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ISSN 1613-8902 CAMPUS:REDEN 7 - uni-due.de

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7 AKADEMISCHES JAHR 2007/08 CAMPUS:REDEN ISSN 1613-8902
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7AKADEMISCHES JAHR 2007/08

CAMPUS:REDENISSN 1613-8902

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Akademische Festveranstaltungzur Rektoratsübergabeund Inauguration von Ulrich Radtkeals Rektor der Universität Duisburg-Essenam 23. April 2008

HENNING OSTHUES-ALBRECHT: 3

Begrüßung

ANDREAS PINKWART 11

WOLFGANG REINIGER 19

ADOLF SAUERLAND 25

OTHMAR N. HABERL 31

BORIS SCHÖN 39

Grußworte

LOTHAR ZECHLIN: 45

Abschiedsrede

ULRICH RADTKE 53

Inaugurationsrede

INHALT

Innen- und Außenansichten der Universität Duisburg-Essen begleiten dieses Heft zur Inauguration ihres zweitengewählten Rektors, Professor Ulrich Radtke. Andre Zelckfotografierte aus diesem Anlass nicht die Initiatoren undTeilnehmer des Festaktes, sondern machte sich auf denWeg durch die Hochschule. Es entstanden Gebäudean-sichten in Duisburg und Essen, Bilder der Menschen, diesich auf dem Hochschulgelände bewegen, Fotografien inHörsälen, Seminarräumen und Laboren – bewusst ver-wischt. Es entstand das Bild einer Universität inBewegung.

Die Universität Duisburg-Essen ist im Jahre 2003 aus derFusion zweier bis dahin selbstständiger Hochschulen ent-standen. Mancher mag in den Fotografien dieses Heftesein Symbol für den Umstrukturierungsprozess derGründungsphase sehen. Gemeint ist auch etwas anderes,nämlich die Aufgabe, die Universitäten seit jeher zu erfül-len haben: die der Motoren des gesellschaftlichenWandels – immer in Bewegung.

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BEGRÜSSUNG

DR. HENNING OSTHUES-ALBRECHT

Vorsitzender des Hochschulratesder Universität Duisburg-Essen

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ßerordentlich verantwortliche Aufgabe eines Rektors hin-gewiesen – wie viel Würde und Bürde das Amt in sich hat,wird uns Professor Zechlin nachher schildern.

Ich möchte an dieser Stelle dem scheidenden Rektor undseinen Prorektoren für ihr großes Engagement und für dieerfolgreiche Amtsführung danken. Es waren in der erstenAmtsperiode Professor Rueß – nun mein Kollege im Hoch-schulrat – sowie die Professoren Solbach, Leisten undHasselbrink. Letzterer hat dann zusammen mit seinen Kol-legen Fischer und Kerres sowie mit Frau Dr. Lotz-Ahrensdie zweite Periode begleitet. Besonderer Dank richtet sichauch an den Kanzler, Herrn Dr. Ambrosy, der als Chef derVerwaltung für viele notwendige Innovationen gesorgt hat.

In den letzen Jahren wurde viel erreicht:

Die Fachbereiche haben sich neu aufgestellt, organi-siert und dabei auch konzentriert. Zudem wurde dieHochschule durch zwei forschungsstarke Einrichtun-gen – das Kulturwissenschaftliche Institut und dasInstitut für Arbeit und Qualifikation – verstärkt.

An beiden Campi wurden zwei komplementäre Profil-schwerpunkte gebildet. Jetzt gilt es, die Forschungs-fähigkeit unserer Universität zu profilieren und nachaußen hin zu kommunizieren.

Die Umstellung auf die neuen Studiengänge im Rah-men des Bologna-Prozesses ist so gut wie vollzogen.Auf dieser Basis sind die Attraktivität des Studienan-gebotes zu stärken und der Abschlusserfolg der Stu-dierenden zu erhöhen.

Der Umbau der Universität zu einem selbstständigenWissenschaftsbetrieb ist in die Wege geleitet: DasGlobalbudget wurde eingeführt, ein umfassendes Qua-litätsmanagement installiert, die Personalentwicklungsystematisiert und das Controlling etabliert. Die Uni-versität Duisburg-Essen ist federführend in Nordrhein-Westfalen bei der Einführung des kaufmännischenRechnungswesens.

BEGRÜSSUNG

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

herzlich willkommen zur Rektoratsübergabe und zur Inau-guration des neuen Rektors!

Wir freuen uns besonders, dass Sie, Herr Professor Pink-wart, persönlich gekommen sind und als Minister fürInnovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie desLandes Nordrhein-Westfalen Ihre hochschulpolitischenBewertungen und Einschätzungen darlegen.

Ich begrüße die Oberbürgermeister der Städte unserer bei-den Campi, Herrn Dr. Reiniger und Herrn Sauerland.

Sehr geehrter Herr Senatsvorsitzender Professor Haberl,lieber Herr Professor Zechlin,Magnifizenz, lieber Herr Professor Radtke,verehrte Rektoren befreundeter Universitäten,ehemalige Rektoren und Ehrensenatoren dieser Universität,liebe Hochschulangehörige, Vertreter der Hochschulgremien,der Politik, der Kirchen, der Wirtschaft sowie der Presse! Ich begrüße die Studierenden, namentlich den Vorsitzendendes AStA, Herrn Schön.

Besonders freut mich, dass ich die Repräsentanten unsererFördervereine, Herrn Dr. Melchior und Herrn Witte, be-grüßen kann.

Ich bitte um Verständnis dafür, dass ich unsere prominen-ten Gäste aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft nichtalle namentlich nennen kann – die Liste ist sehr lang. Ichmöchte aber nicht versäumen, Sie alle als Freunde zu be-grüßen, Freunde, die unsere Hochschule gerade in denZeiten der Neuaufstellung tatkräftig unterstützt haben. Ihre Anwesenheit ehrt uns!

Bei der Einführung von Professor Zechlin in sein Amt vorviereinhalb Jahren hat der damalige Präsident der Hoch-schulrektorenkonferenz, Professor Gaehtgens, auf die au-

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Wir freuen uns, dass wir Professor Radtke als neuen Rek-tor der Universität Duisburg-Essen gewinnen konnten. Er genießt als Wissenschaftler einen exzellenten Ruf undwar – das ist für seine neue Aufgabe besonders wichtig –sehr erfolgreich im wissenschaftlichen Hochschulmana-gement. Das hat uns alle überzeugt und zu einem einstim-migen Votum im Hochschulrat geführt. Auch die Bestäti-gung durch den Senat erfolgte einstimmig.

Im Studium – Biologie, Geographie und Geschichte sowiePhilosophie und Pädagogik – breit interessiert, promovier-te Professor Radtke 1983 mit einer Arbeit auf dem Gebietder Physischen Geographie. Zügig folgte die Habilitationim Jahre 1988, mit der ihm die venia legendi im Fach Geo-graphie verliehen wurde. Schließlich, obwohl es ihn fach-lich schon um die ganze Welt getragen hatte – Italien, Süd-amerika, Barbados –, wagte er 1990 den Sprung in den

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Die mit dem Land getroffenen Ziel- und Leistungsver-einbarungen wurden auf die einzelnen Bereiche derUniversität herunter gebrochen; damit entstand einneues hochschuladäquates Managementsystem.

Wir sind stolz auf das Erreichte, vor allem darauf, dasswir die bisher einmalige Fusion zweier Universitäten inDeutschland erfolgreich bewältigt haben. Dies geschah ineiner Zeit, in der sich die Hochschullandschaft auf GrundIhrer Initiative, sehr geehrter Herr Minister, hin zu Auto-nomie und Wettbewerb veränderte.

Professor Zechlin war Gründungsrektor der 2003 neu ge-gründeten Universität Duisburg-Essen. Wir danken ihmfür sein großes Engagement, für seine überaus strapazier-fähigen Nerven, seine – unter Berücksichtigung der jewei-ligen Standorteigenwilligkeiten – getroffenen abgewoge-nen Entscheidungen.

Lieber Herr Zechlin, Sie brachten Ihre Erfahrungen ausHamburg und Graz in die Waagschale zwischen Duisburgund Essen. Sie waren ehrlicher und neutraler Mittler undGestalter des Fusionsprozesses. Sie hatten eine klare Sichtfür die Notwendigkeiten, aber auch die Sensibilität für Kom-promisse. Dazu haben Sie mit Ihrer kommunikativen Per-sönlichkeit, aber auch mit Kompetenz und Führungsstärkedie notwendigen Entscheidungen herbeigeführt. Wir freuenuns, dass Sie uns noch einige Jahre als „normaler“ Profes-sor im Institut für Politikwissenschaft erhalten bleiben.

Bei Ihrer Einführung hat der damalige Senatsvorsitzendeund Essener Altrektor, Professor Lehmann, die UniversitätDuisburg-Essen, wie sie sich damals zeigte, in humorvol-lem Sinne mit zwei gebrauchten Kleinwagen verglichenund gehofft, dass Sie, lieber Herr Zechlin, daraus „einenKraftwagen für schweres Gelände“ fertigen würden. Die-ses Ziel ist fast erreicht: Chassis, Motor und Karosseriesind in der Endmontage. Aber das Gelände, auf dem wiruns in den nächsten Jahren bewegen, ist durch den zuneh-menden nationalen und internationalen Wettbewerb holp-riger und schwieriger geworden. Sie, Herr Minister, undSie, Herr Radtke, werden darauf eingehen.

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ben“ werden. Sie, lieber Herr Radtke, bringen mit Ihrerbreit fundierten Erfahrung beste Voraussetzungen mit, diedifferenzierten Wissenschaftskulturen an dieser Universitätin Lehre und Forschung fortzuschreiben, damit sie sichzur vollen Stärke entfalten und den Anforderungen der Zu-kunft begegnen können.

Seit letzten Freitag haben Sie auch Ihr Team stehen. Mitdem Historiker Professor Franz Bosbach wird Ihnen erst-mals ein hauptberuflicher Prorektor für Studium und Lehrezur Seite stehen, der als heutiger Vizepräsident an der Uni-versität Bayreuth über breite Erfahrungen verfügt. Mit demPhysiker Professor Michael Farle als Prorektor für Forschung,wissenschaftlichen Nachwuchs und Wissenstransfer setzenSie auf einen ausgewiesenen Forscher und mit der Chemi-kerin Dr. Ingrid Lotz-Ahrens für Ressourcenplanung aufeine erwiesen starke Frau aus dem jetzigen Rektorat.

Die römischen Auguren, die die Vorzeichen deuteten, sag-ten aus dem Vogelflug die Zukunft voraus. Heute nochwünscht man sich in Italien zu feierlichen Anlässen tantiaugurii – in diesem Sinne gratuliere ich Ihnen und wün-sche „viele gute Prophezeiungen“!

Bei der Deutung der Zeichen stehe ich Gott sei Dank nichtallein. Ich freue mich daher, dass der Wissenschaftsminis-ter des Landes Nordrhein-Westfalen, Herr ProfessorPinkwart, heute bei uns ist und uns – neben persönlichenWorten zu Professor Zechlin und Professor Radtke – seineZukunftsvorstellungen darlegen wird.

Sehr geehrter Herr Minister, wir wissen, dass Sie aus Ter-mingründen unsere Veranstaltung etwas eher verlassenmüssen, und freuen uns sehr auf Ihre Ausführungen.

Ihnen, Professor Radtke, ein herzliches „Glück auf“!

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fränkischen Kulturkreis und ging als Lehrstuhlvertreter andie Universität Regensburg. Er wies die Verlockungen derUniversitäten Zürich, Karlsruhe und Bamberg zurück, um1993 den Ruf an die Universität zu Köln anzunehmen. Nachetwa sechs Jahren suchte er neben der Wissenschaft neueHerausforderungen und nahm 1999 das Amt des Dekansder Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät an.

Als Dekan der Mathematisch-NaturwissenschaftlichenFakultät der Universität zu Köln vollzog Professor Radtkeeinen viel beachteten Aus- und Umbau und trieb die Mo-dernisierung voran. Für 135 Professoren, 9.000 Studieren-de, fünf Abteilungen und 15 Institute galt es, Ausbildungund Grundlagenforschung zu sichern, aber auch die Wirt-schaftlichkeit zu fördern.

Dank seiner entscheidenden Mitwirkung als Dekan undals Wissenschaftler gelang es der Mathematisch-Naturwis-senschaftlichen Fakultät in Köln im Rahmen der Exzellenz-initiative sowohl einen Exzellenzcluster als auch eineGraduiertenschule einzuwerben.

Seine Leistungen sind vielfach gewürdigt worden – nichtzuletzt 1995 durch die Aufnahme in die Leopoldina, seitkurzem Deutschlands Nationale Akademie der Wissen-schaften. Sie ist nicht nur die älteste naturwissenschaft-lich-medizinische Gelehrtengesellschaft in Deutschland,sondern auch die älteste dauerhaft existierende naturfor-schende Akademie der Welt.

Die vielen Erfahrungen, die Professor Radtke als Wissen-schaftler und Wissenschaftsmanager gesammelt hat, kom-men ihm in seinem neuen Amt zugute.

Schon vor über 2000 Jahren stellte Platon fest: „Der Be-ginn ist der wichtigste Teil der Arbeit.“ Diese Aussageenthält gleichermaßen Ansporn und Aufmunterung. DerAnfang ist stets der erste Schritt einer Entwicklung, dieauch die Hochschule in der Zukunft nehmen muss, umsich den Herausforderungen des Wettbewerbs um Exzel-lenz zu stellen. Die Fusion ist erfolgreich vollzogen. Diestrukturellen Weichen sind gestellt. Jetzt muss „Gas gege-

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GRUSSWORT

PROFESSOR DR. ANDREAS PINKWART

Minister für Innovation,Wissenschaft, Forschung und Technologiedes Landes Nordrhein-Westfalen

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GRUSSWORT

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich bin heute sehr gerne hierher gekommen, um in diesemfestlichen Rahmen Herrn Professor Radtke in seinem neu-en Amt zu begrüßen und Herrn Professor Zechlin sehrherzlich für das zu danken, was er als Rektor für die Ent-wicklung der Universität geleistet hat.

Wer die Amtszeit von Professor Zechlin als Rektor derUniversität würdigen will, muss vom Management derbundesweit beispiellosen Fusion zweier Hochschulen beilaufendem Lehrbetrieb sprechen.

Die Ausgangssituation war alles andere als einfach:

Beide Hochschulen waren in den siebziger Jahren alsGesamthochschulen gegründet worden.

Jede für sich ging seinerzeit aus der Fusion von Vor-gängereinrichtungen hervor.

Zum Beginn der Fusion im Jahr 2002 hatte die Univer-sität Essen rund 21.000 Studierende, die Gerhard-Mer-cator-Universität Duisburg rund 15.000.

An beiden Hochschulen war damals die Nachfrage inden Fächern Chemie, Physik und in den technischenDisziplinen unter dem Landesdurchschnitt.

Die Abbrecherquoten hingegen waren zum Teil über-durchschnittlich hoch.

Unterdurchschnittlich schnitten die Hochschulen aberbeim Drittmittelaufkommen ab, bei der Einwerbungvon Sonderforschungsbereichen und Graduiertenkollegs.

Zum großen Teil war das in der für die Gesamthochschu-len typischen ungünstigen Personalstruktur begründet, also in der vergleichsweise schlechten Ausstattung mit

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Sie hat ein interdisziplinäres Profil entwickelt mit denSchwerpunkten Nanowissenschaften, Genetische Me-dizin und Medizinische Biotechnologie, EmpirischeBildungsforschung und Urbane Systeme.

Sie hat ein innovatives Hochschulmanagement einge-führt – mit zentral verantworteter strategischer Profil-bildung und dezentraler Selbststeuerung durch Instru-mente wie Ziel- und Leistungsvereinbarungen, Budge-tierung, Controlling und Personalentwicklung.

Sie hat eine kontinuierliche Qualitätsentwicklung eta-bliert – sämtliche Fachbereiche und zentrale Einrich-tungen lassen ihre Ergebnisse, Leistungen und Prozes-se regelmäßig über das Zentrum für Hochschul- undQualitätsentwicklung überprüfen, das unter dem Grün-dungsrektorat von Herrn Zechlin eingerichtet wurde.

Sie hat als bundesweit erste Hochschule Strukturenund Prozesse ihres Rektorats durch ein unabhängigesExpertengremium bewerten lassen.

Sie hat ihre Verankerung in der Region vorangetrieben.

Und sie hat schließlich, gemeinsam mit den anderenbeiden Universitäten der Region, die Universitätsalli-anz Metropole Ruhr gegründet.

Deutlicher könnte man kein Ausrufezeichen hinter die ge-lungene Fusion setzen. Deutlicher könnte man neuen Ko-operationsgeist, Verantwortung für die Zukunft der Metro-pole Ruhr und strategischen Weitblick nicht zum Ausdruckbringen. Deutlicher könnte man nicht zeigen, mit welchemAnspruch im Wettbewerb der Hochschulstandorte mankünftig antreten will.

Ich möchte Ihnen, Herr Professor Zechlin, dem Grün-dungsrektor dieser Universität, ganz herzlich danken. Dassdieser positive Weg der Universität Duisburg-Essen mög-lich wurde, ist in besonderem Maße mit Ihrem Namenverbunden. Die Universität verdankt Ihnen viel, auch dieMetropole Ruhr und das Land Nordrhein-Westfalen.

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Personal im wissenschaftlichen Mittelbau und in der deut-lich höheren Lehrverpflichtung für einen großen Teil derProfessoren.

Der Akt der Fusion als solcher änderte daran zunächst we-nig. Anfang des Jahres 2002 war die Lage der fusioniertenHochschule in Forschung und Lehre – gelinde gesagt –schwierig.

Ich erzähle das deshalb so ausführlich, weil man sich da-ran erinnern muss, wenn man sich vergegenwärtigen will,was in den folgenden Jahren erreicht wurde. ProfessorZechlin selbst beschreibt das ja sehr zurückhaltend, wenner heute resümiert, die kritische Phase, in der die Fusionhätte scheitern können, sei mittlerweile vorüber.

Da kann man ruhig noch etwas nachlegen. Heute darf dieUniversität Duisburg-Essen mit Fug und Recht und auchmit einem gewissen Stolz von sich sagen:

Sie hat in den vergangenen Jahren ihre Chance genutzt,Forschung und Lehre zu stärken und zu profilieren.

Sie hat komplementäre und klare Profile für die bei-den Campi entwickelt.

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wird sich mit Forschung und Nachwuchsförderung inder geplanten nächsten Runde des bundesweitenExzellenzwettbewerbs erfolgreich positionieren,

wird sich zum Motor für die Region entwickeln,

wird neue Modelle entwickeln, um die besten Köpfefür die Hochschule zu gewinnen – Studierende undLehrende.

Sie dürfen darauf vertrauen, dass die Landesregierung die-sen Weg mit Sympathie und tatkräftiger Unterstützung be-gleiten wird.

Zum Schluss: Ich wünsche Ihnen, dass der Zauber langeanhält, der – wie Hermann Hesse sagt – jedem Anfanginnewohnt. Dass er Sie und Ihre Mitstreiterinnen und Mit-streiter in der Universität beflügelt. Und dass Glück undErfolg Sie alle begleiten.

Vielen Dank!

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Sie bleiben Ihrer Hochschule als Professor und Vorsitzen-der des Zentrums für Hochschul- und Qualitätsentwick-lung verbunden. Und freuen sich, wie Sie sagten, jetzt auf„viele spannende Seminare mit Studenten“. Dazu wün-sche ich Ihnen – auch im Namen der Landesregierung –herzlich alles Gute, Glück und Erfolg. Vielen Dank!

Lieber Herr Professor Radtke,

ich darf Sie ganz herzlich in Ihrem neuen Amt als Rektorder Universität Duisburg-Essen begrüßen. Ich verbindedas mit den besten Wünschen für Ihre neue Aufgabe.

Sie haben gleich zum Auftakt klar gemacht, dass Sie fürDuisburg-Essen ehrgeizige Ziele ins Visier nehmen wol-len. Meiner Meinung nach muss das auch so sein; mit we-niger darf sich die Universität nicht zufrieden geben. Sieist heute Partner eines Dreierbundes von erheblichem Ge-wicht in der Hochschullandschaft – mit 89.000 Studieren-den und einem Jahresbudget von 940 Millionen Euro. Duis-burg-Essen, das machen Sie, Herr Professor Radtke, klar,beabsichtigt in dieser Verbindung der UniversitätsallianzMetropole Ruhr eine erhebliche Rolle zu spielen.

Das ist gut so, denn diese Allianz, wenn sie ihr Potenzialwirklich nutzen will, braucht starke Akteure. Dass jedeHochschule in der Allianz erwartet, es müsse sich für siepersönlich lohnen, dabei zu sein, versteht sich von selbst.Nur starke und souveräne Partner können dafür einstehen,dass Partikularinteressen letztlich überwunden und indivi-duelle Profilierungswünsche integriert werden in eine trag-fähige gemeinsame Strategie und gemeinsame Ziele.

Die Universität Duisburg-Essen, haben Sie angekündigt,

wird in den kommenden Jahren die Forschung groß-schreiben, etwa durch die Gründung eines internationalbedeutenden Zentrums für Nano-Energietechnik undeines Zentrums für empirische Bildungsforschung,

wird durch Modelle der intensiven Betreuung der Stu-dierenden eine neue Kultur der Lehre etablieren,

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GRUSSWORT

DR.WOLFGANG REINIGER

Oberbürgermeister der Stadt Essen

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nis vom künftigen Weg der Universität geäußert. So weitich es überblicke, haben Sie viel Zustimmung hierzuerfahren – zu Recht, will ich gern hinzufügen.

„Exzellenz“ – das ist Ihr Anspruch für die Universität. Erist richtig und wichtig, weil es in der Wissensgesellschaftunweigerlich einen Wettbewerb um die besten Köpfe gibt.Vor wenigen Wochen hatten wir in Essen eine Tagung desInitiativkreises Ruhrgebiet. Richard Florida hat hierbei diebekannten drei Ts angesprochen: Technologie, Talente,Toleranz. Es sind drei Ts, die das Ruhrgebiet auszeichnen,um die wir uns aber auch immer wieder bemühen müssen.

GRUSSWORT

Meine Damen und Herren,

ich muss gestehen, ich fühle mich heute sehr viel wohlerals vor mehr als vier Jahren bei der Amtseinführung vonGründungsrektor Professor Lothar Zechlin. Dabei meineich sicher nicht den Heimvorteil hier am Campus Essen.Nein, ich meine die damals durchaus zu spürende Unsi-cherheit, wie es denn weitergehen würde mit der Fusion.Ich habe damals das Bild gebraucht von der vorzeitigenVerheiratung zweier Brautleute, die zwar die Ehe mitein-ander eingehen, den Zeitpunkt und vor allem den Inhaltdes Ehevertrages aber noch hatten bestimmen wollen.

Wenn ich mich heute also wohler fühle, dann schlicht undeinfach deshalb, weil die Fusion wohl als gelungen be-zeichnet werden kann. Natürlich hat es an der einen oderanderen Stelle geschrammt – bei einem solchen Prozesswohl unvermeidlich: Ich nenne nur das Stichwort Wirt-schaftswissenschaften. Aber alles in allem: Die Aufgeregt-heiten der Fusion sind überwunden, Normalität ist einge-kehrt – die Universität stellt sich neuen Herausforderungen.

Viele haben daran mitgewirkt, an der Spitze Gründungs-rektor Lothar Zechlin.

Sie, lieber Herr Zechlin, haben offenbar die richtige Mi-schung von Gelassenheit, Entschlossenheit und Durchset-zungskraft, aber auch Einfühlungsvermögen, mitgebracht,um den Fusionsprozess erfolgreich zu gestalten. Für dieStadt Essen sage ich Ihnen und Ihrem Rektorat Dank fürdiese Aufbauleistung.

Im Namen der Stadt Essen begrüße ich zugleich sehrherzlich den neuen Rektor, Professor Ulrich Radtke.

Lieber Herr Radtke, Sie stellen sich einer Herausforde-rung, Sie finden aber auch eine Basis vor, auf der Sie wei-ter aufbauen können. Sie haben sich wiederholt bereitsöffentlich zu Ihrem Amtsverständnis und Ihrem Verständ-

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Sozialarbeit mit dem ISSAB, dem Institut für Stadtteilbe-zogene Soziale Arbeit und Beratung. Gemeinsam mit derStadt leistet es eine wichtige Arbeit in problembehaftetenStadtquartieren. Zwei von den angesprochenen drei Tsfördern wir auf diese Weise – Talente und vor allem auch:Toleranz.

Ich bin sicher, für eine noch weitergehende Zusammen-arbeit zwischen Stadt und Universität werden noch man-che Felder nutzbar gemacht werden können. Auch dieneue Hochschulverfassung eröffnet neue Chancen einerÖffnung nach außen, in die Stadt und die Stadtgesellschafthinein – und ebenso umgekehrt. So betrachte ich es auchals ermutigendes Zeichen, dass sich ein prominenter Esse-ner Mitbürger wie Dr. Henning Osthues-Albrecht bereitgefunden hat, den Vorsitz des Hochschulrates zu überneh-men. Ein herzliches Dankeschön deshalb auch an Sie, lie-ber Herr Osthues.

Die Universität Duisburg-Essen, unsere Universität, hateinen wichtigen Abschnitt mit Erfolg hinter sich gebrachtund kann gestärkt der Zukunft entgegensehen. Ihnen, HerrZechlin, noch einmal herzlichen Dank für Ihre Aufbau-leistung! Ihnen, Herr Radtke, alle guten Wünsche für IhreArbeit, für eine allzeit glückliche Hand! Ich freue michauf die Zusammenarbeit mit Ihnen.

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Ausdruck dieses Bemühens ist für mich beispielsweise dierichtungweisende „Universitätsallianz Metropole Ruhr“der Universitäten Bochum, Dortmund und Duisburg-Essen. Oder auch das Kulturwissenschaftliche Institut hierin Essen als An-Institut der drei Universitäten. Für michist das alles zugleich Ausdruck der auf allen Feldernwachsenden Kooperation innerhalb des Ruhrgebiets.

Inzwischen ist wohl in allen Köpfen angekommen, dasswir – zumal im internationalen Wettbewerb – nur gemein-sam wirklich wahrgenommen werden, dass wir nur gemein-sam stark sind. Die erfolgreiche Kulturhauptstadtbewer-bung war bereits Ausdruck dieses Wissens.

Lieber Herr Radtke, ich habe auch Ihre Erklärungen zumStandort Essen mit Freude zur Kenntnis genommen. DieUniversität – genauer: der Campus Essen der Universität –ist wichtig auch für die Stadt Essen – so wie der CampusDuisburg wichtig sein wird für die Stadt Duisburg.

Die Universität stärker zur Stadt hin zu öffnen, ist in städ-tebaulicher Hinsicht eine Zielvorstellung seit Gründungder Universität. Im Lichte der aktuellen Entwicklungen –Limbecker Platz, ThyssenKrupp – haben wir jetzt die ein-malige Chance, die wir auch nutzen werden. Der Rat derStadt hat die nötigen Beschlüsse gefasst. Mit der Realisie-rung des Universitätsviertels, genauer: mit dem Bau desParks, der grünen Mitte, starten wir noch in diesem Jahr.Mit Investoren für einzelne Bauvorhaben werden bereitsErfolg versprechende Gespräche geführt.

Meine Damen und Herren, die Universität zur Stadt hinöffnen zu wollen ist über die städtebauliche Anbindunghinaus auch Ausdruck einer Grundeinstellung. Wir freuenuns deshalb über die erklärte Bereitschaft von Ihnen, HerrRadtke, die vielfältigen bestehenden Kontakte zwischenUniversität und Stadt fortzusetzen. In Kürze werden wirhierzu entsprechende Vereinbarungen unterzeichnen.

Eine ganz konkrete Kooperation aus dem FachbereichBildungswissenschaften am Standort Essen möchte ichbesonders hervorheben. Ich meine den Studiengang

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GRUSSWORT

ADOLF SAUERLAND

Oberbürgermeister der Stadt Duisburg

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gründung als Universität-Gesamthochschule im Jahre 1972zu den strukturpolitisch wichtigsten Impulsgebern fürDuisburg. Entsprechend groß waren die Erwartungen, jadie Hoffnungen, die sich in beiden Städten, in Duisburgwie in Essen, an die im Jahr 2003 neu strukturierte undzusammengeführte Hochschule knüpften. Und für Duis-burg kann ich sagen, sehr geehrter Herr Professor Zechlin,dass wir nicht enttäuscht worden sind. Sie haben die Uni-versität im Amt des Duisburg-Essener Rektors auf denKurs gebracht und gehalten, den wir uns für unsere Stadtvorgestellt haben.

Und dies gilt nicht nur in fachlich-wissenschaftlicher Hin-sicht, sondern auch, was die Identifikation mit der StadtDuisburg betrifft. Der Zusammenschluss der UniversitätenDuisburg und Essen hat ihre jeweiligen lokalen Anbindun-gen nicht geschwächt, sondern gestärkt. Die Campi Duis-burg und Essen weisen inzwischen klare eigenständigeProfile auf – sowohl in der Forschung als auch in der Lehre.

Dabei liegt der Fokus am Duisburger Campus, neben denPolitik- und Gesellschaftswissenschaften und der betriebs-wirtschaftlich ausgerichteten Wirtschaftswissenschaft ins-besondere auf den eng miteinander verzahnten technisch-ingenieurwissenschaftlichen Disziplinen, zu denen ichauch die Mathematik, die Informatik und die Physik zähle.Und diese Form der – wenn man so will – Arbeitsteilungpasst der Stadt Duisburg als Dienstleistungsstandort mitgewerblich-industrieller Basis sehr gut.

Wesentliche wirtschaftliche Kompetenzfelder, mit denensich die Stadt Duisburg im internationalen Wettbewerb umUnternehmen und Arbeitsplätze bereits profiliert undkünftig profilieren will, haben ihren Impulsgeber und ih-ren Motor in der Lehr-, Forschungs- und Entwicklungs-kompetenz der Universität Duisburg-Essen am StandortDuisburg. Unternehmen wie Hitachi Power Europe oderSiemens Energy beispielsweise oder der Anlagen- undMaschinenbau ganz allgemein brauchen die Ingenieurwis-senschaften der Universität – und vor allen Dingen derenAbsolventen. Das inHaus-Innovationszentrum macht Duis-burg zu dem Standort für Forschung im Bereich intelligen-

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GRUSSWORT

Sehr geehrter Herr Minister,sehr geehrter Herr Dr. Osthues-Albrecht,sehr geehrter Herr Kollege Dr. Reiniger,sehr geehrter Herr Professor Haberl,sehr geehrter Herr Schön,sehr geehrter Herr Professor Zechlin,sehr geehrter Herr Professor Radtke,meine sehr verehrten Damen und Herren,

die Geschichte der Duisburger Universität ist nicht arm anwichtigen und herausragenden Daten. Die Gründung deralten Universität am 14. Oktober 1655 zählt für mich eben-so zu diesen besonderen Tagen wie deren Schließung 1818,dann natürlich die Neugründung als Gesamthochschuleam 7. August 1972 und schließlich die Geburtsstunde derUniversität Duisburg-Essen am 1. Januar 2003.

Angesichts solcher Ereignisse, angesichts solcher Wegmar-ken in der Historie der Universität mögen es manche viel-leicht für überzogen halten, auch den heutigen Tag, auchden 23. April 2008, als ganz besonderen Tag zu bezeich-nen. Ich aber sage: Mit einer Rektoratsübergabe geht auchimmer ein Kapitel zuende und wird zugleich ein neuesKapitel in der Geschichte einer Hochschule aufgeschlagen.

Es ist mir daher eine besondere Ehre und Freude zugleich,Ihnen am Tag der feierlichen Rektoratsübergabe an unse-rer Universität die besten Wünsche der Bürgerinnen undBürger der Stadt Duisburg überbringen zu dürfen. Gutfünf Jahre nach Gründung der Universität Duisburg-Essenlegt der Gründungs- und zugleich erste gewählte Rektorsein Amt in andere Hände. Da gilt es, Ihnen, sehr geehrterHerr Professor Zechlin, einen herzlichen Dank zu sagen.Und Ihnen, sehr geehrter Herr Professor Radtke, ein herz-liches Willkommen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, so wie die Duis-burger Universität im 17. und 18. Jahrhundert für das„gelehrte Duisburg“ stand, so gehörte sie seit ihrer Neu-

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menarbeit, sondern auch für ein stets außerordentlich gutesund von großem Vertrauen geprägtes Miteinander. Ich binfroh, dass Sie der Universität in der Lehre erhalten bleiben!

Neu im Amt des Rektors, neu in einem Amt voller Gestal-tungsmöglichkeiten, sind nun Sie, sehr geehrter Herr Pro-fessor Radtke. Die Weichen der Zukunft unserer Universi-tät werden nun von Ihnen gestellt – und natürlich ist dieskeine leichte Aufgabe. Auch dann nicht, wenn man in Rek-torat und Hochschulrat auf ein starkes Team vertrauen kann.Ich bin fest davon überzeugt, dass die am 1. April 2008begonnene neue Phase der Hochschulentwicklung in Duis-burg und Essen erfolgreich sein wird – der Unterstützungder Stadt Duisburg dürfen Sie jedenfalls sicher sein.

Und wenn ich gerade schon von den guten Beziehungenzwischen Universität und Stadt sowie von der Bereitschaftzu enger und guter Zusammenarbeit gesprochen habe, dannwill ich hier gerne von meinem Vorhaben berichten, einenstädtischen Empfang für die Hochschullehrer wiederaufle-ben zu lassen. Denn so beeindruckend das Spektrum beste-hender Kooperationen sein mag: Im Geflecht der Kontaktezwischen Universität und Kommunen könnte eine solche –im jährlichen Wechsel zwischen Essen und Duisburg durch-geführte – Veranstaltung für alle Dozenten gewiss so man-chen zusätzlichen Impuls auslösen, um die Städte und dieUniversität weiter voran zu bringen.

Doch nun, sehr geehrter Herr Professor Radtke, darf ichIhnen im Namen der Stadt Duisburg, aber auch persönlich,zunächst einmal alles erdenklich Gute wünschen für Ihrverantwortungsvolles Amt, eine glückliche Hand in derAmtsführung und – natürlich – viel Erfolg!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

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ter Gebäudesysteme, mit dem Brennstoffzellen-Assemblie-rungszentrum wird der Ausbau zum führenden Standort indiesem Bereich vorangetrieben. Und über die Potenzialeder Nanotechnologie, meine Damen und Herren, wo wiruns ja gerade im Rahmen eines Ziel 2-Wettbewerbs ge-meinsam um ein NanoEnergieTechnikZentrum am Stand-ort Duisburg bemühen, brauche ich hier ohnehin keine wei-teren Ausführungen zu machen.

Oder denken wir auch an die Ansiedlung eines Konfuzius-Institutes in Duisburg, dessen Zusage wir letztlich denausgezeichneten Beziehungen, die Stadt und Universitätseit Jahren gemeinsam zu China und insbesondere zuWuhan pflegen, zu verdanken haben.

Das sind nur einige wenige Beispiele, meine Damen undHerren, aber sie machen deutlich: Die Stadt Duisburg hatder Universität und Ihnen, sehr geehrter Herr ProfessorZechlin, sehr viel zu verdanken. Dafür möchte ich IhnenDank sagen – nicht nur für eine sehr erfolgreiche Zusam-

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GRUSSWORT

PROFESSOR DR. OTHMAR N. HABERL

Vorsitzender des Senats der Universität Duisburg-Essen

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GRUSSWORT

Sehr geehrter Herr Minister Pinkwart,sehr geehrter Herr Vorsitzender des HochschulratesOsthues-Albrecht,sehr geehrte Herren Oberbürgermeister,verehrte Gäste und Freunde der Hochschule Duisburg-Essen,liebe Mitglieder und Angehörige dieser Hochschule,quer durch alle Statusgruppen,und – last but not least –Magnifizenz Radtke,und sehr geehrte Mitgliederdes noch amtierenden und des neu gewählten Rektorats,

mir ist von der Regie dieser Inaugurationsfeier eine kurzeQuasi-Stegreifrede aufgetragen worden, weshalb ich –autoritätshörig wie ich bin – meine einleitenden formellenpersönlichen Begrüßungen auf ein gerade noch zu tolerie-rendes Mindestmaß reduziert habe. Auch werde ich daraufverzichten, etwas zu tun, was ich sonst ganz gern prak-tiziere und was Anwesende in scheinbarer Kenntnis mei-ner notorischen Vorliebe für so unvermeidbar gehaltenhaben, dass sie angeblich schon Wetten darüber abge-schlossen haben: dass ich nämlich das Ende meiner kur-zen Rede mit einem politischen Witz über bzw. gegen dieFusion – politische Witze zugunsten der Fusion kenne ichleider gar nicht – würzen würde. Ich muss diese Wett-freunde leider enttäuschen – und Sie alle müssen vorliebnehmen mit einigen wenigen, kurzen Bemerkungen, Emp-fehlungen, Wünschen – gerichtet an das neue Rektorat,gerichtet aber nicht weniger an uns alle hier, die wir Mit-glieder dieser Hochschule sind.

Ich möchte – erstens – kurz auf die nicht nur von außenbetrachtet überraschend eindeutige und glatte Wahl einesKölner Hochschullehrers zum Rektor unserer Hochschulerekurrieren. Denn Herr Radtke hat sich in ein wirklichoffenes Ausschreibungsverfahren begeben, das nur imNachhinein förmlich auf ihn zulief. Wir haben in allenGremien, die an der Vorbereitung und Durchführung der

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Rektorwahl beteiligt waren – Findungskommission, Hoch-schulrat, Senat – alle eingegangenen Bewerbungen sehrkritisch und sorgfältig geprüft, um am Ende in allenGremien absolut einstimmig Herrn Radtke zum Rektorunserer Hochschule zu wählen. Dazu Ihnen, Herr Radtke,auch an dieser Stelle einen ganz herzlichen Glückwunsch!

Nicht ganz so reibungslos und glatt verlief freilich die vorwenigen Tagen im Wesentlichen abgeschlossene Wahl derProrektoren. Denn hier hat es eines langen Diskussions-prozesses zwischen allen Beteiligten bedurft, bis – ausge-nommen die Position des Prorektors für Diversity Mana-

gement, die laut Rektor möglichst vor dem kommendenWintersemester unter Dach und Fach sein soll – alle zu-ständigen Gremien (in Demokratien üblicherweise mehr-heitlich und eben nicht immer einstimmig) den von HerrnRadtke gemachten Vorschlägen zustimmen konnten. Dennach der Bestätigung durch den Senat ausgesprochenenGlückwunsch kann ich an dieser Stelle nur noch einmalwiederholen und der alten und neuen Prorektorin Lotz-Ahrens und den neuen Prorektoren Bosbach und Farleeinen möglichst zügigen Einstieg in die Rektorats-Tages-arbeit wünschen.

Es ist – zweitens – an dieser Stelle angebracht, daran zuerinnern, dass wir mit der Inauguration des RektorsRadtke und seiner Rektoratsmannschaft definitiv dasschwierige, steinige Kapitel der Fusion abschließen. Zwarwar, Herr Radtke, Ihr unmittelbarer Vorgänger Zechlinerster gewählter Rektor der fusionierten Hochschule; indemer aber noch als Gründungsrektor erster „normaler“ Rek-tor der Universität Duisburg-Essen wurde, hat er – mit tat-kräftiger Hilfe des Senats, der ihn mit großer Mehrheit ge-wählt hat – seine Gründungsrektorenzeit gleichsam verlän-gert. In einem weiteren Sinne also haben wir am 1. April,ihrem ersten Arbeitstag als Rektor dieser Hochschule, bzw.erst heute, mit der feierlichen Amtsübergabe, die Fusions-phase definitiv abgeschlossen. Auch wenn die universitä-ren Selbstverwaltungsgremien, nicht zuletzt der Senat, undSie als Rektor nicht immer einer Meinung waren, gebüh-ren Ihnen, Herr Zechlin, und Ihren beiden Rektoratsmann-schaften für die in fünf langen Fusionsjahren geleisteteArbeit großer Dank und aufrichtige Anerkennung.

Mit dem Verlassen des aufgewühlten Fahrwassers der Fu-sion kommen wir – drittens – keineswegs schnurstracks inruhigeres Gewässer. Und damit wende ich mich an Sie,Herr Radtke, und an Ihr Rektorat. Gerade mit Blick aufden sich verschärfenden Konkurrenzkampf zwischen denHochschulen, bei dem wir in den ersten Runden kaumpunkten konnten, müssen wir an Ihr Rektorat große Erwar-tungen knüpfen. Mit Blick auf die blanke Zahl an Perso-nen, die an unserer Hochschule arbeiten bzw. ausgebildetwerden, gehören wir – zusammen mit dem MSV Duis-

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Da ich beim anschliessenden Stehempfang den im offi-ziellen Programm unterschlagenen politischen Witzmehrere Male habe erzählen müssen, darf ich ihn andieser Stelle – gleichsam versteckt – für alle Interes-sierten nachtragen. Ich muss aber zwei Vorbemerkun-gen machen, damit der aus Osteuropa stammendepolitische Witz sofort verstanden wird. Erstens sam-mele ich gleichsam als Nebenprodukt meiner Haupt-beschäftigung mit Osteuropa eben auch alte osteuro-päische politische, in der Regel antikommunistischeWitze. Zweitens muss der interessierte Leser undBefürworter oder Kritiker der Fusion den Begriff„Kommunismus“ im Originalwitz durch „Fusion“ersetzen. Nach diesem langen Vorwort nun der eigent-liche Witz:

Anfrage an Radio Erivan: „Wie ist der Weg zumKommunismus?“

„Wie eine Schiffsreise. Aussteigen kann man nicht, man muss kotzen, aber die Aussicht ist phantastisch.“

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burg – eigentlich in die Erste Bundesliga. Unser tatsächli-ches Abschneiden in den ersten Runden des Kampfeszwingt uns aber einzugestehen, dass wir von der ErstenLiga doch noch ziemlich weit entfernt sind. Allerdingswäre es sicher auch Ausdruck von schierem Pessimismus,uns mit Rot-Weiss-Essen zu vergleichen, der sich Illusio-nen über die Chancen in einer neu zu gründenden DrittenLiga macht, gleichzeitig aber gegen den Abstieg aus derRegionalliga Nord geradezu verzweifelt ankämpft. Alsfusionierte Hochschule müssen wir unter Ihrem erstmalssechsjährigen Rektorat den Aufstieg in die Erste Ligaschaffen, ohne in jeder neuen Spielsaison um den Klassen-erhalt à la MSV Duisburg zittern zu müssen. Mit anderenWorten: Ich wünsche Ihnen und uns allen auf diesem Wegeine Ausdauer, wie Sie sie vor gut zwei Wochen bei demgemeinsamen Unter-Tage-Gewaltmarsch auf der 6. Sohleund in über 1.000 Meter Tiefe in fast absoluter Dunkelheitunter Beweis gestellt haben.

Als Vorsitzender des Senats dieser Hochschule möchte ich – viertens – aber auch in Erinnerung rufen, dass unse-re Universitäten eine lange Tradition der Selbstverwaltunghaben. Zwar ist diese Selbstverwaltung gelegentlich selbst-zerstörerisch bzw. übereifrig, weshalb sie der amtlichenPolitik hin und wieder ein Dorn im Auge ist, bzw. manch-mal ärgerlich störend oder verhindernd, weshalb ein Rek-tor bzw. ein Rektoratsmitglied durchaus den kaum ver-nehmbaren Seufzer „Leichter und besser wäre es ohne Se-nat und Selbstverwaltungsgremien“ vor sich hinmurmelnmag. Es steht nicht in unserer Macht, die Selbstverwal-tungsrechte der Hochschule auszudehnen, obwohl ich mirals Mitglied des Senats eine Stärkung der Stellung nichtnur des Senats ohne weiteres wünschen und vorstellenkönnte. Ihnen als Rektor bzw. Rektorat und uns als Hoch-schulmitglieder insgesamt steht es aber gut an, durch ge-meinsames Handeln die noch bestehende universitäreSelbstverwaltung zu erhalten und mit Leben zu füllen.

Ihnen, Herr Radtke, persönlich und Ihrem Rektorat inGänze auf diesem schwierigen, steinigen, unsicheren,dunklen Weg – wie vor gut zwei Wochen unter Tage inHaltern: ein ganz herzliches „Glück Auf!“

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GRUSSWORT

BORIS SCHÖN

Vorsitzender des Allgemeinen Studierendenausschussesder Universität Duisburg-Essen

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Mit großer Freude haben wir registriert, dass Sie die Not-wendigkeit der Integration auch sogenannter bildungsfer-ner Schichten in die Universität erkannt haben. Auch dieBundesbildungsministerin hat vor kurzem Programmeangekündigt, die auch Menschen ohne Abitur ein Studiumermöglichen sollen. Paradox und schade ist nur, dass jun-ge Menschen diese Chance an unserer Universität nichtmehr haben.

Die integrierten Studiengänge, die vielen die Möglichkeitgegeben haben, auch mit der Fachhochschulreife ein Di-plom zu erlangen, sind bei uns nun restlos abgeschafft. InZeiten eines großen Mangels an Akademikern und gutAusgebildeten ist Ihr Vorsatz daher besonders begrüßens-wert, und ich sage Ihnen die Unterstützung der Studieren-den in dieser Sache zu.

Neben der Diskussion um Exzellenz, Strategie, Allianzenund so fort sollte aber nicht in den Hintergrund treten,dass Universität nicht nur ein Ort der Forschung ist, son-

dern in erster Linie ein Ort der Bildung, des Lehrens alsound des Lernens. Exzellente Forschung zu betreiben, maggut fürs Renommee und für die Drittmittelakquise sein –die von Ihnen angestrebte starke Bindung der Absolventen

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GRUSSWORT

Magnifizenz, sehr geehrter Herr Professor Radtke, sehr geehrter Herr Altrektor Professor Zechlin,liebe Kommilitoninnen und Kommilitonen,meine sehr verehrten Damen und Herren,

Magnifizenz, wir finden es sehr schade, dass nur so weni-ge Studierende an dieser Feier, Ihrer Feier, teilnehmenkönnen. Nicht können vielleicht deshalb, weil dieEmpfehlung „vorlesungsfrei“ viel zu spät kam bzw. offen-sichtlich weitestgehend ignoriert wurde.

Herr Professor Radtke, im Namen der 30.000 Studieren-den der Universität Duisburg-Essen heiße ich Sie ganzherzlich willkommen! Wir freuen uns auf Sie und hoffen,dass Sie einige der Vorschläge, die in den letzten Wochenschon bekannt geworden sind, auch umsetzen können.

Ihre Antrittsrede, möglicherweise mit programmatischemAusblick, werden Sie erst nach mir halten, daher gibt esauch noch nichts zu kritisieren. Ich möchte mich daher imRahmen meines Grußwortes kurz halten und auf zwei,drei Ihrer bisher dokumentierten Äußerungen eingehen.

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sten also aus zwei Hochschulen eine formen und in gele-gentlich schwer vermintem Gelände einen Weg finden, esallen Beteiligten Recht zu machen. Dies ist Ihnen gelungen.

Wir haben mitunter hart miteinander gerungen, aber esbleibt, dass wir dann gemeinsam erfolgreich waren, wennwir in dieselbe Richtung am Strang gezogen haben.

Herr Professor Zechlin, Holsteinern sagt man nach, sieseien besonders sturköpfig. Sie sind Plöner, ich bin Euti-ner. Vielleicht liegt auch darin das Geheimnis des gemein-samen Erfolgs.

Magnifizenz, sehr geehrter Herr Professor Radtke,

wir hoffen wirklich sehr, dass Sie Ihre positive Stimmungund Vorfreude möglichst lange konservieren können. Wirim Ruhrgebiet, also auch die Zugezogenen, sind wirklichvoller Offenheit und Herzlichkeit. Daher noch einmal: Will-kommen in Duisburg-Essen, viel Erfolg, und dort, wo ersich nicht gleich einstellen will, auch die dann notwendigeFortune!

In diesem Sinne: „Glück auf!“

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an ihre Alma Mater werden Sie allerdings in erster Liniedurch exzellente Lehre erreichen. Denn nur, wenn sich dieStudierenden an unserer Uni wohl fühlen, von ihren Dozen-ten ernst genommen werden und Wissen in hervorragen-der Weise vermittelt bekommen, werden sie alsAbsolventen gerne in Alumni-Netzwerke eintreten undder Hochschule nützliche Kontakte verschaffen, die sichja nicht zuletzt auch finanziell auswirken sollen. In die-sem Zusammenhang sind wir sehr gespannt auf das ver-bindliche Studenten-Mentoren-System, das Sie angeregthaben. Sollten Sie Ihre Professorenkolleginnen und -kollegen tatsächlich darauf verpflichten können, wäre daseine bemerkenswerte Leistung.

Wir wollen Sie auch in diesem Bemühen gerne unterstüt-zen. Denn wir, die Studierenden, sowohl im AStA, im Se-nat als auch in den Fachbereichsräten, kennen unsereRechte und fordern sie auch ein.

Wir kennen aber auch die Pflichten der Universität.

Vielleicht haben Sie in Gesprächen mit der bisherigenHochschulleitung ja schon das eine oder andere erfahren.Wir sind ein streitbarer AStA, und wir sind wehrhaft.Schließlich sollen wir uns auch als Kunden verstehen undzahlen – höchst unfreiwillig –, aber wir zahlen. NehmenSie daher Auseinandersetzungen in der Sache bitte sport-lich, aber nicht auf die leichte Schulter, also ernst.

Trotz allen sportlichen Ehrgeizes meine ich jedoch, dassunser Wille zur konstruktiven Gestaltung, zum Dialog undschließlich zur Einigung bisher immer erkennbar gewesenist. Das wollen wir auch in der Zusammenarbeit mit Ihnen,Herr Professor Radtke, so halten.

Sehr geehrter Herr Professor Zechlin, Ihnen wünschen wirin Ihrer neuen beruflichen Tätigkeit viel Erfolg, und wirbedanken uns bei Ihnen für die geleistete Arbeit.

Weder die Uni in Duisburg noch die in Essen wollten mit-einander fusionieren. Diese Zwangsehe hat der Gesetzge-ber in Düsseldorf betrieben. Sie als Gründungsrektor mus-

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ABSCHIEDSREDE

PROFESSOR DR. LOTHAR ZECHLIN

Gründungsrektor und erster gewählter Rektorder Universität Duisburg-Essen

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che, dass es eine aufregende Reise werden sollte. Mit demSeitenwechsel sind nämlich auch unterschiedliche Sicht-weisen und Zugänge zur Realität verbunden.

Als Wissenschaftler lebt man davon, die Komplexität derProbleme zu erhöhen, sie auszudifferenzieren und auchnoch in ihre letzten Feinheiten hinein zu verfolgen. AlsPraktiker lebt man davon, die Komplexität zu vereinfa-chen, denn man muss irgendwann handeln und Entschei-dungen treffen. Allzu starke Ausdifferenzierungen desProblems stören dabei nur. Übertrieben ausgedrückt mussman sich künstlich ein bisschen dumm halten, weil man

sonst nicht mehr handeln kann. Die anwesenden Kolle-ginnen und Kollegen aus den Rektoraten mögen mir dieBemerkung verzeihen, aber ich habe ja immerhin daraufhingewiesen, dass man sich nur „künstlich“ dumm hält.

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ABSCHIEDSREDE

Sehr verehrter Herr Minister,sehr verehrte Ehrengäste,liebe Freundinnen und Freunde der Universität,meine sehr verehrten Damen und Herren!

Heute ist ein besonderer Tag für mich. Nachdem ich bis-lang immer derjenige gewesen bin, der die Begrüßungs-worte gesprochen hat, werden laut Programm diesmalAbschiedsworte von mir erwartet. Das ist zwar übertrie-ben, denn schließlich bleibe ich noch drei Jahre an derUniversität, aber gleichwohl handelt es sich um eine Zä-sur in meiner beruflichen Biographie.

Sechzehn Jahre lang war ich in Leitungsfunktionen in Uni-versitäten tätig, von 1992 bis 1999 als Präsident der Hoch-schule für Wirtschaft und Politik in Hamburg, dann von1999 bis 2003 als Rektor der Karl-Franzens-Universität inGraz und schließlich seit 2003 als Gründungsrektor deraus einer Fusion entstandenen Universität Duisburg-Essen.Das waren sechzehn Jahre, die mich geprägt haben.

Als ich im Sommer 1991 im dritten und letzten Wahlgangmit genau der einen Stimme Mehrheit, die ich benötigte,zum Präsidenten der HWP in Hamburg gewählt wordenwar, vollzog ich den Wechsel von der Theorie in die Pra-xis, den ich mir gewünscht hatte. Es hatte mich immergereizt, Politik und Verwaltung nicht nur wissenschaftlichals Professor für Öffentliches Recht zu betrachten, son-dern auch praktisch zu gestalten; umgekehrt aber wollteich auch vermeiden, im Alltag von Politik oder Verwal-tung unterzugehen, und deshalb mit der Wissenschaft einereflexive Distanz zu den Routinen der Praxis bewahren.Da man nicht beides, Wissenschaft und Praxis, gleichzei-tig betreiben kann – dafür ist der Spagat zu groß –, wollteich eine Zeitlang in der Praxis des Hochschulmanage-ments stehen, um dann wieder in die Wissenschaft zurück-zukehren, gewissermaßen ein Sandwichmodell statt desSpagats. Dass das Ganze sechzehn Jahre andauern würde,war für mich genauso wenig vorhersehbar wie die Tatsa-

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Das zu sagen wäre übertrieben, denn der Trend der Wirt-schaftsunternehmen zu Flexibilität und Wandlungsfähig-keit birgt neue Gefahren in sich. Die Organisation drohtüber den dauernden Wandel ihre Identität zu verlieren, dieSelbstverpflichtung zu ständiger Innovation führt intern zuUnsicherheit und Politisierung, und die Komplexität, diesich doch eigentlich verringern soll, erhöht sich für die Ak-teure. Und dadurch sinkt die Selbststeuerungsfähigkeit. Ste-fan Kühl, wie Willke ein Bielefelder Soziologe, hat das inseinem Buch „Wenn die Affen den Zoo regieren“ genauanalysiert. Aber eine solche Sichtweise ist für eine Univer-sität natürlich völlig deplaziert, denn weder sind RektorenZoodirektoren, und erst recht sind natürlich die universitä-ren „Mitunternehmer“ keine Oberpaviane. Gott behüte!

Ich erwähne das alles, um deutlich zu machen, warum ichan einem Punkt angekommen bin, an dem ich die Rück-kehr auf die andere Seite, die Theorie, wieder attraktivfinde. Sechzehn Jahre lang Handlungszwang und Kom-plexitätsreduzierung sind genug; in den kommenden dreiJahren werde ich mich nicht notgedrungen, sondern mitSpaß und Freude wieder der Erforschung der Praxis zu-wenden, und ich freue mich auch darauf, wieder mit Stu-dierenden gemeinsam zu arbeiten und zu lernen.

Die Fusion ist abgeschlossen, es ist also nicht nur für mich,sondern auch für die Universität der richtige Zeitpunkt füreinen Wechsel im Amt des Rektors. Mir bleibt hier des-halb nur, mich bei den vielen Personen zu bedanken, diemich unterstützt haben, die vor allem aber auch die Univer-sität in ihrem Veränderungsprozess unterstützt haben. Daserfordert Mut und Veränderungsbereitschaft auch für sichselbst und ist deshalb nicht einfach. Ich weiß ja von mirselbst, wie gerne ich Change Management in Organisati-onen predige und wie sehr ich Veränderungen in meinemeigenen Umfeld hasse.

Ich bedanke mich deshalb bei den Mitgliedern der beidenvon mir geleiteten Rektorate – Frau Lotz-Ahrens und dieHerren Ambrosy, Fischer, Hasselbrink, Kerres, Leisten,Rueß und Solbach – für die tolle Arbeit und den wirklichguten Teamgeist, den wir entwickelt haben.

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Mir ist das, jetzt kann ich es ja gestehen, niemals wirklichschwer gefallen, weil ich umgekehrt gemerkt habe, dassdie begleitende Reflexion dieses Handelns ganz außeror-dentlich spannend ist. Man lernt, mit Widersprüchen undParadoxien umzugehen. Um bei dem Gegensatz vondumm und klug zu bleiben: Es gibt da diesen sehr schö-nen Gedanken des Bielefelder Soziologen Helmut Willkevon den dummen Universitäten und den intelligenten Par-lamenten: Die europäischen Universitäten seien ein Haupt-beispiel für dumme Organisationen, in denen – so drücktWillke sich aus – leidlich intelligente Menschen arbeitenwürden. Sie schafften es aber nicht, aus der Summe kon-kurrierender Einzelkämpfer, intelligenter Individuen undeinsamer Forscher intelligentes Organisationshandeln zubilden, und hätten deshalb Schwierigkeiten, ihre Selbststeu-erungsfähigkeit auszubilden, die im Zuge zunehmenderAutonomisierung der Hochschulen aber immer wichtigerwerde. Umgekehrt seien die Parlamente entwickelter De-mokratien herausragende Beispiele für intelligente Orga-nisationsformen, die mit durchschnittlichen Mitgliedernauskämen. Über Jahrhunderte hinweg seien sie – bei allenverbleibenden Schwächen des politischen Prozesses – zueiner institutionellen Weisheit gelangt, welche – ich musserneut um Verzeihung bitten, diesmal die anwesenden Po-litiker – welche die für den demokratischen Prozess kenn-zeichnende Mittelmäßigkeit der Mitglieder der Parlamentezu kompensieren in der Lage sei.

Diese Organisationswerdung der Universität hat mich im-mer interessiert, und man soll sich dabei vor vorschnellenUrteilen hüten. Vielleicht hat Willke ja gar nicht recht mitseiner Charakterisierung der Universität als „dummer Or-ganisation“. Wenn man sich empirische Untersuchungenansieht, geht der Trend jedenfalls in der Wirtschaft nichtin Richtung hierarchisch-bürokratische Organisationsfor-men, sondern eher in Richtung Dezentralisierung, flacheHierarchien und teilautonome Arbeitsgruppen. „Mitunter-nehmer statt Mitarbeiter“ war gestern der Hauptartikel imWirtschaftsteil der Süddeutschen Zeitung überschrieben.Sind die Universitäten mit ihren lose gekoppelten Arbeits-gruppen und den vielen kleinen Ich-AGs in Wirklichkeitvielleicht sogar hochmoderne Organisationsformen?

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dem ich nämlich am ersten Abend mit einigen von IhnenSkat gespielt hatte, bekam ich ein halbes Jahr später eineVerlobungskarte. Spiele haben wirklich etwas Verbindendes!

Mein Kompliment und Dank den KollegInnen in der Ver-waltung und den anderen Dienstleistungsbereichen für dasaktive Sicheinlassen auf den Umbau und die Modernisie-rung ihrer Einrichtungen im Zuge der Fusion.

Und Dank an eine ganze Reihe von Einzelpersonen, diemir mit Rat, Tat und Freundlichkeit nicht nur den Beginnals Fremder in dieser Universität, sondern auch ihr tiefe-res Kennenlernen leicht gemacht haben.

Schließlich, last but not least, bedanke ich mich bei mei-ner Partnerin Sigrun Nickel, die ich vor sechzehn Jahrenbei meiner Wahl zum HWP-Präsidenten damals noch alstaz-Redakteurin kennengelernt habe und mit der ich seit-dem alle meine wichtigen Projekte gemeinsam entwickelthabe – in den ersten acht Jahren nur beruflich als Organisa-tionsentwicklerin im Hochschulmanagement und dannauch privat. Die Verbindung von Beruf und Privatlebenhat seine Reize, ist manchmal aber auch nicht so ganz ein-fach. Ich hoffe, dass wir auch in den nächsten sechzehnJahren gemeinsam die Kurve kriegen, und dann schließensich auch bestimmt noch weitere sechzehn Jahre an!

Jetzt bleibt mir zum Schluss nur, Ihnen, lieber Herr Kol-lege Radtke, viel Glück für Ihre Amtszeit zu wünschen.Sie sind genau der Mann, den die Universität für diekünftigen Aufgaben braucht. Es erleichtert mich total,dass ich das erwachsen gewordene Fusionsbaby nichtnackt und bloß auf die Reise durch die Wildnis einer vomWettbewerb geprägten Hochschullandschaft schickenmuss, sondern dass ich es an Sie weitergeben kann. Siewerden die Universität gut leiten – da bin ich mir ganzsicher. Aber doppelt genäht hält besser: Damit das auchwirklich gelingt, haben wir eine neue Amtskette für dieneue Universität herstellen lassen, die Ihnen, wenn es engwerden sollte, zusätzliche Würde verleihen soll. Mit demAusruf „Le Roi est mort, vive le Roi!“ übergebe ich sieIhnen jetzt mit dem Amt des Rektors.

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Meinen persönlichen Mitarbeiterinnen, Frau Brune-Wawerund Frau Geisler, den guten Geistern in meinem Sekreta-riat, Frau Sabotka und Herrn Jacobi, und Herrn Schneider,

mit dem ich viele Stunden zu zweit im Auto verbrachthabe, danke ich für die gute Unterstützung und die guteLaune, mit denen sie mich über Wasser gehalten haben.

Ich bedanke mich bei den Dekanen und den Senatsmitglie-dern für die sachliche und konstruktive Zusammenarbeit,die wir auch über den einen oder anderen, manchmal auchtieferen Konflikt hinweg beibehalten haben.

Ich bedanke mich bei den Studierenden, die selbst aus derdreitägigen Rektoratsbesetzung, mit der sie gegen die Stu-dienbeiträge protestiert haben, und der späteren polizeili-chen Räumung etwas Produktives gemacht haben. Nach-

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INAUGURATIONSREDE

PROFESSOR DR. ULRICH RADTKE

Rektor der Universität Duisburg-Essen

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nicht immer begeistert war, aber erkannt hatte, dass ichwahrscheinlich ohne die Wissenschaft größere Dummhei-ten anstellen würde. Nach Samuel Beckett – „Immer ver-sucht. Immer gescheitert. Einerlei. Wieder versuchen. Wie-der scheitern. Besser scheitern.“ – bin ich nun heute hierbei Ihnen gelandet.

Niemals geht es nur geradlinig voran, doch die Richtungsollte man wissen. Auch hier in Duisburg-Essen wird esnicht anders sein. Zwar bin ich mir bewusst, dass an denAnfang viele Erwartungen geknüpft werden, aber wäre es

realistisch zu erwarten, die Probleme alsbald zu bewälti-gen? Wo doch viele kluge Köpfe sich schon länger daranabgekämpft haben? In den ersten drei Wochen wird mangemerkt haben, dass ein neuer Rektor die Patentlösungennicht aus der Tasche zaubert.

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INAUGURATIONSREDE

Sehr geehrter Herr Minister,sehr geehrte Herren Oberbürgermeister,Magnifizenzen, Spektabilitäten,Kolleginnen und Kollegen,Kommilitoninnen und Kommilitonen,liebe Eltern, Kinder, Freunde,meine sehr verehrten Damen und Herren,

Sie werden jetzt keinen fachwissenschaftlichen Vortraghören, wie er bei einem Anlass wie dem heutigen in derVergangenheit üblich war und andernorts weiterhin üblichist. Ich möchte mich Ihnen vielmehr mit meiner Einschät-zung der aktuellen Hochschuldiskussion und selbstver-ständlich, zumindest in Ansätzen, mit meinen Ideen zurZukunft der Universität Duisburg-Essen und zu derenErreichbarkeit vorstellen.

Die Antwort auf die Frage, die vielleicht nicht die wich-tigste, aber die am häufigsten gestellte ist, nämlich die, obich mein Büro in Duisburg oder in Essen haben werde,verrate ich Ihnen schon vorab: Das Rektorat wird sichtbaran beiden Standorten Präsenz zeigen, und der Rektor wirddort sein, wo er gebraucht wird.

Heute ist für mich natürlich ein besonderer Tag. Ich freuemich und bin auch ein bisschen stolz darauf, dass man mirzutraut, die Verantwortung für eine der größten Hochschu-len in Deutschland mit über 32.000 Studierenden undknapp 4.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu über-nehmen. Zunächst bin ich aber dankbar, dass es mir ermög-licht wurde, diesen Weg zu gehen.

Dafür danke ich meinen Eltern, die meine Neugier in dierichtigen Bahnen gelenkt haben, meinen schulischen undakademischen Lehrern, die mich für die Wissenschaftbegeistert haben, den Kollegen und Freunden, mit denenich meine Forschungsprojekte durchführen konnte, undmeiner Familie und insbesondere meiner Frau, die vonmeinen Arbeitszeiten und langen Auslandsaufenthalten

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gehe ich davon aus, dass an der Universität Duisburg-Essen schon in den nächsten Jahren sichtbare Erfolge vor-zeigt werden müssen.

Die größeren Gestaltungsmöglichkeiten im Hochschulma-nagement, die das neue nordrhein-westfälische Hochschul-freiheitsgesetz einräumt, gehören sicherlich als Motivati-onsfaktor dazu. Nun ist es möglich geworden, sehr vielselbstbestimmter die Entwicklung einer Universität voran-zutreiben. Zudem ist man hier an der Universität Duisburg-Essen mit einer besonderen Herausforderung – und auchChance – konfrontiert: Die Fusion zweier Hochschulendieser Größenordnung im Jahr 2003 war ein bis dahin in

Deutschland ungekannter Vorgang, dessen Medienlärmdurchaus bis nach Köln gedrungen ist. Zudem war es dieFusion zweier ganz besonderer Modell-Hochschulen: derAnfang der 1970er Jahre gegründeten Gesamthochschulen.Nach der Fusion wurde dieses Modell ad acta gelegt undeine Universität neu gegründet. Das Gründungsrektoratunter Leitung meines Vorgängers, Herrn Altrektor Zech-lin, war zu Beginn der Amtszeit mit erheblichen internenPositionskämpfen befasst. Ich zolle Herrn Zechlin undseinen Mitstreitern große Anerkennung, dass es ihm undihnen gelungen ist, in den vergangenen Jahren diesen

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Angesichts der Dimension der neuen Aufgabe und derhohen Erwartungshaltung hatte ich trotz der Freude darü-ber nachgedacht, ob ich ruhigen Gewissens überhauptnoch einmal vom Arbeitsalltag würde abschalten dürfen.Hätte dieser Gedanke überwogen, würde ich heute nichtvor Ihnen stehen. Aber auch wenn ich der Auffassung bin,dass meine Entscheidung reiflich überlegt war, hat mir einvor kurzem in der Zeitschrift „Nature“ veröffentlichterAufsatz zu denken gegeben. Dort stand, dass wir eine un-korrigierbar optimistische Spezies seien, die positive Er-gebnisse erwarte, selbst wenn es keine Grundlage dafürgebe. So erwarten die Leute beispielsweise länger undgesünder zu leben als der Durchschnitt der Bevölkerung,oder sie unterschätzen die Wahrscheinlichkeit, von einerScheidung betroffen zu sein, oder sie überschätzen ihrenErfolg am Arbeitsmarkt.1

Ich stimme insofern zu, als ich überzeugt bin, man müssedurchaus Optimist sein, um die Leitung einer deutschenUniversität zu übernehmen. Ich mag nicht an die vielenfragenden und skeptischen Blicke meiner Kölner Kollegendenken. Da es dort in den vergangenen Jahren menschlichund wissenschaftlich sehr gut lief, mag manchen meineEntscheidung verwundern. Doch dazu nur so viel:

Nach knapp dreißig Jahren selbstständiger Forschung mitdem ständigen Wechsel von Anträgen auf Forschungsför-derung und dem darauf folgenden obligaten Abfassen derBerichte sowie nach fünfzehn Jahren in Köln ist in mirder Entschluss eines Tätigkeits- und Ortswechsels gereift –wobei Neugier sicherlich das wichtigste Motiv war.

Zwei Amtsperioden als Dekan der mathematisch-naturwis-senschaftlichen Fakultät haben mir zudem gezeigt, dassich Interesse am Wissenschaftsmanagement habe und dassich es als befriedigend empfinden kann, Probleme andererzu lösen – obwohl die Position eines Dekans als Prellbockzwischen vielfach einer widerstrebenden Fakultät undeinem nach vorn drängenden Rektorat nicht immer mitübermäßigem Lustgewinn prämiert ist. Mir bereitet esjedenfalls Freude zu initiieren, während ich das Erntenohne Bedauern auch anderen überlassen kann. Gleichwohl

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Fusionsprozess zu einem Punkt zu bringen, an dem mansich wieder auf das akademische Geschäft von Lehre undForschung konzentrieren kann.

Noch sind nicht alle Nachwehen der Fusion überwunden:Es stehen Umzüge, Arrondierung und Optimierung vonehemals auf zwei Standorte verteilten Fächern auf der Ta-gesordnung. Insgesamt befindet sich die Universität, soweitich das nach drei Wochen im Amt sagen darf, aber in einemZustand, der einlädt weiterzumachen. Ich liebe zwar He-rausforderungen – als „Forscher mit Tatendrang“, wie jabereits die WAZ titelte –, aber Tantalus oder Sisyphos ge-nieße ich lieber in der Literatur und nicht im Selbstversuch.

Die Universität Duisburg-Essen hat bei der Forschungs-und Lehrqualität Potenzial – wie ich meine, in einemAusmaß, das es verdient, noch stärker in der Öffentlich-keit bekannt gemacht zu werden. In den letzten Jahrenwurden Chancen der Fusion genutzt, und es kam zu zahl-reichen sehr guten Berufungen. Die Konzentration aufForschungsschwerpunkte hat Nuklei mit Peripherie undVernetzungen mit Potenzial erzeugt – zum Teil sindbereits beachtliche Erfolge vorzuweisen.

Doch die Fusion hat viele der dringend für den heftig ent-brannten Wettbewerb der Universitäten notwendigen Kräf-te gebunden und dazu geführt, dass vielleicht noch nichtalle in aller Klarheit die aktuellen revolutionären Umbrücheim deutschen Universitätswesen und ihre Konsequenzenerkannt haben. Ich habe Stimmen wie „Man soll uns dochjetzt in Ruhe lassen!“ gehört, doch diese idyllische Ruhe,so menschlich verständlich der Wunsch danach ist, wirdes nicht geben. Zwar hat sich Duisburg-Essen an der Ex-zellenzinitiative der Bundesregierung mit mehreren Pro-jekten beteiligt, aber – so meine Einschätzung von außen– dieser Wettbewerb kam drei bis vier Jahre zu früh. Das,was durch die Fusion erreicht werden sollte – durch ver-schiedene Sparmaßnahmen der alten Landesregierung teil-weise aber wieder zunichte gemacht worden ist –, näm-lich eine kritische Masse zu erzeugen, beginnt langsamFrüchte zu tragen. Steigerungsraten bei den Drittmittelnsind unter anderem ein Beleg für wachsende Forschungs-

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Ziel der nächsten drei bis vier Jahre wird es sein, in diezweite Liga aufzusteigen, was der Universität Duisburg-Essen aus eigener Kraft durchaus gelingen kann. In einerweiteren Phase sollte im Rahmen der UniversitätsallianzMetropole Ruhr (UAMR) auch die erste Liga möglichsein. Zunächst sollte man aber den bisher eingeschlagenenWeg des kontinuierlichen Auf- und Ausbaus synergiefähi-ger Bereiche konsequent weitergehen. Vielleicht kommtdann im Lauf der Jahre auch der Mut zum großen Schritt.

Doch muss ich hier auch die schwierige Ausgangslangeder Universität Duisburg-Essen klar machen. Zur Zeit fin-det in Deutschland ein – erlauben Sie mir dieses Wort –brutaler Verdrängungswettbewerb statt. Ein Wettbewerb,der politisch gewünscht ist. Die Exzellenzinitiative hat in-nerhalb weniger Monate die deutsche Hochschullandschaftdramatisch verändert. Die neun Exzellenzuniversitäten mitihrem neuen Geld sowie die Universitäten mit den Exzel-lenzclustern und Graduate Schools, die ebenfalls mit reich-lich neuem Geld ausgestattet wurden, kämpfen um die

leistungen. Auch die gestiegene Nachfrage der Studieren-den und die Verbesserung der Abschlussquoten sprechenfür sich. Trotzdem sind die bei der aktuellen Evaluierungim Rahmen der Exzellenzinitiative angesetzten Parameternicht für alle Teile der Universität schon so, als dass siebei der Förderlinie „Exzellenzuniversität“ hätten reüssie-ren können. Auf die besondere Ausgangssituation derGesamthochschule mit einer bestimmten Mentalität beieinigen, die sich dem Wettbewerb in Forschung und Lehrenur bedingt öffnen wollen oder können, will ich nicht nä-her eingehen. Insgesamt haben die Wurzeln dieser Uni-versität, sei es Fachhochschule oder Pädagogische Hoch-schule, den Start in die sich mit großem Tempo differen-zierende deutsche Universitätslandschaft – euphemistischausgedrückt – nicht gerade vereinfacht.

Für mich stellt sich die Situation in Duisburg-Essen so dar,dass wir hier, wenn man die Universitäten in Deutschlandin vier Ligen einteilt, in der dritten Liga spielen. Es gibtbundesweit neun Exzellenzuniversitäten, die meines Erach-tens ihren Titel aber teilweise noch verdienen bzw. vertei-digen müssen. Zwei bis drei von ihnen werden die Voraus-setzungen für die Championsleague haben, aber aktuellerscheinen in globalen Rankings die besten deutschenUniversitäten erst auf den Plätzen fünfzig bis sechzig. Aufdie mit der Evaluierung verbundenen Probleme und diefür Deutschland nicht immer günstigen Parameter und denUmstand, dass das Universitätsniveau in der Breite in derWelt seinesgleichen sucht, möchte ich hier nicht näher ein-gehen, denn das ist ein eigenes Thema. Es ist nun einmalso, dass auf die Rankings geschaut wird, gerade auch imAusland und nicht nur von den Forschern, sondern auchvon den potenziellen Studierenden.

Zu den neun Exzellenzuniversitäten gesellen sich etwazwanzig bis dreißig Standorte der zweiten Liga, die mitmindestens einer Graduate School und/oder einem Exzel-lenzcluster punkten konnten. Duisburg-Essen gehört mitseiner regionalen Bedeutung in die dritte Liga; die Fach-hochschulen und die Universitäten ohne Punkte in derExzellenzinitiative und ohne regionale Bedeutung bildendie vierte Liga.

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Ich persönlich halte eine breite Forschungslandschaft inDeutschland übrigens für sehr viel erstrebenswerter alsdie Konzentration auf neun oder – wie angepeilt – insge-samt zwölf bis vierzehn Eliteuniversitäten nach der näch-sten Runde des Exzellenzwettbewerbs 2011/2012. Wennman meint, dass man zwei bis drei ETHs oder Cambridge/Oxfords braucht, wird sich dies im Laufe der nächsten Jah-re und Jahrzehnte entwickeln lassen. Aber darunter sollteman es möglichst breit halten. Exzellenzcluster in derChemie oder der Literaturwissenschaft an einer Universi-tät machen noch keine gute Biologie oder Philosophie.

Natürlich sollte der Wettbewerb intensiviert werden, aberdie Konzentration auf zu wenige sogenannte Elitehoch-schulen führt zu Nachwuchsproblemen erheblichen Aus-maßes. Doch wie gesagt, ich möchte dieses Thema nichtvertiefen. Auch möchte ich nicht den Eindruck erwecken,dass sich Duisburg-Essen nicht dem Wettbewerb stellenwill. Das werden wir tun; auch wäre ein Plädoyer für einegewisse Fairness in diesem Zusammenhang sicherlichnaiv. Die Universität Duisburg-Essen hat durch die Fusion,so sinnvoll sie war und so gut sie in weiten Teilen auchstrukturell in die Tat umgesetzt wurde, wertvolle Jahreverloren, und nur mit ganz besonderen Anstrengungenwird man in der nächsten Runde der Exzellenzinitiativeerfolgreich sein können.

Sollte es nicht gelingen, in den nächsten vier Jahren min-destens ein Cluster und eine Graduate School zu erlangen,wäre der Weg in eine reine Lehruniversität mit lediglichrandständiger Forschung vorgezeichnet: Es würden unsdann die besten Forscherinnen und Forscher verlassen;wir würden weniger talentierten Nachwuchs – Studierendeund Promovierende von außerhalb, national wie interna-tional – gewinnen können; die leistungsorientierteMittelzuweisung (LOM) durch das Land, deren Anteil ander Universitätsfinanzierung von zurzeit 20 % steigenwird, würde sich, auch infolge einer dann weiter sinken-den Zahl von Doktoranden und Forschungsgeldern, be-schleunigt spiralförmig nach unten bewegen. Das hättezur Folge, dass kaum noch eine kompetetive Forschungs-infrastruktur geboten werden könnte, und die Attraktivität

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besten Hochschullehrenden. Und die Erosion an den Stand-orten, die im Rahmen der Initiative nicht erfolgreich waren,hat schon in großem Umfang begonnen. Eine Stratifizierungder Hochschulen ist die Folge – ich erwähnte es schon.

In England setzte dieser Prozess in den 1990er Jahren einund hat innerhalb weniger Jahre eine Hochschullandschaftgeschaffen, in der sich neben den vier EliteuniversitätenCambridge, Oxford, Imperial College of London und Uni-versity College of London weitere fünfzehn Mitglieder inder sogenannten Russel-Group vereinigt haben. Diese neun-zehn Universitäten erhalten ca. 80 bis 85 % der Forschungs-gelder. Für die anderen etwa einhundertzehn Universitäten,innerhalb derer es noch die sogenannte Gruppe der „1994er“gibt, die wie die Russel-Group ebenfalls neunzehn Univer-sitäten umfasst, die darum kämpfen, in diese aufzusteigen,

bleibt dann nicht mehr viel übrig. Wenn man sich zudemvergegenwärtigt, dass die oben genannten Forschungsuni-versitäten zu 60 % durch den Staat und zu 40 % durchForschungserfolg finanziert werden, kann man sich leichtvorstellen, wie sich die Entwicklung in Deutschland voll-ziehen wird. Die Verfestigung der genannten Gruppenging sehr schnell, die Volatilität ist gering und damit auchdie Chance aufzusteigen.

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kritiker, beschreibt das Vorgehen der Reformer in Anleh-nung an Kurt Lewin, einen führenden Vertreter der Unter-nehmensberatung, der drei Phasen unterscheidet:

Unfreezing,

Moving,

Refreezing.2

Was ist für das Unfreezing, das Auftauen des SystemsHochschule, notwendig? Man regt z. B. die Veränderungs-bereitschaft der Betroffenen an, indem man es schlecht re-

det, es als in seinen Grundfesten morsch hinstellt und alsnicht mehr erneuerungsfähig – mit Schlagzeilen wie etwadie der OECD, nach denen Deutschland den Anschluss in

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würde noch weiter sinken. Der circulus vitiosus und derWeg in eine reine Lehruniversität mit urbaner, maximalregionaler Ausstrahlung wären nicht mehr aufzuhalten.

Ich betreibe keine Schwarzmalerei, und mancher mag den-ken, dies sei kein Thema für eine Feierstunde. Aber wennich es nicht heute sage, wann dann? Nur Offenheit gegen-über den Problemen hilft weiter. Nach den Mühen der Fu-sion darf man sich nicht in den Fachbereich zurückziehenund hoffen, dass die dunklen Wolken vorbeiziehen. Ichkann Ihnen versprechen: Die Wolken sind über uns!

Bevor ich aber zu Überlegungen komme, wie ich mir eineUniversität wünsche, möchte ich in einem kurzen Exkursauf die Kritik an den Bestrebungen zum Umbau der deut-schen Universitäten eingehen. Denn es wird ein wichtigerTeil meiner künftigen Arbeit sein, mich mit diesen vieleKöpfe beherrschenden Gedanken auseinanderzusetzen undÜberzeugungsarbeit für eine Weiterführung des Umbausder Universität zu leisten.

Ich möchte nicht verschweigen, dass die zahlreichen Ver-änderungen im deutschen Universitätssystem nicht nurzustimmend zur Kenntnis genommen werden. Es wirdnoch weitgehend positiv gesehen, dass unser Bildungswe-sen vor dem Hintergrund des neu entstehenden Weltarbeits-marktes und der etwa in Osteuropa und Asien zu beobach-tenden Potenzierung leistungsfähiger Arbeitnehmer immermehr einen strategischen, Wohlstand sichernden Faktordarstellt. Es wird auch konzediert, dass unsere Bildungs-system Effizienzsteigerung zulässt, denn es gibt an denUniversitäten unnötig umständliche Prozesse, die Zahl derStudienabbrecher ist immer noch viel zu hoch und dieAusstattung von Laboren und Bibliotheken weit entferntvom Wünschenswerten, ja nur Erforderlichen. Es wird indiesem Zusammenhang gefragt, ob die Probleme imma-nent seien, ob es sich um ein im Kern funktionsfähigesBildungswesen handele, welches man optimieren könne,oder ob man einen kompletten Systembruch brauche –und ob hinter den Lösungsvorschlägen nicht vielleichtauch privatwirtschaftliche Eigeninteressen liegen würden.Dietrich von der Oelsnitz, ein Vertreter dieser Bildungs-

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Auch wird die Einmalgenehmigung zum Dauerverfahren:Die permanente Akkreditierung hat zum Ergebnis, dassdie Universitäten programmatisch unter Kontrolle bleibenund gleichzeitig die Akkreditierungsagenturen 10.000 bis20.000 Euro pro Studiengang verdienen. Der Staat behältdas Heft in der Hand, und die Agenturen haben eineLizenz zum Gelddrucken.

Kritisiert wird auch, dass durch die McDonaldisierung derHochschule, die geprägt ist durch die neuen Begriffe Effi-zienz, Exzellenz, Kompetenz, Modularisierung und Clus-

terisierung etc., in Jahrzehnten gewachsene Fachstandardsund Diskursfelder aufgelöst werden. Der Bachelor bringtkleinen Fächern den Tod; sie können kein eigenes, identi-tätserhaltendes Profil mehr ausbilden.

Es gibt weitere Kritikpunkte:

Die Lehre wird von der Forschung abgetrennt. Nütz-lichkeit und direkte Anwendbarkeit sind offenbar dieMaxime; sogenannte destruktive Technologiekritikdurch Soziologen und Philosophen ist unerwünscht,eine optimistische Bejahung betrieblicher Innovationenangesagt.

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der Ausbildung von Hochqualifizierten gegenüber anderenIndustrieländern zu verlieren drohe. Zwar gibt es einen An-stieg von 19,3 auf 20,6 % Studierende eines Altersjahr-gangs an Universitäten und Fachhochschulen, doch in derOECD sind es 34,8 %. Angeblich haben nur die Türkeiund die Tschechische Republik eine niedrigere Quote.

Aber sind diese Zahlen wirklich vergleichbar? Der Bache-lor ist in Frankreich das Abitur, in den USA ein College-Abschluss oder aber ein vollumfängliches Hochschulstu-dium. Und auch innerhalb Deutschlands ist der Bachelornicht genormt: acht Semester in Hannover, sechs in Braun-schweig, sieben an der TU Ilmenau bei den Ingenieurwis-senschaften und sechs bei den Wirtschaftswissenschaften.Zudem bleibt das deutsche duale System unberücksichtigt.

Wenn man nun etwas Bewährtes umstoßen will, sollte manauch ein Belohnungssystem etablieren – wie z. B. die Ex-zellenzauszeichnung durch den Staat –, das von Finanz-spritzen begleitet wird. An den Universitäten wurden diebewährten – ? – Selbstverwaltungsstrukturen zerschlagen.Neu kamen der Hochschulrat und das Hochschulfreiheits-gesetz, worin die Kritiker einen direkten Einfluss der Pri-vatwirtschaft auf die Besetzung der Lehrstühle wie auchauf andere wichtige Entscheidungen bei der Ausrichtungder Universität sehen.

Nach dem Moving, dem Verändern, kommt dann nachLewin der dritte Schritt, das Stabilisieren, das Refreezingdes Neuen. Neben den Hochschulräten, denen Teile derUniversität mit einer tiefgreifenden Skepsis begegnen,wurde eine zweite Kontrollebene in die schöne neue Bil-dungswelt eingezogen: die Akkreditierungsagenturen.

Inhaltlich zwingt man hier, meist mithilfe der Studieren-denvertreter, die Universitäten dazu, den Umfang der Lehr-kontingente/Semester zu reduzieren. So wurden es in Ilme-nau 25 statt geplanter 29 Semester-Wochenstunden. Dasses in China 45 sind, scheint hier keinen wirklich zu inter-essieren – nach dem Motto „Sollen die in Asien dochmehr lernen, wir sind so gut, dass wir uns kleinere Bil-dungsbrötchen leisten können.“

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uns? Es gibt bereits zahlreiche private Hochschulen miteher eindimensionalen Profilen. Und es werden mehr, undsie könnten die Stellung unserer Universitätskultur nach-haltig bedrohen.

Bekommen Sie nun aber keine Angst! Zum Abschlussmeiner Ausführungen möchte ich Mutmachendes themati-sieren. Und ich möchte zuerst von Visionen sprechen, diefür mich eine Essenz des Lebens sind, von Visionen, ohnedie das Leben fade wäre. Zwar hat Helmut Schmidt ein-mal gesagt, dass, wer Visionen habe, einen Arzt aufsuchensolle, aber in diesem Punkt möchte ich ihm nicht zustim-men. Natürlich bedarf es eines Arbeitsalltags mit Planbar-keit, Verlässlichkeit und auch Biederkeit. Aber Visionensind notwendig, damit die bekannten Gleise auch verlas-sen werden können und man sich Neuem öffnet, auchwenn es erst nur einer, dann wenige sind, die sich abseitsdes Mainstreams artikulieren. Ohne Visionen und Träumekönnte man sein Leben ja schon frühzeitig festlegen, plan-bar machen, wie ein Angestellter des alten BAT, der schonmit 20 Jahren wusste, wieviel er mit 50 verdienen würde.

Man kann statt von Visionen auch von Träumen sprechen.Ja, ich habe welche, und ich werde Sie mit einigen behelli-gen, die sich auf die Universität im Allgemeinen und dieUniversität Duisburg-Essen im Besonderen beziehen.

Ich sehe eine Universität, die sich allen Menschen ak-tiv öffnet mit Angeboten für Berufstätige, für Rentne-rinnen und Rentner, für Schülerinnen und Schüler, fürAusländerinnen und Ausländer. Natürlich wird es wei-ter den Wissenschaftler im viel zitierten Elfenbeinturmgeben, aber es werden nur wenige sein, die diesen Turmnicht verlassen. Und auch diese Wissenschaftler brau-chen wir. Die Universität muss immer Platz haben fürNach-, Vor- und Querdenker, Verschrobene. Genialitätauf einem Sektor bedingt oft Defizite in anderen Berei-chen, aber um Begabungen zu erkennen und sie ausle-ben zu können, braucht es eine Universität, die sichnicht allein über Rationalität, Effizienz, Wirtschaftlich-keit definiert. Die Universität muss ein Raum für dieFreiheit des Gedankens bleiben. Nur so entsteht Neues.

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Forschungsinhalte werden auf das ökonomisch Verwert-bare beschnitten. Konsequenz sind Einschränkungender Freiheit für Studierende und Hochschulen. Die Ak-kreditierungsagenturen bestimmen die Inhalte neuerStudiengänge, das Studium wird verkürzt und verschult.

Es entsteht eine akademische Zweiklassengesellschaft:Lecturer/Professoren mit 18 Semester-WochenstundenLehre, W2-Grundgehalt bei Geisteswissenschaftlernauf der einen Seite, Zulagen bei Ingenieuren, Naturwis-senschaftlern, Juristen und Wirtschaftswissenschaft-lern auf der anderen Seite.

Es bleibt weniger Zeit für Studierende – wegen derArbeitsbelastung der periodischen Lehrberichte, Aus-landsdokumentationen, Drittmittelanträge, Erfolgsstatis-tiken, Evaluationen, Akkreditierungen etc. Für vieleWissenschaftler gibt es Forschung nur noch amWochenende.

Es wird gar der Verdacht geäußert, die Verelendungdes öffentlichen Bildungswesens könne Teil einerStrategie sein. Nicht nur, dass die Absolventinnen undAbsolventen immer einseitiger auf die Belange derWirtschaft ausgerichtet würden, die zunehmendeEntstaatlichung der Hochschulen führe auch zur Öff-nung gegenüber profitorientierten Akteuren derGesellschaft.

Ich möchte diese Aufzählung nicht fortsetzen, denn Siekennen sie aus den internen Diskussionen, der Presse etc.Der Exkurs soll nur verdeutlichen, dass ich die Kritik-punkte und ihren Ursprung kenne und auch ernst nehme,gleichwohl ich sie nicht alle und nicht in diesem kategori-schen Ausmaß teile. Man muss natürlich für eine freie,selbstbestimmte, der Grundlagenforschung und dem kriti-schen gesellschaftlichen Diskurs verpflichtete Universitätkämpfen. Und natürlich ist die Universität nicht die ver-längerte akademische Werkbank der Industrie. Doch wennwir unsere Fragestellungen völlig losgelöst von der öko-nomischen und gesellschaftlichen Realität suchen undbearbeiten würden, wer hätte dann bald noch Interesse an

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Da in der Exzellenzinitiative nur erfolgreich sein wird,wer schon Erfolge hat, werden Fächer mit Sonderfor-schungsbereichen, strukturierten Promotionsprogram-men, Forschergruppen oder Graduiertenkollegs konse-quent weitergefördert. Bisher weniger Erfolgreiche erhal-ten eine Chance, in den nächsten zwei Jahren aufzu-schließen. Sie sollen bis zu den nächsten Gesprächenüber die Zielvereinbarungen identifiziert werden; dieZielvereinbarungen sind entsprechend zu formulieren.Der Nano-Bereich mit seinen drei Sonderforschungs-bereichen wird aber sicher im Zentrum unserer Bemü-hungen für die Einwerbung eines Clusters stehen.

Ich sehe eine Universität, in die die Studierenden unddie Lehrenden am Morgen gerne gehen, weil die Archi-tektur ansprechend ist, weil es Möglichkeiten des Tref-fens für wissbegierige und diskussionsfreudige Men-schen gibt. Eine Universität, in der die Dozierendendie Studierenden ihres Seminars mit Namen kennen,um deren Interessen und Fähigkeiten wissen und sichindividuell mit ihnen auseinandersetzen können. Ichsehe Cafés, Clubs, Restaurants, in denen Lehrende undStudierende über Wissenschaft, Moral, die Zukunft undvieles mehr diskutieren und nicht nur über die Umset-zung der neuen Prüfungsordnung oder die letzte Kür-zungsrunde. Eine Universität, die die Studierendennicht um 17 Uhr oder 18 Uhr verlassen, um sich in ih-ren häuslichen, familiären Kreis zurückzubegeben alskämen sie von der Arbeit, sondern wo sie in Kollegs, inDisputationsrunden, bei Feten oder bei politischerArbeit freiwillig noch länger verweilen.

Und ich sehe eine Universität, in der der Leistungsge-danke positiv bewertet wird und in der man sich nichtschämt, wenn man zur geistigen Elite gehören möchte.

Was muss getan werden, um solche Visionen Realität wer-den zu lassen, den skizzierten Teufelskreis eines universi-tären Abstiegs aufzuhalten? Ich möchte Ihnen aus meinemMaßnahmenkatalog sieben Punkte vorstellen:

Absolute Priorität hat die Intensivierung der Suchenach den qualifiziertesten Hochschullehrerinnen und -lehrern. Wegen der gesamthochschulbedingtenschlechten Ausstattung vieler Professuren mit Mitar-beiterinnen und Mitarbeitern sowie Sachmitteln wirdes nicht möglich sein, alle existierenden Professurenimmer sofort zu besetzen. Es muss konzentriert wer-den, um kompetetive Ausstattungen zu schaffen. Inder Konsequenz heißt das auch, dass nicht alle Fächererhalten bleiben können, zumindest nicht in der jetzi-gen Form. Gegenwärtig kann man die einzelnen Berei-che nicht adäquat ausstatten und wird deshalb nichtdie besten Hochschullehrerinnen und -lehrer und folg-lich auch nicht die besten Studierenden bekommen.

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geht hierbei also nicht primär um Integration in dieGesellschaft und Sozialarbeit. Erkenntnisse darüber,warum nicht alle Gruppen der Gesellschaft – vielleichtaus religiösen, ethnischen, sozialen oder familiärenGründen – den Weg zur Bildung und zur Wissenschaftfinden, sind das Ziel. Denn Intelligenz ist nach Gaußverteilt: Es handelt sich hierbei um eine Kurve, die sichnicht an gesellschaftlichen Gruppen oder Schichtenorientiert. Unter dem Dach des Diversity Manage-ments – also: Integration in Wissenschaft – sollen dieForschungsergebnisse, die existierenden Ansätze unddie zu entwickelnden neuen Ideen gebündelt werden.

Zur Illustration der Bedeutung dieses Themas beziehe ichmich auf zwei Artikel, kürzlich erschienen in DIE ZEITund in CAPITAL: Innerhalb der Hartz-IV-Sätze von 347Euro für Erwachsene oder 278 Euro für Kinder über 14Jahre und 208 Euro für Kinder unter 14 Jahre gibt es null (!) Euro für Bildung, 128 Euro für Nahrung,Getränke und Tabak, 34,70 Euro für Schuhe, Kleidung,13,88 Euro für Gesundheitspflege, 31 Euro für Telefon,38 Euro für Freizeit und 27,76 Euro für Sonstiges, insbe-sondere Körperpflege und Hygiene. Aber null Euro fürBildung!! Im zweiten Artikel wird dagegen darauf hinge-wiesen, dass das einzige Mittel gegen Reallohnverluste„Bildung“ heiße. Es sei Hauptaufgabe der Politik, mög-lichst viele Deutsche an Bildung zu beteiligen.

Wie passen diese Aussagen zusammen? Wenn man sich inverschiedenen Sudien anschaut, wie stark viele Elternhäu-ser die Bildungslaufbahn der Kinder negativ beeinflussen,gibt es nur einen Schluss: Es muss alles versucht werden,eine Umkehr der Entwicklung zu bewirken. Die Univer-sität untersucht die Gründe, die Auswirkungen aber auchdie potenziellen Mittel zur Verbesserung. Ich hoffe dazubeitragen zu können, dass die Universität Duisburg-Essenmit ihren Forschungsschwerpunkten zu diesem Thema eindeutliches Alleinstellungsmerkmal erlangen kann.

Es ist mir ein besonderes persönliches Anliegen, mich fürdie Optimierung der Bildungschancen einzusetzen. Aberes wird auch mein Anliegen sein, aufzuzeigen, dass die

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Dem Einwand, warum man sich überhaupt auf dienächste Runde der Exzellenzinitiative konzentrierensoll, ist einfach zu begegnen: Bereits ein einzigesCluster oder eine einzige Graduate School üben einegroße Strahlkraft auf die Gesamtuniversität aus, undnur durch dieses Exzellenzetikett, so sehr das auch kri-tisiert werden mag, wird es möglich werden, den Wegin die reine Lehruniversität zu vermeiden.

Ausbau der Lehrqualität: Es geht nicht an, dass manteurer wird, aber nicht besser. Die Verbesserungenmüssen für die Studierenden zeitnah sichtbar werden.Ein Schwerpunkt des neuen Rektorats wird die Initiie-rung einer Lehrqualitätsoffensive sein. Neben freierLehre muss es aber auch eine Verstärkung bei Ausbil-dungskooperationen mit Unternehmen geben, denneine praxisorientierte Ausbildung liegt – neben derrein akademischen – im ureigenen Interesse der Stu-dierenden. Ebenso wird man auf die Schülerinnen undSchüler verstärkt zugehen. Und es muss auch sein,dass sich die Universität verstärkt Nichtabiturientinnenund Nichtabiturienten öffnet und besonders motivierteStudienanfängerinnen und -anfänger aufnimmt. Manmuss zudem gezielt Fort- und Weiterbildungs-maßnahmen auf die jeweiligen persönlichen Familien-und Arbeitsbedingungen zuschneiden, denn nicht jederhat die ganze Woche und drei bis fünf Jahre lang Zeit.

Auch könnte ich mir andere Modelle für Studienbei-träge vorstellen, was ich in den nächsten Monaten so-wohl mit den Studierenden als auch mit dem Ministe-rium diskutieren werde.

Neben der Verbesserung der Lehrqualität wird die Inte-gration in Wissenschaft Priorität haben. Die Bedeu-tung dieser Aufgabe, die man auch mit Diversity Mana-gement umschreiben kann, aber nicht muss, wirddurch die Schaffung eines eigenen Prorektorats unter-strichen. Wir werden künftig alle Potenziale in unsererGesellschaft brauchen, sowohl aufgrund der demogra-phischen Entwicklung als auch mit Blick auf die inter-nationale Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes. Es

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Universität es nur bedingt alleine schaffen kann. Diesesgilt für die Forschung genau so wie für die Bildungsge-rechtigkeit. Mit der Zahlung von Steuern ist es in Deutsch-land für die meisten Menschen getan, den Rest soll derStaat richten. In anderen Ländern wird die Eigenverant-wortung wesentlich höher bewertet, und auch der Bildungwird eine wesentlich höhere Bedeutung zugemessen. DieUniversitäten werden mit zweistelligen Milliardenbeiträ-gen privat unterstützt, während man in Deutschland umjeden Euro kämpft. Doch ist ein Umdenken zu beobach-ten: So gab es 200 Millionen Euro für die Freie Universi-tät Bremen, die jetztige Jacobs-Universität, oder 200 Mil-lionen Euro von SAP-Gründer Hector für die KarlsruherUniversität. Diese Gelder sind dringend nötig. Zwar darfsich Karlsruhe Exzellenzuniversität nennen, im globalenWettbewerb um die besten Wissenschaftlerinnen und Wis-senschaftler haben die deutschen Hochschulen jedoch wei-terhin das Nachsehen. Was amerikanische HochschulenSpitzenforschern an technischer Ausstattung oder Gehaltbieten, kann eine deutsche staatliche Hochschule nichtbezahlen, auch wenn das Hochschulfreiheitsgesetz denWeg in die richtige Richtung frei gemacht hat. Dennochdarf der jetzt hier und da rieselnde Geldregen die Univer-sitäten nicht zu dem Trugschluss verleiten, dass sie vonjetzt an nur noch die Taschen aufhalten müssen. Fundrai-sing, das professionelle Geldsammeln, benötigt selbstzunächst viel Geld, gut ausgebildete Mitarbeiterinnen undMitarbeiter und einen langen Atem. Genau daran hat esbisher in Deutschland aber gefehlt.

Und – das ist mir wichtig zu betonen – es geht nicht alleinum Geld: Die Spender wollen auch wissen, wofür sie spen-den. Man muss sie zunächst begeistern und in die Univer-sität einbinden, und über den Aufbau eines Vertrauensver-hältnisses wird es dann vielleicht auch zur finanziellenBeteiligung kommen: wenn man sieht, dass man mit ei-nem neuen Tomographen Krankheiten im Ansatz erken-nen und viel Leid vermeiden kann, wenn man sieht, dassman einen hocheffizienten Motor entwickeln kann, der dieUmwelt und den Geldbeutel schont und zugleich die Ab-hängigkeit Deutschlands von Potentaten sehr unterschied-lichen Zuschnitts mindert.

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Energie fressender Computer. So brauchen neue Compu-ter z. B. nur 0,27 statt ca. 0,5 KWh, und bei vielleicht4.000 Computern, die an 250 Tagen im Jahr rund achtStunden pro Tag laufen, kommt man schnell auf ein Ein-sparpotential von 300.000 bis 400.000 Euro. Mit der Ein-sparung kann man kontinuierlich alle neuen Computer-anschaffungen finanzieren.

Mit dem letzten Punkt möchte ich konkret deutlichmachen, welche Baumaßnahmen unabdingbar sind,um die genannten Ziele zu erreichen: In Duisburg istes das NanoEnergieTechnikZentrum (NETZ), das füreinen Erfolg in der nächsten Exzellenzinitiative, aberauch für die überregional sichtbare wissenschaftlicheSchwerpunktsetzung in den Natur- und Ingenieurwis-senschaften steht; in Essen ist es eine neue Bibliothek.

Mit dem Wegfall der Bahngleise, die das Universitäts-gelände in Essen bislang wallartig nach Süden abge-schirmt haben, muss eine Öffnung zur Stadt geschaf-fen werden: ein Ort für Studierende, an dem sie sichwohl fühlen und gerne lesen und lernen, der Räumebietet für Kultur und Diskussion – zur An- undVerbindung von Stadt und Universität. Insgesamt mussdie gesamte Südfront der Universität neu gestaltetwerden. Ich denke hier an einen Architekten- undKünstlerwettbewerb. Für beide Maßnahmen fehlt nochdie Finanzierung. Aber durch die neue Freiheit derUniversität können wir sicherlich ausreichend Geldaufnehmen und schnell handeln. Und unter Umstän-den kommt uns auch das Engagement der EssenerBürgerinnen und Bürger zur Hilfe.

In Deutschland gibt es 4,5 Billionen Euro Kapital auf denBanken und 4,8 Billionen in Form von Immobilienvermö-gen – und hier handelt es sich nicht um die mittlerweileberüchtigten Subprime-Werte. Vielleicht kann man mitder Öffnung der Universität in Richtung Stadt die Bürge-rinnen und Bürger motivieren, Verantwortung auch für ih-re Universität zu übernehmen, ganz neue Wege zu gehen,die zeigen, dass das Ruhrgebiet zu Aufsehen erregendenLeistungen noch oder wieder fähig ist.

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Es wird auch wichtig sein, in die Schulen zu gehen – auchfür mich persönlich – und schon in der Grundschule fürWissenschaft und Universität zu werben. Für den Über-gang zur weiterführenden Schule und für jedes Jahr, wel-ches erfolgreich absolviert wird, wird für Schülerinnenund Schüler, die aufgrund ihres familiären, sozialen oderethnischen Hintergrundes nicht primär den Weg in dieBildungsgesellschaft gegangen wären, zusammen mitMäzenen Geld angespart. Mit diesen Hilfen kann den jun-gen Menschen ein Studium ohne wirtschaftlicheExistenzängste ermöglicht werden.

Für diese hier beispielhaft aufgezeigten Aufgaben habendie Universitätsvereine schon wertvolle Arbeit geleistet,sei es die Duisburger Universitätsgesellschaft oder dieFreunde und Förderer in Essen. Ich werde helfen, an ei-nem Bewusstseinswandel hin zu Eigen- und Mitverant-wortung mitzuarbeiten. Nur eine erfolgreiche Universitätwirkt positiv in die Region hinein. Erfolgreiche Wissen-schaftler, erfolgreiche Studierende, erfolgreiche Ausgrün-dungen, erfolgreiche Kooperationen, bessere Chancen beiJobs, höhere Gewerbesteuern, bessere Infrastruktur etc. –die Städte Duisburg und Essen verlieren, wenn die Univer-sität Duisburg-Essen verliert.

Angesichts der anfangs geschilderten dramatischen Situa-tion ist ein Kraftakt notwendig. Ich hoffe nicht, dass michdie Bürgerinnen und Bürger enttäuschen werden. Ich wer-de jedenfalls die mir zur Verfügung stehende freie Zeitauch nutzen, um für die Universität und damit für eineprosperierende Zukunft des westlichen Ruhrgebietes unddes Niederrheins mit allem Nachdruck zu werben. Undsollte es notwendig sein, werde ich auch mit der Sammel-büchse in die Einkaufsstraße gehen.

In die Aufzählung der Umsetzung meines Traumes voneiner lebenswerten Universität gehört das mir nicht min-der wichtige Projekt des ökologischen Umbaus der Uni-versität. Dies umfasst gleichermaßen die Erhöhung derEnergieeffizienz der Gebäude, die Gewinnung von Ener-gie durch alternative Techniken über die Optimierung derklassischen Energie bis hin zum konsequenten Austausch

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In die von mir zur Diskussion gestellten Prozesse werdeich zusammen mit dem Rektorat alle Gruppen der Univer-sität einbeziehen. Nur durch größtmögliche Transparenzwird zu erreichen sein, dass alle an einem Strang ziehen.Wir werden jedenfalls alles Notwendige tun, um mit Red-lichkeit, Verlässlichkeit, Fleiß, Beharrlichkeit und dem Glau-ben an den Erfolg die uns übertragene Aufgabe zu erfüllen.

Ich freue mich jedenfalls auf die neue Aufgabe – lasst esuns mit gemeinsamer Kraft angehen. „Glück auf!“

1 “We are an incorrigibly optimistic species, expecting positi-ve outcomes even when there is no basis for such expecta-tions. For example, people expect to live longer und be heal-thier than average, they underestimate their likelihood ofgetting a divorce, and overestimate their prospects for suc-cess on the job market.“ In: Nature, 405, 2007, 102 ff.

2 Vgl. Von der Oelsnitz, Dietrich: „Wie Bildung inDeutschland zur Ware verkommt. Die neuen Fesseln der‚entfesselten’ Hochschule.“ In: Universitas, 740, 2008, 159 –174.

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IMPRESSUM

Herausgegeben vom Rektorder Universität Duisburg-Essen

Redaktion: Monika Rögge

Fotos: Andre Zelck

Druck: UniversitätsDruckZentrum UDZ

Duisburg/Essen im April 2009 ISSN 1613-8902

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FORSTHAUSWEG 2

D-47057 DUISBURG

UNIVERSITÄTSSTRASSE 2

D-45141 ESSEN

www.uni-duisburg-essen.de


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