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III. Transferfaktoren Boden-Pflanze und Luft-Pflanze

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Beitragsserien Schadstoff-Exposition Beitragsserie: Transfer von PCDD/F und anderen organischen Umweltchemikalien im System Boden-Pflanze-Luft Hrsg.: Prof. Dr. Walter Kl6pffer, C.A.U. GmbH, Daimlerstrafle 23, D-63303 Dreieich Teil I: Teil II: Teil Ill: Modellierung des Transferverhaltens S. TRAPP, M. MATI"HIES, A. KAUNE Ausgasung aus dem Boden und Pflanzenaufnahme S. TRAPP, M. MATrHIES Transferfaktoren Boden-Pflanze und Luft-Pflanze M. MATTHIES, S. TRAPP Pr/iambel Die Transferprozesse von polychlorierten Dibenzo-p- dioxinen und -furanen (PCDD/F) und anderen organischen Chemikalien in Nahrungspflanzen und Futtermittel, die di- rekt oder fiber die Nahrungskette zu einer Zufuhr dieser Ver- bindungen zum Menschen ffihren, werden aufgrund physikalisch-chemischer Gesetzm~i~igkeiten modellm~iflig be- schrieben. Damit lassen sich experimentelle Befunde aus Labor- mad Freilandversuchensowie Feldbeobachtungentheo- retisch absichern. Im ersten Teil wird die konkurrierende Aufnahme aus Boden mad Luft in Pflanzen behandelt. Es wird ein ffir organische Umweltchemikalien allgemein anwend- bares Modell der Stoffaufnahme in Pflanzen aus Boden mad Luft vorgestellt. Im zweiten Teil wird die Ausgasung aus be- lasteten B6den mit anschlieflender Sorption an Pflanzen be- rechnet. Die Ermittlung von Transferfaktoren, die in einfa- chen Modellen zur Expositionsabsch~itzungVerwendung fin- den, wird im dritten Teil dargelegt. Transfer von PCDD/F und anderen organischen Umweltchemikalien im System Boden-Pflanze-Luft III. Transferfaktoren Boden-Pflanze und Luft-Pflanze Michael Matthies, Stefan Trapp Universit~it Osnabr/ick, Institut for Umweltsystemforschung, D-49069 Osnabrfick Zusammenfassung Fiir den Ubergang aus der Luft in oberirdische Pflanzenteile (B1/it- ter) und aus dem Boden in Wurzeln und B1/itter werden auf der Grundlage der in Teil I und II beschriebenen Modelle Transferfak- toren abgeleitet und berechnet. F~ir 2,3,7,8-TCDD ergeben sich die folgenden, auf Trockensubstanz bezogenen Transferfaktoren (ge- sch/itzter Wertebereich in Klammern): Luft-oberirdische Pflanzen- teile 0,012 (0,01 bis 0,1) ng/kg Bl/itter : fg/m 3 Luft; Boden- oberirdische Pflanzenteile via Transpirationsstrom 9,6" 10- 7 (10- 7 bis 10 -3) ng/kg Bl~itter : ng/kg Boden; Boden-Wurzeln 1,6 (1,0 bis 2,0) ng/kg : ng/kg Boden Rir Feinwurzeln und 0,1 bis 0,2 fiir Wurzelgem/ise (Karotten). F/it ausschtieglich partikelgebundene Sub- stanzen (h6herchlorierte Kongenere) ergibt sich auflerdem ein de- positionsbezogener Transferfaktor von 0,38 (0,2 bis 0,5) ng/kg BlOt- ter : pg/(m 2" d). Die Transferfaktoren ffir PCDD/F-Toxizitiits- /iquivalente liegen in den angegebenen Wertebereichen. Aut]er bei hoch belasteten B6den kann der Transfer aus dem Boden via Aus- gasung in oberirdische Pflanzenteile vernachl/issigt werden. 1 Einleitung In den beiden vorangegangenen Beitr~gen (TRaPPet al., 1994 b; TgAPPund MaTTHIES,1994 b) wurden die Prozesse des Transfers und der Transformation von PCDD/F und an- deren organischen Umweltchemikalien im System Bo- den/Pflanze/Luft mittels physikalisch-chemischer Gesetzmii- t~igkeiten beschrieben. Die verschiedenen Transfervorgiinge zwischen Boden, Pflanze und Luft konnten damit auf die Stoffeigenschaften und die treibenden Kr~ifteder Diffusion, der Advektion und der chemischen Reaktion zur~ickgefiihrt werden. Das darauf aufbauende dynamische Modell gestat- tet die Berechnung des zeitlichen Verlaufs von Stoffkonzen- trationen und -flfissen ffir PCDD/F und andere organische Verbindungen. UWSF-Z.Umweltchem. Okotox. 6 (5) 297-303 (1994) 297 © ecomed verlagsgesellschaft AG & Co.KG Landsberg
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Page 1: III. Transferfaktoren Boden-Pflanze und Luft-Pflanze

Beitragsserien Schadstoff-Exposition

Beitragsserie: Transfer von PCDD/F und anderen organischen Umweltchemikalien im System Boden-Pflanze-Luft

Hrsg.: Prof. Dr. Walter Kl6pffer, C.A.U. GmbH, Daimlerstrafle 23, D-63303 Dreieich

Teil I:

Teil II:

Teil Ill:

Modellierung des Transferverhaltens S. TRAPP, M. MATI"HIES, A. KAUNE

Ausgasung aus dem Boden und Pflanzenaufnahme S. TRAPP, M. MATrHIES

Transferfaktoren Boden-Pflanze und Luft-Pflanze M. MATTHIES, S. TRAPP

Pr/iambel

Die Transferprozesse von polychlorierten Dibenzo-p- dioxinen und -furanen (PCDD/F) und anderen organischen Chemikalien in Nahrungspflanzen und Futtermittel, die di- rekt oder fiber die Nahrungskette zu einer Zufuhr dieser Ver- bindungen zum Menschen ffihren, werden aufgrund physikalisch-chemischer Gesetzm~i~igkeiten modellm~iflig be- schrieben. Damit lassen sich experimentelle Befunde aus Labor- mad Freilandversuchen sowie Feldbeobachtungen theo- retisch absichern. Im ersten Teil wird die konkurrierende

Aufnahme aus Boden mad Luft in Pflanzen behandelt. Es wird ein ffir organische Umweltchemikalien allgemein anwend- bares Modell der Stoffaufnahme in Pflanzen aus Boden mad Luft vorgestellt. Im zweiten Teil wird die Ausgasung aus be- lasteten B6den mit anschlieflender Sorption an Pflanzen be- rechnet. Die Ermittlung von Transferfaktoren, die in einfa- chen Modellen zur Expositionsabsch~itzung Verwendung fin- den, wird im dritten Teil dargelegt.

Transfer von PCDD/F und anderen organischen Umweltchemikalien im System Boden-Pflanze-Luft

III. Transferfaktoren Boden-Pflanze und Luft-Pflanze

Michael Matthies, Stefan Trapp

Universit~it Osnabr/ick, Institut for Umweltsystemforschung, D-49069 Osnabrfick

Zusammenfassung Fiir den Ubergang aus der Luft in oberirdische Pflanzenteile (B1/it- ter) und aus dem Boden in Wurzeln und B1/itter werden auf der Grundlage der in Teil I und II beschriebenen Modelle Transferfak- toren abgeleitet und berechnet. F~ir 2,3,7,8-TCDD ergeben sich die folgenden, auf Trockensubstanz bezogenen Transferfaktoren (ge- sch/itzter Wertebereich in Klammern): Luft-oberirdische Pflanzen- teile 0,012 (0,01 bis 0,1) ng/kg Bl/itter : fg/m 3 Luft; Boden- oberirdische Pflanzenteile via Transpirationsstrom 9,6" 10- 7 (10- 7 bis 10 -3) ng/kg Bl~itter : ng/kg Boden; Boden-Wurzeln 1,6 (1,0 bis 2,0) ng/kg : ng/kg Boden Rir Feinwurzeln und 0,1 bis 0,2 fiir Wurzelgem/ise (Karotten). F/it ausschtieglich partikelgebundene Sub- stanzen (h6herchlorierte Kongenere) ergibt sich auflerdem ein de- positionsbezogener Transferfaktor von 0,38 (0,2 bis 0,5) ng/kg BlOt- ter : pg/(m 2" d). Die Transferfaktoren ffir PCDD/F-Toxizitiits- /iquivalente liegen in den angegebenen Wertebereichen. Aut]er bei hoch belasteten B6den kann der Transfer aus dem Boden via Aus- gasung in oberirdische Pflanzenteile vernachl/issigt werden.

1 Einleitung

In den beiden vorangegangenen Beitr~gen (TRaPPet al., 1994 b; TgAPP und MaTTHIES, 1994 b) wurden die Prozesse des Transfers und der Transformation von PCDD/F und an- deren organischen Umweltchemikalien im System Bo- den/Pflanze/Luft mittels physikalisch-chemischer Gesetzmii- t~igkeiten beschrieben. Die verschiedenen Transfervorgiinge zwischen Boden, Pflanze und Luft konnten damit auf die Stoffeigenschaften und die treibenden Kr~ifte der Diffusion, der Advektion und der chemischen Reaktion zur~ickgefiihrt werden. Das darauf aufbauende dynamische Modell gestat- tet die Berechnung des zeitlichen Verlaufs von Stoffkonzen- trationen und -flfissen ffir PCDD/F und andere organische Verbindungen.

UWSF-Z.Umweltchem. Okotox. 6 (5) 297-303 (1994) 297 © ecomed verlagsgesellschaft AG & Co.KG Landsberg

Page 2: III. Transferfaktoren Boden-Pflanze und Luft-Pflanze

Schadstoff-Exposition Beitragsserien

Demgegenfiber werden in Rechenverfahren zur Expositions- und Risikoabschfitzung einfache multiplikative Verknfipfun- gen verwendet, um den transferierten Anteil eines Stoffes fiber die verschiedenen Stufen der Nahrungskette bis hin zum Menschen ermitteln zu k6nnen. Die in der Berechnung ver- wendeten ,Transferfaktoren" mfissen ffir jede Substanz oder Verbindung empirisch bestimmt werden, was i.a. mit einem hohen Mefaufwand verbunden ist. Das Konzept der Trans- ferfaktoren stammt aus Rechenverfahren ffir Radionuklide (MATTHIES et al., 1982) und anorganische Verbindungen. Eine Ubertragung auf organische Verbindungen wie die PCDD/F kann nut dann erfolgen, wenn die Transferpfade und -prozesse bekannt sind und geeignete Verfahren zur Be- stimmung der Transferfaktoren vorliegen. Im folgenden Bei- trag soil der Zusammenhang zwischen den mechanistisch be- grfindeten Austauschprozessen und den empirisch abgelei- teten Transferfaktoren ffir PCDD/F und andere organische Chemikalien hergestellt werden.

2 Definit ionen

Bei der Modellierung wie bei der Expositionsabsch/itzung yon Umweltschadstoffen werden die folgenden Begriffe h~iu- fig verwendet. Oft besteht dabei Unklarheit fiber die Defi- nition und die Einheiten.

Der Quotient aus den Konzentrationen zwischen zwei be- nachbarten Kompartimenten i und j, zwischen denen ein Stoffaustausch stattfindet, wird als ,,Konzentrationsverhdlt- nis" Ci/Cj bezeichnet. Die Einheit der Konzentrationen C ist meist Masse/Volumen oder Masse/Masse. Dadurch ist das Konzentrationsverhiilmis entweder dimensionslos oder es er- gibt sich Masse/Volumen bzw. Volumen/Masse. Bei den Massenangaben ist Frisch- oder Trockengewicht anzugeben. Wenn die Austauschprozesse zwischen den Kompartimen- ten im stationdren Gleichgewicht (Flieflgleichgewicht) sind, d.h. kein Nettostofffluf zwischen den betrachteten Kompar- timenten stattfindet, kann ein ,Konzentrationsfaktor CF" de- finiert werden. Er beschreibt das Verh/iltnis der Konzentra- tionen in den beiden Kompartimenten i und j im Flietggleich- gewicht (,steady-state"):

(1) CFii = C i / C j

Hat man ein thermodynamisches Gleichgewicht, d.h. ist der diffusive Stoffflufl yon Phase i nach j genauso grog wie yon Phase j nach i, spricht man yon , Verteilungskoeffizient" oder , Verteilungsgleichgewicht Kij":

(2) Kij = Ci/C i

Wenn keine zus~itzlichen Kr~ifte aut~er dem diffusen Stoffaus- tausch wirken (z.B. Wind- oder Wasserbewegung, Adh~ision, elektrostatische Abstot~ung, L6slichkeitsgrenzen), stellt das thermodynamische Verteilungsgleichgewicht die obere Grenze dar, d.h. Konzentrationsfaktor und Verteilungs- gleichgewicht sind identisch: CFii = Kip

Bei Labor- und Gew~ichshausversuchen ist diese Bedingung meist erffillt, nicht aber im Freiland. Jedoch dominiert der diffuse Stoffaustausch bei grot~en Konzentrationsgradienten meist, so daft n/iherungsweise vonder Identit~it zwischen CF und K ausgegangen werden kann.

In Rechenmodellen zur Expositionsabsch/itzung interessiert nur der Transfer in die zum Verzehr oder zur Ffitterung ver- wendeten Pflanzenteile. Dabei wird dasjenige Kompartiment j, aus dem der Stofftransfer stattfindet, als ,,Donator" und das empfangene Kompartiment i als ,,Akzeptor" bezeichnet. Der Transferfaktor kann je nach betrachtetem Ubergang auf die Konzentration im Donator oder auf den Stofffluf aus dem Donator bezogen sein:

Konzentration im Akzeptor

(3) TFii: = Konzentration im oder Stofffluf aus dem Do- nator

Der Transferfaktor setzt also die Konzentration in einem Nahrungs- oder Futtermittel gum Zeitpunkt der Ernte ins Verh~iltnis zur Konzentration im oder zur Stoffaufnahme aus dem Medium (Boden, Luft), yon dem die Belastung ausgeht. Ob ein Fliefgleichgewicht oder ein thermodynamisches Gleichgewicht vorliegt, ist daffir nicht von Belang, so dag sich Unterschiede zwischen Konzentrations- und Transfer- faktoren ergeben k6nnen.

PCDD/F kommen ubiquit~ir in allen B6den und in der Luft vor. Das gilt in unterschiedlicher Ausprfigung ffir fast alle organischen Umweltchemikalien. Wie in Tell I (Tm~a,v et al., 1994 b) und II (TRAPV und MAa'THIES, 1994) gezeigt, kann eine Kontamination yon Nahrungs- und Futtermittelpflan- zen fiber die Aufnahme aus dem Boden oder aus der Luft erfolgen. Daher kann gleichzeitig sowohl ein Transfer aus der Luft als auch aus dem Boden stattfinden. Transferfak- toren k6nnen daher aus experimenteUen Untersuchungen nur dann sinnvoll berechnet werden, z.B. durch lineare Regres- sion, wenn gew/ihrleistet ist, da f nur entweder der Trans- ferpfad aus dem Boden fiber die Wurzeln oder der aus der Luft in oberirdische Pflanzenteile stattfindet. Ohne Kennt- nis der Transferpfade k6nnen keine Transferfaktoren aus Ex- perimenten abgeleitet werden.

Ffir die Berechnung des Transfers aus der Luft in die Pflanze kann der Transferfaktor entweder auf die luftgetragene Kon- zentration oder auf die Deposition bezogen werden. Im Teil I wurden die verschiedenen Prozesse des Austausches gas- f6rmiger Substanzen und der trockenen und nassen Deposi- tion yon partikelgebundenen Stoffen beschrieben. Aus dem Boden ausgegaste Stoffe k6nnen wieder in Bliitter aufgenom- men werden (--, Teil II). Anders als bei anorganischen Ver- bindungen, die entweder in gasf6rmiger oder partikelgebun- dener Form vorliegen, k6nnen organische Umweltchemika- lien in beiden Zustiinden vorkommen, wobei die jeweiligen Anteile durch die atmosph/irischen Partikeleigenschaften, wie die Gesamtoberfliiche, und durch die physikalischen Stoffei- genschaften, wie den Dampfdruck, bestimmt werden.

In der TA Luft werden Immissionen entweder als Massen- konzentrationen oder als Staubniederschlag angegeben (KALMBACH und SCHMOLLING, 1990). Die Massenkonzentra- tionen umfassen den gasf6rmigen und partikelgebundenen Anteil und sind auf das Volumen bezogen. Sie entsprechen damit dem hier verwendeten Begriff der luftgetragenen Kon- zentration. D e r , Transferfaktor Luft-Pflanze TFvA (K)" wird daher auf die Massenkonzentration bezogen (P = Pflanze, A -- Luft, K = konzentrationsbezogen):

298 uwsF-Z.Umweltchem. Okotox. 6 (5) 1994

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Beitragsserien S c h a d s t o f f - E x p o s i t i o n

(4) TFpA (K): = Konzentration im Ernteprodukt (ng/kg TS Pflanze)

Konzentration in der Luft ( fg/m 3 Luft)

Die Konzentration im Akzeptor Pflanze ist auf das Trocken- gewicht bezogen, da dieses weniger stark schwankt als das Frischgewicht. Da h/iufig nur der Staubniederschlag gemes- sen wird, wird zus/itzlich ein depositionsbezogener Trans- ferfaktor Luft-Pflanze definiert. Der Staubniederschlag ent- spricht der trockenen und nassen Deposition von partikel- gebundenen Substanzen. Er ist sinnvoll nur dann anzuwen- den, wenn die Substanz welt fiberwiegend staubgebunden vorliegt (D -- depositionsbezogen):

(5) TFpA (D): =

Konzentration im Ernteprodukt (ng/kg TS Pflanze) Staubniederschlag (pg/(m 2 d) deponiert)

Dabei wird eine fiber die Vegetationsperiode mittlere Luft- konzentration und Deposition angenommen. W/ihrend der TFpA (K) unabh/ingig vom Bindungszustand (gasf6rmig oder partikelgebunden) den Gesamtgehalt eines Stoffes in der Luft berficksichtigt, bezieht sich der TFpA (D) nur auf den Staub- niederschlag auf der Pflanze.

Ffir die Aufnahme aus dem Boden wird der Gehalt im Ernte- produkt (Akzeptor) in Beziehung zur Konzentration im Bo- den (Donator) gesetzt und als ,, Transferfaktor Boden- Wurzel TFRB oder Boden-Pflanze TFeB" bezeichnet. Es muff zwi- schen Feinwurzeln und Wurzelgemfisen (Karotten, Radie- schen u.a.) einerseits und oberirdisch wachsenden Nahrungs- und Futtermitteln (Blattgemfise, Gras, Rfibenbl/ittern u.a.) andererseits unterschieden werden (B = Boden, R = Wur- zel) (root)):

Konzentration in Wurzeln (ng/kg TS Wurzeln) (6) TFRs: =

(7) TFpB: =

Konzentration im Boden (ng/kg TS Boden)

Konzentration im oberirdischen Ernteprodukt (ng/kg TS Blatt)

Konzentration im Boden (ng/kg TS Boden)

Die Transferfaktoren fOr die Aufnahme aus dem Boden sind formal dimensionslos, wobei wiederum Trockenmasse Be- zugsgr6t~e ist.

3 Trans fe r fak tor Luft-Pflanze

Im Teil I dieser Beitragsserie (Te, API, et al., 1994 b) wurde eine Massenbilanzgleichung fOr die simultane Aufnahme aus dem Boden und der Luft abgeleitet (~ Tell I, Gl. 14), de- ren L6sung einen einfachen analytischen Ausdruck ffir die Konzentration in der Pflanze (Blatt) ergibt:

(8) C r(t) -- b / a . 1 - e -at )

mit

C L : Konzentration in der Pflanze (Blatt) (kg/m 3)

t : Zeitdauer zwischen Saat und Ernte (s)

Der Koeffizient b fat~t alle Aufnahmeprozesse zusammen, w/ihrend der Koeffizient a alle Verlustterme darstellt. Zur

Berechnung des Transferfaktors Luft-Pflanze wird die Auf- nahme aus dem Boden nicht berficksichtigt, so daft sich a und b wie folgt berechnen lassen:

Ausgasung aus den Blattern, Metabolismus und Photoabbau (l/s):

(9a) a = (g'A)/(VL'KLA) + 2M + 3.p

gasf6rmige und partikelf6rmige Deposition (kg/(m s. s)):

(9 b)

mit

C A : A : V L : g :

v d : fp : KLA :

~t M • ~p :

b = CA 'A/VL ' [g ' (1 - - fp ) + 1 /2"va ' fp ]

Konzentration in der Luft (kg/m 3)

Blattfl/iche (m 2)

Volumen des Blattes (m 3)

Leitwert zwischen Blatt und Luft (m/s)

trockene und nasse Depositionsgeschwindigkeit (m/s)

partikelgebundener Anteil ( - )

Verteilungskoeffizient zwischen Blatt und Luft ( - )

Metabolisierungsrate pseudo-erster Ordnung ( l / s )

Photoabbaurate an Blattoberfl~ichen (1 / s)

Nicht berficksichtigt werden in dieser Gleichung Frfichte und Speicherorgane, die fiber das Phloem versorgt werden. Die Transferfaktoren beziehen sich daher auf B1/itter (Gras, Sa- lat, Blattgemfise u.a.). Ein erweitertes numerisches Modell, das den Phloemtransport einschlieflt, wird in TRAPP (1992) beschrieben. Die Konzentration in Frfichten ist meist deut- lich niedriger als in B1/ittern, weil sowohl der Austausch mit der Luft als auch die Translokation fiber die pflanzlichen Transportsysteme viel kleiner sind.

Es werden verschiedene F~ille der Aufnahme aus der Luft in oberirdische Pflanzenteile betrachtet. Dazu wird zun/ichst das Konzentrationsverh/iltnis Blatt zu Luft (Volumen/Volumen) berechnet und daraus dann der entsprechende konzentra- tions- oder depositionsbezogene Transferfaktor.

1. Fall: Substanz liegt gasf6rmig vor, kein Ab/Umbau in der Pflanze, station/irer Zustand erreicht:

fp = 0,2M = 0 ,2p = 0, t-- , of

Typische Substanz: Tetrachlorethen (FIGGE, 1990)

(10) C L / C A = CFLA = KLA

Das Konzentrationsverh/iltnis entspricht dem thermodyna- mischen Verteilungsgleichgewicht. Um den Transferfaktor Luft-Pflanze zu erhalten, muff die Dichte der Pflanzen- trockenmasse beriicksichtigt werden:

(11) TFpA (K) = KEg/Or

mit Or = Trockendichte der B1/itter (kg TS/m 3)

2. Fall: Substanz liegt gasf6rmig vor und wird abgebaut, aber der station/ire Zustand ist nicht erreicht:

fp = 0 , 2 M > 0 , , ~ p > 0, t < of

UWSF-Z.Umweltchem. (Dkotox. 6 (5) 1994 299

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Schadstoff-Exposition Beitragsserien

(12) C L / C A ~- A / V L g/a ( 1 - e -at)

mit a wie in G1. (9 a). Der Quotient Pflanzenoberfl/iche A zu Pflanzenvolumen V L kann durch den mitderen Blattfl/i- chenindex LAI ( - ), den Ernteertrag m~ (kg TS/m 2) und die Pflanzendichte ,DE (kg TS/m 3) berechnet werden:

(13) A / V L = 2" LAI- OL/mE

Ffir den konzentrationsbezogenen Transferfaktor ergibt sich dann:

(14) TFpA (K) = A/V L g/(a" PL) (1 - -e -at) = 2" LAI- g/(a- mE)(1 - e -at)

3. Fall: Substanz liegt teils gasf6rmig, teils partikelgebunden vor. Typische Substanzen: 2,3,7,8-TCDD (McLACHLAN, 1992), DDT (BIDLEMAN, 1988)

Das Konzentrationsverh/iltnis ergibt sich aus Gl. (8) mit den in GI. (9 a) und (9 b) angcgcbenen Koeffizienten a und b:

(15) CL/C A = A / ( V L • fl). [g. (1 - fp) + 1 / 2 . v a . fp]- (1 - e -at)

Daraus und wiederum mit G1. (13) ergibt sich nun ein Trans- ferfaktor, der sowohl den gasf6rmigen als auch den parti- kelgebundenen Anteil beriicksichtigt:

(16) TFpA (K) = 2 . LAI/(a .mE)- [g . (1 - fp ) + 1 /2 - va'fp]" ( 1 - e -at )

Ein depositionsbezogener Transferfaktor kann nicht berech- net werden, da sich dieser nur auf den partikelgebundenen Anteil bezieht.

4. Fall: Substanz liegt partikelgebunden vor.

fp=l Typische Substanzen: OCDD, Benzo(a)apyren (BIDLEMAN, 1988) Diese Substanzen gasen (fast) nicht aus (KLA sehr grof), so daf nur die Partikeldeposition zu einem Transfer Luft-Pflanze fohrt. Es wird angenommen, daft die abgelagerten Partikel durch Witterungseinflfisse mit einer Halbwertszeit von 14 Tagen, entsprechend einer Rate 2 w = 0,05 ( l /d ) , wieder entfernt werden. Aus GI. (8) und (9 a) und (9 b) ergibt sich mit g/KLA = 0:

(17) CL/C A = 1 / 2 Vd/[VL/A. ()t M + 2p + 2w)]" ( 1 - e -at)

wobei nun a = 2M + 3.p + 2 w die Abbau- und Abwitte- rungsrate ( l /s) darstellt (keine Ausgasung). Der Quotient A/V L kann wiederum mit GI. (13) berechnet werden, so daf sich der konzentrationsbezogene Transferfaktor ergibt:

(18) TFpA (K) = L A I " Vd/[mE • (,~ M + ~.v + "~w)]" ( 1 - e -at)

Ebenso kann nun der Transferfaktor auf den Staubnieder- schlag bezogen werden:

(19) TFvA (D) = LAI/[m r -()t M + 3.p + ;tw) ] • ( 1 - e -at)

4 Trans fe r fak to r Boden-Pflanze

4.1 Boden-Blatt iiber Transpirationsstrom

Fiir die Aufnahme in die oberirdischen Pflanzenteile wird wie- der von der G|. (8) ausgegangen, die auf der GI. (14) aus Teil I (TR~a,P et al., 1994 b) beruht. Der Koeffizient b be- schreibt nun die Aufnahme aus dem Boden (kein Eintrag aus der Luft in die Pflanze), w/ihrend der Verlustterm a die Aus- gasung aus der Pflanze und die Abbauprozesse wie in G1. (9 a) darstellt, sich also nicht/indert:

(20) b = Cw'TSCF" Q/VL

mit

C W : Konzentration im Bodenwasser (Bodenl6sung) (kg /m 3)

Q : Transpirat ionsstrom (m3/s)

TSCF : Transpirat ionsstromkonzentrat ionsfaktor ( - )

Daraus folgt fOr das Verh/ilmis der Konzentration CL in der Pflanze (Blatt) zur Konzentration C B im Boden:

(21) CL/C B = TSCF" Q/(V L • a" Kd)" (1 - e -at)

mit

C W = CB/K d K d : Adsorptionskoeffizient (kg /m 3)

und for den entsprechenden Transferfaktor Boden-Pflanze fOr oberirdische Pflanzenteile (Blatt):

(22) TFpB = OB" TSCF- Q/(OL " VL" a" Ka)" (1 - e -at)

mit

OB = Lagerungsdichte Boden (kg /m 3)

4.2 Boden-Wurzel(-gemiise)

Der Transfer aus dem Boden in unterirdische Pflanzenteile (Wurzeln) kann durch den Konzentrationsfaktor KRB be- rechnet werden (-, Tell I):

(23) C R = K ~ C B

Dabei wird angenommen, daf das Verteilungsgleichgewicht bereits erreicht ist. Ffir Wurzelgemfise wie Karotten kann es diffusionsbedingte Verz6gerungen geben, so daft KRz als obere Grenze anzusehen ist.

Der Konzentrationsfaktor KRB (station/ire Konzentrationen) errechnet sich aus (-0 Tell I):

(24) C R / C B = K~ = (W + L 'Kow" ) pL/(DW PB Kd)

mit

W, L : Wasser-, Lipidgehalt der Wurzel ( - )

Kow : n-Oktanol-Wasser-Verteilungskoeffizient ( - )

n : Korrekturfaktor (0,75 fiir Gerstewurzeln)

Pw : Dichte Wasser (kg /m 3)

Der Transferfaktor ergibt sich daraus durch Umrechnen auf die Massen und unter Vernachl/issigung des Wassergehalts (Lipidgehalt L auf Trockengewicht bezogen):

(25) T F ~ = L" Kown/Ka

= L" K o w n / ( O C Koc ) = L- Kown/(3,09 - OC- Kow °'72)

300 UWSF- Z.Umweltcl'.em. Okotox. 6 (5) 1994

Page 5: III. Transferfaktoren Boden-Pflanze und Luft-Pflanze

Beitragsserien Schadstoff-Exposition

mit

OC = organischer Kohlenstoffgehalt ( - ) Koc = 3,09-KOW 0,72 (nach SCHWARZENBACH und WESTALL, 1981)

Die Exponenten des Kow sind etwa gleich (0,7 bis 0,8) for Wurzeln und Boden. Sie beschreiben den Unterschied in der lipophilen Wechselwirkung zwischen n-Oktanol und dem or- ganischen Kohlenstoffgehalt des Bodens. Da dieser im we- sentlichen aus verrotteter Wurzelmasse besteht, ist die Gleich- heit nicht verwunderlich. Dadurch wird der Transferfaktor Boden-Wurzeln unabh/ingig vonde r Lipophilitiit der Sub- stanz, ausgedrfickt durch den Kow. Entscheidend ist nur noch das Verh~ilmis Lipidgehalt zu organischem Kohlenstoff- gehalt des Bodens OC:

(26) TFRB ~ L/ (3 ,09-OC)

Diese vereinfachte N/iherung gilt allerdings nur fOr Wurzeln, nicht for Kartoffeln, die als unterirdische Speicherorgane dutch das Phloem versorgt werden. Weiterhin wird der me- tabolische Abbau vernachlfissigt. G1. (26) ist eine semiem- pirische Gleichung, da der Faktor 3,09 aus der Regression von SCHWARZENBACH und WESTALL (1981) fibernommen wurde. Andere Regressionsgleichungen liefern andere Fak- toren, so dat~ hier mit erheblichen Unsicherheiten gerechnet werden mull

4.3 BodenoBlatt fiber Ausgasung

Substanzen, die nicht oder nur sehr wenig aus dem Boden mit dem Transpirationsstrom in BlOtter und Stengel trans- portiert werden, k6nnen dennoch fiber die Ausgasung aus dem Boden und Eingasung in die B1/itter aufgenommen wer- den. Im Teil II (TRAPV und MATTHIES, 1994) wurde dieser Transferpfad modelliert. Die Konzentrationsabnahme im Bo- den und die -zunahme in der Vegetationsschicht lassen sich mit den G1. (7), (8) und (14) aus Teil I! berechnen, wobei der Diffusionskoeffizient Dv fOr die Vegetationsschicht ein- gesetzt werden mull Die Konzentration in der Vegetations- schicht ist sowohl h6hen- als auch zeitabh~ingig, so dat~ sich kein einfacher Zusammenhang zur Berechnung des Konzen- trationsverh/ilmisses und des Transferfaktors Boden-Luft via Ausgasung angeben l~t~t. Hier (~ Kasten 1) wird deshalb auf eine Berechnung fOr 2,3,7,8-TCDD verzichtet.

5 Transfer fak toren fiir 2 , 3 , 7 , 8 - T C D D

Wegen der Bedeutung des Weide-Kuh-Milch-Pfades wird Weidegras als Pflanze betrachtet (~ Kasten 1). Zusiitzlich wird fOr die Karotte als Wurzelgemfise eine grobe Absch/it- zung vorgenommen. Da 2,3,7,8-TCDD sowohl gasf6rmig als auch partikelgebunden vorkommt, wird fOr die Berech- nung des Transferfaktors von Gl. (16) ausgegangen. Ffir die Verteilung gasf6rmig/partikelgebunden wurden die Messun- gen aus Bayreuth verwendet. Der Staubniederschlag besteht aus Schwebstaub mit geringem aerodynamischen Partikel- durchmesser ( < 5/tm). Ebenso wurden alle anderen Daten aus Tell I fibernommen.

Der Blattfl~chenindex yon Gras nimmt am Beginn des Pflan- zenwachstums zu und gegen Ende der Vegetationsperiode

wieder ab (PROHL, 1990). Ein mittlerer Blattfl~ichenindex LAI kann mit etwa 3 Rir Weidegras angesetzt werden. Der Ernteertrag m E liegt bei 0,15 kg TS/m 2 for eine Vegeta- tionsperiode yon 60 Tagen (PROHL, 1990), die Pflanzen- dichte betr~igt 100 kg TS/m 3.

Die Aufnahme aus dem Boden mit dem Transpirationsstrom ist sehr klein, d.h. praktisch gleich Null (~ Kasten 1). Ein Grund for die niedrigen Transferfaktoren ist vor allem die sehr geringe Konzentration, die im Boden gel6st vorliegt und damit bioverfogbar ist. Jedoch kann bei sehr hoch belaste- ten B6den durchaus ein meflbarer Anteil in die Pflanze auf- genommen und in oberirdische Pflanzenteile transportiert werden. Dann spielt zus/itzlich als ein weiterer Prozefl auch die Ausgasung aus dem Boden und die Aufnahme in die Bl~it- ter eine Rolle (TRAPP und MATTHIES, 1994).

HOLSTER et al. (1994) haben for Zucchini deutlich h6here Transferfaktoren Boden-Pflanze gemessen. Die mit dem vor- gestellten Modell berechneten Werte for 2,3,7,8 -TCDD gel- ten for Getreide, Gras und andere Blattpflanzen. In die Mo- dellrechnungen geht als bestimmende Gr6t~e for das Trans- ferverhalten der TSCF ein. Dieser ist eine empirische Gr6t~e und wurde for Gerste und Bohne in Laborexperimenten be- stimmt, jedoch nur for wenige lipophile Stoffe. Eine 10bet- tragung auf andere Pflanzen mit u.U. ganz anderen pflan- zenphysiologischen Eigenschaften ist nicht zul~issig. Insofern liegt hier kein Widerspruch vor, wohl aber die dringende Notwendigkeit, den TSCF for die relevanten Nahrungspflan- zen experimentell for eine breite Palette von Chemikalien zu bestimmen. Bisherige Untersuchungen haben gezeigt, daft fOr Gerste, Bohnen und fihnliche Pflanzen das experimentell er- mittelte Transferverhalten gut mit dem vorgestellten Modell erklfirt werden konnte (TRAPP et al., 1990; TRAPP et al., 1994 a).

Alle errechneten Werte fOr die Transferfaktoren sind mit er- heblichen Unsicherheiten behaftet. Es werden deshalb Be- reiche von Werten angegeben, die als Orientierung zur Ab- sicherung experimentell ermittelter Werte dienen.

Kasten 1: Berechnung yon Transferfaktoren for 2,3,7,8-TCDD

Luft- Pflanze:

Im Teil I (--* Kasten) wurde die Konzentration C L von 2,3,7,8- TCDD im Blatt berechnet. Zu beachten ist, dab sich alle Anga- ben im Teil I auf Frischsubstanz FS beziehen (FS = 5 TS). Es wurden drei Ffille unterschieden:

C L ---- 9 pg/kg FS (= 0,045 ng/kg TS) (beste Schfitzung) C L = 29,5 pg/kg FS (= 0,15 ng/kg "IS) (10-fach h0herer

Leitwert g) C L = 98,2 pg/kg FS (= 0,49 ng/kg TS) (kein Abbau)

Mit einer Luftkonzentration C A von 3,6 fg/m 3, wie sie in Bayreuth gemessen wurde, ergibt sich als beste Sch&tzung der folgende konzentrationsbezogene Transferfaktor:

TFpA (K) -- 0,045 ng/kg TS/3,6 fg/m 3 = 0,012 ng TCDD/kg TS Pflanze : fg TCDD/m 8 Luft

Wenn ein deutlich hSherer Leitwert und kein Abbau angenommen wird, kann man als obere Grenze einen ca. 10-faeh h6heren Trans- ferfaktor errechnen. Dieser liegt um eine weitere Gr08enordnung unter dem aus dem Verteilungsgleichgewicht errechneten Wert (mittels GI. (11) mit KLA = 1,76" 107). Bereich: 0,01 bis 0,1 ng TCDD/kg TS Pflanze : fg TCDD/m 3 Luft

UWSF-Z.Umweltchem. Okotox. 6 (S) 1994 301

Page 6: III. Transferfaktoren Boden-Pflanze und Luft-Pflanze

Schadstoff-Exposition Beitragsserien

Boden - Blat t ~ b e r Transpirat ionsstrom:

K d = 2 300 (bis 25 000) a = 1,67.10 -6 s -1 ( ~ Teil h Kasten); mi t t -- 60 d >

20 d, also stationfire Rechnung; TSCF = 3 • 10 -5, N V L = 2 - 10 -3, Q/V L = 50/160 d = 9,6 •

10-6 s-~ CL/C B = (TSCF • Q/VL)/(K d - 1,67- 10 -6 s -1)

= 4 ,3 .10 -4 . 3- 10 -5 . 9,6.10-6/(1,67 • 10 -6 ) = 7 ,4 .10 -8

Daraus ergibt sich der Transferfaktor

TFpB = CL/C B PBIPL = 7,4. 10 -8 . 1,3/0,1 = 9,6 - 10 -7 ng TCDD/kg TS Pflanze : ng TCDD/kg TS

Boden

Der errechnete Transferfaktor f0r die Aufnahme aus dem Boden mit dem Transpirationsstrom ist sehr klein, d.h. praktisch gleich 0. Nimmt man an, dab der TSCF = 1 ist (ungehemmte Aufnahme), gelangt man zu einem Transferfaktor von ca. 111000. Grund for diesen immer noch niedrigen Transferfaktor ist vor allem die sehr geringe Konzentration, die im Boden gel6st vorliegt und damit bioverf0gbar ist. Nicht ber0cksichtigt wurde die Ausgasung aus dem Boden und anschlieSende Aufnahme in die oberirdisch wach- senden Pflanzenteile.

Bereich: 10 -7 bis 10 -3 ng TCDD/kg TS Pflanze : ng TCDD/kg TS Boden

Boden - Fe inwurze ln :

Der Transferfaktor wird vor allem vorn Verhfiltnis der lipophilen Bindung an die Wurzelmasse zur Sorption an die organische Bo- denmatrix bestimmt. Unabhfingig vom Kow ergibt sich for Wur- zeln mit L = 10 O/o (bezogen auf Trockenmasse) und OC = 2 %:

TFRB = L/3,09. OC = 1,6 ng TCDD/kg TS Wurzel " ng TCDD/kg TS Boden

Bereich: 1 ,0 -2 ,0 ng TCDD/kg TS Wurzel : ng TCDD/kg TS Boden

Boden - W u r z e l g e m ~ s e (Karot ten) :

Der Transferfaktor Boden-Feinwurzeln liegt etwa eine Gr68enord- nung 0ber dem experimentell im Freiland bestimmten Wert f0r Karotten, bezogen auf Toxizitfits&quivalente (BGA, 1993). Dies kann an diffusionsbedingten Verz6gerungen beim Transport im Boden liegen, so dab kein Verteilungsgleichgewicht in der ge- samten Karotte erreicht wird. Messungen an Karotten zeigen, dab PCDD/F 0berwiegend in der Schale und nicht im Inneren gefun- den werden (MOLLER et al., 1993). Der Transferfaktor Boden- Karotte liegt demnach niedriger als derjenige for Feinwurzeln. Es wird ein um ca. eine Gr68enordnung niedrigerer Wert als for Fein- wurzeln angenommen.

Bereich: 1,0-2 ,0 ng TCDD/kg TS Wurzel : ng TCDD/kg TS Boden

6 Transferfaktoren fiir andere Kongenere und Toxizitiit sfiquivalente

In die Berechnung der Transferfaktoren gehen als wesentli- che substanzspezifische Gr6t~en die Verteilungskoeffizienten KLA, KRB, Koc, KAw u.a. ein. Sie beschreiben das (thermo- dynamische) Verteilungsgewicht zwischen den verschiedenen wfit~rigen, lipoiden und gasf6rmigen Phasen. Weiterhin sind die Abbauraten fOr Metabolismus und Photoabbau substanz- spezifisch. Insbesondere der gasf6rmige Austausch mit der

Luft und die Ausgasung aus dem Boden sind von den Ver- teilungskoeffizienten gepr~gt, w~ihrend die Deposition von den Partikel- und nicht den Substanzeigenschaften abh~ingt. Dann ist der Transfer Luft-Pflanze nicht mehr abh~ingig vom Bindungszustand der Kongeneren in der Luft. In grober Nfi- herung gilt das fOr die h6herchlorierten PCDD/F (ab Hexa- CDD/F), die iiberwiegend schwebstaubgebunden sind (-~ Kasten 2). Daher kann sowohl ein konzentrationsbezo- generals auch ein depositionsbezogener Transferfaktor Luft- Pflanze for Toxizit~its~iquivalente angegeben werden, der als erste Orientierung gelten soll und einer weiteren experimen- tellen Absicherung bedarf.

Kasten 2: Berechnung des Transferfaktors Luft-Blatt for schwebstaubgebundene Kongenere

FOr Substanzen, die 0berwiegend partikelgebunden vorliegen (h6- herchlorierte PCDD/F-Kongenere), ergibt sich mit GI. (18) ein kon- zentrationsbezogener Transferfaktor (v d = 5,4- 10 -3 m/s, m E = 0,15 kg/m 3, LAI = 3, ~. w = 0,05 l id, t = 60 d):

TFpA (K) = 10- 6.3/0,15.5,4.10- 3/0,05- 86400 - (1 - e - o,o5.6o) = 0,018 ng/kg TS Pflanze : fg/m 3 Luft

Dieser Wert liegt nahe bei dem f0r 2,3,7,8-TCDD errechneten Transferfaktor. Entsprechend mit GI. (19) ergibt sich der deposi- t ionsbezogene Transferfaktor:

TFpA (D) = 10 -3 . 3/(0,15.0,05) • 0,95 = 0,38 ng/kg TS Pflanze : pg/(m 2 d)

und ein Wertebereich von 0,2 bis 0,5 ng/kg TS Pflanze : pg/(m 2 d)

Wie oben gezeigt wurde, kann in grober Nfiherung der Transferfaktor for Feinwurzeln unabh~ingig von den Sub- stanzeigenschaften berechnet werden. Der Obergang aus dem Boden in die Pflanze via Transpirationsstrom ist wegen der st~irkeren Bindung an den Boden noch niedriger als der for 2,3,7,8-TCDD. Die Translokation aus dem Boden in ober- irdische Pflanzenteile ist for alle hochlipophilen Substanzen daher praktisch zu vernachlfissigen. Der Transfer Boden-Blatt via Ausgasen nimmt fOr die h6herchlorierten Kongenere we- gen des h6heren Koc und des niedrigeren KAW ab.

Bezogen auf Toxizit~its~quivalente ergeben sich dadurch die folgenden Transferfaktoren, die mit experimentell ermittel- ten Werten verglichen werden:

Luft-Blatt (Gasphasentransfer):

TFpA (K) = 0,02 (max. 0,1) ng I-TEq/kg TS Pflanze : fg I-TEq/m 3 Luft

Untersuchungen zum gasf6rmigen Austausch verschiedener hochlipophiler Verbindungen werden z.Z. in Bayreuth durchgefohrt (McLACHLAN, pers. Mitteilung).

Deposition-Blatt (Partikeltransfer):

TFeA (D) = 0,2 (max. 0,5) ng I-TEq/kg TS Pflanze : pg I-TEq/(m z d)

Messungen des Transfers Luft-Pflanze ergaben Transferfak- toren von 0,1 bis 0,2 for Gras und 0,2 ng I-TEq/kg TS Pflanze : pg I-TEq/(m 2 d) fOr Blattgemfisearten. Dabei wurde nicht zwischen partikelgebundener Deposition und gasf6rmigem Austausch unterschieden (BGA, 1993).

302 UWSF-Z.Umweltchem. Okotox. 6 (5) 1994

Page 7: III. Transferfaktoren Boden-Pflanze und Luft-Pflanze

Beitragsserien Schadstoff-Exposition

Boden-Feinwurzeln und - Wurzelgemiise (Karotten):

TFRB = 1,6 (max. 2) ng I-TEq/kg TS Pflanze : ng I-TEq/kg TS Boden

Der Transferfaktor ist abh~ngig von Bodeneigenschaften, ins- besondere vom organischem Kohlenstoffgehalt. Ffir Wurzel- gemfise (Karotten u.a.) liegt der Transferfaktor um eine Gr6- t~enordnung niedriger. Vorgeschlagen wurde ffir verzehrbare unterirdische Pflanzenteile ein Transferfaktor von 0,1 (BGA, 1993) der auf Messungen an Karotten beruht.

Boden-Blatt via Transpirationsstrom:

TFpB = 10 -6 (max. 10 -3) (ng I-TEq/kg TS Pflanze : ng I-TEq/kg TS Boden)

Es liegen keine wissenschafdich abgesicherten Met~daten vor, da eine gleichzeitige Aufnahme aus der Luft nicht ausge- schlossen wurde. Es wird ein Transferfaktor von 0,01 vor- geschlagen (BGA, 1993) der bei mittel bis hoch kontaminier- ten B6den zu einer fiberkonservativen Abschfitzung des Transfers ffhrt.

7 Bewertung experimentell ermittelter Transferfaktoren

Transferfaktoren beschreiben den Ubergang aus einem Do- natorkompartiment in ein Akzeptorkompartiment. Ublicher- weise werden sie experimentell durch Regression aus Kon- zentrationsreihen im Donator- und Akzeptorkompartiment ermittelt. Hat man - wie im Fall der PCDD/F - zwei m6g- liche Donatorkompartimente (Boden und Luft), mut~ gewfihr- leistet sein, dat~ entweder nur der Boden oder die Luft als Donatorkompartiment fungieren. Dieses wurde bei einigen Versuchsreihen zur Bestimmung des Transferfaktors Boden- Pflanze nicht beachtet. Wie oben dargelegt, findet fiber die Wurzeln in oberirdische Pflanzenteile (Blfitter), aut~er bei sehr hohen Bodengehalten und bei Gemfisepflanzen mit anderen pflanzenphysiologischen Eigenschaften (Zucchini), ffir PCDD/F und andere hochlipophile Stoffe praktisch kein Transfer statt. Andererseits ist die Aufnahme aus der Luft ins Blatt sehr effektiv und resultiert bereits bei geringen Luft- konzentrationen in met~baren PCDD/F-Gehalten. Bei Ver- suchsreihen mit steigenden Bodengehalten, aber gleichblei- benden Luftkonzentrationen (die allerdings nicht gemessen wurden), ergibt sich rein rechnerisch ein mit zunehmender Bodenkonzentration abnehmender ,,Transferfaktor Boden- Pflanze" (BGA, 1993). Durch die Unkenntnis der Bedeutung des Transfers Luft-Pflanze wurden die Pflanzengehalte ffilsch- licherweise dem Transfer aus dem Boden zugeschrieben, ob- wohl die Luft das Donatorkompartiment war.

Weiterhin ist im Kompartiment Luft zwischen Gas- und Par- tikelphase zu unterscheiden. Wie Messungen in wenig und hoch belasteten Gebieten zeigen (McLACHLAN, 1992; BIDLEMAN, 1988), liegen die niedrig chlorierten Kongenere fiberwiegend gasf6rmig und die h6her chlorierten Kongenere fiberwiegend partikelgebunden vor. Das Verh~iltnis der bei- den Zust~inde wird aut~erdem von der Temperatur und von den Eigenschaften der Partikel, insbesondere der spezifischen Oberfl~che, bestimmt. Der Transfer Luft-Pflanze hfingt da- mit sensitiv vom Bindungszustand in der Luft ab.

Gleichartige Oberlegungen fiber die relative Bedeutung der Transferpfade sind ffir alle organischen Umweltchemikalien yon erheblicher Bedeutung, nicht nur ffir PCDD/F. Durch unkritische Ubertragung des Transferverhaltens von anor- ganischen Verbindungen auf organische Substanzen werden Transferfaktoren ermittelt, die in Risikoanalysen zu 0ber- oder Untersch~itzungen ffihren k6nnen. Generell wurde bis- her der Luftpfad und hier der gasf6rmige Austausch unter- schfitzt. Der fiberwiegende Teil aller organischen Umwelt- chemikalien ist volatil oder zumindest semivolatil, liegt gas- f6rmig oder schwebstaubgebunden vor und kann daher wei- trfiumig transportiert werden (BIDLEMAN 1988). Wenn kein effektiver Photoabbau stattfindet, kommt es auch zur Bela- stung der lipophilen Pflanzenoberfl~chen. Es ist daher drin- gend geboten - auch aus Kostengrfinden - , vor und pa- rallel zu der experimentellen Bestimmung von Transferfak- toren eine Kausalanalyse fiber das Transferverhalten durch- zuffihren, wozu das vorgestellte einfache Modell geeignet ist.

8 Literatur

BIDLEMAN, T. F. i1988): Atmospheric Processes. Environ. Sci Technol. 22 (4), 3 6 1 - 367

BGA (1993): Dioxine und Furane - ihr Einflut~ auf Umwelt und Ge- sundheit. Bundesgesundheitsblatt Sonderdruck (Hrsg. Bundesgesund- heitsamt), C. Heymanns Verlag K61n

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HOLSTER, A.; MOLLER, J. F.; MARSCHNER, H. (1994): Soil-Plant- Transfer of Polychlorinated Dibenzo-p-dioxins and Dibenzofurans to Vegetables of the Cucumber Family (Cucurbitaceae). Environ. Sci. Technol. 28, 1110-1115

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UWSF-Z.Umweltchem. Okotox. 6 (5) 1994 303


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