik-ken. Politik funktioniert offensicht-lich immer mehr nach den Geset-zen des Marktes, nach Angebotund Nachfrage. Die Nachfragenach Moral ist gering, die nachwirtschaftlichem Wohlergehenhoch. Daher die hohen Popula-ritätswerte. Aber wehe, wenn dieWirtschaft Clinton im Stich ließe!Seine Werte würden nicht nur inden Keller sacken, sondern durchsein amoralisches Verhalten noch

doppelt belastet. Er würde sich da-von nicht mehr erholen, man wür-de ihn verjagen.

Im Fall Clinton wurde Politik mitPrivatleben vermengt. Das war keinFall für eine Eidesformel vor denAugen der Nation, sondern ein Fallfür den Beichtstuhl. Ob man diesemMann und seiner Entourage nochtraut, das muß der Wähler selbst ent-scheiden. Erst in der Wahlurne,wenn der einzelne entscheiden muß,berühren sich Politik und Moral.

Jürgen Liminski

Machen die „Bösen Geister“ vorder deutschen Grenze Halt?

Der Vatikan hat neue Richtinien fürden Exorzismus erlassen. Dazu stehtim Freiburger Konradsblatt (Nr.7,14.2.99,S.5): Der Jesuit und Psy-choanalytiker Ulrich Niemann meintzu den neuen Richtlinien, er emp-fehle, auf die Austreibung von bö-sen Mächten mittels des Großen Ex-orzismus zu verzichten. Denn am ei-gentlichen Ritus habe sich trotz derÜberarbeitung nichts geändert (...)Für viele Länder könne die Teufels-austreibung geeignet sein, nichtaber für Deutschland. Jörg Müller,Psychotherapeuth und katholischerGeistlicher begrüßte, dagegen daßdas neue Ritual stärker die Erkennt-nisse der Medizin und Psychiatrieberücksichtige (...) „Medikamentehelfen einem Menschen, der von ei-nem bösen Geist besessen ist, über-haupt nicht. Auf der anderen Seitenützten Gebete dem psychischKranken nichts“. In Deutschlandgibt es nach Angaben von Müllernur noch sechs offiziell von der Kir-che ernannte Exorzisten.

Kommentar: Vielleicht glaubt derJesuit Niemann, der in Deutschlandauf den großen Exorzismus verzich-ten will, daß die bösen Geister ander Grenze zum „aufgeklärten“Deutschland Halt machen. Aber imErnst: Können die deutschen Bi-schöfe die Verantwortung dafür tra-gen, daß der Auftrag Christi an dieApostel, die Dämonen auszutreiben,aus Rücksicht auf Medien und Zeit-geist praktisch nicht mehr beachtetwird und die Opfer von Besessen-heit, denen, wie Jörg Müller sagt,durch Medikamente nicht zu helfenist, von der Kirche im Stich gelas-sen werden? Hubert Gindert

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Zeitim

Spektrum

Wollte Christus keine „Institution“?

„Rechts- oder Liebeskirche?“ - Diese Al-ternative, die auch heute in Abwandlun-gen gestellt wird („Amtskirche“ - „Geist-kirche“, Kirche als „Institution“ - Kircheals „Bewegung“ u.ä.) untersuchte Prof. Dr.Leo Scheffczyk in einem Vortrag auf der„Intern. Theol. Sommerakademie 1998“des Linzer Priesterkreises „in kritischerGegenwartbeleuchtung“ (Der Band mitden Referaten der Akademie liegt jetzt vor:Franz Breid [Hrsg.], Kirche und Recht;Ennsthaler Verlag, A-4402 Steyr 1998, 344S.). Warum die Kirche auch eine rechtli-che Gestalt hat, erklärt Prof. Scheffczyk inseiner Untersuchung u.a. so:

Bei der Begründung ihrer Rechts-gestalt zieht die Kirche auch das natür-lich-praktische Argument heran, wonachdas Recht das hohe Gut der Gerechtig-keit zur Geltung bringen will, welchesdem Menschen als Gemeinschaftswesenunentbehrlich ist. So beruft sie sich auchauf den Grundsatz: „ubi societas, ibi ius“(Wo ein Gemeinwesen, dort auch Recht).Zur Ordnung des Gemeinschaftslebensbedarf es der Setzung verbindlicherPflichten und Rechte. Aber die Kirchebleibt bei dieser natürlichen Begründungihres Rechtes nicht stehen (...).

Der tiefste Grund ist vielmehr dieMenschwerdung Gottes selbst, in welcherder Sohn Gottes sich sichtbar mit derMenschheit verband und mit ihr in derGemeinschaft der Glaubenden verbun-den bleiben wollte (...) Christus, das un-sichtbare Haupt der Kirche, hat ihr einesichtbare Ordnung eingestiftet, die demübernatürlichen Leben des Einzelnendienen, aber vermittels der Gemeinschaftund ihres Rechtes auch das Reich Gottesheraufführen soll. In dieser sichtbarenrechtlichen Ordnung soll sich der Willedes Stifters ausdrücken und das überna-türliche Leben der Kirche soll bleibendan diesen Willen gebunden sein. Insofernist das Recht der Kirche göttliches oderauch Offenbarungsrecht und Ausdruckdes Glaubens der Kirche. Das gilt natür-lich nur für seinen übernatürlichen ge-offenbarten Kern, von dem das rein kirch-liche Recht, dessen die Kirche zu ihrerVerwaltung, zu ihrer Disziplin und zuräußeren Gestaltung des Gemeinschafts-leben ebenfalls bedarf, zu unterscheidenist (...).

Auch im Dogma bezeugt die Kircheihre heilshaft-rechtliche Struktur in be-sonderer Weise, wodurch sich Nichtka-tholiken (und heute auch schon Katholi-ken) herausgefordert fühlen; denn so sehrdas Dogma auch seinen heilshaften In-halt und seine göttliche Wahrheit in derFormulierung wie im Wort der Kirche aus-drückt, so hat es doch göttlichen Rechts-charakter an sich. Es ergeht als verpflich-tendes Gesetz und fordert die Annahme

im Glauben und im Bekenntnis, bewirktbei seiner Ablehnung aber auch rechtli-che Sanktionen (...) Der Gläubige wirddarin keinen Zwang sehen, sondern dar-in vor allem auch die Verpflichtung desKirchenamtes zum Schutz des Glaubensausgedrückt finden, die heute leidernicht genügend wahrgenommen wird.Das ist der Grund, warum die Gläubigenheute besonders dringlich an die Geltend-machung des göttlichen Rechtes durchdie Autorität der Kirche appellieren dür-fen.

„Jetzt ein gutes Programm aufbauen“

Auf die Bedeutung eines wahrhaft christ-lichen Rundfunkprogramms wies Pfr. Dr.Richard Kocher, Programmdirektor vonRadio Neues Europa/Radio Horeb in sei-nem letzten Rundbrief erneut hin (HausNr. 2, D-87538 Balderschwang):

Der Hl. Vinzenz von Paul (1581-1660)gilt als eine der größten Gestalten geleb-ter Nächstenliebe. Die soziale Not derunteren Schichten im Frankreich seinerZeit war unbeschreiblich. Arme Familienwußten sich nicht anders zu behelfen, alsneugeborene Kinder, die sie nicht ernäh-ren konnten, auszusetzen. Überall wo derHeilige diese fand, nahm er sie mit undbrachte sie seinen „Töchtern der christli-chen Liebe“, einem von ihm gegründe-ten Krankenpflegeorden. Als die Zahl derKinder immer mehr zunahm, kamen dieSchwestern in große Not und waren ver-ärgert über ihren Gründer. Sie stellten ihnzur Rede und fragten ihn, mit welcherBerechtigung er sie in eine solche Verle-genheit bringen würde. Der Heilige sagtenichts, öffnete seinen Mantel und legteein Findelkind auf den Tisch, das er ebenerst auf der Straße aufgelesen hatte, undsagte: „Dies hier ist meine Berechtigung.“Niemand wagte mehr, etwas zu sagen.Beschämt gingen die Schwestern wiederan ihre schwere Arbeit.

An diese Szene aus dem Leben des Hl.Vinzenz von Paul werde ich erinnert,wenn man mich fragt, in wessen Auftragich die Arbeit im Radio machen würde.Ich kann kein Kind auf den Tisch legenals Zeichen der lebendigen Gegenwart

Christi - „wer ein solches Kind um mei-netwillen aufnimmt, der nimmt mich auf“(Mk 9,36) -, aber mein Blick geht zu denOrdnern mit den Hörerbriefen. Die Men-schen, welche diese Briefe schreiben, unddie vielen Hörer im Land sind nebenrechtlichen Regelungen und Bestimmun-gen letztlich meine Rechtfertigung, wieder Mensch überhaupt in seiner Er-lösungsbedürftigkeit Grund jeglichenkirchlichen Handelns ist. Ich trete nichtfür eine Partei oder eine Gruppierung an,auch nicht für eine kirchliche, sondernfür die Menschen. Wohl wie selten zuvorsind diese auf der Suche nach Sinn undOrientierung. Ihnen zu helfen und dieFreude über die Erlösung weiterzugeben,ist das Ziel unserer Arbeit. Solange dieseIntention gewahrt bleibt, wird unser Ra-dio von Gott gesegnet sein und eines Ta-ges auch in größeren Gebieten auf UKW-Frequenz empfangbar (...)

In absehbarer Zukunft wird die digita-le Sendetechnik die bisherige UKW-Aus-strahlung ablösen (...), eine Folge derUmstellung auf die digitale Aus-strahlungsweise wird eine enorme Aus-weitung der bisherigen Sende-möglichkeiten sein. Der Intendant desORF für Vorarlberg sagte kürzlich in ei-nem Gespräch, daß deshalb die Sparten-kanäle enorm zunehmen werden. (...) Fürdie Kirche und ihre Verkündung scheintes mir enorm wichtig zu sein, jetzt eingutes Programm aufzubauen. Nur so sindwir bereit, später einen Anspruch auf ei-nen digitalen Sendeplatz erheben zu kön-nen.

Neue Ergebnisse der Luther-Forschung

Martin Luther kann von der Kirche nichtals „Vater im Glauben“ oder „gemeinsa-mer Lehrer“ akzeptiert werden. - Das er-klärte (sinngemäß) Gerhard Schuder inseiner Vorstellung der Übersetzung vonLuthers Galater-Kommentar, die der Re-gensburger Luther-Forscher TheobaldBeer nun vorgelegt hat (Theobald Beer/Alma von Stockhausen [Hrsg.]: Erklärun-gen Martin Luthers zum Brief des hl. Pau-lus an die Galater; Weilheim-Bierbronnen1998; in DT vom 26.1.99). Schuder kommtzu dem Ergebnis:

Es stellt sich insofern die Frage, ob derdeutsche Klerus, der seit sechzig Jahrender Lortz-Schule als offiziellem Luther-interpreten Folge leistet, nicht schon zulange auf den Fußspuren des heimlichen„Vaters im Glauben“ wandelt. Es ist alsohöchste Zeit, die Grundlagen aufzudek-ken, auf die sich Luther in seinen Zentral-aussagen stützte, nicht zuletzt deshalb,um, wie Asendorf meinte, den Irrweg derLortz-Schule deutlich zu machen.

Der Übersetzung Theobald Beers vonLuthers Galater-Kommentar und seinen

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DER FELS 3/1999 89

Hinweisen auf den gnostischen Ursprungder „Verdopplung“ ist es zu verdanken,wenn wir heute in der Lage sind, den deut-schen Reformator endlich im Kern seinerTheologie zu entschlüsseln. Die Heraus-gabe des Galater-Kommentars in deut-scher Sprache ermöglicht es einer breitenÖffentlichkeit, Luthers Umdeutungen derherkömmlichen Theologie rational auf-zuarbeiten.

Damit geben wir den ökumenischenErwartungen den größten Auftrieb, indemwir hoffen, daß Luther bald nicht mehrals Barriere zwischen den Deutschensteht, sondern, wie Asendorf sagte, dieökumenischen Akten über ihn geschlos-sen werden können.

Das Jahr 2000 - auch ein„Erlaßjahr“?

„Ein genereller Schuldenerlaß für dieärmsten Entwicklungsländer?“ - so fragtder Titel des neuen Heftes der Reihe „Kir-che und Gesellschaft“ (Nr. 256; bei:Kath. Sozialwiss. Zentralstelle, Bran-denberger Str. 33, D-41065 Mönchen-gladbach). Prof. Dr. Hans Tietmeyer, Prä-sident der Deutschen Bundesbank undMitglied der Päpstl. Akademie für Sozi-alwissenschaften, stellt darin (so derUntertitel) „Einige Überlegungen ausökonomischer und ehtischer Sicht“ zudieser Frage an, die zur Zeit im Blick aufdie Feier des Jahres 2000 erörtert wird;dieses Jahr soll ja nicht nur ein „Jubel-jahr“, sondern nach alttestamentlichemVorbild auch ein „Erlaßjahr“ werden.Tietmeyer plädiert für einen begrenzten,an bestimmte Bedingungen geknüpftenErlaß und kommt zu dem Fazit:

Viele Menschen blicken fasziniert aufdas Jahr 2000. Von dem Jahrtausend-wechsel geht offenbar eine hohe Symbol-kraft aus. Dies kann durchaus ein sinn-voller Anlaß sein, bisherige Vorstellungenzu überdenken. Der Vorschlag eines „Er-laßjahrs“ zielt in diese Richtung. Er wirftdie Frage nach den Rechten und Pflich-ten von Gläubigern und Schuldnern auf -und er nimmt Partei: für die Armen. Soverständlich diese Parteinahme auch ist,sie darf die tatsächlichen Möglichkeitenebensowenig außer acht lassen wie diepotentiellen Rückwirkungen. Vor demHintergrund der komplexen Probleme derEntwicklungsländer gibt es keine einfa-chen Antworten. So ist es keineswegs si-cher, daß ein genereller Schuldenerlaßtatsächlich die Bedürftigen erreichenwürde. Außerdem sind die Folge-wirkungen zu beachten, die weit über dieAbschreibung ausstehender Forderungenin den Vermögens- bzw. Schuldenstands-rechnungen der einzelnen Länder hinaus-reichen. Jeder Vorschlag in derVerschuldungsfrage muß sich deshalb

immer auch an ökonomischen Kriterienmessen lassen. Dauerhaft tragfähige Lö-sungen werden letztlich nur zu verwirk-lichen sein, wenn sie im Einklang stehenmit ökonomischen Sachgesetzlichkeiten.

Zur angeblichen „Proselyten-Macherei“ in Rußland

Einen offenen Brief über die Situationder Russischen Orthodoxen Kirche rich-tete Prof. Dimitry Pospielowsky, ein rus-sisch-orthodoxer Dozent für Kirchenge-schichte in Kanada und Rußland, 1998an Patriarch Alexij II., das Oberhaupt sei-ner Gemeinschaft. In deutscher Sprachewurde der Brief jetzt in der Zeitschrift„Glaube in der 2. Welt“ veröffentlicht (Nr.2/1999; im Institut „Glaube in der2.Welt“, Postfach 9, CH-8702 Zollikon):Im Hinblick auf den Vorwurf der„Proselyten-Macherei“, der vom Moskau-er Patriarchat immer wieder vor allemgegen die Katholiken erhoben wird, sinddie folgenden Stellen aus dem Brief be-merkenswert:

Wie Sie wissen, reise ich viel in Ruß-land herum, halte nicht nur an Priester-seminaren Vorlesungen, sondern auch anstaatlichen Lehranstalten; ich sehe denAlltag der Kirche, erlebe die leeren unddie - sobald Sie selbst den Gottesdienstzelebrieren - überfüllten Gotteshäuser.

Mit Trauer beobachtete ich, wie inRußland das Desinteresse an der Ortho-doxen Kirche immer größer wird. DieMenschen wenden sich den protestanti-schen und katholischen Missionarennicht etwa deshalb zu, weil diese aggres-siv missionieren, sondern deshalb, weilMenschen, die Gott suchen, ihn in unse-ren Durchschnittsgemeinden nicht fin-den.

Ich sprach darüber mit einigen Studen-ten, die entweder evangelisch oder ka-tholisch geworden waren. Sie alle hattenihre Suche in der Orthodoxen Kirche be-gonnen, einige hatten sich sogar ortho-dox taufen lassen - aber sie konnten dortnicht heimisch werden: Sie verstandenden Gottesdienst in kirchenslawischerSprache nicht. Darüber hinaus schenktenihnen, den Neugläubigen, weder Priesternoch Gemeinde Beachtung; niemandmachte sich die Mühe, ihnen etwas bei-zubringen oder sie in die Kirche einzu-führen. Und so sind sie wieder fortgegan-gen.

Einige Zeit lebte ich in einer katholi-schen Klostergemeinde in Krasnojarsk(Sibirien). Dort traf ich eine ganze ReiheStudenten, die von der Orthodoxie zumKatholizismus konvertiert waren. In Re-lation zur Gesamtzahl der katholischenGemeindeglieder - aber auch im Vergleichzur Situation in der orthodoxen Kathe-drale - waren das verhältnismäßig viele.

Sie haben eine Bibliothek, eine Musiker-gruppe sowie Selbsthilfegruppen zur per-sönlichen Weiterbildung aufgebaut. Inder katholischen Kirche hörten sie erst-mals Gottesdienste in lebendiger, moder-ner russischer Sprache, darüber hinauskamen die Gemeindeglieder hier auf siezu, sie wurden beachtet, mit Liebe umge-ben und konnten mit der Hilfe freund-schaftlich auf sie zugehender und gebil-deter junger Priester geistlich wachsen.Darum geht es doch!

Man muß die Wahrheit wollen

Das blinde Autonomiestreben des Men-schen, der eine ihm vorgegebene allge-meingültige und verbindliche Wahrheitnicht anerkennen will, zerstört Staat undGesellschaft. - Daran erinnerte StefanRehder zum bevorstehenden 50. Jahres-tag des Grundgesetzes der Bundesrepu-blik Deutschland in einem Leitartikel fürdie „Deutsche Tagespost“ (23.1.1999;Juliuspromenade 64, D-97070 Würz-burg). Die „offene Gesellschaft“ mit ih-rem Pluralismus war ursprünglich an-ders gedacht, stellt Rehder fest, und erschreibt:

Der Pluralismus war gedacht als Weg,auf dem die offene Gesellschaft bei derSuche nach der Wahrheit am weitestenzu gelangen dachte. Im Widerstreit derÜberzeugungen sollte sich die Wahrheitselber zeigen (...)

Darum ging es bei der Rede von Wer-ten stets um mehr als um bloße Konven-tionen. Wer von Werten redete, sprach vonerkannten Wahrheiten.

Nichts von dem gilt mehr. Der Plura-lismus ist nicht mehr Weg, sondern Ziel.Einem solchen Hyperpluralismus gilt jedeRede von der Wahrheit verdächtig undjeder, der für etwas Wahrheit in Anspruchnimmt, als Fundamentalist. Weil ein Staatohne Werte aber vor dem Infarkt steht,schafft er sich billigen Ersatz. WährendSteuerhinterziehung längst ein Volkssportist, gilt die ungenaue Trennung des Haus-mülls fast als Kapitalverbrechen. HarteDrogen sollen freigegeben, dem Tabak-rauch der Krieg erklärt werden.

Während der Mensch immer unge-hemmter die Hand gegen sich selbst er-hebt, soll der Tierschutz verfassungsrecht-lich verankert werden. Daß die offeneGesellschaft längst nicht mehr ganz dichtist, wird nirgends so deutlich wie in derAbtreibungsdebatte. Ein ungeborenesKind darf nicht „Mensch“, ein abtreiben-des Präparat nicht „Tötungsmittel“ ge-nannt werden. „Man muß“, wie Max We-ber sagte, „die Wahrheit auch wollen“.Man braucht auch kein Prophet zu sein,um zu wissen, daß eine Gesellschaft, wel-che die Lüge vorzieht, weder eine offeneist, noch lange Bestand haben kann.

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90 DER FELS 3/1999

Jo Croissant: Der Leib – Tempel derSchönheit, Parvis-Verlag, Hauteville/Schweiz 1998, ISBN 3-907523-94-6

In dem Buch „Der Leib, Tempel derSchönheit“ greift Jo Croissant (Gemein-schaft der Seligpreisungen) ein für jedenChristen wichtiges Thema auf: Der Auf-stieg der Seele zu Gott. In einfühlsamerWeise wird die Liebe Gottes zum einzel-nen Menschen vermittelt. Systematisch,mit Fallbeispielen und praktischen Übun-gen will die Autorin den Leser zum lie-benden Herzen des Vaters führen.

Bei ihrer Darstellung des geistigen Le-bens geht die Autorin teilweise einenWeg, der mehr der Psychotherapie als demdes asketisch-mystischen Lebens ver-wandt ist. Immer wieder fällt die Autorinauf den Menschen selber zurück. KeinWort von Selbstverleugnung oderSelbstverdemütigung, was die von ihr zi-tierten Heiligen (z.B. Johannes vomKreuz) ganz selbstverständlich empfeh-len würden. Statt der durchweg menschen-gebundenen Argumentation sollte in An-schluß an die eben genannten großarti-gen Heiligen mehr die übernatürlicheMotivation für den Aufstieg der Seele zuGott zum Tragen kommen. Es müßte hierz.B. auf das Prinzip des hl. Johannes desTäufers „Er muß wachsen, ich aber ab-nehmen“ (Joh 3,30) hingewiesen werden.

Bei allem Respekt vor der Erfahrungder Autorin wäre doch zu wünschen, daßbei der geistigen Beschäftigung mit demmenschlichen Leib mit noch mehr Weis-heit vorgegangen würde, um der Gefahrsicher zu entgehen, einer falschen Ich-Be-zogenheit zu erliegen. Das Ziel allen gei-stigen Lebens darf nicht aus den Augenverloren werden. Der Apostel Paulus for-muliert es gültig ein für allemal: „Nichtmehr ich lebe, sondern Christus lebt inmir“ (Gal 2,20a). Dieser Zustand kannnicht durch eine Konzentration auf dasIch erreicht werden.

Das geistige Leben des Menschen ist– wie die Autorin ausgezeichnet darlegt– in unserer Zeit besonders bedroht voneiner falschen Leibbezogenheit. Zu die-ser körperbezogenen Mentalität gehört je-doch auch eine besondere Betonung vonEmpfindungen und Gefühlen. So kommtauch in dem vorliegenden Buch nichtgenug heraus, daß das geistige Leben mitGott eine vollkommene Unabhängigkeitvon Gefühlen erfordert. „Gott ist Geistund alle, die ihn anbeten, müssen imGeist und in der Wahrheit anbeten“ (Joh4,24). Diese Anbetung ist meistens eineAnbetung ohne jede Emotion. Man den-ke hier an die vielen großen Heiligen, diedie sog. Nacht der Sinne als wesentlicheStufe bei dem Aufstieg der Seele zu Gotterfahren haben. Die kleine Theresia (auch

im Buch zitiert) hat in ihren acht Kloster-jahren in vollkommener Trockenheit undin der Nacht der Sinne gelebt. Gemütvol-le Erhebungen und emotionale Heilig-Geist-Erlebnisse gab es in ihrem Lebennicht.

Ein weiterer wichtiger Zusammenhangwird von der Autorin nicht deutlich ge-nug erkannt. Christliche Vollkommenheitist ohne die dauernde Heilswirkung derSakramente nicht zu erreichen. Die fun-damentale Bedeutung der Beichte wirdin der wohlerwähnten Reinigung fastvöllig übersehen. Der Aufbau des gesam-ten geistigen Lebens auf dem „euchari-stischen Opfer, der Quelle und dem Hö-hepunkt des ganzen christlichen Lebens“(Vat. II., LG 11), wird gegen Ende desBuches in gewisser Weise erklärt. Die indiesem Zusammenhang fundamentaleEmpfehlung des Vaticanum II., häufig, jatäglich die hl. Kommunion zu empfan-gen (vgl. Vat. II., OE 15) wird dann aberleider nicht ausgebreitet.

Um zur Vollkommenheit einer Darstel-lung der christlichen Spiritualität zu ge-langen, wäre es dringend zu wünschen,daß im vorliegenden Buch auch darge-legt würde, daß wir nur durch das KreuzChristus ähnlich werden und durch dasTragen des leiblichen und seelischenKreuzes zu unserem eigenen Heil und zurRettung anderer Seelen beizutragen ha-ben, wie Paulus in seinem Kolosserbriefausführt: „Jetzt freue ich mich in den Lei-den, die ich für euch erdulde. Für den LeibChristi, die Kirche, ergänze ich in mei-nem irdischen Leben das, was an den Lei-den Christi noch fehlt“ (Kol 1,24).

Klaus Pfeiffer

Jean Lafrance: Der Rosenkranz - EinWeg zum immerwährenden Gebet,Parvis-Verlag,CH-Hautville,1989,121 S.ISBN 3-907523-90-3, DM 17,00.

Der Verfasser legt einen besonderenAkzent auf das Rosenkranzgebet als ein„immerwährendes Gebet“, das aber nur„durch tiefe Bekehrung des Herzens mög-lich ist“. Jean Lafrance führt aus, daß dasJesusgebet wie auch der Rosenkranz ei-nen „Weg zur Umkehr und zur geistigenArmut“ vorbereiten. Der Verfasser trittauch der gelegentlich vorgebrachtenMeinung entgegen, daß die Bindung andie Gottesmutter etwas von der Liebe zuChristus wegnimmt. Das Besondere amRosenkranzgebet sieht Lafrance darin,daß es das „inständige Beten“ verkörpert.Dies sei nicht nur eine Form des Betensunter anderen, sondern „Voraussetzungund Wurzel jeder menschlichen Bezie-hung zu Gott: Das inständige und beharr-liche Beten ist jenes Gebet, das der Herr,wie der Verfasser mit vielen Bibelstellenbelegt, besonders eindringlich empfiehlt.So erfährt auch der Rosenkranzbeter inden 15 kurzen Kapiteln dieses Buchesvieles zu dem, was ihm schon vertraut ist,

nämlich, daß er mit dem Rosenkranz dasgesamte Evangelium betend durch-meditieren kann.

Hubert Gindert

Carsten Peter Thiede: Ein Fisch für denrömischen Kaiser; Juden Griechen, Rö-mer: Die Welt des Jesus Christus;Luchterhand Literaturverlag München;1998, 389 S.; DM 39,80; ISBN 3-630-87994-2

Unter dem flotten Titel, der eher einenhistorischen Roman erwarten läßt, ver-birgt sich ein zwar flott geschriebenes,aber grundgelehrtes Buch, das den Lesermit dem „Fahrstuhl in die Römerzeit“,d.h. in das Jahrhundert um Christi Geburtentführt. Mit nüchternen Worten: Eine So-zial- und Kulturgeschichte der Zeiten-wende, die außerordentlich plastisch dieUmwelt vor Augen führt, in welcher sichMenschwerdung Gottes, Erlösung durchJesus Christus und Ursprung der Kircheereigneten. Eben letzteres Wort enthälteinen Schlüsselbegriff: es geht bei der„biblischen Geschichte“ des Neuen Te-staments nicht um Literatur, nicht um Ide-en und Lehren, sondern um Ereignisseund Tatsachen, die sich in einem be-stimmten historischen Kontext abspiel-ten, von welchem erhellendes Licht aufeben diese Ereignisse fällt.

Einige Beispiele: Das Kapitel „EinAbend im Theater“ - vom Theater inSepphoris, wenige Kilometer nördlichvon Nazareth ist die Rede - zeigt, daß dortgriechisches Theater gespielt und ver-standen worden ist. „Was Jesus auf derBühne sah“ erfährt man da, und, daß diegaliläische Bevölkerung Griechisch,selbst Latein verstand, las und sprach.„Synagogen am See“ unterrichtet über dieErziehung und Bildung, die sogar voneinem Seneca bewundert wurden. Wir er-fahren über den Fischeralltag am SeeGenesareth ebenso Interessantes wie Schö-nes über die Ichthys- Symbolik - und aufeinmal ist die Steuermünze im Fischmaul- daher der Buchtitel - keine Fabel mehr,sondern alltägliche Realität. Frappierendauch „Petrus und Petronius: wenn desNachts die Hähne krähen“. Das Kapitelenthält nichts weniger als den solide ge-führten Nachweis, daß der DichterPetronius in seinem „Gastmahl desTrimalchio“, das spätestens 66 vollendetwar, da der Verfasser in diesem Jahr vonNero zum Selbstmord gezwungen wurde,das Markus-Evangelium gelesen unddaraus Motive wie den Hahnenschrei, dasAbendmahl, die Salbung in Bethanien,ja die Auferstehung, genommen und sati-risch verfremdet hat.

Diese wenigen Beispiele mögen fürden übrigen nicht minder erregenden In-halt dieses Buches stehen, von desseneinzelnen Kapiteln immer wieder Linienauf einen Punkt hin konvergieren: DasN.T. enthält nicht Geschichten sondern

BÜCHER

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Geschichte, Tatsachen, und dies in litera-rischer Gestaltung von hoher Qualität undweiter Verbreitung über den Kreis derGläubigen hinaus. Ein zweites kommthinzu: die geschichtlich zuverlässigenBerichte wurden zu einer Zeit abgefaßtund in öffentlichen Umlauf gebracht, inder Augen- und Ohrenzeugen der Ereig-nisse in großer Zahl noch am Leben wa-ren - d.h. wohl sogar um das Jahr 60.

Damit ist allerdings der Frontalangriffauf weite Kreise der heutigen Bibel-wissenschaft eröffnet, die in treuer An-hänglichkeit an die Dogmen ihrer Zunftnoch immer von einer Spätdatierung derneutestamentlichen Schriften von 70 bisca. 120 ausgeht. So freilich ist es mög-lich, alles, was dort an Ereignissen be-richtet wird, die die menschliche Alltags-erfahrung übersteigen, als Ergebnis vonLegendenbildung abzuqualifizieren, diesich im Kreis enthusiastischer Jesus - Jün-ger abgespielt hat. So sagt man, sei aufdem Wege der „Gemeindetheologie“ aus

dem Jesus der Geschichte der Christus desGlaubens, aus einem Menschen ein Gottgeworden. Was aber, wenn keine Zeit zurLegendenbildung blieb, weil das N.T.noch zu Lebzeiten der Zeitzeugen ge-schrieben und verbreitet war? Es wird nunnicht länger möglich sein, neutestament-liche Exegese als reine Literaturwissen-schaft zu betreiben, man wird sich ernst-lich auf Historie, auf das historische Um-feld einlassen müssen. Die Ergebnissedieses Buches zwingen umsomehr dazu,als sie ungeachtet der angenehmen, jaspannenden Darbietung umfangreichenStoffes mit solider historischer Methodeerarbeitet sind. Beeindruckend, daß selbstneueste Literatur erfaßt und herangezo-gen wird.

Der überaus positive Eindruck, den derkritische Leser von diesem Buch gewinnt,wird durch Kritik an einzelnen Punktenkeinesfalls beeinträchtigt. deshalb kannzur Fortführung der Diskussion auf der-gleichen hingewiesen werden.

So ist etwa die Feststellung (S. 19f), eshabe vom Tode des Apostels Jakobus (62)bis 314 keine Leitung der Gesamtkirchegegeben, mit der Tatsache, daß ClemensI. von Rom aus um das Jahr 70 in brüder-licher mahnender Form, dennoch Gehor-sam fordernd, im weit entfernten Korintheingreift, oder Viktor I. (+199) gegen denWiderstand der Bischöfe der Provinz Asiaden westlichen Ostertermin durchsetzte,kaum vereinbar.

Doch diese Argumentation Thiedessteht in engstem Zusammenhang mit sei-ner „Lieblingstheorie“ von der Ablösungder Schriftrolle durch den Kodex (S.195ff), von der er meint, diese sei nur aufGrund eines Befehls von oben denkbar.

Daß „Petrus wie die anderen Apostelseine(!) Frau auf Reisen mitnahm“ (332)- wobei der Verfasser sich auf l Kor 9,5beruft - ist keineswegs sicher. Schließlichhatte ja gerade er gesagt: „Herr, wir ha-ben alles verlassen und sind dir nachge-folgt“, und Jesus hatte ihnen, bzw. Petrus,

Informationen aus Kirche und Welt(IKW) heißt der vom Initiativkreis Augs-burg herausgegebene Informations-dienst. Er erscheint monatlich außer Sep-tember und Januar. Bestellungen bei„Initiativkreise“ St. Georg-Str. 7, D-86833 Siebnach, F 08249/90 105. DerBezug ist kostenlos. Spende erbeten.

Berichtbände der theologischenSommerakademien in Diessenherausgegeben von Walter Brandmüller,erschienen im MM-Verlag Aachen, er-hältlich im Buchhandel.1993:Qumran und die Evangelien1994:Wer ist Jesus Christus?1995:Mysterium Kirche1996:Das Eigentlich KatholischeNeu: 1997 Christus in den Sakramen-ten der Kirche mit Beiträgen von PeterChristoph Düren, Manfred Hauke,Reinhard Knittel, Manfred Lochbrunner,Leo Scheffczyk, Karl Josef Wallner,Václav Wolf und Anton Ziegenaus. Ge-bunden, 261 Seiten, DM 36/ÖS 263/SFr36 ISBN 3-928272-04-7

Neu: Berichtband der Osterakademie1996 in Kevelaerherausgegeben von Reinhard Dörner,erschienen im Verlag des InitiativkreisesMünster, erhältlich bei BuchhandlungSt. Jodok, Aufkircher Str. 34, 88662Überlingen; T07551/61239Kirche - Zeichen des WiderspruchesGnosis- Aufklärung- New AgeHintergründe der gegenwärtigenKirchenkrisemit Beiträgen von Gertrud Dörner, Re-gina Hinrichs, Andreas Kraus, Ermanno

Pavesi, Robert Prantner, JosephSchumacher, Alma von Stockhausen undMichael M. Weber. Broschiert, 249 Sei-ten, DM 15.50, ISBN 3-00-003452-8

Schriften des Initiativkreises katholi-scher Laien und Priester in der DiözeseAugsburg e.V.neu: Heft 1a, Robert Kramer: Zugänge zuralten Liturgie (Vortrag der liturgischenTagung in Köln 1998)Heft 2, Walter Lang: Auf dem Weg zuminneren Gebet bei der hl. Messe, (Vortragder liturgischen Tagung in Maria Thann1996)Heft 3, Wolfgang Graf: Liturgiereform.Absichten des Konzils undnachkonziliare Entwicklung, Mit An-hang: Inseln schaffen. Womit man nochheute beginnen kannHeft 4, Robert Kramer: Soll der Pflicht-zölibat abgeschafft werden?Eine Auseinandersetzung mit den Kriti-kern des PriesterzölibatsHeft 5, Wolfgang Graf Waldstein: Warumes eine objektive Wahrheit gibt.Heft 6, Wolfgang Graf: Die Liturgie-En-zyklika MEDIATOR DEI von Pius XII.Zum 50. Jahrestag des Erscheinens derEnzyklika.Heft 7, Robert Kramer (Hrsg.): Denkschriftder ‘Initiativkreise katholischer Laienund Priester’ an die Bischöfe des deut-schen Sprachraums zur Umfrage „Wie er-leben Sie die ‘neue Liturgie’?“Heft 8, Wolfgang Graf: Der römischeKanon. Das klassische Hochgebet der hl.Messe. (Vortrag der liturgischen Tagungin Maria Thann 1997)Heft 9, Gertrud Dörner: Aufgabe und Be-

deutung der Frau in der Kirche. EineAuseinandersetzung mit der feministi-schen PositionHeft 10, Hubert Gindert: Zur Situationder katholischen Kirche im deutsch-sprachigen Raum: Führungsstrukturund Unterwanderungsversuche. Neu:verbesserte AuflageHeft 11, François Reckinger: Einig hin-sichtlich der Rechtfertigung? KritischeÜberlegungen zu einem umstrittenenDialogpapierHeft 12, Walter Lang: ActuosaParticipatio. Die bewußte, fromme undtätige Teilnahme der Gläubigen an derLiturgieHeft 13, Giovanni Sala SJ: Das kirchli-che Lehramt. Außerordentliches und or-dentliches Lehramt unter dem Beistanddes Heiligen GeistesHeft 14, Klaus Pfeiffer: Die Alternati-ve: Papsttreue katholische Jugend imAufbruch (Referat beim Programm derInitiativkreise auf dem Katholikentag1998 in Mainz)Neu: Heft 15, Robert Kramer: Die stillehl. Messe (Vortrag der Liturgischen Ta-gung in Maria Thann 1998)Neu: Heft 16, Wolfgang Graf: Die ‘Op-ferung’ in Novus Ordo und klassischemRitus (Vortrag der Liturgischen Tagungin Maria Thann 1998)

Die Reihe wird fortgesetzt.

Bezugsadresse: Geistl. Rat Walter Lang,Aindorferstr. 129, D-80689 München;Tel./Fax: 089/561923. Die Selbstkostender erschienenen Hefte betragen DM 5,-pro Heft zuz. Porto und Verpackung.

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NachrichtenBerichte

Die wahren Austrittszahlen

In den gleichgeschalteten Medien hier istnatürlich auch der - ach, so unabhängige- ORF gemeint) wird laufend berichtet,daß die Austrittszahlen in der Diözese St.Pölten 1-11/1998 „den größten Anstieg(um 37%!) verzeichneten. Verschwiegenwerden allerdings die absoluten Zahlen:Wien „führt“ bei weitem mit 15.666 Aus-tritten (1,09% der Katholiken) vor Linz*mit 5.751 (0,53%) und Graz mit 5.203(0,54%). Das heißt, diese drei Diözesen -mit gut der Hälfte der Katholiken Öster-reichs - stellen vier Fünftel der Austritte!Weit abgeschlagen, am anderen Ende derTabelle liegt nach wie vor die Diözese St.Pölten mit 1.896 Austritten (0,30%).Müßte es nicht zu denken gen, wenn dieMenschen gerade in den als „liberal“ gel-tenden Diözesen der Kirche in Scharendavonlaufen?!Linz* Die Diözese Linz plant - lautFinanzchef Wöckinger (Volksblatt8.1.1999) - im Jahr 1999 rund 4500 ge-richtliche Klagen und 2300 Pfändungengegen säumige Kirchensteuerzahler.

Die Wahrheit, Nr. 56, Januar 1999

Vatikan: Priester und Katechisten inAngola brutal ermordet

In Angola sind ein katholischer Priesterund zwei Katechisten ermordet worden.Die drei Männer wurden in der DiözeseHuambo, rund 500 Kilometer südlich derHauptstadt Luanda „auf barbarische Wei-se“ getötet. Bei dem Geistlichen handeltes sich um den Diözesanpriester AlbinoSaluhaku. Ob der Mord auf das Kontoeiner angolanischen Bürgerkriegsparteigeht oder ob ein sonstiges Verbrechenvermutet wird, teilte der Vatikan nicht mit(Kipa) Kirche i. d. Welt SKS 3/1999 S. 17

Kuba: Der Papst dankt

Papst Johannes Paul II. hat dem kubani-schen Staatschef Fidel Castro für die Wie-dereinführung des Weihnachtsfeiertagesgedankt. In einem Schreiben an Castro

äußert der Papst die Hoffnung, daß dieKaribikinsel sich weiter zu mehr Gerech-tigkeit, Brüderlichkeit und Wohlstandentwickelt.

SKS 3/1999 S. 9

Strafe für Abtreibung gefordert

In die Abtreibungsdebatte kommt ein neu-er Akzent: vier österreichische Bischöfe(Eder, Krenn, Küng, Laun) fordern Strafefür Abtreibung, zunächst für die Ärzte, diesich auf keinen „Notstand“ berufen kön-nen. Das ist konsequent. Heißt es doch imKatechismus der Katholischen Kirche von1992, Ziff. 2273,S. 578: „Als Folge derAchtung und des Schutzes, die man demUngeborenen vom Augenblick seinerEmpfängnis zusichern muß, muß das Ge-setz die geeigneten Strafmaßnahmen fürjede gewollte Verletzung seiner Rechtevorsehen.“ In Österreich wird von Lebens-schützern z. Z. geprüft, inwieweit derNotwehrparagraph des Strafgesetzbucheseingesetzt werden könnte, um ungeboreneKinder vor der Tötung zu schützen. Dasgeltende Recht verbietet immer noch dieTötung eines ungeborenen Kindes.

(Der 13., Faxzeitung Nr. 43,23.01.99)

Christdemokraten für das Leben(CDL) gründen RegionalverbandOstbayern

Am 15. Januar 99 wurde in Landshut vonMitgliedern der Lebensrecht-Organisati-on aus Niederbayern und der Oberpfalzein Regionalverband der CDL gegründet.Ziel ist eine verstärkte Aufklärung überAbtreibung, Euthanasie und den Bereichder sog. Bioethik. In den Vorstand wur-den gewählt Winfried Roßbauer (1.Vors.),Andreas Masel (Stellvertr.), Dr. MatthiasNiebler (Schriftf.), als Beisitzer ClaudiaWinklbauer, Mariana Teuscher, AgnesHöchbauer.

Kirchenaustrittszahlen ökumenisch

Die KNA (11/16.Jan.99) bringt unter derÜberschrift „1998 vermutlich über3 0 0 . 0 0 0 K i r c h e n a u s t r i t t e “Kirchenaustrittszahlen von 25 deutschenStädten jeweils in einer Zahl für „Chri-sten“, obwohl sie diese Zahlen zunächstgetrennt erheben mußte. Auf Rückfrageteilte KNA mit, sie habe „zunächst ledig-lich herausfinden wollen, in welche Rich-tung sich das für beide großen Kirchengleichermaßen bedeutsame Problem derKirchenaustritte derzeit entwickelt. Indiesem Kontext ist die Frage, welche vonbeiden Kirchen evtl. mehr Mitgliederverloren hat, eher sekundär“.

Hinweis auf Bücher des Autors „DerPapst - nur Ehrenvorsitzender der Kir-che“ Dr. theol. Peter C. Düren hat fol-gende Publikationen bereits veröffent-licht: Der Tod als Ende des irdischenPilgerstandes; Gast auf Erden; Die Be-gleitung Schwerstkranker und Sterben-der; Familie - Gemeinschaft der Wahrheitund Liebe; Elternschaft verantwortet le-ben; Plädoyer für Natürliche Familien-planung; Christus in heiligen Zeichen.Einige davon werden im „Fels“ bespro-chen werden.

versprochen: „Jeder, der um des ReichesGottes willen Haus oder Frau, Bruder, El-tern oder Kinder verlassen hat, wird dafürschon in dieser Zeit das Vielfache erhal-ten (...)“ (Lk18,28-30). Die Stelle wärekaum überliefert, wenn Petrus seine Frau,bzw. die Apostel ihre Frauen mitgenom-men hätten. 1Kor9,5 steht damit nicht imWiderspruch, denn dort heißt es „einegläubige Frau mitzunehmen“. Hätte essich um die eigene Ehefrau gehandelt,wäre deren Charakterisierung als „gläu-big“ doch überflüssig gewesen! Da schonJesus samt den Jüngern von gläubigenFrauen begleitet und versorgt wordenwar, ist es wohl plausibler anzunehmen,die Apostel hätten diese Hilfe dann auchauf ihren Reisen erfahren bzw. in An-spruch genommen. Diese Bemerkungschien im Hinblick auf die zum Überdrußimmer wieder neu belebte Zölibats-diskussion angebracht zu sein. Auch ge-genüber der Auffassung, die Streitfrageob Junia(s) - der hervorragende Apostel,eine Frau gewesen, sei inzwischenhistorisch-philologisch geklärt, (S.378Anm. 5) wird man Skepsis hegen dürfen.Und ein katholischer Leser runzelt wohldie Stirn, wenn er (S. 102) den Satz liest:„Für Petrus blieb es (sein Symbol!) derHahn, ehe mit dem wachsenden Macht-anspruch der römischen Kirche aus die-sem Zeichen der Demut die beiden ge-kreuzten Schlüssel wurden: Die Schlüs-sel des Himmelreichs (...) werden hier zumHerrschaftsinstrument, das die Päpste, inihrer Selbstdefinition(!) als Nachfolgerdes Petrus, ganz selbstverständlich fürsich in Anspruch nahmen. „Nun, da wer-den in einer saloppen Formulierung dieEbene des Moralischen und jene des In-stitutionellen ein wenig durcheinander-gewirbelt. Der Rezensent darf hierzu aufseinen Beitrag Petrus und seine Nachfol-ger“ in: Mysterium Kirche hrsg. v. W.Brandmüller, MM-Verlag Aachen 1996,135-162 verweisen.

Diese kritischen Bemerkungen min-dern keineswegs weder den Wert des Bu-ches noch das Vergnügen des Lesens - siesollen die Diskussion über das spannend-ste Thema der Welt ein wenig anregen.

Walter Brandmüller

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DER FELS 3/1999 93

Kennzeichen der katholischenCharismatischen Erneuerung

Johannes Paul II. sagte in seiner Anspra-che vom 31. Oktober 1998:„Als Führer der katholischen Charisma-tischen Erneuerung besteht eine der er-sten Aufgaben an Euch darin, die katho-lische Identität der charismatischen Ge-meinschaften auf der ganzen Welt zuschützen und ihnen den Impuls zu ge-ben, immer ein enges hierarchisches Bandmit den Bischöfen und dem Papst auf-recht zu halten. Bleibt eine kirchlicheBewegung! Das Wort kirchlich schließteine präzise Aufgabe christlicher Bildungein, die eine tiefe Harmonie zwischenGlauben und Leben mit sich bringt. Derfreudige Glaube, der Eure Gemeinschaf-ten beseelt, soll durch eine umfassendechristliche Bildung und Treue zur Lehreder Kirche begleitet sein“.

Osservatore Romano, span. Ausgabe,Nr. 47,20.11.98

Das Blut der Märtyrer gibt der KircheHoffnung und wahre Zukunft

1998 sind insgesamt 37 Missionare welt-weit in der Ausübung ihres Dienstes um-gebracht worden. (Fides-Dienst lt. SKS)

Hoffnungszeichen

Pater Höhnisch SJM berichtet: „Unserekleine Kongregation (Diener Jesu undMariens) hat im Augenblick 33 Mitglie-der, davon 14 Priester, 15 Scholastiker (d.h.Studenten), 2 Novizen und 2 Kandidaten,die aber bald mit dem Noviziat beginnenwerden. Verglichen mit den vielen Aufga-ben, die man uns anträgt, ist die Zahl ver-schwindend gering. Deshalb tun Sie unsden größten Gefallen, wenn Sie für dasWachstum unserer Kongregation beten.

Deutschlands Kirche soll sichverjüngen

In der Festansprache zum 1200 - Jahr-jubiläum des Bistums Paderborn rief derPräfekt der Glaubenskongregation, Kar-dinal Ratzinger, die deutschen Katholi-ken dazu auf, ein lebendiges Glaubens-zeugnis zu geben. Er hoffe, daß sich dieKirche in Deutschland verjüngen undvon „Papieren, Worten und Institutionen“befreien könne. Wer meine, „den Glau-ben in den Papierkorb treten zu können“,müsse sehen, welche Grausamkeiten dortgeschähen, wo Menschen auf Gott ver-zichteten.(Passauer Bistumsblatt Nr.3-17.Jan. 99)

Die Anliegen des BDKJ

Bei der Diözesanversammlung des BDKJder Erzdiözese Bamberg wurde als „vor-rangiger Schwerpunkt“ der Arbeit für dienächsten zwei Jahre die Interessenvertre-tung der Jugend in der Kirche festgelegt.„An der Jugendarbeit in der Kirche darfnicht gespart werden.“ Einstimmig votier-ten die Delegierten für den Antrag , dieAnliegen der beiden Volksbegehren „MehrDemokratie in Bayern-Schutz des Bürger-entscheids“ und „Mehr Demokratie inBayern - Faire Volksrechte im Land“ zuunterstützen. Während der drei Tage ar-beiteten die Delegierten in getrenntenWorkshops. Die Titel der beiden Arbeits-gruppen lauteten: „Mädchen und Frauenin Ausbildung und Beruf“ und „Männerzwischen Beruf und Familie“. Erstere üb-ten dabei im Reifenwechseln, Kabel-kürzen und Internet-Surfen.

(Heinrichsblatt, Nr. 50, 13.12.98)

Liechtenstein: Trennung von Kircheund Staat

Liechtensteins Fürst Hans-Adam hat sichfür eine Trennung von Kirche und Staatausgesprochen. Deswegen lehne er auchein Konkordat zwischen Liechtensteinund dem Vatikan ab, sagte er bei der Er-öffnung des Landtages in Vaduz. Erschlug eine Kommsission vor, die Vor-schläge zur Regelung der Beziehungenzwischen Staat und Kirche ausarbeitensoll. Bedenken, die Kirche könne bei ei-ner Trennung zwischen Staat und Kirchenicht überleben, wies er mit den Wortenzurück: „In Staaten, die sehr viel ärmersind, überlebt die katholische Kirche sehrgut von den Spenden der Gläubigen“.

(SZ, 5.2.99)

Totale ökumenische Konfusion

„Ganz im Zeichen der Ökumene stand derNeujahrsempfang der Kath. KircheNeufahrn. Pfarradministrator JanuszSurzykiewic hielt in „Konzelebration“ mitdem evangelischem Pfarrer Alfred Krauthund Pater Lawrence Donahoo den Gottes-dienst in der Parsdorfer St. Nikolaus Kir-che. Anschließend trafen sich erstmals ka-tholische und evangelische Gläubige zumNeujahrsempfang im Gasthaus „Zur altenPost“. In seiner Ansprache meinte der Bür-germeister Peter Dingler, Ökumene stün-de für die eine gemeinsam bewohnte Erde.Wörtlich, unter großem Beifall: „ Warumsollten wir deshalb nicht die evangelischeund die katholische Kirche verschmel-zen?“ Der PfarrgemeinderatsvorsitzendeGerhard Schaffelhofer übte sich in katho-

lischer Selbstkritik. Er meinte, daß dieChristen seit 500 Jahren gespalten sind,sei nicht zuletzt auch ein Verdienst der Ka-tholischen Kirche. „Die Gemeinsamkeitenliegen bei 95-99 Prozent.“ Als ökumeni-sches Vorbild stellte Schaffelhofer den ehe-maligen katholischen Ebersberger Jugend-pfarrer Josef Mayer hin, der sich nicht ge-scheut habe, im Gottesdienst das evange-lische Glaubensbekenntnis zu beten.

Münchner Merkur (Landkreisteil) vom23./24. 01. 99

Die Zahlen rechtfertigen den Verbleibder Kirche in der Konfliktberatungnicht

Die Caritas gab Aufschluß über dieSchwangerenberatung im Jahr 1997: DieZahl der ratsuchenden Frauen betrug116.273, die der Konfliktberatung nachParagraph 219 belief sich auf rd. 20.000.In 15.143 Fällen (= 75%) wurde einBeratungsschein ausgestellt. 24 Prozentder Frauen verzichteten nach der Bera-tung auf einen Beratungsschein. Sicherist nur, daß insgesamt 25 Prozent, die sichnach Paragraph 219 beraten ließen, dasKind ausgetragen haben. In 69 Prozentder Fälle bleibt der Ausgang der Schwan-gerschaft unbekannt, in 7 Prozent warnach der Beratung eine Tendenz zumSchwangerschaftsabbruch festzustellen.Wenn insgesamt 25 Prozent der Frauen,die sich nach Paragraph 219 beraten lie-ßen, sich für das Kind entschieden ha-ben, und 24 Prozent nach der Beratungden Schein nicht mehr verlangten, bleibtnachweislich nur 1 Prozent übrig, die denSchein bekamen und nicht abgetriebenhaben. Der hohe Anteil unbekannterSchwangerschaftsverläufe läßt demnachkeinen sicheren Rückschluß über dieWirksamkeit kirchlicher Beratungsstel-len im staatlichen System, aber auch kei-nen Vergleich zu den Beratungsstellen inder Diözese Fulda zu. Dort nahmen dieBeratungsfälle gegenüber dem Vorjahr um7,6 Prozent zu. Auch in Fulda istKonfliktberatung, aber nicht nach Para-graph 219, möglich. (DT. 11.2.99)

Neues Beratungsmodell der Bischöfepolitisch gescheitert

Ein katholischer Beratungsschein mit„verbindlichen breitgefächerten Hilfsan-geboten“ , der das katholische Beratungs-und Hilfsangebot dokumentiert anstelledes bisherigen Scheins, wird vom Gesetz-geber in Nordrhein-Westfalen nicht ak-zeptiert. Ein solches Modell entsprächenicht den Richtlinien der Landesregie-rung, die „überhaupt keine Veranlassung“sehe, über die Richtlinien neu zu verhan-deln. Für eine Änderung gäbe es auch

Page 30: Katholisches Wort in die Zeit 30. Jahr Nr. 3 März 1999 - Der Fels · 2004. 1. 21. · DER FELS 3/1999 65 Katholisches Wort in die Zeit 30. Jahr Nr. 3 März 1999 IN DIESEM HEFT: David

94 DER FELS 3/1999

Köln, München, Offenbach, Paderborn,Regensburg, Rottenburg-Stuttgart, Spey-er, Würzburg, Österreich: Lustenau,Schweiz: Solothurn, Chur; Informationenbei Jugend 2000, Thomas Lazar, T/F:069/895206

Osterakademie in Kevelaer:

7.4. - 10.4.1999, Thema: Glaube, der insLeben führt. (Veranstalter IK Münster)Bildungszentrum: Priesterhaus Keve-laer, Referenten: P. M. Brink OP, Prof. Dr.Th. Herr, Dr. R. Junker, Prod. Dr. K.Kertelge, Prof. Dr. R. M. Schmitz, Prof.Dr. J. Schumacher, Prof. Dr. J. Splett. Hin-weise: Tel.: 02542-98434; Fax: 02542-98436;

Initiativkreise

Augsburg: 14.3.1999, 15.00 Uhr, HotelRiegele, Prof. DDr. A. Ziegnaus: Vomrichtigen Umgang mit Privat-offenbarungen. Hinweise: Tel.: 08249/90104.Mainz: 20.3.1999, 16.00 Uhr, Prof. Dr. J.Splett: Das Gebet als menschlicher Akt.Hinweise: T: 06131-578032.Münster: 21.3.1999, 16.00 Uhr, Herz-Jesu-Kirche, Bischof Dr. R. Lettmann:Katholiken im Bistum Münster, Ge-spräch mit dem Bischof. Tel.: 02542/98434, Fax: 02542/98436Paderborn: 21.3.1999, 15.30 Uhr,Langeneicke, Pfr. Dr. Sobkowiak: Erken-ne dich selbst durch Glauben und Den-ken! Die neue Enzyklika von Papst Joh.Paul II. Glaube und Vernunft: Tel./Fax:02732/1653Regensburg: 18.3.1999, 19.00 Uhr,Erhardi-Zimmer des Kolpinghauses Re-gensburg, Gesprächsrunde; „»Amts-kirche« oder »Geistkirche«? - Gesprächmit kath. Charismatikern.“ Hinweise:0941/997489.Trier: 28.3.1999, 14.45 Uhr, Missions-haus der Weißen Väter, Prof. Dr. G. SalaSJ: Das kirchliche Lehramt - außeror-dentliches und ordentliches Lehramtunter dem Beistand des Heiligen Geistes.Zuvor 14.00 Uhr Andacht m. sakr. Seg.i.d. Kirche d. Weißen Väter. Hinweise: T/F: 06501/3897Würzburg: 21.3.1999, 16.00 Uhr, (Mat-thias-Ehrenfried-Haus), Prof. Dr. H.Schieser: Rückblick und Ausblick amEnde des 20. Jahrhunderts - Verlustbilanzoder Neubeginn? Hinweise: T: 06022/20726.Linz: 5.3.1999, Kollerschlag und6.3.1999, Hohenzell, P. B. Deneke FSSP:Das Sakrament der hl. Beichte (mitBeichtgelegenheit und hl. Messe)7.3.1999, 15.30 Uhr, Linz, P. B. DenekeFSSP: Das Geheimnis der hl. Messe. Hin-weise: T/F: 0043-7712-2455.

VERANSTALTUNGEN

Meßfeiern im alten Ritusgemäß Altritus-Indult und Motuproprio„Ecclesia Dei“ siehe Heft 12/1998, S. 379

Sühnenacht/SühneanbetungAlle regelmäßigen stattfindenden Veranstal-tungen siehe Heft 12/1998 S. 381.Berlin: 6.3.99, 9.30 Uhr Sühnesa., St. Nor-bert, 19.3.99, 22.00 Uhr Sünenacht, 25.3.,18.00 Uhr, MPB Zönakel Helferkreis,28.3.99, 15.00 Uhr Kinder MPB, Hinweise:030/4964230Hannover: 6.3.1999 Pfarrkirche 12Apo-stel, Beginn 8.00 Uhr, Rosenkr., 9.30 UhrHl. Messe, anschl. Auss. u. Beichtgel.Ende ca. 16.00 Uhr Rückfragen 0511-494605Krefeld: 1.3.1999, St. Anna Kirche, 18.00Uhr Anbet.andacht m. sakr. Segen, 19.00 Uhrhl. Messe m. Predigt, 20.00 Uhr Rosenkranzm. sakr. Segen, Beichtgel.; Hinweise: 02151/734991

Leuterod/Ötzingen: 22.3.1999, mtl. Treffender Mitglieder d. Marian. Segenskreises, Ma-ria-Hilf-Kirche; Sühnegebetstd., Eucharistie-feier, Predigt, Beichte, euch. Anbet. v. 18.00- 20.00 Uhr, m. Pfr. R. Lambert.Marienfried b. Ulm: 6.3.1999, jd Herz-Mariä-Sa. 14.00 Uhr u. 18.00 Uhr Anbet. d.Allerh. und Bg., 15.00 Uhr Hl. Messe m.Pred.; 20.00 Uhr u. 5.30 Uhr Sühnemessen.12./13.3.99 Gebetsnacht;Osnabrück: 6.3.1999, St. MatthiasstiftWietmarschen, hl. Messe, Vesper u. Kom-plet; Hinweise: U.-W. Vieth, Nordhorn25.3.1999 Einkehrtag, Haus MariensteinEndel - Fest Verkündigung des HerrnWürzburg: 27./28.3.1999, Anbet.- undSühnenacht, Heilig-Geist-Kirche, 18.00 Uhr,bis So.; 6.3.1999 Zönakel der Marian. Pries-terbew., Schw. des Erlösers, Erbachergasse 4-6, Beginn: 14.00 Uhr Ende: 16.30 Uhr. HerzMaria Sühnes.

Nächtliche Anbetung in Oberhaid13./14.3.1999 nächtl.Anbetung in der Pfarr-und Wallfahrtskirche Oberhaid bei Bam-berg. 20.30 Uhr Beg. d. Anbet.std.,Beichtgel., 21.30 Uhr hl. Amt zu Ehren derMutter Gottes, 24.00 Uhr lat. Choralamt, 4.30Uhr hl. Messe, Ende 5.30 Uhr;

Einkehrtage: 21.3.1999, Marienfried/Ulm,Diakon M. Kratschmer: Gottes Erbarmenund das Mittun des Menschen

Exerzitien: 1.3. - 5.3.1999 St. Josefstift:Franz-Ludwig-Str. 7-9, 45290 Trier, Tel.:0651-4808719.3. - 21.3.1999 Erholungsheim Ma-rienhöh/Kurexerzitien, 55749 Langwei-ler/Hochwald, Tel.: 06786-291029.3. - 2.4.1999 Herz-Jesu-Kloster Neu-stadt, Exerzitien- und BildungshausWaldstr. 145, 67434 Neustadt, Tel.:06321-89060, Anmeldung: Tel.: 06321-35785

Ferienlager für Jungen von 10 - 14 Jah-ren, 7.4. - 10 . 4.1999, Thema: Ritter sein!,Jugendburg Festung Ehrenbretstein beiKoblenz, Preis: VP 125.-, Anmeldung: P.M. Ramm FSSP, 0227-9435425Ferienlager für Mädchen: 12-16 Jahren7.4. - 10.4.1999, Thema: auf dem Weg mitThérèse im Odenwald b. Heidelberg;Preis: DM 49,00, Anmeldung: P. E.Recktenwald 0221/9435425Ferienlager für Familien: 24.6. -31.7.1999 und 31.7. - 7.8.1999 in Ober-tauern/Österreich; Anmeldung: P.M.Lugmayr, Linzergasse 41, A-5020Salz-burg. 24.7. - 31.7.1999 in der Eifel, An-meldung: P.M. Ramm, Johann-Heinrich -Platz 12, 50935 Köln.15.8. - 22.8.1999 imSchwarzwald Anmeldung: P. B. Gerstle,Reisstr. 13, 70435 Stuttgart.

XIV. Welt-Jugendtag in den Diözesen28.3.1999 Augsburg, Bamberg, Berlin,Chemnitz, Eichstätt, Freiburg, Fulda,

vom Gesetz her keinen Spielraum. DieBeratungsbescheinigung müsse auf derGrundlage der Paragraphen 5 und 6 desSchwangerenkonfliktgesetzes formuliertsein, so Birgit Späth, die Sprecherin derSPD im nordrhein-westfälischen Landtag.Diesen Ausführungen schloß sich dieFraktionssprecherin der Grünen im Land-tag an. Die Frauen dürfen nicht mit Hilfs-angeboten gedrängt werden, das Kindauszutragen. Die katholischen Bera-tungsstellen könnten nur dann im Rah-men der staatlichen Schwangeren-konfliktberatung weiterarbeiten, wenn siesich bereit erklärten, gemäß den Landes-richtlinien die Frauen über Abtreibungs-möglichkeiten zu informieren. Das wirdaber von den Bischöfen abgelehnt.

(DT 11.2.99)

Bamberger Pastoralgespräch (BaP):Austausch der BaP -Arbeitsgruppenmit Erzbischof Braun über bisherigeErgebnisse.

Von „futuristisch“ bis „machbar“ reichendie bisherigen Vorschläge, die die zwölfArbeitsgruppen erarbeitet haben ... Futu-ristisch sind die Vorschläge nach Aufhe-bung des Zölibats, der Öffnung allerWeiheämter für Frauen oder der Zulassungvon wiederverheirateten Geschiedenenzu den Sakramenten (...) Erzbischof Braunnahm die futuristischen Wünscheunkommentiert (!) zur Kenntnis.

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DER FELS 3/1999 95

Gestagen-Kombinationspräparate zurEmpfängnisregelung abzulehnen, obwohlseit nunmehr über drei Jahrzehnten bekanntist und von vielen Autoren in der Fachlite-ratur veröffentlicht wurde, daß alle Östro-gen/Gestagen-Kombinationspräparate beials erwiesen möglichen Durchbruchs-ovulationen eine nidationshemmende Wir-kung haben. Und bei vierfach erhöhterDosierung dieser Östrogen/GestagenKombinationspräparate, der „Pille danach“,dem Teragynon, wird eine sichereNidationsverhinderung erreicht!

Bei noch um ein Vielfaches mehr erhöh-ter Dosierung von synthetischen Östrogen/Gestagen-Hormonen mit Beigabe vonProstaglandinen, den Hormonen desHinterlappens der Hirnanhangdrüse (Hypo-physe), tritt nun die nidationszerstörendeWirkung des Menschen-PestizidesMifegyne ein. Damit ist Mifegyne der Hö-hepunkt einer Entwicklung der Mensch-heit auf dem Weg zum eigenenGenosuizid!! Dr. med. Alfred Häußler

74172 Neckarsulm

Trennung von den Fleischtöpfen. AllenAutoren der Februar-Ausgabe gilt meinherzlicher Dank! Die verschiedenen Arti-kel zur Abtreibungsproblemtik sind m.E.inhaltlich sehr hilfreich für den Leser, weilsie von großer Kompetenz und Sachkun-de zeugen. Man muß Prof. Gindert zustim-men, wenn er feststellt, daß nun wirklichalles gesagt worden ist, soweit eben men-schenmöglich.

Wie auch immer die Entscheidung derBischöfe aussehen mag, werden gläubigeMenschen ihre Schlußfolgerungen zu zie-hen haben, die natürlich individuell sehrunterschiedlich aussehen werden. So oderso: die Trennung von den FleischtöpfenÄgyptens wird sich vollziehen. Das Volk,das sich Mose anvertraut, wird sich auf denWeg machen. Wer gegen die Anweisungdes Papstes agiert, wird noch größere Skla-verei zu erdulden haben, kann allerdingsnicht mit dem Wohlgefallen Gottes rech-nen. Hier trifft das Wort Christi zu, daß wernicht hat, auch das verliert, was er hat.

Albert Paliot54295 Trier

Bleibe römisch-katholisch! Im Forum derLeser von Fels 30/2 haben GabrieleEhgartner, Dr. Lüttmer und Graf von Galenunmißverständlich zum Ausdruck gebracht,daß sich die deutschen Bischöfe durch ihreMitwirkung an der straffreien Abtreibungdurch Beratungsschein oder Beratungsbriefin Sachen des Glaubens um jede Vertrau-enswürdigkeit und Autorität gebracht ha-ben und daß man als glaubens- und papst-treuer Katholik solches schismatische La-vieren weder spirituell noch materiell mit-tragen könne. Zu Recht!

Auch ich habe mir hierüber Gedankengemacht, werde aber ubter gar keinen Um-ständen aus der Kirche austreten, nur weil

ein paar Dutzend Bischöfe und Weihbi-schöfe verantwortungslos mit ihrem Amtumgehen und schon lange nicht mehr wis-sen, was ihre eigentliche Aufgabe ist.

Dabei habe ich mich besonnen, daß ichmich „römisch-katholisch“ nenne, -nicht„mainzerisch-katholisch“ oder „hambur-gisch-katholisch“, - nein „römisch-katho-lisch“!

Das hat den Wunsch in mir beflügelt,mich mit einem Brief an den Bischof vonRom zu wenden mit der Bitte, in Anbetrachtder schismatischen Umtriebe in der Deut-schen Bischofskonferenz (nicht erst seitBeratungsschein!) mich als extraterritorialesMitglied in sein Bistum aufzunehmen, mitallen Rechten und Pflichten (also auch Kir-chensteuern u.a.)

Ich unterstreiche so mein „Römisch-ka-tholisch“-Sein, lasse alle Apostaten undHäretiker hinter mir und gewinne einenBischof, dessen Glaubwürdigkeit auf Lie-be und Güte, dessen Autorität auf Weisheitund Wahrheit beruht.

Ob unter den Lesern des „Fels“ sich einKirchenrechtler befindet, der mir bei derErfüllung meines sehnlichen Wunschesberatend Hilfestellung leisten kann?

Prof. Dr. Karl Fries24211 Preetz

Liturgische Hilfen von Misereor un-brauchbar. Sie haben uns ein Heft „Litur-gische Hilfen“ zugestellt,- in dem das Wunder der Brotvermehrungzu einer bloßen „Brotteilungsgeschichte“verkommt (7);- in dem behauptet wird: „Abraham wirdgesegnet, weil er sich weigert, das Kind zuopfern“, und dazu Genesis 22,1-18 ange-führt wird (dort steht in Wirklichkeit, daß ergesegnet wurde, weil er seine Bereitschaftbekundet hatte, das Kind Gott zu opfern);- in dem der Heilige Geist krampfhaftweiblich sexualisiert wird (23 und bes. :„Danken will ich Dir, Schwester Geist“).Gott ist jedoch, im Gegensatz zum Men-schen, weder männlich noch weiblich,und ob der Geist Gottes auf hebräisch miteiner weiblichen, auf deutsch mit einermännlichen Vokabel und auf griechischmit einem Neutrum bezeichnet wird, istebenso belanglos wie die Tatsache, daßetwa ein Brunnen auf deutsch männlich,auf französisch weiblich und auf englischNeutrum ist.

Mit den genannten Inhalten können wirnichts anfangen. Ebensowenig mit Fürbit-ten (5f) und Kyrie-Rufen (18), die als Mo-ralpredigten mißbraucht werden. Dies undder saure Revoluzzerton, der viele Textedurchzieht, trägt mit dazu bei, daß wir auchfür das viele Gute, das ansonsten in demHeft gesagt wird, in der vorliegenden Formkeine Verwendung haben und das Ganzeder Papierverwertung zuführen können.Dieser Brief an Misereor Aachen wurde unszur Veröffentlichung von der Kath. PfarreiSt. Marien,09405 Zschopau zugesandt.

Forumder

Leser

Das Menschen - Pestizid. Der weltberühm-te, leider vor wenigen Jahren schon verstor-bene Humangenetiker Prof. Jerôme Lejeunein Paris, der Entdecker der Ursache desDown-Syndroms, des Mongolismus, hatschon 1989 die Schrift veröffentlicht mitdem Titel: „RU 486 - The Human Pesti-zid“.

Pestizide sind chemische Substanzen,die man je nach Konzentration auch alsGifte bezeichnen kann. Pestizide werdenschon immer als Schädlingsbekämpfungs-mittel verwendet, insbesondere zur Vernich-tung von Ungeziefer. Auch RU 486 -Mifegyne ist ein Pestizid, wie Prof. Lejeunedieses synthetische Hormonpräparat be-zeichnet. Doch welch ein Unterschied zuden bisher von Menschen verwendetenPestiziden! Mifegyne wird nur zu dem ein-zigen Zweck hergestellt: ungeborenesmenschliches Leben in frühen Entwick-lungsstadien zu töten!!

Wann hat es so etwas Ungeheuerlichesin der gesamten Kulturgeschichte derMenschheit jemals gegeben, daß derMensch sein eigenes Leben, seine Nach-kommenschaft, seine Kinder und damit sei-ne Zukunft vergiftet und meuchlings tötet,indem er wahrheitswidrig von einem „Me-dikament“ redet?! Wenn ein Volk solche„verabscheuungswürdige Verbrechen“ (2.Vatikanisches Konzil) zuläßt, dann ver-nichtet dieses Volk seine eigene Zukunft!Es betreibt den Genosuizid!!

Daß die in der „Katholischen ÄrztearbeitDeutschlands“ organisierten Ärzte die Zu-lassung des neuen MenschenpestizidsMifegyne (RU 486) ablehnen, ist sehr er-freulich. Denn dieser Verband hat langegenug gezögert, synthetische Östrogen/

1. daß sich die Christen für die Ent-schuldung der armen Länder einset-zen, damit das Jubiläumsjahr demWort Gottes gemäß wahrhaft ein Jahrder Vergebung und Befreiung werde.2. daß die Lokalkirchen Asiens dasEvangelium in mutiger Offenheitverkünden und dabei stets die reli-giösen Erwartungen ihrer Welt vorAugen haben.

Gebetsmeinung des Hl. VatersMärz 1999

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96 DER FELS 3/1999

DER FELS GmbH B 4215Fels-Verlag, AuslieferungPostfach 11 1686912 Kaufering

Der Evangelist Matthäus erzähltim 18. Kapitel seines Evangeli-

ums: „Jesus rief ein Kind herbei,stellte es mitten in die Schar derJünger und sprach: Wenn ihr nichtwerdet wie die Kinder, werdet ihrnicht in das Reich der Himmel ein-gehen. Wer sich erniedrigt wie die-ses Kind, der ist der Größte im Him-mel. Und wer ein solches Kind auf-nimmt in meinem Namen, dernimmt mich auf. Wer aber einemdieser Kleinen, die an mich glau-ben, Ärgernis gibt, dem wäre esbesser, ihm würde ein Mühlstein umden Hals gehängt und er würde indie Tiefe des Meeres versenkt. (...)Hütet euch, daß ihr nicht eines vondiesen Kleinen gering achtet, dennIch sage euch, ihre Engel in denHimmeln sehen allzeit das Antlitzmeines Vaters in den Himmeln !“

Gelten diese Worte des Herrnauch heute für die Nachfolger derJünger auf den deutschen Bischofs-stühlen? Für die Väter, die sich ihrerVerantwortung entziehen und für dieBeratungsstellen, die einen Scheinausstellen, wohlwissend, daß dieserSchein nur dem einzigen Zweck die-nen kann, ein schutzloses Men-schenleben auszulöschen?

Manche Bischöfe sehen einfachnicht, wie sehr in ihren „Beratungs-stellen“ die Beratung schon alleingesetzlich bis zur Unkenntlichkeiteingeschränkt ist, weil beispielswei-se die Gründe für die geplante Ab-treibung gar nicht erfragt werdendürfen. Sie sehen auch nicht, daßsie die Rettung einiger Kinder um

den Preis erkaufen, daß sie der Tö-tung vieler schriftlich zustimmen.Sie sehen auch nicht, daß die Aus-gabe des „Berechtigungsscheins“zur Tötung von der Mehrheit derBevölkerung als kirchliches Einver-ständnis mit der Abtreibung emp-funden wird.

Zumindest unternehmen sienichts, um diesem Verstehen oderMißverstehen entgegenzutreten. Siesehen auch nicht, daß der Film „Derstumme Schrei“ deshalb in den Be-ratungsstellen und im Fernsehen einTabu ist, weil er tatsächlich aufklä-ren könnte. Sie sehen auch nicht,daß Frauen in Notsituationen tat-sächlich Beratungsstellen brauchen,aber solche, die nicht staatlich ein-geschränkt sind.

Ihre Blindheit wird den Mitstrei-tern für die „Scheinlösung“ wenighelfen, denn Christus sagt eindeutig,„ihre Engel in den Himmeln sehenallezeit das Antlitz Meines Vaters inden Himmeln“. Diese Engel habendie Aufgabe, die ihnen vom Anfangihres Lebens anvertrauten Menschen- dazu gehören auch dieUngeborenen - auf dem durch Got-tes Ratschluß gewiesenen Weg zugeleiten. Wer aber den Lebenswegdieser Kinder abbricht, den treffendie Drohungen Christi. RomanoGuardini (Topos Taschenbücher Nr.252) erklärt diese Bibelstelle, wiefolgt:

„Wenn du mit einer zerstörendenAbsicht auf das Kind zugehst, wisse,du triffst nicht nur auf ein hilflosesGeschöpf, sondern hinter ihm stehtder Engel und schützt es.“

Auf die Frage aber, worin dieMacht des Engels bestehe, lautet dieAntwort: „Er sieht allezeit das Antlitzdes Vaters.“ Der Engel ist im Himmelin der Offenheit Gottes, und Heilig-keit ist um ihn. Was du also demKinde tust, trifft dahinein. Wehe dir,wenn du ihm zu nahe trittst. Der En-gel schweigt. Scheinbar geschiehtnichts. Dein Haus brennt nicht ab.Dein Geschäft geht nicht schlechter.Dein Wagen verunglückt nicht. Aberalles ist in der rächenden Allwissen-heit Gottes aufgehoben, und einmalwirst du innewerden, was für einenGegner du dir geschaffen hast, alsdu den Engel des Kindes gegen dichaufriefst.“ So schreibt RomanoGuardini. Eduard Werner

Die Engel der Kinder

Der Erzengel Michael als Siegerüber Luzifer (Detail) von HubertGerhard, 1588


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