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Ist Deutsch eine Weltsprache?

Date post: 11-Jan-2017
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Ist Deutsch eine Weltsprache? Source: Monatshefte für deutsche Sprache und Pädagogik, Vol. 8, No. 10 (Dec., 1907), pp. 324- 326 Published by: University of Wisconsin Press Stable URL: http://www.jstor.org/stable/30166815 . Accessed: 20/05/2014 13:04 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . University of Wisconsin Press is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to Monatshefte für deutsche Sprache und Pädagogik. http://www.jstor.org This content downloaded from 194.29.185.249 on Tue, 20 May 2014 13:04:34 PM All use subject to JSTOR Terms and Conditions
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Ist Deutsch eine Weltsprache?Source: Monatshefte für deutsche Sprache und Pädagogik, Vol. 8, No. 10 (Dec., 1907), pp. 324-326Published by: University of Wisconsin PressStable URL: http://www.jstor.org/stable/30166815 .

Accessed: 20/05/2014 13:04

Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at .http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp

.JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range ofcontent in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new formsof scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected].

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University of Wisconsin Press is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access toMonatshefte für deutsche Sprache und Pädagogik.

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Monatshefte fir deutsche Sprache und Pidagogik.

Ist Deutsch eine Weltsprache? trber diese Frage schreibt Jakob Brodbeck-Arbenz aus Zollikon-Ziirich in dem Maihefte der ,,Zeitschrift des Allg. Deutschen Sprachvereins" folgendes:

Man darf unter dem Ausdruck Weltsprache nicht etwa eine Sprache verstehen, die in der ganzen Welt Geltung hitte, und mit der man iiberall ohne wesentliches Hindernis auskiime. Eine solche Sprache hat es nie gegeben, sie besteht heute noch nicht, und sie ist auch kaum zu erwarten. Wie sich der einzelne oder eine Familie oder eine Gegend aufarbeitet, um splter wieder von der erreichten Hihe zu sinken oder iiberholt zu werden, ebenso geht es, das lehrt die Weltgeschichte, jedem Volke und seiner Sprache. Auch diese vermag nur eine begrenzte Bedeutung zu erlangen; nie wird sie die ganze Welt beherrschen, nie iiberall gekannt sein. Welt- sprache kann daher bloss eine Sprache bedeuten, die sich, sei es durch die Macht oder Verbreitung eines Volkes, sei es durch dessen Verkehr und Bildung, eine solche Bekanntheit erworben hat, dass sie als Vermittlungs- sprache zwischen Angeharigen wenigstens einiger fremder V51ker dient. Zuweilen iiberleben solche Weltsprachen, so die lateinische, auf Jahrhun- derte hinaus ihre Vb1ker.

Wie beschrinkt indessen der Wert sogar einer Weltsprache ist, geht aus dem Beispiel hervor, dass die meisten Englinder in ihrem Englisch, heute doch der hervorragendsten Handels- und Verkehrsprache, schon in Calais, dem ihnen zunichst liegenden grossen Verkehrspunkte des euro- piischen Festlandes, mit dem franz6sischen Eisenbahnschaffner nicht mehr reden kinnen. Und doch spricht auch dieser eine Weltsprache. Ferner mag in Osterreich-Ungarn, das von der franz6sischen Sprachgrenze immerhin nicht allzu ferne liegt, noch so mancher Gasthof einen fran- zisischen Namen tragen oder dem Gaste eine (meist falsch geschriebene) franzisische Speisekarte darbieten, der Franzose wird im Lande der Kiimpfe gegen das Deutschtum selbst in den Gasthiusern, geschweige denn im iibrigen Verkehr, ohne einige Kenntnis der deutschen Sprache kaum durchkommen. Ein bisschen Tschechich, Madjarisch oder Kroa- tisch wire ihm da zumeist niitzlicher als Franzbsisch.

Ist nun das Deutsche anch eine Weltsprache? Ich denke, die Frage ist anstandlos zu bejahen, so oft das auch bezweifelt oder angefochten wird.

Da haben wir vorerst ein zusammenhiingendes grosses deutsches Sprachgebiet. Vom Alpenkamm und von der Nithe des Adriatischen Meeres bis zum Strand der Nord- und Ostsee, von den belgischen Ar- dennen bis Memel und hinein nach Ungarn herrscht das Deutsche. Grosse deutsche Sprachinseln, oft grasser als ein mittlerer Schweizerkanton und bewohnt und bebaut von den Nachkommen alter deutscher Ansiedler, lie- gen ferner zu Hunderten ausgestreut in slowenisches, kroatisches, mad-

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jarisches, rumiinisches, ruthenisches, slowakisches, tschechisches, polni- sches, lettisches, russisches und anderes Sprachgebiet. Xhnlich verhillt es sich in Nord- und Siidamerika, wo Millionen Deutsche wohnen, auch Tau- sende von Negern deutsch sprechen. Im ganzen besteht die deutsche Be- v6lkerung der Erde aus 84 Millionen Seelen, withrend Englisch als Mut- tersprache von ungefiihr 125 Millionen, Franziisisch aber nur von etwa 44 Millionen Menschen geredet wird. Dabei bleibt sich die Bev6lkerung Frankreichs in den letzten Jahrzehnten fast gleich, die des deutschen Reiches aber nimmt jThrlich um 700 bis 800,000 Einwohner zu.

Auch in Handel und Verkehr steigt die Bedeutung unserer Sprache michtig. Gewerbe und Ausfuhrhandel Deutschlands haben sich seit 1871 ausserordentlich entwickelt, und damit ist auch der Wert der deutschen Sprache gestiegen, denn die Welt wird heute vom Verkehr beherrscht. Das Deutsche Reich steht jetzt im Welthandel an zweiter Stelle, unmittel- bar hinter England und noch vor den so gewaltigen und titigen Vereinig- ten Staaten von Amerika. Entsprechend hat sich auch die deutsche Han- delsflotte vermehrt; ebenso wird auf die Stirkung der Seemacht hin- gearbeitet. Neben dem Deutschen Reich kommen im Welthandel fiir die deutsche Sprache in Betracht: das zum grossen Teil deutschsprachige Osterreich und die Schweiz, dann auch teilweise Nordamerika. Ausser im Verkehr zwischen den vorwiegend deutschsprachigen Lindern dient Deutsch als Vermittlungssprache namentlich im Aussenhandel Ungarns, Russlands, Hollands nmad ganz Skandinaviens; in Belgien, in Rumiinien, auf der Balkanhalbinsel und in Kleinasien macht es grosse Fortschritte. Eine Menge fiber die ganze Erde zerstreuter reichsdeutscher, deutsch- schweizerischer und anderer Handelsh~iuser gebraucht vielfach ebenfalls Deutsch als eine der wichtigsten Geschiftssprachen. Als im Jahre 1905 die von allen Ecken und Enden der Welt herbeigestrimten Juden, ein Handelsvolk ersten Ranges, ihren Zionistenkongress in Basel abhielten, erwihlten sie Deutsch zur Verhandlungssprache. Das ,,Schweizerische Kaufminnische Zentralblatt", das die vielen offenen P1itze veriffentlicht, die das Stellenvermittlungsamt des Kaufmiinnischen Vereins im In- und Ausland zu besetzen hat, bezeichnet die Kenntnis der deutschen Sprache fast stets als eine Hauptbedingung fiir die Bewerber.

Auch in der Wissenschaft hat deutsche Gelehrsamkeit unserer Mut- tersprache eine machtvolle Stellung verschafft, wohl die erste unter den lebenden Sprachen iiberhaupt; es gibt ja kaum ein wichtigeres Werk mehr, das nicht entweder gleich deutsch erschiene oder doch sofort ins Deutsche iibersetzt wiirde. Der fremde Gelehrte, der Deutsch versteht, iiberschant demnach mit dieser Sprache alle wichtigeren Vorg~nge in seinem Fache. Russische Gelehrte haben schon vorgeschlagen, dass man Deutsch als Weltsprache fiir die Chemie bestimme.

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Monaztshefte fiir deutsche Sprache und Pidagogik.

Dem Buche ,,Der deutsche Buchhandel und seine Abnehmer" von Dr. Theodor Petermann in Dresden entnehme ich auch sehr wertvolle vergleichende Angaben iiber den Weltbuchhandel. Darnach steht das Deutsche Reich, von Osterreich und der Schweiz ganz abgesehen, im Wert der Ein- und Ausfuhr weit vor Frankreich, England und den Yereinigten Staaten von Amerika. Mit der Anzahl der Verlagswerke verhilt es sich iihnlich. Es erschienen z. B. im Jahre 1901: 25,331 deutsche, aber nur 10,133 franzbsische und zusammen 13,184 englische und nordamerikani- sche Werke. Ziihlt man bloss die Biicher der sog. Fakultitswissenschaften

(Theologie, Staate- und Rechtswissenschaft, Heilkunde), so weist Deutsch 6240, Franz6sisch 3092 und Englisch (England und Nordame- rika zusammen 1979 Werke auf. Daraus geht klar hervor, dass Deutsch- land zur Zeit der Mittelpunkt des Weltbuchhandels ist und dass auf der Welt am meisten deutsche Biicher gedruckt und daher wohl auch gelesen werden.

In richtiger Wiirdigung dieser Umstinde hat denn auch ein grosser Tell der auslindischen hiheren Schulen Deutsch als Pflichtfach einge- fiihrt; mancherorts steht es als Fremdsprache an erster Stelle, noch vor

Englisch und Franzasisch. Namentlich die Vereinigten Staaten von Ame- rika, Chile, Argentinien, Japan und Frankreich schenken heutzutage - wenn auch nicht stets aus Liebe - unserer Sprache grosse Aufmerksam- keit, von den germanischen Staaten Holland, Diinemark, Schweden und Norwegen gar nicht zu sprechen. Da wird an Hochschulen oft ohne wei- teres deutsch gelesen. Der Dline schreibt dem Serben, der Russe dem HIol- lnder, der Madjare dem Amerikaner in der Regel deutsch. Im russisch-

japanischen Kriege konnten sich die Berichter auch der franz6sischen Zeitungen mit den japanischen Offizieren fast nur auf englisch oder deutsch verstlindigen. Es darf daher ohne tberhebung behauptet werden: Deutsch ist eine Weltsprache.

Neujahslauten.

Wenn wiederum der Monde Lauf vollbracht, Und wieder hallt aus erznem Glockenmunde Der tausendstimm'ge Sang der Mitternacht:

Ein Abschiedsgruss so mancher Freudenstunde, Ein Lebewohl dem ausgeklungenen Jahr, Das manches Gliick gebracht - und manche Wunde

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