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Interview mit Anna Bergman - Anregungen für den … · Interview mit Anna Bergman Anregungen für...

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Interview mit Anna Bergman Anregungen für den Einsatz in der Vermittlungsarbeit Foto: Albert Lichtblau 1
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Page 1: Interview mit Anna Bergman - Anregungen für den … · Interview mit Anna Bergman Anregungen für den Einsatz in der Vermittlungsarbeit ... Architekten November ...

InterviewmitAnnaBergman AnregungenfürdenEinsatzinderVermittlungsarbeit

Foto:AlbertLichtblau

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Page 2: Interview mit Anna Bergman - Anregungen für den … · Interview mit Anna Bergman Anregungen für den Einsatz in der Vermittlungsarbeit ... Architekten November ...

Inhalt: ‐Biographisches ‐Transkript(Auszug) ‐Arbeitsimpulse(Oberstufe/Unterstufe) ‐Vertiefung:Dokumentation“Erinnerungsbilanz”

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BiographischeszuAnnaBergman 1917geboreninTřebechovicepodOrebembeiHradecKrálové/Königgrätz (Tschechoslowakei);inwohlhabendenVerhältnissenineinertschechisch‐jüdischenFamilie aufgewachsen

1939nachderdeutschenOkkupationAbbruchdesJus‐StudiumsnachSchließungderPrager Universität,BeginneinerHutmacherlehre

Mai1940HeiratmitBerndNathan,einemausDeutschlandgeflüchtetenjüdischen Architekten

November/Dezember1941DeportationdesEhepaaresinsGhettoTheresienstadt/Terezín; ihreFamiliewird1942ebenfallsdeportiertundinAuschwitzermordet

Februar1944GeburtihresSohnesDanimGhetto,dernachzweiMonatenstirbt;imselben JahrerneuteSchwangerschaft

Oktober1944AnnaBergmanfolgtihremMannfreiwillignachAuschwitz,derdortimJänner 1945erschossenwird;sieselbstwirdwenigeTagenachihrerAnkunftindasLagerFreiberg beiDresden(FabrikFreia),einAußenlagerdesKZsFlossenbürg,verlegt

April1945EvakuierungineinerdreiwöchigenFahrtineinemKohlewaggonnach Mauthausen,dortGeburtderTochterEva

Mai1945BefreiungundRückkehrnachPrag

1948nachderkommunistischenMachtübernahmeEmigrationnachGroßbritannien zusammenmitihrerTochterundihremzweitenEhemann,KarelBergman lebtezumZeitpunktdesInterviewsinCardiff,Wales(Großbritannien)

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Transkript(Auszug) (23:22) AndwearriveinMauthausen,andIsawtheletteringonthestation,Mauthausen,andIstart havingthebaby.Because,evenifIcouldn’t(unverständlich),thatwasit,thatwasthefact. AndpeoplewhocouldwalkweremarchedtotheFestung,tothecamp,whichwasonthe hillaboveMauthausen.Andpeoplewhocouldn’twalklikeIandotherwhowasinform,were putonacart,andsomebodypusheditup.Idon’tknowhowwegotup,whopusheditup,if itwashorses,Idon’tknow,Ihaveforgottenthat.AndIwassortofslowlyhavingthisbaby, ornothavingit,butwhatever.AndIdon’tknow,whyitwas,the29thofApril1945,about8 oclockintheevening.Thesunwasshining,itwasbitterlycold.AndasifIhadnotanyother worries,Iadmiredthebeautifulcountryside.Thewinesandthedanubedownthere,asifI had not had any other worries. But perhaps, somebody explained it to me, perhaps you thought it was the last nice thing you would see in the world, and this ist the end (unverständlich).Idon’tknow.Well,anyway.Wearriveinthefortress.AndthereIhaveto change the carts. From one cart to another, having the baby, and sort of very near it. Climbingthosecarts,itwasjustinhuman.Anyway,therewasaRussiandoctorwhowaswith us as a prisoner. And I begged her to help me, and (macht „wegwerfende“ Geste) went away.Prisoner.NotGerman.Non‐Jewish.Andthenwewereontheothercartwhichwent down thehill, and I probably screamedor something,because thebabywas coming, and therewasaGermanSS‐manpassingandhesaid„Dukannstweiterschreien“.Hewasvery gnädig,no,anyway.Andthebabycameoutanddidnotmoveanddidnotstir.Andthere wereabout20womenonthatcart,withFlecktyphusanddying.And Iwassittingup,and theywerelyingoverme,andthebabyhere,noitwasincredible.Wearrivedinthehospital, socalledfortresshospital,becauseitwascalled,everyconcentrationcamphadaRevier.So wearriveoutsidethatrevierandsomebodycallsadoctor,andthedoctorhappenedtobea professor forgynocology fromBelgrad.Andhecomes,andcutsheroff,cuts thebabyoff. The Germans, ah, your compatriots, the Austrians were already that size (macht eine „so klein“–Geste), Imustsay,becausethegaschamberwentupthatdayorsomething.And theygavemeabunkofmyownwiththatlittlebaby,andbroughtmefood,somespaghetti withgodknowshowmuchfatonit,whichcouldhavekilledmeafterthreeweeksoffasting. And then, the Germans, or, whoever it was, disappeared. And there was a little nurse runningarounduswhocouldn’tmove,Imeanwhowereill,orwithalittlebaby.AndIsaid: „Wouldyoupleasegiveabathtomylittleboy,nobodyhaslookedathiminafewdays.“And shesaid:„Whatdoyoumean,alittleboy,it’salittlegirl.“AndthenIgothysterical.ImeanI neverunwrappedthisbaby,andnobodyelse,Ithought,did.Ijust(unverständlich)tohave milk, andheldher feet towarm it, thatwasall. Itwasa littleboy forme.And shewas3 pounds,oneanda half kilo, not quite. So I gothysterical.And therewerea lotof Jewish doctorsthereandtherewereabouteightroundmybedstraightaway.AndIasked:„How come?“ (Deutsch): A.B.:Am12AprilstarbRoosevelt.DieFabrikwarstillgelegtworden,undwirwurdenin offeneKohlewaggonsverfrachtet.Wirallehofften,zurücknachTheresienstadtzukommen, daslagamnächsten.Mehrals2WochenstandenwiraufeinemAbstellgleis,ohneEssen,

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ohneWaschmöglichkeiten.Ichwarim9Monat.Wirwarenvölligverdrecktundschmierig vonKohlenstaub.WirfühltenunsnichtmehrwieMenschen,nurschrecklich.Nach2 Wochengingesweiter,indenSüden,RichtungPilsen.InderNähevonPilsenbliebderZug aufdemGleisstehen,sieöffnetendieTüren,umzulüften.EinigeTschechengingenvorbei undsahenuns,SkeletteohneHaare,undunvorstellbarschmutzig.EinerderBauernsah mich,einSkelett.UnderbrachtemireinGlasMilch.Nebenmirstandunser Unterscharführer,derdenTransportbegleitete,einSS‐Mann,undernahmseinePeitsche, ertatmirnichts,zogsienurheraus.Ersahaus,alswollteermichschlagen.Ertatesnicht. Ichweißnicht,wasdieseGestesollte.DerBauerwurdefastohnmächtig,alsermichsah,ein hochschwangeresSkelett,ergabmirgeradezurLinderungMilch,undderDeutschemachte dieseBewegung.IchtranknieMilch,wedervordiesemEreignisnochnachher,aberdieses eineGlasgenossichwienichtsaufErden,wieNektar.DasnurenPassant.Vondortginges RichtungBudweis,dashießfürunswirgehennachÖsterreichunddaskonntenureines bedeuten:Mauthausen,naheLinz.Eswarklar,eskonntenurMauthausenbedeuten,aber trotzdemhofftenwirnoch.WirkamengeradeamBahnhofan,ichlasdasSchild „Mauthausen“,unddannsetztendieWehenein.JetztwaresGewissheit.Jene,diegehen konnten,musstenzurFestungmarschieren.ZumLager,amHügeloberhalbvonMauthausen gelegen.Wernichtgehenkonnte,wieich,odergebrechlichwar,kamaufeinenKarren.Ich weißnicht,werdenKarrenhinaufzog,vielleichtPferde.Ichhabedasvergessen.DasBaby warbeinaheda.Eswarder29.April.1945umachtUhrAbends.DieSonneschienundeswar bitterkalt.UndalshätteichkeineanderenSorgen,bewunderteichdieLandschaft,die WeinstöckeunddieDonau,alsgäbeesnurdas.Jemanderklärtemirdasso.Vielleichtdachte ichmir,dasletzteMalsoetwasSchöneszusehen.UnddassdiesdasEndewäre.Ichweißes nicht.WirerreichtendieFestungundichmusstedenKarrenwechseln.DasBabywar unterwegsundsoaufdenKarrenzuklettern,daswareinfachunmenschlich.Ichbateine Mitgefangene,einerussischeÄrztin,umHilfe,abersiegingeinfachweg.EineGefangene. KeineDeutsche.KeineJüdin,Russin.AufdiesemanderenKarrenfuhrenwirdenHügel wiederhinunter.Ichschrie,weildasBabykam.EinSS‐Manngingvorbeiundsagte:„Du kannstweiterschreien!“Erwarsehr„gnädig“zumir.DasBabykamherausundrührtesich überhauptnicht.Zirka20Frauen,anFlecktyphussterbend,warenaufdemWagen.Ichsaß undsielagenaufmirunddemBaby.Nein,eswarunglaublich.Wirerreichtendas sogenannteFestungsspital.EswurdeReviergenannt,jedesKonzentrationslagerhatteein Revier.WirkamenvordemRevieran.JemandriefeinenArzt.ErwareinProfessorder GynäkologieausBelgrad,einGefangener.ErkommtundschneidetdasBabyab.Ihre Landsleute,dieÖsterreicher,warenschonsoklein,weildieGaskammerandiesemTag geschlossenwordenwar.SiegabenmirunddemBabyeineeigenePritsche.Siebrachtenmir Essen,fettigeSpaghetti,diemichnach3WochenFastenhättenumbringenkönnen.Die Deutschen‐oderwerimmereswar‐warenverschwunden.EinekleineKrankenschwester kümmertesichumallediekrankwaren.IchbatsiemeinenkleinenJungenzubaden. Niemandhatteihnbisjetztuntersucht.Sieantwortete:„Aberdasistdocheinkleines Mädchen.“Unddawurdeichhysterisch.IchselbsthattedasBabynieausgepackt,auch niemandanderer,dachteich.Ichstilltesienurundhieltsiewarm.Fürmichwaresein kleinerJunge.Siewogungefähr1,5Kilo,nichtganz.Ichwurdehysterisch.8jüdischeÄrzte standenrundummeinBettundichfragte:„Wiekonntedaspassieren?“

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Arbeitsimpulse (Oberstufe)

• LesendesTranskripts(Auszug) Fragenbzgl.Erwartungshaltung:WiestellenSiesichdieZeitzeuginvor?Wiesiehtsie aus?Wieerzähltsie?

• AnsehenderInterviewsequenzbzw.desInterviewsmitAnnaBergman

‐ WaserzähltAnnaBergman(Inhalt)?

‐ WiebeschreibtsiedasVerhaltenderanderenPersonen?

‐ WieerzähltAnnaBergman(Körpersprache,Erzählstil,...)?

‐ WiepasstdaszurErwartungshaltung?(sieheoben)

‐ WasistfürSiediewichtigste/beeindruckendsteStelledesInterviews?

• VerbindungzumMauthausen‐Besuchherstellen

‐ Wiesiehtdasehemalige„Revier“heuteaus?WassehenSieandiesemOrtbzw.

habenSiegesehen?

• ZusätzlicheInformationenzuAnnaBergman:

‐Fotos,Biographie:sieheMauthausenCD‐Rom

‐Vertiefend/Abschluss:Dokumentation„Erinnerungsbilanz“vonAlbertLichtblau‐>

AuszugmitAnnaBergmanundTochter(siehedazuweiterunten)

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Page 7: Interview mit Anna Bergman - Anregungen für den … · Interview mit Anna Bergman Anregungen für den Einsatz in der Vermittlungsarbeit ... Architekten November ...

(Unterstufe)

• LesendesTranskripts(Auszug) WiestellstdudirAnnaBergmanvor?Wiesiehtsieaus?Wieerzähltsie?

• AnsehenderInterviewsequenzmitAnnaBergman (inZweier‐Gruppen):

‐ FasstdenInhaltderErzählungineigenenWortenzusammen.

‐ WasisteuchbeimAnsehennochaufgefallen(Körperhaltung,Gesichtsausdruck,

...)?

‐ WiepasstdaszueurerVorstellung?(sieheoben)

‐ Washatdichbeeindruckt?

‐ WelcheFragenstellthabtihrnoch?

• VerbindungzumMauthausen‐Besuchherstellen

‐ (wennvorBesuch):AchtebeideinemBesuchbesondersaufdasehemalige

„Revier“.DorthatAnnaBergmanmitihrerTochterdieletztenKriegstage

verbracht,überdiesieimInterviewerzählt.

‐ Wiesiehtdasehemalige„Revier“heuteaus?WassiehstduandiesemOrtbzw.

hastdugesehen?

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Vertiefung:Dokumentation“Erinnerungsbilanz”vonAlbertLichtblau WieerinnernsichÜberlebendedesKZ‐SystemsbeieinemBesuchinderGedenkstätte Mauthausen?WasbedeutenErfahrungenderNS‐VerfolgungfürihreFamilienmitglieder? DerFilmbegleitetdreiÜberlebendeundderenAngehörige–darunterAnnaBergmanund ihreTochterEva‐inderGedenkstätteanlässlichderEröffnungdesBesucherzentrums. Länge:38Min.

AnnaBergmanmitihrerTochterEvavordemtschechischenMahnmalanderGedenkstätte Mauthausen(2003). ©AlbertLichtblau DieDokumentation“Erinnerungsbilanz”vonAlbertLichtblauistalsDVDimBookshopander Gedenkstätteerhältlich. DieDokumentationistaußerdemonlineabrufbarunter: http://www.unitv.org/beitrag.asp?ID=94

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