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Jung Heute Text Th. Arzt

Date post: 16-Jul-2015
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 Mehr und mehr sehe ich im psycho-physischen Problem den Schlüssel zur geistigen Gesamtsi- tuation unserer Zeit, und die allmähliche Auf- findung einer neuen („neutralen“ ) psychophysi-  schen Einheitssprach e, die symbolisch eine un-  sichtbare, potentielle, nur indirekt durch ihre Wirkungen erschließbare Realität zu beschrei- ben hat, erscheint mir auch als eine unerläßliche Voraussetzung für das Eintreten des neuen (...) hieros gamos. 1 Wolfgang Pauli  Aufgrund von medialen Schlagworten wie der „ökologi- schen Krise“ oder der „Klimakatastrophe“ gehört es heute zum kollektiven Konsens, auf die Notwendigkeit einer kritischen Revision des gegenwärtigen Verhältnisses  von Mensch und Natur hinzuweisen. Abgesehen vom „ökologischen Umbau“ der Industriegesellschaft mit dem Fokus einer nachhaltigen Wirtschaft und anderen sicher- lich wichtigen und richtigen Schritten im Rahmen einer sol- chen Revision regt sich aber auch schon der noch zaghaf- te Hinweis auf die Notwendigkeit einer grundsätzlichen Wandlung des modernen Bewußtseins in seinem Verhält- nis zur Natur , soll dieser Revision nicht nur ein substanz- loser Pragmatismus und eine technisierte Ökologie fol- gen. 2 Das Spannungsverhältnis Mensch – Natur muss in diesem Sinne primär vom „psycho-physischen Problem“ – dem Problem der Wechselwirkung von Geist und Materie her bedacht werden, einem der zentralen Probleme der europäischen Geistesgeschichte überhaupt und deswe- gen schon von Schopenhauer sehr treffend als „Welt- knoten“ 3 bezeichnet. Dass die moderne Wissenschaft eine derartig tiefgreifende Revision alleine nicht zu leisten  vermag, läßt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht mehr ernsthaft anzweifeln, geht doch mit dieser Wissenschaft als Erbin des Cartesianismus und Baconismus ein Natur- und Weltverständnis einher , das Henri Corbin als metaphy- sische Katastrophe bezeichnete und das letztendlich mit-  verantwortlich ist für die verheerenden Übergriffe des Menschen auf die Natur . 4 Bezieht sich die moderne Natur- wissenschaft von ihrer Konzeption her gesehen auf die natura naturata, au f die Natur als Produkt, so verwei sen die Fragen, die durch die „ökologische Krise“ aufgeworfen werden, vielmehr auf ein Denken, das im 20. Jahrhundert zwar eine grobe Vernachlässigung erfahren hat, das aber traditionell zuständig ist für das „psycho-physische Pro- blem“ und die natura naturans die  schaffende Natur –, nämlich auf das Denken der Naturphilosophie.  Analytische Psychologie und Naturphilosophie Thomas Arzt Die hierdurch gesetzte  Aktualität von Naturphilosoph ie mag für viele befremdlich klingen, führt doch die Naturphi- losophie seit dem Niedergang des Deutschen Idealismus gerade im akademischen Bereich nur noch ein Schatten- dasein. Naturphilosophie ist seit der Mitte des 19. Jahr- hunderts nicht mehr präsent, wobei die spekulativen Ver- irrungen der Romantik einerseits und der mit dem techno- logischen Fortschritt gekoppelte Siegeszug der Naturwis- senschaften andererseits verantwortlich sind für den schlechten Leumund, den die Naturphilosophie seit dieser Zeit besitzt. 5 Mögen auch die Naturwissenschaften und die Wissenschaftstheorie als die legitimierten Nachfolger der traditionellen Naturphilosophie im 20. Jahrhundert gewisse naturphilosophische Fragestellungen erfolgreich beantwortet haben, so bleiben jedoch bis zum heutigen Tage grundsätzli- che Problemkreise offen, denen sich eine zeitgemä ße Na- turphilosophie unter primärem Bezug auf das „p sycho-physi- sche Problem“ erneut zu stellen hat. Selbst angesichts der Feststellung von Carl Friedrich von Weizsäcker, dass „viel- leicht der wichtigste geistige Beitrag der Physik unserer Zeit der Hinweis auf die Notwendigkeit (ist), den Zusammenhang  von Materie und B ewußtsein, von Objekt und Subjekt anders zu denken, als es die neuzeitliche Tradition getan hat“ 6 , er- staunt immer noch die stoische Ignoranz und politica l cor- rectness ausgewiesener akademischer Naturphilosophen in Deutschland, die sich nach wie vor zum Beispiel den ge- meinsamen Arbeiten und dem Briefwechsel von Wolfgang Pauli und Carl Gustav Jung verweigern. Ideengeschichtlich gesehen stellt die Naturphilosophie des Deutschen Idealismus die letzte große schöpferische Epoche naturphilosophischen Bemühens innerhalb einer Denktradition dar, die insgesamt einen Zeitraum von mehr als zwei Jahrtausenden europäischer Geistesgeschichte umfasst. Dabei wird modellartig verei nfacht – die Ent- wicklungslinie der naturphilosophischen Tradition in drei klassische Zeitalter eingeteilt: die Epoche der Vorsokra- tiker, der Renaissance und der Romantik. Wie Karl Joël in seiner Studie Der Ursprung der Naturphilosophie aus dem Geiste der Mystik eindrucksvoll nachgewiesen hat, rekur- rieren die naturphilosophischen Ansätze dieser drei klassi- schen Zeitalter auf ein zugrunde liegendes Zentralthema, nämlich auf die mystische Lehre von der Einheit der Dinge und der Allbeseelung, d.h. auf die Lehre von der Wesens- einheit von Gott, Seele und Natur . 7 Das erste klassische Zeitalter der Naturphilosophie, das Zeitalter der vorsokratischen Naturphilosophie, wirft im 6. und 5. Jahrhundert v. Chr. erstmals die Frage nach dem 14 *Jung-heute-7.12.08 17.12.2008 12:04 Uhr Seite 14
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Mehr und mehr sehe ich im psycho-physischenProblem den Schlüssel zur geistigen Gesamtsi-tuation unserer Zeit, und die allmähliche Auf-findung einer neuen („neutralen“) psychophysi-

 schen Einheitssprache, die symbolisch eine un-  sichtbare, potentielle, nur indirekt durch ihreWirkungen erschließbare Realität zu beschrei-ben hat, erscheint mir auch als eine unerläßlicheVoraussetzung für das Eintreten des neuen (...)hieros gamos.1

Wolfgang Pauli

  Aufgrund von medialen Schlagworten wie der „ökologi-schen Krise“ oder der „Klimakatastrophe“ gehört esheute zum kollektiven Konsens, auf die Notwendigkeiteiner kritischen Revision des gegenwärtigen Verhältnisses  von Mensch und Natur hinzuweisen. Abgesehen vom„ökologischen Umbau“ der Industriegesellschaft mit demFokus einer nachhaltigen Wirtschaft und anderen sicher-lich wichtigen und richtigen Schritten im Rahmen einer sol-chen Revision regt sich aber auch schon der noch zaghaf-te Hinweis auf die Notwendigkeit einer grundsätzlichenWandlung des modernen Bewußtseins in seinem Verhält-nis zur Natur, soll dieser Revision nicht nur ein substanz-

loser Pragmatismus und eine technisierte Ökologie fol-gen.2 Das Spannungsverhältnis Mensch – Natur muss indiesem Sinne primär vom „psycho-physischen Problem“ –dem Problem der Wechselwirkung von Geist und Materie– her bedacht werden, einem der zentralen Probleme der europäischen Geistesgeschichte überhaupt und deswe-gen schon von Schopenhauer sehr treffend als „Welt-knoten“3 bezeichnet. Dass die moderne Wissenschafteine derartig tiefgreifende Revision alleine nicht zu leisten vermag, läßt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht mehr ernsthaft anzweifeln, geht doch mit dieser Wissenschaftals Erbin des Cartesianismus und Baconismus ein Natur-und Weltverständnis einher, das Henri Corbin als metaphy-

sische Katastrophe bezeichnete und das letztendlich mit-  verantwortlich ist für die verheerenden Übergriffe desMenschen auf die Natur.4 Bezieht sich die moderne Natur-wissenschaft von ihrer Konzeption her gesehen auf dienatura naturata, auf die Natur als Produkt, so verweisendie Fragen, die durch die „ökologische Krise“ aufgeworfenwerden, vielmehr auf ein Denken, das im 20. Jahrhundertzwar eine grobe Vernachlässigung erfahren hat, das aber traditionell zuständig ist für das „psycho-physische Pro-blem“ und die natura naturans – die  schaffende Natur –,nämlich auf das Denken der Naturphilosophie.

 Analytische Psychologie und Naturphilosophie

Thomas Arzt

Die hierdurch gesetzte   Aktualität von Naturphilosophiemag für viele befremdlich klingen, führt doch die Naturphi-losophie seit dem Niedergang des Deutschen Idealismusgerade im akademischen Bereich nur noch ein Schatten-dasein. Naturphilosophie ist seit der Mitte des 19. Jahr-hunderts nicht mehr präsent, wobei die spekulativen Ver-irrungen der Romantik einerseits und der mit dem techno-logischen Fortschritt gekoppelte Siegeszug der Naturwis-senschaften andererseits verantwortlich sind für denschlechten Leumund, den die Naturphilosophie seit dieser Zeit besitzt.5 Mögen auch die Naturwissenschaften und dieWissenschaftstheorie als die legitimierten Nachfolger der 

traditionellen Naturphilosophie im 20. Jahrhundert gewissenaturphilosophische Fragestellungen erfolgreich beantwortethaben, so bleiben jedoch bis zum heutigen Tage grundsätzli-che Problemkreise offen, denen sich eine  zeitgemäße Na-

turphilosophie unter primärem Bezug auf das „psycho-physi-sche Problem“ erneut zu stellen hat. Selbst angesichts der Feststellung von Carl Friedrich von Weizsäcker, dass „viel-leicht der wichtigste geistige Beitrag der Physik unserer Zeitder Hinweis auf die Notwendigkeit (ist), den Zusammenhang von Materie und Bewußtsein, von Objekt und Subjekt anderszu denken, als es die neuzeitliche Tradition getan hat“6, er-staunt immer noch die stoische Ignoranz und  political cor-

rectness ausgewiesener akademischer Naturphilosophen in

Deutschland, die sich nach wie vor zum Beispiel den ge-meinsamen Arbeiten und dem Briefwechsel von WolfgangPauli und Carl Gustav Jung verweigern.

Ideengeschichtlich gesehen stellt die Naturphilosophiedes Deutschen Idealismus die letzte große schöpferischeEpoche naturphilosophischen Bemühens innerhalb einer Denktradition dar, die insgesamt einen Zeitraum von mehr als zwei Jahrtausenden europäischer Geistesgeschichteumfasst. Dabei wird – modellartig vereinfacht – die Ent-wicklungslinie der naturphilosophischen Tradition in dreiklassische Zeitalter eingeteilt: die Epoche der Vorsokra-tiker, der Renaissance und der Romantik. Wie Karl Joël in

seiner Studie Der Ursprung der Naturphilosophie aus demGeiste der Mystik eindrucksvoll nachgewiesen hat, rekur-rieren die naturphilosophischen Ansätze dieser drei klassi-schen Zeitalter auf ein zugrunde liegendes Zentralthema,nämlich auf die mystische Lehre von der Einheit der Dingeund der Allbeseelung, d.h. auf die Lehre von der Wesens-einheit von Gott, Seele und Natur .7

Das erste klassische Zeitalter  der Naturphilosophie, dasZeitalter der vorsokratischen Naturphilosophie, wirft im 6.und 5. Jahrhundert v. Chr. erstmals die Frage nach dem

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Urgrund oder Ursprung der Dinge, der  arche, auf. Engdamit verknüpft wird in dieser Geburtsstunde griechischenPhilosophierens die zentrale Frage nach Werden undVergehen. Die Reihe der bedeutenden Naturphilosophendurchschreitend, entwirft Joël ein großartiges Bild der vor-sokratischen Naturspekulation, indem er – bei aller Ver-schiedenheit, ja Gegensätzlichkeit der Denk- und Schul-richtungen dieses Zeitalters – zwei konstituierende Ele-

mente identifiziert: die griechische Lyrik und die orphischeMystik.8 Wird die Vorsokratik zwar als diejenige Epochebetrachtet, in der das griechische Denken den Umschlag vom Mythos zum Logos vollzieht und damit einer rationa-len Wissenschaft den Boden bereitet, so übersieht diegängige Rezeption Joëls Interpretation zufolge den biswei-len versteckten mystischen Grundton dieser Epoche. DieVorstellung einer Wesenseinheit von Gott, Seele und Na-tur in der vorsokratischen Naturphilosophie resultiert auseiner lyrischen, schließlich mystischen Betonung desSelbstgefühls und der Innerlichkeit, aus einer echt mysti-schen Erhebung alles Seelischen und Lebendigen über-haupt, einer Erhebung des Menschen zur Weltbedeutung,

zum Mikrokosmos, kurz einer Vermenschlichung und da-mit Beseelung der Natur, und endlich aus einer stark zumPantheismus bzw. Panentheismus neigenden Religiosität.9

Deutlicher als bei den Vorsokratikern tritt im zweiten klas- sischen Zeitalter der Naturphilosophie, in der Renaissan-ce, das genetische Band von Mystik und Naturphilosophiehervor. Wie in der Vorsokratik liegen in der Renaissance-Philosophie unübersehbar rationales Denken und mysti-sche Einheitsschau nahe beieinander, berühren sich wis-senschaftliches und religiöses Denken noch unmittelbar.Was das Weltverständnis des Renaissancedenkensbetrifft, so hat Michel Foucault in seinem Hauptwerk Die

Ordnung der Dinge gezeigt, dass der Begriff der „Ähnlich-keit“ in der Konstitution des Wissens eine grundlegendeRolle gespielt hat.10 Die Sympathie aller Dinge, dieser Schlüsselbegriff der Renaissance-Philosophie, beruht frei-lich genau auf jener Lehre, die in der Vorsokratik bereitsbei Xenophanes vorgeformt war und die später durch dieStoiker zu der Vorstellung einer organischen Einheit desKosmos, zu einer mit sich in allen Teilen sympathetischenGesamtnatur weiterentwickelt wurde. Auch die von Anaxi-mander, Heraklit, Empedokles, den Pythagoreern und den Atomisten formulierte Lehre, dass der Mensch ein Mikro-kosmos im Makrokosmos sei, stellt zusätzlich einen prä-genden ideengeschichtlichen Vorläufer des Sympathie-

gedankens dar, mit dessen Hilfe das Hauptproblem für dieNaturphilosophie der Renaissance, die Frage nach der Stellung des Menschen in der Natur, umkreist wurde.11 Eskann insgesamt daher auch nicht verwundern, dass dieLehre von der Wesenseinheit von Gott, Seele und Natur in der Naturmystik der Renaissance vorrangig von der Vor-sokratik geprägt wurde bzw. von dort her auch ihre Anleihen bezog.12

Im dritten klassischen Zeitalter  der Naturphilosophieschließlich, in der Romantik, treten erneut jene naturphilo-

sophischen Fragestellungen auf, die eine Wiedergewin-nung der einstmaligen Einheit von Mensch und Natur, aller-dings auf einer höheren Ebene, zum Ziel haben. In einer Gegenbewegung zur bürgerlichen Lebenswelt, zur neu-zeitlichen Naturwissenschaft mit ihrer eingeschränktenForm der Naturerkenntnis und zur Entzauberung der Natur tritt anstelle einer mechanistischen eine organische Welt-betrachtung. „Die schöpferische Natur wird zum Organis-

mus und zum Künstler (...). In dem organischen Weltbild,aber auch in der Art, wie der Mensch in den Mittelpunktder von Gott zu Gott führenden Weltentwicklung gestelltwird, liegen Gedanken, die die Denker der Romantik mitdenen der Renaissance verknüpfen und ihren gemeinsa-men Gegensatz zur Aufklärung, allgemeiner zur Philoso-phie des 17. und 18. Jahrhunderts, bezeichnen.“13 Im Ge-gensatz zu einem „Entwurf“ von Natur, der auf eine allsei-tige Verfügbarkeit von Natur und ihre technische Bemäch-tigung durch den Menschen hinzielt, gründet das Natur- verständnis der Romantik auf dem Glauben „an ein Ver-hältnis des Menschen zur Natur, das ebenso sehr vomInteresse des Menschen wie vom Interesse der Natur 

bestimmt wird, das weder abstrakte Naturerkenntnis nochpraktische Ausbeutung der Natur ist, sondern eineWechselbeziehung zwischen Mensch und Natur, in der ihr destruktiver Gegensatz überwunden wird, Mensch undNatur zu ihrer Identität finden wie ihre Gemeinsamkeit undbeiderseitige Abhängigkeit begreifen – der Geist natu-ralisiert und die Natur vergeistigt wird.“14 Wie schon in der Renaissance bilden auch hier, bei Novalis, Goethe, Schel-ling und Carus, wissenschaftliches und religiöses Denken,die Naturwissenschaft und die mystische Lehre von der Einheit der Dinge und der Allbeseelung noch eine untrenn-bare Einheit. Es entspricht auch der inneren Logik vonJoëls Argumentation, dass sich im sympathetischen Welt-

bild der Romantiker – als Antwort auf die drängenden Zeit-fragen des frühen 19. Jahrhunderts – ebenfalls ein Rekursauf die Naturphilosophie der Renaissance und der Vorsokratik spiegelt.15 Das „innere Triebwerk“ der Natur,der „gebärende Urgrund“ der Schellingschen Naturphilo-sophie sind dabei romantische Metaphern für das göttlicheEine, das als schöpferischer Wesensgrund in allen Dingenlebt, zugleich aber die All-Einheit ist, in der alle Dinge ent-halten sind.16 Das hierdurch bezeugte panentheistischeNaturverständnis sollte durch den rasanten Aufstieg der Naturwissenschaften, den diese durch einen Verzicht aufdie genuine Fragestellung nach der natura naturans erkaufthatte, im Verlauf des 19. Jahrhunderts allerdings verdrängt

werden und wanderte – abgesehen von einigen Rudimen-ten, die sich nachher in der Wissenschaftshistorie ansie-delten – an den geistesgeschichtlichen Rand ab.

Es gibt nun gute Gründe anzunehmen, dass die Traditions-linie des Panentheismus im 20. Jahrhundert erneut anEinfluß gewonnen hat, und das vorwiegend im außerakade-mischen Bereich. Das hiermit einhergehende Naturver-ständnis vermag uns daher heute bei der Etablierung einesvierten Zeitalters hilfreich zur Seite stehen und gestattetbei der Frage nach einer  Aktualität von Naturphilosophie

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eine historische Rückbindung insbesondere an neuplatoni-sches All-Einheits-Denken und an die mystische Formel deshen kai pan, ein Rückgriff, der ohne Zweifel den Ergebnis-sen der heutigen Wissenschaften gerecht werden wie auchgenerell dem modernen Bewusstsein einsichtig sein muß.

Die bedeutendste und auch wirkmächtigste geistige Strö-mung, die das 20. Jahrhundert hervorgebracht hat und die

bislang einen entscheidenden Beitrag zur Formulierungeiner zeitgemäßen Naturphilosophie geleistet hat, ist die  Analytische Psychologie von Carl Gustav Jung. In einer fast als tragisch zu bezeichnenden Verkennung des geis-tesgeschichtlichen Ortes der Tiefenpsychologie und daher ohne nennenswerte Rezeption sind ihre naturphilosophi-schen Aspekte bislang einer breiteren Öffentlichkeit vor-enthalten geblieben. Es bedurfte der Weitsicht einesWolfgang Pauli, um diesen Ort – das „psycho-physischeProblem“ – zu kennzeichnen, den Jung z. B. mit seinen Arbeiten zur Synchronizitätshypothese zu umkreisen such-te. In einem Brief vom 3. Juni 1952 an Markus Fierzschreibt Pauli über Jungs Aufsatz Synchronizität als ein

Prinzip akausaler Zusammenhänge: „So scheint mir dasKap. IV der Arbeit von Jung noch etwas anderes zu seinals eine ,Zusammenfassung‘: Es erscheint mir als C. G.Jungs geistiges Testament, das von der speziellen ,Ana-lytischen Psychologie‘ wegdrängt in die Naturphilosophieim allgemeinen und das psycho-physische Problem im Be-sonderen.“17 Und in einem Brief an Marie-Louise vonFranz formuliert Pauli: „Ich vertrete die These, daß dieZukunft der Psychologie C. G. Jungs überhaupt nicht beider Therapie und den Ärzten liegt, sondern in die Natur-philosophie, d. h. jedenfalls in die philosophische Fakultätführt.“18 Was Wolfgang Pauli hier als die „Zukunft“ der Tiefenpsychologie ausweist, ist bei genauer Betrachtung

 jedoch schon inhärenter Bestandteil der Jung’schen Psy-chologie. Um aber gleich einem zähen Mißverständnis vor-zubeugen: Jung war kein Philosoph im akademischen Sinne,kein Theoriebildner, sondern ein Empiriker der Seele, der dieWirklichkeit und Autonomie der Seele durch Rückgriffe aufPhilosophie- und Religionsgeschichte, auf Kunst und aufMythologien zu deuten und zu verstehen versuchte.

So gibt es im Werk von Jung die vielfältigsten Rekurse (imSinne von direkten Einflüssen) und Bezüge auf alle dreiklassischen Zeitalter der Naturphilosophie. Schon auf denBegründer der ionischen Naturphilosophie, Thales vonMilet, ergeben sich bei Jung indirekte Bezüge durch sein

Studium alchemistischer Quellentexte, die nicht nur imMagnetismus eine Beseelung der Materie erblicken undsich dabei auf den Hylozoismus des Milesiers beziehen.19

  Auch auf das Wasser, das nach Thales die arche aller Dinge ist, beziehen sich diese Quellentexte, die Jung beimStudium von gnostischen Symbolen des Selbst bemüht.20

So steht der Doktrin der Naassener zufolge die Schlangeals Symbol für die zentrale göttliche Instanz, die allen Din-gen zugrunde liegt und die alles enthält, und deren Cha-rakteristikum sich in ihrer „feuchten Substanz“ verdeut-licht. Damit fällt die gnostische Definition der Schlange

auch zusammen mit der alchemistischen Anschauung desmercurius, welcher ebenfalls ein Wasser, nämlich die aqua permanens, „das Feuchte, das ,humidum radicale‘ (wur-zelhafte Feuchte) und der Lebensgeist (spiritus vitae) ist,der nicht nur allem Lebendigen, sondern auch als Weltsee-le (anima mundi) allem Seienden innewohnt.“21

 Auch auf die Philosophie des Anaximenes, der die arche

aller Dinge in der Luft – im  pneuma – suchte, gibt es inJungs Werk indirekte Bezüge, zumal die monistischePneuma-Lehre der Vorläufer einer bis tief in die Stoa tra-dierten Auffassung vom alles durchwaltenden  pneumawar, das sich später in der christlichen Terminologie zumHeiligen Geist wandelte. Indem Jung den langen Weg der Geistsymbolik durch die abendländische Kulturgeschichte verfolgt, tauchen in seinem Werk der Pneuma-Begriff unddessen diverse historische Ausprägungen insbesonderedann auf, wenn Jung dem Gegensatzpaar Geist – Natur und den jeweiligen Versuchen der Gegensatzvereinigunginnerhalb der Entwicklung des menschlichen Bewußtseinsnachspürt.22

Für Pythagoras von Samos und seine Schule, auf die diePneuma-Lehre großen Einfluß hatte, ist die mathematischeZahl die arche aller Dinge, sodass der Kosmos und seineOrdnung in der Ordnung der Zahlen wiederzufinden ist,was letztlich in der Auffassung der Sphärenmusik und -har-monie gipfelte. Es ist vor allem die pythagoräische Zahlen-symbolik, auf die sich Jung bezieht, und speziell die sym-bolische Bedeutung der Drei und der Vier, der Tetraktys.Die Tetraktys enthält in der pythagoräischen Philosophiedie Quelle und Wurzel der ewig sprudelnden Natur und istdie Grundlage allen Seins.23 In der Jung’schen Tiefen-psychologie ist durch den universell vorkommenden Ar-

chetypus der Quaternität, wie er sich auch häufig in der Ganzheitssymbolik der Träume von Jungs Patienten oder in der Mandalasymbolik manifestiert, jede Symbolik der Vierheit – als Ausdruck von „Ganzheit“ – sowie deren Ver-hältnis zur Dreiheit, zur Trinität, von zentraler Bedeutung.In Bezug auf die Phänomenologie des Individuationspro-zesses galt Jungs Interesse daher vorrangig der Wir-kungsgeschichte quaternären Denkens, das sich von Py-thagoras über die gnostische Philosophie und christlicheIkonologie bis hin zur Alchemie und der berühmten Kon-troverse zwischen Johannes Kepler und Robert Fludd ent-faltet hat und besonders für unser Jahrhundert aufgrunddes „psycho-physischen Problems“ wieder von größter 

Tragweite ist.24

Sehr deutliche Rekurse gibt es in Jungs Werk auf Heraklit.Hier ist es vor allem dessen Begriff der enantiodromia, denJung zur Beschreibung der Struktur der Psyche und der selbstregulierenden Funktion der Gegensätze übernimmt.Enantiodromie bedeutet, dass jedes Extrem seinen Ge-gensatz im Keim enthält, d.h. die Verkehrung zum Beispieleines extremen seelischen Zustandes in sein Gegenteilein inhärentes Gesetz darstellt, so wie Heraklit es inFragment 88 beschrieb: „Es ist immer ein und dasselbe,

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17Ouroboros (Codex Marcianus, Venedig, 11. Jahrhundert)

was in uns wohnt: Lebendes und Totes und das Wacheund das Schlafende und Jung und Alt. Wenn es um-schlägt, ist dieses jenes und jenes wiederum, wenn es um-schlägt, dieses.“25 Jung schreibt diesbezüglich: „Der alteHeraklit (...) hat das wunderbarste aller psychologischenGesetze entdeckt: nämlich die regulierende Funktion der Gegensätze. Er nannte dies die Enantiodromia, das Entge-genlaufen, worunter er verstand, daß alles einmal in sein

Gegenteil hineinlaufe.“26 So lässt sich die Idee einer polaren  Anordnung des Seins – die Welt als „ein Gegensatzge-mälde“27 – als die ontologische Basis der Jung’schen Tiefen-psychologie bezeichnen. Daran anknüpfend definierte Jungzur Beschreibung der empirischen Ablauf- und Wirkungs-gesetze psychischen Lebens seinen Begriff der Libido, dieals psychische Energie, als Lebensenergie, das psychischeSystem durchpulst und ihre Dynamik aus dem inhärentenGesetz der Gegensätze bezieht. Aber nicht nur hier bei sei-nem Modell zur Energetik der Seele, sondern auch generellist das Prinzip der Gegensätze und ihrer Vereinigung, dasmysterium coniunctionis, in fast allen Werken Jungs daszentrale Thema überhaupt.

 Auch zwei andere Kernbegriffe der herakliteischen Philo-sophie, das Feuer und der logos, erfahren in Jungs Schrif-ten immer wieder eine ganz besondere Hervorhebung.Nach Fragment 30 ist die Welt für den Epheser ein „ewiglebendiges Feuer“28, wobei Feuer hier zu verstehen ist alsein Symbol der sich stetig erneuernden Lebenskraft. DasFeuer ist die arche aller Dinge, hier aber nicht etwa ineinem stofflichen Sinne zu verstehen, sondern als Ver-wandlungsmetapher für das ewige Werden und Vergehen,genauer, „ein in sich zurücklaufender Kreisprozeß, an des-sen Anfang und Ende (...) das alles verzehrende und neuaus sich gebärende Feuer steht.“29   Auf eine ähnliche

Symbolik stößt Jung bei seinen Studien der Alchemie; siefindet sich – wie schon angedeutet – auch beim alchemisti-schen mercurius, der zugleich Wasser, aqua permanens,und Feuer, ignis, versinnbildlicht sowie den spiritus vege-tativus, der die ganze Natur belebend durchdringt, aber  vermöge seiner feurigen Natur auch zerstört.30  Auch dieFeuerzungen bei den – im Vergleich zum mercurius – eher pneumatischen Darstellungen des Heiligen Geistes sind indiesem Kontext zu verstehen, ähnlich wie das apokrypheChristuslogion „Wer mir nahe ist, ist nahe dem Feuer“.31

Das herakliteische Feuer, das sich stetige Verwandeln der Welt, geschieht nach einem gesetzmäßigen Rhythmus –das Dauernde im Wechsel –, den der Epheser als die Ver-nunft der Welt, als Weltgesetz und Weltsinn, als logos, be-zeichnet hat.32 In Jungs Werk taucht dieser Begriff mit ei-ner doppelten Bedeutung auf, und zwar zunächst in der vonHeraklit ursprünglich gemeinten Bedeutung von Weltmaß,

 von Weltvernunft, die sich in einer schillernden und kompli-

zierten Wirkungsgeschichte z.B. zum christlichen Logos-Begriff des Johannes-Evangeliums entwickelt hat. Zusätz-lich zu seiner ursprünglichen Bedeutung erfährt der Logos-Begriff jedoch bei Jung noch eine begriffliche Modifikation,deren Legitimation er in der psychologischen Praxis be-gründet sieht. Im Rahmen des seelischen Reifeprozesses,den Jung als Individuationsprozeß bezeichnet hat, stelltsich dem einzelnen nämlich auch die Aufgabe, dem gegen-geschlechtlichen Anteil seiner eigenen Psyche zu begeg-nen und diesen bewußt zu machen. Als terminus technicus verwendet Jung hier für den gegengeschlechtlichen Anteilin der weiblichen Psyche den Begriff des  Animus, für dengegengeschlechtlichen Anteil in der männlichen Psyche

den Begriff der  Anima. Synonym mit den Begriffen Animusund Anima gebraucht Jung auch oft die Begriffe Logos undEros, wobei beim Mann der Eros, die Beziehungsfunktion,in der Regel weniger entwickelt ist als der Logos, bei der Frau das Bewußtsein mehr durch das Verbindende desEros charakterisiert ist als durch das Unterscheidende desLogos.33 Genaugenommen handelt es sich bei der Be-schreibung dieses Gegensatzpaares nicht mehr um philo-sophische Termini im strengen Sinn des Wortes, sondernum begriffliche Hilfsmittel, deren mythologische Aus-drucksweisen durch die Empirie psychischer Prozesse be-stätigt werden, worauf Jung auch immer wieder hinweist.Was z.B. die Begriffsbildung des Eros betrifft, so bemerkt

er, dass er diesen „mehr im Sinn eines empirischenBegriffs verwende(t), der beobachtbare psychischeTatsachen umschreibt. Natürlich habe ich den AusdruckEros nicht erfunden. Ich fand ihn bei Plato. Doch hätte ichihn nie aufgegriffen, wenn die Beobachtung psychischer Vorgänge mir nicht gezeigt hätte, in welchem Sinn die pla-tonische Vorstellung angewendet werden müsse (...) Alsausgesprochener Empiriker gebrauche ich einen phi-losophischen Begriff nie um seiner selbst willen. Eros war für mich ein Wort, das etwas Reales und Beobachtbaresbedeutet, aber sonst nichts. Als ich versuchte, den Grund-zug männlicher Einstellung zu formulieren, fiel mir der Begriff Logos als passende Bezeichnung für die beobach-

teten Fakten ein. Und bei dem Versuch, die Grundeinstel-lung der Frau zu umschreiben, kam ich auf das Wort Eros.Natürlich besitzt Logos als geistiges Element die Eigen-schaft des Diskriminierens, wichtigste Grundlage jedes  verstandesmäßigen Urteils. Eros ist seinerseits ein Be-ziehungsprinzip, und da ich einen Ausdruck für Bezogen-heit suchte, bot sich natürlicherweise das Wort Eros an.Diesen Ausdruck habe ich von niemandem übernommen.Er entstammt meinem Vokabular und ich erklärte in unend-lich vielen Worten, was ich darunter verstand, nämlich einPrinzip der Bezogenheit.“34

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Jungs großes Verdienst war es, das Urphänomen der Gegensätze, dessen geistesgeschichtliche Linie sich über Meister Eckhart, Cusanus, Jakob Böhme bis hin zu Hegel,Goethe und Schelling entfaltet hat, von der Philosophie indie Psychologie übernommen zu haben. Neben den vonihm selbst dargelegten Rekursen sind inzwischen bereitseine ganze Reihe weiterer möglicher Entsprechungen undBeziehungen zwischen Heraklit und der Analytischen

Psychologie beleuchtet worden. Garfield Tourney hat nochzu Lebzeiten Jungs argumentiert, dass der herakliteischeLogos-Begriff gewisse Ähnlichkeiten zum Jung’schenBegriff des kollektiven Unbewussten besitzt.35 So ist Frag-ment 2 zu entnehmen, dass der  Logos als überpersönli-ches Prinzip das Weltgeschehen lenkt und regiert, alsoauch der Natur und dem Menschen immanent ist. Auchdas kollektive Unbewusste zeichnet sich durch eine über-persönliche und universelle Charakteristik aus. VomStandpunkt der Jung’schen Psychologie aus gesehen, istes sowohl im Naturgeschehen wie auch im Menschen amWerke. Zudem hat Tourney Heraklits Urfeuer mit JungsBegriff der Libido verglichen.36 Unter Bezug auf Fragment

45 hat auch James Hillman, einer der führenden amerika-nischen Jungianer, Heraklit als den ältesten Ahnherrn der Tiefenpsychologie gesehen. Und schließlich identifizierteRudolf Bodlander ein Problem, an dem Heraklit und Jungein gemeinsames Interesse teilen: das Phänomen des Be-wusstseins und seine Beziehung zum Unbewussten.37

 Auf die Philosophie des Empedokles gibt es bei Jung nur einige wenige indirekte Bezüge. Im Gegensatz zu SigmundFreud, der seine Konzeption vom Lebens- und Todestrieb, von Eros und Thanatos, direkt mit den zwei Grundprinzipi-en des Empedokles, mit Liebe ( philia) und Streit (neikos),in Verbindung setzt, erscheinen in der Jung’schen Psycho-

logie nur sporadisch theoretische Hinweise auf die empe-dokleische Philosophie. Hier ist es vor allem immer wieder die Thematik der Vierheit, auf die Jung beim Studium al-chemistischer Quellentexte trifft und die sich auf die Vier-Elementen-Lehre des Empedokles zurückführen lässt. Sowie Empedokles von den vier Grundelementen Feuer,Wasser, Erde und Luft als die „vierfache Wurzel aller Din-ge“38 spricht, so beschreibt die Alchemie die vier Elemen-te als radices, worin sie auch die Konstituentien ihreswichtigsten Symbols, des lapis philosophorum, erblickt.39

Und in Anlehnung an das empedokleische Symbol der Vollkommenheit der Welt, an den  sphairos, veranschau-licht die Alchemie den lapis durch ein vollkommenes, le-

bendiges Wesen von hermaphroditischer Natur oder durchdie Rundheit des piscis rotundus im Meer.40

Immer wieder findet sich im Jung’schen Werk eine zentra-le Argumentationslinie, die einen deutlichen Rekurs auf diePhilosophie des Anaxagoras aufweist. Das die Stoffe be-wegende und gestaltende Prinzip ist bei Anaxagoras der Geist, nous, der als Weltbildner und -lenker für die Schön-heit und Harmonie des Kosmos verantwortlich zeichnet.  Anaxagoras‘ Nous-Begriff ist die vierte Urform griechi-schen Geistes nach dem  pneuma des Anaximenes, der 

Geist-Zahl der Pythagoreer und dem logos des Heraklit. Als die mächtigste Konzeption der abendländischen Welt-geistspekulation überhaupt wirkte die Nous-Lehre nach-haltig auf Platon und Aristoteles wie auch auf die Gnosis.Durchdrungen mit Denkfiguren stoischer Provenienz und jüdischen bzw. christlichen Elementen erzählt das Grund-motiv der Gnosis vom Abstieg des göttlichen nous in diePhysis und seiner Gefangenschaft in der äußersten Fins-

ternis. Symbolisiert wird der nous bei gnostischen Sektenwie den Ophiten durch die Schlange, die sich in denSchwanz beißt. Die Weisheit des in der Materie gebunde-nen und verborgenen nous findet ihre geistesgeschichtli-che Fortschreibung im mercurius der Alchemie, der als serpens mercurialis ebenso durch die Schlange symboli-siert wird. Jung beschreibt das Verhältnis des gnostischennous zum alchemistischen mercurius wie folgt:

„Die ,kalte‘ Seite der Natur ist nicht ohne Geist, aber esist ein Geist besonderer Art, welcher der christlichen Äraals dämonisch galt und darum nirgends Anerkennung fandals im Gebiete nächtlicher Wissenschaften und Künste.

Dieser Geist ist der schlangengestaltige Nous oder  Aga-thodämon, der mit Hermes im hellenistischen Synkretis-mus zusammenfließt. Auch die christliche Allegorik undIkonologie hat sich seiner bemächtigt, begründet durch Jo-hannes 3,14: ,Und (…) wie Moses in der Wüste dieSchlange erhöhte, so muß der Sohn des Menschen erhöht(...) werden.‘ Der  serpens mercurialis, der ,Geist Mercu-rius‘, ist die Personifizierung und Fortsetzung jenesGeistes, der in dem (...) Gebet des Großen Pariser Zau-berpapyrus (...) angerufen wird.“41

Indem Jung die Begriffs- bzw. Wirkungsgeschichte desgöttlichen nous von der Antike über die spätantike Gnosis

bis hin zur mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Alchemie verfolgt, legt er in seinen Arbeiten die innere Verwandt-schaft dieser Perioden des abendländischen Geistes dar.Von einem Rekurs Jungs auf den Nous-Begriff eines Anaxa-goras kann in diesem Zusammenhang schon deshalb ge-sprochen werden, weil Jung die Linie dieser Begriffsge-schichte bis in unser Jahrhundert verlängert und sie vompsychologischen Standpunkt her neu fasst. Umgekehrt ent-springt der Kontinuität dieser Linie die eigentliche geistesge-schichtliche Legitimierung der Analytischen Psychologie:„ohne Geschichte (...) keine Psychologie des Unbewuß-ten.“42 Jungs Identifikation des alchemistischen mercurius

mit dem kollektiven Unbewussten bedeutet daher eine dem

modernen Bewusstsein verständliche Entsprechung bzw.Übersetzung des antiken Nous-Begriffes in die Sprache der Tiefenpsychologie.43 Das alles lenkende und alles durchdrin-gende Wesen des nous und mercurius, sein weltschöpferi-scher Aspekt, findet sich schließlich auch genau dort, woJung vom psychoiden Charakter des kollektiven Unbe-wussten spricht, was bedeutet, „daß die Archetypen ent-sprechend der kosmischen Funktion des nous einen nicht-psychischen (psychoiden) Aspekt besitzen müssen, der siesogar als anordnende Faktoren im physikalischen Zeit-Raum-Kontinuum erscheinen läßt.“44

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19Sophia, Mutter des Kosmos, und der Kosmosmensch (Hildegard vonBingen, Liber Divinorum Operum, Lucca-Codex, um 1240)

Thematisch sehr nahe am psychoiden Aspekt der Arche-typen sind auch Jungs Rekurse und Bezüge auf das zwei-te klassische Zeitalter der Naturphilosophie, auf die Re-naissance. Der Schlüsselbegriff der Renaissance-Philo-sophie, die Sympathie aller Dinge, eröffnet hierbei ein wei-

tes Feld ideengeschichtlicher Vorläufer Jung’scher Vorstellungen. Es ist hier vor allem die Arbeit Jungs an der Synchronizitätshypothese, die eine Erweiterung der   Archetypenlehre in dem Sinne nahelegt, dass die  Archetypen als anordnende Operatoren sowohl in der Psyche als auch der Physis vorauszusetzen sind. Zur Beschreibung einer akausalen Verbindung von psychi-schen und physischen Phänomenen, die durch einengemeinsamen Sinn verknüpft sind, führte Jung den Begriff„Synchronizität“ ein und erweitert damit seinen –ursprünglich auf den psychischen Bereich bezogenen – Archetypusbegriff um einen nicht psychischen, d.h. psy-choiden Aspekt. Die Ausdehnung des Archetypus in die

Materie eröffnet freilich einen modernen Weg zur Beseeltheit der Materie und steht in engstem Kontakt zuder Idee der Allbeseelung. Erst vor der Folie desRenaissance-Denkens wird eigentlich deutlich, wie sehr der späte Jung um den Versuch einer Neuformulierung der Idee der Allbeseelung gerungen und diesen der me-chanistischen Zergliederung der Welt durch das moderneBewusstsein entgegengehalten hat; er selbst beschreibtdie Synchronizität als eine „moderne Differenzierung desobsoleten Begriffes der Korrespondenz, Sympathie undHarmonie.“45

  Als ein eminent wichtiger Kronzeuge sympathetischenDenkens in der Renaissance wäre in diesem Zusammen-hang zunächst einmal Agrippa von Nettesheim zu nennen,auf dessen Korrespondenzidee sich Jung als Vorläuferinseiner Synchronizitätshypothese bezieht.46 In AgrippasWerk, das insgesamt den Versuch einer Synthese vonmagischem und christlichem Denken auf der Grundlage

neuplatonischer Mystik unternimmt, entfaltet sich dieseIdee in der Vorstellung vom Menschen als Mikrokosmos,dem das „große Prinzip“ des mundus archetypus einge-schrieben ist. Agrippa von Nettesheim „teilt mit denPlatonikern die Ansicht, daß den Dingen der unteren Welteine gewisse Kraft (vis) innewohne, vermöge welcher siezu einem großen Teil mit denen der oberen Welt überein-stimmten, und daß daher die Tiere mit den ,göttlichenKörpern‘ (das heißt den Himmelskörpern) zusammen-hingen und mit ihren Kräften diese affizierten.“47 Vermitteltdurch die „Erleuchtung“ der  luminositas sensus naturaebesitzen bei Agrippa alle lebenden Wesen und somit auchdie Tiere ein „Vorauswissen“, dem Jung – inspiriert durch

die Arbeiten des Biologen Hans Driesch – ein „absolutesWissen“ im kollektiven Unbewussten zur Seite stellt, dasdas mikrokosmische Vorhandensein von makrokosmi-schen Ereignissen innerhalb von Synchronizitäten zu erklä-ren vermag.

Unmittelbar von Agrippa von Nettesheim beeinflußt istParacelsus, auf dessen Weltbild es unübersehbare Rekur-se bei Jung gibt. Allein die Tatsache, dass Jung dieser bedeutenden und wortgewaltigen Renaissancegestalt,deren Wirkkraft sich noch in Goethes Faust findet, mehre-re ausführliche Studien und Vorträge gewidmet hat, deutetauf eine besondere Würdigung dessen geistesgeschichtli-

chen Ranges durch Jung wie auch auf eine gewisse geisti-ge Verwandtschaft hin.48 Natürlich ist Jungs Interesse amparacelsischen Weltbild zuallererst angeregt durch seineStudien zur Symbolik der Alchemie, aber es finden sich inden Lehren des Hohenheimer Meisters auch wirksame neu-platonische und gnostische Elemente, und überall dort, wo von der Korrespondenz zwischen Makrokosmos und Mikro-kosmos die Rede ist, tritt auch hermetisches Gedankengutzutage.49 Zusammen mit der Philosophie und der Ethik wer-den von Paracelsus die Alchemie und die Astronomie, die zudieser Zeit noch nicht von der Astrologie geschieden ist, alsdie vier Säulen einer Theorie der Medizin ausgewiesen; letz-tere erlaubt dem Arzt eine universelle Schau des Menschen

und dessen Beziehung zu Gott und Schöpfung, wobei alsSchlüssel dieser Schau die Vorstellung einer genauenEntsprechung von menschlichem Mikrokosmos und Makro-kosmos, der Gesamtschöpfung, dient:

„Das ,innere Gestirn‘ des Menschen ist in seiner Eigen-schaft, Art und Natur, in seinem Lauf und Stand gleich dem,äußeren Gestirn‘, verschieden allein in seiner Form und inseinem Stoff (...). In ihm (dem Menschen; T. A.) liegt der ,junge Himmel‘, d.h. alle Planeten sind dem Menschen ein-gebildet und sind Kinder des ,großen Himmels‘, der ihr 

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20 Der Grüne Mann, Archetyp der Einheit von Natur und Mensch(Dijon, 13. Jahrhundert)

Vater ist (...). Bedenket, wie groß und wie edel der Mensch geschaffen ist und in welcher Größe seineStruktur erfaßt werden muß! Es ist keinem Kopfe möglich,den Bau seines Leibes und das Maß seiner Tugenden aus-zudenken; nur als Abbild des Makrokosmos, der ,GroßenCreatur‘, ist er zu begreifen. Erst dann wird offenbar, wasin ihm ist. Denn so wie außen, so auch innen; was nichtaußen ist, das ist auch nicht im Menschen. Das Äußere

und das Innere sind ein Ding, eine Konstellation, eine In-fluenz, eine Konkordanz, eine Dauer (...) eine Frucht.“50

In seinem Vortrag Paracelsus als Arzt kommentiert Jungden geistigen Überbau des paracelsischen Weltbildes da-her wie folgt:

„Aber nicht nur Alchemist soll der Arzt sein, sondern auch Astrolog. Denn eine zweite Erkenntnisquelle für ihn ist dasFirmament oder der Himmel. Im ,Labyrinthus medicorum‘sagt Paracelsus, daß die Sterne im Himmel müssen ,zu-sammen kuppelt werden‘ und der Arzt müsse ,den Firma-mentischen Sententz daraus nemmen‘. Ohne diese Kunst

der astrologischen Konstellationsdeutung sei der Arzt ein,Pseudomedicus‘. Das Firmament ist nämlich nicht bloßder kosmische Sternhimmel, sondern ein corpus, welchesseinerseits ein Teil oder Inhalt des sichtbaren, menschli-chen Körpers ist. (...) Das firmamentische ,Corpus‘ isteine körperhafte Entsprechung des astrologischen Him-mels. Und insofern die astrologische Konstellation die Di-agnose ermöglicht, gibt sie zugleich den Hinweis auf dieTherapie. In diesem Sinne liegt im Firmament auch die,artzney‘. Die Ärzte ,sammeln sich‘ um das firmamentische,Corpus‘ wie die Adler um das Aas, weil, wie Paracelsusmit nicht gerade schmackhaftem Vergleich sagt, das ,assdes natürlichen liechts‘ im Firmament liege. Das ,Corpus

sydereum‘ ist mit andern Worten die Quelle der Erleuch-tung durch das ,lumen naturae‘, das ,natürliche liecht‘, wel-ches nicht nur in den Schriften unseres Autors, sondernauch in seiner ganzen Auffassungsweise die denkbar größ-te Rolle spielt. Die intuitive Formulierung dieser An-schauung ist (...) die bedeutendste geistesgeschichtlicheTat, um derentwillen niemand des Paracelsus unsterbli-chen Nachruhm neiden möge. Diese Anschauung wirktezwar auf die Zeitgenossen und noch mehr auf die folgen-den Generationen sogenannter mystischer Denker. Aber die in ihr schlummernde allgemein-philosophische und spe-zielle gnoseologische Bedeutung hat ihre höchsteEntwicklungsmöglichkeit noch nicht erfüllt. Die Zukunft

wird davon noch zu reden haben.“51

Das lumen naturae ist der zentrale Begriff überhaupt imparacelsischen Weltbild. Es entspricht dem in der Dunkel-heit der Natur verborgenen Gottesfunken und stellt diezweite, mystische Erkenntnisquelle dar, neben der heiligenOffenbarung in der Schrift. Für Jung besteht insofern einZusammenhang zwischen dem lumen naturae und demmercurius, dass beide als historische Vorstufen des kol-lektiven Unbewußten zu betrachten sind.52 Er schreibtdiesbezüglich:

„Die Natur ist nicht nur Materie; sie ist auch Geist. (...)Das lumen naturae ist der natürliche Geist, dessen seltsa-mes und bedeutendes Wirken wir in den Äußerungen desUnbewußten beobachten können, seitdem die psychologi-sche Forschung zu der Einsicht gekommen ist, daß dasUnbewußte nicht bloß ein ,unterbewußtes‘ Anhängsel

oder gar eine bloße Abfallgrube des Bewußtseins, sondern vielmehr ein weitgehend autonomes psychisches Systemist, das die Irrgänge und Einseitigkeiten des Bewußtseinszum einen Teil funktionell kompensiert, zum anderen Teil,und gegebenenfalls gewaltsam, korrigiert. Das Bewußt-sein kann sich bekanntlich ebensowohl in die Natürlichkeitwie in die Geistigkeit verirren, was eine logische Folge der relativen Freiheit desselben ist. Das Unbewußte be-schränkt sich nicht nur auf die Instinkt- und Reflexvorgän-ge der subkortikalen Zentren, sondern reicht auch über das Bewußtsein hinaus und antizipiert in seinen Symbolenzukünftige Bewußtseinsvorgänge. Es ist daher ebenso-sehr auch ein Überbewußtes.“53

Für Paracelsus ist – wie für jeden Alchemisten – dieSchöpfung noch nicht zu Ende. Der Mensch steht im per-manenten Schöpfungsprozess einer creatio continua undim Gegensatz zur christlichen Tradition, die den Menschenals den zu Erlösenden sieht, zu dem sich Gott im opusdivinum hinabbeugt, begreift die Alchemie den Menschenals einen Erlöser, der in einem Auftrag zur Fortsetzung desgöttlichen Erlösungswerkes, zur Entfaltung und zur Voll-endung der Welt steht. Der wesentliche Grundsatz desopus alchymicum lautet demgemäß: „Was die Natur un- vollkommen ließ, vollendet die Kunst.“54 Auch im Kontext

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der Analytischen Psychologie steht der Mensch in einemähnlichen Erlösungswerk, indem die Mitwirkung des Men-schen an der Wandlung Gottes und an der Vollendung der Schöpfung hier auf das engste zusammenhängt mit demzentralen Archetypus, dem Archetypus des Selbst. DasSelbst manifestiert und entfaltet sich im Individuations-prozeß des Einzelnen wie auch in einem kollektiven Pro-zess der Entwicklung und Differenzierung des Bewusst-

seins, der sich als „Individuation der Menschheit“ bezeich-nen lässt.55 Begleitet ist dieser sich über Jahrtausendehinziehende Prozeß von einer Wandlung des Gottesbildes:„Zuerst lebten die Götter in übermenschlicher Macht undSchönheit auf der Spitze schneebedeckter Berge oder inder Dunkelheit von Höhlen, Wäldern und Meeren. Später wuchsen sie zu einem Gott zusammen, und dann wurdedieser Gott Mensch.“56 Dem modernen Menschen fällt,so das Fazit von Jungs Analyse biblischer Schriften undDogmen, im Drama der Bewusstwerdung die Aufgabe zu,das in seiner Psyche konstellierte Selbst, das heute demGottesbild des Heiligen Geistes entspricht, auszudifferen-zieren. Die Beziehung zwischen Gott und Mensch – psy-

chologisch gesprochen, zwischen Selbst und Bewusstsein– erfährt durch die Einwohnung des Heiligen Geistes im all-täglichen Menschen eine neue Qualität und sichert dieNeubelebung des christlichen Mythus: „Die Weiterent-wicklung des Mythus sollte wohl dort anknüpfen, wo der Hl. Geist sich an die Apostel austeilte und sie zu Gottes-söhnen machte, und nicht nur sie, sondern alle anderen,die durch sie und nach ihnen die filiatio, die Gotteskind-schaft, empfingen und damit auch der Gewißheit teilhaftigwurden, dass sie nicht nur autochthone, erdentsprosseneanimalia waren, sondern als zweimal Geborene in der Gottheit selber wurzelten.“57 Psychologisch entspricht dieEinwohnung des Heiligen Geistes im Menschen der Ver-

wirklichung des Selbst im Individuum. Dass dabei die Syn-these der Antinomie des Selbst, d.h. eine Versöhnung sei-ner Gegensätze, heute eine gewaltige Aufgabe darstellt,ist ohne weiteres für jeden verständlich, der die Dynamisund ungeheuerliche Gegensatzspannung dieses Arche-typus erfahren hat: „In der Erfahrung des Selbst wird nichtmehr, wie früher, der Gegensatz ,Gott und Mensch‘ über-brückt, sondern der Gegensatz im Gottesbild.“58 Um ausdem Unbewussten hervorzutreten und sich in der Indivi-duation zu verwirklichen, bedarf das Selbst aber desmenschlichen Bewusstseins, welches überhaupt erst den  Akt des Erkennens setzt. Die Überbrückung der demSelbst immanenten Gegensätze und die damit einherge-

hende erneute Wandlung zu einem quaternarischen Got-tesbild ist also ohne das Bewusstsein nicht möglich. Dashiermit gestellte Problem ist nach Jung die eigentliche kul-turelle Aufgabe unserer Zeit. Die Mitwirkung an der Voll-endung der Schöpfung, an der das Bewusstein, wennauch mit infinitesimalem Beitrag, teilhat, entspricht einem– für viele Kritiker Jungs, insbesondere für die Theologen,anstößigen – Gottesbild, in dem Gott den Menschensucht, um in diesem seiner  selbst und der Schöpfung be-wusst zu werden.59 „Aber wo Gott am nächsten, ist dieGefahr am größten. Gott will werden in der immer höher 

steigenden Flamme des menschlichen Bewußtseins (...)Deus et homo. Gott braucht den Menschen zur Bewußt-werdung, wie Er die Beschränkung in Zeit und Raumbraucht. Seien wir Ihm darum Beschränkung in Zeit undRaum, irdische Umhüllung.“60

Ein früher geistesgeschichtlicher Zeuge für den Versuch der Formulierung eines quaternarischen Gottesbildes ist für 

Jung der schlesische Schuster und philosophus teutonicusJakob Böhme. Unter den zahlreichen Bezügen auf den Gör-litzer, die sich in Jungs Werk finden lassen, tritt vornehmlichderjenige der Antinomie Gottes und ihrer Darstellung inMandalastruktur hervor. Eher als ein Erleuchteter denn einPhilosoph hatte Böhme in einer mystischen Vision das cen-trum naturae geschaut. Das gesamte Werk Böhmes istdurchzogen von der Frage nach der Bedeutung von Gut undBöse als den Strukturelementen alles Seienden und nachder Gegensatznatur des Gottesbildes:

„Darinnen ich dann in allen Dingen Böses und Gutes fand,Liebe und Zorn, in den unvernünftigen Kreaturen als in

Holz, Steinen, Erden und Elementen sowohl als in Men-schen und Tieren. Dazu betrachte ich das kleine Fünkleindes Menschen, was er doch gegen diesem großen WerkeHimmels und Erden vor Gott möchte geachtet werden.Weil ich aber befand, daß in allen Dingen Böses und Guteswar, in den Elementen sowohl als in den Kreaturen, unddaß es in dieser Welt dem Gottlosen so wohl ginge als denFrommen, auch daß die barbarischen Völker die bestenLänder innehätten, und daß ihnen das Glücke noch mehr beistünde als den Frommen, ward ich derowegen ganzmelancholisch und hoch betrübt und konnte mich keineSchrift trösten, welche mir doch fast wohl bekannt war.“61

Der Gegensatz von Gut und Böse ist nicht nur ein Grund-zug des Menschen, sondern der ganzen Natur, ja der gan-zen Welt. „Derselbe Gegensatz erfüllt die ganze Welt: er herrscht im Himmel wie auf Erden, und da alles nur in Gottseine Ursache haben kann, so muß er auch in diesem auf-gesucht werden.“ Böhme dehnt die coincidentia opposito-rum bis auf die äußerste Grenze aus, und er findet mitwohl kaum bewußtem Anschluß an Meister Eckhart denGrund der Dualität in der Notwendigkeit der Selbstoffen-barung des göttlichen Urgrundes. „Wie das Licht nur ander Finsternis, so kann Gottes Güte nur an seinem Zornoffenbar werden.“62 Der Görlitzer rang sich durch zu einer  Auffassung Gottes als Einheit des Lichts und des Dunkels,

des Zornes und der Liebe, des Guten und des Bösen. Eineähnliche Auffassung vom deus absconditus klingt bei Jungin Antwort auf Hiob an, wenn er schreibt: „Gott hat einenfurchtbaren Doppelaspekt: ein Meer der Gnade stößt aneinen glühenden Feuersee (...). Das ist das ewige Evange-lium (im Gegensatz zum zeitlichen): man kann Gott liebenund muß ihn fürchten.“63 Die letzten, die großen Geheim-nisse des Seins sind antinomisch, und bei Böhme wird dasUrphänomen der Gegensätze ontologisch verankert. BeiJung erfährt dieses Urphänomen eine psychologische Ausformung, in der letztlich auch ein Gottesbild zum Aus-

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22 Die von Gott geleitete anima mundi, die ihrerseits den Menschen führt

druck kommt, das nichts mit dem „Gott der Philosophen“bzw. dem „Gott der Theologen“ gemein hat, sondern mitdem lebendigen Gott der inneren Erfahrung, mit der Er-fahrung des Selbst. Genau hier liegt heute der entschei-dende Unterschied zwischen den quaternarischen Gottes-bildern von Böhme und von Jung – obwohl beide Bilder einem religiösen Erlebnis entspringen, obwohl beide näher an der Gottesvorstellung des Alten Testaments stehen als

am  summum bonum des christlichen Denkens, wird erstder moderne psychologische Standpunkt ein wissen-schaftliches Instrumentarium bereitstellen, das mit Blickauf die Empirie des Individuationsprozesses eine Neu-orientierung und damit ein tieferes, fundiertes Verständnisder Weiterentwicklung des christlichen Mythus ermögli-chen kann. Diese Weiterentwicklung ist – so Jung – Jakob

Böhme nämlich nur zum Teil gelungen.64

Was schließlich das dritte klassische Zeitalter, die Roman-tik, betrifft, so kann es keinen Zweifel daran geben, dassJungs Werk von hier die stärksten Impulse erfahren hat.Natürlich muss bei einer Untersuchung der Rekurse undBezüge Jungs auf die Romantik auch immer an den Um-

stand erinnert werden, dass sich die romantische Natur-philosophie zwar selbst durch Rückgriffe auf die beiden vorangegangenen Zeitalter der Naturphilosophie konstitu-iert, dabei aber die spezifischen historischen, sozio-ökono-mischen und wissenschaftlichen Rahmenbedingungen zuBeginn des 19. Jahrhunderts in die Traditionslinie naturphi-losophischen Bemühens mit einbringt. Mit anderen Wor-ten, die Romantik versucht die Frage nach der Wesens-einheit von Gott, Seele und Natur unter Berücksichtigungdes Erkenntnis- und Problemstandes ihrer Zeit zu einer umfassenden und – erstmalig bei Schelling auch – syste-

matischen Naturphilosophie auszuarbeiten. Sie zeichnetsich aus durch eine stark gefühlsmäßige, an Verehrunggrenzende Bindung an die Natur, aus der die lyrischeDichtung und die naturphilosophische Spekulation erwach-sen, sowie durch die Suche nach dem geheimnisvollen„Grund“ der Natur, den der Romantiker zugleich für dasFundament seiner eigenen Seele hält – die schaffendeNatur ist auch im Künstler tätig. Hieraus resultiert das In-

teresse der Romantiker an allen Manifestationen des Un-bewussten, an Träumen und deren Symbolik, am Genie, anGeisteskrankheiten und Parapsychologie, zudem an My-then und Märchen. Des weiteren betonen sie das Gefühlfür das „Werden“, darin sich das Individuum, die Gesell-schaft, ja ganze Nationen und Kulturen, in einem Prozess von Metamorphosen aus den Urprinzipien entwickeln undentfalten. Schließlich zeichnen sie sich aus sowohl durchein höchst kultiviertes Einfühlungsvermögen gegenüber anderen Kulturen und Geschichtsperioden als auch durcheinen stark ausgeprägten Individualismus.65 Es gibt – ange-sichts der romantischen Betonung des Gefühls, des Ge-müts und des Irrationalen – daher bei Jung, und auch bei

Freud, kaum ein tiefenpsychologisches Konzept, das nichtschon vom Programm der Romantik vorweggenommenworden wäre.

Natürlich muß hier zuallererst der Rekurs auf Johann Wolf-gang von Goethe genannt werden, der von Jung als der Pate des eigenen geistigen Koordinatensystems bezeich-net wird.66 Was das Denken Goethes betrifft, so besitztes, wie Ernst Bloch herausgearbeitet hat, selbst eine maß-gebliche Renaissance-Dimension. Sehr früh, um 1769,hatte sich Goethe, ausgelöst durch einen schweren physi-schen Zusammenbruch, intensiv u. a. in die Schriften vonParacelsus vertieft wie auch selbst alchemistische Ver-

suche unternommen, was sein späteres Verständnis vonNaturgeschehen nachhaltig inspirieren sollte. Zudem istsein Werk unübersehbar von Giordano Bruno und JakobBöhme, aber auch durch Rekurse auf die Vorsokratik, aufHeraklit, geprägt. Neben der Vorstellung eines sympathe-tischen Weltzusammenhangs begegnet man deshalb gera-de in Goethes Spätwerk, das freilich auch durch die Natur-philosophie von Schelling beeinflußt ist, dem Prinzip desWiderstreits der Gegensätze, dem Prinzip der Polarität,das zusammen mit dem Prinzip der Steigerung dem Natur-geschehen in einem dynamischen Werdeprozess einequantitative und qualitative Aufwärts- und Höherentwick-lung verleiht. Polarität und Steigerung sind ihm die zwei

großen Triebräder aller Natur. Im Werdeprozeß – hier wirdder „statische“ Spinozismus durch Goethe „dynamisiert“– ergießt das göttliche All-Leben den unendlichen Inhaltseines Wesens in die Fülle individueller Gestaltungen undentfaltet sich in der anorganischen und organischen Welt.Nicht einem außerweltlichen, personal zu denkenden Gott,einem Gott, „der nur von außen stieße“, gilt Goethes In-teresse, vielmehr sucht er das Göttliche in den mannigfal-tigen Gestaltungen der Natur, also in herbis et lapidibus,und eine ähnliche Vorstellung von der Entfaltung einesschöpferischen Prinzips klingt auch bei Jung an, wenn er 

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23(Robert Fludd, Utriusque cosmi maioris scilicet et minoris metaphysi-

ca, physica atque technica historica, Oppenheim, 1617)

in einem Brief schreibt: „Das innerste Selbst jedes Men-schen und Tieres, der Pflanzen und Kristalle ist Gott, aber unendlich vermindert und seiner schließlichen individuellenGestalt angeglichen.“67

Obwohl der zentrale Begriff der Analytischen Psychologie,der Archetypus-Begriff, eine Geschichte besitzt, die sichbis zum platonischen eidos zurückverfolgen lässt, hat

natürlich auch Goethes Konzeption des „Urphänomens“,z.B. der  Urpflanze, direkt auf die Genesis von Jungs Archetypus-Begriff gewirkt. Zwar ist – und darauf muss zur Vermeidung von Missverständnissen immer wieder hinge-wiesen werden – der Archetypus-Begriff als psychologi-sche Entsprechung des philosophischen Eidos-Begriffs zu  verstehen, aber erst mit Blick auf Goethes morphologi-sche Methodik in der Biologie und seiner Suche nach der Urpflanze bzw. dem Urtier erklärt sich auch der morpholo-gische Ansatz Jungs bei der Erforschung von Träumen undanderen Manifestationen des kollektiven Unbewussten,ein Ansatz, der eine tragende Rolle bei der Formulierungder Archetypenlehre innehatte.

 Auch wenn sich Jung in seinem Werk als profunder Ken-ner des gesamten Goetheschen Universums ausweist, sokristallisiert sich doch immer wieder der unmittelbare Ein-fluss des Faust heraus; außer Nietzsches Zarathustra hatkein Werk der Weltliteratur einen größeren Einfluß auf dasJung’sche Denken gehabt als Goethes Faust. Schon inseiner Jugend war Jung dem Faust begegnet und in jedemwichtigen Werk von Jung schlägt sich auch die Auseinan-dersetzung mit diesem Buch nieder.68 Angesichts der Viel-falt der Jung’schen Beziehungen zum Faust würde es denRahmen der vorliegenden Studie jedoch weit überschrei-ten, auf alle Querverweise Jungs en détail einzugehen. In

 summa aber besteht der geistesgeschichtliche Rang desFaust für Jung darin, dass dieser ein „alchemistischesDrama von Anfang bis Ende“69 darstellt, wobei diesesDrama schlussendlich seinen „Gipfel in der Gestaltung  von Goethes religiöser Weltanschauung, wie sie uns im,Faust‘ erscheint“70, erreicht. Die Alchemie erklimmt„noch eine letzte Höhe und damit den historischenWendepunkt in Goethes ,Faust‘, der von Anfang bis Endemit alchemistischen Gedankengängen durchtränkt ist.Was im ,Faust‘ geschieht, drückt sich wohl am deutlich-sten in der Paris-Helena-Szene aus. Für den mittelalterli-chen Alchemisten hätte diese Szene die geheimnisvolle,coniunctio‘ von Sol und Luna in der Retorte bedeutet; der 

Mensch der neueren Zeit aber, verkleidet in der Figur desFaust, erkennt die Projektion und setzt sich an Stelle desParis oder Sol und bemächtigt sich der Helena oder Luna,seines inneren weiblichen Gegenstückes (...). Dadurch,daß sich Faust mit Paris identifiziert, zieht er die ,con-iunctio‘ aus der Projektion in die Sphäre persönlich-psy-chologischen Erlebens und damit in das Bewußtsein. Die-ser entscheidende Schritt bedeutet nichts weniger als die Auflösung des alchemistischen Rätsels und damit auch dieErlösung eines bis dahin unbewußten Persönlichkeitstei-les. Jeder Zuwachs an Bewußtheit aber birgt die Gefahr 

der Inflation in sich. Im Übermenschentum Fausts tritt sieuns deutlich entgegen. Faustens Tod ist eine zeitge-schichtlich bedingte Notwendigkeit, aber keine genügende  Antwort. Die Geburt und die Wandlung, welche auf die,coniunctio‘ folgen, sind im Jenseits, das heißt im Unbe-wußten verlaufen.“71

Das Problem wird – so Jung – wieder in Nietzsches Zara-

thustra aufgenommen. Die Wandlung zum Übermenschen,„welchen er (Nietzsche; T. A.) aber in gefährlichste Nähe desdiesseitigen Menschen rückte“72, kommt dabei einer Hybrisdes individuellen Bewusstseins gleich. Auf den Indivi-dualismus des Übermenschen antwortet die nachfolgendeZeit aber mit einem Kollektivismus und der Tendenz der Vermassung: „Erstickung der Persönlichkeit einerseits, einohnmächtiges, vielleicht tödlich verwundetes Christentumanderseits: das ist die ungeschminkte Bilanz unserer Zeit.“73

Polarität und Steigerung – der Einfluß von Friedrich Wil-helm Schelling, dem Feuerkopf der romantischen Natur-philosophie – auf Goethes Naturverständnis kann nur 

schwerlich überschätzt werden, er garantiert den Natur-studien Goethes sozusagen den philosophischen Unter-bau. Gemeinsam sind darum beiden, dem Philosophen unddem Poeten, Begriffe wie Gott-Natur, Weltseele, Allbe-seelung oder der Organismus-Gedanke. Natürlich ist auchSchelling stark vom Neuplatonismus, von Plotin und vonJakob Böhmes Naturphilosophie und Theosophie inspi-riert; des weiteren spielt das Weltbild des Nolaners eineeinflußreiche Rolle in Schellings Denken. Obwohl in JungsWerk nur sporadisch auf Schellings Werk Bezug genom-men wird, und dies vorwiegend im Kontext der histori-schen Entwicklung des Begriffs des Unbewussten, hatRolf Fetscher eine Reihe von Übereinstimmungen zwi-

schen den tiefenpsychologischen Konzeptionen und denGedankengängen in der Philosophie Schellings untersuchtund herausgestellt.74 Zuerst ist natürlich die Vorstellungeiner polaren Anordnung des Seins zu nennen, die dasGrundprinzip von Schellings Naturphilosophie darstellt:„Es ist erstes Princip einer philosophischen Naturlehre, inder ganzen Natur auf Polarität und Dualismus auszuge-hen.“75 „Ein solcher Dualismus aber muß angenommenwerden, weil ohne entgegengesetzte Kräfte keine lebendi-ge Bewegung möglich ist. Reelle Entgegensetzung aber istnur da denkbar, wo die Entgegengesetzten dennoch zu-gleich in einem und demselben Subjekt gesetzt sind.“76

Sein psychologisches Äquivalent findet diese Aussage

Schellings in der Jung’schen Vorstellung der Welt als „Ge-gensatzgemälde“, derzufolge alles Seiende sich durch Ge-gensätze konstituiert und nur aus der Gegensatzspannungdie Energie alles Lebendigen, die Libido, entspringt, ohnedie der Begriff der Entwicklung nicht denkbar ist.

Das Grundprinzip der Polarität trägt Schelling – hier wirdder Einfluss von Jakob Böhme evident – auch in seinenGottesbegriff hinein, der, auf einer philosophischen Ebene,Zornes-Kraft und Liebe, Niederes und Höheres zugleichenthält und somit als coincidentia oppositorum gedacht

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werden muss. „Aber eben weil sie (die Gottheit; T. A.) dieganze und ungetheilte, das ewige Ja und das ewige Neinist, ist sie auch wieder weder das eine noch das andereund die Einheit beider. Es ist hier keine eigentliche Dreiheitaußereinander befindlicher Principien, sondern die Gott-heit ist, als das Eins, und eben weil sie das Eins ist, sowohldas Nein, als das Ja und die Einheit von beiden.“77 Es darfaber bei aller Ähnlichkeit der Aussagen von Schelling und

Jung nicht übersehen werden, dass es sich bei Jungs anti-nomischem Gottesbild nicht um eine Beschreibung des„Wesens“ Gottes handelt, „sondern um die Beschrei-bung von Entsprechungen, auf die man stößt, wenn mansich vom Bereich des Psychologischen her auf den Got-tesbegriff zubewegt.“78

Für Fetscher besteht auch ein enger Zusammenhang zwi-schen Schellings Vorstellungen vom göttlichen Schöp-fungsprozess, von der menschlichen Selbstbewusstwer-dung und Jungs Konzeption des Individuationsprozessesals einem bewusstseinserweiternden Prozess der Integra-tion des Unbewussten. Die Idee, von der Schelling gelei-

tet wird, besteht darin, „daß der Lebenslauf des Men-schen, der Gottes Ebenbild ist und der von sich nur soweitwissen kann als Gott von ihm weiß, der SelbstentwicklungGottes parallel sein müsse. Da nun des Menschen Lebendurch den Sündenfall als Anfang und die Erlösung als Zielbestimmt ist, so muß die ewige Selbstgebärung Gottesdarin bestehen, daß auch Gott aus dunklem, vernunftlo-sem Urwesen sich durch Selbstoffenbarung und Selbster-kenntnis zur absoluten Vernunft entfaltet.“79 Schöpfungwird somit zum Bewusstwerdungsprozess des Göttlichenund es mutet geradezu als eine Vorwegnahme von JungsBegriff des Individuationsprozesses an, wenn Fetscher indiesem Sinne Schelling zitiert:

„Aber wie der Mensch im Proceß seiner Selbstbildungoder Selbstbewußtwerdung das Dunkle, Bewußtlose in sich

 von sich ausschließt, sich entgegensetzt, nicht um es ewigin dieser Ausschließung, in diesem Dunkel zu lassen, son-dern um dieses Ausgeschlossene, dieses Dunkle selbst all-mählich zur Klarheit zu erheben, es hinaufzubilden zu sei-nem Bewußten, so schließt auch Gott das Niedere seinesWesens zwar von dem Höheren aus und drängt es gleich-sam von sich selbst hinweg, aber nicht um es in diesemNichtseyn zu lassen, sondern um es aus ihm zu erheben,um aus dem von sich ausgeschlossenen Nichtgöttlichen –aus dem, was nicht Er selber ist, und was er eben darum

 von sich geschieden, das ihm Aehnliche und Gleiche zu er-ziehen, heraufzubilden, zu schaffen. Schöpfung bestehtdaher in dem Hervorrufen des Höheren, eigentlichGöttlichen in dem Ausgeschlossenen (...) dieses unterge-ordnete Wesen, dieses Dunkle, Bewußtlose, was Gottbeständig von sich, als Wesen, von seinem eigentlichenInneren hinwegzudrängen, auszuschließen sucht, ist dieMaterie (freilich nicht die schon gebildete), und die Materiealso nichts anderes als der bewußtlose Theil von Gott.“80

Gott ist nicht „fertig“: Hier schimmert, alchemistisch

gesehen, die Idee des in der Materie verborgenen mercu-rius durch, der seiner Erlösung durch den Menschen harrt.In der Materie offenbart sich, um mit Jung zu sprechen,der psychoide Aspekt der Archetypen.

Die Lösung des erkenntnistheoretischen Problems, alsodie Frage nach der Möglichkeit von Erkenntnis der äuße-ren Welt durch den Menschen, ergibt sich bei Schelling

durch die Identität von Natur und erkennendem Geist:„Die Natur soll der sichtbare Geist, der Geist die unsicht-bare Natur seyn. Hier also, in der absoluten Identität desGeistes in uns und der Natur außer uns, muß sich dasProblem, wie eine Natur außer uns möglich sey, auflö-sen.“81 Obwohl Schelling den äußeren Dingen in gewis-sem Sinne eine objektive Realität zuerkennt, ist dieMöglichkeit zur Erkenntnis in das Innen des erkennendenSubjekts verlagert. Schellings Aussage: „Wir kennen un-mittelbar nur unser eigen Wesen, und nur wir selbst sinduns verständlich“, wird von Fetscher in direkten Zusam-menhang mit Jungs Auffassung gebracht, wonach die Psy-che und ihre Inhalte die einzige Wirklichkeit darstellen, die

uns unmittelbar gegeben ist.82

Der Organismus-Gedanke Schellings ist für Fetscher einweiterer gemeinsamer Berührungspunkt zwischen demRomantiker und Jung. Wenngleich Schelling die Ergebnis-se der experimentellen Naturwissenschaften keineswegsignoriert, spiegelt sich sein Protest gegen das mechani-stisch-materialistische Naturverständnis, mit dem ja dieeuropäische Moderne angetreten ist, in einem Gegen-entwurf, der die organische Einheit der Natur propagiert.83

Der Organismus-Gedanke setzt aber eine produktiveKraft, einen organisierenden – und das heißt auch selbst-regulierenden – Geist voraus. Auf das System „Psyche“

übertragen, wird – so Fetscher – die Parallele der tiefen-psychologischen Vorstellung zu Schellings Organismus-Gedanken durch folgende Feststellung Jungs deutlich er-kennbar: „Eine psychologische Theorie, die mehr sein sollals bloß technisches Hilfsmittel, muß sich auf das Gegen-satzprinzip gründen; (...) Es gibt kein Gleichgewicht undkein System mit Selbstregulierung ohne Gegensatz. DiePsyche aber ist ein System mit Selbstregulierung.“84

Schließlich stellt Schellings Auffassung der Mythologie für Fetscher eine philosophische Vorwegnahme des Begriffsdes kollektiven Unbewussten dar. Weder erklärt sich für Schelling die Mythologie durch einen Standpunkt der über-

höhten Erzählung aus der Vorgeschichte des Menschen,noch ist für ihn die Mythologie ein bloßes Fantasiegebilde.Die Mythologie findet nach Schelling ihre Wurzeln immenschlichen Bewusstsein – Bewusstsein im Sinne vonSchelling, also ohne, wie Fetscher hervorhebt, tiefenpsy-chologische Trennung in Bewusstsein und Unbewusstesim Sinne Jungs –, so „daß ihre Entstehung (die der Mytho-logie; T. A.) in das Innere der ursprünglichen Menschheit versetzt wurde, daß nicht mehr Dichter oder kosmogoni-sche Philosophen oder Anhänger einer geschichtlich vor-ausgegangenen religiösen Lehre als Urheber galten, son-

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dern das menschliche Bewußtsein selbst als der wahreSitz und das eigentliche erzeugende Princip der mythologi-schen Vorstellungen erkannt wurden.“85 Die Menschen zuallen Zeiten der Menschheitsgeschichte unterliegen einem„mythologischen Prozess“, welcher von überindividuellenMächten in Gang gesetzt ist: „Es sind überhaupt nicht dieDinge, mit denen der Mensch im mythologischen Proceß verkehrt, es sind im Innern des Bewußtseyns selbst auf-

stehende Mächte, von denen es bewegt wird.“86 Die Weltdes Mythos aber ist eine urbildliche Welt: „Nur als Typus– gleichsam als die urbildliche Welt selbst – hat dieMythologie allgemeine Realität für alle Zeiten.“87 Ruft mansich angesichts Schellings Auffassung vom Mythos nocheinmal die Grundprinzipien von Jungs Archetypenlehre, dieu.a. auch auf einem ausgedehnten Studium von Mythenund Märchen gründet, ins Gedächtnis, so wird die Nähebeider Auffassungen sehr deutlich: Die Welt des Mythosist eine archetypische Welt, deren Inhalte keine Er-findungen der Fantasie sind, sondern als Bildungen einesuniversellen menschlichen „Bewusstseins“ mit den beob-achtbaren Strukturen des kollektiven Teils der Psyche, den

  Archetypen, koinzidieren. Allerdings – so hebt Fetscher hervor – besitzen für Schelling die mythologischen Götter,die symbolisch vom Mythos dargestellt werden, eine ei-genständige Realität, sie sind Brücken zum Absoluten,zum einen, nicht mehr erkennbaren Gott, während beiJung die Archetypen – zumindest in der frühen Formu-lierung seiner Archetypenlehre – eine Betonung als inner-psychische Realität erfahren.88

Obwohl sich bei Jung nur zwei Bezüge auf die romantischeSeelenkunde von Gotthilf Heinrich von Schubert, einSchelling-Schüler aus der Jenaer Zeit, finden lassen,identifiziert Henry Ellenberger eine Reihe auffallender Ähn-

lichkeiten zwischen von Schuberts Weltanschauung undKonzepten, die der Analytischen Psychologie, aber auchder Psychologie Freuds, zugrunde liegen.89 In seinemFrühwerk Ansichten von der Nachtseite der Naturwissen- schaft entwirft von Schubert ein Bild des Menschen, der ursprünglich eins war mit der Natur und mit dieser in einemZustand der Harmonie gelebt, sich aber dann durch seineIch-Sucht und seine Selbstständigkeit von der Natur ent-fernt hat und diese nun als Gegenstand, als Äußeres,erfaßt.90  An einem zukünftigen Punkt seiner Entwicklungwird der Mensch sich in einer vervollkommneten Form der Natur wieder zuwenden. Das Leben des Menschen, des-sen drei Bestandteile Leib, Seele und Geist sind, durch-

läuft dabei eine Reihe von Metamorphosen; diese Vorstel-lung vom Wandlungsgeschehen ähnelt Ellenberger zufolgedem Prozess der Individuation bei Jung. Des weiterenbesitzt der Mensch bei von Schubert einen zweiten Mittel-punkt der Seele, dem Ellenberger den Archetypus desSelbst gegenüberstellt. In seiner Auffassung vom Traum,wie sie von Schubert in seinem Werk Die Symbolik desTraumes niederlegt, sind Träume (und der Somnambulis-mus) diejenigen Organe, in denen die Wahlverwandtschaftdes menschlichen Wesens mit einem höheren göttlichenUrgrund erscheint: Das höchste Prinzip ist im Menschen

tätig, wenn er schläft.91 Im Gegensatz zur Wortsprachedes Wachbewusstseins sprechen die Träume im Schlafeine Bildersprache, eine Hieroglyphensprache – sie ist dieeigentliche Sprache des Schicksals, die Sprache Gottes.Die Bildersprache der Träume ist eine dem menschlichenGeist angeborene Sprache, die nicht wie die Wortspracheerlernt werden muss, sie ist daher Ursprache, eine Spra-che mit universalen Symbolen, deren Bedeutung bei allen

Völkern und Individuen gleich ist. Diese Vorstellung vonuniversalen Symbolen lässt sich zwanglos mit Jungs Archetypenlehre vergleichen.

 Auch bei Ignaz Paul Troxler identifiziert Ellenberger Gedan-kengänge, die seiner Meinung nach deutliche Ähnlichkeitzu Konzepten der Analytischen Psychologie aufweisen,wobei allerdings festzuhalten bleibt, dass der Schweizer Naturphilosoph in Jungs Werk selbst keine Erwähnung fin-det. Nach Troxler, der wie von Schubert ein Schüler Schellings war, setzt sich der Mensch aus vier Prinzipienzusammen, wobei er zwischen Leib und Körper unter-scheidet: Der Leib ist ihm ein beseeltes und empfindendes

System, soma, der Körper jedoch das, was dem Anatomoder Chirurg erscheint. Ellenberger beschreibt diese vier Prinzipien Troxlers wie folgt: „Die ,Vierheit‘ (Tetraktis)besteht aus zwei Polaritäten: Soma und Seele, die auf glei-cher Stufe stehen und einander ergänzen, und Geist undKörper, wobei der letztere dem ersteren untergeordnet ist.Diese vier Prinzipien werden zusammengehalten durchdas Gemüt, das der lebendige Mittelpunkt der ,Vierheit‘(Tetraktis) ist.“92 Das „Gemüt“ ist nach Troxler die wahreIndividualität des Menschen, des Daseins lebhaftester Mittelpunkt. Der menschliche Lebenslauf in der Troxler-schen Anschauung, so Ellenberger weiter, ist eine „Abfol-ge immer höherer Grade des Bewußtseins. Das kleine

Kind lernt zunächst zwischen Ich und Nicht-Ich zu unter-scheiden, dann zwischen Seele und Soma. Wenn dieSeele sich vom Soma freigemacht hat, kann sich der Mensch mit rein intellektuellem Wissen zufriedengeben, er hat auch die Freiheit, eine dritte Entwicklungsebene zuwählen, nämlich die des Geistes (...). Es ist das wahre Zielder Philosophie, den Geist zu einem Organ der Erkenntniszu machen, durch das dem Menschen höhere geistigeWirklichkeiten aufgeschlossen werden.“93 In dieser Stu-fenfolge der seelischen Entwicklung, wie sie in der Trox-lerschen Anschauung dargelegt ist, sieht Ellenberger deut-liche Ähnlichkeiten zu Jungs Prozess der Individuation. Auch stellt Ellenberger Troxlers „Gemüt“ den Archetypus

des Selbst gegenüber.

Der Arzt und Philosoph Carl Gustav Carus spielt vor allembei Jungs Darlegungen der Geschichte des Unbewussteneine immer wieder zentrale Rolle. Carus, der in Goetheseinen   spiritus rector sah, aber umgekehrt auch vonGoethe auf das Höchste geschätzt wurde, hatte denBegriff des Unbewussten erstmalig zu einer systemati-schen Theorie ausgebaut. Die geistesgeschichtlicheBedeutung von Carus‘ Werk würdigt Jung im Rückblickauf die Philosophiegeschichte der Neuzeit: „Die Entgeis-

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tung der Natur war der modernen Naturwissenschaft mitihrer sogenannten objektiven Erkenntnis des Stoffes vorbe-halten. Alle anthropomorphen Projektionen wurden eine umdie andere aus dem Objekt zurückgezogen, wodurch einer-seits die mystische Identität des Menschen mit der Natur inbisher unerhörtem Maße beschränkt wurde, andererseitsaber erfolgte, durch die Zurückziehung der Projektionen indie Seele, eine solche Belebung des Unbewußten, daß die

neuere Zeit nicht mehr umhin konnte, die Existenz einer unbewußten Psyche zu postulieren. Hierzu zeigen sich dieersten Ansätze schon bei Leibniz und Kant und dann in raschansteigendem Maße bei Schelling, Carus und von Hartmann,bis die moderne Psychologie auch noch die letzten metaphy-sischen Ansprüche der philosophischen Psychologen ab-streifte und die Idee der psychischen Existenz auf die psy-chologische Aussage, das heißt auf die psychologischePhänomenologie beschränkte.“94

Die historische Bedeutung, die Jung dem Werk von Caruszuschreibt, erscheint freilich nochmals in einem besonde-ren Licht angesichts des geistesgeschichtlichen Ranges,

den Goethes Faust für Jung innehatte:

„Wie die Alchemie, sozusagen im Dunkeln tappend, durchunzählige Variationen ihrer theoretischen Voraus-setzungen und ihrer praktischen Versuche hindurch imLaufe vieler Jahrhunderte ihren Weg ertastete, so hat diemit Carl Gustav Carus anhebende Psychologie desUnbewußten die von der Alchemie verlorene Fährte wie-der aufgenommen. Dies geschah merkwürdigerweise in  jenem Augenblick der Geschichte, wo das Streben der   Alchemisten seinen höchsten dichterischen Ausdruck inGoethes ,Faust‘ erreichte. Als Carus schrieb, hatte er aller-dings nicht geahnt, daß er die philosophische Brücke zu einer 

zukünftigen empirischen Psychologie baute, welche sozusa-gen wortwörtlich das alte Rezept der Alchemie wieder auf-nehmen sollte: ,(...) in stercore invenitur‘; diesmal allerdingsnicht in die billige, unansehnliche Substanz projiziert, welche, von allen verworfen, überall auf der Straße gefunden werdenkonnte, sondern in die peinliche Dunkelheit der menschlichenSeele, die mittlerweile klinisch erfahrbar geworden war. Dortnur fanden sich alle jene Gegensätzlichkeiten, jene groteskenPhantasmata und skurrilen Symbole, welche den Geist der   Alchemisten fasziniert und ebenso verwirrt wie erleuchtethatten. Und es stellte sich dem Psychologen das gleicheProblem, welches schon durch siebzehnhundert Jahre die  Alchemie in Atem gehalten hatte: Was soll er mit diesen

Gegensätzlichkeiten? Kann man sie verwerfen und sich ihrer entledigen? Oder muß man ihr Vorhandensein anerkennen,und ist es unsere Aufgabe, sie zum Einklang zu bringen undaus dem Vielfältigen und Widerspruchsvollen eine Einheit,die sich natürlicherweise nicht von selbst ergibt, mit mensch-licher Bemühung – Deo concedente – herzustellen?“95

Jung war dem Werk von Carus in seinen ersten Studien- jahren begegnet; der Rekurs von Jung verdeutlicht sich ineiner ganzen Reihe von Ähnlichkeiten, auf die James Hill-man in einem Vorwort zur englischen Ausgabe von Carus‘

Psyche hingewiesen hat.96 Zum Beispiel spiegelt sichJungs Vorstellung vom kollektiven Unbewussten in der  Ansicht von Carus wider, die eine Verbindung zwischendem Unbewussten des einzelnen mit dem Unbewusstenaller Menschen, ja mit dem Weltganzen behauptet. Auchwird das Unbewusste sowohl von Jung als auch von Carusals ein weltschöpferisches Prinzip verstanden, das einemBewusstsein, welches seiner eigenen Voraussetzung ge-

genüber geöffnet ist, zur Erweiterung bzw. Vertiefung ver-hilft.97 Aber beide wissen auch um die Gefahren, die dasUnbewusste bereithält, und um die Bedeutung, die demBewusstsein in diesem Zusammenhang zukommt.98 Der Organismus- und Entwicklungsgedanke der AnalytischenPsychologie findet schließlich auch seine Legitimation implatonisch-romantischen Holismus eines Carus.

Zum Abschluß soll noch von Friedrich Creuzer die Redesein, dessen Symbolik und Mythologie der alten Völker Jung mit höchstem Interesse studiert hat.99 Hier findetJung eine Fülle von Mythen und Symbolen sowie eine neu-platonisch grundierte Deutung. Creuzer, ein in Heidelberg

lebender Schiller-Schüler, hatte die Schriften von Plotinund Proklos ediert und einen neuen, und zwar symboli-schen Ansatz zur Interpretation der Mythen entwickelt. Imunmittelbaren Anschluss an eine Reise nach Amerika, dieJung mit Freud zusammen unternommen hatte und inderen Verlauf sich aufgrund von Jungs Haus-Traum dieersten Anzeichen des späteren Zerwürfnisses zeigten,hatte Jung die Arbeit von Creuzer zur Hand genommenund sich in ein Studium der Mythologie und Archäologie vertieft.100 Zusammen mit dem mythologieträchtigenFantasiematerial von Miss Miller sollte dieses Studiumschließlich seinen Niederschlag in Wandlungen undSymbole der Libido finden. In diesem Zusammenhang hat

James Hillman nochmals die Bedeutung Creuzers hervor-gehoben, indem er die psychologische Quelle der Arche-typenlehre in Jungs Haus-Traum, die historische Quelle jedoch in Creuzers Werk sieht.101 Die Ursache dafür, dassJung so stark von Creuzers Arbeit inspiriert wurde, siehtHillman in einer geistigen Affinität zwischen Jung undCreuzer, deren Grundlage letztlich im Neuplatonismus zusuchen ist. Die von Hillman in diesem Zusammenhang dar-gestellten Parallelen zwischen Plotins All-Einheits-Denkenund Jungs Archetypenlehre sind zudem äußerst erhellendim Hinblick auf die panentheistischen Aspekte der  Analytischen Psychologie. Es muß aber, trotz aller Affinitätzum Neuplatonismus, hervorgehoben werden, dass Jungs

(und auch Paulis) kritische Revision der abendländischenGeistesgeschichte letztlich eine   symmetrische Behand-lung des Gegensatzpaares Geist – Materie einfordert, dasheißt eine Rangerhöhung der Materie, die bei Plotin und inder christlichen Tradition als das Böse und als eine priva-tio der Ideen, als privatio boni, behandelt wird.

Es versteht sich von selbst, dass die obige Darstellung der Rekurse und Bezüge des Jung’schen Werkes auf alle dreiklassischen Zeitalter der Naturphilosophie allenfalls einenkursorischen Charakter besitzt. Dies liegt zum Teil an dem

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27 Anima mit Lichtkrone, Peter Birkhäuser, 1964

öffnen sich heute mit Blick auf die Möglichkeit eines vier-ten Zeitalters der Naturphilosophie plötzlich Perspektiven,die weit über den akademischen Diskurs, der sich nur noch auf Big-Bang-Theorien oder Probleme der Quanten-logik beschränkt, hinausgehen. Denn in der Psyche desIndividuums läßt sich wieder die Wesenseinheit von Ideeund Materie, von mundus archetypus und Physis, erlebenund erkennen.103 Jungs Grundeinstellung spiegelt letztlich

die des Panentheismus oder, philosophisch gesprochen,die eines psycho-physischen Monismus, allerdings miteiner Besonderheit: hen kai pan wird Prozess, ein zulebender und lebbarer Prozess – von hier, und nur von hier,wird dem gegenwärtig wieder anstehenden „psycho-phy-sischen Problem“ der Ansatz einer Lösung zuwachsenkönnen, zumal Jung und Pauli beide der Ansicht waren,dass unser Zeitalter durch den Archetyp der  coniunctiogeprägt sei, was auch eine Rangerhöhung der Materie unddes Weiblichen als Aufgabe impliziert, eine Inkarnation desPrinzips des Eros.104 Omnia coniungo, „Ich verbinde Al-les“, ist dabei das Motto der Sophia, der Weltseele, der anima mundi, die es zu erkennen, zu erlösen und zu leben

gilt. Die Dimension der Problemstellung, über die man sichfreilich keine Illusionen machen darf, verdeutlicht sichdabei, so Jung, am „2000-jährigen Problem“ der abend-ländischen Geistesgeschichte: „Wie gelangt man von Dreizu Vier?“105 – oder auch: Wie wird der Mensch wieder zumHüter der Erde?

Zum Abschluß sei noch ein Rundblick gestattet: Birgt die  Analytische Psychologie heute das größte Potential zur 

großen Umfang und der fehlenden Systematik desJung’schen Werkes, wie auch an der höchst komplexen Wir-kungsgeschichte philosophischer Begriffsbildungen. Dass

aus der fehlenden Systematik ein Synkretismus abgeleitetwerden kann, wie dies Jung oft zum Vorwurf gemacht wur-de, geht an der eigentlichen Intention der Jung’schen Tie-fenpsychologie allerdings vorbei. Jung war Empiriker, der sich als Arzt primär für die Lebensprozesse, seien sie in der Psyche oder in der Natur angesiedelt, interessiert hat. Zu-dem war er interessiert an allen psychologischen Aspek-ten religions- und geistesgeschichtlicher Symbolik. SeineRekurse und Bezüge stellen insgesamt ein Vehikel dar, dieKomplexität dieser Prozesse überhaupt zu erfassen und  vom Standpunkt der Psychologie zu verstehen. SeinenKritikern gegenüber hat er immer wieder auf dieseKomplexität hingewiesen, die sich letztendlich – legt man

eine gewisse intellektuelle Bescheidenheit als Maßstab an– den Einordnungsversuchen des menschlichen Verstan-des und selbst den ausgefeiltesten philosophischen Sys-temen doch immer wieder entzieht. Wem die Arbeit an der Wirklichkeit und Autonomie der Seele zum existentiellenBedürfnis wird, wem Segen und Fluch des eigenen Indivi-duationsprozesses auferlegt ist, der wird auch eher an dasmühsame Gestammel der Mystiker und deren cognitio deiquasi experimentalis erinnert als an die Versuche rationa-ler Gottesbeweise und philosophischer Begriffsakrobatik:

„Es ist mir dabei bewußt, (...) daß ein bloß intellektuellesVerstehen hier nicht ausreicht. Wir gewinnen damit näm-

lich nur gewisse Wortbegriffe, vermissen aber deren ei-gentlichen Gehalt, welcher in der lebendigen und eindrück-lichen Erfahrung des Prozesses an uns selber besteht.Man wird gut daran tun, sich in dieser Hinsicht keinenIllusionen hinzugeben: man kann mit keinem Verstehen von Wörtern und kein Anempfinden wirkliche Erfahrung er-setzen.“102

Weil Jung aber mit seiner psychologisch orientierten Su-che nach der Wesenseinheit von Gott, Seele und Natur ganz in der Linie naturphilosophischer Tradition steht, er-

Rekurse und Bezüge der Jung’schen Tiefenpsychologie auf 

alle drei klassischen Zeitalter der Naturphilosophie.(Bild S. 27, links oben)

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Formulierung einer zeitgemäßen Naturphilosophie, so hates doch in anderen Bereichen ebenfalls große Anstrengun-gen gegeben, angesichts des wissenschaftlichen Erkennt-nis- und Problemstandes der Moderne naturphilosophi-sches Gedankengut in die aktuellen Forschungsergebnis-se miteinzubringen. In der Physik zu Beginn des 19. Jahr-hunderts werden z.B. Bezüge zur Zahlensymbolik der Py-thagoreer bei Arnold Sommerfeld ersichtlich, wenn er mit

Blick auf die Gesetze der Spektrallinien schreibt: „Was wir heute in der Sprache der Spektren heraushören, ist einewirkliche Sphärenmusik des Atoms, ein Zusammenklingenganzzahliger Verhältnisse, eine bei aller Mannigfaltigkeitzunehmende Ordnung und Harmonie. Für alle Zeiten wirddie Theorie der Spektrallinien den Namen Bohrs tragen. Aber noch ein Name wird dauernd mit ihr verknüpft sein,der Name Plancks. Alle ganzzahligen Gesetze der Spek-trallinien und der Atomistik fließen letzten Endes aus der Quantentheorie. Sie ist das geheimnisvolle Organon, aufdem die Natur die Spektralmusik spielt und nach dessenRhythmus sie den Bau der Atome und Kerne regelt.“106

Einsteins Spinozismus und Heisenbergs Platonismus-Stu-dien sind weitere Beispiele für die Einordnung aktueller Forschungsergebnisse in abendländische Denktraditio-nen.107 In diesen Kontext rücken auch die Bemühungen  von Carl Friedrich von Weizsäcker und Wolfgang Pauli.  Außerhalb der Physik läßt sich ebenso eine deutlicheWiederbelebung platonischen Gedankengutes feststellen,sei es in der Mathematik, Biologie, Philosophie, aber auchin der Literatur, in der Malerei und in der Musik.108 Deut-liche platonisch-neuplatonische Züge trägt zudem die All-Einheits-Lehre von Karlfried Graf Dürckheim mit seiner dem Panentheismus zugeneigten Metaphysischen Anthro- pologie; in der Theologie gehören Rudolf Otto und Paul

Tillich ebenfalls in die Linie panentheistischen Weltver-ständnisses.109 Was eine Wiederverzauberung der Weltbetrifft, so verweist Marie-Louise von Franz auf Henri Cor-bin und dessen mundus imaginalis, wobei auch eineBrücke zur islamischen Mystik gangbar wird, eine Option,die in Zeiten des „Clashes of Civilization“ heilend wirkendkönnte.110 Die Reihe derjenigen, die im 20. Jahrhundert, aufwelchem Feld auch immer, wieder an genuin naturphiloso-phische Gedankengänge angeknüpft haben, verdeutlicht,dass die Naturphilosophie – aktuell durchaus in Form der Tiefenökologie – auch heute noch eine starke Unterströ-mung zum herrschenden kollektiven Weltbild darstellt.Hieraus ist Hoffnung zu schöpfen angesichts der Frage

nach einem vierten Zeitalter der Naturphilosophie. Und viel-leicht mag dabei Wolfgang Paulis Bemerkung eine Orien-tierung darstellen, dass nämlich eine durch die Archetypen-lehre untermauerte Naturphilosophie, die die heutigen Wis-senschaften komplementär ergänzt, über die archetypi-schen Quellen der Wissenschaften in eine neue Form vonReligion vorzudringen könne.111

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29 Alte Eiche

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Dr. Thomas Arzt – Seite 14

1 Vgl. Paulis Brief vom 17. 5. 1952 an C. G. Jung. In: C. A. Meier:Wolfgang Pauli und C. G. Jung. Ein Briefwechsel.Berlin/Heidelberg, 1992, 84.

2 Siehe dazu z.B. die Ansätze des Schweizer Industriellen StephanSchmidheiny in dem Interview „Ökologische Revolution der Wirtschaft“. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21. 3. 1992, Nr. 69.

3 Schopenhauer, A.: Ueber die vierfache Wurzel des Satzes vomzureichenden Grunde. In: Hübscher, A. (Hrsg.): Arthur Schopenhauer. Sämtliche Werke. Bd. 1, Wiesbaden, 21948, 143.

4 Im Allgemeinen besteht heute ein Konsens darüber, wie mit den Ansätzen von Francis Bacon (1561–1626) und René Descartes(1596–1650) im 16. und 17. Jahrhundert das zu dieser Zeit konstel-lierte „psycho-physische Problem“ gelöst und in der Folge dieMathematisierung der Wissenschaft deren Siegeszug eingeleitetwurde. Siehe dazu: Hösle, V.: Philosophie der ökologischen Krise.München, 1991. Zur Notwendigkeit des cartesischen Schnitts für dieEntwicklung der Wissenschaft, aber auch zu Aspekten der Überwin-dung dieser Entwicklungsstufe siehe: Primas, H.: Über dunkle

 Aspekte der Naturwissenschaft. In: Atmanspacher, H.; Primas, H.;Wertenschlag-Birkhäuser, E. (Hrsg.): Der Pauli-Jung-Dialog und seineBedeutung für die moderne Wissenschaft. Berlin/Heidelberg, 1995,205–238, hier 213.

5 Eine ausführliche Darstellung zum Niedergang der Naturphilosophieim 19. Jahrhundert f indet sich bei: Böhme, G.: Natürlich Natur. Über 

Natur im Zeitalter ihrer technischen Reproduzierbarkeit.Frankfurt/Main, 21992.6 Siehe hierzu: Krohn, W.; Meyer-Abich, K. M.: Einheit der Natur –

Entwurf der Geschichte. Begegnungen mit Carl Friedrich vonWeizsäcker. München/Wien, 1997. Seit der ersten Publikation vonKalervo Laurikainen im Jahre 1988 ist eine Vielzahl von Werken ver-öffentlicht worden, die die umfangreiche wissenschaftlicheKorrespondenz von Pauli, darunter auch die Korrespondenz mit Jungund seinem Schülerkreis, zum Ziel haben. Im Gegensatz zum anglo-amerikanischen Sprachraum hat es in Deutschland bis heute keinenennenswerte universitäre Rezeption gegeben. Zu Pauli und Jungsiehe z.B.: Laurikainen, K.: Beyond the Atom. Berlin/Heidelberg,1988. Auch: von Meyenn, K.: Wolfgang Pauli. Wissenschaftlicher Briefwechsel mit Bohr, Einstein, Heisenberg u.a. Band IV, Teil I1950–1952) und Teil II (1953–1954). Berlin/Heidelberg, 1996 bzw.1999.

7 Joël, K.: Der Ursprung der Naturphilosophie aus dem Geiste der Mystik. Jena, 1926, 27.

8 Ebd., 29–119. Siehe auch: Von Aster, E.: Geschichte der Philosophie. Stuttgart, 151975, 42: „Die Dichtung um die Wendedes sechsten und fünften vorchristlichen Jahrhunderts, die Dichtungeines Pindar und Aischylos, zeigt einen hohen, pathetischen, hiera-tischen Stil, und dieser selbe Stil ist auch den Philosophen der Zeit,den Aphorismen des Herakleitos, (...) der poetischen Einkleidung undfeierlichen Verkündungen des parmenideischen Lehrgedichts nichtfremd. Wir dürfen diese Eigenart des Denk- und Schreibstils auch inVerbindung bringen mit der religiösen Bewegung, die seit der Mittedes 6. Jahrhunderts über Griechenland und die griechischen Kolonienin Unteritalien geht, der orphischen Bewegung, die den orgiastischenKult des thrakischen Dionysos nach Griechenland bringt. Weder dieEkstasen und Rauschzustände, die mit dem Kult verbunden waren,noch der Seelenwanderungs-, Wiedergeburts- und Erlösungsgedan-ke, der im Mittelpunkt seiner Lehre steht, mutet uns griechisch an,insonderheit wenn wir von Homer und dem von Homer erzogenenund an ihm gebildeten Hellenentum herkommen; es bedurfte einer besonderen Arbeit, um den Barbarengott und die mit ihm verknüpftenLehren und Riten zu gräzisieren, und diese Gräzisierung wird z. T.eben von den Philosophen vollzogen. Andererseits ist es eben dieser Kult und seine Lehre, der zu einer vertieften Erkenntnis und zu einem

 von religiösem Gefühl und religiöser Ehrfurcht getragenen Sinn für die Seele und das Seelische führt.“ – Trotz einer zum Teil wider-sprüchlichen Rezeptionslage wird die von Karl Joël ausgearbeitete

 Argumentationslinie von der überwiegenden Mehrheit der modernenInterpreten bestätigt. Zum Einfluß orphischer Mystik z.B. auf

 Anaximander, Heraklit und Pythagoras siehe auch: Wili, W.: DieGeschichte des Geistes in der Antike. In: Eranos-Jahrbuch XIII.Zürich, 1946, 56–58 bzw. 64. Zum Einfluß orphischer Mystik auf

 Anaximander, Pythagoras und Empedokles siehe: Wili, W.: Die orphi-schen Mysterien und der griechische Geist. In: Eranos-Jahrbuch XI.Zürich, 1945, 91ff. Zu Pythagoras, Xenophanes und Empedoklessiehe auch: Wilhelm Capelle: Die Vorsokratiker. Die Fragmente undQuellenberichte. Stuttgart, 1968, 113 bzw. 182 und 188. Zummystisch-religiösen Grundzug bei Parmenides und Xenophanes vgl.

auch Rudolph Otto: Das Gefühl des Überweltlichen. (SensusNuminis). München, 1932, 287.

9 Joël, K.: Der Ursprung der Naturphilosophie aus dem Geisteder Mystik, 94ff.

10 Foucault, M.: Die Ordnung der Dinge. Eine Archäologie der Humanwissenschaften. Frankfurt/Main, 1971. – „Ähnlichkeit“ bedeu-tet Gleiches und einen Unterschied zwischen den Dingen. Für diesenZusammenhang führt Foucault die vier wichtigsten Strukturmerkmaleauf: die convenientia: die Ähnlichkeit der Dinge zeigt sich in ihrer nachbarlichen Stellung zueinander, die jedoch nicht bloß äußerlich,sondern Zeichen einer dunklen Verwandtschaft ist; die aemulatio:

 vom einen Ende des Universums zum anderen ahmen sich die Dingenach, erzeugen einen fernen, flüchtigen Reflex anderer Dinge, auchwenn sie nicht direkt miteinander verkettet sind; die analogia: d iesubtilsten Ordnungsverhältnisse in einem Seinsbereich können denOrdnungsverhältnissen anderer Bereiche auf das genaueste entspre-chen; und schließlich rufen die Gesetze der Sympathien und

 Antipathien, die die weitesten Räume durchlaufen können, dieBewegung der Dinge hervor und bewirken ihre Annäherung und dennotwendigen Abstand voneinander.

11 Siehe hierzu: Allers, R.: Microcosmus. From Anaximandros toParacelsus. In: Traditio 2, 1944, 319, 407.

12 Zur Affinität zwischen Heraklit bzw. Empedokles und Jakob BöhmesNaturmystik siehe: Joël, K.: Der Ursprung der Naturphilosophie ausdem Geiste der Mystik, 62ff. und 108 bzw. 87. Zum Einfluß der Pythagoreer auf Johannes Kepler siehe: ebd., 75–82. Zum Einflußdes Eleatismus auf Giordano Bruno siehe: ebd., 29 und 83. ZumEinfluß anderer Vorsokratiker auf den Nolaner siehe: Böhme, H.:Giordano Bruno. In: Böhme, G. (Hrsg.): Klassiker der 

Naturphilosophie. München, 1989, 131f.13 Von Aster, E.: Geschichte der Philosophie, 315.14 Von Engelhardt, D.: Einführendes Refererat. In: Brinkmann, R.

(Hrsg.): Romantik in Deutschland. Ein interdisziplinäres Symposion.Stuttgart, 1978, 173.

15 Zur Affinität z.B. zwischen den Vorsokratikern und Goethe siehe:Schmidt, A.: Goethes herrlich leuchtende Natur. PhilosophischeStudien zur Deutschen Spätaufklärung. München, 1984, 51. ZumEinfluß von Jakob Böhme, Giordano Bruno, Paracelsus und vanHelmont auf Goethe siehe: Ebd., 51, 88 und 183. Zum Einfluß vonGiordano Bruno und Jakob Böhme auf Schelling siehe: Ebd., 102bzw. 113, 132 und 182. Zum Einfluß von Giordano Bruno auf Goetheund Schelling siehe auch: Böhme, H.: Giordano Bruno. In: Böhme, G.(Hrsg.): Klassiker der Naturphilosophie, 134. Zur geistigenVerwandtschaft zwischen Jakob Böhme bzw. Paracelsus und Novalissiehe: Roder, F.: Novalis. Die Verwandlung des Menschen. Stuttgart,1992, 258ff., 270 bzw. 381–391. Zur Affinität zwischen denPythagoreern und Novalis siehe: Florian Roder: Novalis. DieVerwandlung des Menschen, 512. Zu dem bedeutenden Einfluß vonPlotin und Spinoza auf die Romantik sei hier auf die oben erwähnten

 Arbeiten von Florian Roder und Alfred Schmidt verwiesen.16 Zum Panentheismus Goethes vgl. auch: Otto, R.: Sünde und

Urschuld. München, 1932, 213. Dieses Verständnis vom Göttlichen,das nicht in der philosophischen Abstraktion, sondern in denGestaltungen der Natur, in rebus singularibus, zu suchen ist, findetsich bei Goethe paradigmatisch auch in Gott, Gemüt und Welt: „Waswär ein Gott, der nur von außen stieße,/Im Kreis das All am Finger laufen ließe!/Ihm ziemt’s, die Welt im Innern zu bewegen,/Natur insich, sich in Natur zu hegen,/So daß, was in ihm lebt und webt undist,/Nie seine Kraft, nie seinen Geist vermißt.“ In: Goethe. DasGöttliche. Gedichte. Potsdam, o. J., 58.

17 Brief von Wolfgang Pauli an Markus Fierz. In: Laurikainen, K.:Beyond the Atom, 142.

18 Brief von Wolfgang Pauli an Marie-Louise von Franz vom 18. April1951. In: van Erkelens, H.: Wolfgang Paulis Begegnung mit demGeist der Materie. In: JUNGIANA. Beiträge zur Psychologie vonC. G. Jung. Verlag Stiftung für Jung’sche Psychologie, Küsnacht,1992, Reihe A, Bd. 4, 40. In seinem Aufsatz ,Naturwissenschaftlicheund erkenntnistheoretische Aspekte der Ideen vom Unbewussten‘schreibt Pauli bzgl. einer generellen Erweiterung der Tiefenpsycho-logie: „Das ,Unbewußte‘ selbst hat eine gewisse Analogie zu ,Feld‘in der Physik und beide werden durch ein Beobachtungsproblemwesentlich ins Unanschauliche und Paradoxe gerückt. In der Physikist zwar nicht die Rede von sich reproduzierenden ,Archetypen‘, son-dern von ,statistischen Naturgesetzen mit primären Wahrschein-lichkeiten‘, aber beide Formulierungen treffen sich in der Tendenz, diealte engere Idee von ,Kausalität (Determinismus)‘ zu einer allgemei-neren Form von ,Zusammenhängen‘ in der Natur zu erweitern, wor-auf auch das psychophysische Problem hinweist. DieseBetrachtungsweise läßt mich erwarten, dass sich die Ideen vomUnbewußten nicht im engeren Rahmen ihrer therapeutischen

 Anwendungen weiterentwickeln werden, sondern dass ihr Anschlußan den allgemeinen Strom der Naturwissenschaft der 

 Anmerkungen

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Lebenserscheinungen für sie entscheidend ist.“ Zitiert nach: vonMeyenn, K. (Hrsg.): Wolfgang Pauli: Physik und Erkenntnistheorie.Braunschweig, 1984, 125.

19 Jung, C. G.: Aion. GW 9/II , Olten, 71989, § 243ff. Zu Thales siehe:Capelle, W.: Die Vorsokratiker. Die Fragmente und Quellenberichte,70f.

20 Ebd., § 311. Siehe auch: Jung, C. G.: Psychologie und Alchemie.GW 12, Olten, 51987, § 527.

21 Jung, C. G.: Psychologie und Alchemie. GW 12, § 528. Über diesymbolische Bedeutung der Schlange bei der gnostischen Sekte der Naassener schreibt Hans Leisegang: „Die Schlange, die sich in den

Schwanz beißt, trafen wir (...) als Symbol des Kreislaufs allesWerdens, das sich als die Entfaltung des Einen zu Allem undRückkehr des Alls in das Eine darstellt.“ Nach Hippolytos ist dieSchlange die feuchte Substanz, und „nichts in der Welt,Unsterbliches oder Sterbliches, Lebendiges oder Lebloses, kannohne sie bestehen.“ Siehe: Leisegang, H.: Die Gnosis. Stuttgart,51985, 111 bzw. 141.

22 Jung, C. G.: Gesamtregister. GW 20, Olten, 1994. Siehe hierzuden Begriff Pneuma, 331.

23 Capelle, W.: Die Vorsokratiker. Die Fragmente undQuellenberichte, 475.

24 Siehe hierzu auch: Jung, C. G.: Psychologie und Religion. GW 11,Olten, 51988, § 61f. Zur Bedeutung der Zahlen insgesamt siehe: vonFranz, M.-L.: Zahl und Zeit. Psychologische Überlegungen zu einer 

 Annäherung von Tiefenpsychologie und Physik. Stuttgart, 21990. Zur Zahl Vier siehe: Ebd., 108ff.

25 Diels, H.: Die Fragmente der Vorsokratiker. Berlin, 1903, 78.26 Jung, C. G.: Über die Psychologie des Unbewußten. GW 7, Olten,

4

1989, § 111. Siehe auch den Begriff Enantiodromie in: Carl GustavJung: Gesamtregister. GW 20, 108.27 Jung, C. G.: Freud und die Psychoanalyse. GW 4, Olten,

21985, § 779.28 Diels, H.: Fragmente der Vorsokratiker, 71.29 von Aster, E.: Geschichte der Philosophie, 44. Siehe auch:

Windelband, W.; Heimsoeth, H. (Hrsg.): Lehrbuch der Geschichte der Philosophie. Tübingen, 1935, 31.

30 Siehe hierzu: Jung, C. G.: Der philosophische Baum. GW 13,Olten, 21982, § 408.

31 Jung, C. G.: Psychologie und Alchemie. GW 12, § 157 und § 297.32 Diels, H.: Fragmente der Vorsokratiker, 66, Fragment 1 und 2. Siehe

auch den Begriff Logos in: Jung, C. G.: Gesamtregister. GW 20, 254.33 Jung, C. G.: Aion. GW 9/II, § 29.34 Jung, C. G.: Briefe. Bd. 2, Walter, Ol ten, 31989, 81f.35 Tourney, G.: Empedocles and Freud, Heraklitus and Jung. In: Bull.

Hist. Med., 1956, 109–123, hier 122.36 Ebd., 122.37 Bodlander, R.: Heraklit und Jung. In: Analytische Psychologie 21,

1990, 142–149.38 Diels, H.: Fragmente der Vorsokratiker, 184.39 Jung, C. G.: Der Geist Mercurius. GW 13, § 242. Siehe auch den

Begriff ,vier Elemente‘ in Jung, C. G.: Gesamtregister. GW 20, 105.40 Siehe hierzu: Jung, C. G.: Psychologie und Religion. GW 11, § 93.

Ebenso: Jung, C. G.: Psychologie und Alchemie. GW 12, § 433.41 Jung, C. G.: Mysterium Coniunctionis. GW 14/I, Olten, 51990, § 245.42 Jaffé, A. (Hrsg.): Erinnerungen, Träume, Gedanken von C. G. Jung.

Olten, 51987, 209.43 Zur Identifikation des göttlichen nous mit dem alchemistischen mer-

curius siehe z.B.: Jung, C. G.: Das Wandlungssymbol in der Messe.GW 11, § 355. Zur Identifikation des mercurius mit dem kollektivenUnbewußten siehe z.B.: Ders.: Psychologie und Alchemie. GW 12,§ 265. Ebenso in: Ders.: Mysterium Coniunctionis. GW 14/II, Olten,51990, § 25. Zur Identifikation der gnostischen Seelenfunken, der 

 scintillae, mit den Archetypen siehe: Ders.: Theoretische Überlegun-gen zum Wesen des Psychischen. GW 8, Olten, 151987, § 388f.

44 Jung, C. G.: Mysterium Coniunctionis. GW 14/III , Olten,41990, § 79.

45 Jung, C. G.: Über Synchroniz ität. GW 8, § 985.46 Jung, C. G.: Synchronizität als ein Prinzip akausaler 

Zusammenhänge. GW 8, § 920f.47 Ebd., § 920.48 Siehe zu den Arbeiten Jungs über Paracelsus: Jung, C. G. :

Paracelsus als geistige Erscheinung. GW 13, § 145–238. Auch:Ders.: Paracelsus. GW 15, Olten, 51990. Des weiteren: Ders.:Paracelsus als Arzt. Ebd.

49 Vgl. z.B. Pagel, W.: Das medizinische Weltbild des Paracelsus. SeineZusammenhänge mit Neuplatonismus und Gnosis. Wiesbaden, 1962.

50 Jacobi, J. (Hrsg.): Paracelsus. Olten, 21991, 73ff.51 Jung, C. G.: Paracelsus als Arzt. GW 15, § 29. Die Fußnoten in

Jungs Aufsatz sind in diesem Zitat nicht aufgeführt.52 Jung, C. G.: Der Geist Mercurius. GW 13, § 256.53 Jung, C. G.: Paracelsus als geistige Erscheinung. GW 13, § 229.

54 „Quod natura relinquit imperfectum, ars perficit.“ Zitiert nach:Ebd., § 195.

55 Jaffé, A.: Der Mythus vom Sinn im Werk von C. G. Jung. Zürich,31983, 128.

56 Jung, C. G.: Psychologie und Religion. GW 11, § 141.57 Jaffé, A. (Hrsg.): Erinnerungen, Träume, Gedanken von C. G. Jung,

335.58 Ebd., 341.59 Jaffé, A.: Der Mythus vom Sinn im Werk von C. G. Jung, 138.60 Jung, C. G.: Briefe. Bd. 1, Olten, 41990, 92.61 Zitiert nach: Wehr, G.: Jakob Böhme. Reinbek, 1985, 48.

62 Windelband, W.; Heimsoeth, H. (Hrsg.): Lehrbuch der Geschichte der Philosophie, 314.63 Jung, C. G.: Antwort auf Hiob. GW 11, § 733.64 Zwar versuchte sich Jakob Böhme an der Quaternität, scheiterte

aber letztendlich mit seinem Versuch, dieses Bild der Ganzheit in dieEinheit eines Mandala zusammenzusetzen. Siehe hierzu: Jung, C. G.:Über die Archetypen des kollektiven Unbewußten. GW 9/I, Olten,71989, § 20. Siehe auch: Ders.: Zur Empirie desIndividuationsprozesses. GW 9/I, § 603f.

65 Vgl. Ellenberger, H. F.: Die Entdeckung des Unbewußten. Bd. 1,Bern, 1973, 282ff.

66 Jaffé, A. (Hrsg.): Erinnerungen, Träume, Gedanken von C. G. Jung, 92.67 Jung, C. G.: Briefe. Bd. 2, 338.68 Vgl. Jung, C. G.: Symbole der Wandlung. GW 5, Olten, 51988.

Siehe auch: Ders.: Psychologische Typen. GW 6, Olten, 31986. Desweiteren: Ders.: Psychologie und Alchemie. GW 12. Siehe auchFaust in: Jung, C. G.: Gesamtregister. GW 20, 130.

69 Jung, C. G.: Psychologie und Alchemie, § 85.

70 Ebd., § 554.71 Ebd., § 558f.72 Ebd.73 Ebd.74 Fetscher, R.: Grundlinien der Tiefenpsychologie von S. Freud + C. G.

Jung in vergleichender Darstellung. Stuttgart, 1978, 148ff. Sieheauch: von Koenig-Fachsenfeld, O.: Wandlungen des Traumproblems

 von der Romantik bis zur Gegenwart. Stuttgart, 1935, 97: „Es findensich eine Reihe von Parallelen zu der Jung’schen Psychologie beiSchelling, hierher gehören das Gesetz der Polarität, das sich inExpansion, Repulsion und Kontraktion, Attraktion (extravertiert–intro-

 vertiert), in einer akzelerierenden, verallgemeinernden und einer retar-dierenden, individualisierenden Kraft (Progression – Regression) mani-festiert (Naturphilosophie). Auch der Gedanke der Entwicklung vonder Indifferenz durch eine Phase der Spaltung zur Identität (das Ziel der Jung’schen Individuation) kann als Parallele angesprochen werden.Schelling als einer der hauptsächlichsten Verlautbarer deutsch-romanti-scher Weltanschauung war von bedeutendem Einfluß auf Männer wieC. G. Carus, Schubert u.a. Daher kann der Hinweis, dass bei JungEntsprechungen zu der Auffassung Schellings zu finden seien, auchbezüglich anderer Autoren jener Zeit gelten. So nimmt Jung selbstimmer wieder die Gelegenheit wahr, auf C. G. Carus hinzuweisen.“ ZuSchellings heutiger Relevanz siehe auch: von Uslar, D.: Die AktualitätSchellings für Tiefenpsychologie und Psychotherapie. In: Hasler, L.(Hrsg.): Schelling. Seine Bedeutung für eine Philosophie der Natur undGeschichte. Stuttgart/Bad Cannstatt, 1981, 163–166. Es sei hier bemerkt, dass Jungs Bibliothek u.a. die Werke von Schelling,Goethe und Carus umfasste.

75 Schelling, F. W. J.: Von der Weltseele, eine Hypothese der höherenPhysik zur Erklärung des allgemeinen Organismus. In: Schröter, M.(Hrsg.): Schellings Werke. Bd. 1, München, 1958, II 459 bzw. 527.

76 Ebd., II 390 bzw. 458.77 Schelling, F. W. J.: Das Weltalter. In: Schröter, M. (Hrsg.): Schellings

Werke. Bd. 4, München, 1965, VIII 299 bzw. 675.78 Fetscher, R.: Grundlinien der Tiefenpsychologie von S. Freud + C. G.

Jung in vergleichender Darstellung, 141.79 Windelband, W.; Heimsoeth, H. (Hrsg.): Lehrbuch der Geschichte der 

Philosophie, 521.80 Schelling, F. W. J.: Stuttgarter Privatvorlesungen. In: Frank, M.

(Hrsg.): F. W. J. Schelling. Ausgewählte Schriften. Bd. 4,Frankfurt/Main, 1985, 46f.

81 Schelling, F. W. J.: Ideen zu einer Philosophie der Natur als Einleitungin das Studium dieser Wissenschaft. In: Schröter, M. (Hrsg.):Schellings Werke. Bd. 1, II 56 bzw. 706.

82 Fetscher, R.: Grundlinien der Tiefenpsychologie von S. Freud + C. G.Jung in vergleichender Darstellung, 150.

83 Vgl. Kirchhoff, J.: Schell ing, Reinbek, 1982, 87ff.84 Jung, C. G.: Über die Psychologie des Unbewußten.

GW 7, § 92.85 Schelling, F. W. J.: Historisch-kritische Einleitung in die Philosophie

der Mythologie. In: Frank, M. (Hrsg.): F. W. J. Schelling. AusgewählteSchriften. Bd. 5, 209.

86 Ebd., 217.

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87 Schelling, F. W. J.: Philosophie der Kunst. In: Schröter, M. (Hrsg.):Schellings Werke. Bd. 3, München, 1965, V 412f. bzw. 432f.

88 Fetscher, R.: Grundlinien der Tiefenpsychologie von S. Freud + C. G.Jung in vergleichender Darstellung, 154.

89 Ellenberger, H. F.: Die Entdeckung des Unbewußten. Bd. 1, 290.90 Gotthilf Heinrich von Schubert: Ansichten von der Nachtseite der 

Naturwissenschaft. Dresden & Leipzig, 1808.91 Gotthilf Heinrich von Schubert: Die Symbolik des Traumes. Leipzig,

1837 (1814).92 Vgl. Ellenberger, H. F.: Die Entdeckung des Unbewußten. Bd. 1, 292.93 Ebd.

94 Jung, C. G.: Das Wandlungssymbol in der Messe. GW 11, § 375.Es sei in diesem Zusammenhang hervorgehoben, dass Jungs Begriffdes Unbewußten bei genauer Betrachtung eine inhärente Feinstruktur aufweist. Siehe hierzu: Brinkmann, D.: Probleme des Unbewussten.Zürich, 1963, S. 59: „So erweist sich auch der einzelwissenschaft-lich-psychologische Begriff des Unbewußten bei Jung in geistesge-schichtlich-philosophischer Beziehung als eine hochkomplizierteLegierung der verschiedenen Stammbegriffe des Unbewußten, wieman sie seit der älteren Neuzeit im abendländischen Geisteslebenaus ganz verschiedenen Wurzeln hervorwachsen sieht.“ Als die vier Stammbegriffe des Unbewussten zählt Brinkmann hier auf: ein räum-lich-materielles, ein perzeptives, ein apperzeptives und ein vitalesUnbewusstsein.

95 Jung, C. G.: Mysterium Coniunctionis. GW 14/II, § 446.96 Hillman, J.: An Introductory Note. C. G. Carus – C. G. Jung. In:

Carus, C. G.: Psyche. On the Development of the Soul. Part 1,New York, 1970.

97 Siehe hierzu: von Koenig-Fachsenfeld, O.: Wandlungen des

Traumproblems von der Romantik bis zur Gegenwart, 115.98 Vgl. ebd., 38.99 Creuzer, F.: Symbolik und Mythologie der alten Völker, besonders der 

Griechen. 4 Bde., Leipzig und Darmstadt, 1810–1812. Zu JungsErwähnung von Creuzers Arbeit siehe: Jaffé, A. (Hrsg.):Erinnerungen, Träume, Gedanken von C. G. Jung, 166. Siehe auch:Ellenberger, H. F.: Die Entdeckung des Unbewußten. Bd. 2, Bern,1973, 982.

100 Jaffé, A. (Hrsg.): Erinnerungen, Träume, Gedanken von C. G. Jung,162–166.

101 Hillman, J.: Plotino, Ficino, and Vico as Precursors of ArchetypalPsychology. In: Ders.: Loose Ends. Texas, 1978, 146–169. Zur 

 Affinität von Neuplatonismus und Analytischer Psychologie sieheauch: MacLennan, B.: Individual Soul and World Soul: The Process ofIndividuation in Neoplatonism and C. G. Jung. In: Arzt, Th.; Holm, A.:Wegmarken der Individuation. Würzburg, 2006, 83–116.

102 Jung, C. G.: Der philosophische Baum. GW 13, § 482.103 Vgl. Meier, C. A.: Wolfgang Pauli und C. G. Jung. Ein Briefwechsel,

102 und 108.104 Vgl. ebd., 88f. Siehe auch: Kurthen, M.: Über Fische, die das Meer in

sich enthalten. C. G. Jung und die Natur der psychologischenErklärung. In: Analytische Psychologie 22, 1991, 100–119.

105 Meier, C. A.: Wolfgang Pauli und C. G. Jung. Ein Briefwechsel, 129.106 Zitiert nach: von Franz, M.-L.: Zahl und Zeit, 49. Siehe auch:

Liesenfeld, C.: Philosophische Weltbilder des 20. Jahrhunderts. Eineinterdisziplinäre Studie zu Max Planck und Werner Heisenberg.Würzburg, 1992, 156.

107 Siehe hierzu: Liesenfeld, C.: Philosophische Weltbilder des 20.Jahrhunderts. Eine interdisziplinäre Studie zu Max Planck und Werner Heisenberg, 126–145 bzw. 153–278.

108 Vgl. ebd., 146ff. Zur Wiederbelebung platonisch-aristotelischer Grundgedanken in der Biologie siehe auch: Meyer-Abich, K.-M.: Der Holismus im 20. Jahrhundert. In: Gernot Böhme (Hrsg.): Klassiker der Naturphilosophie, 313–329. Zum platonisch-neuplatonischenWirklichkeitsverständnis von C. G. Jung und Wolfgang Pauli siehe:

 Arzt, Th.; Hippius-Gräfin Dürckheim, M.; Dollinger, R. (Hrsg.): UnusMundus. Kosmos und Sympathie. Frankfurt/Main, 1992. Zum plato-nisch-neuplatonischen Welt- und Naturbegriff bei Ernst Jünger siehe:

 Arzt, Th.; Müller, K. A.; Hippius-Gräfin Dürckheim, M.: Jung undJünger. Gemeinsamkeiten und Gegensätzliches in den Werken vonC. G. Jung und Ernst Jünger. Würzburg, 1999.

109 Vgl. Ottemann, C.: Initiatisches Christentum. Karlfried GrafDürckheims Lehre vom „initiatischen Weg“ als Herausforderung andie evangelische Theologie. Frankfurt/Main, 1990, 173 bzw. 182.

110 Siehe hierzu: Monzo, R.: I had the Privilege.... In: Kennedy-Xypolitas,E.: The Fountain of the Love of Wisdom. An Homage to Marie-Louise

 von Franz. 2006, 405-435. Auch: von Franz, M.-L.: Muhammad IbnUmail´s Hall Ar-Rumuz: Clearing of Enigmas – Historical Introductionand Psychological Comment. Zürich, 1999.

111 Vgl. Paulis Brief vom 23. 10. 1956 an Carl Gustav Jung. In: Meier, C. A.: Wolfgang Pauli und C. G. Jung. Ein Briefwechsel, 149.Interessante Ansätze und Diskussionen finden sich hier vorwiegendbei amerikanischen Jungianer. Siehe hierzu zum Beispiel: van

Eenwyk, J.: Archetypes & Strange Attractors. The Chaotic World ofSymbols.Toronto, 1997. Ebenso die jährlich in Assisi und Vermontstattfindenden Assisi Conferences von Michael Conforti (www.assisiconferences.com). Zu einer Zusammenstellung von Forschungs-aktivitäten, die die Jung’sche Archetypenlehre und moderneWissenschaften zu integrieren versuchen, siehe: Card, Ch.: Die

 Archetypenlehre in den heutigen Wissenschaften und ihre Relevanzfür eine moderne Naturphilosophie. In: Arzt, Th.; Dollinger, R.;Hippius-Gräfin Dürckheim, M. (Hrsg.): Philosophia Naturalis. Beiträgezu einer zeitgemäßen Naturphilosophie. Würzburg, 1996, 46–89.

Die Reproduktion des Bildes „Anima mit Lichtkrone“ (Peter Birkhäuser, 1964)

erfolgte mit freundlicher Genehmigung von Eva Wertenschlag-Birkhäuser.

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