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In der Enge und im Kleinen kann man nichts verstecken

Date post: 26-Jan-2017
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kultur im kontext 224 In der Enge und im Kleinen kann man nichts verstecken 1 3 Neuropsychiatr (2013) 27:224–228 DOI 10.1007/s40211-013-0089-z In der Enge und im Kleinen kann man nichts verstecken „Small formats“ im Museum Gugging Johann Feilacher Online publiziert: 20. November 2013 © Springer-Verlag Wien 2013 gestoßenen Talenten, ist es faszinierend zu sehen, wie unendlich viele Variationen etwa zum Thema Mensch oder Baum geschaffen werden können. Fritz Koller sticht mit spannend dyna- mischen Zeichnungen von dreieckigen Köpfen, einzeln und in Gruppe, hervor, ebenso wie Franz Kernbeis diese Größe von seinem Jugendalter bis zum heute 75-jährigen Alter beherrscht. Unbekannt Das ist eine Wahrheit, die auch auf Zeichnungen zutrifft, die sich im Post- kartenformat bewegen. Diese Größe wurde ursprünglich für Testzeichnungen verwendet, da es einfach und schnell zu bearbeiten, aber auch leicht analysier- und bewertbar ist. In Gugging hat der Psychiater Leo Navratil dieses Format für den Menschen vor 50 Jahren einge- führt. Es hat sich im Verlauf von einigen Jahren aber ein „Nebenbefund“ gezeigt, nämlich das zur Schau stellen von über- durchschnittlicher Kreativität und zeich- nerischem Talent. So selektierten sich aus tausenden von Zeichnungen einige heraus, die humorvoll und kreativ, aber vereinzelt auch künstlerisch bedeutsam waren. Dies führte zum Interesse von Seiten der Kunst, das letztendlich eine Lawine auslöste, die damals nicht vorhersehbar war. Auf großen Flächen und mit vielen Farben kann man schnell Eindruck erwe- cken, aber auf nur etwa 10 mal 15 cm entgeht nichts dem Auge des Betrach- ters. Jede Nuance, jeder Strich, hell und dunkel, Betonung und Abschwächung, Feinheit und Rohheit, alles ist Teil einer kleinen Welt, die unter der Lupe steht und vom Gegenüber wahrgenommen wird. Konzentration der Gestaltung, Präzision und trotzdem Leichtigkeit machen so kleine Werke zu Einoden der Kunstwelt. Die Ausstellung im Museum Gug- ging und das Buch, im Residenz Ver- lag erschienen, soll neben Tschirtners Werken, aber auch solche weniger bekannter Autoren zeigen, die jeweils in individueller Weise imstande sind, neue Aspekte und Sehweisen zu demonstrie- ren. Von Zeichnern der ersten Stunde im Gugging der fünfziger und sechzi- ger Jahre, bis zu den erst jüngst zu uns Abb. 1 Josef Bachler, Frau 1973 © Privatstiftung-Künstler aus Gugging Dr. J. Feilacher () Museum Gugging, Am Campus 2, 3400 Maria Gugging, Österreich E-Mail: [email protected]
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kultur im kontext

224 In der Enge und im Kleinen kann man nichts verstecken 1 3

Neuropsychiatr (2013) 27:224–228DOI 10.1007/s40211-013-0089-z

In der Enge und im Kleinen kann man nichts verstecken

„Small formats“ im Museum Gugging

Johann Feilacher

Online publiziert: 20. November 2013© Springer-Verlag Wien 2013

gestoßenen Talenten, ist es faszinierend zu sehen, wie unendlich viele Variationen etwa zum Thema Mensch oder Baum geschaffen werden können.

Fritz Koller sticht mit spannend dyna-mischen Zeichnungen von dreieckigen Köpfen, einzeln und in Gruppe, hervor, ebenso wie Franz Kernbeis diese Größe von seinem Jugendalter bis zum heute 75-jährigen Alter beherrscht. Unbekannt

Das ist eine Wahrheit, die auch auf Zeichnungen zutrifft, die sich im Post-kartenformat bewegen. Diese Größe wurde ursprünglich für Testzeichnungen verwendet, da es einfach und schnell zu bearbeiten, aber auch leicht analysier- und bewertbar ist. In Gugging hat der Psychiater Leo Navratil dieses Format für den Menschen vor 50 Jahren einge-führt. Es hat sich im Verlauf von einigen Jahren aber ein „Nebenbefund“ gezeigt, nämlich das zur Schau stellen von über-durchschnittlicher Kreativität und zeich-nerischem Talent.

So selektierten sich aus tausenden von Zeichnungen einige heraus, die humorvoll und kreativ, aber vereinzelt auch künstlerisch bedeutsam waren. Dies führte zum Interesse von Seiten der Kunst, das letztendlich eine Lawine auslöste, die damals nicht vorhersehbar war.

Auf großen Flächen und mit vielen Farben kann man schnell Eindruck erwe-cken, aber auf nur etwa 10 mal 15 cm entgeht nichts dem Auge des Betrach-ters. Jede Nuance, jeder Strich, hell und dunkel, Betonung und Abschwächung, Feinheit und Rohheit, alles ist Teil einer kleinen Welt, die unter der Lupe steht und vom Gegenüber wahrgenommen wird. Konzentration der Gestaltung, Präzision und trotzdem Leichtigkeit machen so kleine Werke zu Einoden der Kunstwelt.

Die Ausstellung im Museum Gug-ging und das Buch, im Residenz Ver-lag erschienen, soll neben Tschirtners Werken, aber auch solche weniger bekannter Autoren zeigen, die jeweils in individueller Weise imstande sind, neue Aspekte und Sehweisen zu demonstrie-ren. Von Zeichnern der ersten Stunde im Gugging der fünfziger und sechzi-ger Jahre, bis zu den erst jüngst zu uns

Abb. 1 Josef Bachler, Frau 1973

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Dr. J. Feilacher ()Museum Gugging, Am Campus 2,3400 Maria Gugging, ÖsterreichE-Mail: [email protected]

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Abb. 2 Anton Dobay, Frau (von Limberger übermalt) 1976

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Abb. 3 Ernst Herbeck, Zitrone 1974

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Abb. 4 Rudolf Horacek, Kopf (undatiert)

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Abb. 5 Franz Kernbeis, Giraffe 2006

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Abb. 6 Fritz Koller (ohne Titel, undatiert)

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Abb. 8 Rudolf Limberger, Mann 1966

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Abb. 7 Johann Korec, Zircus 1980

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Abb. 9 Heinrich Reisenbauer, Regenschirme 2005

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Abb. 10 Karoline Rosskopf, Mensch 1966

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Abb. 12 Philipp Schöpke, Frau (undatiert)

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Abb. 13 Günther Schützenhöfer, Osterei 2010

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Abb. 11 Arnold Schmidt, Figur 2002

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wie Jürgen Tauscher mit Flugobjekten und Helmut Hladisch mit beeindrucken-den Baum-Kreationen.

Der Reigen der Schöpfer der „small formats“ rundet sich mit Karl Von-dal, Arnold Schmidt, Heinrich Reisen-bauer, Günther Schützenhöfer, Philipp Schöpke, Johann Korec und Rudolf Horacek weiter ab. Die meisten ero-tischen Zeichnungen in diesem Buch stammen von Johann Garber, der mit Tusche und Feder in alter Manier nackte Menschen und auch einzelne Genitalien darstellt. Johann Fischer, Anton Dobay, Franz Bachler, Johann Binner, Alois Beer,

kreierte Karoline Rosskopf dagegen Kopffüßer und zweibeinige Menschen-figuren, die sich völliger eigenständiger Gestaltung erfreuen. Rudolf Limberger zeigt auch frühe Menschenbilder, sol-che, die er in späteren Jahren zu über-zeichnen begann.

Neben kleinen Schöpfungen von Johann Hauser finden sich auch „klas-sische Postkarten“ von Gegenständen von August Walla aus seiner späten Zeit, aber darüber hinaus finden sich die „neuen“ Gugginger Künstler, wie Leon-hard Fink und Laila Bachtiar. Die Künst-ler der kommenden Jahre überraschen,

Abb. 15 August Walla, Kreuz (undatiert)

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Abb. 14 Oswald Tschirtner, Sonne 2003

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Otto Prinz und der Dichter Ernst Her-beck waren Künstler der ersten Stunde. Ihre Werke werden ergänzt von einzel-nen Zeichnungen von Andreas Franz, Katharina Muss und Alfred Neumayr.

Museum GuggingAm Campus 2, 3400 Maria Gugging,ÖsterreichÖffnungszeiten: Di-So 10–17 Uhrwww.gugging.at


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