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Interdisziplinarität in der AusbildungEin Projekt der Ergotherapieschule in Lilienthal, der Physiotherapieschule und der Logopädieschule in Bremen
K. VoigtW. Siebert-Bettinger
Wie kann interdisziplinäres Arbeiten schon in der Ausbildung angeleitet werden?Im Jahr 2006 entstand die Idee eines interdisziplinären Projekts der Logopädie-schule (Wisoak gGmbH) und der Physiotherapieschule (Bremer Heimstiftung) in Bremen und der Ergotherapieschule (Diakonisches Ausbildungs-Centrum) in Li-lienthal. Aus dem Wunsch, interdisziplinäres Arbeiten schon in der Ausbildung anzuregen, entstand ein Projekt der Lehrenden der drei Schulen, das 2007 und
2009 zu zweiwöchigen Schülerprojekten führte. Dabei fanden drei Teilprojek-te statt. In der folgenden Darstellung sollen der Ablauf und die Ergebnisse des Lehrendenprojekts und des Teilprojekts „Schädel-Hirn-Trauma (SHT)“ in An-lehnung an das Grundmuster der Projektmethode (Frey, 2007, S.55) dargestellt werden.
Fachschule für Logopädie
Kontakt:Karin Voigt, Fachschule für Logopädie, Dölvesstr. 8, 28207 Bremen
Layout: www.bremer-vis-kom.de
Projekt der Lehrenden Schülerprojekt SHT
1.Tag 2.Tag 3.Tag 4.Tag 5.Tag 6.Tag 7.Tag 8.Tag 9.Tag 10.TagMontag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag
09:00 Begrüßung/Zeitplanung/Ziele/Inhalte (alle anwe-send)
Plenum (alle) Fra-gen klären, Inhalte des heutigen Tags, Zeitstruktur, aktuelle Infos
Plenum (alle) Plenum (alle) Plenum (alle) Plenum Plenum Plenum Plenum Logo-Schule Abschluss- präsentation
09:30 Kennenlernen/Kleingruppen-bildung (alle)
Ziehen der Pat. Ein-richtung kennenlernen Vorstellung der Pat.
Fachvortrag zum Thema Angehörigen-arbeit
Fachvortrag zum Thema Compliance
Fachvortrag zum Thema Alternative Therapien (Theater, Tanz…)
Befund er-arbeiten Schwerpunkte herausarbeiten Therapieplan erstellen aus Sicht aller 3 Fachbereiche (Kleingruppen)
Therapieplan erstellen aus Sicht aller 3 Fachbereiche (Kleingruppen)
Präsentation vorbereiten und ausarbei-ten
Plenum (alle) Präsentation der Ergebnis-se aus allen 3 Kleingruppen
10:00
10:3011:00 Fachspezifi-
sches Arbei-ten: Diagnos-tikplan SHT ausarbeiten/Vorstellung im Plenum vorbe-reiten (Fach-gruppen PT, E, L)
Akteneinsicht und Rücksprache mit The-rapeuten/Lehrkräften11:30 Kleingruppen:
-Vorbereitung auf Befund -evt Fragen an Therapeuten vorbereiten
Kleingruppen: -Vorbereitung auf Befund -Auswertung PT-Befund -Fragen an Therapeuten richten
Auswertung Logo-Befund12:00
12:30 Pause Pause13:00 Jeder Fach-
bereich stellt seine Diagnos-tik zu SHT vor (alle)
Kleingruppen: - Auswertung der Da-ten (Akte/ Bericht) - Schwerpunkte bei Befundung setzen - evtl. offene Fragen formulieren- Festlegen, wer be-fundet bzw. dokumen-tiert (Vorschlag:1 Sch. Befund/ 1Sch. Ablauf/ 1 Sch. Dokumentati-on) - Überlegungen zur Dokumentationsform - wie werden alle auf den gleichen Stand gebracht (eine Lehr-kraft pro Schule)
Präsentations-form überle-gen
Planung und Auswahl der Präsentation für den Freitag
13:30 Befund PT 2 PT-Schüler 1 Logo-Schüler (3 Räume er-forderlich)
Befund Logo2 Logo-Schüler 1 Ergo-Schüler
Befund Ergo 2 Ergo-Schüler 1 PT-Schüler
14:00
14:30 Auswertung Befund PT (Kleingruppe) PT-Lehrer an-wesend
Auswertung (Kleingruppe) Logo-Lehrer anwesend
Auswertung (Kleingruppe) Ergo-Lehrer anwesend
15:00 Begehung der Einrichtung15:30
16:00 Schluss open end open end open end open end open end open end open end open end open end
Ist Zustand Disziplin Nahziel Fernziel Methoden (Beispiele)• Spastische Parese
rechts • Ataxie links
Logopädie Eutonisierung Haltungsaufrichtung Passives Bewegen der Arme
Physiotherapie • Transfer • Reduzierte Spastik
• Selbständiges Gehen mit Gehwagen
• Verbesserung der To-nussituation
Schwerpunktverlage-rung, passives Bewegen der Schlüsselpunkte, Gangschule, PNF, Vojta, Dehnung, Spastikhem-mende Lagerung
Ergotherapie • Ergonomische Sitzhal-tung
• Zielgerichtete Bewe-gungen
Verbesserung des kör-perlichenWohlbefindensund der Grobmotorik
Rollstuhl anpassen (Kis-sen, evtl. Rollstuhltisch), Therapie nach AffolterHilfsmittel anpassen
Selbständige Nahrungs-aufnahme
Verbesserung der Selb-ständigkeit
• Ausatemphase 5 Sek. • Atemsequenz 29
Atemzüge/Min.
Logopädie Atemvertiefung Verständlichkeit verbes-sern, deutliche Artikula-tion, längere Sätze
Luftdosierung, Luft-stromführung,modifi-zierte Akzentmethode
Physiotherapie Verbesserung der Atem-wahrnehmung
Sensorische Integration Kontaktatmung, Ausstrei-chungen, Heiße Rolle
Ergotherapie / / /
Erinnert sich nicht an Dinge/Geschehnisse aus der nahen Vergangenheit
Logopädie Nachsprechen von gan-zen Sätzen
kurze Texte nacherzäh-len
MIT, Rhythmisierung
Physiotherapie / / /
Ergotherapie Förderung der Kurzzeit-gedächtnisses
Förderung und Verbesse-rung der kognitiven Leis-tungen
Bilderfolge nacherzäh-len, Memory, Denkspiele
Präsentationen: Vorbereitung (7.-8.Tag)Präsentation vor Teilnehmern des Teilprojekts (9.Tag)Abschlusspräsentation vor allen Teilnehmern und Fachöffentlichkeit (10.Tag)
Beispiel: von Schülern erstelltes Plakat für die Abschlusspräsentation
Kooperationspartner: Lehrende der Ergotherapie-, Physiotherapie- und Logopädieschule. Zur Ideensammlung und Planung gab es mehrere Treffen al-ler Beteiligten. Standorte: an allen drei SchulenZiele: Interdisziplinäres Arbeiten initiieren, Aufgabengebiete, Grenzen und Überschneidungen verdeutlichenProblem: zeitliche und inhaltliche Einbindung in die Stunden- und Termin- pläne der drei Schulen
Aufgabe: 3 Patienten nach SHT sollen von je einer interdisziplinären Schü-lerkleingruppe logopädisch, ergo- und physiotherapeutisch befundet werden. Aufbauend auf die Befundung soll ein interdisziplinärer Grobtherapieplan er-stellt werden.Ziele: Fachkompetenz: Kennenlernen, Abgrenzung und Gemeinsamkeiten der drei Fachdisziplinen; Fachsprache und Methodik in Therapie und Diagnostik von SHT kennenlernenMethodenkompetenz: Gemeinsame Erarbeitung in KleingruppenSozial- und Personalkompetenz: Teamprozesse in den Kleingruppen transpa-rentmachen,Konfliktekonstruktivbearbeiten,ModerationVorbereitung: Kleingruppenbildung, Erstellen und Vorstellen des Diagnostik-plans für SHT, Kennenlernen der Einrichtung (1.Tag)
Rahmenbedingungen: 3 Teilprojekte über 2 Wochen 3 Kleinteams: zur Planung der Teilprojekte, Bsp. SHT-Projekt: je eine Lehren-de pro Schule aus dem Bereich neurologische StörungenAufgaben der Kleinteams: Patientenakquise, Raumorganisation, Stundenpla-nung, Medien, Auswahl der Kurse an den Schulen, inhaltliche Vorbereitung der Schüler in ihren FachdisziplinenAufgaben des Großteams aus allen teilnehmenden Lehrenden: Vorbereitung der Abschlusspräsentation, z.B. Einladung der Fachöffentlichkeit und Koopera-tionspartner der Schulen etc.
Recherche: Verteilen der Patienten, Informationen aus den Patientenakten und von behandelnden Therapeuten sammeln und auswerten. Diagnostikplan erstellen (2.Tag)
2-3mal wird die Teamarbeit in den Kleingruppen nach unterschiedlichen Kriterien(Interaktion,Kommunikation,Stimmung,UmgangmitKonflikten,Zeitmanagement,Struktur,Arbeitsverteilungetc.)reflektiert.JedeGrup-penarbeit wird protokolliert.
Praxis: Durchführung und Auswertung der Fachbefundungen (3.-5-Tag), Schwerpunkte herausarbeiten, gemeinsamen Therapieplan erstellen (6.-7.Tag) Beispiel: Interdisziplinärer Grobtherapieplan für Herrn S. erstellt von einer in-terdisziplinären Schülergruppe
Abschlusspräsentation: Jedes Teilprojekt wird allen Teilnehmern und einer ausgewählten Fachöffentlichkeit (ca. 150 Personen) vorgestellt.Die ca. dreistündige Präsentationsveranstaltung wurde mit Grußworten von Schulleitungen und Vertretern der Kooperationspartner, wie z.B. der Bremer Krankenhäuser (Gesundheit Nord), der Berufsverbände und kooperierender Hochschulen eröffnet. Im Anschluss präsentierte pro Teilprojekt eine Schüler-kleingruppe exemplarisch ihre Ergebnisse.Beim abschließenden Buffet gab es die Möglichkeit ins Gespräch zu kommen, zu diskutieren und die persönlichen Kontakte, die während des Projekts ent-standensind,zupflegen.
Evaluation: durchgehend positive Rückmeldungen der TeilnehmerKooperation der Schulen: Lehrveranstaltungen an den anderen Schulen wer-den von Fachdozenten übernommen, Zusammenarbeit im Bereich der Koope-ration mit den Hochschulen (Akademisierung), für Studienarbeiten der Logo-pädieschüler wurde Kontakt mit den anderen Schulen aufgenommen Konsequenzen für Folgeprojekte: interdisziplinäre Projekte sollten am bes-tensimletztenAusbildungsjahrstattfinden,daderStandpunktindereigenenFachdisziplin dann schon gefestigter ist. Es bleibt das Problem der zeitlichen und inhaltlichen Einbindung in die Stundenpläne, weshalb interdisziplinäre ProjekteinZukunftnurinkürzeremZeitrahmenstattfindenwerden.
Fach- und Methodenkompetenz: alle Kleingruppen konnten sehr gute Diag-nostikenundTherapieansätzefürdiePatientenfindenundgestaltenSoziale Kompetenz/ Selbstkompetenz: Die Arbeit in den interdisziplinären Kleinteams stellte durch die Mischung verschiedener Berufsgruppen und da-durch bekannter und unbekannter Personen hohe Anforderungen an die soziale Kompetenz der Teilnehmer. Nicht in allen Kleingruppen waren die Teilnehmer gleichmäßig involviert, teilweise aufgrund des unterschiedlichen Ausbildungs-standes.Fazit: Je gößer die Sicherheit mit dem Thema aus Sicht der eigenen Fachdiszi-plin ist, desto leichter ist interdisziplinäre Zusammenarbeit möglich.
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