Toxikologie für Chemiker: Einteilung von Giftstoffen und ihrer biologischen Wirkung 1
• Aufgaben der Toxikologie • Kontakte mit Stoffen • Arten der Einwirkung von Chemikalien • Einteilung von Giftstoffen und ihrer biologischen Wirkung • Untersuchungsmethoden in der Toxikologie • Schließen vom Experiment auf den Menschen
Inhalte
Toxikologie für Chemiker: Einteilung von Giftstoffen und ihrer biologischen Wirkung 2
Inhalt
Einteilung von Giftstoffen und ihrer biologischen Wirkung
Wechselwirkung von Chemikalien Toxische Effekte von Chemikalien
• Lokale Effekte (akut, chronisch) • Systemische Effekte (akut, chronisch) • Gentoxische Wirkung • Kanzerogenität • Embryotoxizität • Neurotoxizität • Allergie
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Für die Toxizität von Chemikalien relevante Prozesse
aufgenommene Chemikalie
Rezeptor (Reizauslösung)
Schädigung von Stoffwechsel, Transport- und Regulations- prozessen
Gegenregulation Aufhebung der Wirkung
aktiver Metabolit
inaktiver Metabolit
Entgiftung
Giftung
Ausscheidung
ausgeschiedene Chemikalie / Metaboliten
Schäden am genetischen Material
Funktionsstörung (z.B. Lähmung)
Zelltod (Nekrose)
Keimzellschaden
Krebs
Adaptation Reparatur Regeneration
Schadwirkungen
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Wechselwirkungen von Chemikalien
• Addition der Effekte • Synergismus • Potenzierung • Antagonismus
- Funktioneller Antagonismus - Chemischer Antagonismus (Inaktivierung) - Verteilungs-Antagonismus - Rezeptor-Antagonismus
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Toxische Effekte von Chemikalien
• Allergische Reaktionen • Idiosynkrasie • Sofortige vs. verzögerte Reaktionen • Reversible vs. irreversible Effekte • Lokale vs. systemische Effekte
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Charakterisierung toxischer Effekte
Nach Reversibilität
Nach Einwirkungsdauer, -häufigkeit
akut: kurze Einwirkung der Noxe (Sekunden bis Stunden) z.B. Blausäure Lähmung der Zellatmung Zentralnervensystem (systemisch) Krämpfe chronisch: lange Einwirkung der Noxe (Wochen, Jahre bis Jahrzehnte) z.B. Alkohol Magen (lokal) chronische Magenschleimhautentzündung, Leber (systemisch) Leberzirrhose
Nach Einwirkungsort
lokal: Effekt am Einwirkungsort z.B. Säure-/Laugenverätzung Haut (akut) Nekrose Narbe systemisch: Effekt an bestimmten Zielorganen, unabhängig vom Einwirkungsort z.B. Benzol Knochenmark (chronisch) Blutkrebs
reversibel: rückbildungsfähig (restitutio ad integrum) z.B. Teerprodukte Haut (lokal) Warzen irreversibel: permanent (Dauerschäden) z.B. Teer Haut (lokal) Krebs
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Akute Effekte: Beispiele für akute lokale Schädigungen
Einwirkungsort Noxen und Schädigungen
Haut
Schleimhäute (oberer Verdauungstrakt)
Gefäße und Gewebe
Säureverätzung
Laugenverätzung
Koagulationsnekrose
Kolliquationsnekrose
Säureverätzung
Laugenverätzung
Koagulationsnekrose
Kolliquationsnekrose
Nekrose
Nekrose Speiseröhren- perforation
Spätfolge: Speiseröhren- striktion
Spätfolge: Narben
Fehlerhafte Injektion (intraarteriell statt intravenös, paravenös)
Gefäßverschluß Gewebsnekrose
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Akute Effekte: Beispiele für akute systemische Intoxikationen
Zielorgan Noxen akute Veränderungen Zentralnervensystem chlorierte Kohlenwasserstoffe Krämpfe Zellen Blausäure Hemmung der Zellatmung, dadurch Krämpfe, Atemlähmung Blut Kohlenmonoxid CO-Hämoglobinbildung O - Mangel, dadurch Bewußtseinsschwund, Lähmung Magen-Darm-Trakt Schwermetalle Entzündung Leber Knollenblätterpilze Leberschädigung Tetrachlorkohlenstoff
2
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Akute Effekte: Mengenangaben für akute Toxizität
Akute orale LD (g/kg) Geschätzte letale orale Klassifizierung (tierexperimentell) Dosis für einen Erwachsenen der Giftigkeit von 70 kg Körpergewicht < 0,005 wenige Tropfen super giftig 0,005 - 0,050 bis 1 Teelöffel extrem giftig 0,05 - 0,50 1 Teelöffel bis 2 Eßlöffel sehr giftig 0,5 - 5,0 30 - 300 ml mäßig giftig 5,0 - 15,0 300 ml - 1 Liter leicht giftig > 15,0 > 1 Liter praktisch ungiftig
50
Vergleich zwischen tierexperimentellen akuten oralen LD - Werten und geschätzter letaler Dosis für einen Erwachsenen
50
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Akute Effekte: Toxizitätsvergleich von Stoffgruppen (bei oraler Aufnahme)
Haushaltschemikalien Pflanzenschutzmittel Nahrungs-und Genußmittel
LD50 : 5.000 bis 15.000 mg/kg
Haarwasser Captan KochsalzLippenstifte Simazin
LD50 : 500 bis 5.000 mg/kg
Schaumbäder Malathion MentholShampoos Pyramin VanillinNagellack Cumarin
LD50 : 500 mg/kg
Haarentferner DDT AllylsenfölHaarspray DimethoateParfum
LD50 : 5 bis 50 mg/kg
Metallreinigungsmittel E605Wunddesinfektionsmittel Gusathion
LD50 : bis 5 mg/kg
einige Arzneimittel Nikotin Nikotin
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Akute Effekte: Korrelation zwischen Struktur und akuter Toxizität von halogenierten Aromaten
Substanz LD (µg/kg KG) 2,3,7,8-Tetrachlordibenzo-p-dioxin 2 2,3,7,8-Tretrachlordibenzofuran 7 3,3'-4,4',5,5'-Hexachlorbiphenyl 223 2,3,7-Trichlordibenzo-p-dioxin 29.444 2,3,3'-4,4',5,5'-Heptachlorbiphenyl >3.000 4,4'-dichlor-3,3'-5,5'-tetrafluorbiphenyl >3.000 3,3',4,4'-Tetrachlorbiphenyl <552 2,3,6,7-Tetrachlornaphthalin >3.000 1,2,4,7,8-Pentachlordibenzo-p-dioxin 1.125 1,2,3,7,8-Pentachlordibenzo-p-dioxin 3 2,3,4,7,8-Pentachlordibenzofuran <10 2,3,7,8-Tetrabromdibenzofuran <15 2,3,6,7-Tetrabromnaphthalin 242 1,2,4,6,7-Pentabromnaphthalin 200 1,2,3,4,7,8-Hexachlordibenzo-p-dioxin 73 1,2,3,6,7,8-Hexachlordibenzo-p-dioxin 70 - 100 1,2,3,7,8,9-Hexachlordibenzo-p-dioxin 60 - 100 1,2,3,4,6,7,8-Heptachlordibenzo-p-dioxin >600 2,3,4,6,7,8-Hexachlordibenzofuran 120 1,2,3,4,7,8-Hexabromnaphtalin 361 1,2,3,5,6,7-Hexabromnaphtalin >3.610 2,3,6,7-Tetrachlorfluoren-9-on >100
50
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Akute Effekte: Beispiele für akute lokale Schädigungen des Atemtraktes
NH HCl HCHO S Cl Acrolein F
SO Cl Br R - CO - Cl
O NO COCl CdO
N = C = O
N = C = O R
Angriffsorte Stoffe Früh- und Spätschäden H O - Löslichkeit 2
3
2 2
2
2
2
2
2
2
3
Chronische Entzündung und Narbenbildung
Augen-, Rachen- und Trachealreizung
Verätzung der oberen Atemwege
Bronchialreizung, Schleimabsonderung
Bronchitis, Bronchopneumonie Husten, Bronchospasmus
Lungenödem nach mehrstündiger Latenzzeit
Tod durch Ersticken
Bronchitis obliterans
hoch
mittel
gering
Auge Larynx Trachea
Bronchien Bronchiolen
Bronchiolen Alveolen Kapillaren
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Akute Effekte: Beispiele für chronische lokale Schädigungen
Einwirkungsort Noxen Schädigungen
Reversible Veränderungen
Irreversible Veränderungen
Haut Teerprodukte Kortikoidsalben
Warzen Atrophie
Magen Alkohol Chronische Magenschleimhautentzündung
Haut
Bindegewebe, Muskulatur
Teer- und Teerprodukte Krebs
Fremdkörper Sarkom
Respirationstrakt Asbest
Zigarettenrauchen
Staublunge (Asbestose) Krebs Krebs
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Akute Effekte: Beispiele für chronische systemische Intoxikationen
Noxen Wirkort Organveränderungen
Reversibel Irreversibel
Knochenmark
Leber
Haut
Benzol
Alkohol
Arsentrioxid
Anämie Panmyelopathie
Leukose
Fettleber Leberzirrhose
Melanose Hyperkeratose Haarausfall
Hautkrebs
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Gentoxizität / Mutagenität
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• Erbgutschädigende Wirkung Mutation
• Krebserzeugende Wirkung Krebs
• Mutation Krebsentstehung
Gentoxizität / Mutagenität
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• Gen-Mutationen – Punktmutationen – Kleine Deletionen
• Chromosomen-Mutationen
– Translokationen, Brüche usw.
• Genom-Mutationen (Chromosomenzahl)
• Indirekte DNA-Schäden – Schädigung des Spindelapparates – DNA-Reparatur
Gentoxizität / Mutagenität
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• Man bohrt nicht in der Nase
• Mann bohrt nicht in der Nase (Punktmutation)
• Max bohrt nicht in der Vase (Punktmutation)
• Man bohrt in der Nase (kleine Deletion)
• Man bohrt nicht über den Wolken (Translokation)
(In der Nase wird die Freiheit wohl grenzenlos sein)
Gentoxizität / Mutagenität
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• Verschiedene Mutationen können unterschiedliche Auswirkungen haben
• DNA-Schädigung passiert ständig (auch ohne Chemikalieneinfluß)
• Die Schädigungen werden effizient repariert und (meist) nicht als Mutation vererbt
• Aber auch die Reparatur ist fehleranfällig
Gentoxizität / Mutagenität
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Gentoxizität: Potentielle Effekte durch gentoxische Chemikalien
Mutation
Somatische Mutation Keimzell-Mutation
Krebs Mißbildung Dominant letal
Vererbbare genetische Änderung
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Gentoxizität: Häufigkeit von chromosomalen Schäden
Type of Abnormalities Frequency / 100.000Live Births
Sex chromosome aneuploidies 223Autosomal trisomies 144
Structural rearrangements Balanced 195 Unbalanced 60 Translocations 19 Inversions 2 Deletions 9
Supernumerary 18 Other 12
Total 622
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Typ Häufigkeit(pro 100)
Diagnostiziert bei
Spontane Aborte 10 - 20 SchwangereChromosomenanomalien in spontanen Aborten (Woche 8 - 28)
30 - 40 Spontane Aborte
Chromosomenanomalien bei Amniocentese
2 Amniocentese-Präparate
Totgeburten 2 - 4 Tot- und LebendgeburtenNiedriges Geburtsgewicht (< 2500 g)
7 Lebendgeburten
Erhebliche Mißbildungen 2 - 3 LebendgeburtenChromosomenanomalien 0,2 LebendgeburtenSchwere geistige Retardierung 0,4 Kinder bis 15 Jahre
Gentoxizität: Häufigkeit von Schwangerschaftsschäden
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Tumorpromotoren haben eine Wirkschwelle
Direkt wirkende Kanzerogene haben keine Wirkschwelle
Kanzerogenität
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Kanzerogenität: Initiation / Promotion
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Kanzerogenität: Typen chemischer Kanzerogene
• Direktes (primäres) Kanzerogen • Sekundäres (Pro-) Kanzerogen • Kokanzerogen (Promotor)
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Kanzerogenität: Klassifizierung kanzerogener Chemikalien
Klasse Beispiel Gentoxische Kanzerogene Aktivierungs-unabhängig Alkylierende Stoffe Aktivierungs-abhängig Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, Nitrosamine Anorganisch Metalle Epigenetische Kanzerogene Promotoren Organochlor-Pestizide, Saccharin Zytotoxisch Nitrilotriessigsäure Hormon-modifizierend Östrogen, Amitrol Immunsuppressor Purin-Analoge Feststoffe Kunststoffe Nicht klassifiziert Peroxisomen-Proliferation Clofibrat, Phthalatester Sonstige Dioxan
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Biotransformation von polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen
12 1 2
3
4
5 6 7
8
9
10
Bay-Region
Benzo[a]pyren (BP) O
HO
OH BP-7,8-epoxid BP-7,8-diol
HO
OH BP-7,8-diol-epoxid
O
(Das kanzerogene Stereoisomere ist das (+)-Benzo[a]pyren-7,8-diol-9,10-epoxid)
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Kanzerogenität: Kanzergene Metaboliten und nucleophile Zentren von Nucleosiden
O
CH 3
CH 3 CH 3
CH 3
H C N N O
C H N
O
3
2
CH 3 +
Präkanzerogen Kanzerogen
Nitrosomethylharnstoff Carboniumion
7,12-Dimethylbenzanthracen reaktives Epoxid
C C
C H C
N
N
N
N
CH 3 2
1
NH 2
7 C
C
C C
HN
N
N
N
CH
2
H N
O
H H
CH
CH C
N
N
NH 2
O
H
C
Adenin Guanin Cytosin
Kanzerogene Metaboliten
Nucleophile Zentren
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Kanzerogenität: Beispiele für primäre Kanzerogene
H C CH R
N H
2
CH C H 2
O
CH CH
O 2
H 2 C CH 2
C O O
CH
CH
CH
SO
2 2
2 2
O
CH OSO OCH
ClCH CH
ClCH CH S
ClCH CH
ClCH CH
N P
O N
O
ClCH OCH Cl 2
C H CH Cl
CH J
2
3
2 2
2 5 6
CH CH
CH 2
2 2 2 2
2 2
2 2
2 3 3
Alkylimin
Alkylenpoxid
ß-Propiolacton
Propansulton
Dimethylsulfat
Bis(2-Chlorethyl)sulfid
Cytoxan (Endoxan)
Bis(chlormethyl)ether
Benzylchlorid
Methyljodid
(Yperit)
H
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O
CH NHNHCH
CH NCH CH NCH OH CH
O NO
CH N=NCH OH
O
CCl CCl
+
CH +
+
O O
O
O O
OCH O O
O
O O
OCH
O
CH OR' CH RCOO + 2
3
2
3
2
3 3
3
2
3
3
3
3 3
3
4
Benz[a]anthracene
Senecio (oder Pyrrozilidine) Alkaloide
Aflatoxin B1
Tetrachlorkohlenstoff
Dimethylnitrosamin
1,2- Dimethylhydrazine
Kanzerogenität: Beispiele für sekundäre Kanzerogene
RCOO
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Kanzerogenität: Kanzerogene Nitrosamine und ihre Zielorgane
CH 3
CH 3 N - NO
CH CH 2 2
CH CH 2 2 N - NO
Dimethylnitrosamin Leber, Nieren, Lunge
Diethylnitrosamin Leber, Lunge, Ösophagus
CH CH CH CH 3 2 2 2 N - NO
CH CH CH CH 3 2 2 2 Dietbutylnitrosamin Blase, Leber, Lunge
N - NO
Diamylnitrosamin Lunge, Leber
CH CH CH CH CH 3 2 2 2 2
CH CH CH CH CH 3 2 2 2 2
N - NO
Methylamylnitrosamin Ösophagus, Leber
CH CH CH CH CH 3 2 2 2 2
CH 3
Methylphenylnitrosamin Ösophagus
N - NO 5
CH 3
C H 6 N - NO CH 2
CH CH 2 2
CH CH 2 2 Nitrosopiperidin Ösophagus, Leber, Nasennebenhöhlen
N - NO CH 2
Heptamethylennitrosamin Lunge, Ösophagus, Trachea, Zunge
CH CH CH 2 2 2
CH CH CH 2 2 2 N - NO
CH CH 2 2
CH CH 2 2
Nitrosopiperazin Ösophagus, Leber, Nasennebenhöhlen
ON - N C H N - CH CH - NC H 2 2 5 5 2 2
NO NO Diethylethylennitrosamin Ösophagus, Leber
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Kanzerogenität: Kanzerogene natürlicher Herkunft
Mikroorganismen Pflanzen
Aflatoxine TabakSterigmatocystin BetelnußGriseofulvin CycasinAktinomycine Pyrrolizidin AlkaloideMitomycine C SafrolAdriamycin ThioharnstoffEthionin PhorbolesterAzaserinNitrosonornikotinStreptozotocin
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Kanzerogenität: Transplazentare Kanzerogene
Substanz Spezies Zielorgan
Dimethylsulfat Ratte NervensystemMethylnitrosoharnstoff Ratte NervensystemEthylnitrosoharnstoff Ratte NervensystemEthylnitrosoharnstoff Maus Lunge, LeberEthylnitrosoharnstoff Hamster NervensystemEthylnitrosoharnstoff Kanninchen NiereDiethylnitrosamin Ratte NiereDiethylnitrosamin Maus Leber, LungeDiethylnitrosamin Hamster TracheaBenz[a]pyren Maus Lunge, Haut7,12-Dimethylbenz[a]-anthracen Maus Lunge7,12-Dimethylbenz[a]-anthracen Ratte Niere, NervensystemCycasin Ratte verschiedeneAflatoxin Ratte Leber
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Das Ziel von Studien zu Reproduktionstoxizität ist die Erkennung von negativen Effekten einer Substanz auf jede Phase der Reproduktion
Reproduktionstoxikologie
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• Reproduktionstoxizität: Negative Effekte auf die weibliche oder
männliche Fortpflanzungsfähigkeit (z.B. Beeinträchtigung der Spermatogenese, hormonelles Ungleichgewicht)
• Teratogenität / Embryotoxizität: Vorgeburtlich induzierte Toxizität (e.g. vorgeburtlicher Tod, Fehlbildungen etc.)
Reproduktionstoxikologie
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Embryotoxizität: Sensible Phasen für teratogene Schädigungen beim Menschen
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Embryotoxizität: Dosis-Wirkungs-Beziehungen teratogener Substanzen
0
100
Mißbildung Retardierung Letale Effekte
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Embryotoxizität: Klassifizierung fruchtschädigender Arbeitsstoffe (MAK-Liste)
Gruppe AEin Risiko der Fruchtschädigung ist sicher nachgewiesen. Bei Exposition Schwan-gerer kann auch bei Einhaltung des MAK-Wertes und des BAT-Wertes eine Schä-digung der Leibesfrucht auftreten.
Gruppe BNach dem vorliegenden Informationsmaterial muß ein Risiko der Fruchtschädigungals wahrscheinlich unterstellt werden. Bei Exposition Schwangerer kann eine solcheSchädigung auch bei Einhaltung des MAK-Wertes und des BAT-Wertes nicht aus-geschlossen werden.
Gruppe CEin Risiko der Fruchtschädigung braucht bei Einhaltung des MAK-Wertes und desBAT-Wertes nicht befürchtet zu werden.
Gruppe DEine Einstufung in eine der Gruppen A - C ist noch nicht möglich, weil die vorlie-genden Daten wohl einen Trend erkennen lassen, aber für eine abschließende Be-wertung nicht ausreichen.
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Embryotoxizität: Thalidomid und analoge Verbindungen
Thalidomid (+)-3´-Phthalimidoglutarimid
Teratogene Analoge zu Talidomid
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Embryotoxizität: Beispiele für fruchtschädigende Arbeitsstoffe
Gruppe A Methylquecksilber Gruppe B Blei Chlorierte Biphenyle 2-Ethoxyethanol 2-Ethoxyethylacetat 2-Methoxyethanol 2-Methoxyethylacetat Schwefelkohlenstoff
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Embryotoxizität: Dosis-Wirkungs-Beziehung eines Teratogens
Dosis Tote / resorbierte Fetales Lebende FetenImplantate Körpergewicht mit Mißbildungen
der Gliedmaßen(mg/kg) (%) (g) (%)
0 4,7 1,18 2,525 10,4 1,05 2450 8,9 0,87 5875 19,4 0,59 87100 46,1 0,47 100
Dosis-Wirkungs-Beziehung des cytotoxischen Teratogens N-Methyl-N´-nitro-N-nitroso-guanidin (MNNG) bei Mäusen
Toxikologie für Chemiker: Einteilung von Giftstoffen und ihrer biologischen Wirkung 42
Neurotoxizität: Synapse
Impuls
Metaboliten
Transmitter synthese
Aufnahme
Transmitter Freisetzung
Precursor- Aufnahme
Rezeptoren
Adenylat-Cyclase unstimuliert
Substrat- Proteine
phosphoryl. Proteine
stimuliert
cAmp ATP
Na,K-ATPase
Ionen- Kanäle
Na K
Metaboliten
Protein- Kinasen
cAmp ATP
Präsynaptisch
Postsynaptisch
Toxikologie für Chemiker: Einteilung von Giftstoffen und ihrer biologischen Wirkung 43
Neurotoxizität: Angriffspunkte an der Synapse
• Änderungen in der Konzentration der Transmittersubstanzen • Wechselwirkungen am Rezeptor • Biochemie der cyclischen Nukleotide • Ionenfluß und -gleichgewicht
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Allergie: Phasen
• Induktion Enstehung einer Überempfindlichkeit nach einmaligem oder wiederholtem Kontakt mit einem Allergen • Auslösung Auslösung der Überempfindlichkeitsreaktionen (z.B. Kontaktekzem, Asthma) nach erneutem Kontakt mit dem Allergen
Toxikologie für Chemiker: Einteilung von Giftstoffen und ihrer biologischen Wirkung 45
Allergie: Komponenten der Immunreaktion
• Antigen • Antikörper • Immunkompetente Zellen • Komplement • Reaktion von Zellen und Geweben
Toxikologie für Chemiker: Einteilung von Giftstoffen und ihrer biologischen Wirkung 46
Allergie: Hapten-Protein-Komplex
H
N C R
C N
S
O A B
COOH
CH
CH
3
3 Penicillin = Hapten
N
H
C R
O C N
S
O A B
COOH
CH
CH
3
3
N H Lys
Protein
Penicilloyl-Rest
Kovalente Bindung mit einem Protein
O
Toxikologie für Chemiker: Einteilung von Giftstoffen und ihrer biologischen Wirkung 47
Allergie: Allergisches Asthma
Normaler Bronchus
Spasmus der Bronchialmuskulatur
Konstriktion des Lumens
Absonderung von Schleim
Bronchusmuskel
Schleimhaut
Inflammatorisches Ödem
Toxikologie für Chemiker: Einteilung von Giftstoffen und ihrer biologischen Wirkung 48
Allergie: Beispiele für sensibilisierende Stoffe
Formaldehyd Glutaraldehyd Diisocyanate Methylacrylat Ethylacrylat Methylmethacrylat Maleinsäureanhydrid p-Phenylendiamin Nickel Enzyme Holzstaub
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Zusammenfassung: Einteilung von Giftstoffen und ihrer biologischen Wirkung
Wechselwirkung von Chemikalien • Addition • Synergie • Potenzierung • Antagonismus
Charakterisierung toxischer Effekte
• Einwirkungsdauer und -häufigkeit • Ort der Einwirkung • Reversibilität
Toxische Effekte von Chemikalien
• Lokale Effekte (akut, chronisch) • Systemische Effekte (akut, chronisch) • Gentoxische Wirkung • Kanzerogenität • Embryotoxizität • Neurotoxizität • Allergie