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INNOVATIONS- LABORE IM ÖFFENTLICHEN SEKTOR · Der Innovationsdruck auf den öffentlichen Sektor...

Date post: 13-Jun-2020
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Mit „Schnellbooten“ Digitalisierung vorantreiben INNOVATIONS- LABORE IM ÖFFENTLICHEN SEKTOR
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Page 1: INNOVATIONS- LABORE IM ÖFFENTLICHEN SEKTOR · Der Innovationsdruck auf den öffentlichen Sektor nimmt spürbar zu. Der exponentielle technologische Fortschritt, die sich ständig

Mit „Schnellbooten“ Digitalisierung vorantreiben

INNOVATIONS-LABORE IM ÖFFENTLICHEN SEKTOR

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INHALT

EINLEITUNG 3

WAS SIND INNOVATIONSLABORE? 4

WELCHEN MEHRWERT BIETEN LABORE? 6

MUT ZU NEUEN WEGEN UND ZUM AUSPROBIEREN 10

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EINLEITUNG

Der Innovationsdruck auf den öffentlichen Sektor nimmt spürbar zu. Der exponentielle technologische Fortschritt, die sich ständig verändernde, steigende Erwartungshaltung der Bürger* und auch die Neuerungen der Gesetzgebung, wie das Onlinezugangsgesetz, erzwingen schnelles Umdenken und konkretes Handeln in allen Bereichen.

Auch Kernkompetenzen und -prozesse müssen weiterentwickelt werden. Nur so lassen sich die damit verbundenen Services optimal an die Erwartungen und das Verhalten der Nutzer** anpassen – und dadurch zukunftsfähig machen. Müsste ein Bild diesen tiefgreifen-den Wandel ausdrücken, wäre es wohl der Tanker, dessen Kurs sich nur schwer ändern lässt und in kaum kartierte Gewässer führt. Denn viele gesetzliche Rahmenbedingungen oder übergreifende Standards fehlen noch, etwa zum Umgang mit künstlicher Intelli-genz, dem Teilen von Daten sowie deren Speicherung in der Cloud.

Wie lässt sich das Ruder herumreißen? Welche Wege kann die öffentliche Verwaltung gehen, um jetzt umzudenken, nachhaltig und schnell zu handeln sowie anpassungsfähig zu bleiben? Innovations-potential muss frühzeitig erkannt und entlang von organisatorischen und gesetzlichen Rahmenbedingungen bewertet werden. Ebenso entscheidend ist es, Kompetenzen zu bündeln, um schnell ein trag-fähiges und greifbares Ergebnis zu liefern, und dieses frühzeitig zu erproben. Ökosysteme wie z. B. Start-ups, Forschungseinrichtungen oder Unternehmen können dazu beitragen.

Erfolgreiche Beispiele für ähnliche Ansätze gibt es bereits, etwa die Intelligent Automation Garage des britischen Department for Work and Pensions, den Innovation Accelerator des World Food Programme oder auch Le Lab der französischen Agentur für Arbeit, um nur einige zu nennen.

* entspricht: Bürgerinnen und Bürger** Nutzer können Bürger, Unternehmen oder andere Institutionen sein

Die Tanker in der öffentlichen Verwaltung benötigen dafür eine Art kombiniertes Schlepper- und Schnell-boot: Ein „Innovationslabor“, in dem all diese Fähig-keiten entfaltet werden können.

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WAS SIND INNOVATIONSLABORE?

Entscheidend ist: Labore arbeiten an konkreten Ziel-setzungen. Diese können operativer oder strategi-scher Natur sein, auf ein innovatives digitales Produkt (z. B. eine App) oder auf einen kompletten Kernprozess (z. B. zur Leistungsgewährung) ausgerichtet sein. Das Department for Work and Pensions in Großbritan-nien (vgl. Infobox S. 8) musste seine Effizienz in kür-zester Zeit steigern. Mit Hilfe einer Automationswerk-statt (Intelligent Automation Garage) konnten selbst komplexe Geschäftsprozesse automatisiert werden. Die Werkstatt kombiniert Innovation mit dem Einsatz neuester Technologien und Entwicklungsfähigkeiten sowie mit der notwendigen Entscheidungsbefugnis – alles Bauteile für ein echtes Schnellboot.1

Mit dem 2014 gegründeten Le Lab bietet die Pôle Emploi, das französische Äquivalent zur Bundesagen-tur für Arbeit, ihren Mitarbeitern, Kunden und Part-nern sowie Start-ups die Möglichkeit zum direkten Austausch.2 Dieser wird entlang von Design-Thinking-Methoden moderiert, um gemeinsam neue und innovative Services zu entwickeln – Co-Creation par excellence. Le Lab ist als Katalysator für kreative Arbeitsweisen Schnellboot und Schlepperboot zugleich, das den Tanker öffentliche Verwaltung mit einer neuen Innovationskultur auf einen zukunfts- fähigen Kurs lenkt.

In der Privatwirtschaft sind Innovationslabore oder Innovation Labs längst etabliert – der öffentliche Sektor hat Aufholbedarf. Bezeichnungen wie Digital-Labor, Start-up-Garage, Digitale Werkbank oder Future Camp mögen variieren, das Prinzip aber bleibt gleich: Digitale Innovationen beschleunigen!

ABBILDUNG 1: KRITERIEN DER ERFOLGSMESSUNG VON INNOVATIONSPROJEKTENAnhand welcher der folgenden Aspekte messen Sie den Erfolg von Innovationsprojekten in Ihrem Unter­nehmen? (Das heißt, bei welchen Aspekten quantifizieren Sie den Wertbeitrag eines Innovationsprojektes durch konkrete Leistungskennzahlen?)

Höhere Kundenzufriedenheit und -loyalität 64 %

Verkürzung der „Time to Market“ 48 %

Umsatzsteigerung durch neue Produkte und Dienstleistungen 87 %

Kostenersparnisse 91 %

53 %Außenreputation (Ansehen des Unternehmens)

Quelle: Trendstudie, „Aus Innovationen Werte schaffen“, PAC im Auftrag von Accenture, März 2019, S. 34

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Andere Organisationen gehen ähnlich vor. Accenture betreut mehrere Behörden in Deutschland beim gemein-samen Aufbau von Innovationsfähigkeiten, um mit Hilfe neuer Methoden in einer kreativen Umgebung Vorhaben und Projekte schneller voranzubringen. Priorität hat die Übersetzung von Digitalisierungs- und Zukunftsfragen in konkrete Innovationsprojekte.

Das World Food Programme (vgl. Infobox S. 9) möchte weltweit den Hunger effektiver bekämpfen. Dafür sollen innovative Vorschläge der Mitarbeiter schneller erprobt und umgesetzt werden. Bewährt hat sich beispielsweise der Einsatz von Blockchain bei der unbürokratischen Verteilung von Finanzmitteln an Bedürftige. Aktuell werden rund 50 Innovationsthemen bearbeitet, sowie acht Arbeitsergebnisse des Labors auf die Gesamtorganisation skaliert.3

Bürger und Mitarbeiter können direkt in die Entwick-lung von Produkten, Services sowie das Geschäftsmo-dell eingebunden werden. Dazu greifen die betreffen-den Organisationen auf Einrichtungen ihrer Partner im Ökosystem zurück. Ein Beispiel ist JOSEPHS, ein offenes Innovationslabor, das vom Fraunhofer Institut für Integrierte Schaltungen (IIS) mit Unterstützung von akademischer Seite in Nürnberg eingerichtet wurde.4 Es wird zum Beispiel vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und der Bundesagentur für Arbeit genutzt.

Viele verschiedene Zielsetzungen erfordern unter-schiedliche Labor-Varianten: Zusammengesetzt aus einem oder mehreren Teams, über ein externes Labor bis hin zu kombinierten Modellen. Die Entscheidung, welche Art von Labor aufgebaut werden soll, ist – wie anhand der Beispiele erkennbar – abhängig von der jeweiligen Zielsetzung und den organisatorischen Rahmenbedingungen. Hierfür muss zunächst geklärt sein, was das Labor leisten soll und was nicht. Ein Innovationsteam kann beispielsweise Workshops anhand innovativer Kreativ-Methoden durchführen, um schnell erste Ideen zu entwickeln, welche dann unmittelbar (z. B. durch digitale Prototypen) visuali-siert und greifbar gemacht werden.

Das bedeutet aber nicht, dass diese auch unmittelbar umgesetzt werden können, denn dazu bedarf es anderer Fähigkeiten. Daher müssen Innovationslabore in einen kontinuierlichen Innovationsprozess mit klarer Steuerung, Entscheidungsmechanismen und insbe-sondere einer Umsetzungsfähigkeit (z. B. einer Digita-len Werkbank) eingebunden werden, oder diese Kom-petenzen und Fähigkeiten selbst anbieten.

Kreativräume mit einer anregenden und offenen Gestaltung geben dem Labor einen physischen Raum und ermöglichen eine andere Atmosphäre als in den gewohnten Büroräumen. Letztlich wird der Erfolg jedoch von einer neuen Kultur der Zusammenarbeit getragen: offen, kreativ und idealerweise hierarchiefrei. Ein Mandat und die Unterstützung auf der Führungs- und Leitungsebene sind hierfür ebenso wichtig, wie die Fähigkeiten Innovationen auch umzusetzen:

Wenn es nur bei bunten Post- its und einigen digitalen Click- Dummies bleibt, ist der Mehr-wert eines Labors fraglich.

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WELCHEN MEHRWERT BIETEN LABORE?Unabhängig davon, ob ein Labor intern angelegt ist, mit vielen Teams agiert, virtuell über mehrere Entwicklungsteams existiert oder extern mit koordinativen Aufgaben genutzt wird: Labore haben eine klare Zielsetzung und lösen Heraus-forderungen bei der Realisierung von Innovationsinitiativen.

Erzeugen einen greifbaren Mehrwert und liefern skalierbare Ergebnisse

Brechen Silos auf

Steigern die Akzeptanz der Nutzer

Fördern eine agile und interdiszi-plinäre Kultur und Arbeitsweise

Ziehen Talente an

Schöpfen Nutzen aus ihrem Ökosystem

Welchen Mehrwert bieten

LABORE?

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Quelle: Trendstudie, „Aus Innovationen Werte schaffen“, PAC im Auftrag von Accenture, März 2019, S. 28/29

Große Herausforderung

Etablierung einer Innovationskultur

Aus Ideen echte Werte schaffen

Koordination verschiedener Innovationsinitiativen

Begeisterung bei der gesamten Belegschaft für Innovation

Messung des geschäftlichen Wertes der Innovation

Kompetenz und Fähigkeiten der Mitarbeiter

Etablierung eines Innovations-ökosystems

61% 28%

59% 35%

52% 40%

50% 34%

49% 40%

44% 43%

37% 46%

eher geringe Herausforderung („keine Herausforderung“ nicht dargestellt)

ABBILDUNG 2: HERAUSFORDERUNGEN BEI DER REALISIERUNG VON INNOVATIONSINITIATIVENStellen die folgenden Aspekte eine große, eher geringe oder keine Herausforderung dar, wenn es um die Umsetzung von Innovationsprojekten in Ihrem Unternehmen geht?

LABORE ERZEUGEN EINEN GREIF-BAREN MEHRWERT UND LIEFERN SKALIERBARE ERGEBNISSE

Labore sollen der Organisation und/oder ihren Kunden einen greifbaren Mehrwert bieten. Deshalb geht es häufig darum, Kernprozesse zu erneuern, die Qualität digitaler Services zu verbessern und die Zufriedenheit der Kunden zu steigern. Zudem kann die Erprobung von neuen (geschäftskritischen) Technologien im Mit-telpunkt stehen. Die Ergebnisse werden so weiterent-wickelt, dass sie der gesamten Organisation nutzen. Wichtig hierbei ist eine langfristige Mehrwertbetrach-tung: Da Labore nicht selten Innovationen erproben, mit ihnen experimentieren und Ansätze auch schei-tern können, stellt sich ein Mehrwert ggf. erst mittel- oder langfristig ein. Der Aufbau eines Labors ist zunächst immer mit zusätzlichen Aufwänden verbun-den, die als Investition verstanden werden müssen.

LABORE BRECHEN SILOS AUF

Das Konzept funktioniert nur, wenn die Zielsetzung gemeinsam von den Leitungsebenen vorgegeben und langfristig getragen wird. Die frühe Klärung von Ent-scheidungsmechanismen und möglichen Freiheitsgra-den spielen dabei eine sehr wichtige Rolle. Gleichzeitig muss ein Innovationsteam koordinieren und kommuni-zieren, um die eigene Arbeit in der gesamten Organisa-tion transparent zu machen. Dies kann durch schnell vor-zeigbare und „erlebbare“ Arbeitsergebnisse begünstigt werden (z. B. Prototypen), die für sich selbst sprechen. Und die besten Multiplikatoren sind begeisterte Teams, die den “Laboransatz” und die damit verbundene Inno-vationskultur in die Breite der Organisation tragen.

Zudem kann ein Labor das Technologieverständnis von Mitarbeitern in einer Organisation bereichern und dabei helfen, Insellösungen, z. B. bei der Produkt- oder Technologieauswahl, zu vermeiden. Dies verdeutlicht die Analogie zum Schlepperboot. Häufig beschäftigen sich unterschiedliche Bereiche einer Organisation mit der gleichen Fragestellung, unabgestimmt und redun-dant – mit unklarem oder gar gegensätzlichem Kurs. Labore hingegen arbeiten bereichsunabhängig, ledig-lich ihrem Ziel verpflichtet.

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Das Labor kann darüber hinaus innerhalb und außer-halb der Organisation als zentrale Anlaufstelle für verschiedene Themen agieren. Der Mehrwert ist hier gerade bei Initiativen auf Bundesebene offensichtlich, etwa bei Arbeitsgruppen zum Onlinezugangsgesetz. Beispielsweise kann ein Labor als zentrale Stelle einer-seits die Koordination des behördenübergreifenden Datenaustauschs mit den Ökosystempartnern und gleichzeitig die Umsetzung eines Piloten übernehmen.

LABORE STEIGERN DIE AKZEPTANZ DER NUTZERDie Sicht der Nutzer steht im Mittelpunkt und sie können auch direkt eingebunden werden oder mit-arbeiten. So setzen Einrichtungen wie das schon erwähnte JOSEPHS-Innovationslabor bereits auf inter-essierte „Laufkundschaft“. Weitere Optionen sind „Open Innovation Kampagnen“ (Öffnung des Inno-vationsprozesses zur Einbindung von Nutzern, z. B. über Online-Plattformen zur Ideengenerierung) oder eine gezielte Validierung per Usability-Tests und Fokusgruppen. Dabei helfen der gezielte Einsatz von modernen Methoden wie Design Thinking, Hackathons oder Innovations-Sprints.

LABORE ARBEITEN INTER- DISZIPLINÄR UND AGILZu den Prioritäten gehört, schnell ein erlebbares Ergebnis zu liefern. Dafür setzen Labore auf hohe Flexibilität, bündeln Kompetenzen, experimentieren und arbeiten hierzu interdisziplinär und agil. Inter- disziplinäres Arbeiten bedeutet, dass je nach Ziel- setzung notwendige Kompetenzen im Labor zusam-mengeführt werden: aus der IT (z. B. Designer, Entwickler, Tester, etc.), dem Fachbereich (z. B. Geschäftsprozessanalysten, fachliche Experten, etc.) oder der Leitungs-/Entscheidungsebene, mit fortlaufender Einbindung der Nutzer oder des weiteren Ökosystems.

Egal, ob Digitalstrategie, Machbarkeitsstudie, Über-setzung von Innovation in ein Projektvorhaben oder lauffähiger Prototyp: Agiles Arbeiten bedeutet, schnell ein erstes (greifbares) Arbeitsergebnis zu erzeugen, das dann in Abhängigkeit des Feedbacks schrittweise weiterentwickelt wird. Der Freiraum zum Experimen-tieren ist dafür unabdingbar. Ebenso bedarf es Fähig-keiten und Ressourcen, um die Weiterentwicklung und Umsetzung von Prototypen zu gewährleisten.

„INTELLIGENT AUTOMATION GARAGE“ BEIM DEPARTMENT FOR WORK AND PENSIONS, ENGLAND

Was eine hauseigene „Denkfabrik“ dank agiler Methodik, digitaler Fähigkeiten und neuer Tech-nologie erreichen kann, zeigt beispielhaft das Department for Work and Pensions (DWP). Als größte Behörde in Großbritannien ist das Amt für staatliche Leistungen wie Rente und Sozial-hilfe für rund 20 Millionen Bürger zuständig.

Accenture unterstützt DWP seit 2017 beim Auf­bau der Intelligent Automation Garage (IAG). Fokus der IAG ist die innovationsgetriebene Automatisierung von Geschäftsprozessen.

Hierzu wurde eine “virtuelle Belegschaft” aus mittlerweile über 1.000 Roboter-Programmen aufgebaut, die bereits über 1,6 Millionen Trans­aktionen erfolgreich ausgeführt haben. DWP konnte so mehr als 150.000 Stunden Arbeit einsparen. Die IAG bestimmt ihre “Automatisie­rungs-Roadmap” selbst und greift auf Inno- vationen aus den Bereichen Robotic Process Automation (RPA), künstliche Intelligenz (KI) und Analytics zurück. Die Kombination aus Innovation, neusten Technologien, der Fähig­keit innovative Ideen direkt umzusetzen und der notwendigen Entscheidungsbefugnis machen die IAG zu einem Schlepperboot für die ganze Organisation und zu einem Schnell­boot für Innovationen.

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LABORE LOCKEN TALENTE ANExperten für Machine Learning, Big Data Analytics oder Innovationsmanagement sind extrem begehrte Mangelware und deshalb frei in der Wahl ihrer Arbeit-geber, wobei die öffentliche Verwaltung häufig leer ausgeht. Ein Labor kann allerdings zum Magneten für Talente werden, wenn es möglichst frei von Kon-ventionen und organisatorischen Zwängen auf krea-tive und innovative Lösungen fokussiert ist. Und dies auch bewirbt und sich so klar am Markt differenziert, z. B. durch einen eigenen Markennamen oder durch die Zusammenarbeit mit anderen Organisationen. Hat die öffentliche Verwaltung über ihr modernisiertes Image neue Talente für sich begeistert, können diese als Multiplikatoren die nächste Generation an Exper-ten intern ausbilden.

LABORE SCHÖPFEN NUTZEN AUS IHREM ÖKOSYSTEMVoneinander lernen und miteinander Wissen teilen, könnte das Motto der Labore lauten. Denn sie brechen einerseits Silos auf, teilen ihre Erkenntnisse aber auch mit anderen Einrichtungen. Was sind große Zukunfts-themen? Welche Technologie hat sich bewährt? Welcher Anwendungsfall ist zukunftsfähig? Was wollen meine Kunden? Mit diesen Fragen ist heute keine Organisation mehr alleingelassen, auch weil die Vernetzung und Kooperation von öffentlichem Sektor, Privatwirtschaft sowie Forschung großge-schrieben werden – dies zeigt auch die KI-Strategie der Bundesregierung.

Jede Behörde kann einem externen Ökosystem ange-hören und dieses mitgestalten, indem Forschungs-einrichtungen, Start-ups oder NGOs etwa über Work-shops oder Partnerverträge eingebunden werden. Keine Organisation muss heute das Rad neu erfinden, sondern kann von den Erfahrungen profitieren, die ihre Partner mitbringen.

In manchen Fällen kann auch der Standort ein wichtiges Bindeglied sein. So möchte der neue LabCampus am Flughafen München Kreative, Firmen, Forschungsein-richtungen, Start-ups und Investoren für innovative Vor-haben in der Nähe des Flughafens zusammenbringen.5

DER „INNOVATION ACCELERATOR“ DES WORLD FOOD PROGRAMME

Wenn ein bunt gemischtes Team von Spezia- listen gemeinsam an die Arbeit geht, um ein globales Problem zu lösen, können ungeheure Synergien entstehen. Das zeigt der „Innovation Accelerator“ des World Food Programme (WFP) in München, wo Mitarbeiter der Vereinten Nationen (UN) mit Start-ups und Experten aus dem privaten und öffentlichen Sektor zusam-menarbeiten – gemeinsam vereint in dem Ziel, Innovationen zu identifizieren, die zum Kampf gegen den globalen Hunger beitragen.

Neben internen UN-Mitarbeitern, können auch Bürger, Start-ups, Organisationen oder Unter­nehmen weltweit Ideen in den digitalen Inno­vationsprozess einsteuern (Open Innovation). Im Jahr 2018 gingen über 3.000 Bewerbungen ein. Nur wenige handverlesene Projektvorhaben kommen nach der initialen Prüfung in die wei-teren Phasen der gemeinsamen Weiterentwick­lung. Vielversprechende Vorschläge werden in einem Innovation-Bootcamp von fünf Tagen zusammen mit dem Accelerator-Team, Fach-experten des WFP und externen Mentoren weiterentwickelt. Ziel ist, von der Idee bis zu einem initialen Prototyp zu kommen, der dann gepitcht werden kann. Dafür werden die Projekt-Teams mit verschiedenen Innovations-Methoden, wie etwa „Lean Start-up“ oder „Human Centred Design“ vertraut gemacht. Erfolgreiche Projekte können sich für das Sprint-Programm bewerben, und für drei bis sechs Monate weitere Förderung erhalten. Dabei werden Ideen im Feld als Pilot getestet und durch das WFP begleitet. Insge­samt können in dieser Phase bis zu 100.000 USD als finanzielle Unterstützung bereitgestellt werden. Jeder Pilot wird dabei direkt mit Nutzern (Bedarfsträgern) getestet, damit die Entwick­lungen nicht an der Realität vorbeigehen.

Schon jetzt sind ca. 50 Innovationen in der Erprobung, während derzeit acht weitere Pro­jekte skaliert werden. Für die optimale Förde­rung dieser „Scale-up-Projekte“ wird derzeit ein weiteres gezieltes Programm entwickelt, um Wirkung durch Skalierung zu erreichen. Ein prominentes Beispiel setzt auf Blockchain, um Hilfsgelder für Flüchtlinge in Jordanien schnell, unbürokratisch und sicher zu verteilen. Über 100.000 Flüchtlinge erhalten bereits finanzielle Hilfsmittel über ein Blockchain-Sys­tem, wobei ein Scan ihrer Iris zur Identifikation ausreicht.

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Für die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes wur-den Labore eingerichtet, deren digitale Lösungen in 14 Bereichen wie „Familie und Kind“ sowie „Bauen und Wohnen“ immer den Nutzer und seine tatsächlichen Bedürfnisse im Fokus haben.6 Diese Labore sollen behördenübergreifend Silos aufbrechen und den Tan-ker öffentliche Verwaltung schnell in das digitale Zeit-alter „schleppen“.

Ähnlich kundenzentriert geht Bayern vor, wo in einem Pilotprojekt einzelne Landkreise zu „Digitallabors“ ernannt wurden. Mit Hilfe „digitaler Werkzeugkästen“ sollen sie bis 2020 wichtige Verwaltungsleistungen online bereitstellen, unter anderem im Gaststätten- und Gewerberecht sowie im Straßenverkehrswesen.7

Langwierige Entwicklungen ohne klar ersichtliche Ergebnisse gefährden das Ansehen der öffentlichen Verwaltung. Das zeigen etwa die lange ausstehende E-Akte und der elektronische Personalausweis, der wenig genutzt wird, weil er am Nutzer vorbei entwi-ckelt wurde. Beide Vorhaben wären vielleicht unter Nutzung eines Innovationslabors schneller und wir-kungsvoller vorangeschritten.

MUT ZU NEUEN WEGEN UND ZUM AUSPROBIEREN

DAS KONZEPT „DIGITAL INNOVATION-AS-A-SERVICE“Wie die vorangegangenen Beispiele (vgl. Info­boxen) zeigen, können Labore jeglicher Art eigenständig bestehen und funktionieren. Ihr Erfolg hängt aber maßgeblich von Kultur und Management in Bezug auf Innovationen ab. Stichwort Innovationsmanagement: Mit ‚Digital Innovation-as-a-Service‘ unterstützt Accenture seit Jahren Organisationen dabei, die interes­santesten digitalen Möglichkeiten für den indi­viduellen Bedarf zu identifizieren. Dazu gehört, innovative Prototypen skalier- und handhabbar zu entwickeln sowie Entscheidungspunkte für die fachliche Eignung und die Leitungsebene zu setzen – und zwar innerhalb weniger Wochen.

Welche Ansatzpunkte sehen Sie für ein Labor in Ihrer Organisation?

Keine Frage: Ein Labor aufzuziehen und mit den notwendigen Kompetenzen aus-zustatten, erfordert ein hohes Maß an Courage. Der Trend „Mut zu neuen Wegen“ statt „haben wir schon immer so gemacht“ wird mittlerweile auch auf Bundes-ebene erkannt.

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WEITERFÜHRENDE MATERIALIENTrendstudie „Aus Innovationen Werte schaffen“, 2019, PAC im Auftrag von Accenture

„Digital in 100 Tagen“, 2018, Accenture

„Vom Service zum Erlebnis“, 2018, Accenture

„Helfer in der Not“ – smarte Roboter und künstliche Intelligenz in der öffentlichen Verwaltung, 2017, Accenture

Internationale Studie „Innovation with Purpose - Accelerating Outcomes in Human Services, Unleashing the Era of Empowerment“, 2018, Accenture

Künstliche Intelligenz in Deutschland: „Weg ohne Ziel? Wie Deutschland ein Spitzenstandort für künstliche Intelligenz werden kann“, 2018, Accenture

„Hessens Ambitionen für künstliche Intelligenz“, 2018, Accenture im Auftrag des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung

QUELLENANGABEN1 Angaben von: Department for Work And Penions, England 2 Pôle Emploi, Le Lab, Frankreich: https://www.lelab.pole-emploi.fr 3 World Food Programme, Innovation Accelerator: https://innovation.wfp.org/4 Offenes Innovationslabor JOSEPHS, Fraunhofer Institut IIS:

https://www.josephs-service-manufaktur.de/unternehmen/referenzen/ 5 LabCampus am Münchner Flughafen: https://www.munich-airport.de/labcampus/de 6 Labore für Umsetzung Onlinezugangsgesetz (OZG):

https://www.it-planungsrat.de/DE/ITPlanungsrat/OZG-Umsetzung/Digitalisierungsprogramm/ 05_DigPro_DigLabore/DigPro_DigLabore_node.html

7 Digitallabore Bayern: https://bayern.de/digitalministerin-gerlach-behoerdengaenge-online- bayern-startet-digitallabors-fuer-pilotlandkreise-wichtigste-verwaltungsleistungen- schon-bis-2020-digital-2/

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ÜBER ACCENTUREAccenture ist ein weltweit führendes Dienstleistungs-unternehmen, das ein breites Portfolio von Services und Lösungen in den Bereichen Strategie, Consulting, Digital, Technologie und Operations anbietet. Mit umfassender Erfahrung und spezialisierten Fähig-keiten über mehr als 40 Branchen und alle Unterneh-mensfunktionen hinweg – gestützt auf das weltweit größte Delivery-Netzwerk – arbeitet Accenture an der Schnittstelle von Business und Technologie, um Kunden dabei zu unterstützen, ihre Leistungsfähig - keit zu verbessern und nachhaltigen Wert für ihre Stakeholder zu schaffen. Mit rund 477.000 Mitarbei-tern, die für Kunden in über 120 Ländern tätig sind, treibt Accenture Innovationen voran, um die Art und Weise, wie die Welt lebt und arbeitet, zu verbessern. Besuchen Sie uns unter www.accenture.de.

KONTAKTE

Accenture verfügt über umfassende Expertise, um Behörden dabei zu unterstützen, Innovationslabore für den tatsächlichen Bedarf zu planen, aufzubauen und strategisch auszurichten.

Henri Souchon Senior Manager im Bereich digitale Transformation und Customer Service Design, öffentlicher Sektor und Gesundheitswesen

[email protected]

Bernd Firuz Kramer Strategy Manager, öffentlicher Sektor und Gesundheitswesen

[email protected]

Stand Mai 2019


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