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Ist Ethik ein Erfolgsfaktor? Unternehmensethik im Spannungsfeld von Oxymoron Case, Business Case und...

Date post: 23-Dec-2016
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DOI 10.1007/s11573-010-0414-y Z Betriebswirtsch (2011) 81:93–118 Zf B-SPECIAL ISSUE 1/2011 Ist Ethik ein Erfolgsfaktor? Unternehmensethik im Spannungsfeld von Oxymoron Case, Business Case und Integrity Case Thomas Kuhn Jürgen Weibler Zusammenfassung: Seit einigen Jahren treten die sozialen und ökologischen Folgewirkungen des – teilweise radikal verfolgten – unternehmerischen Gewinnstrebens immer deutlicher ins öffentliche Bewusstsein. Das unternehmerische Wirtschaften sieht sich heute entsprechend einer fortgeschrit- tenen Legitimationskrise gegenüber. Analog zu dieser Entwicklung boomt die Diskussion über Un- ternehmensethik bzw. Corporate Social Responsibility (CSR), deren zentrale Aufgabe darin besteht, Perspektiven für eine ethisch legitime bzw. aus gesellschaftlicher Sicht schlicht bessere Unterneh- mensführung zu entwickeln. Eine herausragende Stellung innerhalb der unternehmensethischen Debatte nimmt derzeit der sog. Business Case for CSR ein, dessen Credo lautet: Ethik ist ein Er- folgsfaktor! Dieser Ansatz erscheint auf den ersten Blick bestechend (harmonisch) – verheißt er doch höhere Gewinne für die gewinnorientierten Unternehmen und mehr Ethik für die ethisch sensibili- sierte Gesellschaft. Der Ansatz ist auf den zweiten Blick jedoch kritikwürdig. Dies zum einen, weil er – in pragmatischer Hinsicht – einen unternehmensbezogenen Sanktionsmechanismus unterstellt, der realiter so aktuell bestenfalls in Ansätzen funktioniert; dies zum anderen, weil er – in program- matischer Hinsicht – lediglich eine Moralisierung der Märkte, nicht jedoch eine Moralisierung des Managements einfordert. Mit anderen Worten: Der Business Case setzt zur Lösung der unternehmen- sethischen Probleme weiterhin auf jene ausschließliche (radikale) Gewinnorientierung des Manage- ments, die als ursächlich für das Entstehen eben dieser Probleme anzusehen ist. In Abgrenzung zu dieser Position vertreten wir die These, dass eine ethisch bessere Unternehmensführung eine Mora- lisierung des Managements voraussetzt, die ihrerseits auf eine Legitimierung der Gewinne verweist. © Gabler-Verlag 2010 PD Dr. T. Kuhn () · Univ.-Prof. Dr. J. Weibler Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbes. Personalführung und Organisation, Fakultät für Wirtschaftswissenschaft, FernUniversität in Hagen, Profilstr. 8, 58084 Hagen, Deutschland E-Mail: [email protected] Univ.-Prof. Dr. J. Weibler E-Mail: [email protected]
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DOI 10.1007/s11573-010-0414-yZ Betriebswirtsch (2011) 81:93–118

Zf B-SPECIAL ISSUE 1/2011

Ist Ethik ein Erfolgsfaktor? Unternehmensethikim Spannungsfeld von Oxymoron Case,Business Case und Integrity Case

Thomas Kuhn • Jürgen Weibler

Zusammenfassung: Seit einigen Jahren treten die sozialen und ökologischen Folgewirkungen des –teilweise radikal verfolgten – unternehmerischen Gewinnstrebens immer deutlicher ins öffentlicheBewusstsein. Das unternehmerische Wirtschaften sieht sich heute entsprechend einer fortgeschrit-tenen Legitimationskrise gegenüber. Analog zu dieser Entwicklung boomt die Diskussion über Un-ternehmensethik bzw. Corporate Social Responsibility (CSR), deren zentrale Aufgabe darin besteht,Perspektiven für eine ethisch legitime bzw. aus gesellschaftlicher Sicht schlicht bessere Unterneh-mensführung zu entwickeln. Eine herausragende Stellung innerhalb der unternehmensethischenDebatte nimmt derzeit der sog. Business Case for CSR ein, dessen Credo lautet: Ethik ist ein Er-folgsfaktor! DieserAnsatz erscheint auf den ersten Blick bestechend (harmonisch) – verheißt er dochhöhere Gewinne für die gewinnorientierten Unternehmen und mehr Ethik für die ethisch sensibili-sierte Gesellschaft. Der Ansatz ist auf den zweiten Blick jedoch kritikwürdig. Dies zum einen, weiler – in pragmatischer Hinsicht – einen unternehmensbezogenen Sanktionsmechanismus unterstellt,der realiter so aktuell bestenfalls in Ansätzen funktioniert; dies zum anderen, weil er – in program-matischer Hinsicht – lediglich eine Moralisierung der Märkte, nicht jedoch eine Moralisierung desManagements einfordert. Mit anderen Worten: Der Business Case setzt zur Lösung der unternehmen-sethischen Probleme weiterhin auf jene ausschließliche (radikale) Gewinnorientierung des Manage-ments, die als ursächlich für das Entstehen eben dieser Probleme anzusehen ist. In Abgrenzung zudieser Position vertreten wir die These, dass eine ethisch bessere Unternehmensführung eine Mora-lisierung des Managements voraussetzt, die ihrerseits auf eine Legitimierung der Gewinne verweist.

© Gabler-Verlag 2010

PD Dr. T. Kuhn (�) · Univ.-Prof. Dr. J. WeiblerLehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbes. Personalführung und Organisation,Fakultät für Wirtschaftswissenschaft, FernUniversität in Hagen,Profilstr. 8, 58084 Hagen, DeutschlandE-Mail: [email protected]

Univ.-Prof. Dr. J. WeiblerE-Mail: [email protected]

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Schlüsselwörter: Unternehmensethik · Corporate Social Responsibility · Business Case ·Unternehmensführung · Strategisches Management · Anspruchsgruppen · Gewinn

JEL Classification: A12 · A13 · D63 · M14

1 Einleitung: Unternehmensethik – oder: Auf der Suche nach einer besserenUnternehmensführung

If we really wish to reinstitute ethical or moral concerns in the practice of mana-gement, we have to first reinstitute them in our mainstream theory (Ghoshal 2005,S. 87).

In einem vielbeachteten Beitrag vertrat Ghoshal (2005) die These, dass „bad managementtheories are destroying good management practices“. Ohne den Argumentationsgang die-ses Beitrages hier im Einzelnen nachvollziehen und gar diskutieren zu wollen (vgl. dazubspw. Starkey und Tempest 2009), verweist allein der Titel bereits auf den Umstand,dass die betriebswirtschaftliche Theorie insofern als eine „schlechte“ Theorie bezeichnetwerden kann, als sie – ganz in der Tradition der (National-)Ökonomie – den wirtschaft-lich handelnden Menschen als prinzipiell „schlecht“ erachtet. Denn dieser gilt als reineigennütziger, sozial desintegrierter und desinteressierter Nutzenmaximierer (homo oe-conomicus), dem im Grunde nicht zu trauen ist. Wirklich vertrauen kann oder will die(Mainstream-)Ökonomie sowie die sich an ihr orientierende Betriebswirtschaftslehre imGrunde nur dem Markt, gleichsam jener „unsichtbaren Hand“ (A. Smith), die die „privatevices“ in „public benefits“ (B. Mandeville) zu transformieren vermag. Entsprechend dieserGrundauffassung fordert die Betriebswirtschaftslehre paradigmatisch ein strikt eigennüt-ziges Verhalten auch und gerade von Unternehmern und Managern. Dies bedeutet: DieVerantwortlichen in den Unternehmen werden ethisch-normativ dazu aufgefordert (undausgebildet), ausschließlich dem erwerbswirtschaftlichen Prinzip (vgl. Gutenberg 1975,S. 43) zu folgen, gleichsam den Kapitalwert des Unternehmens (vgl. Albach 2005, S. 813)oder – einfach gesprochen – schlicht die Gewinne zu maximieren. Ihren wohl populär-sten Ausdruck findet diese Melange aus (neo-)liberaler Marktgläubigkeit und betriebs-wirtschaftlicher Gewinnethik in Milton Friedmans Diktum: „The social responsibility ofbusiness is to increase its profits“ (Friedman 1973).

Ob nun im Sinne einer selbsterfüllenden Prophezeiung, wie von Ghoshal (2005, S. 77)vermutet, oder auch infolge anderer Entwicklungen (z. B. aufgrund des Übergangs vom„managerial capitalism“ zum „investor capitalism“; vgl. Vogel 2005, S. 26 f.) – seit rundzwei Jahrzehnten jedenfalls richten sich zahlreiche (v. a. Groß-)Unternehmen dezidiert undkonsequent an eben dieser zentralen Forderung der „bad management theories“ aus undverschreiben sich, mehr als zuvor, einem radikalen und letztlich unbegrenzten Gewinn-maximierungsstreben (vgl. Thielemann 2009; Weck 2009; Dahlin 2007). Handlungsprak-tische Voraussetzung hierfür sind jene neuen, in ihren Höhen bis dato unbekannten undunvorstellbaren Managementvergütungen, die – unter theoretischer Ägide der Principal-Agent-Theory (vgl. Jensen und Meckling 1976) – die pekuniären Interessen des Manage-ments aufs Engste mit jenen der Kapitalgeber bzw. Kapitalmärkte verquicken und dadurchdie – vormals eher stärker ausgeprägte – intrinsische Motivation des Managements zur

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gesellschaftlich verantwortlichen Unternehmensführung (vgl. Graafland und van den Ven2006) effektiv „korrumpieren“ (vgl. Frey 1997; Deci und Flaste 1995). Die auf diese Weisebegründete und befeuerte „neue Radikalität im Management“ (Thielemann 2009, S. 7) be-wirkt, dass der „einzelwirtschaftlichenVernunft“ in vielen Unternehmen uneingeschränkteGeltung verschafft wird, sprich: dass faktisch „alles, was kosten- oder aufwandssenkendbzw. leistungs- und ertragssteigernd wirkt, (..) angestrebt (wird)“ (Koubek 1983, S. 434,H. d. V.) – und mithin alles getan wird, damit die Gewinne so hoch wie möglich sind (vgl.Thielemann 2008, S. 240).

Anders als aufgrund der markttheoretischen Implikationen zu erwarten, führt diesesentfesselte Gewinnmaximierungsstreben realiter nicht zu höheren „public benefits“, son-dern vielmehr – und im Grunde wenig erstaunlich – zu unternehmerischen Verhaltens-weisen, die zu einem (geringeren) Teil eindeutig illegal sind (z. B. „Schwarze Kassen“,Korruption, Bilanzfälschung, Steuerbetrug, Datenmissbrauch) und die zu einem ande-ren (größeren) Teil gesellschaftsseitig als mehr oder minder illegitim bzw. „unethisch“bewertet und als „bad management practices“ (Ghoshal 2005) kritisiert werden. Bei-spielhaft zu nennen sind hier betriebsbedingte Umweltschädigungen und Ressourcen-übernutzungen, risikobehaftete Produkte und Produktionsprozesse, unfairer Handel undKinderarbeit, Lobbyismus und Parteienfinanzierung, Flexibilisierung und Prekarisierungvon Arbeit, Wettbewerbsintensivierung und Leistungsverdichtung, Standortschließungenund Massenentlassungen, Dumpinglöhne sowie, last but not least, die bereits angespro-chen Millionengehälter und -abfindungen für Top-Manager.1 Vor diesem Hintergrund istfestzustellen, dass das unternehmerische Gewinnmaximierungsstreben um scheinbar je-den – sozialen und ökologischen – Preis zu einer fortgeschrittenen Legitimationskrise derUnternehmensführung geführt hat, die mit der aktuellen Banken- und Finanzmarktkriseihren vorläufigen Höhepunkt erreicht hat. Die empirischen Belege für diese (globale) Le-gitimationskrise des unternehmerischen Wirtschaftens sind einschlägig2 und sollen hiernicht weiter ausgeführt werden.

Analog zu dieser Legitimationskrise boomt weltweit die Diskussion über Unterneh-mensethik, die – mit im Wesentlichen gleicher Problemstellung – zwischenzeitlich auchunter Begriffen wie Corporate Social Responsibility (CSR), Corporate Citizenship (CC),Business & Society (B&S), Sustainability, u. ä. m. firmiert (vgl. Küpper und Schreck2008; Matten und Palazzo 2008). Die zentrale Aufgabe dieser Diskussion besteht kurzgesprochen darin, betriebswirtschaftlich gangbare Wege für eine sozialökologisch ver-antwortlichere und damit gesamtgesellschaftlich schlicht bessere Unternehmensführungaufzuzeigen. Eine herausragende Stellung innerhalb der unternehmensethischen Debattenimmt derzeit der sog. Business Case for Corporate Social Responsibility ein, den wirim Folgenden zunächst inhaltlich darstellen (Abschn. 2) und kritisch diskutieren (Abschn.3) wollen, um in Abgrenzung zu diesem Ansatz schließlich Grundlagen für eine alterna-tive und u. E. überzeugendere Konzeption von Unternehmensethik (sog. Integrity Case)vorzustellen (Abschn. 4).

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2 Vom Oxymoron Case zum Business Case – „Ethik zahlt sich aus!“ als zentraleBotschaft der Unternehmensethikdebatte

Ethikmanagement erhöht die Umsatzrendite (Palazzo 2001, S. 51).

2.1 Die Rhetorik des Business Case

Die Diskussion über Unternehmensethik kreist bis heute weniger um die Frage, was Un-ternehmen eigentlich im Konkreten tun sollen, um „ethischer“ zu werden (vgl. dazu bspw.Küpper 2006). Vielmehr geht es um die offensichtlich vorab klärungsbedürftige Frage, obUnternehmen sich überhaupt ethischer verhalten können, ohne ihren pekuniären Erfolgund damit ihre dauerhafte Existenz substanziell zu gefährden (vgl. Hansen und Schrader2005, S. 383). Mit Blick auf diese Frage ist retrospektiv festzustellen, dass Unterneh-mensethik zunächst überwiegend als Kostenfaktor gedeutet und unternehmensethischeVerhaltensweisen deshalb regelmäßig – zumeist unter Verweis auf die Sachzwänge desimmer härteren globalen Wettbewerbs – als praktisch unmöglich erachtet wurden (vgl.Steinmann und Löhr 1994, S. 145 ff.; Paine 2000, S. 329). Das Credo lautete „Ethik ko-stet Geld“ (Löhr 1991, S. 284), weshalb die Frage nach der Ethik, zumal in wirtschaftlichschwierigen Zeiten, meist mit Antworten abgetan wurde wie: „Wir haben wahrlich andereSorgen“ (Meran 1994). Unternehmensethik avancierte damit gleichsam zum klassischenOxymoron – entweder das eine (Erfolg), oder das andere (Ethik), aber nicht beides zu-sammen (vgl. Paine 2000, S. 323; Wittmann 1994, S. 205).

Die Behauptung, dass Unternehmen sich Ethik nicht oder nur sehr begrenzt leistenkönnen, wird seit einiger Zeit nun allerdings immer seltener vernommen und ist zwischen-zeitlich nahezu durch die entgegengesetzte Anschauung ersetzt worden (vgl. Abb. 1). Dasheißt: Kostete Ethik nach vormaliger Einschätzung schlechterdings Geld, so kostet nachaktueller Lesart der Verzicht auf Ethik Geld (negativer Business Case) – was positiv ge-wendet gleichsam bedeutet: Ethik zahlt sich aus! (positiver Business Case). Dieses neueVerständnis von „Unternehmensethik als strategischer Erfolgsfaktor“ (Palazzo 2001) ist

Abb. 1: Vom Oxymoron Casezum Business Case

Ethik

negativerBusiness

Case

„negativer“Oxymoron

Case

Erfolg

„positiver“Oxymoron

Case

positiverBusiness

Case

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heute weit verbreitet. So stellen PricewaterhouseCoopers in einer Studie fest, dass „70 % ofglobal chief executives believe that CSR is vital to their companies’ profitability“ (Simms2002, S. 48). Andere Studien weisen aus, „that 91 % of CEOs believe CSR managementcreates shareholder value“ (Friedman 2003), bzw. dass die These: „Sound ethics is goodbusiness in the long run“ international ein „generell agreement“ in der Praxis findet (vgl.Ulrich 2010, S. 137). Ganz in diesem Sinne lesen sich auch zahlreiche Statements bekann-ter Unternehmensführer. So geht beispielsweise Bernd Pischetsrieder (2004, S. 99) davonaus: „Langfristig ist Erfolg ohne Ethik nicht möglich“, und Henning Schulte-Noelle (2004,S. 215) ist überzeugt, dass „nachhaltiger Erfolg nur zu erreichen (ist), wenn die legitimenInteressen aller Stakeholder berücksichtigt werden“. Und mit Blick auf den negativenBusiness Case warnt Heinrich von Pierer: „Wer die Moral vernachlässigt, der schadet inder Konsequenz auch der Profitabilität“ (Pierer 2003, S. 11). Der Business Case hat darüberhinaus auch in der Managementliteratur Einzug gehalten – sei es in Zeitschriftenbeiträ-gen, die in scheinbar allgemeingültigen Formeln verkünden: „Moral macht erfolgreich!“(Garmer 2003) und: „Gutes Gewissen – gutes Geschäft!“ (Ramge 2005), sei es in Mana-gementratgebern, die festschreiben: „caring capitalism (…) is not only decent, it is alsoprofitable“ (Rothman und Scott 2004) und konkret beispielsweise „7 steps to make so-cial responsibility work for your business“ (Grayson und Hodges 2004) ausmachen. DerVollständigkeit halber sei angefügt, dass auch nahezu alle wichtigen internationalen CSR-Initiativen (z. B. UN Global Compact, EU-Grünbuch über die soziale Verantwortung, Ratfür Nachhaltige Entwicklung, OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen) im We-sentlichen im Sinne des Business Case argumentieren (vgl. Thielemann und Ulrich 2009,S. 129 ff.).

Das einst große unternehmensethische Unbehagen vor allem mit dem – potenziellund präsumtiv eher weit verbreiteten – „negativen“ Oxymoron Case ist durch die Redevom Business Case scheinbar gewichen (vgl. Abb. 1). Was aber steht hinter der Rhetorikdes Business Case? Oder anders gesprochen: Was ist die theoretische Erklärung für dieNeuinterpretation der Ethik als Erfolgsfaktor? Dieser Frage wollen wir im Folgendennachgehen.

2.2 Die Theorie des Business Case

Als zentrale theoretische Referenz des Business Case ist der Stakeholder-Ansatz von Free-man (1984) anzusehen. Diesem – originär politisch-strategischen – Ansatz zufolge siehtsich jede Unternehmungsführung permanent bestimmten Interessen und Erwartungen ver-schiedenster Anspruchsgruppen (Stakeholder) gegenüber. Um dauerhaft erfolgreich zusein, gilt es, den Interessen und Erwartungen (nur) jener Stakeholder möglichst nach-zukommen, deren Macht und Einfluss geeignet erscheint, den unternehmerischen Erfolgnachhaltig und maßgeblich zu beeinflussen. Im Umkehrschluss gilt dementsprechend: Prä-sumtiv machtlose Anspruchsgruppen sind erfolgsstrategisch bedeutungslose Anspruchs-gruppen (vgl. Ulrich 2008, S. 473 ff.; Thielemann 2008, S. 241 ff.). Theoretisch argumen-tierte Beiträge zum Business Case (vgl. bspw. Hansen und Schrader 2005; Leisinger 2003;Palazzo 2001; Fombrun et al. 2000; Paine 2000) deuten diesen Ansatz unternehmense-thisch. Die zentrale – und letztlich empirisch dimensionierte – Annahme ist dabei einnachhaltig verändertes gesellschaftliches Umfeld, das durch eine ethisch gleichermaßen

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sensibilisierte wie aktivierte Öffentlichkeit charakterisiert ist und bewirkt, dass die Mittelund Wege der unternehmerischen Gewinnerwirtschaftung sich tiefgreifend ändern (vgl.Palazzo 2001; Paine 2000, S. 327 ff.). Leisinger (2008, S. 26) bringt dies wie folgt auf denPunkt: „The business of business is still business – but the rules have changed“ – was bedeu-tet: Gewinnmaximierung bleibt das alleinige Unternehmensziel; Unternehmensethik wirdangesichts der – durch die ethisch sensibilisierte und engagierte Öffentlichkeit – verän-derten „Spielregeln“ allerdings zu einem bedeutsamen Miss-/Erfolgsfaktor. In dichotomerWeise wird dabei – unter Bezugnahme auf die je spezifischen Verhaltensoptionen seitensder verschiedenen Stakeholder – bedeutet (vgl. ausführlich: Fombrun et al. 2000; Craneund Matten 2010):

• dass ethische Unternehmen von ihren Anspruchsgruppen für ihre gesellschaftlich ver-antwortungsbewussten Handlungsweisen pekuniär belohnt werden – insbesondere da-durch, dass Konsumenten gezielt die Produkte (nur) der „ethischen“ Unternehmen kau-fen, dass potenzielle Mitarbeiter sich im „War for Talent“ bewusst für die Stellenange-bote „ethischer“ Arbeitgeber entscheiden, dass angestellte Mitarbeiter in „ethischen“Betrieben schlicht motivierter leisten, dass Investoren als ethisch orientierte AnlegerBeteiligungen an „ethischen“ Unternehmen klar bevorzugen, dass Medien und Non-Governmental Organizations (NGOs) eben diese Unternehmen mit ihren Mitteln aktivunterstützen und dass schließlich auch der Staat die unternehmerische Freiheit priori-tär der „ethikbewussten“ Teile der Wirtschaft wahrt und nährt (sog. Belohnungseffektdes Business Case);

• dass unethische Unternehmen von ihren Anspruchsgruppen für ihre gesellschaftlichunverantwortlichen Handlungsweisen pekuniär bestraft werden – insbesondere durcheinen (kollektiven) Boykott oder einen (individuellen) „Buykott“ seitens der Konsu-menten, durch eine innere oder gar formale Kündigung seitens der (v. a. leistungs-fähigsten) Mitarbeiter, durch ein breites Desinvestment seitens der Investoren, durchinvestigativen Journalismus und imageschädigende Kampagnen seitens der Medienund NGOs sowie durch neue Regulierungen seitens des Staates (sog. Bestrafungsef-fekt des Business Case; vgl. Abb. 2).

Diese ethisch orientierten Verhaltensweisen seitens der unternehmerischen Anspruchs-gruppen – hier als Moralisierung der Märkte bezeichnet (vgl. zum Begriff3: Stehr 2007) –verdichten sich für die Unternehmen (strategisch) zu sog. „vorökonomischen Wirkungen“(v. a. in Bezug Reputation und Risiko), die imWeiteren schließlich pekuniär deutlich „spür-bare“ ökonomische Wirkungen (v. a. Veränderungen in den Bereichen Umsätze, Kosten,ROI, Aktienkurs) nach sich ziehen (vgl. Hansen und Schrader 2005, S. 383 ff.).

Dieses Erklärungsmuster wird regelmäßig durch ausgewählte Fallbeispiele illustriert.Für den „Bestrafungseffekt des Business Case“ wird dabei häufig auf die Erfahrungen vonShell (Stichwort: „Brent Spar“) oder Nike (Stichwort: „Sweatshops“) – sowie zukünftigwomöglich auf BP? (Stichwort: „Deep Horizon“) – verwiesen (vgl. Leisinger 2008, S. 48;Palazzo 2001, S. 50), während Beispiele für den „Belohnungseffekt des Business Case“ aufErfolgsunternehmen mit einer „integrity strategy“ (vgl. Paine 1994), auf „companies witha conscience“ (Rothman und Scott 2004) oder auch auf „ökologische Senkrechtstarter“(Little 1993) Bezug nehmen. Zu konzedieren ist vor diesem Hintergrund, dass wichtigeProtagonisten des Business Case es allerdings vermeiden, solche unternehmensspezifi-

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Abb. 2: „Bestrafungseffekt desBusiness Case“

Bestrafung

UnternehmenUnethisches

Ethische Stakeholder

Medien

NGOs- imageschädigende Kampagnen

Konsumenten- Boykott

- „Buykott“

Mitarbeiter- innere Kündigung

- formale Kündigung/„Brain Drain“

Investoren

Staat- neue Regulierungen

- investigativer Journalismus

- Desinvestment

Exponierung

schen „Ethikerfahrungen“ kurzerhand zu verallgemeinern und mithin vorschnell einenpositiven Zusammenhang zwischen Corporate Social Responsibility (CSR) und Corpo-rate Financial Performance (CFP) zu unterstellen. Vielmehr wird die Überprüfung bzw.Bestätigung des Business Case im Zuge weitreichender empirischer Forschungen ange-strebt.

2.3 Die Empirie des Business Case

Die empirische Untersuchung des Business Case hat eine durchaus lange Tradition, wasdurch eine Vielzahl einschlägiger Studien belegt ist (vgl. bspw. Orlitzky 2008; Schreck2008; Margolis et al. 2006; Màrquez und Fombrun 2005; Orlitzky et al. 2003; Margolisund Walsh 2003, 2001). Die Ergebnisse dieser Forschungen werden allerdings recht un-terschiedlich interpretiert (vgl. Crane et al. 2008, S. 4). So gehen manche Fachvertreterdavon aus, dass bis dato keine schlüssige Evidenz für einen positiven Zusammenhangzwischen Ethik (bzw. Corporate Social Responsibility) und Erfolg (bzw. Corporate Fi-nancial Performance) besteht (vgl. Garcia-Castro et al. 2010; Schreck 2008; Schreyögg2008; Vogel 2005). Jenseits dieser Einschätzung des „Mainstreams“ (vgl. Orlitzky et al.2003, S. 403) gehen andere Autoren gleichwohl davon aus, dass „corporate virtue in theform of social responsibility and, to a lesser extent, environmental responsibility is likelyto pay off“ (Orlitzky et al. 2003, S. 403), und mit Blick auf den Oxymoron Case (vgl.Abb. 1) zudem festgestellt werden kann, „that there is very little evidence of a negativeassociation between social and financial performance“ (Post et al. 2002, S. 28). Gestütztwird diese Einschätzung auch von Margolis und Walsh (2003), die in ihrer Metastudie 109Studien untersuchten und herausfanden, dass die Hälfte der Untersuchungen (54) einenpositiven Zusammenhang zwischen CSR und CFP auswiesen, während lediglich 7 Studieneindeutig einen negativen Zusammenhang ausmachten.

Folgt man dieser Interpretation, dann ist im Wesentlichen auch empirisch bestätigt, wasdie Theorie des Business Case (Abschn. 2.2) erklärt und die Rhetorik des Business Case

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(Abschn. 2.1) kurz und knapp auf den Punkt bringt: „Angewandte Unternehmensethik“ist ein relevanter Wettbewerbsvorteil (vgl. Leisinger 2003, S. 247) – und versäumte Unter-nehmensethik ist ein bedeutsames Verlust- oder gar Existenzrisiko für Unternehmen. DieAufgabe der Unternehmensethik besteht so gesehen im Wesentlichen – oder gar: nur noch– darin, die Unternehmen eben hierüber „aufzuklären“ (vgl. i. d. S. Rat für NachhaltigeEntwicklung 2006, S. 11; Leisinger 2003, S. 248). Ist diese „Aufklärungsarbeit“ geleistet,dann kann das Problem „Unternehmensethik“ als im Grunde gelöst zu den Akten gelegtwerden.

3 Ist Ethik ein Erfolgsfaktor? – eine Kritik an der Empirie, an der Theorie sowiean der Rhetorik des Business Case

It is naïve to think that ethics pays any time and any place (Paine 2000, S. 326).

Der Business Case for Corporate Social Responsibility steht wesentlich für den Glauben aneinen nachhaltig intensivierten Ethikwettbewerb in der (globalen) Wirtschaft, gleichsamfür ein „competitive ,race to the top‘ over ethics among businesses“ (Doane 2005, S. 26),dessen strategisch-evolutionäres Ergebnis ein „survival of the virtuous“ (Vogel 2005, S. 39)sein soll – dies bei einem gleichzeitigen Untergang der „less-virtuous ones“ (Vogel 2005,S. 39). Salopp gesprochen könnte man auch sagen: Der Business Case signalisiert in guteralter „Hollywoodmanier“, dass „die Guten“ am Ende obsiegen, „die Schlechten“ dagegenverlieren werden und die ethisch problematischen Auswirkungen des unternehmerischenWirtschaftens auf die Gesellschaft damit letztlich nur vorübergehender Natur sein können(vgl. Kuhn 2010). Wir halten diese Aussicht – mit Lynn Sharp Paine gesprochen – eherfür naiv und wollen diese Einschätzung im Folgenden näher begründen.

3.1 Die Empirie des Business Case – oder: Kann man Kontrafaktisches empirischbestätigen?

Wir möchten die kritische Diskussion der empirischen Überprüfung bzw. Bestätigung desBusiness Case (vgl. Abschn. 2.3) – vor aller Kritik an der Forschungsmethode – mit einerschlichten Reflexion der Forschungsfrage an sich festmachen. Orientierungspunkt kannhierbei eine Überlegung von Schreyögg (2008, S. 131 f.) sein, der bereits den Versucheines Belegs der Annahme, dass Ethik sich auszahlt, für „verwirrend“ erachtet und dazuausführt: „Warum sollten sich gute Taten auch immer auszahlen? Schon eine einfacheÜberlegung zeigt, wie verwirrend das Argument ist. Stellt man nämlich die umgekehrteFrage, die sich in derselben Logik bewegt, kippt die ganze Argumentation: Warum solltensich Unternehmen eigentlich der Gefahr aussetzen, „unethischen“ Verhaltens geziehen zuwerden, wenn es sich gar nicht lohnt?“ (Schreyögg 2008, S. 131). In der Tat würde eineempirische Bestätigung des Business Case ja bedeuten, dass es den – aus unternehmen-sethischer Sicht zentralen, weil höchst problematischen – „negativen“ Oxymoron Case(Credo: „viel Erfolg“ und „wenig Ethik“; vgl. Abb. 1) (strategisch) nicht gibt. Hier fälltzunächst auf: Wenn es den „negativen“ Oxymoron Case praktisch nicht gäbe, dann dürftees eigentlich auch keine Diskussion über Unternehmensethik geben. Allein aus der Tat-sache, dass diese Diskussion boomt wie kaum eine andere, kann bereits geschlussfolgert

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werden, dass sich Ethik für zahlreiche Unternehmen und in einem erheblichen Ausmaßenicht auszahlt. Und genau dieses ist im Weiteren natürlich auch mit Blick auf die Empiriedaselbst offenkundig, was bedeutet: „We may point to numerous examples of economicsuccess (…) achieved with little apparent regard for ethics“ (Paine 2000, S. 324). LynnSharp Paine gibt diesbezüglich ein erstes Beispiel, indem sie feststellt: „It is laughable tosuggest that attention to ethics would have paid off for the producers of ,point and shoot‘games, since the very appeal of these products lies in their antisocial nature“ (Paine 2000,S. 324).

Dieser Fokus lässt sich leichthin weiten, indem man beispielsweise auch an alle jeneIndustrien denkt, für die gilt: „It’s legal but it ain’t right“ (Passas und Goodwin 2004) –dies insofern, als deren Tätigkeiten systematisch von „harmful social consequences“ be-gleitet sind, diese Unternehmen mithin „corporate ,crimes‘ without lawbreaking“ verübenund damit über die Zeit höchst erfolgreich sind (z. B. Zigarettenindustrie, Waffenproduk-tion und Waffenhandel, Lobbying Industries, Gambling Industries, u. a. m.; vgl. Passasund Goodwin 2004). Gedacht werden darf in diesem Zusammenhang zwischenzeitlichwohl auch an das System Investmentbanking, dessen Protagonisten trotz – oder geradewegen – einer konsequenten Außerachtlassung jedweder moralischer Bedenken über diegesellschaftlichen Folgen ihres Handelns unermesslich erfolgreich waren.4

Die kritische Reflexion der Erfahrungen mit dem Business Case muss jedoch nichtim Branchenspezifischen verharren, sondern kann letztlich auch auf die unternehmerischeErfolgslogik insgesamt bezogen werden. Wenige kurze Beispiele mögen dies veranschau-lichen:

• Laut einer UNO-Erhebung haben die 3000 weltgrößten Konzerne im Jahre 2008 Um-weltschäden in Höhe von 2,2 Billionen Dollar verursacht, was rund einem Drittel ihrerGewinne entspricht.5 Wenn Unternehmensethik im Sinne von Umweltschutz sich be-zahlt machen würde, dann wäre es aus Sicht dieser Konzerne betriebswirtschaftlichrational, diese Kosten zu internalisieren! Nur: Dürfen wir wirklich davon ausgehen,dass dieses nach der „Aufklärung“ der Verantwortlichen in den Konzernen über den„Umweltschutz als Business Case“ tatsächlich geschehen wird?

• Laut einem Bericht der Bundesregierung6 unterlaufen derzeit tausende Firmen denMindestlohn. Wenn Unternehmensethik im Sinne von „faire Löhne und Gehälter“ sichbezahlt machen würde, dann wäre es aus Sicht dieser Unternehmen betriebswirtschaft-lich rational, zumindest die Mindestlöhne zu bezahlen! Auch hier ist – rhetorisch –nachzufragen: Dürfen wir wirklich davon ausgehen, dass dieses nach der „Aufklärung“der Verantwortlichen in den Unternehmen über die „Lohngerechtigkeit als BusinessCase“ tatsächlich geschehen wird?

• Schließlich sei nochmals auf Georg Schreyögg verwiesen, der mit Blick auf die ethischgeächtete Korruption festschreibt: „Wenn Unternehmen (..) nur das tun, was sich aus-zahlt – wie das vom CSR-Ansatz (im Sinne des Business Case, A. d. V.) unterstelltwird –, dann gälte das Primat der Korruption“, denn: „Korruption zahlt sich aus, des-halb wird sie ja auch so oft praktiziert!“ (Schreyögg 2008, S. 132).

Geht man vor dem Hintergrund dieser Überlegungen davon aus, dass ethische Verhaltens-weisen (Umweltschutz, Lohngerechtigkeit, Korruptionsverzicht, u. a. m.) sich für Unter-nehmen – heute und wohl auch zukünftig – auf breiter Front nicht rechnen, dann stellt

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sich die Frage, warum das Gegenteil dessen empirisch häufig als relativ gut „bestätigt“dargestellt wird (vgl. Abschn. 2.3). Als Ursache hierfür kommen im Grunde nur methodi-sche Fehler in Betracht, die verschiedene Autoren denn auch ausmachen und bemängeln(vgl. bspw. Thielemann 2008, S. 234 ff.; Vogel 2005, S. 29 ff.). Ohne diese Methodenkri-tik hier detailliert nachzeichnen zu können, sei exemplarisch nur auf zwei typische undfragwürdige Verfahren zur „Ethik-Messung“ verwiesen:

• So bieten Orlitzky et al. (2003, S. 408 f.) in ihrer Studie unter anderem „CSP disclos-ures“ als geeignetes Verfahren zur Messung der „Corporate Social Performance“ an –was bedeutet, dass formale unternehmerische Verlautbarungen (z. B. Geschäftsberich-te) einfach nur im Hinblick auf die Nennung ethikbezogener Begriffe wie CSR oderVerantwortung ausgewertet werden. Das heißt: „Je mehr Sätze und Begriffe ,ethischer‘Art auftauchen, desto ,besser‘ ist die ,social performance“‘ (Thielemann 2008, S. 236).

• Ein alternatives Verfahren der „Ethik-Messung“ besteht in der Ermittlung des Zu-sammenhangs zwischen ausgewählten Performance-orientieren Rankings und Ethik-orientierten Rankings. So berechnet beispielsweise Verschoor (2002) die Korrelationzwischen dem „Business Week Mean Ranking of Financial Performance“ und den„100 Best Corporate Citizens“ des Magazins Business Ethics und „bestätigt“ auf dieseWeise, dass die Rentabilität der 100 Best Citizens um mehr als zehn Prozent höherliegt als diejenige der übrigen S&P 500 Unternehmen (vgl. Thielemann 2008, S. 236).

Hinterlegt man diese „hemdsärmeligen“ Verfahren zur „Ethik-Messung“ (vgl. Thielemann2008, S. 236) mit dem von Margolis und Walsh (2001, S. 8) vermerkten Umstand, wonachin 95 der von ihnen analysierten Studien 27 verschiedene Verfahren zur Messung der „cor-porate social performance“ angewandt wurden, dann wird erkennbar, dass jede empirische„Bestätigung“ des Business Case nicht nur aus Plausibilitätsgründen, sondern – korrespon-dierend hiermit – auch aufgrund ernsthafter methodologischer Bedenken (vgl. Thielemann2008; Vogel 2005) in Zweifel gezogen werden darf und muss. Insgesamt ist anzuerkennen,dass der Business Case in weiten Bereichen nicht den Realitäten entspricht, was dann al-lerdings auch theoretisch nachvollziehbar sein sollte. Auf die damit angedeuteten Mängelim Erklärungsmodell des Business Case wollen wir nun folgend näher eingehen.

3.2 Die Theorie des Business Case – oder: Weisen die „rules of the game“ wirklich inRichtung Ethik?

Die Theorie des Business Case ist, wie bereits gesehen (vgl.Abschn. 2.2), wesentlich durchdie Annahme gekennzeichnet, dass die unternehmerischen Anspruchsgruppen sich durcheine zunehmende ethische Sensibilisierung und Aktivierung auszeichnen („Moralisierungder Märkte“), die sich in unternehmensspezifischen Belohnungs- bzw. Bestrafungshand-lungen und damit insgesamt in ethisch durchdrungenen Wettbewerbsbedingungen („ru-les of the game“) vergegenwärtigt. „Ethische“ wie „unethische“ Verhaltensweisen vonUnternehmen zeitigen aufgrund dessen bedeutsame (vor-)ökonomische Wirkungen (z. B.Reputationsgewinne oder -verluste, Umsatzsteigerungen oder -einbußen) und heben dieUnternehmensethik damit in den Rang eines relevanten Erfolgsfaktors (vgl. Abb. 3).

Dieses Verständnis von Unternehmensethik ist zunächst sicherlich aus programmati-schen Gründen kritikwürdig. Im Mittelpunkt dieser Kritik steht gemeinhin der Vorwurf

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Ist Ethik ein Erfolgsfaktor? Unternehmensethik … 103

Abb. 3: Die Theorie desBusiness Case

Ethisch sensibilisierte undaktivierte Anspruchsgruppen(Moralisierung der Märkte)

Belohnungs- und Bestrafungs-Effekt des Business Case

(Ethische „rules of the game“)

Vor-/Ökonomische Wirkungendes Business Case

(Ethik als Erfolgsfaktor)

des Instrumentalismus (vgl. dazu v. a. Ulrich 2008, S. 453 ff.; Thielemann 2009, S. 138 ff.),der auf den kaum zu übersehenden Umstand abstellt, dass der Business Case unterneh-mensethische Verhaltensweisen grundsätzlich ja nicht etwa deshalb einfordert, weil sieaus verantwortungsethischer Sicht als geboten erscheinen („Primat der Ethik“), sondernweil – und insoweit – sie aus erfolgsstrategischer Sicht als lohnend erachtet werden („Pri-mat der Ökonomie“). Der Business Case verschließt sich damit gleichsam systematischder – originär ethischen – Frage, welche unternehmerischen Handlungsweisen als le-gitim (rechtfertigungsfähig) anzusehen sind, und reduziert Unternehmensethik auf dieopportunistische Erfüllung jener Forderungen, die mächtige, d. h. für den Unternehmens-erfolg bedeutsame Anspruchsgruppen an das Unternehmen stellen (vgl. Thielemann 2008,S. 241 ff.; Schreyögg 2008, S. 118). Dieser – aus Gründen der Stringenz hier nicht näherausgeführten – programmatischen Kritik könnte nun durchaus die pragmatische Positionentgegengehalten werden, dass es letztlich nicht so wichtig sei, warum die Unternehmensich ethisch verhalten, sondern dass es doch vielmehr darauf ankomme, dass sie sich defacto ethisch verhalten. Damit sind wir bei der oben (vgl. Abschn. 3.1) bereits ausgeführ-ten Feststellung, dass ethischeVerhaltensweisen sich für Unternehmen realiter allzu häufig

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offenkundig nicht rechnen bzw. unethische Verhaltensalternativen als erfolgsstrategischvielversprechender erscheinen. Die Theorie des Business Case scheint aufgrund dessenauf fehlerhaften Annahmen zu beruhen, denen wir im Folgenden nachspüren wollen.

Das u. E. kritische Moment des Business Case ist die (aktuell) kontrafaktische Unter-stellung ethisch grundlegend veränderter Wettbewerbsbedingungen (ethische „rules of thegame“; vgl. Leisinger 2008), die ihrerseits unmittelbar mit der These einer weitreichenden,tendenziell unbegrenzten Möglichkeit (Macht) und Bereitschaft (Motivation) aller rele-vanten Anspruchsgruppen zum ethischen Sanktionieren (Belohnen/Bestrafen) der ethischoder unethisch agierenden Unternehmen korrespondiert. Das anwendungsbezogene Pro-blem dieser Anschauung wird erkennbar, wenn man im Umkehrschluss konstatiert: Wennes den erfolgsrelevanten Anspruchsgruppen an der Möglichkeit und/oder der Bereitschaftzum ethischen „Belohnen“ und „Bestrafen“ fehlt, dann verliert der Business Case denk-notwendig an praktischer Relevanz. Und genau hierfür lassen sich zahlreiche Argumenteund Befunde anführen.

So ist zunächst zu sehen, dass ein systematisches „ethisches Sanktionieren“ von Unter-nehmen voraussetzt, dass die Stakeholder die Unternehmen realistisch – und relativierend– bezüglich ihrer „ethischen Performance“ beurteilen können. Jedem Konsumenten, Ar-beitnehmer oder auch Investor sollte somit stets völlig klar sein, ob dieses oder jenesUnternehmen (bei dem er kaufen, arbeiten oder investieren könnte) in ethischer Hinsicht„gut“ oder „schlecht“ bzw. „besser“ oder „schlechter“ als ein alternatives ist. Dies er-scheint realiter jedoch lediglich in Einzelfällen möglich. Das heißt: Natürlich lassen sichvereinzelt ethische Vorbild-Unternehmen ausmachen, die bekanntermaßen hohe ethischeStandards verfolgen (z. B. Alnatura, dm Drogeriemarkt, GLS Gemeinschaftsbank, TheBody Shop, Weleda) und mithin per Kaufentscheid, Arbeitsvertrag oder Aktienerwerb„belohnt“ werden können. Ebenso befinden sich immer wieder auch einzelne ethischeSkandal-Unternehmen – unerwünschter Weise, zumeist aber auch nur für kurze Zeit –auf der „Bühne der Öffentlichkeit“ (z. B. Shell, Nike, BP) und können aufgrund dessenper Kaufzurückhaltung, Kündigung oder Aktienverkauf durchaus wirksam „bestraft“ wer-den. Dabei ist jedoch zu erkennen: Die Liste der unternehmensethischen Protagonisten istkurz! Entsprechend ist davon auszugehen, dass relevante Anspruchsgruppen (v. a. Kun-den, Arbeitnehmer, Investoren) in aller Regel gar nicht genau wissen können, was imInneren einer Unternehmung so alles passiert: „Wer kennt all die Geschäftspraktiken, diedie Tausenden von großen und die Millionen von mittleren und kleinen Unternehmen tag-täglich vollführen?“ (Thielemann 2008, S. 244). Für die Mehrzahl der Unternehmen giltmithin: Ihre „ethische Performance“ ist gesellschaftsseitig weitestgehend unbestimmbarund unbekannt – mit der Konsequenz, dass ethische Pionier-Unternehmen möglicherwei-se in der Masse der Unternehmen untergehen („positiver“ Oxymoron Case) und ethischdesorientierte Unternehmen allzu häufig eben hierin untertauchen können („negativer“Oxymoron Case). Ein deutlicher Beleg für diese weitreichende Unbestimmbarkeit der„ethischen Performance“ von Unternehmen durch die Stakeholder sind die Begriffe (undPraktiken) des „Greenwashing“ oder auch des „Bluewashing“ (vgl. Schöps 2009), dieden unternehmerischen Anspruchsgruppen gewissermaßen einen „ethischen Schein“ fürein „ethisches Sein“ weiß machen wollen – und können. Hinsichtlich dieser Entwicklungstellt Schoenheit (2007, S. 228) treffend fest: „Unternehmen, die substanzielle Beiträgezur sozial und ökologisch verträglichen Wohlstandsmehrung liefern, werden sich systema-

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tisch der Gefahr ausgesetzt sehen, im Aufmerksamkeitswettbewerb von Trittbrettfahrernund Schreihälsen an den Rand gedrängt zu werden. Es ist deshalb zu vermuten, dass esin Zukunft womöglich mehr um einen Kommunikations- als um einen Leistungswettbe-werb gehen wird.“ Geht man – jenseits dieser Überlegungen zur regelmäßig nur geringenethischen Informiertheit der Stakeholder – überdies davon aus, dass es vielen Anspruchs-gruppen schlechterdings auch an den ökonomischen Potenzialen fehlen dürfte, selbst nurdie (bekannten) ethischen Vorbild- oder Skandal-Unternehmen wirksam zu sanktionieren– weil ihnen hierfür beispielsweise die Kaufkraft (vgl. Busse 2006, S. 266 ff.) oder dieBeschäftigungsalternative fehlt – dann ist zu konstatieren: Die Möglichkeit (Macht) derAnspruchsgruppen zur ethischen Sanktionierung der Unternehmen besteht de facto (lei-der!) nur in Ausnahmefällen. Dass dies in Zeiten der wirtschaftlichen Globalisierung resp.der politischen „Postdemokratie“ (Crouch 2008) im übrigen auch für den Stakeholder„Staat“ gilt, sei an dieser Stelle nur angefügt (vgl. ausführlich dazu bspw.: Weck 2009,S. 18 ff.; Ulrich 2008, S. 409 ff.; Kromphardt 2004, S. 237 ff.).

Zweifel an der Evidenz des Business Case sind aber auch in Bezug auf die supponierteBereitschaft (Motivation) der Anspruchsgruppen zur ethischen Sanktionierung anzumel-den. Dass es den Stakeholdern eben hieran in einem erheblichem Masse mangelt, belegt– neben anderen Untersuchungen (vgl. z. B. Bruhn und Meffert 2006) – sehr entschiedeneine Studie von Steger (2006). Diese besagt in ihren zentralen Ergebnissen (vgl. Stegerund Salzmann 2006), „dass sich nur wenige Stakeholder mit dem Thema (soziales undökologisches Engagement der Unternehmen, A. d. V.) wirklich intensiv beschäftigen“,dass „diejenigen Stakeholder, die am intensivsten soziale und ökologische Standards for-dern, (..) am unwichtigsten für die Unternehmen (sind)“, und dass „vor allem den ein-flussreichen Stakeholdern“ das ethische Engagement der Unternehmen „bestenfalls egal“ist. Verdichtet man diese Ergebnisse, dann ist festzustellen: „Entgegen der öffentlichenMeinung gibt es keinen empirischen Beleg dafür, dass der Druck auf die Unternehmensteigt“ (Steger und Salzmann 2006, S. 7). Genau dieser ethische Wettbewerbsdruck solles laut Business Case aber sein, der Ethik in die Position eines unternehmerischen Er-folgsfaktors hebt. In Verbindung mit den vorangegangenen Überlegungen bedeutet dies:Selbst in den Fällen, in denen außergewöhnlich un-/ethische Verhaltensweisen von Un-ternehmen den Anspruchsgruppen die (v. a. informationellen) Möglichkeit zum ethischenSanktionieren geben, wird der Business Case aufgrund einer fehlenden resp. begrenztenStakeholder-Bereitschaft zum ethischen Sanktionieren womöglich nicht der Fall sein.

Wir möchten schließlich noch ein weiteres Argument anfügen, dass entschieden gegendie Annahme einer uneingeschränkten (globalen) Gültigkeit des Business Case sprichtund das von Lynn Sharp Paine mit folgenden Worten angedeutet wird: „Americans (andEuropeans, A. d. V.) who espouse an ,ethics pays‘ philosophy are often seen as self-righteous or hopelessly naïve when they voice such sentiments in certain countries abroad“(Paine 2000, S. 326). Verwiesen ist damit auf nichts anderes, als dass der Business Caseunausgesprochen stets auf die Kontexte demokratisch entwickelter (Zivil-)Gesellschaftenabstellt und demnach überhaupt nur dann praktische Relevanz beanspruchen kann, „wheninformation is free-flowing, authority is decentralized, business transactions are voluntary,law is enforced, the populace is educated, and people share a common ethical framework“(Paine 2000, S. 326). Für alle davon abweichenden wirtschaftsgesellschaftlichen Kontextegilt entsprechend: „the economic case for ethics collapses entirely“ (Paine 2000, S. 326)

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– eine Erkenntnis, deren Bedeutung angesichts der fortgeschrittenen Globalisierung desunternehmerischen Wirtschaftens u. E. kaum unterschätzt werden kann.

Insgesamt ist damit festzuhalten, dass der Business Case auf stakeholderbezogen An-nahmen (v. a. ausgeprägte ethische Sanktionsmacht und -motivation) beruht, die – zumalin globalen Kontexten – keinesfalls verallgemeinerungsfähig sind. Damit ist gleichsamdie argumentative Kernaussage des Business Case, dass Unternehmensethik einen be-deutsamen strategischen Erfolgsfaktor für Unternehmen darstellt, in ihrer Pauschalitätklar zurückzuweisen! Vielmehr ist differenzierend zu erkennen: Das Verhältnis zwischenEthik und Erfolg ist – bis auf weiteres – als höchst kontingent einzustufen (vgl. Rat fürNachhaltige Entwicklung 2007, S. 2 f.; Doane 2005, S. 25; Hansen und Schrader 2005,S. 25; Paine 2000, S. 327). Das heißt: Unternehmen können durchaus (auch) aufgrundihrer ethischen Prinzipien und Praktiken erfolgreich sein – sie müssen es aber nicht! Um-gekehrt gilt mindestens ebenso: Unternehmen können heute – und wohl auch zukünftig– auch und gerade deshalb überaus erfolgreich sein, weil sie ethische Maßgaben undMaßstäbe konsequent hinter sich lassen und einem enthemmten Gewinnmaximierungs-streben („Prinzip Gier“) frönen. Oder ganz pragmatisch gesprochen: Ethisch fragwürdigeUnternehmensstrategien wie Downsizing und Offshoring der Beschäftigung, Flexibilisie-rung und Prekarisierung der Arbeit, Externalisierung ökologischer Kosten, Lohndumpingu. a. m. sind selbstverständlich – auch langfristig – überaus erfolgversprechend!

3.3 Die Rhetorik des Business Case – einfache Aufklärungsarbeit oder doppelteBeruhigungstaktik?

Wie wir versucht haben aufzuzeigen, verfängt der Business Case weder in Bezug auf seineempirische Bestätigung noch in Bezug auf seine theoretische Begründung. Es stellt sichvor diesem Hintergrund die Frage, warum der Ansatz in der aktuellen Diskussion überUnternehmensethik eine so herausragende Stellung einnimmt bzw. warum die Rede vonder „Ethik als Erfolgsfaktor“ heute allenthalben zu vernehmen ist. Wir möchten hierzuzwei Erklärungsmuster anbieten:

Zum einen kann der Business Case als einfache Aufklärungsarbeit aufgefasst werden –dies in dem Sinne, dass „die breite Mehrzahl der Unternehmen (…) die unternehmerischeVerantwortung noch nicht strategisch im Management verankert haben“, weil sie es bislangeinfach versäumt haben, „die positiven Effekte dieses Engagements auf die Wertschöp-fung (…) zu verstehen“ (Rat für Nachhaltige Entwicklung 2006, S. 11, H. d. V.). Unter-nehmensethik erweist sich so gesehen als praxisbezogene „Aufklärungsarbeit“ bezüglichdes supponierten Umstands, dass Ethik sich bezahlt macht (vgl. Schreyögg 2008, S. 131;Hansen und Schrader 2005, S. 384). Dieses (Selbst-)Verständnis von Ethik, das charakteri-stisch für zahlreiche inter-/nationale CSR-Initiativen (z. B. Global Compact, EU-Grünbuchüber soziale Verantwortung, Rat für Nachhaltige Entwicklung, OECD-Leitsätze für mul-tinationale Unternehmen) ist (vgl. Thielemann und Ulrich 2009), geht damit gleichsamvon einem „Erkenntnisvorsprung“ der Unternehmensethiker gegenüber den Unternehmen-spraktikern bezüglich der unternehmerischen Gewinnmaximierungsmöglichkeiten aus –was u. E. eher vermessen sein dürfte, denn: „Man muss sich (…) wundern, welche Blindheitfür Gewinnchancen bei dieser Konzeption den Unternehmen unterstellt wird“ (Schreyögg2008, S. 131).

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Der Business Case kann zum anderen aber auch als eineArt doppelte Beruhigungstaktikverstanden werden – dies insofern, als dieser Ansatz beruhigende Botschaften an zweizentrale Adressaten ausgibt:

• So bedeutet der Business Case der ethisch sensibilisierten und ob der evidenten sozial-ökologischen Folgewirkungen des unternehmerischen Handelns zunehmend besorgten(Zivil-)Gesellschaft (vgl. Abschn. 1): „Über kurz oder lang wird alles gut!“ Dies ebendeshalb, weil erfolgsorientierte (und das heißt: alle) Unternehmen sich unethischeVerhaltensweisen strategisch schlicht nicht leisten können bzw. weil der Weg zu höhe-rem Unternehmenserfolg nur über mehr Unternehmensethik führt. Das Motto „Ethikmacht sich bezahlt!“ steht damit gleichsam für einen „comforting slogan“ (Paine 2000,S. 329) oder ist gar „a strategy for presenting a friendlier face to the public“ (Doane2005, S. 24). Ob diese Strategie (oder Taktik) erfolgreich sein wird, ist eine offene Fra-ge. Entscheidend dafür wird sein, ob die Menschen wirklich zu glauben bereit sind,dass Unternehmensethik – „von der Achtung der Freiheit und Würde jeder Person undder Einhaltung der Menschenrechte über die Verhinderung betrügerischen Verhaltensund die Vermeidung ökologischer Schäden bis zur Chancengleichheit, zur gerechtenVerteilung der Einkommen, überhaupt zu einem fairen Umgang mit allen Stakehol-dern“ (Thielemann 2008, S. 233) – sich für Unternehmen immer und überall pekuniärauszahlt und eben deshalb praktiziert wird.

• Der Business Case hält darüber hinaus aber auch eine beruhigende Botschaft für dieTheorie und Praxis der Unternehmensführung bereit, die kurz gesprochen lautet: „Al-les Wesentliche – sprich: das strikte Gewinnmaximierungsstreben sowie die rein stra-tegische Denkungsart – kann so bleiben, wie es ist!“ (vgl. Kuhn 2010; Thielemann2009, S. 148). Mit anderen Worten: Unternehmensethik verweist auf keine neuarti-ge Zielsetzung und auch auf keine zusätzliche Aufgabenstellung der Unternehmen,sondern kann im Rahmen der „normalen“ Managementtätigkeit hinreichend (mit-)bearbeitet werden kann. Für eine solche Unternehmensethik spricht einerseits: Sieist kein „Fremdkörper“, sondern unmittelbar in die herrschende Theorie und gängi-ge Praxis der Unternehmensführung integrierbar (vgl. dazu Küpper 2005, S. 849 f.),und verheißt zudem auch noch eine Art „solution to endless debate about the socialrole and responsibility of the firm“ (Margolis und Walsh 2001, S. 4 f.). Für eine sol-che Unternehmensethik gilt andererseits aber auch: Sie mutiert zu einer verkapptenbetriebswirtschaftlichen Funktionslehre und produziert „Erkenntnisse“, die über denState of the art von betriebswirtschaftlichen Forschungsfeldern wie Corporate Com-munication, Reputational Risk Management oder auch Human Resource Managementletztlich kaum hinausreichen (vgl. Schreyögg 2008, S. 131; Vogel 2005, S. 37 ff.). Hierstellt sich dann in der Tat die Frage, ob es einer solchen Unternehmensethik überhauptbedarf? (vgl. Albach 2005; Thielemann und Weibler 2007).

4 Vom Business Case zum Integrity Case – Unternehmensethik als Moralisierungdes Managements und Legitimierung des Gewinns

Legitimes Gewinnstreben ist stets moralisch begrenztes Gewinnstreben (Ulrich 2008,S. 450).

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Das Thema Unternehmensethik erhält seine gesellschaftliche Bedeutung durch die vielfäl-tigen und zunehmend als problematisch bewerteten sozialökologischen Folgewirkungendes unternehmerischen Handelns. Zentrales Ziel der Diskussion über Unternehmensethikist es von daher, möglichst klare Konturen einer Unternehmensführung zu zeichnen, dieinsofern besser als die herkömmliche ist, als sie die ethisch problematischen Folgewirkun-gen des unternehmerischen Wirtschaftens nicht noch weiter verschärft, sondern bewusstund nachhaltig auf deren Lösung hinarbeitet (vgl. Abschn. 1). Der Business Case vermagsolche Konturen, wenn überhaupt, bestenfalls in Ansätzen zu zeichnen (vgl. Abschn. 2und 3). In Anbetracht dessen wollen wir nunmehr eine – als Integrity Case7 bezeichnete –unternehmensethische Alternative skizzieren, die u. E. auf eine ethisch bessere Unterneh-mensführung verweist und sich insbesondere dadurch vom Business Case unterscheidet,als sie entschieden eine Moralisierung des Managements und eine Legitimierung der Ge-winne einfordert. Was sich hinter diesen Postulaten verbirgt, wollen wir im Folgendenausführen.

4.1 Von der Moralisierung der Märkte zur Moralisierung des Managements

Der Business Case geht, wie bereits angesprochen (vgl. Abschn. 2.2), von einer fort-geschrittenen Moralisierung der Märkte aus, die sich in dezidiert ethisch orientiertenVerhaltensweisen seitens der unternehmerischen Anspruchsgruppen äußert. So wird bei-spielsweise darauf verwiesen, dass Menschen als „ethische Konsumenten“ bevorzugt fairgehandelte (und dafür teurere) Produkte kaufen (vgl. bspw. Busse 2006; Grimm 2008)oder angesichts inhumaner Arbeitsbedingungen bei bestimmten Unternehmen die Pro-dukte eben dieser Unternehmen boykottieren (vgl. bspw. Palazzo 2001; Fombrun et al.2000). Vergleichbares gilt für ethisch orientierte Investoren oder auch für ethisch moti-vierte Mitarbeiter. Diesbezüglich geht beispielsweise Leisinger (2003, S. 243) davon aus,dass Mitarbeiter sich im Falle illegitimer Handlungsweisen seitens ihres Unternehmens„nach anderen Beschäftigungsmöglichkeiten in anderen Unternehmen umsehen“, sie alsogegebenenfalls ihr ganzes Leben (Arbeitgeber, Arbeitstätigkeit, Arbeitsort, Arbeitskolle-gen, u. ä. m.) „umkrempeln“ – nur um ihrer ethischen Verantwortung zu entsprechen.Auch wenn diese Vorstellungen teilweise etwas idealistisch erscheinen (vgl. Abschn. 3.2)– zumindest postuliert der Business Case damit eine Art wirtschaftsbürgerliche Integritätder Einzelnen, die sich darin äußert, „dass sie ihr privates Tun, mithin auch ihr privatwirt-schaftliches Erfolgsstreben, (..) von dessen Legitimität (…) abhängig machen“ (Ulrich2010, S. 77).

Blickt man demgegenüber auf die Vorstellung des Business Case bezüglich der in denUnternehmen verantwortlichen Unternehmer bzw. Top-Manager, dann ist festzustellen,dass diese Personengruppe – und sie alleine – so gesehen wird, als ob sie bar aller mo-ralischen Anschauungen und Einsichten nur darauf aus- (oder ab-?)gerichtet wäre, denfinanziellen Erfolg des von ihnen geführten Unternehmens zu maximieren. Mit anderenWorten: Die Unternehmensführenden verspüren gemäß des Business Case ausschließ-lich eine Gewinnverantwortung, fällen ihre Entscheidungen entsprechend nur im Hinblickauf die daraus (vermutlich) resultierenden (vor-)ökonomischen Wirkungen und befindenschlussendlich nur jene unternehmerischen Handlungsweisen für „gut“, mittels derer sichdas meiste Geld verdienen lässt (vgl. Abb. 4). Im Gegensatz zu den unternehmerischen

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Abb. 4: Moralisierungdes Managements –Begriffsbestimmung

Verantwortungen

Entscheidungen

Gewinn-Verantwortung

GesellschaftlicheVerantwortung

„gutes“ Handeln

anständig Geldverdienen

Geld anständigverdienen

Moralisierung des Managements

lebenspraktische(soz.-ökolog.) Wirkungen

(vor-)ökonomischeWirkungen

Anspruchsgruppen wird das Management damit weiterhin – ganz im Sinne des Homo oe-conomicus – von jedweden eigenen moralischen Befindlichkeiten und Bestrebungen bzw.von jedwedem Streben jenseits des Gewinnstrebens „freigesprochen“, weshalb Thiele-mann (2008, S. 234) den Business Case treffend als eine (Unternehmens-)Ethik ohne Moralbezeichnet.

Der Integrity Case bricht mit diesem eigentümlich gespaltenem Menschenbild undfordert – analog zur Moralisierung der Märkte – entschieden ethisch orientierte Verhal-tensweisen auch und gerade auf Seiten des Managements. Unternehmensethische Ent-wicklungsperspektive sollte mithin eine Moralisierung des Managements (vgl. Abb. 4)sein, die dadurch bestimmt ist, dass die Verantwortlichen in den Unternehmen nicht nureine Gewinnverantwortung, sondern zudem auch eine ausgeprägte gesellschaftliche Ver-antwortung verspüren, weshalb sie ihre Entscheidungen nicht nur im Hinblick auf deren(vor-)ökonomische Wirkungen, sondern stets auch mit umfassendem Bedacht auf derenlebenspraktische (soziale und ökologische) Wirkungen treffen. Einem Unternehmer oderManager mit Moral geht es damit letztlich, pointiert gesprochen, nicht darum, anständigGeld, sondern Geld anständig zu verdienen (vgl. Ulrich 2009, S. 1).

Ein Missverständnis wäre es dabei, eine Moralisierung des Managements mit einemuneingeschränkten Altruismus gleichzusetzen. Vielmehr ist die verbreite Vorstellung vonder unbedingten Alternative zwischen reinem Egoismus oder reinem Altruismus zu über-winden und klar zu erkennen, dass Moralität bzw. Integrität (nicht nur) des Managementsauf die praktische Möglichkeit eines vernünftigen Nebeneinanders von Eigensinn und Ge-meinsinn verweist. Mit Vogel (2005, S. 28) gesprochen sind moralische Unternehmer undManager mithin „individuals with strong personal social commitments who regarded theirbusinesses both as vehicles to make money and as a means to improve society“. Was siehierfür vor allem bedürfen, ist die Fähigkeit, „das eigene Vorteils-, Nutzen- oder Gewinn-

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streben vom bürgerlichen ,Selbstverständnis‘ als guter oder ,anständiger‘ Bürger nichtabzuspalten, sondern die privaten Partikularinteressen nur so weit zu verfolgen, wie sieden Legitimitätsbedingungen der Bürgergesellschaft entsprechen“ (Ulrich 2009, S. 18).Moralität korrespondiert so gesehen unmittelbar mit Legitimität – ein Konnex, auf denwir im Nächsten eingehen wollen. Zuvor aber möchten wir noch betonen, wie überausbemerkenswert es ist, dass der Business Case als herausragender Ansatz innerhalb derDebatte über die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen (CSR) tatsächlich aufdas Naheliegendste und das Selbstverständlichste überhaupt verzichten zu können meint –nämlich auf ein gesellschaftliches Verantwortungsbewusstsein seitens der Unternehmens-führenden. Über die Gründe hierfür mag man spekulieren. Ein wichtiger könnte u. E. darinliegen, dass eine Moralisierung des Managements natürlich auf einen klaren Bruch miteinem paradigmatischen Axiom der Ökonomie und der an ihr ausgerichteten betriebswirt-schaftlichen Theorie verweist, nämlich mit dem Menschenbild des Homo oeconomicus.Unternehmensethik als Integrity Case bricht überdies aber auch noch mit einer zweitenmanagementtheoretischen wie -praktischen „Selbstverständlichkeit“ – nämlich mit demunbedingten Streben nach maximalen Gewinnen.

4.2 Von der Maximierung der Gewinne zur Legitimierung der Gewinne

Wie oben angesprochen, besteht der Kern jeden moralischen Handelns darin, das eigeneVorteilsstreben von seiner Legitimität, gleichsam von seiner Sozial- und Umweltverträg-lichkeit abhängig zu machen. Zentrales Moment einer moralischen Unternehmensführungist es entsprechend, dass unternehmerische Gewinnstreben von seiner sozialen und öko-logischen Legitimität abhängig zu machen (vgl. Thielemann 2009, S. 176) – wobei Le-gitimität im Weiteren bedeutet, dass moralische Unternehmer und Manager „ihr Tun vorsich selbst wie vor anderen vertreten und für ,gut‘ befinden können“ (Ulrich 2010, S. 95,H. d.V.).8 Deutlich zu vermerken ist dabei, dass eine Legitimierung des unternehmeri-schen Handelns keine Ergänzung, sondern vielmehr eine Begrenzung des unternehmeri-schen Erfolgsstrebens darstellt. Diesem Missverständnis fallen beispielsweise Steinmannund Löhr (2002, S. 102) anheim, indem sie „den Anspruch (erheben), dass von der Un-ternehmensführung mehr gefordert werden kann als die Gewinnmaximierung allein“. Invergleichbarem Sinne erklärt der vormalige Porsche-Chef Wiedeking (2006), dass „einmöglichst hoher Gewinn (..) doch nicht das einzige Ziel eines Unternehmens sein (kann)“.Das ethische Anliegen solcher Aussagen ist einerseits klar und anerkennenswert. Ande-rerseits sind derlei Aussagen logisch inkonsistent und problematisch insofern, als damitder Eindruck vermittelt wird, dass für Unternehmen beides gleichzeitig ginge: Möglichsthohe Gewinne und möglichst viel gesellschaftliche Verantwortung! Geht man davon aus,dass gewinnmaximales und verantwortungsbewusstes Handeln realiter mehr oder minderkonfligieren (z. B. faire versus sittenwidrige Löhne), dann ist verantwortungsbewusstesHandeln denknotwendig mit der Möglichkeit eines Gewinnverzichts verbunden. DieseErkenntnis ist u. E. insofern wichtig, als Unternehmensführungen absolut bewusst seinsollte, dass moralische Handlungsweisen – eher häufiger denn selten – mit Einbußen anpotenziellen Gewinnen bzw. Opportunitätskosten verbunden sein können. In diesem Sinneist mit Löhr (1991, S. 284) und in gedanklicher Reminiszenz an den „positiven“ Oxymo-ron Case (vgl. Abb. 1) schlicht zu konstatieren: „Ethik kostet Geld“! Durch die (kontra-

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faktische) Erklärung der Ethik als Erfolgsfaktor („Ethik bringt Geld“!) unterschlägt derBusiness Case genau diese Erkenntnis – mit der Konsequenz, dass die Unternehmen-sethikdebatte dadurch, in wenig aufklärerischer Weise, ihres „konfliktären und kritischenCharakters entkleidet (wird)“ (Schreyögg 2008, S. 41). Quasi zur Verdeutlichung der da-mit einhergehenden Abgrenzung zwischen maximalen und legitimen Gewinnen erklärtder Unternehmer Alfred Ritter: „Es gibt eine gerechtfertigte Gewinnerwartung, die einUnternehmen erfüllen kann, ohne andere zu schädigen. Dies ist mein Weg. Und es gibt einRenditestreben, das nur darauf baut, jemanden übers Ohr zu hauen. Dazu zähle ich bei-spielsweise die hohen Gewinnziele von Banken und Hedgefonds der vergangenen Jahre“(Ritter 2008).

Folgt man der Erkenntnis, dass Ethik potenziell Geld kostet, dann stellt sich in prag-matischer Hinsicht resp. für moralische Unternehmensführungen die Frage, ob derlei Ge-winnverzichte im konkurrenzwirtschaftlichen System überhaupt möglich sind. Hinter die-ser Frage steht unmittelbar das unternehmerische Bewusstsein über den systemischen„Sachzwang zum Gewinn“, den Steinmann und Schreyögg (2000, S. 84) wie folgt aufden Punkt bringen: „Gelingt es auf Dauer nicht, die Differenz zwischen Erträgen undAufwendungen positiv zu gestalten und eine ausreichende Rentabilität zu erwirtschaften,führt das schließlich zur Illiquidität und zum zwangsweisen Ausscheiden aus dem Wirt-schaftsprozess (Konkurs).“ Führen legitime Gewinne (strategisch) also unweigerlich inden Konkurs? Die Antwort auf diese unternehmenspraktisch (und letztlich auch unterneh-mensethisch) überaus relevante Frage kann der zitierten Begriffsbestimmung unmittelbarentnommen werden – denn diese stellt fest, dass Rentabilität lediglich „ausreichend“ seinmuss. Mit anderen Worten: Unternehmen können auch diesseits der – aktuell ja ebensohäufig praktizierten wie kritisierten – „Maximierung der Rendite“ (vgl. Köhler 2009, S. 3)resp. des „Prinzips Gier“ (vgl. Der Spiegel 2009) gut und dauerhaft im konkurrenzwirt-schaftlichen System existieren. Man sollte also nicht der Ideologie verfallen, dass realiterso etwas wie ein „Sachzwang zu maximalen Gewinnen“ bestehen würde (vgl. Ulrich 2008,S. 437 ff.; Lorenzen 1989, S. 52 f.). Vielmehr kann und darf man als Unternehmer und Ma-nager durchaus der Überzeugung sein, dass es einen weiten Bereich zwischen maximalenGewinnen und gar keinen Gewinnen (Konkurs) gibt (vgl. Thielemann 2009, S. 82).

Als konzeptionelle Referenz kann in diesem Zusammenhang jene „neue Art von Un-ternehmen“ fungieren, die als „Sozialunternehmen“ bezeichnet werden (Yunus 2008a,S. 33 ff.) und die kurz gesagt dadurch charakterisiert sind, dass sie hinreichende Gewinnemachen, ohne eine Maximierung der Gewinne anzustreben – dies, eben weil „deren Ziel inerster Linie nicht höchst möglicher Gewinn, sondern ein höchst möglicher Nutzen für dieMenschen ist“ (Yunus 2008b).Als praktische Referenz können, korrespondierend dazu, je-ne ethischen Vorbild-Unternehmen gelten (vgl. Abschn. 2.2 und 3.2), die ihr Kerngeschäftaus Integritätsgründen (sic!) nach ethisch gehaltvollen Regeln gestalten (vgl. dazu bspw.Paine 1994; Koch 2007; Forum Wirtschaftsethik 2010) und für die gilt: „Gewinne könntensie auch anders erwirtschaften, vielleicht sogar mehr und schneller. Doch sie haben ihreGeschäftsmodelle an bestimmte Prinzipien geknüpft“ (Koch 2007, S. 167). ProminentenHinweis darauf, dass betriebswirtschaftlich letztlich wohl in keinem Unternehmen jedesGeschäft um jeden (ethischen) Preis realisiert werden muss, gibt nicht zuletzt die Einsichtdes Vorstandsvorsitzenden der Siemens AG, Peter Löscher, der feststellt: „Wir haben ge-nügend Wachstumschancen mit sauberem Geschäft. Man muss nur (…) klar definieren,

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was man nicht will. WelcheAufträge man nicht haben will, welche Kunden gegebenenfallsnicht unsere sind“ (Löscher 2008, S. 182). In deutlicher Abgrenzung zur Kernaussage desBusiness Case ist Unternehmensführungen damit zu bedeuten: Unternehmensethik wird„unterm Strich“ wohl eher Geld kosten als Geld bringen – dies allerdings verbunden mitder Aussicht, dass die Unternehmensgewinne, die dann ausgewiesen werden, auf eineethisch legitime Weise erwirtschaftet wurden.

5 Fazit

The attitude ,business as usual‘ is not an option for our future (Dahlin 2007, S. 365).

Die Debatte über Unternehmensethik ist – aus hier nicht weiter zu bedenkenden Grün-den – bislang dominiert vom unausgesprochenen Bestreben, das unternehmerische „Busi-ness as usual“ (sprich: das Gewinnmaximierungsstreben) keinesfalls in Frage zu stellen.So wurde zunächst mit dem Oxymoron Case eine „Ethik der roten Zahlen“ propagiert– versehen mit der allgemeinen Botschaft: Alle, die von der Gewinnmaximierungspraxisabweichen, müssen im marktwirtschaftlichen System untergehen, denn: Ethik kostet (zuviel) Geld! Insofern, als diese Botschaft handlungstheoretisch grundsätzlich unbefriedi-gend und angesichts zunehmender sozialökologischer Probleme auch handlungspraktischkaum zu vermitteln ist, wurde das unternehmensethische Denken scheinbar kurzerhand„umgedreht“. Der Business Case machte aus der „Ethik der roten Zahlen“ eine „Ethikder schwarzen Zahlen“ – versehen mit der neuen Botschaft: Alle, die Gewinne erzielenund Verluste vermeiden wollen, müssen im marktwirtschaftlichen System ethisch handeln– denn: Ethik zahlt sich aus! Wir haben versucht darzulegen, dass eben dies realiter sonicht stimmt und dass deshalb eine Unternehmensführung, die weiterhin eine Gewinn-maximierung anstrebt, die sozialen und ökologischen Probleme des unternehmerischenWirtschaftens vermutlich nicht entschärft, sondern eher wohl weiter verschärft. Das ge-winnmaximierende „Business as usual“ ist damit – zumindest aus unternehmensethischerSicht – keine Option für die Zukunft.

Wir haben in Anbetracht dessen die These vertreten, dass eine ethisch begründete,sozial und ökologisch verträgliche und damit gesamtgesellschaftlich schlichtweg bessereUnternehmensführung im Kern auf eine Moralisierung des Managements sowie auf eineLegitimierung des Gewinns hinausläuft. Diese Explikationen des Integrity Case sind, zuge-gebenermaßen, keine „Kleinigkeiten“. Denn sie verweisen für die betriebswirtschaftlicheTheorie unmittelbar auf eine Abkehr vom Menschenbild des Homo oeconomicus – und fürdie unternehmerische Praxis auf eine Abkehr vom Gewinnmaximierungsstreben. Bedenktman allerdings, dass der Versuch des Business Case, den lebenspraktisch negativen Folgendes „Business as usual“ durch ein immer weiter fortgeschriebenes „Business as usual“ be-gegnen zu wollen, letztendlich paradox ist – dann ist es nicht mehr weit zu der Erkenntnis,dass die Betriebswirtschaftslehre sowie die sich an ihr ausrichtende Managementausbil-dung und -praxis sich über kurz oder lang paradigmatisch werden neu verorten müssen.Der Integrity Case dürfte spätestens dann als relevanter Orientierungspunkt dienlich sein.

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Anmerkungen

1 Vgl. in diesem Zusammenhang auch die vielzitierten Prinzipien des United Nations Global Com-pact (Menschenrechte, Arbeitsnormen, Umweltschutz, Transparenz und Bekämpfung der Kor-ruption; vgl. United Nations Global Compact o. J.), die vor allem ja wohl deshalb als normativeVorgaben formuliert wurden, weil ihnen in der unternehmerischen Praxis allzu häufig nicht gefolgtwird.

2 So waren beispielsweise in einer Studie, die die britische BBC in Auftrag gab, lediglich 11 %der Befragten aus 27 Ländern der Ansicht, dass der Kapitalismus in seiner derzeitigen Form gutfunktioniert (vgl. Spiegel Online 2009). Eine andere Studie (vgl. Globescan 2007) ergab, dass50 % der BürgerInnen aus 19 Industrie- und Schwellenländern „kein“ oder „nur wenig“ Vertrauengegenüber „global agierenden Unternehmen“ haben – und nur 8 % der Befragten „viel Vertrauen“haben. Eine Befragung der Stiftung Wertvolle Zukunft (Ethik Monitor 2006) ergab schließlich fürdie Bundesrepublik Deutschland, dass nur 11 % der Befragten Vertrauen gegenüber „den großenWirtschaftsunternehmen“ äußerten. Dies ist in etwa der gleiche Prozentsatz wie bei „Fremden,denen Sie das erste mal begegnen“ sowie bei „die Bundesregierung“ und „der Bundestag“. EineAnschlussbefragung für das Jahr 2009 ergab zudem, dass 70 % der Befragten Großbanken „we-nig/kein Vertrauen“ schenken, wohingegen 6,7 % diesen Institutionen noch Vertrauen entgegenbringen (Ethik Monitor 2009).

3 Nico Stehr bestimmt den Begriff allerdings etwas abweichend zu unserem Verständnis (vgl. Stehr2007, S. 41 ff.).

4 „Das durchschnittliche Einkommen der zwanzig höchstbezahlten Finanzmanager in den USAbelief sich im Jahr 2006 auf 650 Mio. Dollar und stieg im Jahr darauf, also im Jahr vor der Krise,auf fast eine Milliarde US-Dollar an, wohlgemerkt pro Kopf“ (Nida-Rümelin 2008; vgl. zu denaktuellen – und nochmals höheren – Einkommen: NZZ Online 2010).

5 www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/0,1518,druck-678963,00.html, zugegriffen am 4. Juli2010.

6 www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,702755,00.html, zugegriffen am 4. Juli 2010.

7 Wir verwenden diesen Begriff in Anlehnung an Peter Ulrich, der im individualethischen Kontext„integre Wirtschaftsakteure“ mit einer „ethisch integrierten Erfolgsorientierung“ einfordert (vgl.Ulrich 2010, S. 95).

8 An diesem Punkt entzündet sich eine weitere Diskussion innerhalb der Unternehmensethikde-batte, nämlich jene bezüglich der Frage, ob die Bestimmung des ethisch richtigen Handelns einerUnternehmung als (Gewissens-)Entscheidung des Managements – gleichsam in monologischenProzessen – erfolgen darf, oder ob es eben hierzu regelmäßig dialogisch-kommunikativer Ent-scheidungsprozesse bedarf, an denen möglichst alle Handlungsbetroffenen (Stakeholder) zu betei-ligen sind. Ohne auf diese Diskussion hier näher eingehen zu wollen (vgl. Ulrich 2008, S. 473 ff.;Steinmann und Schreyögg 2000, S. 103 ff.; Scherer und Palazzo 2007; Leisinger 2009, S. 97 ff.),sei zumindest die Anmerkung gemacht, dass für bestimmte unternehmensethische Handlungs-orientierungen (z. B. Umsetzung eines höheren Umweltschutzes, Verzicht auf betriebsbedingteKündigungen, anspruchsvollere Arbeitstätigkeiten, geringere „CEO-to-worker-pay-ratio“ – vgl.zum Begriff: Thielemann 2006) u. E. eine ethische Richtigkeitsvermutung gelten kann und „ein-same“ Entscheidungen des Managements also zumindest dann als unproblematisch angesehenwerden können, wenn sie durch eine solche Handlungsorientierung ausgezeichnet sind.

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Is ethics a success factor? Business ethics between the conflicting prioritiesof the oxymoron case, the business case and the integrity case

Abstract: For a number of years now, public awareness of the social and ecological consequencesof the drive to make profit in business—a goal pursued in some cases by radical means—has beco-me increasingly acute. Accordingly, business endeavors nowadays face a full-blown legitimizationcrisis. This development is accompanied by a flourishing debate on business ethics, or CorporateSocial Responsibility (CSR), the main objective of which is to evolve perspectives for a businessmanagement culture that is ethically legitimate,—or from a social viewpoint quite simply better. Aprominent place in the debate on business ethics is currently occupied by what is referred to as thebusiness case for CSR, whose credo is: Ethics is a success factor! At first sight this approach appearspersuasive—after all, it promises more profit for profit-oriented businesses along with more ethicsfor an ethically sensitized society. But a more careful look lays it open to criticism. On the one hand,this is because—in pragmatic terms—it presupposes a business-specific sanction mechanism that intoday’s real world works rudimentarily at best; on the other hand, it is because—in programmaticterms—it demands only a moralization of the markets, but not a moralization of management. Inother words, the way in which the business case goes about solving the problems of business ethicsrelies on the very same exclusive (radical) profit orientation on the part of management that can beregarded as the root cause of the problems in the first place. In contrast to this position, we arguethat an ethically better management culture presupposes a moralization of management, which inturn implies a legitimization of profit.

Keywords: Business ethics · Corporate Social Responsibility · Business case · Management ·Strategic management · Stakeholder · Profit


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