Prof. Dr.-Ing. Marie-Theres Steinhoff
Raum: B 01-17
Hochschule Bochum
Lennershofstraße 140
44801 Bochum
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Institut für Geotechnik
Geotechnik – Vorlesungsunterlagen ENTWURF Teil 1
Wintersemester 2012/2013
Prof. Dr.-Ing. Marie-Theres Steinhoff
Heinz Grabowski
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Geologie (Entstehung der Gesteine und des Bodens)
1 Geologie (Entstehung der Gesteine und des Bodens)
Geologie ist die Wissenschaft von den Entstehungsvorgängen und der Entwicklungsgeschichte der Erde,
insbesondere der unserer direkten Beobachtung zugänglichen Erdkruste (earth crust).
Die für die Geotechnik bereichsweise interessante äußere, dünne Schale wird als Erdkruste bezeichnet.
Diese unterteilt sich in kontinentales Krustengestein, das aus Granitschichten mit 30 bis 60 km Dicke
besteht (Oberkruste: engl. granitic layer) und in eine ozeanische Kruste mit tiefen Basaltschichten und
Dicken von 5 bis 7 km (Unterkruste: engl. basaltic layer). Die Gesteinsdichten liegen beim kontinentalen
Krustengestein bei ca. 2,7 g/cm³ und bei der ozeanischen Kruste bei 2,9 bis 3,1 g/cm³.
Die Erdgeschichte unterteilt sich in vier Zeitaltergruppen:
Erdneuzeit (Känozoikum)
Erdmittelalter (Mesozoikum)
Erdaltertum (Paläozoikum)
Erdfrühalter (Präkambrium)
Jedes Zeitalter wird weiter in Systeme (Perioden), Abteilungen (Epochen), Stufen (Alter) und Zonen (Zeit)
unterteilt.
Die geologischen Verhältnisse eines Gebietes können geologischen Karten entnommen werden. In
diesen ist die Untergrundschichtung bis in eine Tiefe von ca. 1000 m angegeben.
Erdzeitalter Formation Abteilung
Jahre vor
der Ge-
genwart
Ablagerungen Gebiet
Erläuterungen
zur Karte „Geo-
logie von NRW“
Neozoikum =
Erdneuzeit
Quartär
Holozän (Allu-
vium)
(weiß)
10.000
Höhenlagen: Verwitte-
rungslehm in situ
Hanglagen:
Hangschuttmassen
Niederungsgebiete:
Talfüllungen, Deltabil-
dungen in den Mün-
dungsgebieten der
Flüsse
Das fein verästel-
te Netz des ab-
fließenden Was-
sers von den zahl-
reichen Bachläu-
fen bis zur Mün-
dung der Flüsse
und Ströme ins
Meer überall auf
den Kontinenten
Künstliche Auf-
schüttung, Sand,
Kies, von Auen-
lehm bedeckt,
sandiger Lehm,
Lehm
Pleistozän
(Diluvium)
(hellgelb)
600.000
Moränenschutt der
zurückgewichenen
Gletscher
Windsedimente
Alpenland, Nord-
deutsche Tiefebe-
ne,
Lößlandschaften
in den Vorgebie-
ten der zurückge-
wiche-nen Glet-
scher
Kiese u. Steine,
kiesige Sande,
Fein- u. Mittels-
and, einzelne
Tonlagen, Mergel,
Lehm u. Sande
mit feinen bis
groben Geschie-
ben
Tertiär
Jung-Tertiär
Relikte jüngster Ge-
birgsbildungen, Mee-
resablagerungen
Alpen, Pyrenäen,
Himalaya, Anden
u8sw. Kanalein-
bruch, Oberrhein-
Quarzkiese,
Quarzsande, Ton,
Schluffe, Glim-
mertone, z.T.
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Geologie (Entstehung der Gesteine und des Bodens)
Alt-Tertiär
70 ∙ 106
Erdöl, Naturasphalt,
Steinsalze, Kalisalze.
Basalt, Phonolith,
Trachyt, Tuff
talgraben, Main-
zer-, Wiener-,
Pariser Becken.
Tertiäre Mee-
resablager-ungen
kalkig und glau-
konitische Sande
Mesozoikum
= Erdmittelal-
ter
Kreide
Obere Kreide
140 ∙ 106
Schreibkreide, Mergel,
Kalke, Sandsteine,
Konglomerate
Mergel, Tone, Sand-
steine, Konglomerate
Emschergebiet,
Münsterländi-
sches Kreidebe-
cken, Pariser
Kreidebecken
Gesteine der Vor-
alpen z.B. Säntis,
2500müNN
Vorw. Mergel u.
mürbe Kalke, z.T.
mit Feuerstein,
Tonmergelsteine,
Mergelkalke,
Kalk- u.
Grünsandstein,
Sandmergelstein,
kieseliger Kalk-
stein
Untere Kreide
Dunkle Ton- u.
Tonmergelstein,
helle Sandsteine,
Grünsandstein,
kieseliger Mergel-
stein
Jura
Oberer Jura =
Màlm
Mittlerer Jura
= Dogger
Unterer Jura =
Lias
180 ∙ 106
Vorherrschend sind
helle Kalke, Dolomite,
Kalksandsteine
Vorherrschend: Braune
(eisensch.) Sandsteine
Vorherrschend: Dunkle
Tone u. Mergel, sowie
grau-blaue Mergel u.
Kalke
Französicher,
Schweizer, Deut-
scher Jura
Lothringen,
Britische Insel
Kalksandstein,
Kalke, Mergel-
stein, quarzit.
Sandstein, Kalke
u. Mergel m. Sali-
narfolge, dunkle
Ton- u. Tonmer-
gelsteine
Trias
Keuper
Muschelkalk
Buntsandstein
225 ∙ 106
Sandstein, bunte Let-
ten, Mergel, Dolomit,
Gips
Kalkstein, Mergel, Do-
lomit, Anhydrit, Stein-
salz
Rotweiße Sandsteine,
Konglomerate, Letten,
Gips, Steinsalz
Verbreitung in
weiten Gebieten
von Mittel- und
Süddeutschland
Dunkle Ton- u.
Siltsteine, quarzit.
Sandsteine, graue
u. bunte Tonstei-
ne u. Dolomite,
Mergelsteine m.
Gips, Anhydrit u.
Steinsalz, rote
Ton- u. Sandstei-
ne, Konglomerate
Perm = Dyas
Zechstein
280 ∙ 10
6
Kalksteine, Dolomite,
Letten, Gips, Anhydrit
Saar- Nahe- Gra-
ben
Vorw. Steinsalz,
Kalisalze u. An-
hydrit, Kalke, Do-
lomite, Tonstein,
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Geologie (Entstehung der Gesteine und des Bodens)
Paläozoikum
= Erdaltertum
Rotliegendes
Rote Konglomerate u.
Sandsteine, Letten,
Ton- u. Kieselschiefer,
Porphyre, Melaphyre,
Tuffe
Mendener Kon-
glomerat, Wart-
burg-
Konglomerat,
Südwestdeutsch-
land (Schwarz-
wald)
Konglomerate,
Sandsteine, Mer-
gel
Karbon
Oberes Kar-
bon
Unteres Kar-
bon
350 ∙ 106
Kohle, Grauwacken,
Sandsteine, Konglome-
rate, Schiefertone,
Tonschiefer, Kiesel-
schiefer, Kalkstein
Granit, Syenit, Gabbro,
Porphyr
Ruhrgebiet, Saar,
Nordfrankreich,
Belgien
Oberschlesien
Schieferton,
Sandstein, Stein-
kohlenflöze, rote
quarzit. Sandstei-
ne, grauer Sand-
stein, Konglome-
rate, Schiefertone,
Grauwacke, Plat-
ten- u. Kieselkalk,
Kiesel- u. Alaun-
schiefer
Devon
Oberdevon
Mitteldevon
Unterdevon
400 ∙ 106
Kalkstein, Grauwa-
cken, Sandstein, Ton-
schiefer
Diabas, Keratophyr
Rheinisches
Schiefergebirge,
Taunus, Hunds-
rück
Graue u. bunte
Tonschiefer,
Sandstein, banki-
ge u. knollige
Kalke, roter Ton-
schiefer u. Kon-
glomerat, band-
flaserige Ton-
schiefer m. Sand-
steinbänken, Ar-
kosen
Silur 440 ∙ 106
Ton-, Alaun-, Kiesel-
schiefer, Quarzite,
Grauwacken, Konglo-
merate, Kalksteine,
Diabase
Skandinavien,
Britische Inseln,
Kleine Teile des
Sauerlandes
Ton- u. Flaser-
schiefer, Grauwa-
cke, Kalke, Quar-
zit, schwarze u.
graue gebänderte
Tonschiefer
Kambrium
Ober-
Kambrium
Mittel-
Kambrium
Unter-
Kambrium
580 ∙ 106
Konglomerate, Grau-
wacken, Sandsteine,
Kalke, Ton- und Alaun-
schiefer, Diabas,
Porphyr
Norwegen, Briti-
sche Inseln,
Bretagne
Schwarze glän-
zende Tonschie-
fer, phyllitische
Schiefer, helle u.
dunkle Quarzite
Proteroz.
Archaikum =
Erdurzeit
Präkambrium 5000 ∙ 106
Konglomerate, rote
Sandsteine, Quarzite,
Schiefer, Granite,
Porphyre, Phyllite
Schwarze glän-
zende Tonschie-
fer, helle u. dunkle
Quarzite
Tab. 1-1: Tabelle der Erdzeitalter
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Geologie (Entstehung der Gesteine und des Bodens)
1.1 Erdaufbau
Abb. 1.1: Erd Erdaufbau aus „This Dynamic Earth“ (U.S. Geological Survey)
1.1.1 Gliederung
Kruste und oberer Mantel
Lithosphäre (engl. lithosphere) („Steinbereich“): Kruste und ein Teil des Oberen Mantels (engl.
upper mantle) bis ca. 100 km: starr, fest; ozeanische und kontinentale Kruste unterscheiden sich
durch ihre Dichte,die kontinentale Kruste ist weniger dicht und damit leichter.
Unter der Lithosphäre liegt ein Grenzbereich unterhalb dessen seismische Wellen (Erdbebenwel-
len) deutlich schneller durch das Gestein wandern, die sog. Mohorovicic-Diskontinuität (Moho).
Asthenosphäre (engl. astenosphere) („Schwächezone“): Oberer Mantel (engl. upper mantle) bis
ca. 250 km: zäh-viskos, gleitfähig (Masseaustausch mit der Lithosphäre über Subduktion und Rift
(konvergente und divergente Relativbewegungen).
Mesosphäre (engl. mesosphere) („Mittelzone“): unterster Teil des oberen Mantels bis ca. 650 km:
fest, aber fließfähig, inhomogen durch abtauchende Litosphärenplatten.
Unterer Mantel (650 bis 2900 km) (lower mantle)
Evtl. langsam konvektierender Bereich, auch in diesem Teil tauchen die Platten ab (vielleicht so-gar bis kurz vor die Mantel-Kern-Grenze).
Zwischen unterem Mantel und äußerem Kern liegt die Wiechert-Gutenberg-Diskontinuität.
Kern (2900 bis 6370 km) (engl. core)
Ähnlich einem Meteoriten besteht er hauptsächlich aus Eisen und Nickel, Druck bis 3500 Kilobar, Temperatur bis 5000° C.
Äußerer Kern engl. (outer core) 2900 bis 5100 km: flüssig, metallisch.
Zwischen äußerem Kern und innerem Kern liegt die Lehmann-Diskontinuität.
Innerer Kern (engl. inner core) bis 6370 km: fest, metallisch.
Das flüssige Material des äußeren Kernes strömt um den inneren Kern herum und erzeugt das Erdmagnetfeld (wie bei einem Dynamo).
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Geologie (Entstehung der Gesteine und des Bodens)
1.2 Gesteine
Gemenge von natürlich entstandenen Mineralien (engl. Mineral) nennt man in der Geologie Gesteine
(engl. rocks).
Eine Gruppierung der Gesteine erfolgt vorwiegend nach dem genetischen Prinzip, d.h. nach der Art der
Entstehung.
Danach unterscheidet man drei Hauptgruppen: die Magmatite, die Sedimente und die Metamorphite.
Diese sind in einem natürlichen Kreislauf (s. Abb. 1.2) miteinander verbunden.
Abb. 1.2: Kreislauf der Gesteine nach H.Schuman (1957)
Magmatite (engl. igneous rocks) entstehen durch Erstarren von magmatischem Material an der Erd-
oberfläche oder in der Tiefe der Erdkruste. Erstarrt das magmatische Material in der Tiefe der Erdkruste,
bilden sich die grobkörnigen Plutonite, auch Plutonische Gesteine oder Tiefengesteine genannt. Dringt
das Magma mit Hilfe vulkanischer Kräfte bis zur Erdoberfläche vor, entstehen die feinkörnigen Vulkanite,
Ergußgesteine oder auch Eruptivgesteine, kurz Eruptiva genannt. Übergangsgesteine zwischen beiden
Gruppen heißen Ganggesteine.
Sedimente (engl. sedimentary rocks) entstehen durch Ablagerung irgendwelcher Gesteinsreste auf
dem Festland oder im Meer. Die Aufbereitung der Gesteine, Verwitterung genannt, erfolgt durch Wet-
terelemente, wie Sonnenstrahlung, Frost und Regen, aber auch unter Mithilfe von Säuren und Organis-
men. Zwei Arten der Verwitterung sind zu unterscheiden: die physikalische oder mechanische Verwitte-
rung und die chemische Verwitterung.
Metamorphite (engl. metamorphic rocks) (Umwandlungsgesteine) entstehen durch Umwandlung an-
derer Gesteine in der Erdkruste infolge hoher Temperaturen und großer Drucke.
1.3 Böden
Entstehung der Böden
Vier Vorgänge führen zur Entstehung der Böden: Zerstörung (Verwitterung: engl. weathering) der Gestei-
ne, Abtragung (Erosion: engl. erosion), Transport (Frachtung: engl. transport) und Ablagerung (Sedimen-
tation: engl. sedimentation).
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Boden
Bleiben die Verwitterungsprodukte an Ort und Stelle liegen, spricht man von einem „Boden auf primärer
Lagerstätte“. Werden die Böden durch Wind, Eis oder Wasser weiter verfrachtet und dann abgelagert,
spricht man von „Böden in sekundärer Lage“.
Durch Wind verfrachtete (äolische) Böden: gleichförmig großer Porenanteil
Beispiele: Löß (kalkhaltiger Schluff von hellbrauner Farbe), Flugsand, Dünen
Durch Wasser verfrachtete (fluviatile) Böden: häufigste Art der Verfrachtung;
man unterscheidet Geröll- und Schwebverfrachtung.
Geröllverfrachtung: Hierbei werden die Gesteinsbrocken durch die Schleppspannungen an der
Gewässersohle transportiert. Die Schleppkraft des Wassers hängt u.a. vom Sohlgefälle des
Wasserlaufs ab. Da dies von der Quelle bis zur Mündung abnimmt, verringert sich der mittlere
Korndurchmesser des „Geschiebes“ entlang des Laufs.
Beispiele: Kiese und Sande
Schwebverfrachtung: Die feinsten Teilchen werden in Schwebe gehalten und z.T. bis zum Meer
transportiert. Durch den Einfluss des Salzwassers flocken die Teilchen aus und setzen sich lang-
sam ab.
Beispiele: Ton (Meeresablagerung feinster Bodenteilchen, die meist aus chem. Verwitterung
feldspatartiger Gesteine entstanden); Schlick (Tonschlamm der organische Bestandteile enthält);
Auelehm (in den Talauen abgesetzter, mit Sand vermischter Schwebstoff vor allem bei Hoch-
wasser); Bänderton (Die Bänderung beruht auf der Ablagerung feiner Sedimente, z.B. in eiszeitli-
chen Gletscherseen, in nach Korngrößen getrennten Schichten durch jahreszeitlich bedingte
Schwankungen des Schwebstoffgehalts).
Durch Eis verfrachtete (glaziale) Böden: Durch diese Art der Verfrachtung ist der Gesteinsschutt nicht
nach Korngrößen gelagert. Infolge des Eisdrucks meist eine sehr dichte Lagerung.
Beispiele: Geschiebemergel (Gemisch aller Korngrößen von hausgroßen Blöcken bis zum feinsten Ton;
kalkhaltig). Verschwindet durch fortschreitende Verwitterung der Kalkanteil, spricht man von Geschiebe-
lehm.
2 Boden
2.1 Kornverteilung (DIN 18123:2011-04)
Die Korngrößenverteilung (engl. granulometric distribution) beschreibt den Boden aufgrund der geometri-
schen Ausdehnung seiner Bestandteile und deren Massenanteile. Sie dient als Grundlage für Beurtei-
lungs- und Anwendungskriterien von Böden. Sie lässt Rückschlüsse auf bestimmte bodenmechanische
Eigenschaften zu.
Die Korngrößenverteilung im Boden mit Korngrößen über 0,063 mm wird durch Trennen der vorhande-
nen Korngruppen durch Siebung bestimmt. Enthält der zu untersuchende Boden keine Korngrößen unter
0,063 mm, dann wird die Trockensiebung angewandt. Bei Böden, die auch Anteile von Korngrößen unter
0,063 mm enthalten, wird die Korngrößenverteilung durch Siebung nach nassem Abtrennen der Feinteile
ermittelt. Durch die Sedimentation wird die Korngrößenverteilung der Kornanteile unter 0,125 mm be-
stimmt. Teilchen mit Korngrößen kleiner als 0,001 mm können durch dieses Verfahren nicht weiter unter-
teilt werden.
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Boden
1 Ton 4 Lehm 7 Sand 9 sandiger Kies 2 sandiger Ton 5 Schluff 8 Kiessand 10 Kies 3 toniger Schluff 6 Geschiebelehm
Abb. 2.1: Darstellung verschiedener Körnungslinien (DIN 18123)
2.1.1 Bestimmung der Kornverteilung durch Siebung
2.1.1.1 Trockensiebung
Die Probe wird im Trocknungsofen bei 105 °C getrocknet, nach Abkühlen auf 0,1 % der Probemenge
gewogen (Einwaage) und durch den aufeinander gesetzten Siebsatz gesiebt. Verwendet werden ge-
normte Siebsätze mit mindestens 200 mm Durchmesser und zwar: Siebe mit Prüfgewebe nach DIN ISO
3310-1:2001-09 (Maschenweiten 0,063mm; 0,125 mm; 0,25 mm; 0,5 mm; 1,0 mm und 2,0 mm; Siebe mit
Quadratlochblechen nach DIN ISO 3310-2:2001-09 (Lochweiten 4mm; 8mm; 16 mm; 31,5 mm und 63
mm). Bei Maschinensiebung ist in der Regel eine Siebdauer von 10 min erforderlich. An den Sieben mit
Maschenweite kleiner als 0,5 mm ist die Korntrennung durch Einzelsiebung von Hand nachzuweisen.
Der Massenunterschied zwischen der Einwaage und der Summe der Rückstände (Siebverlust) darf nicht
mehr als 1 % der Einwaage betragen. Ist der Massenunterschied größer, dann muss die Siebung mit
einer neuen Probe wiederholt werden.
2.1.1.2 Siebung nach nassem Abtrennen der Feinteile (Nasssiebung)
Die Probe wird im Trocknungsofen bei 105 °C bis zur Massenkonstanz getrocknet, nach Abkühlen auf 0,1
% ihrer Masse gewogen und in einem Bottich mit Wasser vermengt. Zum Lösen der Feinteilchen von den
gröberen Körnern wird das Gemenge von Hand bearbeitet. Nach kräftigem Durchrühren wird die Auf-
schlämmung durch ein Sieb mit Maschenweite 0,063 mm gewaschen. Der Siebdurchgang wird in einem
Gefäß aufgefangen, der Siebrückstand zum Ausgangsmaterial im Bottich zurückgegeben. Nach erneuter
Wasserzugabe wird der Vorgang so oft wiederholt, bis die abgegossene Flüssigkeit keine Trübung mehr
zeigt. Das vom Feinkorn befreite Grobkorn einschließlich des letzten Siebrückstandes wird getrocknet
und trocken gesiebt. Der Siebdurchgang durch das Sieb mit Maschenweite 0,063 mm wird bei 105 °C bis
zur Massenkonstanz getrocknet und gewogen.
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Boden
Die Masse der Rückstände auf den einzelnen Sieben und in
der Auffangschale wird in Prozente der Summe dieser Tro-
ckenmassen und diese in die entsprechenden Siebdurchgänge
umgerechnet. Die Siebdurchgänge werden in einem Diagramm
als Körnungslinie zeichnerisch dargestellt.
2.1.1.3 Bestimmung der Korngrößenverteilung durch Sedimentation
Durch die Sedimentation wird die Korngrößenverteilung der Kornanteile unter 0,125 mm bestimmt. Teil-
chen mit Korngrößen kleiner als 0,001 mm können durch dieses Verfahren nicht weiter unterteilt werden.
Verschieden große Körner sinken im stehenden Wasser mit unterschiedlicher Geschwindigkeit. Der Zu-
sammenhang zwischen Korngröße, Dichte und Sinkgeschwindigkeit wird durch das „Gesetz von Stokes“
angegeben. Da dieses Gesetz für kugelförmige Körper gilt, werden bei seiner Anwendung für die Körner
natürlicher Böden nur äquivalente (gleichwertige) Korndurchmesser ermittelt.
Zur Korntrennung wird die Bodenprobe im Wasser zu einer Suspension aufgerührt und diese in einem
Standglas sich überlassen. Durch das je nach Korngröße unterschiedlich schnelle Absinken der Körner
verändert sich dabei zeitlich die Verteilung der Korngröße und damit auch die Verteilung der Dichte in der
Suspension über die Höhe des Standglases. Zum Messen dieser Veränderung und zur Ermittlung der
Massenanteile der Korngrößen sind unterschiedliche Verfahren ge-
bräuchlich. In der Bodenmechanik wird das Aräometer-Verfahren nach
Bouyoucos-Casagrande verwendet.
Bei dem Aräometer-Verfahren wird die Dichte der Suspension mit ei-
nem Aräometer in zweckmäßig festgelegten Zeitabständen gemessen.
Aus den Suspensionsdichten und den Eintauchtiefen des Aräometers
wird die Korngrößenverteilung berechnet.
Die in Suspensionen enthaltenen Feinstteilchen neigen häufig zur Koa-
gulation (Flockenbildung). Tritt diese bei der Sedimentationsanalyse
auf, so wird ein Anteil an Feinstkorn gemessen, der in der Regel gerin-
ger ist als die tatsächlich vorhandene Menge. Zur Verminderung der
Koagulation muss stets ein geeignetes Antikoagulationsmittel (z. B.
Natriumpyrophosphat Na4P2O7 × 10 H2O) zugegeben werden.
2.1.1.4 Bestimmung der Korngrößenverteilung durch Siebung und Sedimentation
Enthält eine Bodenprobe gleichzeitig nennenswerte Mengen an Körnern unter und über 0,063 mm
Durchmesser, so müssen zur Bestimmung der Korngrößenverteilung der Probe die Korngrößen über
0,125 mm durch Siebung, die Korngrößen unter 0,125 mm durch Sedimentation bestimmt werden.
Abb. 2.2: Siebmaschine (Sieving machine for dry and wet
sieving) mit Sieben (Nasssiebung Wille-Geotechnik)
Abb. 2.3: Aräometer (Soil hydrometer) mit Standzylinder (Wille-
Geotechnik)
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Boden
2.1.1.5 Erkenntnisse aus der Körnungslinie
Liegt die Körnungslinie vor, kann der Boden klassifiziert werden (Hauptanteile, Nebenanteile).
Das Abschätzen der Wasserdurchlässigkeit kann mit Hilfe des wirksamen Korndurchmessers dw erfolgen.
dw = d10 entspricht dem Korndurchmesser bei 10% Siebdurchgang. Nach Hazen gilt für locker gelagerten
reinen Filtersand: kf = 116 dw ².
Aus der Neigung der Körnungslinie kann die Gleichförmigkeit abgelesen werden. Zahlenmäßig wird dies
durch die Ungleichförmigkeitszahl ausgedrückt. Sie ist ein Maß für die Neigung der Körnungslinie und wie
folgt definiert:
d60 und d10 sind die Korndurchmesser, die den Ordinaten bei 60% und 10% des Siebdurchganges der
Körnungslinie entsprechen.
Es gelten folgende Grenzwerte:
CU < 5 : gleichförmig
5 < CU < 15 : ungleichförmig
CU > 15 : sehr ungleichförmig
Die Ungleichförmigkeitszahl gibt Auskunft über die Verdichtbarkeit von nicht bindigen Böden und bindigen
Böden. Ungleichförmige Böden lassen sich besser verdichten als gleichförmige Böden, da die kleineren
Körner die Hohlräume zwischen den größeren ausfüllen können. Weiterhin ist die Ungleichförmigkeit ein
Hilfskriterium bei der Beurteilung der Frostempfindlichkeit von Böden.
Die Sieblinienkrümmung
wird in DIN 18196:2011_05 als Krümmungszahl CC bezeichnet. Mit CU und CC werden die grobkörnigen
Böden nach DIN 18196:2011_05 wie folgt eingeteilt:
Benennung Kurzzeichen CU CC
eng gestuft E < 6 beliebig
weit gestuft W 6 1 bis 3
intermittierend gestuft I 6 < 1 oder > 3
Tab. 2-1: Einstufung Sieblinienkrümmung
Aus der Körnungslinie eines Bodens, der zu entwässern ist, kann auch das richtig abgestufte Filtermate-
rial ermittelt werden. Ein Filter hat zwei Bedingungen zu erfüllen:
hydraulische Wirksamkeit: das Wasser muss schneller als durch den zu entwässernden Boden abgeleitet
werden
mechanische Wirksamkeit: der Boden darf nicht ausgespült werden und den Filter nicht verstopfen
Die Körnungslinie lässt Rückschlüsse auf die Fließsandgefahr zu (steiler Verlauf im Bereich zwischen 0,2
mm und 0,6 mm Korndurchmesser und 1,2 < U < 1,5)
Es können anhand der Kornverteilung qualitative Aussagen über Setzungsgröße und -dauer gemacht
werden.
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Boden
2.2 Glühverlust (DIN 18128:2002-12)
Die Bestimmung des Glühverlustes dient der Abschätzung der organischen Bestandteile im Boden. Dem
Versuch liegt die Annahme zugrunde, dass die in einem Boden enthaltenen organischen Bestandteile im
Gegensatz zu den mineralischen Bestandteilen verbrannt werden können. Der Massenverlust eines bin-
digen Bodens während des Glühens beruht jedoch nicht nur auf der Oxidation des organischen Kohlen-
stoffs zu Kohlenstoffdioxid, sondern stellt ein komplexes System verschiedener physikalischer und che-
mischer Vorgänge dar, z.B. wird beim Glühen gebundenes Wasser und Kristallwasser aus den Mineralien
freigesetzt. Außerdem kann Ca(OH)2 durch Aufnahme von CO2 in CaCO3 überführt werden und es kön-
nen Eisenverbindungen des Bodens unter Massenzuwachs oxidieren.
gl
[-]
Dabei ist
md die Trockenmasse des Bodens vor dem Glühen
mgl die Masse des Bodens nach dem Glühen
Organische Bestandteile binden viel Wasser und erhöhen dadurch den Porenanteil. Schon geringe Antei-
le können die Eigenschaften des Bodens erheblich verschlechtern. In Abhängigkeit von der Größe des
Glühverlustes folgt die Benennung von bindigen und nichtbindigen Böden der nachfolgenden Tabelle:
Benennung Sand und Kies Ton und Schluff
Vgl in % Vgl in %
Schwach humos 1 bis 3 2 bis 5
humos >3 bis 5 >5 bis 10
Stark humos >5 >10
Tab. 2-2: Benennung; bei organische Bestandteilen
2.3 Wassergehalt (DIN 18121-1:1998-04 & DIN 18121-2:2010-08)
Der Wassergehalt w (water content) einer Bodenprobe ist das Verhältnis der Masse des im Boden vor-
handenen Wassers mw, das bei einer Temperatur von 105°C verdampft, zur Masse md der trockenen
Probe:
Der Wassergehalt einer ungestörten Bodenprobe wird als natürlicher Wassergehalt bezeichnet.
Die Masse des Wassers erhält man aus der Massendifferenz zwischen feuchter und trockener Probe:
mw: Masse des Porenwassers
m: Masse der feuchten Probe
md: Masse der trockenen Probe
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Boden
Der Wassergehalt ist eine wichtige Kenngröße zur Beurteilung der Böden. Bei bindigen Böden beeinflusst
er in erheblichem Maße die Verdichtbarkeit und die Konsistenz und damit die Tragfähigkeit des Bodens.
Der natürliche Wassergehalt von Böden schwankt in sehr weiten Grenzen. Nachfolgend sind die Berei-
che der Schwankungen des Wassergehaltes für einige, häufig vorkommende Bodenarten angegeben:
Bodenart Wassergehalt w
[%]
erdfeuchte Sande und Kiese 2 -10
schwachplastische Böden, wie tonige
Sande, Schluffe, stark sandige Tone 10 – 25
plastische Tone 25 – 80
organische Böden 50 - >500
Tab. 2-3:Verschiedene Bodenarten mit zugehörigem Wassergehalt
Nach DIN 18121-2:2010-08 ist es möglich, mit einem handelsüblichen Mikrowellenherd eine Schnell-
trocknung durchzuführen. Durch Mikrowellen wird die Probe schneller erhitzt als im Trocknungsofen nach
DIN 18121-1. Die Trocknungstemperatur ist vom Absorptionsvermögen des Boden-Wasser-Gemischs
abhängig und kann bis etwa 300 °C betragen. Infolge der höheren Temperaturen können die ermittelten
Wassergehalte je nach Mineralart über den Werten liegen, die durch Ofentrocknung nach DIN 18121-1
erhalten werden. Dieses Verfahren ist für organische Böden oder Böden mit organischen Bestandteilen
ungeeignet.
In der DIN 18121-2:2010-08 finden weitere Verfahren zur Schnelltrocknung (Infrarotstrahler, Elektroplatte,
Gasbrenner und Luftpyknometerverfahren) Erwähnung.
2.4 Weitere Bodenklassifikationssysteme
Neben der DIN 1054:2010-12 ist noch eine Reihe weiterer Normen zur Klassifikation des Baugrundes in
Gebrauch.
2.4.1 Benennung der Bodenarten nach DIN EN ISO 14688-1:2011-06
Das Anwendungsgebiet dieses Teils der ISO 14688 umfasst den natürlichen oder künstlichen Boden und
ähnliches Auffüllungsmaterial. Die Benennung und Beschreibung von Fels werden in der DIN EN ISO
14689-1:2011-06 behandelt.
Anorganische Bodenarten
Ton ≤ 0,002 mm mm
Schluff > 0,002 mm - 0,063 mm
Feinschluff > 0,002 mm - 0,006 mm
Mittelschluff > 0,006 mm - 0,020 mm
Grobschluff > 0,020 mm - 0,063 mm
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Boden
Zum Grobkornbereich zählen folgende Korngrößenbereiche
Sand > 0,063 mm - 2 mm
Feinsand > 0,063 mm - 0,2 mm
Mittelsand > 0,2 mm - 0,6 mm
Grobsand > 0,6 mm - 2 mm
Kies > 2 mm - 63 mm
Feinkies > 2 mm - 6,3 mm
Mittelkies > 6,3 mm - 20 mm
Grobkies > 20 mm - 63 mm
Steine > 63 mm -
Tab. 2-4: Klassifizierung nach Korngrößen
Zusammengesetzte Bodenarten
In der Regel besteht der Baugrund aus einem Gemisch verschiedener Korngrößenbereiche (z.B. Sand
und Kies oder Sand und Schluff).
Eine Benennung der Gemische (Mischböden) erfolgt entweder nach den Gewichtsanteilen oder nach den
bestimmenden Eigenschaften. Dabei ist eine Benennung nach den Gewichtsanteilen bei grobkörnigen
Böden angebracht, während feinkörnige Böden nach den bestimmenden Eigenschaften benannt werden
sollten.
Benennung nach Gewichtsanteilen
Erfolgt die Benennung nach den Gewichtsanteilen, so wird diejenige Bodenart, die nach Gewichtsanteilen
am stärksten vertreten ist, der so genannte Hauptanteil (Hauptbodenart), mit einem Substantiv bezeich-
net (z.B. Sand oder Kies). Korngrößenbereiche mit kleineren Gewichtsanteilen, so genannte Nebenantei-
le, werden mit Adjektiven bezeichnet (z.B. sandig oder kiesig).
Sind bei grobkörnigen Böden zwei Kornfraktionen mit etwa gleichen Gewichtsanteilen vertreten (ca. 40%
- 60%), so sind die beiden entsprechenden Substantive durch ein "und" miteinander zu verbinden (z.B.
Sand und Kies).
Sind die Nebenanteile in besonders geringem oder besonders starkem Umfang vertreten, so wird dem
Adjektiv der Zusatz "schwach" oder "stark" vorangesetzt.
Bei bekannter Kornverteilungskurve (Körnungslinie) wird der Grad der Gewichtsanteile wie folgt gekenn-
zeichnet:
≤ 15 Gewichtsprozent als schwach (´)
15 < x < 30 Gewichtsprozent als normal
> 30 Gewichtsprozent als stark ( )
z.B. Kies, schwach feinsandig oder
Sand, stark feinkiesig, schwach grobschluffig
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Boden
Benennung nach den bestimmenden Eigenschaften
Die bestimmenden Eigenschaften von fein- bzw. gemischtkörnigen Böden hängen vom Ton - Schluffge-
halt ab, auch wenn hiervon nur ein geringer Gewichtsanteil vorhanden ist. In diesen Fällen sind die Sub-
stantive Ton oder Schluff bei der Benennung zu verwenden.
Die Bezeichnung Ton oder Schluff werden schon ab einem Gewichtsanteil von 30% bis 40% verwendet.
Weiterhin sind für Ton oder Schluff Angaben über den Grad der Plastizität und über die Konsistenz erfor-
derlich.
Organische Bodenarten
Rein organische Böden setzen sich aus den Resten mehr oder weniger stark zersetzter Pflanzen mit
Resten tierischer Organismen zusammen. Nach dem Grad der Zersetzung unterscheidet man nicht bis
mäßig bzw. stark zersetzten Torf. Mudden sind meist von feiner ton- oder schluffähnlicher Beschaffen-
heit.
Mineralische Anteile organischer Böden werden durch Anfügen entsprechender Adjektive gekennzeich-
net (z.B. Torf, feinsandig). Treten organische Bestandteile als Beimengung auf, werden diese durch die
Adjektive "torfig" oder "muddig" oder gegebenenfalls unter dem Oberbegriff "organisch" aufgeführt.
Bei Bedarf können die Kennzeichnungen "schwach" oder "stark" beigefügt werden. Die humushaltige,
Kleinlebewesen enthaltende oberste Bodenschicht bezeichnet man als Mutterboden. Reiner Humus
kommt als Mutterboden nur sehr selten vor. Meist liegt als Mutterboden eine Mischung aus Humus und
mineralischen Bestandteilen vor.
Kurzzeichen nach DIN 4023: 2006-02
Benennung Kurzzeichen
Hauptanteil Nebenanteil Hauptanteil Nebenanteil
Steine steinig X x
Kies kiesig G g
Grobkies grobkiesig gG gg
Mittelkies mittelkiesig mG mg
Feinkies feinkiesig fG fg
Sand sandig S s
Grobsand grobsandig gS gs
Mittelsand mittelsandig mS ms
Feinsand feinsandig fS fs
Schluff schluffig U u
Grobschluff grobschluffig gU gu
Mittelschluff mittelschluffig mU mu
Feinschluff feinschluffig fU fu
Ton tonig T t
Torf, Humus humos H h
Mudde F
(Faulschlamm)
Fels Z Lehm - Le -
Tab. 2-5: Kurzzeichen nach DIN 4023: 2006-02
Die vorstehende Tabelle beinhaltet die Kurzzeichen der einzelnen Bodenarten und ist ein Auszug aus der DIN 4023. Später wird die Anwendung dieser Kurzzeichen unter Verwendung von Beispielen erläutert.
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Boden
Klassifikation nach DIN EN ISO 14688-1:2011-06
Gegenüber der DIN 4022 wurde eine Anpassung an internationale Festlegungen vorgenommen.
Die Korngröße stellt die Grundlage für die Benennung mineralischer Böden dar, bei der Kornfraktionen
verwendet werden, um das bodenmechanische Verhalten zu unterscheiden. Ist die Körnungslinie be-
kannt, so sollten die Massenanteile grobkörniger Beimengungen
- bei weniger als 15% als schwach;
- bei mehr als 30% als stark
Benannt werden. (Bsp.: Mittelkies, stark feinsandig, grobsandig)
Bei feinkörnigen Böden kann dem Adjektiv „tonig“ oder „schluffig“ das Beiwort „schwach“ oder „stark“
dann vorangesetzt werden, wenn sie von besonders geringem oder besonders starkem Einfluss auf das
Verhalten des Bodens sind. Derartige Unterscheidungen sind aber nur bei grobkörnigen und bei ge-
mischtkörnigen Böden möglich, deren Verhalten nicht vom Feinkornanteil geprägt wird. (Bsp.: Kies, san-
dig, schwach schluffig)
DIN EN-ISO 14688-1:2011-06 (D) DIN 4023
Bereich Benennung Kurzzeichen Korngröße [mm] Kurzzeichen
nach DIN 4023
sehr grobkörniger Boden großer Block LBo > 630 Y
Block Bo >200 bis 630 Y
Stein Co >63 bis 200 X
grobkörniger Boden Kies Gr (gravel) >2bis 63 G
Grobkies (Coarse
Gravel)
CGr >20 bis 63 gG
Mittelkies MGr >6,3 bis 20 mG
Feinkies FGr >2 bis 6,3 fG
Sand Sa (Sand) >0,063 bis 2 S
Grobsand CSa >0,63 bis 2 gS
Mittelsand MSa >0,2 bis 0,063 mS
Feinsand FSa >0,063 bis 0,2 fS
feinkörniger Boden Schluff Si (Silt) >0,002 bis 0,063 U
Grobschluff CSi >0,02 bis 0,063 gU
Mittelschluff MSi >0,0063 bis 0,02 mU
Feinschluff FSi >0,002 bis 0,0063 fU
Ton Cl (Clay) < 0,002 T
Tab. 2-6: Kurzzeichen nach DIN EN-ISO 14688-1:2011-06 & DIN 4023
Reine Bodenarten bestehen nur aus einer Kornfraktion und werden nach dieser benannt, z.B. Kies Gr,
Feinsand FSa usw. Der Erste Buchstabe der Kornfraktionen (Hauptanteil) wird jeweils als Großbuchstabe
geschrieben.
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Boden
Zusammengesetzte Bodenarten bestehen aus Haupt- und Nebenanteilen. Sie werden Mit einem Sub-
stantiv für den Haupanteil und mit einem oder mehreren Adjektiven für die Nebenanteile benannt, z.B.
Kies, sandig saGr; Ton, kiesig grCl.
Als Kurzzeichen für die Nebenanteile sind Kleinbuchstaben zu verwenden, die vor die Kurzzeichen der
Hauptanteile gesetzt werden.
Hauptanteil ist entweder der Massenanteil, der am stärksten vertreten ist, oder jener, der die bestimmen-
den Eigenschaften des Bodens prägt. Sind zwei Kornfraktionen mit etwa gleichen Massenanteilen vertre-
ten, so sind deren Substantive durch einen Schrägstrich zu verbinden, z.B. Kies/Sand (Gr/Sa).
Nebenanteile sind Massenanteile, die die bestimmenden Eigenschaften des Bodens zwar nicht prägen,
jedoch beeinflussen können. Sind Nebenanteile in besonders geringem und besonders starkem Umfang
vertreten, so wird dem Adjektiv das Beiwort „schwach“ oder „stark“ vorangesetzt.
2.4.2 Klassifikation nach DIN 18196:2011-04
Nach DIN 18196 werden die Lockergesteine für bautechnische Zwecke in Gruppen mit annähernd glei-
chem stofflichen Aufbau und ähnlichen bodenphysikalischen Eigenschaften zusammengefasst.
Im Wesentlichen erfolgt die Einleitung nach folgenden Gesichtspunkten:
nach Korngrößenbereichen,
nach der Korngrößenverteilung,
nach der Plastizität,
nach organischen Bestandteilen.
Kennbuchstaben für die Haupt- und Nebenbestandteile
G = Kies (Gravel)
S = Sand
U = Schluff
T = Ton
O = organische Beimengungen
H = Torf
F = Mudde
K = Kalk
Kennbuchstaben für kennzeichnende bodenphysikalische Eigenschaften
Korngrößenverteilung
W = Weitgestuft
E = Enggestuft
I = Intermittierend
gestuft
Plastizität
L = Leicht plastisch
M = Mittelplastisch
A = Ausgeprägt plastisch
Zersetzungsgrad von Torf
N = Nicht bis kaum zer-
setzter Torf
Z = Zersetzter Torf
Einteilung in Bodengruppen
Mit Hilfe der bisher genannten Hilfsmittel nach DIN 18196 werden die Böden in Hauptgruppen und in
insgesamt 28 einzelne Gruppen unterteilt. Jede der 28 Gruppen ist mit zwei Großbuchstaben gekenn-
zeichnet. Der erste Kennbuchstabe gibt den Hauptteil der Bodenart an, während der zweite Kennbuch-
stabe für den Nebenanteil oder eine bestimmte kennzeichnende bodenphysikalische Eigenschaft steht.
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Tab. 2-7: Zusammengefasste Benennung nach DIN 18196:2011-04
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2.4.3 Klassifikation nach DIN 18300:2010-04
Nach DIN 18300 werden die Böden entsprechend ihrem Zustand beim Lösen in Klassen eingeteilt. Dabei
sind die Erläuterungen nach ZTVE-StB 94 i.d.F. von 97 zu beachten. Oberboden (Mutterboden) bildet
dabei eine von seinem Zustand beim Lösen unabhängige Klasse.
Klasse 1: Oberboden (Mutterboden)
Oberste Schicht des Bodens, die neben anorganischen Stoffen, z. B. Kies-, Sand-, Schluff- und Tonge-
mischen, auch Humus und Bodenlebewesen enthält.
Klasse 2 : Fließende Bodenarten
Bodenarten, die von flüssiger bis breiiger Beschaffenheit sind und die das Wasser schwer abgeben.
Klasse 3 : Leicht lösbare Bodenarten
Nichtbindige bis schwachbindige Sande, Kiese und Sand-Kies-Gemische mit bis zu 15 % Beimengungen
an Schluff und Ton (Korngröße kleiner als 0,06 mm) und mit höchstens 30 % Steinen von über 63 mm
Korngröße bis zu 0,01 m3 Rauminhalt1).
Organische Bodenarten mit geringem Wassergehalt, z. B. feste Torfe.
Klasse 4 : Mittelschwer lösbare Bodenarten
Gemische von Sand, Kies, Schluff und Ton mit mehr als 15 % der Korngröße kleiner als 0,06 mm.
Bindige Bodenarten von leichter bis mittlerer Plastizität, die je nach Wassergehalt weich bis halbfest sind
und die höchstens 30 % Steine von über 63 mm Korngröße bis zu 0,01 m3 Rauminhalt1) enthalten.
Klasse 5 : Schwer lösbare Bodenarten
Bodenarten nach den Klassen 3 und 4, jedoch mit mehr als 30 % Steinen von über 63 mm Korngröße bis
zu 0,01 m3 Rauminhalt1).
Nichtbindige und bindige Bodenarten mit höchstens 30 % Steinen von über 0,01 m3 bis 0,1 m3 Raumin-
halt1).
Ausgeprägt plastische Tone, die je nach Wassergehalt weich bis halbfest sind.
Klasse 6 : Leicht lösbarer Fels und vergleichbare Böden
Felsarten, die einen inneren, mineralisch gebundenen Zusammenhalt haben, jedoch stark klüftig, brüchig,
bröckelig, schiefrig, weich oder verwittert sind, sowie vergleichbare feste oder verfestigte bindige oder
nichtbindige Bodenarten, z. B. durch Austrocknung, Gefrieren, chemische Bindungen.
Nichtbindige und bindige Bodenarten mit mehr als 30 % Steinen von über 0,01 m3 bis 0,1 m3 Raumin-
halt2).
Klasse 7 : Schwer lösbarer Fels
Felsarten, die einen inneren, mineralisch gebundenen Zusammenhalt und hohe Gefügefestigkeit haben
und die nur wenig klüftig oder verwittert sind, auch festgelagerter, unverwitterter Tonschiefer, Nagelfluh-
schichten, Schlackenhalden der Hüttenwerke und dergleichen.
Steine von über 0,1 m3 Rauminhalt2).
1) 0,01 m3 Rauminhalt entspricht einer Kugel mit einem Durchmesser von ≈ 0,3 m.
2) 0,1 m3 Rauminhalt entspricht einer Kugel mit einem Durchmesser von ≈ 0,6 m.
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2.5 Bodenphysikalische Kennwerte
2.5.1 Dichte und Wichte von Böden
Die Dichte (engl. density) des Bodens ist die Masse mf der feuchten Probe bezogen auf das Volumen V
der Probe einschließlich der mit Flüssigkeit und Gas gefüllten Poren (Bodenmasse pro Volumeneinheit):
[
]
Die Trockendichte d ist der Quotient aus der Masse der trockenen Probe md und ihrem Volumen V ein-
schließlich der Poren:
[
]
Zwischen beiden Dichten gilt die Beziehung:
mit w = Wassergehalt.
In der Bodenmechanik sind neben der Feuchtdichte und der Trockendichte noch folgende Dichten ge-
bräuchlich:
' = Dichte des Bodens unter Auftrieb
r = Dichte des wassergesättigten Bodens (alle Poren des Bodens sind mit Wasser gefüllt).
s = Korndichte =
(Die Bestimmung erfolgt z.B. mit dem Luftpyknometer)
Rechnerische Nachweise und Berechnungen von Kräften werden im Grundbau in der Regel mit den
Wichten = Gewicht/Volumen durchgeführt.
Im Unterschied zur Dichte ρ, welche die Masse m bezogen auf das Volumen V ist, ist die Wichte (engl.
bulk density) die Gewichtskraft FG bezogen auf das Volumen V (Einheit: N/m³), das heißt, Dichte und
Wichte unterscheiden sich durch den Wert der Fallbeschleunigung g, welche auf die Größe der Wichte
Einfluss nimmt.
[
]
Mit g 9,81 m/s² oder vereinfacht 10 m/s²
Symbol Bezeichnung Formel Anhaltswerte
d Trockenwichte
15 18 kN/m3
Wichte oder Feuchtwichte
18 22 kN/m3
r Sättigungswichte
22 23 kN/m3
Wichte unter Auftrieb
10 12 kN/m3
Tab. 2-8: Zusammengefasste Benennung nach DIN 18196:2011-04
n1s
w1n1s
ws nn1
n1ws
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2.5.2 Boden als physikalisches System
Der Boden ist kein homogenes Material. Er besteht vielmehr aus Festmasse und Hohlräumen, den soge-
nannten Poren. Diese Poren sind mit Wasser und/oder mit Luft gefüllt.
Abb. 2.4: Dreiphasenmodell des Bodens (Kajewski, HS Darmstadt)
Bei den Indizes sind w = Wasser, a = Luft (air), P = Poren, d = trocken (dry). Für Feststoff finden sowohl s
(solid) als auch k (Korn) Verwendung.
Porenanteil:
Der Porenanteil n bezeichnet das Verhältnis des Porenvolumens zum Gesamtvolumen.
n = Vp/Vt (0<n<1)
Porenzahl:
Die Porenzahl e bezeichnet das Verhältnis des Porenvolumens zum Feststoffvolumen.
e p/ (o<e<∞)
Massenwassergehalt:
Der Massenwassergehalt w ist die Masse des Wassers, die der Boden bei Trocknung abgibt, ausge-
drückt in kg Wasser pro kg des getrockneten Bodens.
w = mL/ms
Sättigungsgrad:
Der Sättigungsgrad Sr ist das Verhältnis des Volumens des Wassers zum Porenvolumen.
Sr = VL/Vp
Bei kleinen Korndurchmessern (< 0,06 mm) treten im Zusammenhang mit Wasser Oberflächenkräfte
(Oberflächenspannungen) auf. Diese Kräfte nehmen mit abnehmendem Korndurchmesser zu und bewir-
ken ein Aneinanderhaften der Bodenteilchen (Kohäsion).
Kohäsion ist allgemein das Wirken bzw. die Auswirkung von anziehenden, zwischenmolekularen Kräften,
die zwischen den Atomen bzw. Molekülen eines Stoffes wirken, insbesondere der dadurch bewirkte Zu-
sammenhang (Bindung) der Atome. Bei Böden beruht die Kohäsion auf der durch elektrostatische Wech-
selwirkungen hervorgerufenen Anziehungskraft der hygroskopisch gebundenen Wasserhüllen. Dies sind
fest gebundene Hüllen aus verdichtetem Wasser, welche die einzelnen Bodenpartikel umschließen.
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2.5.3 Formeln zur Ermittlung der bodenphysikalischen Kennwerte und der Wich-
ten von Böden
Porenanteil (Anteil des Porenvolumens am Gesamtvolumen des Bodens)
e
e
( )
Porenluftanteil (Anteil des luftgefüllten Porenvolumens am Bodengesamtvolumen)
( )
( )
( )
( )
Porenwasseranteil (Anteil des wassergefüllten Porenvolumens am Bodengesamtvolumen)
( )
Porenzahl (Verhältnis des Porenvolumens zum Volumen der Festmasse des Bodens)
e
e
( )
( )
Wassergehalt (Verhältnis der Masse des Porenwassers zur Festmasse der Bodenprobe)
Sättigungszahl (Verhältnis des wassergefüllten Porenvolumens zum gesamten Porenvolumen des Bo-
dens)
( )
( )
( )
( )
Kornwichte (in kN/m³)
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Trockenwichte des Bodens (in kN/m³)
( )
e
( )
Wichte des feuchten (teilgesättigten) Bodens (in kN/m³)
e
( )
( ) ( )
( ) ( ) ( )
( )
Wichte des wassergesättigten Bodens (Vw = Vp) (in kN/m³)
( )
( )
(
) (
) (
)
( ) e
e
Wichte des Bodens unter Auftrieb (in kN/m³)
( )
( ) ( ) ( )
e
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fest halbfest plastisch(bildsam)
steif
weich
breiig
flüssig
Schrumpf-
grenze ws
Ausroll-
grenze wp
Fließ-
grenze wL
2.6 Zustandsform / Konsistenz
Bei bindigen Böden ändert sich, im Gegensatz zu nichtbindigen Böden, die Zustandsform. Mit abneh-
mendem Wassergehalt geht bindiger Boden vom flüssigen in den bildsamen (plastischen), dann in den
halbfesten und schließlich in den fes-
ten (harten) Zustand über. Die Abgren-
zungen dieser Zustandsformen vonei-
nander hat A.M. Atterberg festgelegt.
Sie werden Konsistenzgrenzen (Zu-
standsgrenzen) genannt.
Bestimmung nach DIN 18122:1997-07
Die Fließgrenze wL (L = liquid = flüssig) ist der Wassergehalt am Übergang von der flüssigen zur bildsa-
men Zustandsform.
Abb. 2.6: Fließgrenzengerät (Liquid Limit Device ), leer und mit Probe gefüllt
Zur Bestimmung der Fließgrenze wird eine Schale (s. Bild 10) mit der aufbereiteten Bodenprobe gefüllt
und die Oberfläche mit dem Spatel auf eine größte Dicke von ca. 10 mm glatt gestrichen. Mit dem Fur-
chenzieher wird senkrecht zur Nockenwelle eine 2 mm breite Furche, die bis auf den Grund der Schale
reicht, gezogen. Die gefüllte Schale wird nun in das Schlaggerät eingehängt. Durch drehen der Kurbel
wird die Schale dann so oft angehoben und wieder fallen gelassen, bis sich die Furche am Boden der
Schale auf einer Länge von 10 mm geschlossen hat. Die Anzahl der dazu erforderlichen Schläge wird
abgelesen. Dann wird aus der Schalenmitte eine Probe entnommen und ihr Wassergehalt bestimmt. Der
Wassergehalt der Probe, bei dem sich die Furche nach 25 Schlägen geschlossen hat wird als Fließgren-
ze wL bezeichnet. Da es zu langwierig ist, den Wassergehalt so lange zu ändern, bis sich bei 25 Schlä-
gen die Furche schließt, werden mindestens vier Einzelversuche mit unterschiedlichen Wassergehalten
durchgeführt. Die aus diesen Versuchen ermittelten Wassergehalte werden über den Schlagzahlen (von
denen jeweils zwei über und unter 25 liegen sollten) aufgetragen. Wird bei der Abszisse (Schlagzahl)
logarithmische Teilung und bei der Ordinate (Wassergehalt) lineare Teilung verwendet, dann liegen die
Messergebnisse annähernd auf einer Geraden, auf der für die Schlagzahl 25 der Wassergehalt WL an
der Fließgrenze abgegriffen werden kann (s. Bild 12).
Die Ausrollgrenze wP (p = plastic = plastisch) ist der Wassergehalt am Übergang von der bildsamen zur
halbfesten Zustandsform.
Abb. 2.5: Zustandsgrenzen nach Atter-
berg
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Ein Teil der Probe wird auf einer wasseraufsaugenden Unterlage zu etwa 3 mm dicken Walzen ausge-
rollt. Anschließend wird die Teilprobe so lange wieder zusammengeknetet und neu ausgerollt, bis sie bei
3 mm Dicke beginnt in 10 mm lange Stückchen zu zerbröckeln. In diesem Zustand wird der Wassergehalt
bestimmt. Der Versuch besteht aus mindestens drei Einzelversuchen. Aus den Wassergehalten der drei
Einzelversuche wird das Mittel gebildet. Dieser Mittelwert ist der Wassergehalt an der Ausrollgrenze wp.
Die Schrumpfgrenze wS ist der Wassergehalt am Übergang von der halbfesten zur festen Zustands-
form.
Die Plastizitätszahl Ip ist der Unterschied zwischen dem Wassergehalt an der Fließgrenze und an der
Ausrollgrenze:
Ip= wL - wp [%]
Ein Boden, dessen Plastizitätszahl Null ist oder für den die Ausrollgrenze nicht bestimmt werden kann,
wird nichtplastisch genannt. Der Begriff Konsistenz bezieht sich in diesem Zusammenhang auf die relati-
ve Leichtigkeit, mit der man einen Boden verformen kann.
Der bildsame (plastische) Bereich zwischen der Fließ- und Ausrollgrenze wird in die Zustandsform breiig,
weich und steif unterteilt. Er ist ein Maß für das Wasseraufnahmevermögen des Bodens. Aus dem Was-
sergehalt an der Fließgrenze wL und der Ausrollgrenze wP wird mit Hilfe des natürlichen Wassergehaltes
w des Bodens die Konsistenzzahl lc berechnet:
[ - ]
Zustandsform breiig weich steif
Ic 0 - 0,5 0,5 - 0,75 0,75 - 1,0
Abb. 2.7: Zusammengefasste Benennung nach DIN 18196:2011-04
Die Wassergehalte an der Fließgrenze und die Plastizitätszahl werden in das Plastizitätsdiagramm einge-
tragen. Aus der Lage des Punktes kann eine Bestimmung der Bodenart erfolgen.
ISO/TS 17892-12:2004-10
Die Bestimmung der Fließgrenze ist nach ISO/TS 17892-12: 2004 alternativ mit der Fallkegelmethode
möglich. Dabei wird ein Kegel, dessen Spitze die Probenoberfläche gerade berührt, fallengelassen. Die
Eindringtiefe d ist ein Maß für die Konsistenz des Bodens.
Abb. 2.8: Beispiel für ein Fallkegelgerät (Cone penetrometer) (ISO/TS 17892-12:2004-10)
P
L
PL
LC
I
ww
ww
wwI
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Abb. 2.9: Bestimmung der Konsistenzgrenzen (Beipiel)
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2.7 Lagerungsdichte von nichtbindigen Böden (DIN 18126:1996-11)
Der Verdichtungsgrad nichtbindiger Böden wird durch die Lagerungsdichte D oder die bezogene Lage-
rungsdichte ID zahlenmäßig ausgedrückt. Zur Beurteilung der Lagerungsdichte werden die Grenzwerte
für den Porenanteil bei lockerster (max n) und bei dichtester (min n) Lagerung im Labor ermittelt und mit
dem natürlichen Porenanteil n des zu beurteilenden Bodens verglichen.
Die lockerste Lagerung eines Bodens wird ausgedrückt durch den Porenanteil, bei dem der Boden den
größtmöglichen Hohlraumgehalt aufweist. Die dichteste Lagerung ist der Zustand, den ein Boden nach
seiner größtmöglichen Verdichtung besitzt. Der natürliche Porenanteil ist der Porenanteil des Bodens, wie
er „vor Ort“ (in der Natur) als gewachsener Boden oder als künstlich eingebauter Boden vorzufinden ist.
Je größer die Lagerungsdichte D von Sanden oder Kiesen ist, umso größer ist auch die durch den Boden
aufnehmbare Belastung.
Die Lagerungsdichte ist das Verhältnis der Differenz zwischen den Porenanteilen in lockerster (max n)
und tatsächlicher (natürlicher) Lagerung (n) zur Differenz zwischen dem Porenanteil in lockerster und
dichtester Lagerung (min n):
[-]
Das Porenvolumen eines Bodens wird entweder auf das Gesamtvolumen (Porenanteil n) oder auf das
Feststoffvolumen (Porenzahl e) bezogen:
Volumen der Festmasse: ( ) ( )
[cm3]
Porenvolumen: ( ) ( ) ( ) [cm3]
Porenanteil: n = Porenvolumen / Gesamtvolumen
( )
( )
Porenzahl: e = Porenvolumen / Feststoffvolumen
e ( ( )
( ))
Bodenart Porenanteil n [%] Porenzahl e [ - ]
nichtbindige Böden
(grobkörnige Böden)
30 – 45 0,4 – 0,8
schwach bindige Böden 25 – 45 0,3 – 0,8
stark bindige Böden 30 – 73 0,4 – 3,0
Tab. 2-9: Porenanteil und Porenzahl nach Bodenart
Nach DIN 1055 werden Böden wie folgt eingestuft:
sehr locker: 0 < D < 0,15
locker: 0,15 < D ≤ 0,30
mitteldicht: 0,30 < D ≤ 0,50
dicht: 0,50 < D ≤ 0,75
sehr dicht: 0,75 < D ≤ 1,00
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Die bezogene Lagerungsdichte ID
Für die gebräuchlichen Porenzahlen e, max e und min e lautet die bezogene Lagerungsdichte:
[ - ]
Die Werte für D und ID stimmen nur für die Grenzwerte 0 und 1 überein. Zwischen beiden Lagerungsdich-ten bestehen folgende Beziehungen:
[ - ]
und
[ - ]
Anhaltswerte für ID
locker : 0 < ID ≤ 0,333
mitteldicht : 0,333 < ID ≤ 0,667
dicht : 0,667 < ID ≤ 1,000
2.8 Proctordichte (DIN 18127:2011-08)
Mit dem Proctorversuch lässt sich der Wassergehalt bestimmen, bei dem der Boden am besten zu ver-
dichten ist. Der im Labor ermittelte Wert ist ein Anhaltspunkt für den im Erdbau zu verwendenden Was-
sergehalt. Durch Ermittlung des Verdichtungsgrades ist eine Beurteilung der auf der Baustelle erreichten
Verdichtungsqualität möglich.
Bei dem Versuch wird die Bodenprobe in einem Stahlzylinder mit festgelegten Abmessungen mit vorge-
gebener Verdichtungsarbeit und nach einem festgelegten Arbeitsverfahren verdichtet. Der Versuch be-
steht aus mindesten fünf EinzeIversuchen, bei denen sich die Bodenproben nur durch einen anderen
Wassergehalt voneinander unterscheiden. Als Ergebnis wird der Zusammenhang zwischen Trockendich-
te und Wassergehalt als Proctorkurve dargestellt.
Die Proctordichte Pr ist die größte erreichbare Trockendichte, also eine relative (bezogen auf die Ver-
dichtungsarbeit) maximale Trockendichte des Bodens.
Für die Bestimmung der Proctordichte benötigt man die Trockendichte. Daher muss die Feuchtdichte
= m / V [g/cm3]
mit Hilfe des Wassergehaltes wie folgt umgerechnet werden:
[g/cm3]
Der optimale Wassergehalt wPr ist der der Proctordichte zugeordnete Wassergehalt.
Als Verdichtungsgrad wird der Quotient aus Trockendichte und Proctordichte bezeichnet:
Der Verdichtungsgrad drückt die auf der Baustelle erreichte Verdichtung aus. Wird z.B. eine 97%-ige
Proctordichte verlangt, dann muss bei der Verdichtung mindestens eine Trockendichte von 0,97 ⋅ ρPr
erreicht werden. Dies ist durch entsprechende Dichteprüfungen auf der Baustelle zu kontrollieren. In der
Baupraxis werden je nach Anforderung an das Bauwerk i.a. 92 bis 103% der Proctordichte verlangt.
100
w1
d
Pr
dPrD
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Boden
Abb. 2.10: Abbildung einer Proctorkurve
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2.9 Plattendruckversuch (DIN 18134:2012-04)
2.9.1 Statischer Plattendruckversuch
Der Plattendruckversuch ist ein Prüfverfahren, bei dem der Boden durch eine kreisförmige Lastplatte mit
Hilfe einer Druckvorrichtung wiederholt stufenweise be- und entlastet und die zugehörige Setzung ge-
messen wird. Der Versuch wird ohne Bodenprobenentnahme auf der Baustelle durchgeführt. Als Wider-
lager kann ein beladener LKW oder ein schwerer Radlader dienen. Lastplattendruckversuche sind recht
schnell und einfach ausführbar und daher für eine systematische Kontrolle des Verdichtungsgrades ge-
eignet. Nachteilig ist die begrenzte Reichweite proportional zur verwendeten Platte, da auch bei Einsatz
einer großen Platte von 600 mm Durchmesser max. 1,5 m tief geprüft werden kann.
Die Auswertung beginnt mit der Ermittlung der Setzungen und der Bodenpressung für jede Laststufe. Die
Manometerablesung Pm wird in die Bodendruckspannung 0 umgerechnet:
Darin bedeuten:
dSt = Durchmesser des Druckstempels [mm]
D = Durchmesser der Druckplatte [mm]
Pm = Manometerablesung [N/mm2]
Die Auswertung wird im interessierenden Spannungsbereich vorgenommen. Im Straßenbau wird in der
Regel der Spannungsbereich 0,3 - 0,7 gewählt (d.h. es wird nur ungefähr die Mitte der Drucksetzungslinie
ausgewertet). Man greift auf der Erstbelastungskurve die Punkte für 0,3 0max und für 0,7 0max Belastung
heraus und liest die zu diesen Bodendruckspannungen01 und 02 gehörenden Setzungen s1 und s2 ab.
Anschließend bildet man:
;
Dann setzt man die gewonnen Werte in folgende Gleichung für den Verformungsmodul ein:
[N /mm2]
In gleicher Weise verfährt man bei der Ermittlung von EV2 bzw. EV3 aus der Zweit- bzw. Drittbelastungsli-
nie.
EV1 und besser noch das Verhältnis EV2 / EV1 ermöglicht es, die plastischen Eigenschaften des Bodens
zu beurteilen.
Die Qualität einer Verdichtung zeigt sich besonders ausgeprägt im Verhältnis EV2 / EV1. In der ZTVE-StB
94 i.d.F. von 97 werden Verhältniswerte vorgeschrieben, die nicht überschritten werden dürfen; z.B. bei
grobkörnigem Boden (Sand) und gefordertem Verdichtungsgrad Dpr ≥ 98% muss das Verhältnis EV2 / EV1
≤ 2,5 sein. Zusätzlich muss EV2 ≥ 70 MN/m² sein. Werden diese Verhältniswerte nicht erreicht, so reicht
die Verdichtung nicht aus.
Der Bettungsmodul
Der Bettungsmodul ks ist eine Kenngröße für die Setzung der Bodenoberfläche unter einer Flächenlast.
Er wird aus der Drucksetzungslinie der Erdbelastung des Bodens bestimmt. Sein Wert wird nach folgen-
der Beziehung berechnet:
m22
St0 PD/d
0102 12 sss
sD75,0E 0
1V
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sk 0
s
[N/mm2]
Darin bedeuten:
ks der Bettungsmodul [N/mm²]
0 die maximale Normalspannung [N/mm²]
s die zugehörige mittlere Setzung der Lastplatte [mm]
Bei der Bestimmung des Bettungsmoduls mit einer 763 mm großen Lastplatte (Straßen und Flugplätze)
wird der Erstbelastungskurve die Druckspannung max 0 bei einer Setzung von 1,25 mm entnommen.
2.9.2 Der dynamische Plattendruckversuch
Beim dynamischen Lastplattendruckversuch wird aus definierter Höhe ein Fallgewicht ausgeklinkt. Es
werden die vom Fallgewicht auf die Platte ausgeübte Kraft sowie die Schwinggeschwindigkeit gemessen.
Aus der Schwinggeschwindigkeit wird durch Integration die Platteneinsenkung s berechnet. Der dynami-
sche Verformungsmodul ergibt sich hieraus zu:
.
Die Einordnung der Ergebnisse ist
derzeit noch schwierig. Zur „Eichung“
der Ergebnisse ist die Durchführung
eines statischen Lastplattendruckver-
suches zu empfehlen. Der große
Vorteil dieses Verfahrens liegt in der
Schnelligkeit der Versuchsdurchfüh-
rung und dem nicht erforderlichen
Widerlager.
smax
maxD75,0E d,v
Abb. 2.11: Beispiel für die Span-
nungs-Setzungskurve eines Lastplat-
tendruckversuches
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3 Fels
3.1 Benennung der Gesteine
Die Benennung von Fels beruht auf der Bestimmung von:
a) der genetischen Einheit:
o sedimentär: klastisch, chemisch, organisch;
o metamorph;
o magmatisch: plutonisch, vulkanisch; b) der geologischen Struktur:
o geschichtet;
o geschiefert;
o massig (ohne scharfe genetische Trennflächen);
c) der Korngröße:
Bezeichnungen (für verschiedene Korngrößen) in Beziehung zu den Felsarten sind in Tabelle A.1 an-gegeben;
d) der mineralogischen Zusammensetzung:
o Quarz, Feldspäte und ähnliche Silikate;
o dunkelfarbige Minerale (z. B. Biotit, Hornblende, Pyroxene);
o Tonminerale;
o Karbonate (z. B. Kalzit und Dolomit);
o amorphe Silikate (z. B. Glas);
o Kohlenstoffe (z. B. Kohle und Graphit);
o Salze (z. B. Steinsalz, Gips);
o quell- bzw. schwellfähige Minerale (z. B. Anhydrit und einige Tonminerale);
o Sulfide (z. B. Pyrit);
e) Poren- und Hohlraumanteil:
o primäre Poren (z. B. Gasblasen in vulkanischen Gesteinen);
o sekundäre Poren oder Hohlräume (z. B. durch Lösung entstandenen Poren oder Hohlräume).
Die Bezeichnungen der häufig vorkommenden Gesteinsarten sind in Tab. 3-2 angegeben, die eine
Hilfe zur Benennung von Fels für bautechnische Zwecke darstellt.
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Fels
Tab. 3-1: Hilfe für die Benennung und Beschreibung von Fels für bautechnische Zwecke [21]
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Fels
3.2 Gesteinskörper
Ein Gesteinskörper ist ein durch eine oder mehrere Scharen annährend ebener, zueinander paralleler
Trennflächen (Klüfte) zerteilter homogener Festkörper (Verband von Kluftkörpern).
i.a.: anisotrop (richtungsabhängig) hinsichtlich:
- Verformbarkeit
- Festigkeit
- Wasserdurchlässigkeit
Tab. 3-2: Bezeichnungen zur Beschreibung von Gesteinskörpern [21]
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3.3 Klüftung
Neben den Texturen einzelner Handstücke (siehe Tab. 3-2) ist auch die Richtungsorientierung der flä-
chenhaften Texturen (Klüfte) für die Bewertung des Gesteins ausschlaggebend. Durchtrennungen und
deren Verläufe besitzen größte Bedeutung in der ingenieurgeologischen Beurteilung des Baugrundes.
Diese flächenhaften Gefügeelemente werden mit „Streichen“ und „Fallen“ (Einfallen) in Bezug auf die
Koordinaten des Erdkörpers bezogen Abb. 3.1.
Streichrichtung:
Richtung einer Horizontalen auf einer geneigten Fläche, bezogen auf magnetisch Nord
Fallen (Einfallen) setzt sich aus der Einfallsrichtung und dem Einfallwinkel zusammen:
(Ein-)Fallrichtung:
Richtung der stärksten Neigung einer geneigten Fläche (Senkrecht zum Streichen)
(Ein-)Fallwinkel:
Winkel zwischen der Einfalllinie und der Horizontalen
Abb. 3.1: Felskörper mit drei Kluftscharen (Schichtfugen, Schieferungsfugen, Klüftung) und eingezeichne-
tem "Streichen" und "Fallen" dieser Trennflächen [22]
Das Streichen und das Fallen werden mit dem Gefügekompass (Geologenkompass) ermittelt.
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3.3.1 Messung von Flächen mit dem Gefügekompass (Geologenkompass)
Abb. 3.2: Geologenkompass/ Gefügekompass [37]
1. Die Anlegeklappe (Deckel) des Kompasses wird an die zu messende Fläche gelegt.
2. Durch Betätigen der Feststelltaste kann sich die Kompassnadel frei bewegen.
3. Anschließend wird der Gefügekompass solange gedreht und geneigt, bis er sich in der Waag-
rechten befindet. Dies wird mit der Wasserwaage überprüft, dessen Luftblase sich innerhalb des
Kreises befinden muss (Dosenlibelle). Der Deckel muss weiterhin auf der Fläche aufliegen und
die Feststelltaste gedrückt bleiben.
4. Sobald die Kompassnadel ausgependelt ist, wird die Feststelltaste losgelassen.
5. Mit Hilfe des Winkelmessers am Drehgelenk der Anlegeklappe wird der Fallwinkel abgelesen.
6. Das Ablesen der Fallrichtung erfolgt entsprechend der angezeigten Farbe am Winkelmesser an-
hand des schwarzen oder roten Nadelendes.
7. Die abgelesenen Werte werden folgendermaßen notiert: Fallrichtung/Fallen. 180/80 würde dem-
nach einer Fläche entsprechen, welche mit 80° genau nach Süden einfällt
3.3.2 Raumstellung von Trennflächen
Mit dem unter 3.3.1 beschriebenen Gefügekompass wird das Fallen einer Trennfläche gemessen und
sollte in Grad als Zahl mit zwei Stellen angegeben werden, z. B. 50 (00 bis 90). Der Azimut des Fallens
(die Fallrichtung) wird in Grad im Uhrzeiger-Sinn vom magnetischen Norden aus gemessen und als Zahl
mit drei Stellen angegeben, z. B. 240 (000 bis 360). Das Fallen und die Fallrichtung sollten so aufge-
zeichnet werden, dass die dreistellige Zahl von der zweistelligen Zahl durch einen Schrägstrich getrennt
wird, z. B. 240/50. Das Zahlenpaar stellt den Fallvektor dar. Die Beziehung zwischen Fallen, Streichrich-
tung und Fallrichtung ist in Abb. 3.3 angegeben.
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Abb. 3.3: Streichen, Fallen und Fallrichtung einer Trennfläche [21]
Im Anschluss werden die abgelesenen Werte vieler Messungen in einer Art Punktwolke grafisch darge-
stellt und es kann eine Beurteilung des anstehenden Gebirges erfolgen.
Schema der Lagenkugeldar-
stellung:
Die Fläche wird mit ihrem Pol
auf die untere Halbkugel abge-
bildet und diese flächentreu auf
die Ebene projeziert.
Abb. 3.4: Darstellung der Trennflächen mittels Lagenkugel [20]
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3.3.3 Durchtrennungsgrad
Von Klüften durchsetztes Gestein besitzt in der Regel sogenannte Kluftbrücken.
Diese Kluftbrücken sind Verbindungen zwischen den einzelnen Gesteinsschichten und tragen maßgeb-
lich zur Standsicherheit des Gebirges bei.
Der Durchtrennungsgrad ist das Maß für den Festgesteinsverband. So geht der Durchtrennungsgrad bei
vollständiger Durchtrennung durch Klüfte gegen 1. Ist hingegen keine Kluft vorhanden (vollständiger Ver-
bund des Gesteins) liegt der Durchtrennungsgrad bei 0.
Je größer der Durchtrennungsgrad, desto geringer wird der Widerstand gegen Gleiten parallel zu dieser
Kluftschar. Wenn dennoch die Gleitsicherheit der Gesteinsschichten gewährleistet werden soll, muss die
Reibung zwischen den Schichten herangezogen werden.
Dabei ist der Reibungswiderstand von verschiedenen Faktoren wie der Ebenheit, Rauigkeit oder von
Füllungen zwischen den Kluftwänden abhängig. Zudem wird der Reibungswiderstand durch eventuell
durchströmendes Wasser verändert.
Füllungen bzw. Wandbelege von Klüften bezeichnet man als Bestege. Sind sie vorhanden spricht man
von „erfüllten“ Kluftkörpern, fehlen sie, so spricht man von „freien“ Kluftkörpern.
3.3.4 Reibung in Kluftflächen
Je weniger Bestege vorhanden sind, umso mehr müssen die Kluftwände zur Beurteilung der Reibungs-
festigkeit zwischen den einzelnen Kluftkörpern herangezogen werden.
Ein gebräuchliches Verfahren zur einfachen Bestimmung des Kluftreibungswinkels im Gelände ist der
Versuch nach ZAJIC.
Zwei aus dem Verband gelöste und zusammengehörende Kluftkörper mit ebenen Flächen werden aufei-
nandergelegt und so lange gekippt, bis der obere auf dem unteren abgleitet.
Bei einer genügenden Anzahl an Parallelversuchen können Werte erzielt werden, die dem natürlichen
Reibungswinkel entsprechen und für einfache Standsicherheitsuntersuchungen ausreichend sind. Werte
zwischen 25° und 45° sind die Regel.
Abb. 3.5: Bestimmung des Kluftreibungswinkels durch Kippversuche (n. ZAJIC) [22]