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Innovative Wärmebehandlung von Keramik mit low-O … · 2010-06-30 · 1100 °C und der...

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AUS FORSCHUNG UND TECHNIK 420 KERAMISCHE ZEITSCHRIFT 6-2008 F.H. Becker, A. Hajduk Innovative Wärmebehandlung von Keramik mit „low-O 2 “-Technologie Dipl.-Ing. Andreas Hajduk hat sein Studium im Fachbe- reich Feinwerktechnik an der Georg Simon Ohm FH in Nürn- berg im Jahre 1992 absolviert. Seinen beruflichen Werdegang im Bereich Anlagenbau für die keramische Industrie begann er im Jahre 1996 bei der Firma Riedhammer GmbH. Bis heute hat er die Positionen Versuchs- und Entwicklungsingenieur, Projektleiter und Vertriebsmanager begleitet. Zu- sätzlich übernahm er vor kurzem die Verantwor- tung für das Riedhammer Labor. Dipl.-Ing. Friedherz H. Be- cker studierte Nichtmetallisch Anorganische Werkstoffe und Thermische Verfahrenstechnik an der TU Clausthal. Seit 1974 ist er bei der Firma Riedham- mer beschäftigt und zuständig für den Bereich Forschung und Entwicklung und seit 2003 ist er ehrenamtlicher Vorsitzender der Forschungsgemeinschaft Industrieofenbau e.V. (FOGI). KURZFASSUNG Moderne Formgebungsverfah- ren in der Keramik benötigen organische Binder oder Polymere, die im weiteren Verlauf der Herstellung durch thermische Behandlung im Entbinderungspro- zess entfernt werden müssen. Es empfiehlt sich, die- sen Entbinderungsprozess mit dem des Sinterns oh- ne zeitliche und örtliche Unterbrechung nacheinan- der in der gleichen Anlage durchzuführen. Man verhindert Umsetzungsschäden am Brenngut und erspart sich Produktionszeitverluste. Bereits beim Entbindern finden verschiedene Um- wandlungsprozesse statt, die unterschiedliche Zer- setzungsprodukte freisetzen. Sie müssen im Vorfeld bestimmt werden, um den Entbinderungsprozess mit optimierten Sauerstoffgehalt zu regeln und sicher durchzuführen. Man verkürzt damit das gesamte thermische Verfahren, wodurch Platzbedarf, Anla- gengröße und Investitionskosten minimiert werden. Bewährt haben sich je nach Produktionskapazität intermittierend und kontinuierlich betriebene Ofen- anlagen. In den beiden Anlagentypen integriert man thermische Nachverbrennungseinrichtungen, die ei- ne saubere Oxidation aller im Prozess auftretenden unverbrannten Gase gewährleisten, womit sich nur geringe Umweltbelastungen ergeben. Die heißen und sauberen Verbrennungsprodukte aus der TNV werden zum Ofen zurückgeführt, dort erhöhen sie den Wärmeübergang und die Temperaturgleichmä- ßigkeit. Die Atmosphärenstabilität, gekennzeichnet durch die Konstanz der Sauerstoffkonzentration, er- zielt man durch die „low-O 2 “-Regelung. Produkt- qualitätsverbesserung und Energieverbrauchsminde- rung sind die erfreulichen Resultate. ABSTRACT Innovative Heat Treatment of Ce- ramics by Using “low-O 2 “-Technology Modern shaping processes in the ceramics produc- tion require organic binders or polymers to be remo- ved again in the later course of the production pro- cess by thermal treatment during the debinding phase. It is advisable to realise the debinding process together with the sintering process one after the other in the same plant without time interruption or material transfer to avoid production time losses as well as transfer damages to the material to be fired. Already during the debinding phase various transfor- mation processes take place in the course of which different decomposition products are set free. It is necessary to determine these products in advance to permit the control of a safe debinding process with optimised oxygen content. That way the total durati- on of the thermal treatment is reduced and conse- quently a minimisation of the space requirement, plant size and investment costs can be achieved. Depending on the production capacity intermittently and continuously operated kiln plants have been used successfully for this application. Both kiln types can be equipped with integrated thermal postcom- bustion systems ensuring a clean oxidation of all unburnt gases produced during the process, thereby minimizing environmental load. The hot and clean combustion products of the thermal postcombustion system are led back to the kiln where they improve the heat transfer and the temperature uniformity. The atmosphere stability marked by the constancy of the oxygen concentration is obtained by the ”low O 2 “ control. An improved product quality as well as a reduced energy consumption are welcome results. STICHWÖRTER Plastifizierer, PVA, PEG, Entbin- derung, „Low-O 2 “-Technologie, Wärmebehandlung Keram. Z. 60 (2008) [6] 1 Einleitung Moderne keramische Werkstoffe erfordern moderne Herstellungsverfahren. Diese For- derung zielt insbesondere auf weitere Ver- besserung der Mikro- und Makrostruktur, zum Teil auf eine sehr komplizierte Geomet- rie sowie auf verlängerte Lebensdauer. Die notwendigen Formgebungsverfahren bedingen eine ausreichende Plastifizierung des keramischen Rohmaterials [1]. Die tradi- tionellen plastischen Rohstoffe wie z. B. Tone und Lehm erfüllen oftmals nicht die hohen Anforderungen der technischen keramischen Industrie an die notwendige Reinheit der Materialien, um die gewünschten Eigen- schaften des fertigen Produkts zu erreichen. Synthetische reine Rohmaterialien, genau- so wie Feldspat oder Quarz, müssen als un- plastisch klassifiziert werden. Dennoch kön- nen sie in plastischen Formgebungsverfah- ren verwendet werden, wenn sie mit plastischen Rohmaterialien oder mit organi- schen Substanzen gemischt werden. Diese organischen Substanzen sind Polymere oder Binder. 2 Einsatz von Bindern und ihre Zersetzungsprodukte [2] Der Gebrauch von Polymeren variiert ent- sprechend der keramischen Prozessmetho- de. Man mischt sie in verschiedenen Konzen- trationen Suspensionen bei, die zum Schli- ckergießen oder Sprühtrocknen verwendet werden. Sie werden eingesetzt als Binder, als Plastifizierungsmittel, als Gleithilfsmittel oder als Verflüssiger. Binder verwendet man in Schlickergieß- verfahren oder während des Pressens, da sie dem Grünling durch das Aneinanderkleben von Partikeln an deren Grenzflächen die be- nötigte Festigkeit geben. Für gewöhnlich werden Binder zur Anwendung gebracht, die auf Polyvinylalkoholen (PVA), Polyacrylaten oder Zellulose basieren. Hochpolymere Bestandteile wie Zellulose und Polysaccharide dienen als Plastifizie- rungsmittel. Während des Strangpressens er- -- Licensed for DVS Media GmbH --
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AUS FORSCHUNG UND TECHNIK

420 KERAMISCHE ZEITSCHRIFT 6-2008

F.H. Becker, A. Hajduk

Innovative Wärmebehandlung von Keramik mit „low-O2“-Technologie

Dipl.-Ing. Andreas Hajduk

hat sein Studium im Fachbe-

reich Feinwerktechnik an der

Georg Simon Ohm FH in Nürn-

berg im Jahre 1992 absolviert.

Seinen beruflichen Werdegang

im Bereich Anlagenbau für die

keramische Industrie begann er im Jahre 1996 bei

der Firma Riedhammer GmbH. Bis heute hat er die

Positionen Versuchs- und Entwicklungsingenieur,

Projektleiter und Vertriebsmanager begleitet. Zu-

sätzlich übernahm er vor kurzem die Verantwor-

tung für das Riedhammer Labor.

Dipl.-Ing. Friedherz H. Be-

cker studierte Nichtmetallisch

Anorganische Werkstoffe und

Thermische Verfahrenstechnik

an der TU Clausthal. Seit 1974

ist er bei der Firma Riedham-

mer beschäftigt und zuständig

für den Bereich Forschung und Entwicklung und

seit 2003 ist er ehrenamtlicher Vorsitzender der

Forschungsgemeinschaft Industrieofenbau e.V.

(FOGI).

KURZFASSUNG Moderne Formgebungsverfah-

ren in der Keramik benötigen organische Binder oder

Polymere, die im weiteren Verlauf der Herstellung

durch thermische Behandlung im Entbinderungspro-

zess entfernt werden müssen. Es empfiehlt sich, die-

sen Entbinderungsprozess mit dem des Sinterns oh-

ne zeitliche und örtliche Unterbrechung nacheinan-

der in der gleichen Anlage durchzuführen. Man

verhindert Umsetzungsschäden am Brenngut und

erspart sich Produktionszeitverluste.

Bereits beim Entbindern finden verschiedene Um-

wandlungsprozesse statt, die unterschiedliche Zer-

setzungsprodukte freisetzen. Sie müssen im Vorfeld

bestimmt werden, um den Entbinderungsprozess mit

optimierten Sauerstoffgehalt zu regeln und sicher

durchzuführen. Man verkürzt damit das gesamte

thermische Verfahren, wodurch Platzbedarf, Anla-

gengröße und Investitionskosten minimiert werden.

Bewährt haben sich je nach Produktionskapazität

intermittierend und kontinuierlich betriebene Ofen-

anlagen. In den beiden Anlagentypen integriert man

thermische Nachverbrennungseinrichtungen, die ei-

ne saubere Oxidation aller im Prozess auftretenden

unverbrannten Gase gewährleisten, womit sich nur

geringe Umweltbelastungen ergeben. Die heißen

und sauberen Verbrennungsprodukte aus der TNV

werden zum Ofen zurückgeführt, dort erhöhen sie

den Wärmeübergang und die Temperaturgleichmä-

ßigkeit. Die Atmosphärenstabilität, gekennzeichnet

durch die Konstanz der Sauerstoffkonzentration, er-

zielt man durch die „low-O2“-Regelung. Produkt-

qualitätsverbesserung und Energieverbrauchsminde-

rung sind die erfreulichen Resultate.

ABSTRACT Innovative Heat Treatment of Ce-

ramics by Using “low-O2“-Technology

Modern shaping processes in the ceramics produc-

tion require organic binders or polymers to be remo-

ved again in the later course of the production pro-

cess by thermal treatment during the debinding

phase. It is advisable to realise the debinding process

together with the sintering process one after the

other in the same plant without time interruption or

material transfer to avoid production time losses as

well as transfer damages to the material to be fired.

Already during the debinding phase various transfor-

mation processes take place in the course of which

different decomposition products are set free. It is

necessary to determine these products in advance to

permit the control of a safe debinding process with

optimised oxygen content. That way the total durati-

on of the thermal treatment is reduced and conse-

quently a minimisation of the space requirement,

plant size and investment costs can be achieved.

Depending on the production capacity intermittently

and continuously operated kiln plants have been

used successfully for this application. Both kiln types

can be equipped with integrated thermal postcom-

bustion systems ensuring a clean oxidation of all

unburnt gases produced during the process, thereby

minimizing environmental load. The hot and clean

combustion products of the thermal postcombustion

system are led back to the kiln where they improve

the heat transfer and the temperature uniformity.

The atmosphere stability marked by the constancy of

the oxygen concentration is obtained by the ”low

O2“ control. An improved product quality as well as a

reduced energy consumption are welcome results.

STICHWÖRTER Plastifizierer, PVA, PEG, Entbin-

derung, „Low-O2“-Technologie, Wärmebehandlung

Keram. Z. 60 (2008) [6]

1 Einleitung

Moderne keramische Werkstoffe erfordern

moderne Herstellungsverfahren. Diese For-

derung zielt insbesondere auf weitere Ver-

besserung der Mikro- und Makrostruktur,

zum Teil auf eine sehr komplizierte Geomet-

rie sowie auf verlängerte Lebensdauer.

Die notwendigen Formgebungsverfahren

bedingen eine ausreichende Plastifizierung

des keramischen Rohmaterials [1]. Die tradi-

tionellen plastischen Rohstoffe wie z. B. Tone

und Lehm erfüllen oftmals nicht die hohen

Anforderungen der technischen keramischen

Industrie an die notwendige Reinheit der

Materialien, um die gewünschten Eigen-

schaften des fertigen Produkts zu erreichen.

Synthetische reine Rohmaterialien, genau-

so wie Feldspat oder Quarz, müssen als un-

plastisch klassifiziert werden. Dennoch kön-

nen sie in plastischen Formgebungsverfah-

ren verwendet werden, wenn sie mit

plastischen Rohmaterialien oder mit organi-

schen Substanzen gemischt werden. Diese

organischen Substanzen sind Polymere oder

Binder.

2 Einsatz von Bindern und ihre

Zersetzungsprodukte [2]

Der Gebrauch von Polymeren variiert ent-

sprechend der keramischen Prozessmetho-

de. Man mischt sie in verschiedenen Konzen-

trationen Suspensionen bei, die zum Schli-

ckergießen oder Sprühtrocknen verwendet

werden. Sie werden eingesetzt als Binder, als

Plastifizierungsmittel, als Gleithilfsmittel

oder als Verflüssiger.

Binder verwendet man in Schlickergieß-

verfahren oder während des Pressens, da sie

dem Grünling durch das Aneinanderkleben

von Partikeln an deren Grenzflächen die be-

nötigte Festigkeit geben. Für gewöhnlich

werden Binder zur Anwendung gebracht, die

auf Polyvinylalkoholen (PVA), Polyacrylaten

oder Zellulose basieren.

Hochpolymere Bestandteile wie Zellulose

und Polysaccharide dienen als Plastifizie-

rungsmittel. Während des Strangpressens er-

-- Licensed for DVS Media GmbH --

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möglichen diese die Fließfähigkeit kerami-

scher Massen, sie können aber auch eine

Binderfunktion erfüllen.

Gleitmittel sind organische Hilfsmittel, de-

ren Funktionsweise auf der Interaktion ihrer

hydrophilen Gruppen basiert, also den Sau-

erstoffatomen der Äthergruppe -C-O-C- und

den an der Oberfläche befindlichen H+-Ionen

der Me-OH-Gruppen. Als Resultat entstehen

gleichgeladene Teilchen, die leicht aneinan-

der vorbeigleiten können. Während des Tro-

ckenpressens kann, durch die so verbesserte

Spannungsübertragung, eine höhere Grün-

dichte erreicht werden. Ein typisches Gleit-

mittel ist Polyethylenglycol (PEG).

Als Dispersionshilfsmittel, als Stabilisato-

ren und als Verflüssiger für Gießschlicker

werden kurzkettige Säuren von Polyacrylen

genutzt (PAA).

Die genannten organischen Zusätze müs-

sen vor dem eigentlichen Sinterprozess mög-

lichst gleichmäßig und vollständig aus dem

Scherben herausgetrieben werden, weil Koh-

lenstoffrückstände sowohl einen negativen

Einfluss auf den Sinterprozess, als auch auf

die Qualität des Endprodukts haben können.

Die Temperaturen für den Entbinderungs-

prozess variieren zwischen ca. 150–500 °C.

Man kann ihn in drei Schritte unterteilen:

• thermische Zersetzung der organischen

Zusätze

• Diffusion der Gase durch die Werkstoffpo-

ren in den Ofenraum

• Oxidation dieser Gase im Ofenraum und

im keramischen Scherben.

Die Geschwindigkeit der Spaltung der Poly-

mere sollte die Diffusionsgeschwindigkeit der

Pyrolyseprodukte im Körper nicht überschrei-

ten, da es sonst zu einer Drucküberhöhung

der gasförmigen Pyrolyseprodukte kommen

könnte, die zu Rissen und zur Zerstörung des

Körpers führen würden. Förderlich für den

Entbinderungsprozess ist eine einheitliche

Körnungsgröße; allerdings wirken Agglomera-

te oder Bereiche hoher Dichte verlangsamend.

Die Verwendung von feinem Pulver beschleu-

nigt die Sinterungsgeschwindigkeit, verringert

aber die Geschwindigkeit der

Entbinderung.

Im Produktionsverfahren

kann sich die gesamte thermi-

sche Behandlung bis zu 80 h

hinziehen, wobei der Entbinde-

rungsprozess im Zeit rahmen bis

40 h abläuft. Lange Brennzeit

bedeutet einen hohen Energie-

und Platzbedarf, Faktoren, die

zu hohen Investitions- und Be-

triebskosten führen und des halb

auf ein mögliches Minimum re-

duziert werden sollten.

3 Analyse der

Entbinderungsprozesse

Einen Überblick über den

Temperaturbereich, in dem die

Zerfallsreaktionen stattfinden,

gibt die Tabelle 1. Allerdings ist

zu beachten, dass verschiedene

keramische Stoffe unterschied-

liche katalytische Effekte auf den Tempera-

turverlauf der Zerfallsreaktionen von Poly-

meren haben. Al2O3 z. B. steigert den Zer-

fallsprozess der Polymerketten, so dass hier

die Reaktionen bei tieferen Temperaturen

ablaufen [3].

Die eingesetzten organischen Zusätze PVA,

PEG und PAA zerfallen während der Entbin-

derung in verschiedenste chemische Verbin-

dungen, die in den Tabellen 2–4 festgehalten

sind [4].

Die ablaufenden thermischen Reaktionen

eines Probekörpers aus der industriellen An-

wendung lassen sich sehr deutlich an den

Diagrammen der Differential-Thermoanalyse

(DTA) (Bild 1) verfolgen. Während die organi-

schen Zerfallsprodukte aus dem Brenngut

entweichen, laufen zum Teil sehr ausgepräg-

te exotherme und endotherme Reaktionen

ab. Der kritische Temperaturbereich liegt da-

bei in den meisten Fällen zwischen 150 °C

und 400 °C. Untersucht man den Einfluss

des Sauerstoffgehaltes auf die Intensität die-

ser Reaktionen, so stellt man fest, dass sie

durch die Ofenatmosphäre beeinflusst wer-

den können. Im theoretischen Ansatz hat

man damit ein Werkzeug gewonnen, das

Produkt mit maximal möglicher Geschwin-

digkeit ohne Qualitätsverlust zu entbindern.

Im vorliegenden Fall bietet es sich an, den

Entbinderungsprozess durch eine „low-O2“-

Einstellung zu beschleunigen und energe-

tisch günstig zu gestalten.

4 Ofenanlagen mit „low-O2“-Technologie

Abhängig u. a. von der Produktionskapazi-

tät kommen für große Produktionsmengen

kontinuierlich betriebene Öfen zum Einsatz,

nämlich Tunnelöfen als Rollen-, Platten-

durchschub-, Tunnelöfen mit Wagenförde-

rung und Drehrohröfen; für kleine Produkti-

onsmengen sind intermittierend betriebene

Öfen einzusetzen, wie Herdwagen-, Hauben-,

Elevator- und Kammeröfen.

Die „low-O2“-Technologie ist im weitesten

Sinne für alle genannten Öfen einsetzbar.

Das Grundprinzip der „low-O2“-Technik be-

inhaltet die notwendige Atmosphärenrege-

lung in einem Ofen oder in Ofenbereichen,

die zum Stand der Technik gehört. Wenn

die gewünschten Eigenschaften des Fertig-

produktes nicht durch besondere Brennat-

mospärenbedingungen beeinflusst werden,

sollte eine Verbrennung aus energetischen

Gründen immer unter stöchiometrischen

Bedingungen stattfinden, d. h. vollständige

Verbrennung des Brennstoffs mit gerings-

tem Sauerstoffgehalt. Bild 2 zeigt das Ver-

brennungsdiagram für russisches Erdgas,

aus dem zu entnehmen ist, dass z. B. eine

Abweichung des Sauerstoffgehalts in der

Brennatmosphäre vom stöchiometrischen

Verbrennungspunkt um 5 % eine Erhöhung

des Abgasvolumens von ca. 32 % bedeutet

und der Energieverbrauch um diesen Be-

trag steigen wird.

Tabelle 1 • Zerfallsbereiche von Poly-

meren

Organische

Substanz

Spaltungsbereich / °C

PVA 200–300

PEG 150–250

PAA 250–350

Bild 1 • Differentialthermoanalyse

Bild 2 • Verbrennungsdiagramm für russisches Erdgas

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422 KERAMISCHE ZEITSCHRIFT 6-2008

Besondere Brennatmosphärenbedingun-

gen sind beispielsweise im Schnellbrand

beim Hartporzellan-Glattbrand notwendig.

Schnellbrand heißt hier, den gesamten

Brennprozess einschließlich der Kühlung in

4–8 h durchzuführen. Die gewünschte Farbe

und damit Qualität das Porzellanscherbens

wird durch eine nahstöchiometrische aber

reduzierende Brennatmosphäre (Luftfaktor

�≈0,95) im Temperaturbereich zwischen ca.

1100 °C und der Maximaltemperatur von ca.

1400 °C eingestellt und überwacht. Ähnlich

wird die Qualität von Elektroporzellan, wie

z. B. Hochspannungsisolatoren beeinflusst.

Zur thermischen Behandlung von Schüttgü-

tern unter bestimmten sauerstoffarmen Be-

dingungen können auch indirekt beheizte

Drehrohröfen eingesetzt werden, die mit

Spezialdichtungen ausgerüstet sind (Bild 3)

und deren Brennraum über entsprechende

Lanzentechnik mit z. B. Inertgasen gespült

wird.

Wenn größere Produktionskapazitäten von

Weichferriten benötigt werden, kommen

elektrisch beheizte, gasdichte Rollenöfen

und insbesondere gasdichte Platten schub-

öfen zum Einsatz.

Die magnetischen Eigenschaften von

Weichferriten werden durch einen zum Teil

sehr schnellen Wechsel von fast atmosphäri-

schen Bedingungen in Sauerstoffbereiche bis

zu 30 ppm erzielt. Dieser Atmosphärenwech-

sel ist in den letzten Abschnitten der Tempe-

raturkurve zwischen Haltezeit bei Maximal-

temperatur bis unterhalb der Curietempera-

tur notwendig. Je nach Produkt sind aber

bereits in der Aufheizphase unterschiedliche

Sauerstoffgehalte einzuhalten.

Rollenöfen und Plattenschuböfen werden

auch bei der Herstellung anderer Elektronik-

keramiken und keramischer Dieselpartikel-

filter eingesetzt.

Wenn kleinere Produktionskapazitäten

von Weichferriten benötigt werden, reichen

intermittierend betriebene

Ofenanlagen aus. Das meist

verwendete Aggregat für diese

Produktion ist der elektrisch

beheizte, gasdichte Hauben-

ofen (Bild 4), in dem auch die

o. g. geringen Sauerstoffwerte

erreicht werden.

Als weiteres Beispiel für die

Vielzahl bekannter Anwendungen einer ther-

mischen Behandlung mit niedrigem Sauer-

stoffgehalt sei die Herstellung von Kunstkoh-

le genannt. Der Abbrand von Kohlenstoff

kann nur verhindert werden, wenn kein Sau-

erstoff und nach dem Boudouard’schen

Gleichgewicht kein CO2-Gas während des Pro-

zesses mit der Kunstkohle in Berührung

kommt. Als eine typische Produktionsanlage

kann hier der Tiefofen zur Herstellung von

Anoden und Kathoden genannt werden. Die-

se „quasi kontinuierliche“ Anlage besteht aus

einzelnen Kammern, die mit Produkt gefüllt

werden. Zwischen dem Produkt befinden

sich Kanäle aus keramischen Kassettenstei-

nen. Eine Brennerbühne „wandert“ im perio-

dischen Abstand von 26–32 h von einer

Kammer zur nächsten. Ihre Brenner erzeu-

gen Abgase, die durch die Kanäle geführt

werden und so für den indirekten Wärme-

übergang sorgen. Vor dem Schließen jeder

Kammer wird das Produkt allseitig in Koks

eingepackt, um den Sauerstoffzutritt sicher

zu verhindern.

5 Die neue „low-O2“-Technologie

Die neue „low-O2“-Technologie für innova-

tive Wärmebehandlungsanlagen mit integ-

riertem Entbinderungsprozess unterscheidet

sich im Wesentlichen in verfahrenstechnischer

Hinsicht von den beschriebenen Anlagen.

Die neue „low-O2“-Technologie ist eine

thermische Verfahrenstechnik, mit der bei

nahstöchiometrischer Verbrennung die kür-

zeste, energetisch günstigste thermische Be-

handlung von keramischen Produkten bester

Qualität erzielt wird. Als wichtigste Regelgrö-

ße ist die bei Betrachtung des Entbinde-

rungsprozesses herzuleitende Abhängigkeit

dieses Prozesses vom Sauerstoffgehalt und

der Reaktionsintensität einzusetzen.

Auch wenn die Konzentrationen der gas-

förmigen Entbinderungsprodukte in allen

bisher bekannten Fällen im ungefährdeten

ppm-Bereich liegen, ist für die neue „low-

O2“-Technologie die Kenntnis der Entbinde-

rungsreaktionen und die Berechnung der

möglichen Konzentrationen während des

Entbinderungsprozesses notwendig, um De-

flagrationen vorzubeugen.

Wie die Tabellen 1–3 zeigen wird beim

Entbinderungsprozess vorwiegend Formal-

dehyd – auch Methanal genannt – freige-

setzt. Die Gase sind in einem Gas-Luftgemisch

mit 7 % – das ist die untere Explosionsgrenze

(UEG) – bis zur oberen Explosionsgrenze

(OEG) mit 73 % explosiv. Die folgende Explosi-

onsschutzbetrachtung bezieht sich beispiel-

haft auf das ternäre System Methanal, Stick-

stoff und Luft (Bild 5).

Die drei Achsen mit einer Skaleneinteilung

von jeweils 0–100 % definieren mit den je-

weiligen Eckpunkten den Ausgangszustand

einer reinen Komponente. Um Punkte im

Dreistoffsystem eindeutig den prozentualen

Anteilen zuzuordnen, werden die Bezugsach-

sen parallel verschoben, bis sie den gesuch-

ten Konzentrationspunkt treffen. Die drei

Konzentrationsanteile der Stoffe müssen zu-

sammen immer 100 % ergeben. Zur Konzen-

trationsermittlung eines Punktes reicht die

Tabelle 2 • Pyrolyseprodukte von PVA

Pyrolyseprodukte Summenformel

Formaldehyd CH2O

Acetaldehyd CH3CHO

Cotonaldehyde C4H6O

Benzen C6H6

Phenol C6H5OH

Benzaldehyd C7H6O

Toluen C7H8

Styrol C8H8

Cresol C7H8O

Benzofuran C8H6O

Naphthalin C10H8

Bild 3 • Indirekt beheizter Drehrohrofen mit Atmo-

sphärensteuerung

Bild 4 • Zwei elektrisch beheizte,

gasdichte Hau ben öfen

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graphische Bestimmung der Anteile zweier

Komponenten, die dritte ergibt sich dann

rechnerisch. Die (UEG) gibt den minimalen,

für eine Explosion erforderlichen Anteil an

brennbarem Gas im Stoffgemisch an. Unter

der UEG ist keine Explosion möglich, da der

brennbare Stoff in zu geringer Konzentration

vorliegt. Die (OEG) gibt den für eine Zündung

maximal möglichen Anteil an Brennstoffen

im Stoffgemisch an. Über die OEG ist eben-

falls keine Explosion mehr möglich, da der

Oxidator, meistens Sauerstoff, in zu geringen

Mengen vorhanden ist. Zwischen der UEG

und der OEG ist beim Vorhandensein einer

Zündquelle eine Explosion zu erwarten. Die

Grenzen sind in Bild 5 eingezeichnet.

Die UEG und OEG können mit entsprechen-

den Formeln errechnet werden [9]. Um nun

einen Explosionsbereich festzulegen, wird

noch ein dritter, den Explosionsbereich ein-

grenzender Punkt benötigt. Er wird mit den

gleichen Formeln zur Bestimmung der UEG

und OEG, durch Variation der Sauerstoffantei-

le berechnet und stellt den Schnittpunkt der

Linie der stöchiometrischen Verbrennung mit

der des zur Reaktion geringsten Sauerstoffan-

teils dar. In Bild 5 ist der Explosionsbereich

durch das Gebiet 1 gekennzeichnet.

Da der Übergang von nicht explosiver Mi-

schung zum explosiven Bereich sehr rasch

möglich ist, fügt man quasi als Begrenzung ei-

nes Übergangsbereichs die Limit-Air-Concent-

ration (LAC)-Linie ein, die mit der LOC (Limiting-

Oxygen-Concentration) durch die Beziehung

LOC = 0,209 × LAC

verknüpft ist. Jedes Gemisch, das rechts der

LOC liegt, ist nicht zündbar und auch relativ ex-

plosionssicher. Doch da bei hohen Metha-

nalanteilen ein geringer Sauerstoffeinbruch

schon eine Explosion hervorrufen kann, wird

dieser Bereich durch die Linie ICR (inert gas–

combustion gas–rate) noch weiter einge-

schränkt. Diese Gerade hat ihren Ursprung bei

einer Konzentration von 100 % Luft und ver-

läuft durch den Endpunkt des Explosionsberei-

ches. Der so ermittelte Bereich, begrenzt durch

die LAC- und ICR-Linien kann nun als inert und

damit als sicher, eingestuft werden. Alle ande-

ren Bereiche müssen als explosionsgefährdet

betrachtet und somit gemieden werden.

In Vorversuchen hat man wie oben be-

schrieben die einzelnen Entbinderungskom-

ponenten zu bestimmen und auch ihre mög-

lichen Konzentrationen über den gesamten

Entbinderungsprozess. Für jede Komponente

ist dann ein Explosionsdiagramm nach Bild 5

aufzustellen, wenn die gemessenen Konzent-

rationen oberhalb der ICR-Linie liegen. Da

bei den bisherigen Prozessen die gemesse-

nen Konzentrationen immer im niedrigen

ppm-Bereich liegen, also weit unterhalb der

ICR-Linie, besteht auch keine Explosionsge-

fahr. Es reicht zur Überwachung eine verläss-

liche Sauerstoffmessung.

6 Periodische Ofenanlagen mit neuer

„low-O2“-Technologie

Ofenanlagen der innovativen Technologie

müssen, um markt- und produktgerecht zu

sein, die folgenden Merkmale besitzen:

• periodische und kontinuierliche Produkti-

onsmethoden, passend zu den geforderten

Kapazitäten

• Entbindern und Sintern in einem Brand

bzw. in einer Anlage

• keine gasdichten Anlagen, sondern dem

Standard und den Prinzipien der Herdwa-

gen- bzw. Tunnelöfen entsprechend, um

auf Bewährtes zurückzugreifen und um In-

vestitionskosten zu minimieren;

• Brennstoffbeheizung, aus verfahrenstech-

nischen und aus Betriebskostengründen

• präzise Atmosphärenregelung im besonde-

ren während der Entbinderung unter Be-

rücksichtigung der Explosionsschutzregeln

• hoher und gleichmäßiger Wärmeübergang

bei produktschonender Binderentgasung

• Verwendung einer thermischen Nachver-

brennung des Binders zur Reduzierung des

Energieverbrauchs zur Vermeidung von

Umweltschäden

• sicherer Betrieb im explosionsungefährde-

ten Bereich.

Der schematische Aufbau einer periodisch

betriebenen Ofenanlage nach der neuen

„low-O2“-Technologie ist dem Bild 6 zu ent-

nehmen. Die thermische Nachverbrennung

(TNV) muss brennstoffbeheizt sein, um wäh-

rend des Gesamtprozesses den Sauerstoffge-

halt im System zu steuern. Sie ist von ihrer

Baugröße so zu dimensionieren, dass eine

ausreichende Verweilzeit

der Kohlenwasserstoffe zu

deren Oxidation verbleibt.

Der zum System gehören-

de Wärmetauscher kann

mit Luft oder mit Wasser

als Kühlmedium betrieben

werden. Der hohe Wärme-

übergang des Wasserbe-

triebs lässt die oftmals

erwünschten kleinen Bau-Bild 5 • Dreistoffsystem Methanal-Stickstoff-Luft Bild 6 • Schema einer Herdwagenofenanlage mit „low-O2“-Technologie

Tabelle 3 • Pyrolyseprodukte von PEG

Pyrolyseprodukte Summenformel

Formaldehyd CH2O

Acetaldehyd CH3CHO

Valeraldehyd C5H10O

Mono-, Di- and

Trimer des

Äthen- Glykols

C2H4(OH)2

Methyl-1,3-Dioxolan C4H6O3

Benzen C6H6

Tabelle 4 • Pyrolyseprodukte von PAA

Pyrolyseprodukte Summenformel

Formaldehyd CH2O

Acetaldehyd CH3CHO

Aceton C3H6O

2-Butanon C4H8O

Benzen C6H6

Xylen C8H10

Phenol C6H5OH

Cresol C7H8O

KERAMISCHE ZEITSCHRIFT 6-2008 -- Licensed for DVS Media GmbH --

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Ofenkanal bewirken gute Temperaturgleich-

mäßigkeiten und konstante Atmosphären-

konzentrationen.

Das beschriebene und in Bild 8 schema-

tisch dargestellte Grundprinzip des Entbin-

derungssystems ist inzwischen bewährt. Es

zeichnet sich durch geringen Energiever-

brauch, sichere Betriebsweise und niedrige

Abgasverluste bei minimalen Umweltbelas-

tungen aus, die sich auf die bei der Verbren-

nung von fossilen Brennstoffen nicht zu ver-

meidenden CO2-Bestandteile beschränken.

Mit Tunnelöfen, die auf diesem Prinzip

basieren, konnte der Gesamtprozess der

thermischen Behandlung im Vergleich zu

der bis dato üblichen Technik auf 50 % bis

70 % der Zeit verkürzt werden. Entsprechend

kleinere Anlagenabmessungen mit den Ein-

sparungen des Platzbedarfs und den gerin-

geren Investitionskosten sind die weiteren

herausragenden Vorteile.

Literatur[1] Locher, C., Pfaff, E., Schulz, P., Zografou, C.:

Untersuchungen zum Ausbrennen orga-nischer Substanzen im keramischen Scher-ben. Keram. Z. 34 (1982) [7] 361–364

[2] Becker, F.: Debinding processes –physical and chemical conclusions and their practi-cal realisations. cfi 83 (2006) [5] E2–E13

[3] Ferrato, M., Cartier, T., Baumard, J.F., Cou-damy, G.: Der Bindemittelabgang in kera-mischen Scherben. cfi/Ber. DKG 71 (1994) [1/2] 8–12

[4] Ziegler, G., Willert-Porada, M.: Schadstoff-reduzierung durch Prozessoptimierung bei der thermischen Zersetzung organischer Additivsysteme für die keramische Formge-bung unter Einbeziehung der Mikrowellen-einkopplung. Report to research project no. 12068 N

[5] Fuß, O.: Ermittlung und Berechnung der Sauerstoffgrenzreaktion von brennbaren Gasen. Dissertation des Fachbereichs Che-mie, Universität Duisburg-Essen, Mai 2004

Eingegangen: 17.11.2008

größen von Wärmetauschern zu. Der verfah-

renstechnische Ablauf beginnt nach der Be-

ladung und Beschickung des Ofens mit dem

vorgeschriebenen Spülvorgang der Gesamt-

anlage. Es folgt das Aufheizen der TNV auf

eine Temperatur, bei der sichergestellt ist,

dass alle Kohlenwasserstoffe, die bei der im

nächsten Schritt beginnenden Entbinderung

entstehen, vollständig oxidiert werden. Die

Atmosphäre in der TNV wird auf ihren Sauer-

stoffgehalt kontinuierlich überprüft und ge-

steuert. Die Abgase aus der TNV leitet man

über den Wärmetauscher zum überwiegen-

den Teil zurück zur Ofenanlage. Die hohe

Abgasumwälzung und die entsprechende

Brennerleistung bewirken eine zügige Sauer-

stoffkonzentrationsanpassung im System an

den gewünschten „low-O2“-Wert. Während

des gesamten Prozesses wird entsprechend

dem zugehörigen Dreikomponentendia-

gramm der Sauerstoffgehalt zuverlässig über

Sauerstoffmesseinrichtungen unterhalb des

Explosionsbereichs eingehalten.

Das Aufheizprogramm für den Entbinde-

rungsprozess im Ofen wird mit der Abgasum-

wälzung realisiert. Mit den beschriebenen

Betrachtungen und notwendigen Untersu-

chungen, die im Vorfeld eine Analyse des

Entbinderungsprozesses ermöglicht haben,

kann ein angepasstes Temperatur-Zeit-Profil

abgefahren werden.

Wie bereits erwähnt, liegen die Konzentrati-

onen von Entbinderungsgasen weit unterhalb

der Explosionsgrenzen, also innerhalb des Be-

reichs 3 im Dreiphasendiagramm des Bildes 5,

so dass bei jeder möglichen Sauerstoffkonzent-

ration keine Explosionsgefahren während des

Entbinderungsprozesses bestehen.

Der Enbinderungsprozess ist abgeschlos-

sen, wenn der O2-Gehalt im System dem der

Gas-Luftverhältnisseinstellung der TNV-Bren-

ner entspricht. Es schalten sich temperatur-

geregelt die Hauptbrenner des Ofens für den

geregelten Sinterprozess ein und mit einer

bestimmten Zeitverzögerung die Brenner der

TNV aus. Die beschriebene Ofenanlage wird

in Bild 7 gezeigt.

7 Kontinuierlich betriebene Ofenanlagen

mit neuer „low-O2“-Technologie

Aus wärmetechnischer Sicht handelt es

sich bei den klassisch betriebenen Tunnel-

öfen um zwei hintereinander geschaltete

Wärmetauscher, bei denen zum einen die

heißen Abgase aus den Brennern im Gegen-

strom zur Ware von der Brennzone über die

Vorwärmzone zum Ofeneinlauf strömen,

hierbei ihre Enthalpie an das Brenngut abge-

ben und sich selbst dabei abkühlen. Zum

anderen strömt in der Kühlzone die Kühlluft,

die am Ofenauslauf eingeblasen wird, eben-

falls im Gegenstrom zur Ware in Richtung

Brennzone, kühlt das Brenngut und erwärmt

sich dabei.

Für die „low-O2“-Technologie ist der Ofen-

anlage eine Entbinderungszone vorgeschal-

tet, in der die Gase im Gleichstrom zur Ware

strömen. Dadurch werden die kohlenwas-

serstoffbeladenen Gase im steigenden Tem-

peraturprofil geführt, so dass sie bei ent-

sprechend niedriger Sauerstoffkonzentrati-

on zum großen Teil bereits in dieser Zone

verbrennen. Die Gase strömen zur TNV über

den Kamin, der zwischen Entbinderung-

und Vorwärmzone installiert ist. In der TNV

werden durch eine geregelte thermische

Behandlung eventuell noch vorhandene

Restkohlenwasserstoffe sauber verbrannt.

Auch Kondensate können sich wegen der

hohen Temperatur in der Abgasrohrleitung

nicht ablagern. Die reinen Abgase aus der

thermischen Nachverbrennung werden zu-

rück zum Ofen geleitet und dienen mit Un-

terstützung von Spezialbrennern zur direk-

ten Beheizung der Entbinderungszone. Mit

diesen Brennern, die als Injektoren für die

Gase aus der TNV wirken, wird sowohl die

Temperatur in den Entbinderungsbereichen

der Anlage als auch die Sauerstoffatmo-

sphäre in diesen Zonen ge-

regelt. Die Sauerstoffmes-

sung mit der einbezogenen

Regelung garantiert wäh-

rend des gesamten

Prozesses konstante „low-

O2“- Atmo sphären ver hält-

nisse. Das System gewähr-

leistet einen sicheren Be-

trieb außerhalb der

Explosionsgrenzen. Die ho-

hen Gasumwälzmengen im Bild 7 • Herdwagenofenanlage mit „low-O2“-Technologie

Bild 8 • Schema einer Entbinderungszone für einen

Tunnelofen

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