© Schweizer Holzbau
Repo
rttete. Von den Gemeindevätern ist dieser Entscheid sehr begrüsst worden. In einer Chronik ist festgehalten, dass es in Greifensee heute an Bauland für steuermässig lukrative Einfamilienhausquartiere fehle, weshalb sie zur Stablisierung der Einwohnerzahl auf wertsteigernde Massnahmen in den Wohnblockquartieren angewiesen sei. In einer ersten, mittlerweile abgeschlossenen Sanierungsetappe ging es darum, die Gebäudehülle (inkl. Gebäudesockel) der sechs Mehrfamilienhäuser auf den Stand einer zeitgemässen Energieeffizienz zu bringen. Speziell bei der Wärmedämmung wurden hohe Standards (Minergie) gesetzt. Die Verkleidung mit hochwärmegedämmten Holzbauelementen sorgt für einen niedrigen UWert von 0,13 W/m2 K im Wandbereich der Gebäudehülle, die sich in der äusseren Wahrnehmung mit einem Holzkleid präsentiert. Das kalte Betonantlitz der Baukörper ist somit verschwunden. Recht umfassend wird auch die Innensanierung ausfallen, die als zweite Etappe im Frühjahr 2011 beginnt. Neben dem Einbau einer kontrollierten Lüftung wird in den Wohnungen vieles erneuert: Küche, Bad, Böden mit Parkettbelag sowie ein frischer Anstrich für Wände und Decken. Mitte 2012 werden die ersten Mieter einziehen können.
Die Gebäudehülle energetisch saniert, optisch aufgewertet
Bei den planerischen Vorarbeiten ging es zunächst darum, mittels eines BauTachymeters u. a. sämtliche Fensteröffnungen, Gebäudeabmessungen und Dachabsätze aufzunehmen. Anschliessend konnte anhand dieser Vorlagen die Planung von acht verschiedenen Wandtypen vorgenommen und optimiert werden. Bei den Gebäudeecken bedurfte es eines Passstücks, um die Massdifferenzen aufnehmen zu können. Den konzeptionellen Vorarbeiten schloss sich die Produktionsphase an. Während fünf Monaten wurden auf zwei Fertigungsstrassen Wandelemente (etwa 4500 m2) hergestellt und in Einheiten auf Wechselpritschen zwischengelagert. Eben
«Göhnerswil» nannte sie der Volksmund – die in Plattenbauweise realisierten und grossräumig angelegten Wohnsiedlungen im nahen Umfeld von Meyrin, Volketswil, Adlikon, Benglen und Greifensee (siehe Kasten «Göhners Bauten»). Entstanden sind sie in den 60er und 70erJahren, also in Zeiten der Hochkonjunktur, die u. a. von einer starken Nachfrage nach Wohnraum geprägt waren. Deshalb startete der Bund in dieser Zeit ein Förderungsprogramm für grosse Wohnbauprojekte im ländlichen Raum.
Anpassungen an einen zeitgemässen Bau- und Wohnstandard
Im Jahre 1967 hat die Ernst Göhner AG im Aussenbereich von Greifensee die Siedlung «Langacher» mit sechs dreigeschossigen Mehrfamilienhäusern erbauen lassen. Die grosszügige Grundrissgestaltung der 87 Wohnungen erweist sich mit den weiträumigen Grünflächen und Baumbeständen als eine für die Mieter attraktive Wohnlage. Von der den Plattenbauten anhaftenden Ring hörigkeit einmal abgesehen, ist die Bausubstanz nach über 40 Jahren weitgehend intakt geblieben, sodass die Immobiliengesellschaft eine umfassende Sanierung der Wohnüberbauung in die Wege lei
In den Jahren der Hochkonjunktur waren sie der von Wohnungsnot geplagten Schweizer Bevölkerung sehr willkommen: die in Plattenbauweise effizient und kostengünstig erstellten Göhner-Siedlungen, die vor mehr als 40 Jahren neuen Wohnraum in den Agglomerationsgebieten geschaffen haben. So auch in Greifensee, wo die Siedlung im «Langacher» entstand; ihr Baujahr (1967) macht die Notwendigkeit einer umfassenden Sanierung – mit Holzbau-Know-how – verständlich.
Aussensanierung einer Plattenbausiedlung mit Holzbauelementen
Publikationsvorlagen: Martin Stadler (HolzbauAusführung); Baufotos: Brunner Erben AG
Kaum zu glauben, aber wahr: Hin -
ter der bewegten Dachlandschaft
und den mit einer Holzverkleidung
gestalteten Struk-turen der Fassa-
den versteckt sich die mehr als vier-
zigjährige Bau-substanz der Plat-
tenbausiedlung «Langacher» in
Grei fensee. Foto: W. Bogusch
Schweizer Holzbau 2/2011
Göhners Bauten
Die Plattenbauweise in der Schweiz ist auf das Engste mit dem Bauunternehmer Ernst A. Göh-ner (1900 –1971) verknüpft. Sein Konzept: Mit vorgefertigten Betonelementen in hoher Stück-zahl auf der grünen Wiese kostengünstig mehr-geschossige Wohnbauten realisieren. Die Ernst Göhner AG übernahm bei diesen Bauten alles, vom Grundstückskauf bis zur Vermarktung der durchwegs geräumigen Wohnungen. Anfänglich litten die Göhner-Bauten unter einem schlech-ten Image. Ein Autorenkollektiv an der Architek-turabteilung der ETH Zürich publizierte eine Untersuchung unter dem Titel «Göhnerswil» – Wohnungsbau im Kapitalismus. Im Verlaufe der Jahre hat jedoch ein Umdenken stattgefunden, was die anfängliche Beurteilung der Göhner-Bauten betraf. Ein Imagegewinn war unüber-sehbar. Die grosse Wohnüberbauung «Sonn-halde» bei Adlikon gehört zu einer der wenigen Siedlungen, die der Schweizerische Werkbund (SWB) prämiert hat. Und vor einigen Jahren hat die Gemeinde Volketswil die Wohnsiedlung «Sunnebüel» einer Quartiererhaltungszone zu-geteilt und unter Schutz gestellt. Als die ersten Göhner-Überbauungen dann sanierungsbedürf-tig wurden, avancierte die Siedlung Müllerwis/Seilerwis in Greifensee gar zu einem pionier-haften Vorzeigeobjekt, und zwar deshalb, weil die Überbauung in den 80er-Jahren unter Mit-sprache der Mieter («partizipativ») erneuert und saniert wurde. Angesichts des jüngst vom Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) vorgestellten Entwurfs für ein «Raumkonzept Schweiz», das einen haushälterischen Umgang mit dem knappen Gut Boden als oberstes Ziel hat, erscheint die seinerzeitige Diskussion um die Göhner-Pro-jekte, die sich der verdichteten Bauweise be-fleissigten, einen eher ideologischen Hinter-grund gehabt zu haben. -bo-
Fassadenaufbau: Der detaillierten Ausarbeitung der Pläne folgte die bauliche Umsetzung (kleines Bild, oben links).
Detail: Vertikalschnitt Elementstoss
Detail: Vertikalschnitt Sockelabschluss Erdgeschoss
Schweizer Holzbau 2/2011
Repo
rt
falls im Werk vorproduziert wurden sämtliche Aussenfensterfutter. Die auf dem Werkareal zwischengelagerten Pritschen sind zum fälligen Zeitpunkt zur Baustelle transportiert worden. Zu den dort vorzunehmenden Vorarbeiten gehörte das dampfdichte Abkleben der vorhandenen Betonfugen. Bei der Verankerung, für die in jedem Stockwerk im Abstand von 2000 mm eine Vorbohrung erfolgte, ist jeweils eine Gewinde stange eingeleimt worden. Dies erforderte eine präzise Einmessung der Gewindestangen bei den bestehenden Steigzonen, zumal keine (alten) Installationspläne mehr vorhanden waren. Im Sockelbereich ge langte ein speziell hergestellter, verzinkter Stahlschuh zum Einsatz, welcher der Aufnahme der Vertikallasten dient. In der Summe ergaben die Sockelanschlüsse die Länge von 585 Metern. Die vorfabrizierten Wandelemente wurden auf den Stahlwinkeln abgesetzt und mit einem Betonwinkel an die Betonfassade angeschlossen. Dank den bereits eingeleimten Gewindestangen liess sich eine hohe Montageleistung erreichen. Der Aufbau der eingebauten Elemente weist eine Dicke von 290 mm auf. Nach Abschluss der Aufrichtearbeiten wurden sämtliche Elementstösse abgeklebt. Sobald die vorgefertigten Aus senfutter montiert waren, erfolgte der Austausch der Altfenster durch MinergieFenster (total: 580), die innen an der jeweils neuen Holzkonstruktion angeschlagen wurden. Im Innenbereich wurde eine MDFVerkleidung gewählt, um möglichst alle Spuren der Fensterdemontage ab de cken zu können. Da seitens der Bauherrschaft eine vertikale, geschuppte Fas sadenschalung gewünscht war, bot sich die Ausführung eines konventionellen Fassadenaufbaus an. Mit einer Differenzlattung von 30 mm erreichte man die gewünschte Schuppung in Abständen von 1400 mm. Die im gesamten Fassadenbereich angebrachte Vertikalschalung aus Fichtenholz ist mit dem Ziel einer Vor vergrauung vorbehandelt worden; sämtliche Schnittkanten wurden nachträglich abgetupft. Die Montage der jeweiligen Lattenroste
Das Erscheinungsbild der Plattenbauten
der Langacher- Sied-lung ist geprägt
vom tristen Habitus vorgefertigter
Betonelemente.
Nichts wurde aus-gelassen bei der
ener getischen Sanie-rung: Gedämmt
und mit Holz ge-staltet wurden
auch die gedeckten Hauseingänge.
Nicht nur vergrössert, sondern auch mit
einem hohen Glas-anteil zu «Jahres-
zimmern» ausgebaut wurden die be-
stehenden Balkone.
Schweizer Holzbau 2/2011
rung der sechs Mehrfamilienhäuser in der LangacherSiedlung bestand in der baulichen Veränderung bzw. Anpassung der bestehenden Balkone in der bekannt transparenten Art von Wintergärten. Als Abschluss der Front wurde pro Wohneinheit eine hochisolierte Glasfaltwand eingebaut, während an den Seiten Fensterelemente mit Drehflügeln eingesetzt wurden. Jede dieser geschosshohen Faltwände lässt sich auf der gesamten Breite öffnen, wovon speziell in der wärmeren Jahreszeit Gebrauch gemacht werden dürfte. Die angebrachte Brüstung, die in der ausgeführten Art an einen französischen Balkon erinnert, dient als Absturz sicherung. bo
und anschliessend der Fassadenschalung erwies sich als sehr zeit in tensiv, da es eine hohe Ausführungsqualität zu erbringen galt. Mit Ausnahme der Spenglerarbeiten gehörten alle anderen Arbeitsgattungen zum Leistungsangebot der Holzbauunternehmung; die Auftragsabwicklung nahm sechs Monate in Anspruch. Einbezogen darin war auch die bauliche Erweiterung der bestehenden Balkone zu einem sogenannten «Jahreszeitenzimmer».
Neues Wohngefühl
Ein konzeptionell wichtiger Schwerpunkt bei der energetischen Sanie
Material-Hersteller/-Lieferanten
Konstruktionsholz (BSH-Querschnitte):Kuratle + Jaecker AG, Rümlang
MDF-Platten (19 mm):Holzplatten AG, Samstagern
Wärmedämmung (30 mm und 240 mm):Sager AG, Dürrenäsch
Ausssenwandschalung (N + K/20 mm):Hiag Handel AG, Ermatingen
Verbindungsmittel:W. Fehr AG, St. Gallen; Hasler, Winterthur
Glasfaltwände/ Seitenverglasung:Ernst Schweizer AG, Hedingen
Verbundanker:Neofas AG, Effretikon
Bautafel Sanierung Wohnsiedlung «Langacher», Greifensee
Bauherrschaft: Seewarte AG Zürich, Zürich
Bauleitung:Wohnbau Zürich AG, Zürich; Patric Brandenberger
Ingenieurarbeiten/Holzbau:Besmer-Brunner GmbH, Sattel; Iwan Besmer
Planung und Herstellung der Holzbauelemente: Brunner Erben AG, Zürich
Montage/Holzbau und Fassaden:Brunner Erben AG, ZürichSubunternehmer: Bezzola Holzbau, Flaach; Weiss Schreinerei, Nürensdorf; AF-Montagen, Kollbrunn
Transporte:Brühwiler Transport AG, Oberwangen
Im Detail wie im Gesamtbild erinnert bei der sanierten und – dank Holz – optisch auf polierten Wohn überbauung «Lang acher» in Grei-fensee nichts an eine gesichts- und farblose Plattenbau-siedlung. Fotos: bo