+ All Categories
Home > Documents > JAHRE DEUTSCHE EINHEIT · 2017. 9. 29. · Zeitbild Wissen 3 Die Deutsche Einheit ist in unserer...

JAHRE DEUTSCHE EINHEIT · 2017. 9. 29. · Zeitbild Wissen 3 Die Deutsche Einheit ist in unserer...

Date post: 01-Sep-2020
Category:
Upload: others
View: 0 times
Download: 0 times
Share this document with a friend
52
JAHRE DEUTSCHE EINHEIT 20 Mit Kopiervorlagen für den handlungsorientierten Unterricht zeitbild WISSEN Jahrgang 52 September 2010
Transcript
Page 1: JAHRE DEUTSCHE EINHEIT · 2017. 9. 29. · Zeitbild Wissen 3 Die Deutsche Einheit ist in unserer Geschichte etwas Einzigartiges. Zum ersten Mal leben die Menschen in Deutschland dauerhaft

JAHRE DEUTSCHE EINHEIT20Mit Kopiervorlagen für den handlungsorientierten Unterricht

zeitbildW I S S E N

Jahrgang 52

September 2010

Page 2: JAHRE DEUTSCHE EINHEIT · 2017. 9. 29. · Zeitbild Wissen 3 Die Deutsche Einheit ist in unserer Geschichte etwas Einzigartiges. Zum ersten Mal leben die Menschen in Deutschland dauerhaft

Ermutigt fühlt sich die Bürgerbewegung durch die Entwick-lung in den anderen Staaten des Warschauer Pakts: durch den Sieg der freien Gewerkschaft Solidarno�� in Polen,

die Öffnung der ungarisch-österreichischen Grenze und durch die Reformpolitik Gorbatschows in der Sowjetunion.Anfangs, im September 1989, versuchen Polizei und Staatssicher-heit noch, die Proteste gewaltsam zu unterbinden. Immer wieder gibt es Festnahmen. Doch als am 9. Oktober in Leipzig vor den Augen der Weltöffentlichkeit 70.000 Menschen demonstrieren, ist der Bann gebrochen. Von nun an ist klar, dass die Herrschaft der SED ihrem Ende entgegengeht. Eine wichtige Rolle spielen die Kirchen. Schon in den 70er- und frühen 80er-Jahren boten sie Frie-dens- und Umweltgruppen Unterschlupf und Raum für Diskus-sionen. 1989 sind die Friedensgebete in den Kirchen regelmäßig Ausgangspunkt der Demonstrationen, die von Mal zu Mal größere Dimensionen annehmen.Am 18. Oktober tritt SED-Generalsekretär Erich Honecker zurück, doch die Proteste gegen das Regime gehen weiter. Die Menschen protestieren gegen staatliche Bevormundung und Bespitzelung, gegen Umweltzerstörung und sozialistische Misswirtschaft. Am 4.

November demonstrieren Hunderttausende auf dem Berliner Alexanderplatz, drei Tage später treten die Regierung der DDR und das SED-Politbüro zurück. Am 9. November 1989 ist es soweit: Mit der Mauer in Berlin fällt das verhasste Symbol der Teilung zwischen Ost- und Westdeutschland – und Millionen Ostdeutsche nutzen in den kommen-den Tagen und Wochen ihre neue Freiheit nach 40 Jahren Abschottung.

„Wenn wir zu spät kommen, bestraft uns das

Leben sofort“ – dieser Ausspruch des sow-

jetischen Parteichefs Michail Gorbatschow

ist im Oktober 1989 in aller Munde. Binnen

kurzer Zeit bewahrheitet er sich – erst an

der Herrschaft der SED, schließlich an der

DDR selbst und 1991 an der Sowjetunion.

Während Zehntausende aus dem Osten

Deutschlands in den Westen fl üchten, gehen

daheim in der DDR Hunderttausende auf die

Straße.

DIE MAUER FÄLLT...DAS JAHR 1989

Ein kleiner „Mauerspecht“ bei der Arbeit. Wie das junge Mädchen

begannen kurz nach dem Mauerfall zahlreiche Menschen, die

Mauer zu zerkleinern und sich als Souvenir ein Stück Geschichte

zu sichern.

Zwei Grenzsoldaten

stehen auf Posten und starren in

Richtung Bundesrepublik.

“Woran denkst du jetzt?“,

unterbricht der eine das Schweigen.

“Daran, woran auch du denkst.“

“Dann muss ich dich jetzt

verhaften!“

Friedensgottesdienst

in der Nikolaikirche in

Leipzig. Die regelmäßi-

gen Friedensgebete

waren ab Herbst 1989

der Ausgangspunkt für

die Montagsdemon-

strationen gegen das

SED-Regime.

2 Zeitbild Wissen

Teil 1

Die Mauer fällt ................................................4

... und ein System bricht zusammen ....5

Wegbereiter der Einheit ...........................7

Vollendung der Einheit ...............................9

Der Neuanfang ............................................12

Die wirtschaftliche Entwicklung

im Überblick ..................................................16

Die innere Einheit ......................................20

Deutschland in Europa ............................22

... und in der Welt ......................................23

Teil 2

Kopiervorlagen für den

handlungsorientierten Unterricht .....24

Inhalt

Page 3: JAHRE DEUTSCHE EINHEIT · 2017. 9. 29. · Zeitbild Wissen 3 Die Deutsche Einheit ist in unserer Geschichte etwas Einzigartiges. Zum ersten Mal leben die Menschen in Deutschland dauerhaft

3 Zeitbild Wissen

Die Deutsche Einheit ist in unserer Geschichte etwas Einzigartiges.

Zum ersten Mal leben die Menschen in Deutschland dauerhaft in Einheit, Freiheit und

freundschaftlichen Beziehungen zu allen unseren Nachbarn in Europa und vielen Partnern auf der ganzen Welt

zusammen. Damit haben wir etwas Großes geschafft und geschaffen.

Die Bilanz der Deutschen Einheit ist

insgesamt positiv, auch wenn sich

nicht alle Träume erfüllt haben und

noch vieles zu tun bleibt. Der völlige

gesellschaftliche und wirtschaftliche

Umbruch hat von den Menschen im Osten eine

enorme Bereitschaft zur Um- und Neuorientie-

rung in allen Lebensbereichen verlangt. Die Men-

schen im Westen haben beeindruckende Solidar-

leistungen für den Aufbau Ost aufgebracht. Zu den

Folgen zählt allerdings auch ein überdurchschnitt-

licher Anstieg der Staatsverschuldung. Die Moder-

nisierung der Wirtschaft nach 40 Jahren zentraler

Planwirtschaft und Abschottung vom Weltmarkt

erweist sich als schwieriger und langwieriger Pro-

zess. Doch die Menschen in den Neuen und den

alten Ländern haben gemeinsam eine gewaltige

Aufbauleistung vollbracht. Ohne den Mut derer,

die sich 1989 gegen die SED-Diktatur aufgelehnt

hatten, wäre das alles nicht möglich gewesen.

Die Einheit ist erreicht: In der Nacht zum 3. Oktober 1990 versammeln sich Hunderttausende vor dem

Reichstag in Berlin, der im Einigungsvertrag festgelegten neuen alten deutschen Hauptstadt,

als kurz vor Mitternacht die schwarz-rot-goldene Fahne zum Zeichen der Einheit aufgezogen wird.

Die Freiheitsglocke läutet. Um null Uhr ist die Deutsche Einheit erreicht, die Spaltung überwunden.

In ganz Deutschland wird dieses Ereignis mit Straßenfesten und Feuerwerk gefeiert.

Page 4: JAHRE DEUTSCHE EINHEIT · 2017. 9. 29. · Zeitbild Wissen 3 Die Deutsche Einheit ist in unserer Geschichte etwas Einzigartiges. Zum ersten Mal leben die Menschen in Deutschland dauerhaft

4 Zeitbild Wissen

Ein kleiner „Mauerspecht“ bei der Arbeit. Wie das junge Mädchen

beginnen kurz nach dem Mauerfall zahlreiche Menschen, die

Mauer zu zerkleinern und sich als Souvenir ein Stück Geschichte

zu sichern.

DIE MAUER FALLT

Zwei Grenzsoldaten

stehen auf Posten und starren in

Richtung Bundesrepublik.

“Woran denkst du jetzt?“,

unterbricht der eine das Schweigen.

“Daran, woran auch du denkst.“

“Dann muss ich dich jetzt

verhaften!“

Friedensgottes-

dienst in der Nikolai-

kirche in Leipzig.

Die regelmäßigen

Friedensgebete sind

ab Herbst 1989 der

Ausgangspunkt für

die Montagsdemons-

trationen gegen das

SED-Regime.

Ermutigt fühlte sich die Bürgerbewegung durch die Ent-wicklung in den anderen Staaten des Warschauer Pakts: durch die erste halbfreie Wahl in Polen, die Öffnung der

ungarisch-österreichischen Grenze und durch die Reformpolitik Gorbatschows in der Sowjetunion. Anfangs, im September 1989, versuchten Polizei und Staats-sicherheit noch, die Proteste gewaltsam zu unterbinden. Immer wieder gab es Festnahmen. Doch als am 9. Oktober 70.000 Menschen – weit mehr als die Sicherheitskräfte erwartet hat-ten – demonstrierten, war der Bann gebrochen. Von nun an gingdie Herrschaft der SED ihrem Ende entgegen. Eine wichtige Rolle spielten die Kirchen. Schon in den 70er- und frühen 80er-Jahren hatten sie Friedens- und Umweltgruppen Unter-schlupf und Raum für Diskussionen geboten. 1989 waren die Friedensgebete in den Kirchen regelmäßig Ausgangspunkt der Demonstrationen, die von Mal zu Mal größere Dimensionen annahmen. Am 18. Oktober trat SED-Generalsekretär Erich Honecker zurück, doch die Proteste gegen das Regime gingen weiter. Die Menschen protestierten gegen staatliche Bevormundung und

Bespitzelung, gegen Umwelt-zerstörung und sozialisti-sche Misswirtschaft. Am 4. November demonstrierten Hunderttausende auf dem Berliner Alexanderplatz, dreiTage später traten die Regierung der DDR und das SED-Politbüro zurück. Am9. November 1989 war es so weit: Mit der Mauer in Ber-lin fi el das verhasste Symbol der Teilung – und Millionen Ostdeutsche nutzten in den kommenden Tagen und Wochen ihre neue Freiheit.

„Wenn wir zu spät kommen, bestraft uns

das Leben sofort.“ Dieser Ausspruch des

sowjetischen Staats- und Parteichefs Michail

Gorbatschow war im Oktober 1989 in aller

Munde. Binnen kurzer Zeit bewahrheitete

er sich – erst an der Herrschaft der SED,

schließlich an der DDR selbst und 1991 an

der Sowjetunion. Während Hunderttausende

aus dem Osten Deutschlands in den Westen

fl üchteten, gingen daheim in der DDR Hun-

derttausende auf die Straße.

DA

S JA

HR

1989

Page 5: JAHRE DEUTSCHE EINHEIT · 2017. 9. 29. · Zeitbild Wissen 3 Die Deutsche Einheit ist in unserer Geschichte etwas Einzigartiges. Zum ersten Mal leben die Menschen in Deutschland dauerhaft

5 Zeitbild Wissen

‘‘D

ie wachsende politische und wirtschaftliche Unzufriedenheit

führte zu einer Massenfl ucht der Menschen aus der DDR.

Hunderttausende drängten unter Zurücklassung ihrer

gesamten Habe über die Grenzen oder fl üchteten sich in die

Botschaften der Bundesrepublik in Prag und Warschau, weil sie die

frustrierenden und hoffnungslosen Zustände, die leeren Versprechen

und die Reformunwilligkeit in der Heimat satt hatten. Sie verließen

die DDR wegen der fehlenden Meinungs- und Reisefreiheit, wegen

der Bespitzelung durch die Staatssicherheit, wegen Zensur und sys-

tematischer politischer Verfolgung und Unterdrückung. Und nicht

zuletzt wandten sich die Menschen von der DDR ab, weil den

Machtinhabern jede demokratische Legitimation durch freie Wahlen

fehlte. Die Menschen liefen aber auch vor einem wirtschaftlichen

System davon, das die Lebenschancen einschränkte und die sozia-

listischen Staaten des „Ostblocks“ an den Rand des Abgrundes

gewirtschaftet hatte.

Zahlen zur deutschen Teilung

• Gesamtlänge der Berliner Mauer: 155 Kilometer

• Länge der innerdeutschen Grenze: 1.378 Kilometer

• Todesopfer an der Berliner Mauer und an der innerdeutschen Grenze: mehr als 1.000*

• Stasi-Unterlagen: 160 Kilometer Akten

• Flucht- und Ausreisebewegung aus der SBZ/DDR in die Westzonen/Bundesrepublik

Deutschland (1945–1990): 4.617.331, davon (illegale) Flüchtlinge: 3.148.547

• Zahl der MfS-Mitarbeiter 1989: 91.000 hauptamtliche Mitarbeiter, 189.000 Inoffizielle Mitarbeiter

(inkl. Auslandsgeheimdienst Hauptverwaltung Aufklärung)

UND EIN SYSTEM

1989 stand die DDR am Rande des politischen

und wirtschaftlichen Bankrotts. Fehlende

Freiheiten und Menschenrechtsverletzungen

standen neben Versorgungsengpässen bei

Gütern des täglichen Bedarfs auf der Tages-

ordnung. Dazu marode Städte, zerfallende

Infrastruktur und eine teilweise

zerstörte Umwelt.

BRICHTZUSAMMEN

000*

k

izielle Mitarbeiter

* Vorstudie von Prof. Dr. Detlef Schmiechen-Ackermann, Leibniz-Universität Hannover, Juli 2006. Über die genaue Anzahl der Todesopfer an der innerdeutschen Grenze zu den alten Bundesländern gibt es noch keine gesicherten Erkenntnisse.

“Bürger, können Sie sich ausweisen?“,

fragt der Volkspolizist.

“Wieso, kann man das jetzt

schon selber tun?“

Bundeskanzlerin Angela Merkel:

Die DDR war auf Unrecht gegründet. Es gab keine legale Opposition.

Es gab keine unabhängige Justiz. Es gab keine kritischen Medien.

Bevormundung, Unterdrückung von Widerspruch, Überwachung und Bespitzelung

waren ständig anwesende Begleiter des täglichen Lebens. Hinter dem

Schießbefehl stand nichts anderes als pure Menschenverachtung. ‘‘

OstblockAls „Ostblock“ bezeichnete man nach dem Zweiten Weltkrieg die

kommunistischen Staaten, die im Militärverbund des War-

schauer Pakts und im Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW)

zusammengeschlossen waren. Dies waren in Europa neben der

Sowjetunion, die das Bündnis beherrschte, die DDR, Polen, die

Tschechoslo-wakei, Ungarn und Bulgarien sowie mit Einschrän-

kungen auch Rumänien und Albanien.

Ab Mitte der 80er-Jahre lockerte der neue Generalsekretär

der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU), Michail

Gorbatschow, im Zeichen von „Glasnost“ und „Perestroika“

(Transparenz und Umbau der Gesellschaft) die Zügel im Ostblock

und gestattete den Verbündeten mehr Freiheiten, aber damit auch

mehr Eigenverantwortlichkeit. Während Polen und Ungarn

vorangingen, versuchte die Führung der DDR, jedwede freiheit-

liche Reformen zu verhindern. Nach dem Mauerfall beschleunig-

te sich die friedliche Revolution in Mittel- und Osteuropa und

führte dazu, dass sich nach Polen und Ungarn und der damaligen

Tschechoslowakei schließlich auch Bulgarien und Rumänien von

ihren kommunistischen Diktaturen befreien konnten.

Der Vielvölkerstaat der Sowjetunion (Union der Sozialistischen

Sowjet-Republiken – UdSSR) hörte Ende 1991 auf zu existieren.

Zuvor hatten sich bereits Litauen, Georgien, Estland und Lettland

sowie Weißrussland, die Ukraine, Moldau, Kirgisien, Usbekistan,

Tadschikistan, Armenien, Aserbaidschan, Turkmenistan, Kasach-

stan und endlich auch die eigentliche Führungsmacht der Sowjet-

union, nämlich Russland, für unabhängig erklärt.

Page 6: JAHRE DEUTSCHE EINHEIT · 2017. 9. 29. · Zeitbild Wissen 3 Die Deutsche Einheit ist in unserer Geschichte etwas Einzigartiges. Zum ersten Mal leben die Menschen in Deutschland dauerhaft

6 Zeitbild Wissen

Schon in einem frühe-

ren Gutachten hatte

Gerhard Schürer, der

Vorsitzende der staatlichen

Plankommission der DDR,

darauf hingewiesen, dass die

DDR auf dem Weg in eine

kritische wir tschaftliche Si-

tuation sei. Einschneidende

Maßnahmen seien erforder-

lich, vor allem radikale Schnitte bei den bisherigen staatlichen

Preisstützungen für Sozialleistungen. In erster Linie davon be-

troffen waren die Miet- und Energiepreise sowie Ausgaben

für Bildung, Gesundheit, Kultur, Spor t und Erholung. Honecker

reagier te so, wie er bis zum Ende der DDR ander thalb Jahre

später stets reagieren sollte: Er weiger te sich, die Tatsachen

zur Kenntnis zu nehmen. Doch wenige Tage nach Honeckers

Rücktritt von allen Ämtern wurden seine Erben von der Wahr-

Die sieben Wunder der DDR

Wunder IN DER DDR GIBT ES KEINE ARBEITSLOSIGKEIT.

Wunder OBWOHL KEINER ARBEITSLOS IST, ARBEITET NUR DIE HÄLFTE.

Wunder OBWOHL NUR DIE HÄLFTE ARBEITET, WIRD DAS PLAN-SOLL IMMER ERFÜLLT.

Wunder OBWOHL DAS PLAN-SOLL IMMER ERFÜLLT WIRD, GIBT ES NICHTS ZU KAUFEN.

Wunder OBWOHL ES NICHTS ZU KAUFEN GIBT, SIND ALLE GLÜCKLICH UND ZUFRIEDEN.

Wunder OBWOHL ALLE ZUFRIEDEN SIND, GIBT ES REGELMÄSSIG DEMONSTRATIONEN.

Wunder OBWOHL REGELMÄSSIG DEMONSTRIERT WIRD, WÄHLEN 99,9 PROZENT UNSERE KANDIDATEN DER NATIONALEN FRONT.

heit eingeholt. Als am 1. No-

vember 1989 der kurzzeitige

Honecker-Nachfolger Egon

Krenz zu seinem Antr itts-

besuch nach Moskau reiste,

hatte er niederschmetternde

Erkenntnisse im Gepäck. Im

Gespräch mit Gorbatschow

legte er dar, wie es wirk-

lich um die DDR stand: Das

Wachstum sei rückläufig, der Fünf-Jahres-Plan unerfüllbar.

Würde die Wahrheit ans Licht kommen, würde dies einen

Schock auslösen; denn ohne neue Großkredite aus dem Wes-

ten sei eine Senkung des Lebensniveaus in der DDR um 25 bis

30 Prozent zu erwar ten. Da die kompletten Expor terlöse der

DDR nicht einmal mehr für den Schuldendienst im

Westen reichten, war der staatliche Offenbarungseid

unvermeidlich.

DER

OFFEN-

BARUNGSEID

WAR

UNVERMEIDLICH

1:

2:

3:

4:

5:

6:

7:

Page 7: JAHRE DEUTSCHE EINHEIT · 2017. 9. 29. · Zeitbild Wissen 3 Die Deutsche Einheit ist in unserer Geschichte etwas Einzigartiges. Zum ersten Mal leben die Menschen in Deutschland dauerhaft

7 Zeitbild Wissen

WEGBEREITER DER EINHEITBundeskanzler Helmut

Kohl präsentierte bereits

zweieinhalb Wochen

nach dem Fall der Mauer

sein „Zehn-Punkte-Pro-

gramm“ zur Überwindung

der Teilung Deutschlands

und Europas, das frühzeitig

einen Weg zur Wieder-

herstellung der Deutschen

Einheit skizzierte. Durch

eine kluge Politik, mit der

er sich die Unterstützung

der westlichen Verbün-

deten sicherte und die

Kooperation der Sowjet-

union erreichte, wurde

Kohl zum „Kanzler

der Einheit“.

Mehr als 100.000 Menschen jubeln Bundeskanzler Helmut Kohl (Mitte) im Februar 1990 bei

einer Wahlkampfveranstaltung der „Allianz für Deutschland“ in Erfurt zu.

Schon im November 1989 war aus der Parole „Wir sind

das Volk“ der Ruf „Wir sind ein Volk“ geworden. Nicht im

Westen, sondern im Osten wurde zuerst deutlich und un-

überhörbar der Ruf nach der Wiedervereinigung laut.

Am 18. März 1990 fanden die ersten freien Wahlen in der

Geschichte der DDR seit ihrer Gründung im Jahr 1949 statt. Bei

einer Wahlbeteiligung von mehr als 93 Prozent brachten sie jenen

Parteien eine klare Mehrheit, die für eine rasche Wiedervereini-

gung mit dem Westen Deutschlands eingetreten waren. Bereits

am 1. März hatte die aus dem Demokratischen Aufbruch (DA),

der Deutschen Sozialen Union (DSU) und der CDU gebildete

Allianz erklärt, sie wolle die Einheit durch Beitritt zur Bundesrepu-

blik Deutschland. Die „Allianz für Deutschland“ gewann die Wahl

überraschend klar. Die CDU, mit 40 Prozent der Wählerstimmen

stärkste Partei, stellte mit Lothar de Maizière den Ministerpräsi-

denten einer Koalition aus Allianz für Deutschland, SPD und Libera-

len. Auch aus den Kommunalwahlen (6. Mai 1990) ging die CDU

als stärkste Partei hervor. Das Plebiszit für die Deutsche Einheit

ebnete den Weg zur raschen Wiedervereinigung. Tatsächlich war

diese erste freie Volkskammerwahl zugleich auch die letzte, denn

die DDR würde es schon in naher Zukunft nicht mehr geben.

Die Menschen wollen die rasche Einheit Das Zehn-Punkte-Programm sah einen

schrittweisen Prozess der Deutschen Einheit

vor. Er sollte mit humanitären Sofortmaß-

nahmen beginnen und über die Zwischen-

stufen einer „Vertragsgemeinschaft“

und „konföderativer Strukturen“ zur

Wiedervereinigung Deutschlands führen.

Der Prozess sollte in die gesamteuropäische

Entwicklung eingebettet sein. Der Zeitplan

wurde bewusst offengelassen, um die not-

wendige Flexibilität zu behalten. Bundes-

kanzler Kohl rechnete aber mit einer Dauer

des Prozesses von vier bis fünf Jahren.

Die Bedeutung von Kohls Zehn-Punkte-

Programm lag darin, dass es der politischen

Diskussion in Deutschland, in Europa und

zwischen den beiden damaligen Weltmächten

USA und Sowjetunion schon zu einem frühen

Zeitpunkt eine Richtung und ein klares

Ziel vorgab; denn Kohl sprach öffentlich aus,

was in diesem Moment die meisten Men-

schen im Westen kaum zu denken wagten.

10Punkte-Programm

Page 8: JAHRE DEUTSCHE EINHEIT · 2017. 9. 29. · Zeitbild Wissen 3 Die Deutsche Einheit ist in unserer Geschichte etwas Einzigartiges. Zum ersten Mal leben die Menschen in Deutschland dauerhaft

8 Zeitbild Wissen

Bereits am 7. Februar 1990 hatte die Bundesregierung der DDR

eine Währungs- und Wirtschaftsunion in Aussicht gestellt. Auch

wenn sie ökonomische Risiken barg, ließ der fortschreitende DDR-

Zusammenbruch ein Hinauszögern dieser Entscheidung kaum zu.

In den folgenden Wochen fanden Vorgespräche zwischen den innerdeutschen

Kommissionen statt. Die eigentlichen Verhandlungen begannen aber erst

nach Bildung der demokratisch legitimierten DDR-Regierung. Wichtige Ver-

handlungsthemen waren der künftige Umtauschkurs, Eigentumsfragen, das

System der sozialen Sicherung und die Privatisierung der ostdeutschen

Betriebe. Besonderen Wert legte die ostdeutsche Seite auf die Gleichrangig-

keit von Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion, die Anschubfi nanzierungen

im Sozialbereich in Milliardenhöhe einschloss.

Kontrovers war vor allem die Frage nach dem Kurs, zu dem die Mark der

DDR in DM umgetauscht werden sollte. Die Bundesbank, die eine allgemeine

Erschütterung der fi nanziellen und wirtschaftlichen Stabilität befürchtete,

warnte vor den Folgen einer allzu hohen Bewertung der ostdeutschen

Währung und lehnte zunächst einen Umtauschkurs von 1:1 zugunsten eines

Umtausches von 2 :1 ab. Schließlich einigte man sich auf die Umstellung 1:1

für alle laufenden Zahlungen und nach Alter gestaffelten Sparbeträgen bis

zu 6.000 Mark. Darüber hinausgehende Beträge wurden 2 :1 umgestellt. Ins-

gesamt ergab sich damit ein Kurs von 1,8 : 1.Währu

ngs-

, W

irts

chaft

s-

und

Sozia

lunio

n

Einführung der Sozialen Marktwirtschaft

Mit dem Inkrafttreten der Währungs-,

Wirtschafts- und Sozialunion am 1. Juli 1990

wurde die DDR-Währung auf DM umgestellt. Die

DDR verlor ihre Souveränität in Finanzangelegen-

heiten und übertrug die geldpolitische Verant-

wortung der Bundesbank in Frankfurt am Main.

Weiteres Kernstück des Vertrags war die Einfüh-

rung der Sozialen Marktwirtschaft in der DDR. Die

DDR verpfl ichtete sich, die Rahmenbedingungen

für freie Preisbildung, die Abschaffung der staat-

lichen Monopole, Entfaltung der Marktkräfte und

der Privatinitiative und die Einführung der west-

lichen Umweltschutz-Anforderungen zu schaffen.

Arbeitsrechtsordnung und Sozialversicherungs-

systeme der Bundesrepublik

Deutschland wurden übernom-

men. Laut Vertrag erklärte sich

die Bundesrepublik bereit, der

DDR zweckgebundene Finanz-

zuweisungen zum Haushaltsaus-

gleich für das zweite Halbjahr

1990 in Höhe von 22 Milliarden

D-Mark und für 1991 in Höhe

von 35 Milliarden D-Mark

zu gewähren.

Page 9: JAHRE DEUTSCHE EINHEIT · 2017. 9. 29. · Zeitbild Wissen 3 Die Deutsche Einheit ist in unserer Geschichte etwas Einzigartiges. Zum ersten Mal leben die Menschen in Deutschland dauerhaft

9 Zeitbild Wissen

VOLLENDUNG

DER EINHEITWährend des Vereinigungsprozesses

arbeiteten die Politiker und Parlamente auf

beiden Seiten der noch bestehenden

innerdeutschen Grenze aufs Engste zusammen.

In einem politischen Kraftakt ohnegleichen

wurden die Rechtsgrundlagen für die

Vereinigung der beiden Staaten geschaffen.

Die erste frei gewählte Volkskammer

der DDR bewältigte in kurzer Zeit ein

riesiges Arbeitspensum: Sie verabschiedete

einschneidende Verfassungsänderungen und

beschloss die Wiedereinführung der 1952

von der SED abgeschafften Länder.

Am 23. August 1990 beschloss die Volkskammer in einer

nächtlichen Sondersitzung den Beitritt der DDR zur

Bundesrepublik Deutschland nach Artikel 23 des

Grundgesetzes mit Wirkung zum 3. Oktober 1990.

Während die Menschen in Ost und West im Alltag bereits

die Vereinigung praktizier ten, wurden mit dem am 31. August

unterzeichneten Einigungsvertrag zwischen der Bundesrepu-

blik Deutschland und der DDR die entscheidenden rechtlichen

Rahmenbedingungen festgelegt. Am 20. September wurde der

Einigungsvertrag von beiden Parlamenten mit Zweidrittelmehrheit

verabschiedet. Vier Tage später verließ die DDR den Warschauer

Pakt. Am 2. Oktober löste sich die Volkskammer auf.

Parallel waren die letzten außenpolitischen Hindernisse aus

dem Weg geräumt worden. Eine von Bundestag und Volks-

Helmut Kohl über ein Gespräch

mit Michail Gorbatschow im Juni 1989:

Wir saßen auf der Mauer unten am Rhein.

Es war Mitternacht, eine wunderbare Sommernacht. Unten gingen die Bonner Liebespaare vorbei;

sie haben ziemlich entgeistert festgestellt, wer da auf der Mauer sitzt und sind dann

weitergeschlendert. (...) Ich zeigte auf den Rhein und sagte:

,Der Rhein fl ießt ins Meer. Sie können ihn stauen, doch dann tritt

das Wasser über die Ufer und zerstört sie. Aber es gelangt schließlich doch ins

Meer. So sicher, wie der Rhein ins Meer gelangt, so sicher kommt

die Deutsche Einheit – und übrigens auch die Europäische.

‘‘Quelle: „Welt am Sonntag“ vom 27.09.1992

‘‘Von Berlin aus reisen am 1. September 1994 die letzten russischen Soldaten

zurück nach Moskau. Dazu hat sich die Sowjetunion im Zwei-plus-Vier-

Vertrag verpfl ichtet. Mit dem Truppenabzug endet nach fast 50 Jahren die

sowjetische bzw. russische Militärpräsenz in Deutschland.

kammer verabschiedete Entschließung zur Anerkennung der

Oder-Neiße-Linie als polnische Westgrenze sowie mehrtägige

Verhandlungen zwischen Bundeskanzler Kohl und dem sowje-

tischen Staatschef Gorbatschow Mitte Juli 1990 brachten den

endgültigen Durchbruch. Die Sowjetunion stimmte einer Mit-

gliedschaft des wiedervereinigten Deutschlands in der NATO

zu und gab grünes Licht für den Abzug ihrer Truppen aus

dem Gebiet der DDR. Am 12. September 1990 wurde in

Moskau das Abschlussdokument der Zwei-plus-Vier-Gespräche

unterzeichnet.

Seit dem 3. Oktober 1990 sind Brandenburg, Mecklenburg-

Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen Länder

der Bundesrepublik Deutschland. Deutschland ist wieder ein

vereintes und souveränes Land.

Page 10: JAHRE DEUTSCHE EINHEIT · 2017. 9. 29. · Zeitbild Wissen 3 Die Deutsche Einheit ist in unserer Geschichte etwas Einzigartiges. Zum ersten Mal leben die Menschen in Deutschland dauerhaft

10 Zeitbild Wissen

US-Präsident George Bush (links)

und der sowjetische Staatschef

Michail Gorbatschow bei einem

Gipfeltreffen vor der Mittel-

meerinsel Malta. Am Ende des

Treffens verkündet Gorbatschow

das Ende des Kalten Krieges

(Dezember 1989).

Die Zwei-plus-Vier-Gespräche zwischen der DDR und der Bundesrepublik

Deutschland sowie den Vier Mächten – den USA, der Sowjetunion,

Großbritannien und Frankreich – begannen im Mai 1990 und endeten mit

dem Zwei-plus-Vier-Vertrag über die abschließende Regelung in Bezug auf

Deutschland im September 1990. Er regelte die außenpolitischen

Grundsatzfragen der deutschen Vereinigung und entsprach faktisch einer

abschließenden friedensvertraglichen Regelung zwischen Deutschland und

den früheren Kriegsalliierten. Der Vertrag beendete die

Vier-Mächte-Verantwortung in Bezug auf Berlin und Deutschland auf dem

Territorium der alten Bundesrepublik, der DDR und Berlins; Deutschland

erlangte die volle Souveränität über seine inneren und äußeren Angelegenheiten.

Zugleich bestätigte Deutschland seinen Verzicht auf atomare,

chemische und biologische Waffen und reduzierte die Bundeswehr

von 500.000 auf 370.000 Mann.

Die

Rolle

der

Vie

r M

ächte

Unmittelbar nach dem Fall der Mauer hatten die Vier

Mächte ihre gemeinsame Verantwortung gegenüber

Deutschland betont. Die Reaktionen auf die sich abzeich-

nende Wiedervereinigung 1989/90 fi elen in Paris, London, Moskau

und Washington allerdings unterschiedlich aus. Wegen Bedenken

vor einem politisch und wirtschaftlich zu starken Deutschland im

Zentrum Europas akzeptierten Frankreich und vor allem Großbri-

tannien nur zögernd die Vereinigung der beiden deutschen

Staaten. Die Sowjetunion lehnte ursprünglich eine Vereinigung

kategorisch ab, bis im Februar 1990 der sowjetische Staats- und

Parteichef Michail Gorbatschow zum ersten Mal sein grundsätz-

liches Einverständnis zur Deutschen Einheit signalisierte und

wenige Monate später auch endgültig einer gesamtdeutschen

NATO-Mitgliedschaft zustimmte.

Die Regierung in Washington sprach sich von Anfang an uneinge-

schränkt für die Deutsche Einheit aus. Freiheit und Selbstbestim-

mung für alle Deutschen – das war das tragende Motiv von US-

Präsident George Bush sen., als er Helmut Kohl bei der deutschen

Wiedervereinigung 1989/90 entscheidend den Rücken stärkte.

So wie die großzügige Aufbauhilfe in der Nachkriegszeit den

wirtschaftlichen, politischen und moralischen Wiederaufstieg im

Westen Deutschlands und den Aufbau einer stabilen Demokratie

überhaupt erst möglich gemacht hatte, so war auch die Rolle der

USA beim Prozess der Wiedervereinigung von unschätzbarem

Wert. Auf diese Weise haben die Vereinigten Staaten von Amerika

in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg entscheidend

zum glücklichen Verlauf der deutschen Geschichte beigetragen.

Zwei-plus-Vier

Page 11: JAHRE DEUTSCHE EINHEIT · 2017. 9. 29. · Zeitbild Wissen 3 Die Deutsche Einheit ist in unserer Geschichte etwas Einzigartiges. Zum ersten Mal leben die Menschen in Deutschland dauerhaft

11 Zeitbild Wissen

Die völlige Umwandlung der zentral gelenkten sozialistischen Kommandowirtschaft der DDR war von

Beginn an ein beispielloses Unterfangen. Praktisch eine komplette Volkswirtschaft musste

den Sprung vom „VOLKSEIGENTUM” – also Staatseigentum – in die Soziale Marktwirtschaft und in

den internationalen Wettbewerb schaffen. Unter der SED war der Staat Arbeitgeber, Versicherer, Steuer -

behörde und Sozialinstitution – ein allgegenwärtiges Betreuungs- und zugleich Überwachungsinstrument. Die

Wirtschaft wurde zentral von oben geplant und gelenkt. Der Absatz der Betriebe war garantiert, ein Qualitäts-

wettbewerb fand nicht statt. Menschliche Arbeit war billig, die verdeckte Arbeitslosigkeit hoch. Technisch hoch-

wertige Maschinen wurden wegen chronischer Devisenknappheit nur im Notfall gekauft. Die Folgen: schlechte

Produktivität und kaum Wettbewerbsfähigkeit auf den Weltmärkten.

Die Einführung der D-Mark in der damaligen DDR am 1. Juli 1990 durch die Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion deckte den maroden Zustand der DDR-Wirtschaft auf.

Es zeigte sich, dass der Standard und die Leistungsfähigkeit der DDR-INDUSTRIE WEIT

ÜBERSCHÄTZT worden waren. Ausgerichtet auf die Erfordernisse und Direktiven des RGW-Binnen-

marktes, abgeschottet vom Weltmarkt mit seinem Know-how, seiner Konkurrenz, seinen Anreizen zur

Innovation, war die DDR-Wirtschaft, ebenso wie die der anderen sozialistischen Staaten, weit hinter

der internationalen Entwicklung zurückgeblieben. 1990/91 fi el der frühere Handel im geschlossenen

Schutzraum des RGW und mit der Sowjetunion weg, und mit der Weltmarktkonkurrenz

konnten die meisten DDR-Produkte nicht mithalten. Gleichzeitig bedeuteten die nunmehr in DM zu

zahlenden Löhne und Gehälter, die überdies schnell stiegen, für die Betriebe

eine Kostenbelastung, der meist keine entsprechende Leistungskraft gegenüberstand.

Die Folgen waren ein massiver Rückgang der industriellen Produktion und ein schneller ANSTIEG DER

ARBEITSLOSIGKEIT. Auf dem Gipfelpunkt 1992 war nahezu ein Drittel der Erwerbsfähigen in den

Neuen Ländern entweder arbeitslos (rd. 15 Prozent) oder in einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme.

Dies alles waren Folgewirkungen von vierzig Jahren verfehlter Politik, wie sie so oder noch krasser seit 1990 überall in den ehemaligen Staaten des RGW zu ver-

zeichnen waren. Die Menschen in der DDR waren nicht weniger tüchtig als ihre Landsleute im Westen. Aber

die systembedingten Fehler der ZENTRALVERWALTUNGSWIRTSCHAFT – das Fehlen marktgebildeter

Preise als Knappheitsanzeiger, die Fehlsteuerung von Ressourcen, der im Planungsverfahren implizierte Anreiz

zur Aufstellung „weicher Pläne“, das Fehlen von Wettbewerbsdruck und Innovationsanreizen u. a. – und dazu

noch der Mangel an Investitionen machten viele ihrer Bemühungen zunichte und führten dazu, dass die DDR

an ihrem Ende auch wirtschaftlich vor dem Kollaps stand.

Im Mittelpunkt des Aufbaus Ost standen daher seit 1990 die Modernisierung und der

Neuaufbau einer konkurrenzfähigen Industrie. Hierzu war es nötig, die Rahmenbedingungen zu verbessern

– funktionierende Verwaltung, leistungsfähige Infrastruktur – und Investitionen und Neugründungen zu fördern.

Die Erblast der SED

Was würde passieren, wenn die Wüste -kommunistisch wäre? Eine Zeitlang gar nichts und dann würde der Sand knapp werden.

Page 12: JAHRE DEUTSCHE EINHEIT · 2017. 9. 29. · Zeitbild Wissen 3 Die Deutsche Einheit ist in unserer Geschichte etwas Einzigartiges. Zum ersten Mal leben die Menschen in Deutschland dauerhaft

Se

it 199

0

stand

der

wirt

schaft

-

liche, s

oziale

und ö

kologis

che W

ie-

derau

fbau

in de

n fün

f Neu

en B

unde

sländ

ern

im Z

entru

m der

deu

tsche

n Po

litik. V

on Beg

inn an

sollte

n

möglichs

t sch

nell d

ie Vo

rausse

tzung

en fü

r eine

sich

mitt

elfris

tig se

lbst-

trage

nde,

dyna

mische

Wirt

schaft

sentw

icklun

g ges

chaff

en w

erden

. Der

erste

Schr

itt

dazu

war

der a

m 1. Ju

li 199

0 in K

raft g

etrete

ne Ve

rtrag

über

die

Wäh

rung

s-, W

irtsch

afts-

und

Sozia

lunion.

Mit de

r Einf

ühru

ng de

r D-M

ark un

d der

Sozia

len M

arktw

irtsch

aft w

urde

n bere

its dr

ei Mona

te

vor d

er st

aatlich

en Ve

reinig

ung w

esen

tliche

Bereich

e eina

nder

ange

gliche

n.

Um die F

inanz

ausst

attun

g der

künft

igen N

euen

Länd

er un

d ihr

er K

ommunen

sich

erzu

stelle

n, wur

de sc

hon i

m Mai

1990

der „

Fond

s Deu

tsche

Einh

eit“ e

inger

ichtet

und b

is End

e 199

4 mit i

nsge

samt 1

60,7

Milliard

en D

M ausge

statte

t.

DER

NEU

AN

FAN

G

12 Zeitbild Wissen

Page 13: JAHRE DEUTSCHE EINHEIT · 2017. 9. 29. · Zeitbild Wissen 3 Die Deutsche Einheit ist in unserer Geschichte etwas Einzigartiges. Zum ersten Mal leben die Menschen in Deutschland dauerhaft

Die Schlüsselfunktion bei der Umstrukturierung der ostdeutschen Wirtschaft kam zunächst der

Treuhandanstalt zu. Dieser noch zu DDR-Zeiten gegründeten gigantischen Staatsholding „gehörte“

zunächst fast alles – logische Folge der „volkseigenen“ Konstruktion während der vier Jahrzehnte

SED-Herrschaft. Der Wert der DDR-Wirtschaft wurde jedoch von Anfang an weit überschätzt. Noch

im Mai 1990 erwartete man einen Erlös von mehr als 600 Milliarden DM. Tatsächlich

beendete die Treuhand ihre Arbeit mit einem Minus von rund 200 Milliarden DM.

Über 6.500 Unternehmen wurden insgesamt bis zur Aufl ösung der Treuhand (Ende 1994)

privatisiert, knapp 1.600 reprivatisiert und über 3.700 mussten geschlossen werden.

Für den Erhalt von über 1,5 Millionen Arbeitsplätzen musste die Treuhand im Schnitt jeweils

100.000 DM aufwenden; der Erhalt eines einzigen Arbeitsplatzes auf einer ostdeutschen

Werft kostete durchschnittlich sogar ein Vielfaches. Von den über 200 Milliarden DM Gesamt-

verbindlichkeiten der Treuhand zum 31. Dezember 1994 entfi elen allein etwa 135

Milliarden DM auf die Sanierung, Privatisierung und Stilllegung ostdeutscher Betriebe.

Trotz Kritik an ihrer Arbeit ist es der Treuhand insgesamt gelungen, die Grundlagen einer konkurrenz-

fähigen und zukunftsorientierten Industriestruktur in den Neuen Ländern zu schaffen.

Als wichtige Aufgabe in der Zeit nach 1990 galt es, die notwendigen einschneidenden Maßnahmen für die Menschen in den Neuen Ländern erträglich zu gestalten.

Diese Zielsetzung mündete in das umfassende Aufbauprogramm „Gemeinschaftswerk Aufschwung Ost”, dessen tragende Elemente sich in den folgenden Jahren bewährten. Wirtschaftsförderung und Infrastrukturerrichtung waren dabei von zentraler Bedeutung.In den Jahren 1991 und 1992 wurden insgesamt 24,4 Milliarden DM eingesetzt, die zum einen schnellen Anschub- und Übergangs-

fi nanzierungen dienten – unter anderem für verbesserte Absatzbedingungen

für ostdeutsche Produkte und für den Einsatz eines arbeitsmarkt-politischen Instrumentariums zur sozialen Abfederung des un-vermeidlichen Strukturumbruchs.

Zum anderen führten sie zu einer raschen Verbesserung der konkre-

ten Lebensverhältnisse in den Bereichen Verkehr, Wohnungs- und Städtebau, Infrastruktur, Umweltschutz sowie im Hoch-

schulbereich.

Gemeinschaftswerk „Aufschwung Ost“

Die

Tre

uh

an

d

13 Zeitbild Wissen

Wann erreicht der Trabbi

seine Höchstgeschwindigkeit? Wenn er

abgeschleppt wird!

Mit dem letzten

„Trabbi“

in eine neue Zeit

Auf ihn mussten viele

DDR-Bürger über zehn Jahre

warten. Geliebt und gehasst

zugleich, begleitete der Trabbi

das Leben in der DDR seit Ende

der 50er-Jahre wie kaum ein

anderes Produkt. Ursprünglich

als ostdeutscher „Volks“-

Wagen gefeiert, verwandelte

sich der Zweitakter aufgrund

mangelnder Innovationen bald

in ein Sinnbild für die stagnie-

rende DDR-Wirtschaft. Am

30. April 1991 rollte der letzte

von insgesamt rund 3,1 Millionen

Trabbis vom Band – das defi ni-

tive Ende einer Epoche.

Page 14: JAHRE DEUTSCHE EINHEIT · 2017. 9. 29. · Zeitbild Wissen 3 Die Deutsche Einheit ist in unserer Geschichte etwas Einzigartiges. Zum ersten Mal leben die Menschen in Deutschland dauerhaft

14 Zeitbild Wissen

Mit dem Solidarpakt kam es drei Jahre nach der Wieder-vereinigung zu einer Neuordnung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs, die 1995 in Kraft trat. Danach wurden

die ostdeutschen Länder in den Länderfi nanzausgleich einbezogen und erhielten Transferleistungen in Höhe von insgesamt 105 Milliarden Euro sowie zusätzliche überproportionale Fördermittel. Zur Teilfi nanzierung der hohen Leistungen des Bundes wurde ab 1995 ein Solidaritätszuschlag von 7,5 Prozent auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer eingeführt. Der Zuschlagsatz konnte ab 1998 auf nunmehr 5,5 Prozent gesenkt werden.

Der Solidarpakt II gilt seit dem 1. Januar 2005. Er löste den von 1995 bis 2004 geltenden Solidarpakt I ab. Bis zum Jahr 2019 stehen insgesamt 156 Milliarden Euro

im Solidarpakt II bereit. Mit dem Solidarpakt II verbindet sich die Erwartung, dass die ost-deutschen Länder in den nächsten Jahren zunehmend auf eige-nen Füßen stehen können und ab 2020 keinen teilungsbedingten Nachholbedarf mehr geltend machen müssen. Im Zentrum der Anstrengungen stehen• die gezielte Förderung der Wirtschaft (Investitionszulage, Investorenwerbung),• Bildung, Innovation, Forschung und Entwicklung, • Verkehr (Verkehrsprojekte Deutsche Einheit),• Wohnungs- und Städtebau (Städtebauförderung, Soziale Wohnraumförderung) und • die weitere Beseitigung ökologischer Altlasten (Standortsanierung).

SOLIDARPAKT 1

SOLIDARPAKT II

Der Leipziger

Hauptbahnhof

nach der Sanierung

im Jahr 1998

WOHNEN: SANIERUNG DER BAUSUBSTANZ UND DER INNENSTÄDTE

Der Leipziger Hauptbahnhof im Jahr 1990

Viele historische Stadtkerne im Osten Deutschlands waren 1990 dem Verfall preisgegeben. Der größte Teil

der Bauten stammte aus der Zeit vor 1945; Wohnungen mit Ofenheizung waren die Regel. Im Neubaubereich

herrschten mangelhafte Billigprodukte vor. Inzwischen sind Millionen Wohnungen saniert und modernisiert

worden. Massive steuerliche Anreize auf der einen und besondere Wohngeldregelungen auf der anderen

Seite haben es ermöglicht, verfallende Häuser und Wohnungen instand zu setzen und zugleich die Mieten

bezahlbar zu halten. Zahlreiche historische Innenstädte wurden restauriert und erstrahlen in neuem Glanz.

Das Wohnen hat in Ostdeutschland eine völlig andere Qualität gewonnen.

Page 15: JAHRE DEUTSCHE EINHEIT · 2017. 9. 29. · Zeitbild Wissen 3 Die Deutsche Einheit ist in unserer Geschichte etwas Einzigartiges. Zum ersten Mal leben die Menschen in Deutschland dauerhaft

15 Zeitbild Wissen

HILFEN AUS BRÜSSEL FÜR DIE NEUEN BUNDESLÄNDER

SANIERUNG UND AUSBAU DER INFRASTRUKTUR1990 waren die Fernstraßen in Ostdeutschland sowie der Gleiskörper der Deutschen Reichsbahn stark sanierungs-

bedürftig. Völlig überaltert war auch das Wasserstraßensystem. Zwischen 1991 und 2009 wurden in die Schienen-

wege sowie die Bundesfern- und Bundeswasserstraßen der Neuen Bundesländer rund 75 Milliarden Euro investiert.

Knapp 200.000 Kilometer Straßen wurden und werden im Rahmen der Verkehrsprojekte Deutsche Einheit fertig

gestellt. Alle wichtigen Wirtschaftszentren wurden mit leistungsfähigen Strecken verbunden und die Neuen Bun-

desländer konnten in relativ kurzer Zeit in den Eurocity-, Intercity- und Interregioverkehr einbezogen werden.

Das war auch deshalb sehr wichtig, weil mit der Erweiterung der EU die bisherigen Nord-Süd-Verkehrsströme

durch neue Verkehrsbeziehungen in Ost-West-Richtung überlagert wurden. So sind auch die Neuen Länder zu

einer Drehscheibe des internationalen Handels und Verkehrs geworden.

Gleichzeitig fand eine Revolution auf dem Feld der Telekommunikation statt. Die Telefonleitungen und

-anschlüsse waren 1990 häufi g nur wenig über Vorkriegsstandard – in der gesamten DDR gab es nur 1,8 Mil-

lionen Telefonanschlüsse und 22.000 Münztelefone. Dank hoher Investitionen ist hier in wenigen Jahren eines

der modernsten Telekommunikationsnetze der Welt entstanden.

Ostdeutschland ist von der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise nicht so stark betroffen wie Westdeutschland, da die vielen kleinen und mittleren Unternehmen auf veränder te Rahmenbedingungen flexibler reagieren können und ihre Abhängigkeit vom Export geringer ist. Dennoch haben die von der Bundesregierungbeschlossenen beiden Konjunkturpakete in Höhe von insgesamt 80 Milliarden Euro auch im Osten Deutschlands mit dazu beigetragen, die Kon-junktur zu stabilisieren und die Auswirkungen der weltweiten Krise abzufedern. Ganz beson-ders profi tieren die ostdeutschen Bundesländer von Zukunftsinvestitionen der Kommunen und Länder in die Bildung und in die Infrastruktur sowie von der verstärkten Förderung der Investi-tionen und der regionalen Wirtschaftsstruktur.

DIE KONJUNKTURPAKETE I UND II

Einleitung von

Abwässern am

Ufer des Silber-

sees Anfang der

Neunzigerjahre

Der rekultivierte Silbersee im Jahr 1998

Aus den EU-Strukturfonds erhalten die Neuen Länder von 2007 bis 2013 rund 15,1 Milliarden Euro an Fördergeldern. Dazu kommen weitere Mittel für den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur in Höhe von 1,5 Milliarden Euro sowie 1,3 Milliarden Euro für wichtige arbeits-marktpolitische und Ausbildungsmaßnahmen.Darüber hinaus erhalten die Neuen Länder für ihre ländliche Ent-wicklung Mittel in Höhe von 4,7 Milliarden Euro im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU.

Page 16: JAHRE DEUTSCHE EINHEIT · 2017. 9. 29. · Zeitbild Wissen 3 Die Deutsche Einheit ist in unserer Geschichte etwas Einzigartiges. Zum ersten Mal leben die Menschen in Deutschland dauerhaft

16 Zeitbild Wissen

DIE WIRTSCHAFTLICHE ENT Mit der Wiedervereinigung begann ein mühsamer wirtschaftlicher Aufholprozess. Trotzdem

haben die Deutschen gemeinsam viel geschaffen in den letzten 20 Jahren.

Investitionen in Verkehr und Telekommunikation, Infrastruktur und Arbeitsmarkt, Verwaltung und

Justiz, Landwirtschaft und Gesundheitswesen, Bildung, Forschung und Technologie, Wohnungsbau

und Kultur haben die ostdeutschen Bundesländer von Grund auf verändert und modernisiert.

Besonders hervorzuheben sind auch die Leistungen für die ostdeutschen Rentnerinnen und

Rentner sowie die umfassenden Anstrengungen zur Aufarbeitung der verheerenden

ökologischen Altlasten.

Phase 1 1991 bis 1996Die ersten Jahre nach der Wiedervereinigung brachten ein starkes

Wirtschaftswachstum in den Neuen Ländern. Das Bruttoinlands-

produkt (BIP) je Einwohner stieg von 42,8 Prozent im Jahr 1991

(Neue Länder ohne Berlin: 33,5 Prozent) auf 68,3 Prozent des

westdeutschen Niveaus im Jahr 1996. Mit Hilfe großer Finanz-

transfers wurden die marode Infrastruktur erneuert und zahlrei-

che dringend renovierungsbedürftige Bauten instand gesetzt. Das

führte zu einem Boom im ostdeutschen Baugewerbe und in den

damit verbundenen Industrie- und Dienstleistungsbereichen.

Phase 2 1997 bis 2000Das Auslaufen des Baubooms brachte den Aufholprozess vo-

rübergehend fast zum Erliegen. Die auf die Einwohnerzahl

bezogene Wirtschaftsleistung ging im Vergleich zu Westdeutsch-

land sogar wieder leicht zurück, auf 67,2 Prozent des westdeut-

schen Niveaus im Jahr 2000.

Phase 3 2001 bis heuteDer wirtschaftliche Aufholprozess ist wieder in Gang gekommen, wenn

auch mit geringerem Tempo als zu Beginn der 90er-Jahre. Das BIP je

Einwohner ist in diesem Zeitraum auf 73 Prozent des westdeutschen

Durchschnittsniveaus gestiegen. Gleichzeitig haben sich die Produkti-

vität (von 75 Prozent des westdeutschen Niveaus im Jahr 2000 auf

81 Prozent im Jahr 2009) und die Selbstständigenquote (von 84 Pro-

zent des westdeutschen Niveaus im Jahr 2000 auf 106 Prozent im Jahr

2009) signifi kant erhöht. Besonders das verarbeitende Gewerbe ist in

den letzten Jahren dynamisch gewachsen, seit dem Jahr 2000 um fast

55 Prozent. Es kommt jetzt darauf an, die noch bestehende Differenz

in der Wirtschaftskraft weiter abzubauen.

Drei Phasen lassen

sich im Rückblick unterscheiden:

40 %

50 %

60 %

70 %

80 %

90 %

1991 2007200620052004200320022001200019991998199719961995199419931992 2008

Bruttoinlandsprodukt pro Erwerbstätiger

Quelle: Arbeitskreis VGR der Länder

44,5

67,1

73,6

74,8

78,4 78,7 79,0

Neue Bundesländer

mit Berlin

West = 100 %

Seit 1991 ist das

Bruttoinlandsprodukt

(BIP) je Erwerbstätiger

in Ostdeutschland auf

79 Prozent des Wertes in West-

deutschland gestiegen. Während

das BIP in Westdeutschland

zwischen 2006 und 2008 nur

um 4,3 Prozent zunahm, stieg

es in Ostdeutschland um

7,5 Prozent.

BIP

Page 17: JAHRE DEUTSCHE EINHEIT · 2017. 9. 29. · Zeitbild Wissen 3 Die Deutsche Einheit ist in unserer Geschichte etwas Einzigartiges. Zum ersten Mal leben die Menschen in Deutschland dauerhaft

17 Zeitbild Wissen

WICKLUNG IM ÜBERBLICK

10 %

20 %

30 %

40 %

50 %

60 %

70 %

80 %

1991 2007200620052004200320022001200019991998199719961995199419931992 2008

Arbeitslosen- und Erwerbstätigenquote

Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Statistisches Bundesamt

Alte Bundesländer

Neue Bundesländer

Alte Bundesländer

Neue Bundesländer

Erwerbstätige

Arbeitslose

69,867,3

70,9 70,4

73,6

70,3

63,8

61,162,5

60,1

10,3

6,3

16,7

10,1

18,8

8,7

20,1

9,4

13,1

6,4

2009

Wanderungen zwischen Ost- und Westdeutschland

Fortzüge aus den alten Ländern in die Neuen Länder

Zuzüge aus den Neuen Ländernin die alten Länder

Ost und West jeweils ohne BerlinQuelle: Statistisches Bundesamt

Personen in 1.000

943,4

272,9

510,2

390,8

644,9

366,9

615,7

375,8

531,1

338,7

1990–1993

1994–1997

1998–2001

2002–2005

2006–2009

Arbeit

Die positive Wirt-

schaftsentwicklung

hat sich auch auf

dem Arbeitsmarkt

niedergeschlagen. Von 2005 bis

August 2010 hat sich die Zahl

der Arbeitslosen in den Neuen

Ländern um gut 600.000 Perso-

nen, von 19,0 auf 11,5 Prozent,

verringert. Im Sommer 2010

sank die Arbeitslosigkeit erstmals

seit 1990/91 wieder unter die

Grenze von einer Million.

Mit einer Erwerbstätigenquote

von über 68 Prozent liegen die

Neuen Länder noch nicht auf

dem westdeutschen Durch-

schnittsstand (71 Prozent), aber

schon über dem Durchschnitts-

wert der EU. Der weitere Abbau

der Arbeitslosigkeit bleibt eine

der zentralen Aufgaben.

Abwanderung

Zwischen 1990 und 2009 sind über 3,2 Millionen

Menschen aus den Neuen in die alten Länder gezogen,

während rund 1,7 Millionen die umgekehrte Richtung

wählten. Die Neuen Länder verloren in diesem Zeitraum

per Saldo rund eineinhalb Millionen Einwohner durch Abwanderung.

Insbesondere junge Menschen verließen bisher ihre Heimat im Osten,

darunter waren in den ersten Jahren nach der Wiedervereinigung

überdurchschnittlich häufi g junge Frauen. Abgesehen von einem gering-

fügigen Anstieg in den Jahren 2007/2008, nahm die Zahl der

Menschen, die von Ost nach West abwanderten, seit 2001 konti-

nuierlich ab. Nach vorläufi gen Schätzungen erreichte sie im

Jahr 2009 mit insgesamt 120.500 Zuzügen aus den Neuen in die

alten Länder den tiefsten Wert seit der Wiedervereinigung.

Page 18: JAHRE DEUTSCHE EINHEIT · 2017. 9. 29. · Zeitbild Wissen 3 Die Deutsche Einheit ist in unserer Geschichte etwas Einzigartiges. Zum ersten Mal leben die Menschen in Deutschland dauerhaft

18 Zeitbild Wissen

0 B

200 B

400 B

600 B

800 B

1 . 000 B

587 B

492 B

697 B

826 B

+ 18,7 %

+ 67,9 %

1992 2008

West-

deutschland

Ost-

deutschland

West-

deutschland

Ost-

deutschland

Entwicklung der Altersrente

Quelle: Deutsche Rentenversicherung

5

10

15

20

1 1 , 2

1 8 , 9

1 0 , 91 1 , 2

Emissionen pro Einwohner

CO2in Tonnen

1990

West-

deutschland

Ost-

deutschland

1995

West-

deutschland

Ost-

deutschland

Quelle: Hentrich/Komar/Weisheimer (2000), Umweltschutz in den neuen Bundesländern

Zu den eindeutigen Gewinnern der Deutschen Einheit

gehören die Rentnerinnen und Rentner in Ostdeutschland.

Die durchschnittlichen Renten* liegen dort sowohl bei den

Männern mit ca. 1.069 Euro als auch bei den Frauen mit

702 Euro über denjenigen in den alten Ländern mit ca. 990 Euro für

Männer und ca. 487 Euro für Frauen (Stand: 31. Dezember 2009).

Das hängt entscheidend mit den überwiegend geschlossenen Ver-

sicherungsbiografi en der Rentnerinnen und Rentner in Ost-

deutschland zusammen, was vor allem bei den Frauen zu höheren

Durchschnittsrenten führt.

Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Renten im Osten

häufi g das einzige Einkommen im Alter sind. Ansprüche aus be-

trieblicher Altersversorgung, wie sie im Westen sehr verbreitet sind,

bestehen bei der heutigen Rentnergeneration im Osten kaum.

Dennoch: Wer in der DDR höchstens eine Mini-Rente in Ost-Mark

zu erwarten gehabt hätte, steht heute ungleich besser da; immer-

hin sind die Renten von 1990 bis heute in den Neuen Ländern im

Vergleich zu den alten Ländern um ein Vielfaches gestiegen.

*Die angeführten Zahlen beziehen sich auf den durchschnittlichen Rentenzahlbetrag,

der sich von der Modellrechnung Standardrente unterscheidet.

Ob in der Landwirtschaft, in der Industrie oder in den

Städten und Gemeinden: Zu den schlimmsten Erb-

lasten der SED gehörte die dramatische

Belastung der Umwelt. 1990 waren nur drei Prozent

der Wasserläufe und ein Prozent der stehenden Gewässer

ökologisch in Ordnung. Sauberes Trinkwasser war keine Selbstver-

ständlichkeit. Milliarden Kubikmeter Industrieabwasser fl ossen zu

95 Prozent ungeklärt in die Gewässer. Nur 36 Prozent der

Menschen hatten Anschlüsse an Kläranlagen.

Dazu kamen weitere Probleme: die Sanierung der

Braunkohlereviere, die Sanierung umfangreicher, durch den Uran-

abbau radioaktiv kontaminierter Flächen sowie der

Rückbau und die Entsorgung der stillgelegten Kernkraftwerke

sowjetischer Bauart. Heute sind auch in Ostdeutschland saubere

Luft, saubere Böden, sauberes Trinkwasser und saubere Flüsse

selbstverständlich. Hohe Investitionen und gezielter

Technologietransfer haben alle alten „Dreckschleudern“ beseitigt,

und die Einführung umweltverträglicher

Produktionsverfahren und der sparsamere Einsatz von Energie

haben ihre Wirkung getan.

Renten

Umwelt

DIE

WIR

TSC

HA

FTLI

CHE

ENT

WIC

KLU

NG

IM Ü

BERB

LICK

50

100

150

200

250

300

1 3,9

2 7 2,1

8 , 9

9 9,4

Emissionen pro Einwohner

SO2in Kilogramm

1990

West-deutschland

Ost-deutschland

1995

West-deutschland

Ost-deutschland

Quelle: Hentrich/Komar/Weisheimer (2000), Umweltschutz in den neuen Bundesländern

Page 19: JAHRE DEUTSCHE EINHEIT · 2017. 9. 29. · Zeitbild Wissen 3 Die Deutsche Einheit ist in unserer Geschichte etwas Einzigartiges. Zum ersten Mal leben die Menschen in Deutschland dauerhaft

19 Zeitbild Wissen

20 %

40 %

60 %

80 %

100 %

20 %

98,3 %

49,2 %

71,7 %

35,9 %

94,7 %

1990

2008

Telefon PKW Waschmaschine/Waschvollautomat

Quelle: SOEPmonitor 1984–2008

Langlebige Gebrauchsgüter in ostdeutschen Haushalten

65

70

7 5

80

85

Lebenserwartung

Frauen Ost

Frauen West

Männer Ost

Männer West

Quelle: Statistisches Bundesamt

(in Jahren)

1991

/199

319

92/1

994

1993

/199

519

94/1

996

1995

/199

719

96/1

998

1997

/199

919

98/2

000

1999

/200

120

00/2

002

2001

/200

320

02/2

004

2003

/200

520

04/2

006

2005

/200

720

06/2

008

W ie sehr sich die

gesundheitliche

Situation in den

Neuen Ländern

seit der Wiedervereinigung ver-

bessert hat, wird an der gestie-

genen Lebenserwartung sichtbar.

Sie ist seit 1990 bei Männern

um rund vier, bei Frauen um fast

fünf Jahre gestiegen und hat

sich damit dem westdeutschen

Durchschnitt stark angenähert.

Die ambulante ärztliche Versor-

gung ist voll gewährleistet; die

technische Ausstattung der Arzt-

praxen und der Krankenhäuser

hat sich tiefgreifend verbessert.

Auch die Arzneimittelversorgung

entspricht dem Niveau der

alten Länder.

Gesundheit

In immer mehr Lebensbereichen erreichen die

Neuen Länder das im Westen Deutschlands

gewohnte Niveau. So hat etwa der stürmische

Motorisierungsboom dazu geführt, dass in

der Relation „Pkw pro Einwohner“ die Neuen

Länder sich inzwischen an europäische

Spitzenwerte heranarbeiten; Ähnliches gilt

für die Ausstattung der privaten Haushalte

mit CD- und DVD-Spielern, Tiefkühlgeräten,

Spülmaschinen und Mikrowellengeräten.

Und auch in der Statistik der Auslandsreisen

schlagen die Menschen in den Neuen Ländern

immer stärker zu Buche.

Hochwertige

Konsumgüter/Lebensstandard

Page 20: JAHRE DEUTSCHE EINHEIT · 2017. 9. 29. · Zeitbild Wissen 3 Die Deutsche Einheit ist in unserer Geschichte etwas Einzigartiges. Zum ersten Mal leben die Menschen in Deutschland dauerhaft

20 Zeitbild Wissen

T

ZZiel der Politik ist es, bis zum Auslaufen des Solidarpaktes II im Jahr 2019 ein selbsttragendes Wachstum zu erreichen und möglichst gleichwertige Lebensverhältnisse zu schaffen.Ein Hauptproblem bleibt die weiterhin kritische Lage auf dem Ar-beitsmarkt, die dazu führt, dass zu viele Menschen in den Westen abwandern, um dort eine Beschäftigung zu fi nden. Gleichzeitig ist die Überalterung der Gesellschaft mit all ihren Schwierigkeiten in den Neuen Bundesländern stärker als im Westen Deutschlands.Dazu kommen die Tiefe und die Schnelligkeit des Umbruchs in den Neuen Ländern: Im Alltagsleben vieler Ostdeutscher bleibt kaum ein Stein auf dem anderen, was auch zu Orientierungsproblemenführt. Auch haben viele Menschen den Eindruck, dass ihre Lebens-leistung, die sie unter den schwierigen Bedingungen der DDR erbracht haben, nicht genügend gewürdigt wird.Das führt manchmal zu einer nachträglichen Idealisierung der DDR, die übersieht, wogegen die Menschen 1989/90 hauptsächlich demonstriert haben: eingeschränkte Freiheiten, Bespitzelung und politische Unterdrückung.Trotz noch zu lösender Probleme können die Menschen in Ost und West heute stolz auf das gemeinsam Erreichte sein. Großer Respekt gilt dabei vor allem den Menschen in den Neuen Ländern, die mit viel Tatendrang und Mut die weitaus schwierigeren Herausforde-rungen einer gewaltigen Veränderung in allen Lebensbereichen gemeistert haben. Gleichzeitig wäre ohne die Solidarität und die massiven Hilfen der alten Länder die Modernisierung im Osten sicherlich nicht so schnell und erfolgreich gelungen.Die gemeinsame Erfahrung der vergangenen 20 Jahre hat die Zusammengehörigkeit zwischen Ost und West verstärkt. Bei der „Jahrhundertfl ut“ entlang der Elbe in Sachsen und Sachsen-Anhalt im Jahr 2002 kommt Unterstützung aus ganz Deutschland:

Mit dem Aufbau demokratischer Strukturen,

einer unabhängigen Justiz, der Gewährleistung

der Grundrechte wie etwa Meinungs-,

Rede- und Reisefreiheit in den Neuen Ländern

wurden zentrale Forderungen der friedlichen

Revolutionäre von 1989 erfüllt.

Doch die Spuren von 40 Jahren SED-

Herrschaft in allen Bereichen des Lebens sind

tief; ihre Beseitigung dauert länger

als ursprünglich erhofft und beschränkt sich

nicht nur auf Gesetzgebung und

Verwaltung. Vielmehr bleibt es eine Heraus-

forderung für die ganze Gesellschaft, den Weg

zu gleichwertigen Lebensverhältnissen und

einem Miteinander, bei dem „Ost“ und „West“

keine entscheidende Rolle mehr spielen, Schritt

für Schritt gemeinsam weiterzugehen.

DIE INNERE EINHEIT

Wiederv

ereinig

ung fü

r

Deutsch

land pos

itiv

85 % (O

st)

79 % (W

est)

Page 21: JAHRE DEUTSCHE EINHEIT · 2017. 9. 29. · Zeitbild Wissen 3 Die Deutsche Einheit ist in unserer Geschichte etwas Einzigartiges. Zum ersten Mal leben die Menschen in Deutschland dauerhaft

21 Zeitbild Wissen

E

Menschen aus Bayern helfen genauso mit wie Brandenburger oder

Berliner. Mehr als 500 Millionen Euro werden insgesamt gespendet.

Auch die Fußball-WM 2006 in Deutschland hat deutlich gezeigt:

Die Farben Schwarz-Rot-Gold sind das gemeinsame Symbol aller

Deutschen.

Es ist ein neues Deutschland entstanden, das etwas anderes

ist als nur die Fortsetzung der alten Bundesrepublik in

größeren Grenzen: Schon heute ist die Ostsee das beliebteste

Urlaubsziel der Deutschen. Schon heute kommt weltweit jede

sechste Solarzelle aus Ostdeutschland. Schon heute spielen bei den

Jugendlichen die Begriffe „Ossis“ und „Wessis“ keine Rolle mehr.

Es ist selbstverständlich, dass junge Menschen aus den Neuen

Ländern ihre Ausbildung an westdeutschen Einrichtungen absol-

vieren. Aber auch umgekehrt: Immer mehr westdeutsche Jugend-

liche entscheiden sich für ein Studium im Osten.

Um die Lebensbedingungen in den Neuen Ländern weiter zu

verbessern, müssen vorhandene Unternehmen wachsen und neue

Unternehmen in ganz neuen Industrien entstehen. Dies erfordert

Erfi ndergeist und entsprechende Anstrengungen auf allen Stufen

des Bildungssystems. Investitionen in die Bildung sind daher das Funda-

ment allen technischen, wirtschaftlichen und sozialen Fortschritts.

Sie waren entscheidend dort, wo der Aufbau Ost Erfolg hat, und

sie werden künftig entscheidend sein, wenn es darum geht, die

wirtschaftsschwachen Regionen in ganz Deutschland zu stabilisieren

und fortzuentwickeln.

Dies hat eine kluge Förderpolitik bei der Vergabe von Finanz-

mitteln zu bedenken, wobei es nicht nur um den Technologiebereich

und die entsprechende Qualifi zierung der Menschen gehen kann,

sondern auch um die weitere Entwicklung kultur- und tourismus-

orientierter Regionen.

Für die Menschen in Ost und West war die Wiedervereinigung

mit großen Emotionen verbunden. In Umfragen gibt fast jeder

zweite Deutsche an, dass ihm bei allem, was sich damals

zutrug, irgendwann einmal die Tränen gekommen seien.

Heute wird die Wiedervereinigung von einer großen Mehrheit

der Deutschen als Erfolg gesehen. Auf die Frage „War die

Wiedervereinigung für Deutschland alles in allem betrachtet

eher positiv oder eher negativ?“ gaben in einer Umfrage im

Mai 2009 insgesamt 80 Prozent der Befragten (79 Prozent

in den alten, 85 Prozent in den Neuen Ländern) die Antwort

„positiv“. Nur 15 Prozent insgesamt (16 Prozent in den alten,

neun Prozent in den Neuen Ländern) antworteten „negativ“.

Auf die Frage „Haben sich die Hoffnungen/Erwartungen, die

Sie damals mit der Vereinigung verbunden haben, erfüllt oder

nicht erfüllt?“ gaben 54 Prozent insgesamt (53 Prozent der

Westdeutschen, 60 Prozent der Ostdeutschen) die Antwort,

die Erwartungen hätten sich im Großen und Ganzen oder in

wichtigen Teilen erfüllt. Und im Jahr 2009 bezeichneten sich

in den Neuen Ländern 65 Prozent als „Gewinner“, 20 Prozent

als „Verlierer der Einheit“ (Vergleich 2004: 54 zu 30 Prozent).

Dem entsprechen auch die Zukunftserwartungen. „Sehen Sie

persönlich der Zukunft eher optimistisch oder eher pessi-

mistisch entgegen?“ beantworteten 64 Prozent insgesamt (65

Prozent im Westen, 62 Prozent in den östlichen Ländern) mit

„eher optimistisch“, gegenüber rund einem Drittel, die eher

pessimistisch waren. Quelle: 20 Jahre nach dem Mauerfall. Eine Erhebung der TNS Infratest Politikforschung Berlin, Mai 2009.

Wie sehen die Deutschen die friedliche Revolution und die Einheit?

Optimism

us für

64 % de

r Deut

schen

die Z

ukunft

Page 22: JAHRE DEUTSCHE EINHEIT · 2017. 9. 29. · Zeitbild Wissen 3 Die Deutsche Einheit ist in unserer Geschichte etwas Einzigartiges. Zum ersten Mal leben die Menschen in Deutschland dauerhaft

22 Zeitbild Wissen

Europa bedeutet für jeden einzelnen Bürger ein Mehr an persönlicher Bewegungsfreiheit: Wegfall der Grenz-kontrollen, Niederlassungsfreiheit für Unternehmer und Arbeitnehmer, gegenseitige Anerkennung von Diplomen, Liberalisierung des Geld- und Kapital- sowie des Dienstleistungsverkehrs.Die wirtschaftliche Bilanz ist genauso eindeutig wie die

politische: Über die vergangenen Jahrzehnte hinweg ist der prozen-tuale Anteil der Exporte in die Länder der EU am Gesamtvolumen der deutschen Ausfuhren kontinuierlich bis auf mehr als 65 Prozent gestiegen. Ein eindrucksvollerer Beleg für die überragende Bedeutung, die der EU-Binnenmarkt für das geeinte Deutschland besitzt, lässt sich kaum denken. Für die Zukunft gilt, dass die Deutschen den globalen Wettbewerb nur in der Gemeinschaft der Europäer werden bestehen können.Der Mauerfall und die Epochenwende von 1989/1990 haben es auch ermöglicht, dass inzwischen – neben Zypern und Malta – die neutra-len Staaten Österreich, Schweden und Finnland und auch zehn Län-der Mittel- und Osteuropas Mitglieder der EU geworden sind. Denn noch 1989 standen sich an der innerdeutschen Grenze, hinter Mauer und Todesstreifen, mit der NATO und dem Warschauer Pakt zwei bis an die Zähne bewaffnete feindliche Militärbündnisse gegenüber.

Die Europäische Union ist aus den Erfahrungen zweier verheerender Weltkriege entstanden

und hat unserem Land nach dem dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte den Weg zu

gleichberechtigter Partnerschaft in Europa und in der Welt gebahnt. Sie hat – gemeinsam mit der

Verankerung der Bundesrepublik Deutschland im westlichen Verteidigungsbündnis – entschei-

dend dazu beigetragen, dass die deutsche Einigung auf friedlichem Wege und mit Zustimmung

aller Nachbarn unter dem europäischen Dach möglich wurde.

DEUTSCHLAND IN EUROPA ...

22222222222222222222222222222222222222222222222222222222 ZZZZZZZZZZZZZZeiZ iZeiZeiZeiZZZZZZeiZeiZZZZZZZZZZZZZZZZ iZZeiZ iZ iZZZZZZZeiZZZZZZZZZZZeiZeiiZZZZeiZZZZZeZZZZZZZZZZZZeZeiZZeiZZeiZeiZZZe tbtbitbitbitbbbtbitbibbtbittt itbt itbtbitttbitbitbttbittttbtbitbildldldldldldldldldldldldldldld ldldldllld WWWWWWWiW sWWisWWWiWisWWisWisWWisWiWWWisWisWWWWWWWWiWWWWW sWWisWisWWW ssssesessseseseeensennennseseeenssennsennennseseeeeennsesensennnnnnsesennnn

der Mittel- und Osteuropas Mitglieder der EU geworden sind. Dennnoch 1989 standen sich an der innerdeutschen Grenze, hinter Mauer und Todesstreifen, mit der NATO und dem Warschauer Pakt zwei bisan die Zähne bewaffnete feindliche Militärbündnisse gegenüber.

Auf einer Wiese am Oderufer

in Frankfurt (Oder) sitzt

am 30. April 2004 auf einer

Europafahne Julia Wagner-

Krawczyk mit ihrem Mann Sven

Wagner und der einjährigen

Tochter Lily-Marie. Die

28-jährige Polin ist Studentin

an der Europa-Universität Via-

drina und seit 15 Monaten

mit dem 27-jährigen deutschen

Zimmerermeister verheiratet.

Die drei verfolgen vom Oder-

ufer aus die Feierlichkeiten.

Unter dem Motto „Aus

Nachbarn werden

Partner“ feiern die

Einwohner von

Frankfurt (Oder)

und der pol-

nischen Nachbar-

stadt Slubice den

Beitritt Polens zur

Europäischen

Union. (Quelle: picture-alliance)

Page 23: JAHRE DEUTSCHE EINHEIT · 2017. 9. 29. · Zeitbild Wissen 3 Die Deutsche Einheit ist in unserer Geschichte etwas Einzigartiges. Zum ersten Mal leben die Menschen in Deutschland dauerhaft

23 Zeitbild Wissen

Denn der Mauerfall hat den europäischen Kontinent und die Koordinaten der Welt-politik verändert. Die Herstellung der Deut-schen Einheit bedeutete auch die friedliche Beseitigung eines Spannungsherdes mitten in Europa, der jahrzehntelang Kristallisations-punkt des Kalten Krieges und damit eine

massive Bedrohung des Weltfriedens war. Heute leben die Deut-schen in international anerkannten, sicheren Grenzen und werden von ihren Nachbarn nicht mehr als Bedrohung, sondern als wich-tiger Partner in Europa und der Welt wahrgenommen. Deutschland nimmt diese Herausforderung im Rahmen des atlantischen Sicherheitsbündnisses an. Durch ihre Integration in die NATO konnte die „alte“ Bundesrepublik den Ost-West-Konfl ikt unbeschadet bestehen und letztlich zugunsten der Einheit auf-

lösen. Mit dem Ende der alten Machtblöcke in Ost und West und der Etablierung einer neuen, multipolaren Weltordnung haben sich die Aufgaben der NATO – und damit auch Deutschlands – im Sinne eines globalen Stabilitätsfaktors gewandelt. Deutsche Sol-daten tragen heute gemeinsam mit ihren Verbündeten in vielen Teilen der Welt zur Konfl iktlösung bei; militärisches Eingreifen ist dabei nur dann gerechtfertigt, wenn alle Mittel der friedlichen Konfl iktbewältigung versagen. Je mehr Menschen in Freiheit leben, desto weniger gewaltsame Konfl ikte gibt es. Deshalb unterstützt Deutschland auch das Be-mühen der Vereinten Nationen um die weltweite Durchsetzung der Menschenrechte. Die Vision einer Welt, in der nicht das Recht des Stärkeren, sondern die Stärke des Rechts gilt und in der sich Starke wie Schwächere gut aufgehoben fühlen, ist auch Leitbild des wiedervereinigten Deutschlands.

... UND IN DER WELTNach außen hat die Einheit den Deutschen

mehr Gewicht verliehen, und das heißt in vielen Fällen

vor allem: mehr Verantwortung in der Welt.D

ie 1

6 E

uro

-L

än

der

Was damals in Polen begann und sich in den Botschaften der Bundesrepublik in Warschau, in Budapest und in Prag fort-setzte, endete in einer Epochenwende der europäischen Ge-schichte, die zugleich das Ende des Kalten Krieges und die Überwindung des hergebrachten Ost-West-Konfl iktes be-deutete. Im Rückblick wird noch deutlicher, dass dieser „Kalte Krieg“ überhaupt nur durch eine massenhafteBewegung von unten, durch den friedlichen Aufstand der Menschen in Ost- und Mitteleuropa zu überwinden war. Nachdem alle ehemaligen Länder des Ostblocks sich von ihren kommunistischen Machthabern befreit und eine de-mokratische Ordnung errichtet hatten, hörte Ende 1991 auch die Sowjetunion auf zu existieren. Damit trat gut 70 Jahre nach der Oktoberrevolution das ehemalige kommunistische Weltreich der UdSSR fast lautlos von der Bühne ab.Beim Prozess der Erweiterung der EU nach Osten ging es darum, endlich auch jene Länder, die zuvor jahrzehntelang unter kommu-nistischer Zwangsherrschaft, unter Willkür und Unfreiheit gelitten hatten, in die „Familie“ der demokratischen und freiheitlichen Staaten Europas aufzunehmen.Bereits im Februar 1992 unterzeichneten die Außen- und Finanzminister der – damals – zwölf EG-Staaten in den Niederlanden den Vertrag von Maastricht – die bedeutendste Fortentwicklung der europäischen Eini-gung seit den Römischen Verträgen 35 Jahre zu-vor. Kernstück der Maastrichter Vereinbarungen sind die Verträge über eine Wirtschafts- und Währungsunion mit gemeinsamer europäischer Währung. Am 1. Januar 2002 erfolgte der Umtausch der nationalen Banknoten und Münzen gegen Euro-Banknoten und Euro-Münzen; seither ist der Euro in 16 der heute insgesamt 27 Mitgliedstaaten der EU alleiniges ge-setzliches Zahlungsmittel geworden.Unter dem Strich haben die Menschen im vereinten Deutschland jeden Grund, Europa dankbar zu sein. Die Einigung Europas ist und bleibt im existenziellen Interesse Deutschlands.

Österreich

freiheit und

n- en – en zu-sind

i

erreee eichÖstÖÖsÖÖsÖstÖÖstÖsÖstÖsÖstÖstÖstÖsÖsÖÖstÖ tÖstÖÖsÖÖssÖstssstÖ tÖstÖÖstÖsttÖÖÖÖsÖsÖsÖsÖÖÖ tÖstttÖstÖÖ tÖsÖsÖÖÖÖ tÖsÖsÖsÖsÖsttttÖÖsÖÖÖÖstÖÖÖssttÖsÖstÖsÖsÖÖstÖ tÖstttÖÖsÖsÖÖÖÖsÖÖÖÖÖÖstÖstÖÖÖstssÖÖÖsÖÖÖsÖÖÖÖstÖsÖstÖsÖÖstÖÖsÖsssÖsÖsÖssÖsÖsÖssssssstteeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeee

02 zeno in ge-

s be-eser te

er

n e-auchnach der

Frankreich

Belgien

Deutschland

Zypern

Spanien

DeutschlanndD

Sp

Slowenien

Slowakei

Portugal

Malta

Niederlande

Luxemburg

Irland

Griechenland

Finnland

Italien

Page 24: JAHRE DEUTSCHE EINHEIT · 2017. 9. 29. · Zeitbild Wissen 3 Die Deutsche Einheit ist in unserer Geschichte etwas Einzigartiges. Zum ersten Mal leben die Menschen in Deutschland dauerhaft

24 Zeitbild Wissen

Einsatz im Unterricht

Methodisch-didaktische Hinweise

ie heutigen Schülergenerationen haben den Fall der Mauer nicht miterlebt, für sie ist die

Deutsche Einheit eine Selbstverständlichkeit. Im vorliegenden Unterrichtsmaterial steht die

deutsche Geschichte seit diesem historisch bedeutsamen Ereignis im Mittelpunkt.

Die folgenden 24 Arbeitsblätter behandeln die Deutsche Einheit und ihre politi-

sche, wirtschaftliche, soziale und gesellschaftspolitische Entwicklung. Es wird diskutiert, inwieweit sich die

ehemals getrennten Teile Deutschlands 20 Jahre nach der Wiedervereinigung angenähert haben.

Die Unterrichtsmaterialien eignen sich für den fächerübergreifenden Unterricht in Politik, Geschichte,

Wirtschaft und Sozialkunde. Die einzeln heraustrennbaren Arbeitsblätter können für den Einsatz im

Unterricht kopiert werden und bieten genügend Möglichkeiten, die Themen unabhängig voneinander

und in anderer Reihenfolge in der Klasse zu behandeln. Die Arbeitsblätter sind auch zur persönlichen

Unterrichtsvorbereitung geeignet.

Jedes Arbeitsblatt enthält schülergerechte Aufgaben für eine aktive, selbstständige und vertie-

fende Auseinandersetzung mit dem entsprechenden Thema und zur Kontrolle des zuvor Erlernten.

Als Hilfestellung fi nden Sie Lösungen zu den Schüleraufgaben am Ende des Magazins auf Seite 51.

Mit den ersten drei Arbeitsblättern über die wichtigsten Stationen der Deutschen

Einheit können die Schülerinnen und Schüler den Mauerfall, seine Auswirkungen sowie Ursachen

und Verlauf der Wiedervereinigung kennenlernen.

Mit den Arbeitsblättern 4 und 6 bis 10 zu den Themen Staatssicherheit, Leben in der DDR, Grenz-

fl ucht und DDR-Mythen können sich die Schülerinnen und Schüler intensiv mit der SED-Diktatur

auseinandersetzen und begreifen, warum die DDR-Bevölkerung die Wiedervereinigung gefordert

hat. Arbeitsblatt 5 regt zur Spurensuche in Berlin an, wo noch heute Spuren der Mauer und der DDR

zu fi nden sind.

Mit den Arbeitsblättern 11 bis 22 werden den Schülerinnen und Schülern die Auswirkungen

der Wiedervereinigung und die Annäherung von Ost- und Westdeutschland aufgezeigt. Die

Schülerinnen und Schüler können die Erfolge und Probleme der Deutschen Einheit herausarbeiten.

Einen etwas persönlicheren Ansatz bieten hierbei die Arbeitsblätter 11, 12 und 13: die Porträts

zweier Wendekinder (AB 11) und die Erinnerungen eines Journalisten, der 15 Jahre alt war, als die

Mauer fi el (AB 12). Joachim Gauck refl ektiert die friedliche Revolution in seiner Rede zum 10. Jahres-

tag des Mauerfalls (AB 13). Die wirtschaftlichen Auswirkungen – Soziale Marktwirtschaft, Solidarpakt –

werden auf den Arbeitsblättern 14 bis 16 herausgestellt und die ökologischen auf Arbeitsblatt 18.

Arbeitsblatt 17 liefert konkrete Zahlen zur Ost-West-Annäherung, die Arbeitsblätter 19 und

20 beziehen sich auf das Demokratieverständnis und die Politische Kultur.

Mit Arbeitsblatt 23 erhalten die Schülerinnen und Schüler die wichtigsten Fakten über Deutsch-

land auf einen Blick.

Abschließend können die Schülerinnen und Schüler im Deutschland-Quiz ihr Wissen über Deutsch-

land prüfen. Das Blatt mit den Quizlösungen kann im Anschluss daran ausgeteilt werden, so dass die Schü-

lerinnen und Schüler selbst herausfi nden können, wie gut sie über Deutschland Bescheid wissen.

D

Page 25: JAHRE DEUTSCHE EINHEIT · 2017. 9. 29. · Zeitbild Wissen 3 Die Deutsche Einheit ist in unserer Geschichte etwas Einzigartiges. Zum ersten Mal leben die Menschen in Deutschland dauerhaft

25Zeitbild Wissen

Inhalt der Arbeitsblätter

2Zeitbild Wissen

Lösungen Deutschland-Quiz

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

ZEIT DER TEILUNG

DER WEG IN DIE FREIHEIT

20 JAHRE DEUTSCHE EINHEIT

FLUCHT UNTER EINSATZ DES LEBENS ...

WO STAND EIGENTLICH DIE MAUER?

JEDER KONNTE EIN SPITZEL SEIN ...

DER VERGANGENHEIT INS AUGE SEHEN

WIE WAR DAS IN DER DDR EIGENTLICH ...

VERKLÄRUNG ODER WIRKLICHKEIT?

LEBEN IN DER DDR

ICH HATTE TANZSTUNDE ...

ZWEI VON 1.786.134

15

16

17

18

19

20

21

22

23

24

13

14

JOACHIM GAUCK ZUM THEMA

FRIEDLICHE REVOLUTION

VON DER ZENTRALVERWALTUNGSWIRTSCHAFT

ZUR SOZIALEN MARKTWIRTSCHAFT

„OPERATION WURST“:

EIN UNTERNEHMERPORTRÄT

UNTERSTÜTZUNG FÜR DEN OSTEN

FAKTEN ZWISCHEN AACHEN UND ZWICKAU

UMWELTVERSCHMUTZUNG

DEMOKRATIE – NEIN DANKE?

WIE STEHT’S UM DIE POLITISCHE KULTUR?

GO EAST!

ZITATESAMMLUNG

DEUTSCHLAND AUF EINEN BLICK

DEUTSCHLAND-QUIZ

Page 26: JAHRE DEUTSCHE EINHEIT · 2017. 9. 29. · Zeitbild Wissen 3 Die Deutsche Einheit ist in unserer Geschichte etwas Einzigartiges. Zum ersten Mal leben die Menschen in Deutschland dauerhaft

26 Zeitbild Wissen

Zeit der Teilung

7. Mai 1945:

Durch die Unterzeichnung der

bedingungslosen Kapitulation aller

deutschen Streitkräfte endet der

Zweite Weltkrieg in Europa.

5. Juni 1945:

Die Siegermächte Sowjetunion,

USA, Großbritannien und Frank-

reich übernehmen die oberste

Regierungsgewalt in Deutschland.

Das Land wird in vier Besatzungs-

zonen und Berlin in vier Sektoren

aufgeteilt.

20. Juni 1948:

Die Westmächte schaffen in den

westlichen Besatzungszonen die

wertlos gewordene Reichsmark

ab und führen die Deutsche Mark

als neues Zahlungsmittel ein. Die

Sowjetunion reagiert drei Tage

später mit einer eigenen Wäh-

rungsreform in ihrer Zone.

24. Juni 1948:

Die Sowjetunion sperrt die Land-

und Wasserwege nach West-Berlin,

nur die Luftwege bleiben offen. Die

Westmächte versorgen die West-

Berliner über die „Luftbrücke“ mit

Lebensmitteln („Rosinenbomber“).

Die Berlin-Blockade endet am

12. Mai 1949.

23. Mai 1949:

Mit Inkrafttreten des Grundgesetzes

wird die Bundesrepublik Deutsch-

land gegründet. Konrad Adenauer

wird erster Bundeskanzler.

7. Oktober 1949:

Der nicht aus Wahlen hervorge-

gangene „Deutsche Volksrat“ setzt

die „Verfassung der Deutschen

Demokratischen Republik“ in Kraft.

Damit ist die DDR gegründet.

17. Juni 1953:

Der Arbeiter- und Volksaufstand in

Ost-Berlin und in der DDR gegen

die DDR-Regierung und für freie

Wahlen wird gewaltsam mithilfe

sowjetischer Truppen und Panzer

niedergeschlagen.

1955:

Die Bundesrepublik wird in das

westliche Militärbündnis der NATO

und die DDR in das östliche Militär-

bündnis des Warschauer Pakts als

Mitglied aufgenommen.

13. August 1961:

Auf Befehl der SED beginnt der

Bau der Berliner Mauer zwischen

Ost- und West-Berlin. Damit wird

die massenhafte Abwanderung

der Bevölkerung in Richtung

Westen gestoppt.

19. März 1970:

Bundeskanzler Willy Brandt und

der Vorsitzende des Ministerrats

der DDR Willi Stoph treffen sich

in Erfurt zum ersten innerdeut-

schen Gipfelgespräch. Am 21. Mai

erfolgt der Gegenbesuch Stophs

in Kassel.

12. August 1970:

In Moskau wird der deutsch-

sowjetische Vertrag unterzeichnet.

Er enthält die Verpfl ichtung auf

Gewaltverzicht und die Unverletz-

lichkeit aller Grenzen in Europa.

21. Dezember 1972:

Grundlagenvertrag zwischen der

Bundesrepublik und der DDR;

Bundesregierung übergibt „Brief

zur Deutschen Einheit“.

18. September 1973:

Die Bundesrepublik und die DDR

werden in die Vereinten Nationen

(UNO) aufgenommen.

1. August 1975:

Die Bundesrepublik und die DDR

unterschreiben die KSZE-Schluss-

akte in Helsinki.

29. Juni 1983:

Die Bundesrepublik verbürgt sich

für einen Kredit in Höhe von einer

Milliarde DM, den die DDR von

westdeutschen Banken erhält. Als

Gegenleistung beginnt die DDR

mit dem Abbau der Selbstschuss-

anlagen an der innerdeutschen

Grenze.

März 1985:

Michail Gorbatschow übernimmt

die Führung in der Sowjetunion.

Mit Glasnost (Offenheit) und Pere-

stroika (Umgestaltung) leitet er

Reformen in der Sowjetunion ein.

Dadurch gerät der Ostblock in

Bewegung, was auch die Rahmen-

bedingungen der SED-Führung

spürbar verändert.

ArbeitsauftragOrdne folgende Bilder den oben genannten

Ereignissen zu:

1

2

3

1

Page 27: JAHRE DEUTSCHE EINHEIT · 2017. 9. 29. · Zeitbild Wissen 3 Die Deutsche Einheit ist in unserer Geschichte etwas Einzigartiges. Zum ersten Mal leben die Menschen in Deutschland dauerhaft

Der Weg in die Freiheit

2. Mai 1989:

Zwischen Ungarn und Öster-reich wird mit dem Abbau der Grenzbefestigungen begonnen.

7. Mai 1989: In der DDR fi nden Kommunalwah-len statt. Nachdem oppositionelle Bürgerrechtsgruppen die Fälschung der Wahlergebnisse nachweisen können, beginnen im Herbst 1989 die Demonstrationen mit dem Ruf „Wir sind das Volk!“.

11. September 1989: Mit Öffnung der ungarischen West-grenze beginnt die Massenfl ucht über die ungarisch-österreichische Grenze in die Bundesrepublik. Bis Monatsende fl iehen ca. 30.000 DDR-Bürger. Andere DDR-Bürger fl üchten in die bundesdeutschen Botschaften in Prag und Warschau.

9. Oktober 1989: Auf der bis dahin größten Leipziger Montagsdemonstration fordern ca. 70.000 Menschen grundlegende politische Reformen. Die Sicher-heitskräfte sind zu schwach und greifen nicht ein.

18. Oktober 1989: SED-Generalsekretär Erich Ho-necker tritt zurück.

7./8. November 1989:

Rücktritt der DDR-Regierung. Die Bundesregierung fordert die Führung der DDR zu system-ändernden Reformen auf: Ver-zicht auf das Machtmonopol der SED, Zulassung unabhängiger Par teien und Organisationen, Anberaumung freier Wahlen.

9. November 1989: Öffnung der Mauer: Gegen Mitter-nacht vom 9. zum 10. November öffnen sich unter dem Druck von Tausenden von DDR-Bürgern die Schlagbäume. In den nächsten Stunden drängen Hunderttau-sende an die Grenze.

28. November 1989: Bundeskanzler Helmut Kohl stellt das Zehn-Punkte-Programm vor, in dem ein schrittweiser Prozess zur Wiedergewinnung der Deut-schen Einheit umrissen wird. Dabei wird der Zeitrahmen ab-sichtlich offengelassen.

15. Januar 1990:

Tausende Bürger stürmen die Zentrale des Ministeriums für Staatssicherheit in der Ost-Berliner Normannenstraße, um Stasi-Akten vor dem Reißwolf zu retten. Die Aufl ösung der Stasi nimmt ihren Lauf.

18. März 1990: Erste und letzte freie und demokra-tische Volkskammerwahlen in der DDR. Sieg der „Allianz für Deutsch-land“ (DA, DSU und CDU).

18. Mai 1990: Unterzeichnung des Staats-vertrags zwischen der Bundes-republik Deutschland und der DDR über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und So-zialunion.

17. Juni 1990: Die Volkskammer beschließt das Treuhandgesetz. Damit erhält die Treuhandanstalt, die noch auf einen Beschluss der Modrow-Re-gierung zurückgeht, den Auftrag, die staatseigenen Betriebe der DDR zu privatisieren.

1. Juli 1990: Die Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion tritt in Kraft. Die D-Mark wird offi zielles Zahlungs-mittel in der DDR.

15./16. Juli 1990: Besuch von Bundeskanzler Helmut Kohl, Außenminister Hans-Dietrich Genscher und

Finanzminister Theo Waigel im Kaukasus. Einvernehmen über die Deutsche Einheit und Abzug der sowjetischen Truppen.

23. August 1990: Die Volkskammer beschließt denBeitritt der DDR zur Bundesre-pu-blik nach Art. 23 des Grund-gesetzes.

31. August 1990: Unterzeichnung des Einigungs-vertrags.

212. September 1990: Unterzeichnung des Zwei-plus-Vier- Vertrags zwischen der Bundes-republik Deutschland und der DDR plus vier Alliierte über die Zukunft des vereinigten Deutschlands.

3. Oktober 1990:

Tag der Deutschen Einheit. Bei-tritt der DDR zur Bundesrepu-blik und damit Ende der Spaltung Deutschlands. Das Grundgesetz gilt jetzt für ganz Deutschland.

Arbeitsauftrag

1) Was waren Gründe der Menschen in der DDR, in die Bundesrepublik zu flüchten?a) _____________________________________b) _____________________________________c) _____________________________________d) _____________________________________2) Die vier Zitate in der Tabelle gingen in die Geschichte ein. Doch wann genau wurden sie ausgesprochen? Ordnet jedes Datum dem richtigen Zitat und dem entsprechenden geschichtlichen Hintergrund zu.

Datum: 9. November 1989, 19. Januar 1989, 15. Juni 1961, 7. Oktober 1989Zeitliche Einordnung: zwei Monate vor Mauerbau; Tag der Maueröffnung; zehn Monate vor Mauerfall; 40. Jahrestag der DDR

Zitat Datum Zeitliche EinordnungMichail Gorbatschow: „Wenn wir zu spät kommen, bestraft uns das Leben sofort.“

7. Oktober 1989

Erich Honecker: „Die Mauer wird ... so lange bleiben, wie die Bedin-gungen nicht geändert werden, die zu ihrer Errichtung geführt haben. Sie wird in 50 und auch in 100 Jahren noch bestehen bleiben, wenn die dazu vorhandenen Gründe noch nicht beseitigt sind.“

zehn Monate vor Mauerfall

Walter Ulbricht: „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten!“

Günter Schabowski: „Privatreisen nach dem Ausland können ohne Vorliegen von Voraussetzungen ... beantragt werden. Die Genehmi-gungen werden kurzfristig erteilt. ... Ständige Ausreisen können über alle Grenzübergangsstellen der DDR zur BRD erfolgen. ... Das tritt nach meiner Erkenntnis – ist das sofort – unverzüglich.“

Zeitbild Wissen 27

Page 28: JAHRE DEUTSCHE EINHEIT · 2017. 9. 29. · Zeitbild Wissen 3 Die Deutsche Einheit ist in unserer Geschichte etwas Einzigartiges. Zum ersten Mal leben die Menschen in Deutschland dauerhaft

28 Zeitbild Wissen

20 Jahre Deutsche Einheit314. Oktober 1990 Landtagswahlen in den fünf Neuen

Bundesländern Brandenburg,

Mecklenburg-Vorpommern,

Sachsen, Sachsen-Anhalt und

Thüringen, die aus den 14 ostdeut-

schen Bezirken entstanden waren.

9. November 2009Feuerwerk und internationale Gäste

am Brandenburger Tor: Am Jahres-

tag des Mauerfalls feiert Deutsch-

land 20 Jahre friedliche Revolution.

August 2001Beschluss des Bund-Länder-Pro-

gramms „Stadtumbau Ost“: Von

2002 bis 2009 werden insgesamt

2,5 Milliarden Euro bereitgestellt,

um den Leerstand ostdeutscher

Wohnungen zu bekämpfen und die

Attraktivität der Städte zu steigern.

Februar 1992Bei den Olympischen Winterspielen

in Albertville treten erstmals seit

1964 wieder Sportlerinnen und

Sportler aus Ost- und Westdeutsch-

land gemeinsam an.

29. Mai 2010 Germany – 12 Points! Mehr als 125

Millionen Menschen auf der ganzen

Welt sehen zu, wie Deutschland

den Eurovision Song Contest in

Oslo gewinnt. Die 19-jährige Lena

Meyer-Landrut überzeugt Jury

und Zuschauer mit ihrem Song

„Satellite“.

20. Juni 1991Der Bundestag in Bonn beschließt

die Verlegung des Parlaments- und

Regierungssitzes von Bonn nach

Berlin. Acht Jahre später, im Septem-

ber 1999, beginnt der Bundestag

offi ziell seine Arbeit im umgebauten

Reichstagsgebäude.

Juni 1995 Der Reichstag wird für zwei

Wochen verhüllt – mit mehr als

100.000 m2 Spezialstoff. Rund fünf

Millionen Menschen lockt das Kunst-

werk des Künstlerpaares Christo

und Jeanne-Claude an.

31. Dezember 1994Die Treuhandanstalt wird aufgelöst.

Insgesamt wurden über 6.500

Unternehmen privatisiert, knapp

1.600 reprivatisiert und über 3.700

Unternehmen mussten geschlossen

werden.

August 2002Ganz Deutschland hilft: Die

Jahr hundert-Flut an der Elbe ver-

ursacht Schäden von über neun

Milliarden Euro, vor allem ostdeut-

sche Länder sind betroffen. 500

Millionen Euro werden gespendet

und Freiwillige aus dem gesamten

Bundesgebiet unterstützen die

Hilfsorganisationen.

22. November 2005Mit Angela Merkel wird nicht

nur die erste Frau, sondern auch

die erste ostdeutsche Politikerin

Bundeskanzlerin der Bundesrepublik

Deutschland.

2. Dezember 1990In der Bundesrepublik fi nden die

ersten gesamtdeutschen Bundes-

tagswahlen statt. Als Ergebnis setzen

CDU/CSU und FDP ihr Regierungs-

bündnis fort.

1. Januar 1995Inkrafttreten des Solidarpakts I: Bis

2004 erhalten die Neuen Bundes-

länder vom Bund 105 Milliarden

Euro für den Aufbau von Wirtschaft

und Infrastruktur. Anschließend wird

der Pakt verlängert (Solidarpakt

II): Bis 2019 werden weitere 156

Milliarden Euro bereitgestellt.

8. September 1994Vor dem Brandenburger Tor in

Berlin werden die Streitkräfte der

westlichen Alliierten verabschiedet.

Einige Tage zuvor haben die letzten

russischen Soldaten die Bundes-

republik verlassen.

17. Januar 1991Der Bundestag wählt Helmut Kohl

zum ersten gesamtdeutschen

Bundeskanzler.

2. Januar 1992Erste Bürgerinnen und Bürger

nehmen Einsicht in ihre Stasi-Akten,

die in der „Behörde des Bundes-

beauftragten für die Unterlagen

des Staatssicherheitsdienstes der

ehemaligen DDR“ aufbewahrt

werden. Bis 2009 haben über 2,6

Millionen Bürger einen Antrag auf

Akteneinsicht gestellt.

30. April 1991In Zwickau rollt der letzte Trabant

vom Band.

19. März 2002Volkswagen eröffnet die Gläserne

Manufaktur in Dresden. Besucher

und Kunden können hier die

Herstellung eines Automobils

mitverfolgen.

3. Dezember 1992Erich Honecker übernimmt als

Angeklagter in einer persönlichen

Erklärung vor dem Berliner Land-

gericht die Verantwortung für den

Mauerbau.

HE

ES

WU

N

CK

NT

EI

ER

TS

CH

U

LI

R

V

CH

Z

ND

H

DE

LA

EN

SC

G

Arbeitsauftrag

– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – , – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – !

Ordne die Bilder den richtigen Ereignissen zu und bringe Bilder und Ereignisse in eine zeitliche Reihenfolge. Bei richtiger Reihenfolge ergeben die angegebenen Buchstaben folgende Lösung:

Page 29: JAHRE DEUTSCHE EINHEIT · 2017. 9. 29. · Zeitbild Wissen 3 Die Deutsche Einheit ist in unserer Geschichte etwas Einzigartiges. Zum ersten Mal leben die Menschen in Deutschland dauerhaft

Flucht unter Einsatz des Lebens ...

Am frühen Sonntagmorgen des 13. August 1961 beginnt die DDR, die Sektorengrenze in Berlin und die Grenze West-Berlins zum Umland zunächst mit Stacheldraht und Barrikaden, wenige Tage später mit Mauern abzuriegeln. Die Mauer verläuft quer durch Berlin, reißt Straßen, Stadtviertel, Freunde und Familien auseinander. Damit versucht die DDR-Führung die massiv anwachsende Fluchtbewegung der eigenen Bürger in die Bundesrepublik zu stoppen und ihre Macht zu stärken. Seit 1949 wa-ren über zweieinhalb Millionen – überwiegend junge – Menschen aus der DDR gefl ohen, da sie vor allem mit dem politischen und wirtschaftlichen System dort nicht einverstanden waren.In den nächsten Jahren werden die Grenzanlagen immer weiter aus-gebaut und perfektioniert. Die Betonmauer wächst, Drahtgitterzäune und weiträumige Sperrgebiete entstehen, die SED-Führung lässt Sperrgräben, Beobachtungstürme, Hundelaufanlagen, Minenfelder und Selbstschuss-anlagen einrichten. Die innerdeutsche Grenze, die sich auf insgesamt 1.378 km erstreckt, gehört bald zu der am stärksten bewachten auf der Welt. Einen besonderen Abschnitt davon bildet die Berliner Mauer, die Westberlin umschließt. Trotz Stacheldraht und Mauer gelingt es immer wieder Flüchtlingen, unter Einsatz ihres Lebens die Grenze zu überwinden. 461.605 Menschen fl iehen zwischen 1961 und 1989 in die Bundesrepublik Deutschland; 38.101 davon sind sogenannte Sperrbrecher, die es direkt über die Grenzbefesti-gungen in den Westen schaffen. Sie nutzen Bulldozer, leere Tanks und Kofferräume mit doppeltem Boden, falsche Papiere und Uniformen, bauen Tunnel und Flugapparate. Vielen gelingt die Flucht jedoch nicht. Mehrere Hundert sterben. Sie werden von den Grenzsoldaten erschossen, ertrinken in den Grenzgewässern oder erleiden tödliche Unfälle auf der Flucht.

Die Flucht.Aus einem Zeitzeugengespräch mit Ulrich Pfeifer

Meine Flucht lief in der Nacht vom 7. zum 8. September 1961. Wir haben uns nachts um eins in der Gleimstraße getroffen. Wir waren zu sechst, der siebente war der sogenannte Deckelmann. Das war derjenige, der, nachdem alle eingestiegen waren, den Deckel wieder zumachen

musste. Wir haben so bis um halb zwei in einem Hauseingang gewartet, bis es auf der Straße ruhig war. Wir beiden Männer haben dann erst mal diesen Deckel mithilfe von Haken aufgemacht. Dann ging es los. Der andere Mann ist als Erster eingestiegen, dann nacheinander die vier Mädchen. Wir waren alle so im gleichen Alter, zwischen 20 und 25 Jahren. Ich bin als Letzter hinterher und habe dabei dem Mädchen vor mir fürchterlich auf die Finger getreten. Ich

hörte noch, wie der Deckel oben zuging. Am Anfang hatte der Kanal vielleicht eine Höhe von einem Meter dreißig. Man musste also gebückt gehen. Weiter Richtung Wedding wurde er dann aber immer größer. Das war so ein alter gemauerter Hauptsammler, ein Mischsystem, also Schmutzwasser und Regenwasser zusammen. Es war eigentlich sehr ekelhaft, aber das spielte in dem Moment keine Rolle. In der Ferne sahen wir schon das Aufblitzen einer

Taschenlampe. Wir wussten ja, dass Studenten auf der Westseite in der Kanalisation sind und uns erwarten. Ein Problem gab es noch, das war uns erst gar nicht so klar. An der Grenze war schon ein Gitter in der Kanalisation eingebaut. Es hatte aber unten Bodenfreiheit. Wenn man nicht allzu dick war, konnte man unten drunter durchrutschen. Man musste also wirklich auf Deutsch gesagt in die Scheiße tauchen. Die Kanalisation machte dann so einen Knick im

Westen und war vom Osten nicht mehr einsehbar. Dort wurden wir von den Studenten empfangen. Über dem Gullydeckel stand ein Bus. Wir sind rein in den Bus, Deckel zu und weggefahren. Das war also meine Flucht.

Quelle: www.berliner-mauer-dokumentationszentrum.de/de/ulrich-pfeifer-534.html

DIE BERLINER MAUER „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten.“

Walter Ulbricht, Staatsratsvorsitzender der DDR am 15. Juni 1961

Mauerbau-Beginn 13. August 1961 Öffnung 9. November 1989Todesopfer an der Berliner Mauer 136Gesamtlänge der Berliner Mauer 155,0 kmBeobachtungstürme 302Bunker 20Hundelaufanlagen 259Kontakt- bzw. Signalzaun 127,5 kmHunde 992Angehörige der Grenztruppen 11.504Quelle: www.chronik-der-mauer.de

‘‘

‘‘Was machte die Mauer zum Todesstreifen“? Guck dir den Film der Deutschen Welle „EINGEMAUERT!

Die innerdeutsche Grenze“ an und notiere, mit welchen Mitteln

die DDR-Führung die Grenzanlage sicherte.

Wofür stehen Begriffe wie „Stalinrasen“, „Aktion ,Ungeziefer’”,

„Signalzaun“? Den Film fi ndest du im Internet unter :

www.dw-world.de/dw/article/0,,4434532,00.html

e Audios und Videos zum Thema

Dieses Foto geht um die Welt: Mit einem

gewagten Sprung über den Stacheldraht fl ieht

am 15. August 1961 der NVA-Soldat Hans

Conrad Schumann aus der DDR in den Westen.

4

Zeitbild Wissen 29

Arbeitsauftrag

Page 30: JAHRE DEUTSCHE EINHEIT · 2017. 9. 29. · Zeitbild Wissen 3 Die Deutsche Einheit ist in unserer Geschichte etwas Einzigartiges. Zum ersten Mal leben die Menschen in Deutschland dauerhaft

Wo

stan

d e

ige

ntli

ch

die

Mau

er?

5Berlin ist eine geschichtsträchtige Stadt.

Der Eiserne Vorhang lief als Mauer

mitten durch sie hindurch. Seit der

Wiedervereinigung hat wahrscheinlich

jeder Berliner, der Gäste von außerhalb

der Stadt empfangen hat, die Frage ge-

hört: „Wo stand eigentlich die Mauer?“

Dieses Arbeitsblatt zeigt dir einige Bei-

spiele, wo in Berlin noch heute Spuren

der Mauer und der DDR zu fi nden sind.

Der Berliner Mauerweg

Der als Rad- und Wanderroute konzi-

pierte Berliner Mauerweg ist etwa 160

Kilometer lang und führt über 14 Ein-

zelstrecken rund um das einstige West-

Berlin. An mehr als 40 Stationen bietet

er mehrsprachige Informationen rund

um das geteilte Deutschland. Von ehe-

maligen Grenzanlagen über Mauerreste

bis hin zu ehemaligen Kontrollpunkten

gibt es einiges zu entdecken.

www.berlin.de/mauer

Gedenkstätte

Berliner Mauer an der

Bernauer Straße

Die Bernauer Straße erzählt eine

besonders dramatische Geschichte der

Teilung Berlins: Während sich der

Gehweg in West-Berlin befand, lagen

die Häuser wiederum schon im sow-

jetischen Sektor und damit in Ost-

Berlin. Um Fluchten nach Westen zu

verhindern, mauerten die Grenztrup-

pen die Fenster der unteren Etagen zu;

Fluchtwillige versuchten daraufhin, aus

den oberen Stockwerken nach West-

Berlin zu entkommen.

www.berliner-mauer-

gedenkstaette.de

East Side Gallery

Die East Side Gallery ist ein noch erhal-

tener 1,3 Kilometer langer Abschnitt der

Berliner Mauer, der von Künstlern aus

aller Welt bemalt worden ist. Mehr als

100 Bilder erzählen von der Geschichte

Deutschlands und Berlins und gaben der

Mauer in der Zeit nach 1989 ein neues

Gesicht. Die Galerie ist weit über die

Grenzen Deutschlands hinaus zu einem

Denkmal für Freiheit geworden.

www.eastsidegallery.com

Checkpoint Charlie

und das Mauermuseum

Checkpoint Charlie war einer der bekann-

testen Grenzübergänge zwischen West-

und Ost-Berlin; heute erinnert daran ein

nachgebildetes Wachhäuschen. Unmit-

telbar neben der Touristenattraktion

befindet sich außerdem das Mauer-

museum, das über die Geschichte der

Mauer, spektakuläre Fluchten und den

weltweiten Einsatz für Menschenrechte

informiert.

www.mauermuseum.de

Stasi-Museum

(Forschungs- und Gedenk-

stätte Normannenstraße)

In der vom Volksmund als Stasi-Museum

bezeichneten Forschungs- und Gedenk-

stätte Normannenstraße können Besu-

cher u. a. die Original-Büroräume Erich

Mielkes (ehemaliger Minister für Staats-

sicherheit in der DDR) besichtigen. Zu

DDR-Zeiten war in dem Gebäude die

Zentrale des Ministeriums für Staats-

sicherheit („Stasi“) untergebracht.

www.stasimuseum.de

Ehemaliges Stasi-Gefängnis

(Gedenkstätte Berlin-

Hohenschönhausen)

Gebäude und Einrichtung der Gedenk-

stätte vermitteln ein authentisches Bild

vom ehemaligen Untersuchungsgefäng-

nis des Ministeriums für Staatssicherheit.

Die Besucher werden meist von früheren

Gefangenen über das Gelände geführt,

die aus eigener Erfahrung über die Haft-

bedingungen und Verhörmethoden des

DDR-Staatssicherheitsdienstes berichten

können.

www.stiftung-hsh.de

Arbeitsauftrag

Unten siehst du die Umrisse von Berlin. Markiere rot, wo die Mauer verlief. Zeichne dann die Grenzen der vier ehemaligen Sektoren ein (USA, Vereinigtes Königreich, Frankreich, Sowjetunion).

Orte des Erinnerns

Zeitbild Wissen30

Page 31: JAHRE DEUTSCHE EINHEIT · 2017. 9. 29. · Zeitbild Wissen 3 Die Deutsche Einheit ist in unserer Geschichte etwas Einzigartiges. Zum ersten Mal leben die Menschen in Deutschland dauerhaft

31Zeitbild Wissen

6Jeder konnte ein Spitzel sein ...

Leben und Alltag in der DDR wer-den oftmals mit Stasi, Bespitzelung und staatlicher Überwachung der Bevölkerung in Verbindung ge-bracht. Doch was genau war die Staatssicherheit in der DDR?

1950 wurde das Ministerium

für Staatssicherheit (MfS), im Volksmund auch Stasi genannt, von der SED als Geheimpolizei und geheimer Nachrichtendienst der DDR gegründet. Im

Laufe der Zeit entwickelte sich das Ministerium zu einem umfassenden Spitzelap-parat und sorgte somit für eine fl ächendeckende Überwachung der eigenen Bürger. Jeder ver-meintliche oder echte Gegner des SED-Regimes wurde überwacht und kontrolliert.

Das MfS hat zahlreiche Methoden und Hilfsmittel entwickelt, um die Bevölkerung in allen Lebensbe-reichen verdeckt überwachen zu können. So wurden Telefongesprä-che abgehört, Räume durchsucht, die Post kontrolliert und Verdäch-tige permanent beobachtet. Hinzu kamen Repressionen wie Verhaf-tungen, Gewaltanwendung, Un-terdrückung und

Ausbürgerung, um politisch Andersdenkende einzu-schüchtern und deren Aktivitäten zu unterbinden.

Neben den hauptamt-

lichen Mitarbeitern, die direkt und offi ziell beim MfS beschäftigt waren, gab es die größere Grup-pe der Inoffiziellen Mitarbeiter (kurz IM).

Die Inoffi ziellen Mitarbeiter waren die „Hauptwaffe“ des MfS – die direkte Verbindung zwischen dem Ministerium und der Bevölke-rung. Ohne direktes Arbeitsverhält-nis und unter einem Decknamen sammelte jeder

IM Informationen, beispielsweise über verdächtige Personen oder die gesellschaftliche Stimmung. Sie beobachteten dabei nicht nur ihnen fremde Menschen, sondern auch Kollegen und Nach-barn bis hin zu eigenen Familienmit-gliedern. Die Berichte wurden an das Ministerium weitergegeben und in den Stasi-Akten festgehalten.

Erstürmung des MfS:

Am 15. Januar 1990 wird die Zen-trale der Staatssicherheit in der Ost-Berliner Normannenstraße gestürmt. Die Ost-Berliner wollen damit die Vernichtung der Stasi-

Akten stoppen, die kurz nach dem Mauerfall begonnen hatte. Mit Bei-tritt der DDR zur Bundesrepublik ist das MfS endgültig aufgelöst.

Am Tag der Wiedervereinigung, dem 3. Oktober 1990, wird Joachim Gauck zum Bundesbe-auftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehe-maligen Deutschen Demokrati-schen Republik (BStU) ernannt. Die Behörde des Bundesbeauf-tragten (kurz: Gauck-Behörde)sichert die Stasi-Akten und stellt sie der Öffentlichkeit zur Verfügung. Die Behörde, von 2000 bis 2010 unter der Leitung von Marianne Birthler, trägt massiv zur Aufarbeitung des MfS und der SED-Diktatur bei. Sie informiert die Öffentlichkeit über Methoden, Struktur und Wirkungs-weise des MfS.

90.000 Briefe und 60.000 Pakete wurden pro Tag kontrolliert.

160 Kilometer Akten

16.000 Säcke vorvernichteter Akten (Papierschnipsel)

Günter Guillaume – der Kanzlerspion

Vom MfS ausgebildet, siedelt Günter Guillaume 1956 als geheimer DDR-Agent in die Bundesrepublik und wird später ein enger Mitarbei- ter und Vertrauter des Bundeskanzlers Willy Brandt. Er erhält Zugang zu vertraulichen Akten und Informationen des Bundeskanzleramts und gibt sie an die Staatssicherheit weiter. Seine Enttarnung 1974 löst einen Skandal in der Bundesrepublik aus und zieht den Rücktritt von Bundes-kanzler Brandt nach sich. Guillaume wird wegen Landesverrats zu 13 Jahren Haft verurteilt und 1981 in die DDR entlassen.

Im Jahr der Gesamt

Mitarbeiter des MfS: Aufl ösung 1989 1950 –1989

Hauptamtliche Mitarbeiter : 91.000 250.000

Inoffi zielle Mitarbeiter : 189.000* 600.000 * inkl. Auslandsgeheimdienst Hauptverwaltung Aufklärung

Quelle: BStU

3Zeitbild Wissen

Arbeitsauftrag1) Wofür stehen folgende Abkürzungen? Was waren/sind die Aufgaben der dahinter stehenden Institutionen und Personen?

2) In welchen Ländern gibt es heute noch politische Gefangene?

Aus welchen Gründen werden sie inhaftiert? 3) Schau dir den Film „Das Leben der Anderen“ an.

Skizziere stichwortartig deine ersten Eindrücke von dem Film.

Welche Methoden der Stasi werden in dem Film klar herausgestellt?

Abkürzung Name

Aufgaben

MfS:

IM:

BStU:

Page 32: JAHRE DEUTSCHE EINHEIT · 2017. 9. 29. · Zeitbild Wissen 3 Die Deutsche Einheit ist in unserer Geschichte etwas Einzigartiges. Zum ersten Mal leben die Menschen in Deutschland dauerhaft

32 Zeitbild Wissen

Der Vergangenheit ins Auge sehen

Seit dem Jahr 2000 ist Ma-rianne Birthler Bundesbe-auftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR und setzt sich aktiv für die Aufar-beitung der Stasi-Akten ein. 2006 wurde sie vom Bundes-tag mit großer Mehrheit in diesem Amt bestätigt. Die Behörde der Bundesbeauf-tragten (BStU) bewahrt in ihren Archiven die Unterlagen des Ministeriums für Staatssi-cherheit der DDR auf: insge-samt 160 Kilometer Akten, Karteikarten, Filme, Tondoku-

mente, Mikrofi ches. Bürgerinnen und Bürger sowie Institutionen können dort nach den gesetzlichen Vorschriften des Stasi-Unterlagen-Gesetzes (StUG) eine Akteneinsicht beantragen. Seit 1991 sind etwa 6,5 Millionen Anträge und Ersuche eingegangen. Außerdem unterrichtet die Behörde die Öffentlichkeit über die Herrschaftsmethoden der ehemaligen SED als kommunistische Staatspartei der DDR und über ihre Geheimpolizei.

Frage: _______________________________________________

_______________________________________________ ?

„Ich komme aus einer Ost-Berliner Familie, die sich, solange ich zurück-denken kann, in einer kritischen Distanz zur DDR befand. Darum bin ich mit einer DDR-kritischen Haltung aufgewachsen.“

Frage: _______________________________________________

_______________________________________________ ?

„Meine Mutter hat nicht öffentlich der herrschenden Politik wider-sprochen. Aber sie hat uns zu Hause so etwas wie die Liebe zur Freiheit eingepfl anzt. Wir haben Radio und Fernsehen aus dem Westen empfan-gen. Wir haben die Übertragungen von Bundestagsdebatten angeschaut. Unsere Mutter hat nie einen Zweifel daran gelassen, dass sie die Bundes-republik für eine Demokratie hält, in der die Menschen in Freiheit leben. Die DDR dagegen war in ihren Augen ohne Zweifel eine Diktatur.“

Frage: _______________________________________________

_______________________________________________ ?

„Selbstverständlich hat man öffentlich nicht darüber gesprochen, auch in der Schule nicht. Aber viele Menschen wussten voneinander, dass sie Westsender einschalten. Und privat wurde darüber auch diskutiert, über Nachrichten oder auch darüber, welcher Krimi im Fernsehen gelaufen ist. Allerdings muss man sich klar machen: Ich spreche jetzt von der späten DDR. Da waren die Verhältnisse im Land schon etwas anders.“

Frage: _______________________________________________

_______________________________________________ ?

„In den Oppositionsgruppen waren wir uns nur einig, wogegen wir sind. Wir haben uns gegen die bestehenden Verhältnisse in der DDR einge-setzt. Wir wollten mehr Selbstbestimmung, wir wollten nicht mehr länger bevormundet werden. Konkrete Vorstellungen oder Zukunftsvisionen hatten wir nicht. Für uns stand die Auseinandersetzung mit den konkreten Missständen im Staat an oberster Stelle. Aber ein klares Bild von dem, was einmal daraus werden soll, das hatten wir nicht.“

Frage: _______________________________________________

_______________________________________________ ?

„Natürlich war ich überglücklich, als sich die Grenze nach Westen öffnete. Aber der Fall der Mauer war nur ein Tag in einer ganzen Reihe von Ereig-nissen. Ihm ging etwas voraus, was das historische Ereignis erst möglich machte. Und das war die friedliche Revolution. Sie war entscheidend für die Entwicklung in der DDR – ohne sie wäre die Mauer nicht gefallen. Wir waren unendlich erleichtert, dass die SED-Diktatur auf diese friedliche und unblutige Weise ein Ende fand.“

Frage: _______________________________________________

_______________________________________________ ?

„Vor allem, weil ich es für wichtig halte, dass sich Menschen über ihre eigene Vergangenheit klar werden. Wir müssen wissen, wie Diktaturen funktionieren, und wie sich Menschen unter den Bedingungen einer Dikta-tur verhalten. Das trägt dazu bei, Freiheit und Demokratie wertzuschätzen und nicht für selbstverständlich zu halten. Das ist wichtig, wenn es darum geht, Demokratie zu gestalten.“

Frage: _______________________________________________

_______________________________________________ ?

„Nein. Das wäre doch eine Illusion. Wie sollte das aussehen? Dann müssten wir auch Interviews wie dieses verbieten oder den Unterrichts-stoff über die DDR aus den Schulen entfernen. In einer Demokratie ist so ein Schlussstrich überhaupt nicht machbar – zum Glück.“

Quelle: „Deutschland“ magazine, April/Mai 2009, Oliver Sefrin

7

Arbeitsauftrag

Im Interview mit Marianne Birthler sind alle Interview-Fragen verschwunden. Versetze dich in die Rolle eines Reporters, lies aufmerksam die Antworten von Frau Birthler und formuliere die passenden Fragen dazu. Welche Frage würdest du der Beauftragten für die Stasi-Unterlagen zusätzlich stellen?Manche halten es für besser, sich heute nicht mehr mit dem Thema

DDR-Vergangenheit auseinanderzusetzen. Was meinst du? Begründe deine Aussage mit mindestens drei Argumenten.

Page 33: JAHRE DEUTSCHE EINHEIT · 2017. 9. 29. · Zeitbild Wissen 3 Die Deutsche Einheit ist in unserer Geschichte etwas Einzigartiges. Zum ersten Mal leben die Menschen in Deutschland dauerhaft

33Zeitbild Wissen

8Wie war das in der DDR eigentlich ...

... mit der Meinungs- und Pressefreiheit? Das Witzblatt „Kobold“ – ein Beispiel für die Willkür

der Staatsmacht in der DDR

Im Jahr 1953 beschlossen der Elftklässler Rudhard Klaus Müller und seine

Klassenkameraden, einen Verein und die Monatszeitschrift „Kobold“ zu

gründen. Von diesem – in Form einer Hochzeitszeitung aufgemachten

– Witzblatt, das keine einzige politische Anspielung enthielt, erschien

genau eine Ausgabe. Dann kam es zum Prozess. Am letzten Tag vor

den Osterferien hatten die Jugendlichen vor einer Vollversammlung

zu erscheinen, zu der sich nicht nur die Lehrer und restlichen Schüler,

sondern auch der Kreisschulrat, der Erste Sekretär der FDJ-Kreisleitung

und der Zweite Sekretär der SED-Kreisleitung zusammengefunden

hatten. Der aus der Luft gegriffene Vorwurf: staatsfeindliches Verhalten.

Die Eltern des „Vereinspräsidenten“ und des „Chefredakteurs“ des

Witzblatts erhielten nach dem Schauprozess ein Schreiben, in dem

ihnen mitgeteilt wurde, ihre Söhne seien „mit sofortiger Wirkung vom

weiteren Oberschulbesuch beurlaubt. Grund: Bildung und Organisa-

tion einer jugendlichen Geheimorganisation.“ Lediglich ihrer Hartnäckig-

keit und ihren anhaltenden Protesten ist es zu verdanken, dass die

beiden jungen Männer schließlich „nur“ an zwei verschiedene Schulen

in benachbarten Städten verbannt wurden. Heute ist Rudhard Klaus

Müller Professor für Forensische Toxikologie.

Kommt ein Mann zur Volkspolizei und sagt, er

möchte in die DDR ausreisen. „Aber, guter Mann“, wird

er unterrichtet, „Sie sind doch in der DDR.“ „Nein, nein“,

antwortet der, „ich möchte in die DDR, die jeden Abend

in den Nachrichten gezeigt wird.“

Art. 27 Abs. 2 der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik

vom 9. April 1968: „Die Freiheit der Presse, des Rundfunks und

des Fern sehens ist gewährleistet.“

WIRKLICH?

Printmedien und Rundfunk waren

in der DDR das „Sprachrohr“ der

Partei, wie und worüber berichtet

wurde, bestimmte der Staat. Das

Motto lautete: „Unsere Presse,

die schärfste Waffe der

Partei.“ Journalisten wurden

zentral an der „Sektion Journalis-

tik der Karl-Marx-Universität“ in

Leipzig ausgebildet, „Marxismus-

Leninismus“ war Pfl ichtfach.

Eine förmliche Zensur gab es zwar

nicht, aus dem „Presseamt beim

Vorsitzenden des Ministerrats“

bekamen die Redaktionen jedoch

mehrmals wöchentlich die kurio-

sesten Anweisungen auf den Tisch:

• „Kein Protokollobst auf

den Tischen fotografi eren

(sonst wird die Bevölke-

rung neidisch).“

• „Nichts über selbstgebaute

Fluggeräte (sonst hauen uns

die Leute ab).“

• „Nichts über Bratwurst-

stände (die Leute essen

schon genug Fleisch).“

(Quelle: Gunter Holzweißig, Bundesarchiv Berlin,

1997: Zensur ohne Zensor)

Häufi g sahen die Titelseiten der

zahlreichen DDR-Tageszeitungen

erstaunlich gleich aus.

Grund waren Anweisungen wie

diese:

„Für die Ausgaben vom

Sonnabend erhaltet Ihr den

,Aufruf zum Jahrestag der

Gründung der DDR‘. Wir

bitten Euch, den Schriftgrad

so zu wählen, dass die Seiten

1 und 2 ausschließlich diesen

Materialien gewidmet sind.“

(Quelle: ebd.)

... mit der Reisefreiheit?Einfach mal die Freundin im Westen besuchen? Urlaub in Süddeutsch-

land machen? Das war ab 1961 nicht mehr möglich. Ausnahmen

wurden, wenn überhaupt, nur auf Antrag gewährt – bei Familienfesten

oder dem Tod eines Verwandten und nur als Einzelperson. Reisen ins Aus-

land waren nur in europäische sozialistische Länder, wie Polen oder die

damalige Tschechoslowakei (heute: Tschechien und Slowakei), erlaubt.

... mit der Berufsfreiheit?Bäcker werden, Ärztin oder Inge-nieur? Welche Ausbildung oder welchen Arbeitsplatz man bekam, hing nicht nur von der schulischen Leistung ab – Jugendliche aus oppo-sitionellen oder christlichen Fami-lien beispielsweise hatten kaum eine Chance auf Abitur und Stu-dium. Voraussetzung, um in der DDR studieren zu können, war eine positive Einstellung gegenüber dem „Arbeiter- und Bauernstaat“, die sich z. B. durch die Mitglied-schaft in der Freien Deutschen Jugend (FDJ) belegen ließ.

Arbeitsauftrag

Lies dir folgende Quelle aufmerksam durch:„Information = von Klasseninteressen bestimmte Übermittlung von Erkenntnissen an Menschen und Menschengruppen mit dem Ziel, auf ihr

Denken, Fühlen und Handeln einzuwirken.“ aus: Wörterbuch der sozialistischen Journalistik, Karl-Marx-Universität Leipzig, 1981

Diskutiere: Welche Auswirkungen hat diese Definition auf die Praxis des Journalismus?

Page 34: JAHRE DEUTSCHE EINHEIT · 2017. 9. 29. · Zeitbild Wissen 3 Die Deutsche Einheit ist in unserer Geschichte etwas Einzigartiges. Zum ersten Mal leben die Menschen in Deutschland dauerhaft

34 Zeitbild Wissen

Verklärung oder Wirklichkeit?920 Jahre nach der Wiedervereinigung blicken

manche Ostdeutsche zurück und sind

der Meinung: Eigentlich war das Leben in der

DDR doch gar nicht so übel.

„Man dachte nicht mehr an die Todesschüsse

an der Mauer und an die Stasi, sondern an

die schönen Seiten seiner eigenen Vergangen-

heit. Auch in der DDR hat man schließlich viel

Freude haben können, man hat geheiratet,

Feste gefeiert, Kinder großgezogen und schöne

Urlaubszeiten an der Ostsee erlebt. Diese Dinge

fanden nicht statt, weil wir Ostdeutschen von

der SED regiert wurden, sondern obwohl! Es gab

privates Glück, Freiheit aber gab es nicht.“

(Rainer Eppelmann, Vorstandsvorsitzender der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur,

3. Juni 2008, Reuchlinhaus Pforzheim)

Als positive Aspekte in der DDR werden häufi g das Fehlen von Arbeitslosigkeit und ein besseres Gesundheitssystem genannt. Viele, vor allem jüngere Menschen, glau-ben außerdem, die Stasi sei nur ein „gewöhnlicher Geheimdienst“ gewesen. Mythos oder Wirklich-keit – was steckt dahinter?

„ In der DDR gab es

keine Arbeitslosigkeit.“In der DDR hatte jeder Bürger ein Recht auf Arbeit, offi ziell herrschte Vollbeschäftigung. In Wahrheit je-doch gab es eine hohe verdeckte Arbeitslosigkeit. Wie das ifo Institut für Wirtschaftsforschung e. V. im Jahr 1990 ermittelte, gab es in der DDR Hunderttausende unproduk-tive Arbeitsplätze; die verdeckte Arbeitslosigkeit lag somit bei 15 bis 30 Prozent.

„ In der DDR gab es

ein besseres

Gesundheits system.“Die Lebenserwartung der Menschen in Ostdeutschland lag zu DDR-Zeiten etwa vier Jahre unter der in Westdeutschland. Ein Grund hierfür war die Situation des staatlichen Gesund-heitswesens. Zwar ist es richtig, dass Ärzte und Krankenhaus-personal in der DDR gut ausge-bildet waren – häufi g unerwähnt bleiben jedoch der Mangel an Fachkräften und Medikamenten und das Fehlen medizinisch- technischer Geräte.

„ In der DDR gab es

freie Wahlen.“Wahlen in der DDR waren, um es mit den Worten von Zeitzeugen zu sagen, reines Zettelfalten. Die „Wähler“ bekamen eine Einheits-liste und in der Theorie die Mög-lichkeit, einzelne Namen darauf durchzustreichen. Schon wer eine Wahlkabine nutzte, machte sich jedoch verdächtig; Streichungen wurden nicht berücksichtigt. Be-kannt gegeben wurde regelmäßig eine Zustimmung der vorgegebenen Einheitsliste von mehr als 99 Prozent – in einer Demokratie mit freien Wahlen undenkbar.

ArbeitsauftragSetzt euch in Kleingruppen zusammen und überlegt: Welche Mythen über andere Kapitel der deutschen Geschichte, z. B. über das Dritte Reich, gibt es? Präsentiert eure Überlegungen der Klasse.

„Die Stasi

war ein gewöhnlicher

Geheimdienst.“Das Ministerium für Staatssicher-heit der DDR war kein reiner Ge-heimdienst, es verfügte auch über polizeiliche und staatsanwaltliche Vollmachten. Die Stasi war be-rechtigt, „Staatsfeinde“ zu verhaf-ten, nicht selten wurden Häftlinge unter Folter zu „Geständnissen“ gezwungen. Zahllose Männer und Frauen wurden von den offi ziellen und Inoffi ziellen Mitarbeitern (IM) der Stasi bespitzelt. Von der SED wurde die Stasi als „Schild und Schwert“ der Partei bezeichnet.

Page 35: JAHRE DEUTSCHE EINHEIT · 2017. 9. 29. · Zeitbild Wissen 3 Die Deutsche Einheit ist in unserer Geschichte etwas Einzigartiges. Zum ersten Mal leben die Menschen in Deutschland dauerhaft

Le

be

n i

n d

er D

DR

10Bundeskanzlerin Angela Merkel ist in der

DDR aufgewachsen und hat das Leben dort bis zur

Wiedervereinigung unmittelbar miterlebt. In der

ARD-Sendung „Menschen bei Maischberger“ er-

zählt sie über ihre Erfahrungen von damals:

Die DDR war auf Unrecht gebaut und konnte damit

kein Rechtsstaat mehr werden. Das heißt, Lüge war im-

mer das Thema auf der Tagesordnung, wenn es an den

Machtanspruch der Arbeiterklasse und der SED ging.

Man konnte die Wahrheit sagen, aber immer wenn es

um Macht ging, hat man Menschen in ihrer Wahrheit

eingeschränkt.

Doch das Leben funktionierte auch normal. Das private

Leben war ein Leben, das mit gleichen Werten wie im

Westen getragen war. Es gab Freundschaften, man

hatte miteinander die Wahrheit ausgetauscht und sich

persönlich nicht belogen. Man hat sich geholfen. Man

hatte gut und schlecht gelaunte Eltern. Man hatte schöne

Weihnachtsferien und wunderbare Urlaube. Es gab

Ehrenamt. Das Leben bestand nicht nur aus Staat.

Mit der Staatssicherheit haben wir auf eine bestimmte

Art auch gelebt. In jeder Gruppe von zwanzig Menschen

war immer einer, der gespitzelt hat. Wir haben oft in

Gaststätten an die Lampe geklopft und gesagt: „Wenn

ein Mikrofon drin ist – einschalten!“. Man hat versucht,

sich von der Stasi nicht kirre machen zu lassen und es

nicht immer existent sein zu lassen. Es gab Bürgerrecht-

ler, die mit sehr viel Einsatz und Kraft gegen das Regime

gekämpft haben.

Wir hatten eine Partei mit Allmachtsanspruch, das heißt

man konnte keine weitere Partei gründen. Recht auf

freie Meinungsäußerung, freies Wahlrecht und Religions-

freiheit im umfassenden Sinne hatten wir nicht. All das,

was wir heute als die Grundrechte des Grundgesetzes

bezeichnen – das war in der DDR nicht vorhanden.

Quelle: Angela Merkel, Auszüge aus einem Interview in der

ARD-Sendung „Menschen bei Maischberger“ vom 19. Mai 2009)

Arbeitsauftrag

Lies dir beide Texte durch und beantworte folgende Frage: Was gab es Positives in der DDR und was war weniger schön für die DDR-Einwohner? Erstelle eine Übersicht mit deinen Ergebnissen und diskutiere in der Klasse, was davon den größten Einfluss auf das Leben in der DDR hatte. Frage deine Großeltern oder Bekannte, was sie dir über das Leben in der DDR erzählen können. Tragt die Ergebnisse in der Klasse zusammen.

Julia Barczak, Schülerin einer 9. Klasse aus

Hannover, hat die DDR nicht persönlich erlebt.

Trotzdem hat sie sich mit dem Leben in der

DDR auseinandergesetzt:

Bevor man sich mit dem Wie und Warum der Deut-

schen Einheit beschäftigt, sollte man sich erst mal ein

paar grundlegende Fragen zum Leben in der Deutschen

Demokratischen Republik (DDR) stellen. Man hört oft

kontroverse Aussagen zu diesem recht schwierigen Thema.

Viele Leute (auch gerade ehemalige DDR-Bürger) be-

haupten, es sei alles „gar nicht so schlimm“ gewesen,

während man oft vom „menschenverachtenden Regime“

der DDR spricht.

Unbestritten ist, dass es in der DDR einige wirtschaft-

liche Schwierigkeiten gab, obwohl die Industrie sich im

Ostblock gut entwickelt hatte. Der Lebensstandard der

Bevölkerung war nicht sehr hoch, aber der Staat befrie-

digte die elementaren Grundbedürfnisse der Menschen.

Hauptnahrungsmittel wie Brot und Kartoffeln waren

sehr billig. Nur exklusive Lebensmittel wie Bananen,

Schokolade, Kaffee und andere Genussmittel konnte

man sich nicht immer leisten. Einfacher Lebensstil wurde

großgeschrieben. (...)

Das ist aber nur die eine Seite der DDR. Denn weit

hergeholt ist das mit dem „menschenverachtenden

Regime“ der DDR leider auch nicht.

Das rigorose System der DDR machte vielen Leuten

Schwierigkeiten. Es gab keine Reisefreiheit, Ausreise war

strengstens verboten, es herrschte Pressezensur und es

gab kein Demonstrationsrecht. Somit war die Politik alles

andere als demokratisch, die Grundrechte wurden ein-

geschränkt. All das machte das Leben schwierig.

Quelle: Julia Barczak

auf www.jugend-themenguide.de

Ein genaueres Bild über das Leben in der

DDR kannst du dir im Internet machen,

denn dort fi ndest du viele Fotos und

Berichte. Suche ein oder zwei Bilder und

präsentiere sie der Klasse.

Diese Links könnten dir helfen:

www.ddr-fotos.de,

www.gruesse-aus-der-ddr.de

‘‘

‘‘

‘‘‘‘

Zeitbild Wissen 35

Page 36: JAHRE DEUTSCHE EINHEIT · 2017. 9. 29. · Zeitbild Wissen 3 Die Deutsche Einheit ist in unserer Geschichte etwas Einzigartiges. Zum ersten Mal leben die Menschen in Deutschland dauerhaft

36 Zeitbild Wissen

Ich hatte Tanzstunde ...11Am 7. Mai 2009 erschien

in der „Frankfurter

Allgemeinen Zeitung“

eine Sonderbeilage zum

Thema Mauerfall. Einer

der Autoren, Marcus

Jauer, sinniert, wie sein

Leben verlaufen wäre,

wenn die Mauer nicht

gefallen wäre. Wenn es

keine Wiedervereinigung

gegeben hätte. Zu

einem wirklichen Schluss

kommt er nicht.

Mit Sicherheit sagen

kann er nur: Ich wäre heute vierunddreißig Jahre alt. Wahrlich

interessant aber sind die

Erinnerungen, die er an

die Zeit der DDR hat.

Die Erinnerungen eines

ganz normalen jungen

Mannes, der 15 Jahre alt

war, als die Mauer fi el.

Am Abend, an dem die Mauer fi el, hatte ich Tanzstunde. ... Ich weiß noch, wie ich unter meinem

Anorak zu schwitzen begann. Dann kam Atze und sagte, die Mauer sei offen.

Ich weiß noch, wie wir in der Schule einmal einen Aufsatz geschrieben haben über das Jahr 2000,

wenn alle Kohle aus der Erde geholt sein würde. Wir sollten uns vorstellen, wie schön es dann sei,

die Gruben zu Seen gefl utet, Strände, Häfen, Promenaden, Radwege entlang der Ufer, neuer Wald. Im Grunde

ist es genauso gekommen. Nur eben anders.

Jedes Jahr vor den großen Ferien fragte unsere Klassenleiterin ab, was wir werden wollen. ... Alle Wünsche wur-

den auf dem Elternabend verlesen, wobei die Lehrerin gleich darauf verwies, dass unsere Volkswirtschaft so viele

Automechaniker und Kindergärtnerinnen nicht gebrauchen könne und dass einige Jungs darüber nachdenken

sollten, in die Armee zu gehen und einige Mädchen in die Brikettfabriken. Es war wie mit jeder Wahl in diesem

Land, am Ende musste das Ergebnis stimmen.

Das letzte Mal, dass wir gefragt wurden, bevor dann keiner mehr fragte, wollte ich tropische Landwirtschaft stu-

dieren. Die Lehrerin hatte von so einem Studium noch nie gehört. Aber ich wusste, dass es in Leipzig angeboten

wurde und dass man damit später zum Beispiel nach Angola oder Moçambique kam, Länder, die als irgendwie

sozialistisch galten. Ein Berufswunsch wie ein Ausreiseantrag. Ich frage mich, wie ich darauf gekommen bin. Ich

wollte doch gar nicht weg.

Ich war bei den Jungpionieren, den Thälmannpionieren und der Freien Deutschen Jugend. Ich habe immer ge-

dacht, dass ich niemanden kannte, der nicht dabei war. Aber das stimmt nicht.

Als im Herbst vor zwanzig Jahren die ersten Leute in Leipzig auf die Straßen gingen, habe ich im Staatsbürgerkunde-

unterricht den Führungsanspruch der Partei verteidigt, weil ich glaubte, dass jemand auf den Sozialismus aufpassen

muss. ... Ich kann gar nicht sagen, wie ich zum Bürger dieses Staates geworden war. Mir gefi el das Kämpferische der

Arbeiterlieder, der Zug der Massen bei den Demonstrationen, mir gefi el die Vorstellung, dass es eine Aufgabe gibt,

die uns alle verbindet.

Ich wohne heute allein in einer

Wohnung, die fast doppelt so

groß ist wie die Plattenbau-

wohnung, in der ich anfangs

mit meinen Eltern und meinem

Bruder wohnte. Es gibt in mei-

nem Leben keine Aufgabe, die

mich über meine Arbeit hinaus

mit anderen verbindet. Ich habe

für nichts Verantwortung außer

für mich selbst. Ich habe nicht

einmal ein Haustier. Als mich

letztens jemand fragte, was ich

für die Gesellschaft tue, habe

ich gesagt, ich sei in der gesetz-

lichen Krankenkasse. Es war ein

Witz, aber auch die Wahrheit.

Es gibt eine Erinnerung an ein Gespräch mit meinem Vater, darüber, was aus mir werden soll. Was es auch sei, sagt

er, es wäre gut, wenn ich dafür mit achtzehn in die Partei ginge. Ich konnte nicht erkennen, ob er es richtig fand

oder nur hilfreich, und es störte mich, dass eine Sache, die als freiwillig galt, es auf einmal doch nicht war. Aber

davon abgesehen, könnte ich nicht sagen, warum ich heute nicht in der Partei wäre.

Quelle: „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, 7. Mai 2009, Marcus Jauer

© Alle Rechte vorbehalten. Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt. Zur Verfügung gestellt vom Frankfurter Allgemeine Archiv.

Arbeitsauftrag

Stell dir vor, die Mauer wäre nicht gefallen.

Wie wäre das Leben in Deutschland in den Neuen

und den alten Bundesländern verlaufen?

Lass deiner Fantasie freien Lauf und schreib eine

kurze Geschichte (etwa eine DIN-A4-Seite).

Page 37: JAHRE DEUTSCHE EINHEIT · 2017. 9. 29. · Zeitbild Wissen 3 Die Deutsche Einheit ist in unserer Geschichte etwas Einzigartiges. Zum ersten Mal leben die Menschen in Deutschland dauerhaft

Arbeitsauftrag

Es hat Annäherung zwischen Ost und West gegeben. Recherchiere und schreibe auf, was sich seit

dem Fall der Mauer und der Wiedervereinigung in den folgenden Lebensbereichen verändert hat :

- Reisefreiheit: ......................................................................

.......................................................

...................................

......................................................................

....................

- Ausbildung: ......................................................................

.......................................................

...................................

......................................................................

....................

- Schule: ......................................................................

.......................................................

...................................

......................................................................

....................

- Mediennutzung: ......................................................................

.......................................................

...................................

......................................................................

....................

Denken junge Leute immer noch zuerst als Ost- oder Westdeutsche?

Begründe deine Antwort. Welche Kategorien sind statt Ost und West in deinem Leben wichtig?

12Zwei von 1.786.134

Geboren 1989/1990: In Deutschland können das insgesamt 1.786.134 junge Deutsche

über sich sagen. Wie ist die „Generation Wendekinder“ in einem wiedervereinten Deutschland ohne

Grenzen zwischen Ost und West aufgewachsen? Wie leben sie heute und was ist ihnen wichtig?

Was bedeutet ihnen die Deutsche Einheit? Zwei Jugendliche im Porträt:

Der VerantwortungsbewussteName: Kim-Fabian von Dall`Armi

Geboren: 10.12.1989

@home: Hamburg

Die Grenze ist für seine Generation überwunden – davon ist Kim-Fabian

überzeugt. Der 20-Jährige aus Hamburg kann sich schwer vorstellen, wie

es für ihn gewesen wäre, in einem geteilten Deutschland aufzuwachsen.

Das Land, das er kennt, ist das wiedervereinte Deutschland. Und dafür

habe seine Generation Verantwortung. Kim-Fabian kennt die Neuen Bundes-

länder. Bereits als Kind begleitete er seinen Vater, einen Journalisten, der

viel über die Länder des ehemaligen Ostblocks berichtete, auf dessen

Reisen und verbrachte mit seinen Eltern die Ferien auf der Ostseeinsel

Usedom. „Ich bin gerne im Osten unterwegs“, erzählt Kim-Fabian. Neben

Berlin zählen zu seinen Lieblingsorten in Ostdeutschland der Harz, die

Mecklenburgische Seenplatte und die Kulturstädte Weimar und Dessau.

Mit Freunden aus Mecklenburg- Vorpommern hat er sich intensiver über

die DDR ausgetauscht. Diskutieren, Themen aus

Politik und Gesellschaft aus einer ande-

ren Perspektive betrachten. Das will

Kim-Fabian auch als Macher des Ham-

burger Jugendmagazins „Blickwech-

sel“. „Ich habe den Wunsch, in mei-

nem Leben Dinge zu gestalten“, sagt

der junge Hamburger. Sein späterer

Berufswunsch Architekt passt gut zu

dieser Einstellung.

Die NachwuchsreporterinName: Tina Oerlecke

Geboren: 30.6.1989

@home: Haldensleben (Sachsen-Anhalt)

Tina hat ihren eigenen Weg gefunden, die DDR-Ver-

gangenheit aufzuarbeiten: Die 21-Jährige aus Sachsen-

Anhalt hat im vorletzten Sommer ihre Abiturprüfung in

Geschichte abgelegt und sich im Unterricht näher mit

dem Mauerbau 1961 beschäftigt. Außerdem schreibt

sie seit Ende 2008 als Nachwuchsjournalistin für das

Projekt „Reporter `89“ der Stiftung Demokratische Ju-

gend in Berlin. Die Idee: Jugendliche recherchieren The-

men oder führen Interviews zur DDR-Geschichte und zum Mauerfall und

schreiben darüber Reportagen. Für ihren ersten Artikel hat Tina mit einer

Frau, die in der DDR gelebt hat, gesprochen und sie dazu befragt, wie sie

die Mauer erlebt hat. „Ich begeistere mich für Geschichte und interessiere

mich dafür, darüber zu schreiben“, erzählt die junge Frau, die gerne liest,

Klavier spielt und seit einigen Monaten in Magdeburg Journalismus und

Medienmanagement studiert. Für Wendekinder wie sie selbst sei die DDR

etwa durch Erzählungen der Eltern noch präsent, sagt Tina. Ihre Genera-

tion sei schon etwas Spezielles – zwischen dem, was früher die DDR war

und heute das geeinte Deutschland ist. „Bei mir gibt es aber keine Teilung

mehr zwischen Ost und West. Im wiedervereinten Deutschland stehen

mir viele Möglichkeiten offen.“ Als Reporterin des Jugendprojekts möchte

sie vor allem einer Frage noch genauer nachgehen: Wie ist der Staat in der

DDR mit oppositionellen Regimegegnern umgegangen?

Quelle: „Deutschland“ magazine, April/Mai 2009, Oliver Sefrin.

37Zeitbild Wissen

Page 38: JAHRE DEUTSCHE EINHEIT · 2017. 9. 29. · Zeitbild Wissen 3 Die Deutsche Einheit ist in unserer Geschichte etwas Einzigartiges. Zum ersten Mal leben die Menschen in Deutschland dauerhaft

38 Zeitbild Wissen

Während ich Sie, George Bush, begrüße, schaut über Ihre Schultern Martin Luther , von dem wir hier im Osten 1989 gelernt haben, ohne Gewalt mächtig zu werden. Während ich Sie, Michail Sergejewitsch Gorbatschow, anspreche und begrüße, schaut Ihnen Andrej Sacharow über die Schulter mit seiner Fähigkeit, Denken und Widerstehen zusammenzubringen. (...)Liebe Landsleute und Gäste, wir alle haben gemerkt, dass die Deutschen in diesen Tagen nicht unbeschwert feiern. Manchmal gibt es gerade bei denen, die damals aktiv waren, Trauer und Wehmut, weil sie auch etwas verloren haben, nämlich die Aufbruchstimmung dieser so hektischen, lebendigen Zeit des heißen Herbstes 1989. Dieses Laboratorium der Politik, das damals entstand, hatte etwas so Lebendiges und Anrührendes: Basisgruppen in den Städten. Recht, Verfassung, Bildung, Kultur, Wahlrecht, Verwaltung, Justiz: Alles sollte neu erfunden werden, bei manchen auch die Wirtschaft, denn sie suchten nach dem sogenannten dritten Weg. Überall Aktivität der Inaktiven und Engagement der lange Entmündigten. Da mochtet ihr vom Westen lange ulken: Freunde, das Rad ist doch schon erfunden, mochtet „rührend“ fi nden, was sich unter uns vollzog. Es war aber traumhaft für jeden, der mittat, und riss selbst viele SED-Genossen mit: Es war ein Traum vom Leben und ganz wirklich!Wenn wir aber aus der nostalgischen Rückschau über den Verlust dieses Zustandes heraustreten, erkennen wir zweierlei, einmal etwas Vergängli-ches: Der schöne Frühling währt auch in der Politik nicht lange. Und auch etwas Bleibendes: Nicht in dem, was in dieser Zeit in den Bewegungen und Basisgruppen erfunden wurde, lag das Neue; das Neue waren der Anspruch und die Haltungen derer, die in der Regel zum ersten Mal in ihrem Leben politisch aktiv wurden. Als wir damals sagten „Wir sind das Volk“, knüpften wir an jene Tradition von Aufbegehrenden an, die einst in Frankreich

, Egalité, Fraternité gefordert und sich in der Verfassung der Vereinigten Staaten selbstbewusst zum Souverän erhoben hatten

mit dem Satz: „We, the people ...“. Wir waren nicht länger Objekt der Politik, sondern begannen selber zu gestalten. Wir ermächtigten uns, indem wir an

unsere neue Rolle glaubten und sie annahmen. Manche lernten dabei, Bürgermeister zu sein, andere Abgeordnete und einige gar Minister. Laienspieler

wurden diese ersten Aktiven von Beobachtern aus dem Westen, liebe Bayern, und aus dem Osten, liebe Berliner, gerne genannt. Wer damals mittat,

weiß: Ein schönes Laienspiel war das.

Hätte es doch länger gedauert, dass die Laien in der Politik mitspielten, und, so setzen wir hinzu, käme es doch auch jetzt häufi ger vor, dass ganz normale

Mitbürger mitspielen! (...)

Befreiung war also der erste Schritt. Der Wunsch nach Einheit stand in der ersten Zeit nicht im Vordergrund, und gerade die Bürgerrechtler

waren spät dran mit dieser Erkenntnis. Es waren Intuition und Ungeduld des Volkes, die aus dem „Wir sind das Volk“ das

„Wir sind “ machten. Der erste Satz hatte uns die Würde zurückgegeben. Der zweite ließ nicht nur die lange verschüttete

Sehnsucht nach der Einheit der Nation aller Deutschen wieder aufl eben, er gab uns den Realismus, er enthielt die Weisheit des nächsten Schrittes:

Nicht eine neu zu erfi ndende Demokratie war die Hoffnung der Massen, sondern die real existierende Demokratie vom Rhein.

Uns Deutschen in West wie Ost war die Perspektive der Einheit ja fast gänzlich abhanden gekommen. Haben wir nicht geradezu herablassend über

Ronald Reagan gelächelt, als er dem sowjetischen Staatschef vor dem Brandenburger Tor über die Mauer hinweg seine berühmten Worte zuraunte:

„Please, Mr. Gorbatschow, “? An dieser Stelle sei auch an jene erinnert – der Herr Präsident hat es schon getan –, die nicht

auf eine ferne Einheit warten wollten und einzeln ihren Weg ins Freie suchten: Ausreiser und Flüchtlinge. An sie zu denken heißt auch, sich derer zu

erinnern, die ihren persönlichen Traum von der Freiheit mit dem Leben bezahlt haben. Beschämt denke ich manchmal daran, dass auch wir dagebliebe-

nen Oppositionellen den Freiheitswillen der Weggehenden nicht richtig würdigen konnten. Tatsächlich hatten sie aber die individuelle Selbstbestimmung

im Leben lange vor anderen umgesetzt. (...)

Tatsächlich haben die Ostdeutschen mit ihrer – freilich kurzen – Revolution nicht nur sich selbst, sondern allen Deutschen ein

historisches Geschenk gemacht. Wir alle gehören nun zur Familie der Völker, die durch Freiheitsrevolutionen gekennzeichnet

sind, und haben für unsere niederländischen, französischen, polnischen und tschechischen Nachbarn ein besseres, vertrauens-

würdigeres Gesicht. (...)

Quelle: Rede von Joachim Gauck anlässlich der Sonderveranstaltung „10. Jahrestag des Mauerfalls“ im Deutschen Bundestag am 9.11.1999, www.bundestag.de

Joachim Gauck

zum Thema friedliche Revolution13

ArbeitsauftragJoachim Gauck ist evangelischer Pastor,

Bürgerrechtler und war erster

Bundesbeauftragter für die Unterlagen

des Staatssicherheitsdienstes der

ehemaligen DDR.

Vervollständige den Text, indem du folgende Wörter in die entsprechenden Lücken einfügst :Liberté, tear down this wall, King, ein Volk

Page 39: JAHRE DEUTSCHE EINHEIT · 2017. 9. 29. · Zeitbild Wissen 3 Die Deutsche Einheit ist in unserer Geschichte etwas Einzigartiges. Zum ersten Mal leben die Menschen in Deutschland dauerhaft

39Zeitbild Wissen

14Von der Zentralverwaltungswirtschaft

zur Sozialen Marktwirtschaft

Mit dem Beitritt der DDR zur Bundesre-

publik Deutschland wurde am 3. Oktober

1990 die Deutsche Einheit besiegelt. Nun

waren wir Deutschen EIN Volk. Die Schaf-

fung gleichwertiger Lebensverhältnisse für

alle Deutschen – darum ging es in den

Folgejahren.

Alles lief nach Plan - oder etwa nicht?In der Zentralverwaltungswirtschaft, dem

Wirtschaftssystem der DDR, beschließt der

Staat einen Plan für die gesamte Produk-

tion und Zuteilung der Waren. Diese Pläne

führten meist dazu, dass am Bedarf der

Menschen vorbei produziert wurde. Im

Alltag waren viele für uns heute selbstver-

ständliche Waren nicht so einfach zu kaufen.

Südfrüchte oder Fernseher, Jeans oder

Kakao waren Mangelware.

Mit der Deutschen Einheit zeigte sich, wie

wirtschaftlich zerrüttet die DDR in Wirk-

lichkeit war. Produktionspläne nach Behördenvorgabe, künstliche Vollbe-

schäftigung und fehlender Wettbewerb hatten den DDR-Staat faktisch in

den Ruin getrieben. Zum Aufbau der Infrastruktur und für Wirtschafts-

hilfen in den Neuen Bundesländern wurde im Jahr 1991 der Solidari-

tätszuschlag im Rahmen des Solidarpakts eingeführt. Zur Zeit liegt er bei

5,5 Prozent der Einkommensteuer und gilt auch für die Einkommen in

Ostdeutschland.

In den letzten 19 Jahren wurde mit den Milliarden des Programms

„Aufbau Ost“ viel erreicht. Die Lebensverhältnisse haben sich in den

Neuen Bundesländern erheblich verbessert, die Wirtschaft wächst,

und neue Arbeitsplätze sind entstanden. Doch immer noch liegt die

Arbeitslosigkeit über der im Westen. Es ist viel erreicht worden, aber

es gibt auch noch viel zu tun.

Zentralverwaltungs wirtschaft in der DDR:

In der Zentralverwaltungswirtschaft, auch

„Planwirtschaft“ genannt, gibt es kein

. Alles gehört dem

, der auch die Produk-

tion sowie die Einkommens- und Güterver-

teilung regelt. Der Staat ist Arbeitgeber, Ver-

sicherer, Steuerbehörde und Sozialinstitution

– ein allgegenwärtiges Betreuungs- und zugleich

. Ein Qualitätswettbe-

werb fi ndet nicht statt. Der Versuch, zentral

alle Wirtschaftsabläufe zu kontrollieren, führt in

der Praxis regelmäßig zu Fehlsteuerungen und

.

Soziale Marktwirtschaft in der Bundes-republik Deutschland:Sie setzt auf Markt, Privatinitiative, Stabilität und

Wettbewerb. Sie beruht auf einer gemeinsamen

Verantwortung von und

Arbeitgebern. Sie verhindert, dass der Mensch

Spielball wirtschaftlicher Macht wird, und dient

der . Der ist verantwort-

lich für die Einhaltung der Spielregeln der Sozialen Marktwirtschaft. Als

Vater der Sozialen Marktwirtschaft gilt der erste Wirtschaftsminister der

Bundesrepublik Deutschland (1897–1977). Er plä-

dierte vehement für die freie Preisbildung, schuf

als neue Währung, die mit der Währungsreform am 20. Juni 1948 in West-

deutschland eingeführt wurde. Die Freiheit des Einzelnen sollte allerdings

nicht grenzenlos sein. Die Soziale Marktwirtschaft schuf Wettbewerbsre-

geln gegen und zu viel Macht der Anbieter. Sie

erlaubte Arbeitnehmern und Unternehmern, sich zusammenzuschließen

und die in Tarifverhandlungen zu fi nden. Die Geld-

politik wurde unabhängig und bei der angesiedelt,

die auch für die Bankenaufsicht zuständig wurde.

Setze die passenden Begriffe in richtiger grammatischer Form in die

Lücken ein und vervollständige so die Definitionen für

Zentralverwaltungswirtschaft und Soziale Marktwirtschaft.

Beachte dabei, dass du einige Begriffe mehrmals einfügen kannst.

Streiche anschließend die überflüssigen Begriffe durch.

Staatseigentum, Privateigentum, Nachfrage, Staat,

Mangelwirtschaft, Wettbewerb, soziale Sicherheit,

Ludwig Erhard, Bundesbank, Konrad Adenauer,

Kartelle, Euro, Angebot, Preis,

Überwachungsinstrument, Börse, Helmut Kohl,

D-Mark, Manager, Arbeitnehmer, Löhne

Arbeitsauftrag

Page 40: JAHRE DEUTSCHE EINHEIT · 2017. 9. 29. · Zeitbild Wissen 3 Die Deutsche Einheit ist in unserer Geschichte etwas Einzigartiges. Zum ersten Mal leben die Menschen in Deutschland dauerhaft

Der Kapitalismus trägt Stöckelschuhe

und hat Haare auf den Zähnen. Er

lauert hinter einem Schreibpult in

einer großen Einkaufszentrale im

westdeutschen Minden. Es ist Anfang

der 90-er Jahre, und Karlheinz Krone,

Geschäftsführer der Halberstädter

Würstchen- und Konservenfabrik

aus der gerade aufgelösten DDR,

muss Märkte erobern. Er schiebt

eine Preisliste über die Tischplatte,

von Ost nach West gewissermaßen.

„Damit können Sie gleich wieder

gehen“, sagt die Dame hinter dem

Schreibpult. Krone schluckt, dann

traut er sich was. Vergisst das Papier

und packt seine Wurstkonserven auf

den Tisch. Er schwärmt von der Ge-

schichte der Wurst, bietet der Frau

an zu kosten. Am Ende stört die

Einkaufsleiterin nur das Design der

Dose. „Machen Sie die Braut hübsch,

dann nehmen wir sie.“

Die Operation Wurst für den Wes-

ten hat begonnen. Es wird ein harter

Kampf, aber die erste Schlacht ist ge-

wonnen. Seine DDR-Ware darf in die

Regale des kapitalistischen Westens.

Als die Mauer fällt, wird aus dem

sozialistischen Werksdirektor Krone

der GmbH-Geschäftsführer Krone.

„Was eine GmbH war, musste ich

erst mal nachschlagen“, sagt Krone.

Betriebswirtschaftlich betrachtet, ist

die Wurstfabrik pleite, als sie in der

Marktwirtschaft ankommt. „Finden

Sie einen Investor, halten Sie das

Unternehmen so lange am Leben

– und investieren Sie kein Geld“,

sagen die Treuhand-Manager zu

Krone. Sie hätten ebenso gut sagen

können: Fliegen Sie zum Mond.

Krone packt es trotzdem an. Er

durchwühlt die westdeutschen Bran-

chenverzeichnisse der Fleischindust-

rie auf der Suche nach Geldgebern.

Gut 30 Investoren überredet er

1992, Halberstadt zu besuchen.

„Abreißen“, sagt der erste. „Abrei-

ßen“, sagt der 29. Die 27 dazwischen

sagen das auch. Die westdeutsche

Fleischindustrie hätte 100 Millionen

Menschen ernähren können. Nie-

mand bräuchte eine Brühwurst-Bude

aus dem sozialistischen Nirgendwo.

„Das hat geschmerzt“, sagt Krone.

Es hätte das Aus bedeutet, wäre

nicht Ulrich Nitsch die Nummer

30 gewesen. Ein Lehrter Kaufmann,

der in Niedersachsen bereits ein

kleines Fleisch- und Wurstimpe-

rium besitzt. Ein zurückhaltender

Investor mit Verständnis für die

Tradition. Er und Krone verstehen

sich sofort, vielleicht weil sie sehen,

dass sie in verschiedenen Systemen

groß wurden und ihre Lebenswege

sich dennoch ähneln. Fortan geht

es für beide gemeinsam um die

Halberstädter Wurst.

Nitsch behält Krone als Geschäfts-

führer. Krone wiederum wirbt bei

der Belegschaft um Verständnis für

den Geldgeber aus dem Westen.

250 Arbeitsplätze, verspricht Nitsch,

werde er sichern. Die Mitarbeiter

sehen, dass er investiert. Gut 30 Mil-

lionen Euro über die Jahre. Nitsch

lässt Gebäude sanieren, schafft neue

Technik an, investiert in Marketing

und Vertrieb. Aus den sozialistischen

Verarbeitungshallen wird ein Pro-

duktionsbetrieb, der mit den Markt-

führern im Westen mithält.

Quelle: „Handelsblatt“, 21.10.2009, Sven Prange

„Operation Wurst“: ein Unternehmerporträt15

Wie ist Karlheinz Krone der wirtschaftliche Erfolg

gelungen? Welche waren die größten Schwierigkeiten

für die DDR-Betriebe, die sie überwinden mussten,

um auf dem neuen Markt zu bestehen?

Wer war die Treuhand?

Recherchiere im Internet unter:

www.bpb.de/them

en/VYQSWV,1,0,P

robleme_der_

inneren_Einigung.

html

Übertrage die Unternehmensgründungen aus der

Grafik in die Tabelle.

Ermittle die Differenz zu den Unternehmens -

liquidationen. Analysiere die Ergebnisse

und recherchiere nach möglichen Erklärungen

für die vorliegende Entwicklung.

Karlheinz Krone – vom

sozialistischen Werksdirektor

zum GmbH-Geschäftsführer

20082003199919951991

Jahr Unternehmens-

gründungen

75.500

86.100

87.500

49.000

11.000

Unternehmens-liquidationen

Differenz

Arbeitsauftrag

Unternehmensgründungen in den Neuen Ländern seit 1991

Unternehmen in den Neuen Ländern seit 1991

40 Zeitbild Wissen

30.000

60.000

90.000

120.000

150.000

+ 25,3 %

1991

Quelle: BMWi (Juli 2010), Wirtschaftsdaten Neue Bundesländer

1995 1999 2003 2008

140.0

00

76.0

00 104.2

00

110.7

00

70.7

00

Page 41: JAHRE DEUTSCHE EINHEIT · 2017. 9. 29. · Zeitbild Wissen 3 Die Deutsche Einheit ist in unserer Geschichte etwas Einzigartiges. Zum ersten Mal leben die Menschen in Deutschland dauerhaft

Der Beitritt zur Bundes-

republik hat für die ehemalige DDR immen-

se wirtschaftlich

e Folgen: Die DDR-Währung wird wertlos,

Unternehmen und Betriebe schließen ihre Tore, Ost-Produkte verschwinden aus

den Regalen, Menschen werden arbeitslos. Das ganze Ausmaß der wirtsch

aftlichen Misslag

e und

der maroden Infrastruktur der ostdeutschen Länder wird sich

tbar : Versorgungsmängel bei Lebensmitteln, Kleidung

und Autos, ein schlecht ausgebautes Verkehrsnetz, eine veraltete und rückständige Industrie, verfalle

nde Innenstädte, Ma-

terialknappheit, vie

le unbewohnbare Wohnungen und eine stark zerstörte Umwelt. Die Lebensverhältnisse in Ost- u

nd

Westdeutschland unterscheiden sich spürbar. Diese anzugleichen war ein Ziel nach der Wiedervereinigung.

Viele Maßnahmen und Projekte werden initiiert, um Wirtschaft und Infrastr

uktur in den Neuen Bundesländern aufzubauen.

Der Aufbau Ost beginnt.

Die Bundesregierung und die westdeutschen Bundesländer unterstützen den Aufbau Ost – auch mit fi nanziellen Mitteln.

Im Rahmen des Solidarpakts I erhalten die Neuen Bundesländer von 1993 bis 2004 insgesamt 105 Milliarden Euro.

Nach zwölf Jahren läuft der Solidarpakt I

aus und man stellt fest: Trotz der fi nanziellen Unterstützung wird der Osten nicht

so schnell auf die Beine kommen, wie erhofft. Der Pakt z

wischen Bund und Ländern wird um weitere 15 Jahre verlängert.

Mit dem Solidarpakt II stellt der Bund den ostdeutschen Ländern für den Zeitraum von 2005 bis 2019 insgesamt 156,8

Milliarden Euro zur Verfügung.

Eingesetzt werden die Gelder aus dem Solidarpakt u

nter anderem für den Ausbau des Straßen- und Schienennetzes, die

Modernisierung des Telefonnetzes sowie die Sanierung von Wohnungen und Innenstädten. Zur Finanzierung führt die Bun-

desregierung im Jahr 1991 den Solidaritätszuschlag, k

urz Soli, ein. Jeder Bürger in Ost- und Westdeutschland, der lohnsteuer-

pfl ichtig ist, muss den Solidarität

szuschlag zahlen. Dieser beträgt

zur Zeit 5,5 Prozent der Lohnsteuer und wird zusätzlich

zur Lohnsteuer erhoben.

Ergänzend zu den Geldern aus dem Solidarpakt wird der wirtsch

aftliche Aufbau Ostdeutschlands mit Fördergeldern

aus den EU-Strukturfonds unterstützt. Zwischen 2007 und 2013 erhalten die Neuen Bundesländer insgesamt

15,1 Milliarden Euro. Die Mittel werden hauptsäch

lich für die Bereiche Investition, Innovatio

n, Forschung und Entwicklung

eingesetzt. Hinzu kommen 1,5 Milliard

en Euro für Verkehrsprojekte und 1,3 Milliarden Euro für Maßnahmen zur Verbesserung

des Arbeits- und Ausbildungsmarkte

s.

Un

te

rstü

tzu

ng f

ür d

en

Oste

n

16

1) Berechne den Solidaritätszuschlag:

2) Diskutiere in der Klasse das Für und Wider, ob die Neuen Bundesländer

weiter finanziell unterstützt werden sollen!

Bedenke dabei

- die momentane wirtschaftliche und finanzielle Situation

in Westdeutschland,

- die hohe Arbeitslosigkeit in Ostdeutschland.

BerufAlter Wohnort

Familien-stand

Monatl.

EinkommenSteuer-

klasseLohn-steuer

Soli

Florist23 J.

Bambergledig

1.600,00 €I

129,41 €

Manager50 J.

Dresdenverheirate

t10.000,00 €

III2.573,50 €

Bürokauffrau37 J.

Berlin

verheiratet,

2 Kinder

2.750,00 €V

710,00 €

Arbeitsauftrag

Zeitbild Wissen 41

Page 42: JAHRE DEUTSCHE EINHEIT · 2017. 9. 29. · Zeitbild Wissen 3 Die Deutsche Einheit ist in unserer Geschichte etwas Einzigartiges. Zum ersten Mal leben die Menschen in Deutschland dauerhaft

Fakten zwischen Aachen und Zwickau17

Arbeitsauftrag

Ziel nach der Wiedervereinigung war es,

gleichwertige Lebensverhältnisse in

Ost und West zu schaffen. Wie ist die

Bilanz nach zwei Jahrzehnten?

Ausstattung der Haushalte mit Verbrauchsgütern (in Prozent)

Bruttoinlandsprodukt je Einwohner (in Euro in jeweiligen Preisen)

Arbeitslosenquote (in Prozent)

Entwicklung der Altersrente (in Euro)

Interpretiere die Grafiken:

Wo haben sich West- und

Ostdeutschland angeglichen

und wo gibt es noch

Unterschiede?

Diskutiere in der Klasse

über die Gründe,

warum noch

Unterschiede herrschen.

42 Zeitbild Wissen

20 %

40 %

60 %

80 %

100 %

20 %

98,3 %

49,2 %

71,7 %

35,9 %

94,7 %

1990

2008

Telefon PKW Waschmaschine/

Waschvollautomat

Quelle: SOEPmonitor 1984–2008

0 B

200 B

400 B

600 B

800 B

1 . 000 B

587 B

492 B

697 B

826 B

+ 18,7 %

+ 67,9 %

1992 2008

West-

deutschland

Ost-

deutschland

West-

deutschland

Ost-

deutschland

Quelle: Deutsche Rentenversicherung

5.000 B

1 0.000 B

1 5.000 B

20.000 B

2 5.000 B

30.000 B

35.000 B

1991 2007200620052004200320022001200019991998199719961995199419931992 2008 2009

West-

deutschland

Ost-

deutschland

mit Berlin

Quelle: Arbeitskreis VGR der Länder

32.282

22.981

24.585

26.956

28.577

9.442

16.350

17.810

19.389

22.879

1991 2007200620052004200320022001200019991998199719961995199419931992 2008

Alte Bundesländer

Neue Bundesländer

20,6

14,9

19,5

11,0

8,3

11,0

Quelle: Bundesagentur für Arbeit

18,9

16,8

13,1

6,6

6,4

10,3

5 %

10 %

1 5 %

20 %

25 %

Page 43: JAHRE DEUTSCHE EINHEIT · 2017. 9. 29. · Zeitbild Wissen 3 Die Deutsche Einheit ist in unserer Geschichte etwas Einzigartiges. Zum ersten Mal leben die Menschen in Deutschland dauerhaft

18UMWELTverSCHmUTZung

Zu den Hinterlassenschaften der DDR gehörte eine in einigen Teilen

des Landes völlig zerstörte Umwelt. Europaweit war die DDR einer der

größten Umweltsünder. Kein anderes Land wies eine so hohe Schadstoff-

belastung der Luft auf. 1989 galten nur drei Prozent der Fließgewässer

und nur ein Prozent der stehenden Gewässer als ökologisch intakt. Der

Waldbestand war zu 50 Prozent krank oder tot. Viele Böden waren ver-

giftet. Das Abwassersystem war marode, die landwirtschaftlichen Flächen

durch Dünger und Pestizide verseucht. Die hohe Umweltbelastung ist

einer der Gründe, die für die im Vergleich mit der Bundesrepublik gerin-

gere Lebenserwartung in der DDR genannt werden.

Erfolgreiche Sanierung

der Altlasten

Zwanzig Jahre nach der Wiedervereinigung sind die giftigen Hinterlassen-

schaften der einstigen DDR verschwunden. Zu den wichtigsten Aufgaben

des neuen Deutschlands gehörten die Sanierung des ehemaligen Uran-

erzbergbaus im Erzgebirge, die Renaturierung der ehemaligen Braunkohle-

tagebaustätten in der Lausitz und südlich von Leipzig, die Maßnahmen zur

Luftreinhaltung, vor allem in den großen Städten und im Ballungsraum

Halle/Bitterfeld, und die Gewässersanierung, v. a. der Elbe und der Werra.

Ziel dieser milliardenteuren Maßnahmen war und ist es, die betroffenen

Regionen wieder lebenswert und attraktiv zu machen. Durch die Um-

weltsanierung entstanden Tausende von Arbeitsplätzen; die Umwelttech-

nik in Deutschland ist mittlerweile ein Sektor mit hohem Innovations- und

Wachstumspotenzial geworden und weltweit führend.

Umwelt- und Innovations -

technologien in Ostdeutschland

Die fünf Neuen Bun-

desländer sind heute

attraktive Standorte für

die Neuansiedlungen

junger, innovativer Un-

ternehmen und For-

schungseinrichtungen.

Umwelt- und Energie-

technologien sind hier

überdurchschnittlich

stark vertreten. Beson-

ders die Regionen um

Freiberg (Sachsen), Bitterfeld-Wolfen (Sachsen-Anhalt) und Frankfurt/

Oder (Brandenburg) haben sich inzwischen als Solarstandorte fest etab-

liert. Dazu kommen Informations- und Kommunikationstechnologien, die

Nanotechnologie und optische Technologien, die wirtschaftliche Chancen

und Perspektiven in hoch innovativen Bereichen schaffen.

Zukunftsregion

Biosphärenreservate

Aber nicht nur die Umweltsanierung und die Entwicklung von Umwelt-

technologien sind Erfolgsbeispiele für die Deutsche Einheit – die Auswei-

sung von großen Biosphärenreservaten als Schutzgebiete für eine nach-

haltige Entwicklung und das Zusammenwirken von Mensch und Natur

wurden bereits durch die letzte (demokratisch gewählte) Volkskammer

der DDR initiiert. Hier entstehen umweltverträgliche Lebens- und Wirt-

schaftsweisen im Zusammenwirken von Mensch und Natur. Biosphären-

reservate in den Neuen Ländern sind beispielsweise der Spreewald, Süd-

ost-Rügen und die Flusslandschaft Elbe-Brandenburg.

Arbeitsauftrag

Zeichne die oben beschriebenen

Regionen um Freiberg (Sachsen),

Bitterfeld-Wolfen (Sachsen-Anhalt)

und Frankfurt/Oder (Brandenburg),

die Biosphärenreservate

Spreewald und Südost-Rügen

sowie die Lausitz, die Elbe

und das Erz gebirge mit

verschiedenen Farben in die

Deutschlandkarte ein.

43Zeitbild Wissen

Page 44: JAHRE DEUTSCHE EINHEIT · 2017. 9. 29. · Zeitbild Wissen 3 Die Deutsche Einheit ist in unserer Geschichte etwas Einzigartiges. Zum ersten Mal leben die Menschen in Deutschland dauerhaft

44 Zeitbild Wissen

... mit der Demokratie

die Probleme in Deutschland

eher nicht oder gar nicht

gelöst werden können.

Geteiltes DemokratieverständnisSo viel Prozent der Bundesbürger

sind der Meinung, dass ... Ost

52

West

27

Demokratie – nein danke?91

Ich glaube, viele Menschen in Ostdeutschland sind einfach enttäuscht,

dass es ihnen in materieller Hinsicht bis heute nicht sehr gut geht.

Umfragen zeigen: In den Neuen Bundesländern ist Kritik sowohl an der Demokratie als auch an der Gesell-

schaftsordnung in Deutschland häufi ger zu vernehmen als in den alten Bundesländern. Die Verhältnisse in der

DDR hingegen werden häufi g verklärt. Martina und Felix haben diskutiert, warum das so sein könnte.

Aber die Situation ist doch hier eine ganz andere. Die Menschen aus der DDR hatten es einfach nicht leicht. Überleg mal, was die alles

verloren haben. Als es zur Wiedervereinigung kam, hat fast alles, was sie besaßen, an Wert verloren: das Auto, die Wohnungseinrichtung ... Auch die berufl iche Situation und der Umgang mit der Politik wurden auf einmal

ganz anders. Von einem Tag auf den anderen gab es das Leben, das sie kannten, nicht mehr. Da fragen sie sich

natürlich: Was bleibt von dem, was ich geleistet habe?

Was haben die Menschen in der DDR geleistet?

Notiere Stichworte und stelle sie deiner Klasse vor.

Lies folgende Geschichte aufmerksam durch:

Wegen der ständigen Differenzen zwischen Peking und Moskau

fl iegt der sowjetische Parteichef nach Peking zu Mao.

Und tatsächlich kann man alle Probleme lösen.

„Genosse Mao! Weil unser Gipfeltreffen so gut gelaufen ist,

haben Sie drei Wünsche frei!“

„Hmmm! Wir brauchten 10.000 Autos!“

„Die werdet Ihr bekommen, Genosse Mao!“

„Und dann brauchten wir noch 100.000 Fahrräder!“

„Kein Problem, Genosse Mao! Die liefern wir euch umgehend!“

„Ach ja, und noch 100.000 Sack Reis!“

„Genosse Mao, das geht leider nicht! Meines Wissens wird

in der DDR Reis nicht angebaut ...“

Was sagt dir der Text über den Stellenwert

der DDR-Wirtschaft? Recherchiere und

überprüfe deine Überlegungen.

Aber einen Abstand gibt es immer noch. Das Deutsche Institut für

Wirtschaftsforschung (DIW) sagt, dass ostdeutsche Haushalte, was das

Vermögen betrifft, nur noch knapp 35 Prozent des Niveaus in

Westdeutschland erreichen ...

Das mag ja sein. Zur Wiedervereinigung lag der besagte Anteil aber

nur bei etwas über zehn Prozent. Das macht doch ganz deutlich,

dass die Benachteiligungen noch aus der Zeit der DDR stammen –

und nicht erst in der wiedervereinigten Bundesrepublik entstanden

sind. Deshalb muss man doch nicht demokratieverdrossen werden.

Felix Martina

Trotzdem: So ein Gefälle zwischen Ost- und Westdeutschland

ist einfach nicht fair!

Moment! In den meisten Haushalten im Osten hat es doch Mitte der

90er-Jahre einen deutlichen Anstieg des Wohlstands gegeben. Er liegt bei

90 Prozent des Westniveaus, das ist doch gar nicht so schlecht.

Immer spricht man nur von dem Gefälle zwischen Ost und West. Aber

schau dir doch zum Beispiel mal die Unterschiede des Wohlstands

in Hamburg und Niedersachsen an: Die sind genau so groß wie die

zwischen Ost- und Westdeutschland.

Ja, du hast völlig recht. Die Ostdeutschen mussten wirklich sehr

fl exibel sein. Deshalb fi nde ich ja: Sie können sehr stolz auf sich sein!

Sie haben viel geleistet – und vor allem haben sie es geschafft, die

Diktatur in der DDR friedlich und ohne jede Gewalt zu stürzen.

Von diesem mutigen Einsatz könnten sich viele Menschen noch

eine Scheibe abschneiden.

Arbeitsauftrag

Quelle: Friedrich-Ebert-Stiftung, Studie 2008

Quelle: Prof. Dr. Klaus Schroeder in der FAZ, 06.01.2010

Page 45: JAHRE DEUTSCHE EINHEIT · 2017. 9. 29. · Zeitbild Wissen 3 Die Deutsche Einheit ist in unserer Geschichte etwas Einzigartiges. Zum ersten Mal leben die Menschen in Deutschland dauerhaft

SPD CDU FDP Die Linke Grüne CSU Sonstige

Gesamtdeutschland

Neue Bundesländer

Alte Bundesländer

23,0

17,9

24,1

27,3

29,8

26,7

14,6

10,6

15,4

11,9

28,5

8,3

10,7

6,8

11,5

6,57,9

0

6,0 6,3 5,9

Quelle: Der Bundeswahlleiter

20Wie steht’s um die Politische Kultur?

Arbeitsauftrag Für die Demokratie als Staatsform spielen Wahlen eine entscheidende

Rolle. Damit gelten sie auch als wichtige Zeichen der Politischen

Kultur einer Gesellschaft. Hier findest du die Ergebnisse bei der

letzten Bundestagswahl 2009 in den Neuen und alten Ländern.

Welche Unterschiede fallen dir auf? Diskutiere über mögliche

Erklärungen in der Klasse.

Die doppelte Geschichte Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg hat Spuren hinterlassen. Vor allem im Bereich

der Politischen Kultur lassen sich heute, 20 Jahre nach der Wiedervereinigung, noch Unterschiede zwischen

Ost und West feststellen. Als Summe der Einstellungen, Meinungen und Wertorientierungen der Menschen zu

einem bestimmten Zeitpunkt wird Politische Kultur an verschiedenen Fragen gemessen, zum Beispiel:

Politische Kultur

Zweitstimmenanteile in Prozent in den Neuen und alten Ländern bei der Bundestagswahl 2009

Wie fi nden die Bürger in Ost und West

die Demokratie als Staatsform generell

Wie schätzt die Mehrheit die

wirtschaftliche Ordnung ein

Was ist den Menschen in Ost und

West wichtiger : Freiheit oder Gleichheit

Wie verhalten sich die Menschen bei Wahlen

Gehen sie zur Wahl und wen wählen sie

Wie stehen die Menschen

zu Rechtsextremismus,

Fremdenfeindlichkeit und

Antisemitismus

Welche Einstellungen zum Sozialismus

und zur DDR-Vergangenheit überwiegen

Was denken die Menschen über Parteien und

Politiker? Vertrauen sie den politischen Institutionen

Welche Aufgaben soll der Staat übernehmen

?

? ? ?

?

??

??

Page 46: JAHRE DEUTSCHE EINHEIT · 2017. 9. 29. · Zeitbild Wissen 3 Die Deutsche Einheit ist in unserer Geschichte etwas Einzigartiges. Zum ersten Mal leben die Menschen in Deutschland dauerhaft

Arbeitsauftrag

Go

East!

21„Dass ich einen

Ausbildungsplatz in Jena bekam, hat mich riesig gefreut. Denn High-Tech hat mich immer fasziniert und wegziehen wollte ich nicht. Hier ist außerdem immer was los, vielleicht weil viele junge Menschen da sind.“ Martin,

Ausbildung als Mechatroniker, Jena

„Ein Studium in Sachsen: Besser hätte ich es nicht treffen können! Hier gibt es keine Studien gebühren und die Lebenshaltungskosten sind im Vergleich zu Hamburg sehr gering. Ich kann mir eine geräumige Wohnung leisten und bin in zehn Minuten mitten in der Stadt und in 15 Minuten an der Hochschule. Wäre ich daheim geblieben, müsste ich bei meinen Eltern wohnen und hätte eine Stunde Fahrtweg zur Hochschule.“ Annette, Geoinformation

und Vermessung an der

HTW Dresden

„Wegziehen? Die Frage stellt sich für uns überhaupt nicht. Wir fühlen uns wohl in Leipzig – nicht nur, weil wir uns hier ken-

nengelernt haben. Die Stadt hat sich in den letzten Jahren

sehr verändert: Viel wurde umgebaut und alles ist heute viel schicker. Überhaupt kann

man hier ganz gut leben.“Nina und Thomas, Leipzig

„Bis vor einigen Jahren wäre ich sofort nach der Schule in den Westen gezogen. Viele meiner Freunde sind damals weggegangen, da sie hier keine Arbeit fi nden konnten. Doch heute ändert sich die Situation langsam. Immer mehr Unternehmen siedeln sich hier an, und ich glaube, dass ich inzwischen gute

Chancen auf einen Job habe.“ Katja, Erfurt

Insgesamt haben rund 3,2

Millionen Menschen seit 1991

Ostdeutschland verlassen und

sind in den Westen gezogen.

Noch 2007 dachte jeder Drit-

te darüber nach, in die alten

Bundesländer umzuziehen.

Die umgekehrte Richtung –

von West nach Ost – haben

im gleichen Zeitraum über 1,7

Millionen Menschen gewählt.

Den Abwanderungsstrom zu stoppen stellt heute eine große Herausforde-rung dar. Das gelingt allerdings nur, wenn junge Leute vor Ort ihre guten beruf-lichen Perspektiven erkennen. Gleich-zeitig ist es wichtig, dass vor allem junge Menschen im Westen mehr über die Vorteile ostdeutscher Städte erfahren. Schließlich war fast die Hälfte

aller Westdeutschen noch nie

oder nur einmal in den Neuen

Bundesländern.

„Go East!“ lohnt sich, so zum Beispiel beim Studium: Universitäten, Hoch- und Fachhochschulen im Osten bieten heute im Vergleich zum Westen deutlich bessere Studienbedingungen. Ob Betreuung, Lebensqualität und technische Ausstattung – bei einer Umfrage unter 75.000 Studierenden liegt der Osten fast durchweg an der Spitze. Die Bestnote vergeben die Jugendlichen an Sachsen-Anhalt, ge-folgt von Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen.

Lasst eurer Kreativität freien Lauf und

entwickelt ein kurzes Werbekonzept für

eine Stadt in Ostdeutschland. Präsentiert

eure Ideen vor der Klasse und überzeugt

eure Mitschülerinnen und Mitschüler von

der Attraktivität der ausgesuchten Stadt.

Folgende Arbeitsschritte sollen euch dabei

unterstützen:Recherchiert nach Sehenswürdigkeiten,

interessanten geschichtlichen Ereignissen,

berühmten Persönlichkeiten, die mit dieser

Stadt in Verbindung stehen.

Checkt die aktuelle Lebenssituation in

dieser Stadt: Wie sieht es aus mit Miete,

Preisen, Lebensqualität, Freizeitangeboten,

Schulen, Ausbildungsmöglichkeiten, Unis etc?

Zitate von Besuchern und Einwohnern,

z. B. aus Reiseberichten oder auf

Internetforen, können euch dabei ebenfalls behilflich sein.

Tipp: Gute Beispiele für eure

Projekte fi ndet ihr auch auf

dem Internetportal der

Motivationskampagne

„Pack Dein Studium –

am besten in Sachsen“ unter

www.pack-dein-studium.de.

Zeitbild Wissen46

Page 47: JAHRE DEUTSCHE EINHEIT · 2017. 9. 29. · Zeitbild Wissen 3 Die Deutsche Einheit ist in unserer Geschichte etwas Einzigartiges. Zum ersten Mal leben die Menschen in Deutschland dauerhaft

22Zitatesammlung

Arbeitsauftrag

In manchen Ländern hat man

angestrebt, dass es einem

Bürger nicht gestattet ist, die

Gegend, in der er zufällig geboren

ist, zu verlassen. Der Sinn dieses

Gesetzes liegt auf der Hand:

Dieses Land ist so schlecht regiert,

und wird so schlecht regiert,

dass wir jedem verbieten, es zu

verlassen, weil es sonst die ganze

Bevölkerung verlassen würde.

‘‘

‘‘

In der DDR hat man von mir eine

Weltanschauung verlangt, ohne dass

ich die Welt anschauen durfte.

Manfred Krug, Schauspieler

‘‘

‘‘Das Beste an der DDR war ihr Ende.

Freya Klier, DDR-Bürgerrechtlerin,

Autorin und Regisseurin

‘‘

‘‘

Niemand hat die Absicht,

eine Mauer zu errichten.

‘‘

‘‘

Das Beste an der DDR war

der Traum, den wir

von ihr hatten.

Hermann Kant, Schriftsteller

‘‘‘‘

Unser „Yes we can“ heißt

„Wir sind das Volk“.

Joachim Gauck, DDR-Bürgerrechtler

‘‘

‘‘Eines Tages – vielleicht in Jahren, vielleicht erst in Jahrzehnten – wird hoffentlich die Deutsche Einheit so selbstverständlich sein, dass es uns merkwürdig vorkommen mag, sie eigens zu feiern.Johannes Rau (1931–2006),

ehem. Bundespräsident

‘‘‘‘

Zum ersten Mal bilden wir Deutschen keinen Streitpunkt auf der europäischen Tagesordnung. Unsere Einheit wurde niemandem aufgezwungen, sondern friedlich vereinbart.

Richard von Weizsäcker,

ehem. Bundespräsident

‘‘

‘‘Bei drei Zitaten ist der Urheber nicht angegeben.

Die Aussagen wurden von folgenden Personen gemacht:

SED-Chef Walter Ulbricht am 15. Juni 1961

Voltaire, französischer Schriftsteller, 1778

Udo Lindenberg, Musiker

Wer hat was gesagt?

Ordne die Namen den jeweiligen Zitaten zu.

Ich wusste immer:

Irgendwann spielen wir drüben,

und die Scheißmauer bleibt auch nicht ewig stehen.

Die ist so was von krank, völlig absurd, geht nicht.

‘‘

‘‘

Zeitbild Wissen 47

Page 48: JAHRE DEUTSCHE EINHEIT · 2017. 9. 29. · Zeitbild Wissen 3 Die Deutsche Einheit ist in unserer Geschichte etwas Einzigartiges. Zum ersten Mal leben die Menschen in Deutschland dauerhaft

48 Zeitbild Wissen

Deutschland auf einen Blick23

In der Deutschlandkarte

fehlen die Namen der 16

Bundesländer und ihrer

Hauptstädte.

Fülle die Karte

entsprechend aus!

Arbeitsauftrag

Hauptstadt: Berlin (3,4 Mio. Einwohner)Staatswappen: Adler Nationalfeiertag: 3. Oktober, Tag der Deutschen EinheitParlament: Deutscher Bundestag (622 Abgeordnete im 17. Bundestag)Hymne: Dritte Strophe vom „Lied der Deutschen“, verfasst von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben, Melodie von Joseph Haydns „Kaiserhymne“

Größe: 357.021 km2

Nachbarstaaten: Schweiz, Österreich, Tschechien, Polen, Dänemark, Niederlande, Belgien, Luxemburg, Frankreich Höchstgelegene Stadt: Oberwiesenthal (914 Meter über NN)Älteste Stadt: Trier (Gründung „Augusta Treverorum“ 16 v. Chr.)

Einwohner: 81,8 Millionen – Deutschland ist das bevölkerungsreichste Land der Europäischen Union.Quelle: Statistisches Bundesamt, Stand: 31.12.2009

Page 49: JAHRE DEUTSCHE EINHEIT · 2017. 9. 29. · Zeitbild Wissen 3 Die Deutsche Einheit ist in unserer Geschichte etwas Einzigartiges. Zum ersten Mal leben die Menschen in Deutschland dauerhaft

De

utsch

lan

d-Q

uiz

24Jetzt bist du dran:

Teste dein Wissen über Deutschland. Wie gut kennst du dich aus?

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

Wer verfasste die deutsche

Nationalhymne?

A) Johann Wolfgang von Goethe

B) August Heinrich Hoffmann von

Fallersleben

C) Patrick Süskind

Wie wurden die Bundesrepublik

und die DDR zu einem Staat?

A) Die DDR ist der Bundesrepublik

beigetreten.

B) Die Bundesrepublik hat die DDR einge-

nommen.

C) Die vier Siegermächte haben die Einigung

befohlen.

Am 13. August 1961

A) wurde die D-Mark eingeführt.

B) fand das Fußball-WM-Spiel zwischen der

DDR und der Bundesrepublik statt.

C) begann die DDR, die Berliner Mauer zu

bauen.

Wer war der erste gesamt-

deutsche Bundeskanzler nach

der Wiedervereinigung?

A) Willy Brandt

B) Helmut Kohl

C) Gerhard Schröder

In welcher Stadt fanden die ersten

Montagsdemonstrationen statt?

A) Leipzig

B) Bonn

C) Berlin

Der Solidaritätszuschlag wird von

der deutschen Bevölkerung gezahlt

zur Unterstützung

A) der Gewerkschaften.

B) des Aufbaus Ost.

C) kinderreicher Familien.

Was war die Stasi?

A) Supermarktkette der DDR

B) staatliche Sportinstitution der DDR

C) Geheimpolizei und geheimer

Nachrichtendienst der DDR

Wer wurde zum ersten Bundes-

beauftragten für die Unterlagen

des Staatssicherheitsdienstes

der ehemaligen DDR ernannt?

A) Erich Honecker

B) Günter Guillaume

C) Joachim Gauck

Wer hat den Zwei-plus-Vier-

Vertrag unterzeichnet?

A) Bundesrepublik, DDR, Frankreich,

Großbritannien, Sowjetunion, USA

B) Bundesrepublik, Großbritannien,

Frankreich, Sowjetunion, USA, Italien

C) DDR, Großbritannien, Frankreich,

Sowjetunion, USA, China

Was ist Checkpoint Charlie?

A) jährlicher Treffpunkt für Hundeliebhaber

in Worpswede

B) früherer Grenzübergang zwischen

West- und Ost-Berlin

C) Charlie-Chaplin-Museum

Wofür war die Treuhandanstalt

zuständig?

A) für die Aufbewahrung von Wertpapieren

B) für die Renaturierung der Elbe

C) für die Reprivatisierung der volkseigenen

Betriebe der DDR

Zeitbild Wissen 49

Page 50: JAHRE DEUTSCHE EINHEIT · 2017. 9. 29. · Zeitbild Wissen 3 Die Deutsche Einheit ist in unserer Geschichte etwas Einzigartiges. Zum ersten Mal leben die Menschen in Deutschland dauerhaft

50 Zeitbild Wissen

Lösungen zum Deutschland-Quiz

Vergleiche deine Antworten mit den

Lösungen. Für jede richtige

Antwort erhältst du einen Punkt.

Zähle alle Punkte zusammen und finde heraus,

wie gut du Deutschland

kennst.

Frage Lösung1 B

2 A

3 C

4 B

5 A

6 B

7 C

8 C

9 A

10 B

11 C

0-4 Punkte: Oh je, das war leider noch

nicht so gut. Schau dir

die Arbeitsblätter noch

einmal genauer an.

5-8 Punkte: Das ist schon nicht schlecht. Du weißt bereits

einiges über Deutschland. Aber es geht noch

besser. Schau dir die Arbeitsblätter noch

einmal genauer an.

9-11 Punkte: WOW, du kennst dich

sehr gut aus

mit Deutschland.

Weiter so!

Page 51: JAHRE DEUTSCHE EINHEIT · 2017. 9. 29. · Zeitbild Wissen 3 Die Deutsche Einheit ist in unserer Geschichte etwas Einzigartiges. Zum ersten Mal leben die Menschen in Deutschland dauerhaft

51Zeitbild Wissen

Lösungen Arbeitsblätter

AB 1

Bild 1 – 13. August 1961: Mauerbau

Bild 2 – 24. Juni 1948: Rosinenbomber

Bild 3 – 17. Juni 1953: Arbeiter- und Volksaufstand

AB 2

1) Gründe der DDR-Bürger, in die Bundesrepublik zu fl üchten: • mangelnde Freiheiten (z. B. Reisefreiheit, Meinungsfreiheit),

Verbote und Einschränkungen im gesellschaftlichen Leben • Perspektivlosigkeit (z. B. eingeschränkte berufl iche Möglichkeiten)• schlechte wirtschaftliche Lage und Unzufriedenheit mit der

Versorgungslage – erhoffter höherer Lebensstandard in der Bundesrepublik

• politische Gründe: Ablehnung des DDR-Regimes• familiäre Gründe: zerrissene Familien durch Teilung Deutschlands

2)

AB 6

1)

2) Länder: z. B. Libyen, Syrien, Indonesien, China, Iran, Irak, Äthiopien, Nordkorea, Ägypten, Simbabwe, Demokratische Republik Kongo

Gründe für die Verhaftung: • Kritik an den Machthabern und/oder dem politischen System• Handeln im Sinne der Menschenrechte (Meinungsfreiheit,

Informationsfreiheit, Glaubensfreiheit, Reisefreiheit)• Protest gegen Menschenrechtsverletzungen

AB 8

Journalismus leistet, zu Zeiten der DDR genauso wie heute, einen wichtigen Beitrag zur Meinungsbildung in einer Gesellschaft. Aufgrund der Macht, den der Journalismus durch seinen Einfl uss auf die öffentliche Meinung und damit auch auf die Staatsgewalt besitzt, wird er häufi g als vierte Gewalt im Staat bezeichnet. Die Berichterstattung eines Journalisten sollte frei und unabhängig sein und die Informationen, die er an die Öffentlichkeit weitergibt, sollten aus unabhängigen Quellen stammen. Defi niert man „Information“ jedoch auf die hier zitierte Weise, kann Berichterstattung nicht frei und unabhängig sein. Der Zweck, „von Klassenin-teressen bestimmte“ Erkenntnisse weiterzugeben, führt zu einem Missbrauch des Journalismus als „Sprachrohr der Partei“, als welches die Presse zu Zeiten der DDR ja auch bezeichnet worden ist.

AB 9

z. B. „Im Dritten Reich gab es kaum Kriminalität“, „Hitler hat die Autobahn erfun-den“, „Im Nazi-Deutschland gab es keine Arbeitslosigkeit“

AB 13

Lückentext: King, Liberté, ein Volk, tear down this wall

AB 14

• Lückentext Zentralverwaltungswirtschaft: Privateigentum, Staat, Überwachungsinstrument, Mangelwirtschaft

• Lückentext Soziale Marktwirtschaft: Arbeitnehmern, sozialen Sicherheit, Staat, Ludwig Erhard, die D-Mark, Kartelle, Löhne, Bundesbank

• Begriffe, die durchgestrichen werden müssen: Staatseigentum, Nachfrage, Wettbewerb, Konrad Adenauer, Euro, Angebot, Preis, Börse, Helmut Kohl, Manager

AB 16

1) Berechnung des Solidaritätszuschlags: Lohnsteuer x 5,5 %

2) Argumente für und gegen die fi nanzielle Unterstützung der Neuen Bundesländer

AB 19

• Leben und Arbeiten unter den widrigen Umständen der DDR-Diktatur• gewaltloser Kampf für die Freiheit und Sturz des SED-Regimes durch Massen-

proteste und Massenausreise• Grundsteinlegung der Wiedervereinigung durch friedliche Revolution und

Stimmabgabe bei der ersten freien Volkskammerwahl (klare Befürwortung der Wiedervereinigung)

• Wiederaufbau Ostdeutschlands nach Beitritt zur Bundesrepublik und damit weitreichende Veränderungen in allen Lebenslagen

AB 22

Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten.

SED-Chef Walter Ulbricht am 15. Juni 1961

Ich wusste immer: ...

Udo Lindenberg, Musiker

In manchen Ländern hat man angestrebt, ...

Voltaire, französischer Schriftsteller, 1778

Zitat Datum Zeitliche Einordnung

Michail Gorbatschow 7. Oktober 1989 40. Jahrestag der DDR

Erich Honecker 19. Januar 1989 zehn Monate vor Mauerfall

Walter Ulbricht 15. Juni 1961 zwei Monate vor Mauerbau

Günter Schabowski 9. November 1989 Tag der Maueröffnung

Abkürzung Name Aufgaben

MfS: Ministerium für Staatssicherheit

Geheimpolizei und geheimer Nachrichtendienst der DDR;Überwachung der DDR- Bevölkerung

IM: Inoffi zieller Mitarbeiter Sammeln von Informationen,Bespitzelung von verdächtigen Personen

BStU: Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR

Aufbewahrung der Stasi-Akten,Bereitstellung der Unterlagen fürdie Öffentlichkeit

Beruf Monatl. Einkommen Lohnsteuer Soli

Florist 1.600,00 € 129,41 € 7,12 €

Manager 10.000,00 € 2573,50 € 141,54 €

Bürokauffrau 2.750,00 € 710,00 € 39,05 €

Befürworter Kritiker

Abstand in der Wirtschaftsleistung

zwischen Ost und West weiter

verringern

Schuldenabbau bedenken

mehr Arbeitsplätze schaffen; hohe

Arbeitslosigkeit senken

strukturschwache Gebiete in

Westdeutschland benötigen

ebenfalls fi nanzielle Unterstützung;

gleiche Förderung in Ost und West

Angleichung der Lebensverhältnisse

an den Westen

westdeutsche Kommunen

müssen Kredite aufnehmen, um

ihren Verpfl ichtungen im Solidarpakt

nachzukommen

Abwanderung von Ost nach West

stoppen bzw. die (Rück-)Wanderung

von West nach Ost fördern

die Neuen Länder sollen

wirtschaftlich auf eigenen Beinen

stehen

Förderung von (Zukunfts-)Branchen,

z. B. Tourismus, Umwelt, Forschung

kaum spürbare Auswirkungen der

Unterstützung in den letzten Jahren,

denn Aufbau Ost kommt langsamer

voran als erwartet

Page 52: JAHRE DEUTSCHE EINHEIT · 2017. 9. 29. · Zeitbild Wissen 3 Die Deutsche Einheit ist in unserer Geschichte etwas Einzigartiges. Zum ersten Mal leben die Menschen in Deutschland dauerhaft

Weiterführende Informationen

Links:• www.bstu.bund.de

• www.bundesregierung.de/1989-2009

• www.chronik-der-mauer.de

• www.chronikderwende.de

• www.ddr-geschichte-vermitteln.de

• www.ddr-im-unterricht.de

• www.dhm.de/lemo/home.html

• www.freiheit-und-einheit.de

• www.friedlicherevolution.de

• www.herzlichen-glueckwunsch-deutschland.de

• www.jugendopposition.de

• www.mdr.de/damals-in-der-ddr/lexikon

• www.revolution89.de

• www.stiftung-aufarbeitung.de/20_Jahre/

• www.zeitzeugenportal8990.de/

Filme:

• Good bye, Lenin! (2003)

• Das Leben der Anderen (2006)

• Der rote Kakadu (2006)

• EINGEMAUERT!

Die innerdeutsche Grenze (2009)

Bücher:• Ulrich Plenzdorf:

Die neuen Leiden des jungen W.

• Uwe Tellkamp:

Der Turm

• Monika Maron:

Bitterfelder Bogen. Ein Bericht

Bildnachweise:S. 1: Zeile 1: picture alliance, Visum Images, iStockphoto; Zeile 2: picture alliance, Zeile 3: Bundesbildstelle, ullstein bild; S. 2 (v. o. n. u.): iStockphoto, picture alliance, picture alliance,

picture alliance; S. 3: picture alliance; S. 4: ullstein bild; S. 5: picture alliance; S. 7: picture alliance; S. 8: picture alliance; S. 9: picture alliance; S. 10: picture alliance; S. 12/13: iStockphoto,

S. 14: Bundesbildstelle; S. 15: Bundesbildstelle; S. 20/21: iStockphoto; S. 22: Europäische Zentralbank; S. 23: picture alliance; S. 26 (v. l. n. r.): AKG, AKG, ullstein bild; S. 28 (v. o. n. u.):

Bundesbildstelle, Automobilmanufaktur Dresden GmbH, picture alliance, picture alliance, picture alliance, Bundesbildstelle; S. 29: Leibing/Keystone; S. 30: Joachim F. Thurn/Bundes-

archiv; S. 32: Y. Maecke/G.A.F.F./SUPERillu; S. 33: ullstein bild; S. 34: picture alliance; S. 36: picture alliance; S. 37: Ronald Frommann (li.), Harald Krieg; S. 39: Erik Liebermann; S. 40:

Maximilian Lautenschläger; S. 43: BMU; S. 46: Zeile 1: iStockphoto; Zeile 2: SMWK, iStockphoto.

Impressum:Zeitbild Wissen „20 Jahre Deutsche Einheit“, gefördert vom Bundesministerium des Innern.

V.i.S.d.P.: Bernd Woischnik, Zeitbild Stiftung, Reichenbachstraße 1, 80469 München,

September 2010.

Wissenschaftliche Beratung: Dr. Thomas Gundelach.

Gesamtherstellung: Zeitbild Stiftung. Druck: Schätzl Druck & Medien e. K., Donauwörth.

Wir erklären mit Blick auf die genannten Internetlinks, dass wir keinerlei Einfl uss auf

Gestaltung und Inhalte der Seiten haben und uns diese Inhalte nicht zu eigen machen.


Recommended