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II - Soldan.de...sellschaften des Instituts der Wirtschaftsprüfer sowie des Arbeitskreises Externe...

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PricewaterhouseCoopers AG (Hrsg.)

2007Schäffer-Poeschel Verlag Stuttgart

Unternehmensteuerreform 2008

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Bibliografi sche Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografi e; detaillierte bibliografi sche Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem, säurefreiem und alterungsbeständigem Papier

ISBN 978-3-7910-2723-4

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfi lmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

© 2007 Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft · Steuern · Recht GmbHwww.schaeffer-poeschel.deinfo@schaeffer-poeschel.deEinbandgestaltung: Willy LöffelhardtSatz: Johanna Boy, BrennbergDruck und Bindung: Kösel GmbH, Krugzell · www.koeselbuch.dePrinted in GermanyNovember 2007

Schäffer-Poeschel Verlag StuttgartEin Tochterunternehmen der Verlagsgruppe Handelsblatt

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Vorwort

Von der Koalitionsvereinbarung am 11.11.2005 bis zur Verkündung des Gesetzes im Bundesgesetzblatt am 17.08.2007 dauerte es 20 Monate. Das Ergebnis, die Unternehmensteuerreform 2008, liegt in 14 langen Artikeln nun vor. Es erweckt zwiespältige Gefühle.

Positiv ist ohne Frage die Tarifentlastung für Körperschaftsteuerpfl ichtige einhergehend mit der Thesaurierungsrücklage für Personengesellschaften. Die Senkung der Unternehmensteuerbelastung verbessert die Standortattraktivität Deutschlands und sorgt bei ertragsstarken Unternehmen für mehr Rechtsform-neutralität. Insoweit hat Deutschland im internationalen Wettbewerb einen wich-tigen Schritt nach vorne gemacht.

Die Hoffnungen auf eine große Strukturreform, die nach den Vorarbeiten der Stiftung Marktwirtschaft bzw. des Sachverständigenrats und dem Zustandekom-men einer großen Koalition aufgekommen waren, wurden dagegen enttäuscht. Auch wenn man einräumen muss, dass die Balance zwischen Verfassungs- und Europarecht, Missbrauchsüberlegungen und Fiskalerfordernissen alles andere als einfach ist, so bleibt das Fehlen jeglichen steuerpolitischen Leitbilds zu bemän-geln. Statt einer tiefgreifenden Systemreform ist das steuerliche Regelungsge-strüpp durch die fl ankierenden Maßnahmen zur Gegenfi nanzierung noch un-durchsichtiger und systematisch fragwürdiger geworden. Die Gesetzesänderungen richten sich punktuell auf Maßnahmen, die so zueinander adjustiert wurden, dass der politisch vorgegebene fi nanzielle Spielraum ausgeschöpft aber auch nicht überstrapaziert wurde.

Mit der Unternehmensteuerreform steigen die Anforderungen an alle von der Steuerrechtsmaterie Betroffenen. Das vorliegende Buch will den Leser mit den vielfältigen und teilweise hochkomplizierten Neuregelungen vertraut machen. Als Praxishilfe erläutert es den Inhalt der Entlastungs- und Gegenfi nanzierungs-maßnahmen, nimmt zu Zweifelsfragen Stellung und gibt Hinweise, wie auf die Gesetzesänderungen planerisch reagiert werden kann.

Das Autorenteam rekrutiert sich aus Partnern und Mitarbeitern von Price-waterhouseCoopers mit langjähriger Berufserfahrung und Expertise im Unterneh-mensteuerrecht. Den Autoren sei für ihren Einsatz und die Termintreue gedankt, denn nur so – und dank der unermüdlichen Koordination von Frau Gabriele Stein und der guten Zusammenarbeit mit dem Schäffer-Poeschel Verlag – konnte das Werk so kurzfristig realisiert werden.

Fraglos stehen Unternehmen und Berater mit der Unternehmensteuerreform vor der Herausforderung, in vielen Bereichen die Weichen neu zu stellen. Ein-facher wird dies unter den geänderten Rahmenbedingungen nicht. Es ist das Anliegen des Herausgebers, mit dem vorliegenden Buch dem Leser beim anste-henden steuerlichen Check Up praxisrelevante Informationen zur Verfügung zu stellen.

Frankfurt, im November 2007 Prof. Dr. Dieter Endres

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Autorenverzeichnis

Ulrich AmmelungDiplom-Kaufmann, SteuerberaterUlrich Ammelung ist Partner im Bereich Financial Services bei Pricewaterhouse-Coopers München. Seine Beratungsschwerpunkte liegen im Bereich »Banking & Capital Markets« sowie dem »Investment Management«. Fachliche Schwerpunkte: Internationale Unternehmensfi nanzierung, Cash-Pooling, Finanzierungsgesell-schaften, Hybridanleihen, Pension-Asset-Pooling, Contractual Trust Agreements (CTA’s) sowie Besteuerung von Bankprodukten und Finanzierungsstrukturen.

Herr Ammelung hat zahlreiche Beiträge zum nationalen und internationalen Steuerrecht veröffentlicht und hält regelmäßig Vorträge bei Fachseminaren im In- und Ausland.

Lorenz Bernhardt, LL.MRechtsanwalt, SteuerberaterLorenz Bernhardt ist Verrechnungspreispartner bei PricewaterhouseCoopers Düs-seldorf. Er leitet zugleich die deutsche Transfer Pricing Praxis von Pricewater-houseCoopers und besitzt langjährige, umfangreiche Erfahrungen im Bereich der internationalen Steuerplanung, speziell in der Entwicklung und Implementierung von Verrechnungspreissystemen sowie deren Verteidigung in steuerlichen Betriebs -prüfungen. Zu seinen Mandanten zählen große internationale Unternehmen (so-wohl deutsche als auch ausländische Konzerne). Herr Bernhardt hält regelmäßig Vorträge bei Fachseminaren und an renommierten Universitäten.

Lorenz Bernhardt studierte Jura an den Universitäten Tübingen, Bonn und München sowie an der New York University School of Law (LL.M.). Er ist als Steuerberater sowie in Deutschland und in den USA als Rechtsanwalt zugelas-sen.

Christoph BeschRechtsanwalt, Steuerberater, Master in Taxation (Fordham/New York)Christoph Besch ist Partner und Leiter der Steuerabteilung von Pricewaterhouse-Coopers in Hamburg. Seit mehr als zehn Jahren berät er große nationale und internationale Unternehmen, insbesondere auf dem Gebiet des internationalen Steuerrechts. Er ist darüber hinaus deutschlandweit verantwortlich für den Be-reich Global Compliance Services bei PricewaterhouseCoopers.

Christoph Besch ist regelmäßig Referent auf steuerrechtlichen Fachveranstal-tungen und unter anderem Mitautor des Buches »Steuern in den USA – Ein Leitfaden für deutsche Investoren«. Er ist Dozent im LL.M.-Programm »Asian-European Business Transactions« der Universität Hamburg.

Prof. Dr. Dieter EndresSteuerberaterProf. Dr. Dieter Endres ist Leiter der Steuerabteilung bei PricewaterhouseCoopers in Deutschland und Mitglied des Vorstands. Seine Beratungsschwerpunkte sind

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internationales Steuerrecht, Verrechnungspreise, Reorganisationen, Joint Ventures und M&A-Beratung. Er ist Mitglied des Arbeitskreises Außensteuerrecht des In-stituts der Wirtschaftsprüfer und des Steuerausschusses der Industrie- und Han-delskammer Frankfurt. Des Weiteren ist er Honorarprofessor an der Universität Mannheim (Internationales Steuerrecht). Herr Endres hat zahlreiche Beiträge zum nationalen und internationalen Steuerrecht veröffentlicht und ist mehrfach von Fachpublikationen als einer der führenden Steuerberater in Deutschland nominiert worden.

Dr. Carla FreilingDiplom-Kauffrau, SteuerberaterinDr. Carla Freiling ist als Prokuristin für PricewaterhouseCoopers in Frankfurt tätig. Neben der steuerlichen Beratung von Unternehmen mit den Schwerpunk-ten internationales Steuerrecht und Reorganisationen, ist sie als Referentin bei Fachveranstaltungen tätig. Darüber hinaus hat sie zahlreiche Fachbeiträge ver-öffentlicht.

Sebastian FröhlichSteuerberater, Diplom-Finanzwirt (FH)Sebastian Fröhlich ist als Prokurist bei PricewaterhouseCoopers in Düsseldorf in der Abteilung »Corporate Tax« beschäftigt. Seine Spezialgebiete sind die Be-treuung von Akquisitionen und Umstrukturierungen (M&A) sowie die interna ti-onale Konzernbesteuerung.

Sven FuhrmannWirtschaftsprüfer, Steuerberater und Certifi ed Public Accountant (U.S.), Sven Fuhrmann ist Partner bei PricewaterhouseCoopers. Zu seinen fachlichen Schwerpunkten zählen neben dem Konzern- und Umwandlungssteuerrecht so-wie der Besteuerung von Personengesellschaften insbesondere die Gestaltungs-beratung von Transaktions- und Leasingstrukturen unter IAS/IFRS und US-GAAP sowie Tax Accounting. Ferner ist er Mitglied der Arbeitskreise Körperschaftsteuer und Zinsschranke des Instituts der Wirtschaftsprüfer.

Herr Fuhrmann ist Autor zahlreicher Veröffentlichungen zum Konzern- und Umwandlungssteuerrecht sowie regelmäßig Referent steuerrechtlicher Fachver-anstaltungen.

Burkhard JakobRechtsanwalt, SteuerberaterBurkhard Jakob ist im Bereich Corporate Tax bei PricewaterhouseCoopers in Ham-burg tätig. Zuvor war er fünf Jahre im Fachbereich Umwandlungs- und Transak-tionsberatung einer großen internationalen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft be-schäftigt. Er veröffentlicht zu aktuellen steuerlichen Themen und ist Dozent an der Universität Hamburg im Ergänzungsstudiengang Wirtschaftsrecht.

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Prof. Dr. Norbert WinkeljohannWirtschaftsprüfer, Steuerberater Prof. Dr. Norbert Winkeljohann ist Mitglied des Vorstands von Pricewaterhouse-Coopers. Seine Beratungsschwerpunkte umfassen die nationale und internatio-nale Unternehmensbesteuerung, die Rechnungslegung nach IAS/IFRS und Tax Accounting. Ferner ist er Berater vieler Familienunternehmer. Er lehrt als Hono-rarprofessor im Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Universität Osnabrück und ist Mitglied des Steuerfachausschusses und des Arbeitskreises Personenge-sellschaften des Instituts der Wirtschaftsprüfer sowie des Arbeitskreises Externe Unternehmensrechnung der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft.

Herr Winkeljohann ist Autor und Herausgeber zahlreicher Veröffentlichungen mit den Themenschwerpunkten Internationale Rechnungslegung, Corporate Gov-ernance, Umwandlungssteuerrecht, Konzernsteuerquote und Finanzierung sowie als Referent entsprechender Fachveranstaltungen tätig.

Herbert ZerwasRechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer, SteuerberaterHerbert Zerwas ist Partner im Bereich Tax & Legal Financial Services bei Pri-cewaterhouseCoopers Frankfurt. Er berät deutsche und inländische Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute in steuerlichen und rechtlichen Angelegenheiten. Beratungsschwerpunkte sind u. a. die Besteuerung von Kapitalanlageprodukten und Cash Pooling. Weiterhin ist er spezialisiert auf die Reorganisation und Neu-gründung von Instituten unter steuer- und bankaufsichtsrechtlichen Aspekten.

Peter ZerwasDiplom-Kaufmann, Rechtsanwalt, SteuerberaterPeter Zerwas ist als Partner in der Abteilung »Corporate Tax« bei Pricewater-houseCoopers, Düsseldorf, tätig und berät vorwiegend Konzernunternehmen in ertragsteuerlichen Angelegenheiten aller Art. Schwerpunkte bilden dabei die steu-erliche Verbesserung der Konzernstrukturen sowie die Begleitung bei Unterneh-menstransaktionen.

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1.1 Der Ausgangspunkt: die Schwachstellen Deutschlands im internationalen Steuerwettbewerb

Will man die Attraktivität des Standorts Deutschland im internationalen Steuer-umfeld messen, so bietet sich ein Vergleich im Hinblick auf die Steuerbelastungs-quote an. Für eine diesbezügliche Analyse gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Untersuchungen, wobei aber deren Aussagekraft selbst unter Experten strittig ist.1 Die Mehrzahl der Vergleichsuntersuchungen zur internationalen Unterneh-mensteuerbelastung kommt aber zu dem Ergebnis, dass Kapitalgesellschaften in Deutschland einer der höchsten nominalen und effektiven Steuerbelastung in Europa unterliegen.2

Unter den Staaten der EU-27 weist Deutschland den höchsten nominalen Steuerbelastungssatz für Kapitalgesellschaften von 38,65 % (bei einem Hebesatz von nur 400 %) aus. Berechnungen des Zentrums für Europäische Wirtschaftsfor-schung mit Hilfe des »European Tax Analyser« belegen, dass Deutschland auch bei der effektiven Steuerbelastung eines Musterunternehmens des verarbeiten-den Gewerbes über einen Zeitraum von zehn Jahren nur den vorletzten Platz im internationalen Steuerranking im Vergleich zu elf weiteren Ländern einnimmt.3 Nur in Frankreich unterliegen Kapitalgesellschaften einer noch höheren effekti-ven Steuerbelastung.

Ausschlaggebend für die Einordnung Deutschlands als Hochsteuerland ist so-mit die hohe nominale und effektive Steuerbelastung der Unternehmensgewin-ne. Angesichts des internationalen Wettbewerbsdrucks war Deutschland daher gezwungen, der weiteren Verlagerung von Aktivitäten deutscher Unternehmen in niedriger besteuernde Staaten zu entgegen. Durch den internationalen Steuer-wettbewerb war eine Reform des Unternehmensteuerrechts unumgänglich.

Mit der Erkenntnis, dass Deutschland im Hinblick auf eine Unternehmen-steuerreform in Zugzwang war, stellte sich die Frage, mit welchem Besteue-rungsmodell die Attraktivität Deutschlands zu verbessern wäre. Hierzu gaben insbesondere die Reformkonzepte der Stiftung Marktwirtschaft 4 und des Sach-verständigenrats5 grundlegende Empfehlungen.

Das Steuerpolitische Programm der Stiftung Marktwirtschaft »strebt ein Steu-ersystem für Deutschland an, das einfacher, sozialer, transparenter und damit wieder gerechter sowie international wettbewerbsfähig ist«6. Dieses Ziel soll durch drei Module erreicht werden. Als erstes Modul stellt die Kommission ei-ne einheitliche Unternehmensteuer mit weitgehender Rechtsformneutralität und einem Steuersatz zwischen 25 und 30 % vor. In einem zweiten Schritt enthält

1 Vgl. Endres/Günkel, WPg Sonderheft 2006, 2 ff.2 Dies räumt mittlerweile auch die Bundesregierung ein. Vgl. etwa Monatberichte des BMF – März

2007, 883 Vgl. Spengel/Reister, DB 2006, 1741 – 17474 Vgl. Stiftung Marktwirtschaft, Kommission »Steuergesetzbuch«, Berlin 20065 Vgl. Sachverständigenrat/MPI/ZEW, Reform der Einkommens- und Unternehmensbesteuerung

durch die Duale Einkommensteuer, Wiesbaden 20066 Stiftung Marktwirtschaft, a.a.O., 5

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1.1 Der Ausgangspunkt: die Schwachstellen Deutschlands im internationalen Steuerwettbewerb

der Vorschlag eine Neuordnung der Kommunalfi nanzen . Diese soll insbeson-dere durch Abschaffung der Gewerbesteuer und Erhebung einer kommunalen Unternehmensteuer mit dem Gewinn als Bemessungsgrundlage und unter Bei-behaltung eines Hebesatzrechts der Kommunen ausgestaltet werden. Das dritte Modul sieht ein vereinfachtes Einkommensteuergesetz vor, das eine Verkürzung des Katalogs der Einkunftsarten von sieben auf vier beinhaltet.

Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Ent-wicklung hat in einer Expertise im Auftrag des Bundesministers der Finanzen im April 2006 eine Reform der Einkommens- und der Unternehmensbesteuerung zur Verbesserung der Standortattraktivität und Gewährleistung von Entschei-dungsneutralität vorgestellt. Nach den Vorstellungen des Sachverständigenrates soll hierfür die synthetische Einkommensteuer, die auf den Gesamtbetrag der Einkünfte einen einheitlichen Steuertarif anwendet, abgeschafft werden. Stattdes-sen wird der Übergang auf eine Schedulensteuer in Form einer dualen Einkom-mensteuer propagiert. Danach sollen sämtliche Kapitaleinkommen im Grundsatz einer proportionalen Belastung von 25 % unterliegen. Zu den Kapitaleinkommen zählen nach dem Konzept des Sachverständigenrates neben Zinsen auch diejeni-gen Gewinnanteile aus gewerblicher und selbständiger Tätigkeit, aus Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft und aus Vermietung und Verpachtung, die einer kalkulatorischen Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals entsprechen.

Waren auch die Vorarbeiten für eine grundlegende Unternehmensteuerreform somit sehr weit vorangeschritten, so bestand doch kein parteiübergreifender Kon-sens über Gesamtkonzept wie Details der Reform. Das Zustandekommen einer Großen Koalition bei der Bundestagswahl im Herbst 2005 gab Anlass zur Hoff-nung, dass nun der Weg zu einer umfassenden Reform der steuerlichen Rah-menbedingungen geebnet sei.

Das nunmehr verabschiedete Unternehmensteuerreformgesetz 2008 bleibt aber hinter den weitgesteckten Zielen zurück. Keines der vorgelegten Reform-konzepte wird vollständig übernommen; Elemente verschiedener Gutachten fi n-den sich wieder und werden kombiniert. Die Forderung nach einer umfassenden Tarifbelastung von 25 % für Unternehmen (inklusive Solidaritätszuschlag und Gewerbesteuer) werden nach dem geltenden Gesetz mit Gesamtsteuerbelastun-gen von bis zu 33 % (für München) weit verfehlt. Daher verwundert es nicht, dass selbst die Mitglieder des Sachverständigenrates bereits in der Anhörung zur Abgeltungsteuer die durch die Ausgestaltung der Abgeltungsteuer hervorgerufene negative Beeinfl ussung von Rechtsform- und Finanzierungsentscheidungen und damit die Wettbewerbsverzerrung kritisiert haben.7

7 Vgl. Schriftliche Stellungnahme des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) für die öffentliche Anhörung zu dem Gesetzentwurf 16/4841 und weiteren Anträgen am Montag, 07.05.2007/Anhörung zur Abgeltungsteuer

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1.2 Das Gesetzgebungsverfahren

Bereits der Koalitionsvertrag vom 11.11.2005 sah im Hinblick auf den internatio-nalen Steuerwettbewerb die Notwendigkeit einer umfassenden Unternehmensteu-erreform zum 01.01.2008 vor. Als Zielsetzungen wurden hier bereits festgelegt:

• Verbesserung von internationaler Wettbewerbsfähigkeit und Europatauglich-keit,

• weitgehende Rechtsform - und Finanzierungsneutralität , • Einschränkung von Gestaltungsmöglichkeiten,• Verbesserung der Planungssicherheit für Unternehmen und öffentliche Haus-

halte, • nachhaltige Sicherung der deutschen Steuerbasis.

Basierend auf dem Koalitionsvertrag beschloss das Kabinett am 12.07.2006 die Eckpunkte der Unternehmensteuerreform mit der Einschränkung, dass auf mittle-re Sicht ein Entlastungsrahmen von 5 Mrd. Euro pro Jahr nicht überschritten wer-den sollte. Inhaltlich sah der Kabinettsbeschluss vor, dass die Körperschaftsteuer und die Gewerbesteuer durch eine föderale und eine kommunale Unternehmen-steuer mit gemeinsamer und einheitlicher Bemessungsgrundlage ersetzt werden sollten. Die nominale Steuerbelastung von Körperschaften sollte auf knapp un-ter 30 % abgesenkt werden. Auch Personenunternehmen sollten von der Reform durch Verbesserung der Investitionsrücklagenbildung oder durch Begünstigung einbehaltener Gewinne profi tieren. Um dem Verlust von Steuersubstrat durch Fremdfi nanzierung entgegen zu wirken, sollten nach Auffassung der Koalition verschiedene Module auf ihre Wirksamkeit und Praktikabilität geprüft werden. Als ein Beispiel zur Begrenzung unerwünschter Fremdfi nanzierung wurde bereits in dem Eckpunktepapier die Zinsschranke aufgeführt. Auch die Einführung einer Abgeltungsteuer war bereits in diesem Kabinettsbeschluss vorgesehen.

Das Ergebnis einer Arbeitsgruppe unter Führung des hessischen Ministerprä-sidenten Roland Koch und des Bundesfi nanzministers Peer Steinbrück wurde am 02.11.2006 veröffentlicht. Der Plan zur Einführung einer föderalen und einer kommunalen Unternehmensteuer mit gleichzeitiger Abschaffung der Gewerbe-steuer wurde bereits hier wieder fallen gelassen.8 Alle wesentlichen Änderun-gen wie Absenkung des Körperschaftsteuersatzes auf 15 %, Einführung einer Zinsschranke, Neuregelung des Mantelkaufs, Maßnahmen gegen die Funktions-verlagerung, Absenkung der gewerbesteuerlichen Messzahl, Einführung einer Thesaurierungsrücklage für Personenunternehmen u.s.w. wurden von dieser Ar-beitsgruppe im November 2006 festgelegt.

Am 05.02.2007 mündeten diese Eckpunkte in einen ersten Referentenentwurf des Bundesfi nanzministeriums, der in nur geringfügig modifi zierter Form am 14.03.2007 vom Bundeskabinett gebilligt wurde. Die erste Lesung des Entwurfs für ein Unternehmensteuerreformgesetz9 fand im Bundestag am 30.03.2007 statt.

8 Vgl. Pressmitteilung des Bundesministeriums der Finanzen Nr. 133/20069 Vgl. BT-Drs. 16/4841

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In zwei Anhörungen des Bundestagsfi nanzausschusses hatten zahlreiche Verbän-de und Sachverständige Gelegenheit, ihre Anregungen zu dem Gesetzesentwurf vorzutragen. Auch der Bundesrat nahm zu dem Entwurf Stellung.10 Die Bundes-regierung hat am 19.05.2007 diese Beiträge kommentiert.11

Am 24.05.2007 hat der Bundestag die Unternehmensteuerreform 2008 in zwei-ter und dritter Lesung verabschiedet, wobei es aufgrund der auch in Anhörungen geäußerten Bedenken in einigen Punkten noch zu Änderungen gegenüber dem Kabinettsbeschluss kam. Der Bundesrat gab dem Gesetz am 06.07.2007 seine Zustimmung.12 Die Verkündung im Bundesgesetzblatt erfolgte am 17.08.2007.

Die umfangreiche Kritik der Verbände und der Berater hat im Gesetzgebungs-prozess nur in wenigen Fällen zu einer wesentlichen Korrektur der ursprüng-lichen Entwürfe geführt. Der Prozess war gekennzeichnet durch den Wunsch, das Gesetzesvorhaben bis zur Sommerpause zu verabschieden und die Haus-haltsvorgaben (5 Mrd. Euro – Grenze) einzuhalten. Die Bundesregierung hat in ihrem Gesetzentwurf ausdrücklich den Entwurf einer dualen Einkommensteuer des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwick-lung nicht aufgenommen, da mit einer Vielzahl von Implementierungsproblemen und Haushaltsproblemen gerechnet wurde.13

Da jedoch nach wie vor die praktischen Konsequenzen verschiedener Vor-schriften unklar sind bzw. die Auswirkungen der Unternehmensteuerreform ge-rade auf kleine und mittlere Unternehmen nur schwer abzuschätzen sind, ist der Bundesrat bei seinem Beschluss vom 06.07.2007 dem Antrag der Länder Baden-Württemberg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen14 gefolgt und hat die Bundesregierung aufgefordert, verschiedene gesetzliche Regelungen im Jahr 2009 in Hinblick auf ihre Auswirkungen zu überprüfen.

Bei der Regelung zum sogenannten Mantelkauf erwartet der Bundesrat, dass die Bundesregierung bereits im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zur För-derung von Wagniskapital die Auswirkungen der Vorschrift auf junge innovative Unternehmen überprüft. Mit Datum vom 13.08.2007 hat das BMF dem Kabinett einen Entwurf für ein Gesetz zur Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen (MoRaKG) vorgelegt. Hierin ist vorgesehen, § 8c KStG um einen Absatz 2 zu ergänzen, durch den die Verlustabzugsbegrenzung nach Ab-satz 1 nicht greifen soll, wenn eine Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaft sich für mindestens vier Jahre an einer Zielgesellschaft beteiligt. Verlustvorträge bleiben aber nur in dem Umfang erhalten, wie in dem Zielunternehmen stille Reserven enthalten sind. Sollte der Zeitplan zur Verabschiedung eines Wagniskapitalbetei-ligungsgesetzes eingehalten werden, so ist mit einer Änderung der Regelung des § 8c KStG noch vor dessen Inkrafttreten zum 01.01.2008 zu rechnen.

10 Vgl. BR-Drs. 220/0711 Vgl. BT-Drs. 16/537712 Vgl. BR-Drs. 384/0713 Vgl. Gesetzentwurf vom 27.03.2007, BT-Drs. 16/4841, 214 Vgl. BR-Drs. 384/3/07

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1.2 Das Gesetzgebungsverfahren

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1.3 Die Maßnahmen des Unternehmensteuerreformgesetzes im Überblick

1.3.1 Maßnahmen zur steuerlichen Entlastung

Das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 enthält in 14 Artikeln eine Fülle an Änderungen, die in einigen Fällen steuerliche Entlastungen, vielfach aber auch Verschärfungen und Komplikationen mit sich bringen. Das Kernanliegen der Bundesregierung bestand jedoch darin, durch Senkung der nominalen und der effektiven Steuerbelastung Deutschland im Vergleich zu den übrigen Staaten der EU für nationale und internationale Investoren wieder attraktiver zu machen. Dieses Ziel verfolgte die Bundesregierung durch Reduktion der nominalen Be-lastung von Unternehmensgewinnen auf unter 30 %. Hierzu wird der Körper-schaftsteuersatz von gegenwärtig 25 % auf 15 % verringert und die Gewerbesteu-ermesszahl wird von max. 5 % auf einheitlich 3,5 % abgesenkt. Dadurch ergibt sich für Körperschaften bei einem Hebesatz von 400 % eine nominale Gesamt-belastung von 29,83 %.

Im Gesamtpaket zur steuerlichen Tarifentlastung ist auch eine Maßnahme zur Gegenfi nanzierung enthalten. Die Abzugsfähigkeit der Gewerbesteuer als Be-triebsausgabe wird abgeschafft. Laut Regierungsbegründung erfolgt diese Ände-rung auch deshalb, um die Ermittlung der Steuerquote transparenter zu machen. Im Zusammenhang mit der Nichtabzugsfähigkeit der Gewerbesteuer steht auch die Veränderung der Anrechnungsmöglichkeiten der Gewerbesteuer auf die Ein-kommensteuer. Hier wird der Anrechnungsfaktor von 1,8 auf 3,8 erhöht, um trotz fehlender Abzugsfähigkeit der Gewerbesteuer Personenunternehmen bei einem Hebsatz von 400 % vollständig von der Gewerbesteuerschuld zu entlasten.

Laut Regierungsbegründung ist bei über 90 % der zahlreichen Personenun-ternehmen in Deutschland die Steuerbelastung niedriger als sie es nach der Neufassung des Gesetzes für Kapitalgesellschaften ist. Um personenorientierte Unternehmen mit höherer Steuerquote zu entlasten und zur Herstellung weit-gehender Rechtsformneutralität wird für Personenunternehmen die Möglichkeit einer Besteuerung nicht entnommener Gewinne mit einem ermäßigten Steuersatz in Höhe von 28,25 % (zuzüglich Solidaritätszuschlag) geschaffen. Wird dieser Gewinn später entnommen, erfolgt eine Nachbelastung in Anlehnung an die Ab-geltungsteuer für Dividenden mit 25 % (zuzüglich Solidaritätszuschlag).

Zur Verbesserung der steuerlichen Begünstigung der Investitionstätigkeit klei-ner und mittlerer Unternehmen können künftig bis zu 200.000 Euro (statt bisher 154.000 Euro) als sogenannte Investitionsabzugsbeträge gebildet werden. Ein den Gewinn mindernder Abzug der begünstigten Investition ist in Höhe von 40 % der Anschaffungs - oder Herstellungskosten von beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens zulässig.

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1.3.2 Maßnahmen zur Gegenfi nanzierung

Die wesentliche Gegenfi nanzierungsmaßnahme des Unternehmensteuerreform-gesetzes ist der Wegfall des Betriebsausgabenabzugs der Gewerbesteuer durch Einfügung des § 4 Abs. 5b EStG. Einen zweiten wesentlichen Finanzierungsbei-trag liefert die Abschaffung der degressiven AfA in § 7 Abs. 2 EStG, die von den Interessenverbänden der Wirtschaft im Hinblick auf sinkende Investitionsanreize kritisiert wurde.

Mit Abstand die heftigste Kritik und die umfangreichsten Diskussionen haben aber die Pläne der Bundesregierung zur Einführung einer Zinsschranke ausgelöst. Durch Einfügung eines § 4h in das Einkommensteuergesetz und durch völlige Neugestaltung des § 8a KStG soll in Zukunft die steuerliche Abzugsfähigkeit von Fremdfi nanzierungsaufwendungen bei Unternehmen begrenzt werden. Jenseits bestimmter Ausnahmeregelungen ist der Betriebsausgabenabzug hiernach auf 30 % des steuerlichen Gewinns vor Zinsen und Abschreibungen begrenzt.

Die haushaltspolitischen Auswirkungen von Funktionsverlagerungen in Deutschland ansässiger Unternehmen ins Ausland waren für die Bundesregierung Anlass, § 1 AStG im Hinblick auf eine weitgehende Besteuerung dieser Verlage-rungen zu ändern. Durch Konkretisierung der gesetzlichen Regelungen will man letztlich den Verrechnungspreis für die im Rahmen der Funktionsverlagerung übergegangenen immateriellen Wirtschaftsgüter einschließlich Gewinnchancen bestimmen. Ein Entwurf einer Verordnung zur Anwendung des Fremdvergleichs-grundsatzes nach § 1 Abs. 1 AStG in Fällen grenzüberschreitender Funktionsver-lagerung liegt bereits vor.

Ebenfalls heftig kritisiert werden die Änderungen zum sogenannten Mantel-kauf . § 8 Abs. 4 KStG in der bisherigen Fassung wird aufgehoben und durch ei-nen neu eingeführten § 8c KStG ersetzt. Bei Erwerb bzw. Übertragung von mehr als 50 % der Gesellschaftsanteile einer Kapitalgesellschaft innerhalb von fünf Jahren sind Verluste vollständig nicht mehr abziehbar. Betrifft die Übertragung mehr als 25 % und bis zu 50 % der Anteile, so geht das Verlustausgleichspotential anteilig verloren. Zu beachten ist hier allerdings die bereits geplante Änderung des § 8c KStG durch das MoRaKG noch vor Jahresende. Diese sieht für Wagnis-kapitalbeteiligungsgesellschaften i.S.d. § 2 Abs. 3 des Wagniskapitalbeteiligungs-gesetzes Ausnahmen von der Verlustabzugsbegrenzung vor.

Durch Anfügen eines Absatzes 10 an § 8b KStG werden steuerliche Vorteile bei der Wertpapierleihe aus der unterschiedlichen steuerlichen Behandlung von Erträgen und Veräußerungsgewinnen aus Beteiligungen verhindert.

Die Änderungen bei der Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter wurden im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses deutlich entschärft. Sah der ur-sprüngliche Entwurf vor, dass nur noch Wirtschaftsgüter mit Anschaffungs - oder Herstellungskosten von höchstens 60 Euro sofort als Betriebsausgabe abzugs-fähig wären, enthält der nun verabschiedete § 6 Abs. 2 EStG eine Größengren-ze von 150 Euro für die Sofortabschreibung. Betragen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten mehr als 150 Euro, aber nicht mehr als 1.000 Euro, ist ein Sammelposten zu bilden, der über fünf Jahre gleichmäßig gewinnmindernd auf-zulösen ist.

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1.3 Die Maßnahmen des Unternehmensteuerreformgesetzes im Überblick

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Die Änderung des § 8 Nr. 1 GewStG fasst die bisherigen Hinzurechnungstat-bestände zusammen und vereinheitlicht deren Struktur. Entgelte für Geld- und Sachkapitalüberlassung werden zukünftig einheitlich in Höhe von 25 % des Auf-wandsbetrages hinzugerechnet. Zwar ist es auch bezüglich dieser Regelung im Gesetzgebungsprozess noch zu Anpassungen gekommen. Bestimmte Branchen befürchten aber aus dieser Gesetzesänderung erhebliche Mehrbelastungen.

Da der Finanzausschuss an verschiedenen Stellen des Reformpaketes Nach-besserungen zugunsten der Steuerpfl ichtigen vorsah, lief er Gefahr, den ursprüng-lich gesetzten Finanzrahmen zu verfehlen. Daher wurde erstmals in der Be-schlussempfehlung des Finanzausschusses vom 23.05.200715 eine Änderung in § 9 Nr. 2 a, Nr. 7 und Nr. 8 GewStG vorgesehen. Danach wird die Beteiligungs-grenze für die Inanspruchnahme der gewerbesteuerlichen Kürzung für sogenann-te Schachtelbeteiligungen von 10 auf 15 % angehoben.

1.3.3 Einführung einer Abgeltungsteuer

Im Rahmen des Unternehmensteuerreformgesetzes ist auch die Reform zur Be-steuerung von Kapitaleinkünften des Privatvermögens verabschiedet worden, ob-wohl diese Reform erst zum 01.01.2009 umgesetzt wird. Mit der Einführung einer Abgeltungsteuer auf alle im Privatvermögen zufl ießenden Kapitaleinkünfte folgt die Bundesregierung ansatzweise dem Vorschlag des Sachverständigenrates zur Einführung einer dualen Einkommensteuer.

Ab 2009 sollen Zinsen, Dividenden und private Veräußerungsgewinne aus Aktien und Investmentfonds unabhängig von Haltefristen mit einem abgelten-den Steuersatz von 25 % belastet werden. Das Halbeinkünfteverfahren wird als Teileinkünfteverfahren (mit 60 %) zukünftig nur noch Dividenden im betrieb-lichen Bereich betreffen.

Die niedrigere Besteuerung der Kapitaleinkünfte wird aber nicht nur Gewinner der Reform hervorrufen. Auch wenn Steuerzahlern mit einem Grenzsteuersatz von unter 25 % eine Veranlagungsoption eingeräumt wird, werden sich etliche Steuerpfl ichtige nach Einführung der Abgeltungsteuer schlechter stellen als nach bisherigem Recht. Insbesondere bei hohen Werbungskosten, die in Zusammen-hang mit der Finanzierung der Kapitalanlagen stehen, ist eine Schlechterstellung zu erwarten, denn ein Werbungskostenabzug ist nach Einführung der Abgeltung-steuer nicht mehr vorgesehen.

Insoweit verwundert es nicht, dass die Bundesregierung ursprünglich die Steuerzahler durch die Umstellung von der synthetischen auf eine duale Ein-kommensteuer nur in Höhe von 1,3 Mrd. Euro entlasten wollte.16 Durch die Änderungen des Finanzausschusses zur Verlustverrechnung bei Veräußerungs-

15 Vgl. BT-Drs. 16/5452, 49 16 Vgl. Gesetzentwurf vom 27.03.2007, BT-Drs. 16/4841, 73

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geschäften mit Aktien ist das Entlastungsvolumen durch Einführung einer Ab-geltungsteuer weiter gesunken.

1.4 Die Steueraufkommenswirkung des Unternehmen- steuerreformgesetzes

Nachfolgend werden zunächst die Maßnahmen aufgelistet, die Steuerentlastun-gen mit sich bringen. Im Anschluss daran werden die belastenden Gesetzesän-derungen in ihren geschätzten Steuerwirkungen beziffert.

Im Wesentlichen ist das Reformpaket von sechs Entlastungsmaßnahmen ge-kennzeichnet, die fi nanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte ha-ben. Die Änderungen des § 23 Abs. 1 KStG durch Absenkung des Körperschaft-steuersatzes von 25 % auf 15 % wird eine volle Jahreswirkung von 12,5 Mrd. Euro entfalten.

Die Senkung der Steuermesszahl auf 3,5 % bringt eine Gesamtentlastung für Unternehmen von geschätzten 7,3 Mrd. Euro mit sich, die sich insbesondere bei den Gemeindefi nanzen bemerkbar machen wird. Der Wegfall des Staffeltarifs hat einen gegenläufi gen Effekt von rund 535 Mio. Euro, so dass die Änderungen in § 11 Abs. 2 GewStG insgesamt Entlastungen für Unternehmen von 6,7 Mrd. Euro bedeuten.

Die Anhebung des Anrechnungsfaktors der Gewerbesteuer bei der Einkom-mensteuer von 1,8 auf 3,8 soll sich mit 5,3 Mrd. Euro niederschlagen. Die Steu-erermäßigung für nicht entnommene Gewinne bei Personenunternehmen nach § 34a EStG wird sich nach Einschätzung der Bundesregierung mit insgesamt rund 4 Mrd. Euro auswirken. Die Entlastung durch die Neufassung des § 7g EStG mit ca. 155 Mio. Euro ist gesamthaushaltspolitisch eher gering. Schließlich soll die Einführung einer Abgeltungsteuer in Höhe von 25 % ab dem 01.01.2009 eine entlastende Jahreswirkung von ca. 870 Mio. Euro zur Folge haben.

Neben der Verbesserung der Rahmenbedingungen im internationalen Steuer-wettbewerb hatte die Bundesregierung von Anfang an auch die haushaltpoliti-schen Auswirkungen von Steuermindereinnahmen im Fokus. Die Unternehmen-steuerreform sollte jährlich nicht zu mehr als 5 Mrd. Euro Mindereinnahmen führen. »Deshalb sind im Rahmen der Unternehmensteuerreform auch gleich-zeitig fi nanzierende und substraterhaltende Maßnahmen nötig, damit die in Deutschland erwirtschafteten Gewinne auch wieder vermehrt hier versteuert werden.«17 Ergebnis sind Gesetzesänderungen, die zu Steuermehrbelastungen und damit auch zu teilweise heftiger Kritik geführt haben. Etliche der vorge-schlagenen Korrekturen an diesen Maßnahmen sind letztlich aber an der oben erwähnten 5-Mrd.-Euro-Grenze gescheitert.

17 Vgl. BT-Drs. 16/4841, 30 f.

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1.4 Die Steueraufkommenswirkung des Unternehmensteuerreformgesetzes

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Die Änderung der Abzugsfähigkeit der Gewerbesteuer als Betriebsausgabe schlägt mit einem durchschnittlichen jährlichen Mehraufkommen in Höhe von 11,4 Mrd. Euro zu Buche. Darüber hinaus ist die Abschaffung der degressiven Abschreibung mit einem geplanten jährlichen Mehraufkommen von 3,37 Mrd. Euro eine wesentliche Gegenfi nanzierungsmaßnahme.

Das kalkulierte Mehraufkommen durch die Einführung einer Zinsschranke zur Begrenzung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Fremdfi nanzierungsaufwen-dungen bei Unternehmen ist durch die im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses vorgenommenen Änderungen von ursprünglich jährlich 1 Mrd. Euro18 auf 600 Mio. Euro19 gesunken.

Die Maßnahmen zur verstärkten Besteuerung von Funktionsverlagerungen ins Ausland durch Änderungen in § 1 AStG sollen nach Planungen der Bundesregie-rung zu steuerlichen Mehreinnahmen von 1,77 Mrd. Euro führen.

Die Änderungen in Zusammenhang mit der Mantelkaufregelung (bisher § 8 Abs. 4 KStG; zukünftig § 8c KStG) tragen mit ca. 1,5 Mrd. Euro zur Finanzierung der Steuerreform bei. Wenig kommentiert wurden die Einschränkungen der Ge-staltungsmöglichkeiten im Rahmen der Wertpapierleihe. Die insbesondere kleine-re Unternehmen belastende Absenkung der Betragsgrenze zur Sofortabschreibung von geringwertigen Wirtschaftsgütern ist durch den Finanzausschuss nochmals angepasst worden. Trotzdem verspricht sich die Bundesregierung Mehreinnah-men in Höhe von 745 Mio. Euro.20

Die Veränderungen bei der Hinzurechnungsvorschrift des § 8 GewStG durch Ausdehnung der Hinzurechnung auf vielfältige Finanzierungsbestandteile von Rechtsgeschäften bei gleichzeitiger Herabsetzung des Hinzurechnungsfaktors von 50 % auf 25 % soll sich haushaltspolitisch insgesamt nicht auswirken und wird daher von der Bundesregierung als eine aufkommensneutrale Maßnahme ange-führt. Für die betroffenen Unternehmen können sich jedoch je nach Situation erhebliche gewerbesteuerliche Mehr- oder Minderbelastungen ergeben.

Eine nicht näher belegte Gegenfi nanzierungsmaßnahme fi ndet sich in der Gesetzesbegründung der Bundesregierung vom 27.03.2007. Unter der laufen-den Nummer 6 wird aufgeführt, dass mit einem »zusätzlichen Mehraufkommen durch Sicherung des nationalen Steuersubstrates« in Höhe von 3,89 Mrd. Euro gerechnet wird. Dahinter steht wohl der Gedanke des Gesetzgebers, dass durch Senkung der Steuerbelastung vermehrt Steuersubstrat im Inland verbleibt bzw. wieder Gewinne ins Inland zurückgeführt werden.

Die Anhebung der gewerbesteuerlichen Mindestbeteiligungsgrenze bei Streu-besitzdividenden von 10 % auf 15 % ist erst durch die Beschlüsse des Finanzaus-schusses im Mai in den Gesetzesentwurf eingefl ossen. Die Jahreswirkung wird mit 220 Mio. Euro Mehreinnahmen veranschlagt.

Die nachfolgende Tabelle fasst die geplanten Steuermehr- und Steuerminderein-nahmen der Gebietskörperschaften pro Jahr insgesamt im Durchschnitt zusammen.

18 Zur Berechnung des geplanten Mehraufkommens vgl. Gesetzentwurf vom 27.03.2007, BT-Drs. 16/4841, 42 f. lfd. Nr. 12 und 13

19 Vgl. Bericht des Finanzausschusses vom 24.05.2007, BT-Drs. 16/5491, 6520 Vgl. BT-Drs. 16/4841, 44 und BT-Drs. 16/5491, 65

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Maßnahme durchschnittliche Steuermehr-/min-dereinnahmen pro Jahr in Mio. Euro

Senkung des Körperschaftsteuersatzes von 25 % auf 15 % (1. § 23 Abs. 1 KStG)

./. 12.555

Senkung der Steuermesszahl auf 3,5 % bei gleichzeitigem Wegfall des 2. Staffeltarifs (§ 11 Abs. 2 GewStG)

./. 6.750

Anhebung des Anrechnungsfaktors der Gewerbesteuer bei der 3. Einkommensteuer von 1,8 auf 3,8 (§ 35 Abs. 1 EStG)

./. 5.265

Steuerermäßigung für nicht entnommene Gewinne bei 4. Personenunternehmen (§ 34 a EStG)

./. 4.045

Neufassung des 5. § 7g EStG ./. 155

Einführung einer Abgeltungsteuer (6. §§ 20, 32 d, 43a EStG) ab 2009 ./. 870

Änderungen bei den Hinzurechnungsvorschriften (7. § 8 GewStG) ./. 40

Summe Entlastungsmaßnahmen ./. 29.680

Wegfall des Betriebsausgabenabzugs der Gewerbesteuer (8. § 4 Abs. 5b EStG)

+11.445

Abschaffung der degressiven Abschreibung (9. § 7 Abs. 2 EStG) +3.365

Einführung einer Zinsschranke (10. §§ 4h EStG, 8a KStG) +600

Besteuerung von Funktionsverlagerungen (11. § 1 AStG) +1.770

Änderungen der Verlustausgleichsmöglichkeiten bei Übertragung von 12. Kapitalgesellschaftsanteilen (§§ 8 Abs. 4, 8c KStG)

+1.475

Einschränkungen im Zusammenhang mit der Wertpapierleihe (13. § 8b Abs. 10 KStG)

+1.180

Modifi zierung der Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter14. +745

»Zusätzliches Mehraufkommen durch Sicherung des nationalen 15. Steuersubstrates«

+3.890

Anhebung der gewerbesteuerlichen Mindestbeteiligungsgrenze bei 16. Streubesitz (§ 9 GewStG)

+220

Summe Gegenfi nanzierungsmaßnahmen +24.690

Gesamte Steuermindereinnahmen jährlich im Durchschnitt ./. 4.990

Tabelle: Finanzielle Auswirkungen des Unternehmensteuerreformgesetzes für die öffentlichen Haushalte

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1.4 Die Steueraufkommenswirkung des Unternehmensteuerreformgesetzes

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1.5 Resümee: Steuersenkungen und Komplikationen im Doppelpack

Die Unternehmensteuerreform 2008 muss sich in erster Linie an den selbst ge-steckten Zielen messen lassen. Im Hinblick auf die internationale Standortattrak-tivität wird mit den Tarifsenkungen für Unternehmensgewinne und der damit einhergehenden Verringerung der effektiven Steuerbelastung ein Schritt in die richtige Richtung eingeschlagen. Vermutlich fallen die Tarifentlastungen ver-glichen mit den Verhältnissen in zahlreichen Nachbarstaaten aber zu gering aus, um deutliche Wachstumsimpulse zu setzen und damit signifi kante Steuermehr-einnahmen zu bescheren.

Positiv erscheint, dass die Steuerreform die Rechtsformneutralität verbessert, indem durch die neue Thesaurierungsrücklage einbehaltene und ausgeschüttete Gewinne von Personenunternehmen und Kapitalgesellschaften einer weitgehend einheitlichen Belastung unterliegen. Allerdings bleibt für Unternehmen mit ge-ringen Gewinnen die Personengesellschaft vor und nach der Steuerreform die günstigere Rechtsform. Durch die verbesserte Anrechnungsmöglichkeit der Ge-werbesteuer nimmt für diese Fälle die Vorteilhaftigkeit der Personengesellschaft sogar zu.

Mutet die Reform auf den ersten Blick also recht verheißungsvoll an, so droht der Riesenschritt vorwärts bei einem Blick auf die Gegenfi nanzierung doch mit einigen Rückwärtsschritten behaftet zu sein. Die Gegenfi nanzierungen sind hoch-kompliziert, streitanfällig, führen zu hohem Bürokratieaufwand und verschrecken teilweise ausländische Investoren. Zwar besteht grundsätzliche Einigkeit über die Sinnhaftigkeit einer Verbreiterung der Steuerbemessungsgrundlage. Allerdings ist – um eine wesentliche Maßnahme bei den Gegenfi nanzierungen herauszupicken – die Zinsschranke nicht nur hochkomplex und benachteiligt junge Unternehmen oder Unternehmen mit schwankenden Ergebnissen, sie verstößt darüber hinaus gegen das Nettoprinzip und führt zu Konfl ikten mit dem EU-Recht21. Letzteres ist auch in Bezug auf die Maßnahmen gegen Funktionsverlagerungen absehbar, die darüber hinaus als international nicht abgestimmter Alleingang Gefahren der Doppelbesteuerung und weitere Bürokratiekosten für die Unternehmen mit sich bringen. Verbesserungsbedürftig erscheinen u.a. auch die Regelungen zum Mantelkauf, die viele sinnvolle Unternehmensübertragungen (z.B. Nachfolge, Sa-nierung) behindern oder gar verhindern werden.

Bei einem Gesamtresümee ergibt sich ein zwiespältiges Bild. Einerseits hat die Senkung der Unternehmensteuern eindeutig eine positive Signalwirkung. Andererseits fehlt der Mut zu einer wirklich durchgreifenden Reform. Dem Ge-setz fehlt ein steuerpolitisches Leitbild. Zwar wurde eine Entscheidung gegen die synthetische zugunsten einer dualen Einkommensteuer getroffen, diese aber mit drei unterschiedlichen Steuersätzen (Einkommensteuer, Unternehmensteuern, Abgeltungsteuer) unvollständig umgesetzt. Dadurch kommt es zu Verwerfungen im Hinblick auf die Rechtsform - und Finanzierungsneutralität der Besteuerung.

21 Vgl. stellvertretend Führich, IStR 2007, 341 – 345, Hey, BB 2007, 1303 – 1309

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Diese Verzerrungen ließen sich nach dem Vorbild der vom Sachverständigenrat/MPI/ZEW22 vorgeschlagenen Dualen Einkommensteuer deutlich verringern, in-dem der Satz der Abgeltungsteuer mit dem Steuersatz auf Unternehmensgewin-ne übereinstimmt (dann Belastungsgleichheit zwischen Selbstfi nanzierung und Fremdfi nanzierung)23 und Ausschüttungen (sowie Gewinne aus Anteilsverkäu-fen) zumindest durch eine partielle Befreiung von der Abgeltungsteuer deutlich entlastet würden (dann auch annähernde Belastungsgleichheit bei der Beteili-gungsfi nanzierung ).

Fraglos stehen Unternehmen und ihre Berater vor großen Herausforderungen, die Weichen für 2008 rechtzeitig neu zu stellen. Einfacher wird es unter den genannten Rahmenbedingungen im deutschen Steuerrecht sicherlich nicht. Die unternehmerischen Reaktionsnotwendigkeiten sind vielfältig und sollten u.a. die Rechtsformwahl, Finanzierungsstrukturen, Ausschüttungsverhalten, die Gestal-tung von Verrechnungspreisen und die Bilanzpolitik betreffen. In Spezialsitua-tionen (z.B. Anteilsübertragungen an Verlustgesellschaften) sind gegebenenfalls noch Maßnahmen in 2007 zu ergreifen, um teure Überraschungen zu vermeiden. Die Unternehmensteuerreform 2008 wird die bisherigen Spielregeln für fast alle Unternehmen gravierend verändern – insoweit ist spätestens bis Jahresende ein steuerlicher check-up unerlässlich.

22 Vgl. Sachverständigenrat/MPI/ZEW, a.a.O.23 Aus Gründen der Akzeptanz einer Abgeltungsteuer und der Stärkung der steuerlichen Standortat-

traktivität sollte eine Anpassung der Unternehmensteuersätze an den Satz der Abgeltungsteuer (25 %) und nicht eine Anpassung des Satzes der Abgeltungsteuer an den Satz der Unterneh-mensteuer (30 % und mehr) erfolgen.

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1.5 Resümee: Steuersenkungen und Komplikationen im Doppelpack

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2 Senkung der tarifl ichen Ertragsbesteuerung

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2.1 Die Einzelmaßnahmen

2.1.1 Reduzierung des Körperschaftsteuersatzes

Zur Verbesserung der Standortattraktivität Deutschlands ist Hauptziel der Un-ternehmensteuerreform die Verringerung der nominalen Steuerbelastung von Kapitalgesellschaften. Die Tarifentlastung setzt sich aus Maßnahmen im Kör-perschaftsteuer- und im Gewerbesteuerrecht zusammen. Herzstück der Unter-nehmensteuerreform 2008 ist zweifelsohne die Senkung des Körperschaftsteu-ersatzes von 25 % auf 15 % (§ 23 Abs. 1 KStG). Von der Tarifreduktion um 10 Prozentpunkte verspricht sich die Bundesregierung eine Signalwirkung sowohl für in- als auch für ausländische Investoren.

Die Entwicklung des Körperschaftsteuertarifs seit 1977 stellt die folgende Ta-belle dar.1

Veranlagungszeitraum Steuersatz

1977 – 1989 56 %/36 %¹

1990 – 1993² 50 %/36 %¹

1994 – 1998 45 %/30 %¹

1999 – 2000 40 %/30 %¹

2001 – 2002 25 %

2003 26,5 %³

2004 – 2007 25 %

ab 2008 15 %

¹) Bis VZ 2000 gespaltener Steuersatz für thesaurierte und ausgeschüttete Gewinne²) Durch das Solidaritätszuschlagsgesetz vom 23.06.1993 (BStBl I, 523) wird der

Solidaritätszuschlag als Ergänzungsabgabe zur Einkommen- und Körperschaftsteuer erhoben. Zunächst 7,5 %, seit VZ 1998 5,5 % der festgesetzten Steuer.

³) Einmalige Anhebung des Tarifs um 1,5 Prozentpunkte durch das Flutopfersolidaritätsgesetz, BGBI I 2002, 3651

Tabelle: Entwicklung des Körperschaftsteuersatzes für unbeschränkt steuerpfl ichtige Körperschaften

Nach § 34 Abs. 11a KStG ist der reduzierte Tarif nach § 23 KStG erstmals für den Veranlagungszeitraum 2008 anzuwenden. Bei kalendergleichem Wirtschaftsjahr ist die Neuregelung also erstmals für Gewinne des Jahres 2008 anzuwenden.

1 Vgl. zur Entwicklung des Körperschaftsteuersatzes Wiesmann in: Erle/Sauter: Körperschaftsteuer-gesetz, zu § 23, Rz. 1-13

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2 Senkung der tarifl ichen Ertragsteuerbelastung

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Körperschaftsteuerpfl ichtige mit einem Wirtschaftsjahr, das von dem Kalender-jahr abweicht, kommen bereits für Gewinne des Wirtschaftsjahres 2007/2008 in den Genuss des reduzierten Körperschaftsteuersatzes.

2.1.2 Reduzierung der Messzahl für die Berechnung der Gewerbesteuer

Die gesetzlichen Maßnahmen, die die Gewerbesteuer betreffen, sind weniger eindeutig den Entlastungs- oder Belastungsregelungen zuzuordnen als die Sen-kung des Körperschaftsteuersatzes. Zwar ist die Absenkung der Gewerbesteu-ermesszahl von 5 % auf 3,5 % als steuerliche Entlastungsmaßnahme zu sehen. Gleichzeitig wird aber nach § 11 Abs. 2 GewStG in der Fassung des Unterneh-mensteuerreformgesetzes der derzeit geltende Staffeltarif für Einzelunternehmen und Personengesellschaften, der insbesondere kleine und mittlere Unternehmen begünstigte, abgeschafft. Insoweit sind entlastende und belastende Maßnahmen zusammen zu betrachten.

Für Personenunternehmen mit niedrigen Gewinnen ergibt sich aus der Ab-schaffung des Staffeltarifs künftig eine höhere Gewerbesteuerbelastung.

Hebesatz 240 % 400 % 490 %

Erhebungs-zeitraum

2007 2008 2007 2008 2007 2008

Gewinn vor Steuern

100.000 100.000 100.000 100.000 100.000 100.000

GewSt 5.508 6.342 8.580 10.570 10.119 12.948

Tabelle: Gewerbesteuerbelastung bei Personenunternehmen mit niedrigem Gewinn

Für Unternehmen mit hohen Vorsteuergewinnen überwiegt die entlastende Wir-kung der Reduzierung der Steuermesszahl.2

Hebesatz 240 % 400 % 490 %

Erhebungs-zeitraum

2007 2008 2007 2008 2007 2008

Gewinn vor Steuern

1.000.000 1.000.000 1.000.000 1.000.000 1.000.000 1.000.000

GewSt 101.940 81.942 158.580 136.570 187.229 167.298

Tabelle: Gewerbesteuerbelastung bei Personenunternehmen mit hohem Gewinn

2 Vgl. zu den Auswirkungen der geplanten Änderung im Gewerbesteuerrecht Bergmann/Markl/Althof, DStR 2007, 693, 694 f.

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2.1 Die Einzelmaßnahmen

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Bei einem angenommenen Hebesatz von 400 % beträgt die Tarifbelastung der Gewerbesteuer zukünftig 14 %. Die Belastung mit Gewerbesteuer ergibt sich durch einfache Multiplikation der Gewerbesteuermesszahl mit dem Hebesatz (3,5 % × 400 % = 14 %). Nach bisher geltender Rechtslage führte ein Hebe-satz von 400 % unter Berücksichtigung der Abzugsfähigkeit der Gewerbesteuer zu einer Tarifbelastung von 16,67 %. Durch die Insichabzugsfähigkeit der Ge-werbesteuer war die Tarifbelastung nur durch folgende Formel zu ermitteln: He-besatz / (2.000 + Hebesatz).

Nach § 36 Abs. 9a GewStG ist die Neufassung des § 11 Abs. 2 GewStG erst-mals für den Erhebungszeitraum 2008 anzuwenden. Erhebungszeitraum ist das Kalenderjahr. Verfügt der Steuerpfl ichtige über ein vom Kalenderjahr abwei-chendes Geschäftsjahr, so gilt der Gewerbeertrag als in dem Erhebungszeitraum bezogen, in dem das Wirtschaftsjahr endet.

2.1.3 Wegfall der Abzugsfähigkeit der Gewerbesteuer als Betriebsausgabe

Die Gewerbesteuer trägt bislang die Besonderheit, dass sie als Betriebsausga-be abzugsfähig ist. Damit reduziert sie nicht nur die einkommen- bzw. körper-schaftsteuerliche Bemessungsgrundlage , sondern ist auch von ihrer eigenen Be-messungsgrundlage abzugsfähig. Die dadurch entstehende Schleifenrechnung ist nicht nur ausländischen Investoren schwer zu vermitteln.

Auch wenn der Gesetzgeber der seit vielen Jahren geforderten endgültigen Abschaffung der Gewerbesteuer erneut nicht näher gekommen ist, so hat er doch die Unternehmensteuerreform genutzt, die Intransparenz des Zusammenwirkens der unterschiedlichen Steuern aufzulösen. Zukünftig sind nach dem neu einge-fügten § 4 Abs. 5b EStG die Gewerbesteuer und die darauf entfallenden Neben-leistungen (Säumniszuschläge , Verspätungszuschläge , Zinsen und Zwangsgelder ) nicht mehr als Betriebsausgabe abziehbar. Damit stellt diese Änderung vom Volu-men her die wesentlichste Gegenfi nanzierungsmaßnahme des gesamten Reform-pakets mit angenommenen 11,4 Mrd. Euro Mehraufkommen dar.

Die Auswirkungen dieser Gegenfi nanzierungsmaßnahme bei der Berechnung der Gesamtsteuerquote eines Unternehmens soll das auf der Folgeseite stehen-de Beispiel anhand einer vereinfachten Steuerberechnung für eine Kapitalgesell-schaft verdeutlichen, bei dem die Senkung der tarifl ichen Gesamtsteuerbelastung 8,82 Prozentpunkte beträgt.

Unternehmen werden zukünftig wie bei der Körperschaftsteuer auch für die Gewerbesteuer darauf achten müssen, dass ihre Gewerbesteuerschuld innerhalb der 15-Monatsfrist des § 233a Abs. 2 AO entrichtet wird.3 Die gesetzlich vorge-sehene Verzinsung mit 6 % p.a. nach § 238 AO ist verglichen mit Alternativfi -nanzierungen mit Marktverzinsungen nicht attraktiv.

3 Vgl. Bergemann/Markl/Althof, a.a.O., 693

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2 Senkung der tarifl ichen Ertragsteuerbelastung

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Veranlagungszeitraum 2007 2008

Gewinn vor Steuern 100,00 100,00

Gewerbesteuer (Hebesatz 400 %) 16,67 14,00

Gewinn nach GewSt 83,33 86,00

Bemessungsgrundlage der KSt 83,33 100,00

Körperschaftsteuer (25 %/15 %) 20,83 15,00

Solidaritätszuschlag (5,5 % v. KSt) 1,15 0,83

Gewinn nach Steuern 61,35 70,17

Gesamtsteuerquote 38,65 % 29,83 %

Nach § 52 Abs. 12 EStG gilt § 4 Abs. 5b EStG erstmals für Gewerbesteuer, die für Erhebungszeiträume festgesetzt wird, die nach dem 31. Dezember 2007 enden. Bei Unternehmen mit einem Wirtschaftsjahr, das dem Kalenderjahr entspricht, kann somit die Gewerbesteuer erstmals in 2008 nicht mehr als Betriebsausgabe abgezogen werden. Bei abweichendem Wirtschaftsjahr wird die Gewerbesteuer für das Wirtschaftsjahr 2007/2008 nicht mehr die Bemessungsgrundlage min-dern können.

2.1.4 Erhöhung des Faktors zur Gewerbesteueranrechnung auf die Einkommensteuer

Die Einkommensteuerermäßigung nach § 35 EStG soll gewerbetreibende Ein-zelunternehmer und Personengesellschaftsbeteiligte von der Gewerbesteuer ent-lasten. Nach bisheriger Regelung führte die Steuerermäßigung bei einem Spit-zensteuersatz von 42 % und einen Gewerbesteuerhebesatz von 341 % zu einer vollständigen Entlastung von der Gewerbesteuer.

Als Kompensation für den Wegfall der Abzugsfähigkeit der Gewerbesteuer als Betriebsausgabe wird durch die Unternehmensteuerreform für Einzel- und Personenunternehmer dieser Anrechnungsfaktor nach § 35 Abs. 1 EStG von 1,8 auf 3,8 erhöht. Somit können diese Steuerpfl ichtigen zukünftig das 3,8-fache des jeweils für den dem Veranlagungszeitraum entsprechenden Erhebungszeit-raum festgesetzten (anteiligen) Steuermessbetrag auf die eigene Einkommensteu-erschuld anrechnen. Bei Hebesätzen bis 380 % wird die Gewerbesteuerbelastung durch Anrechnung auf die Einkommensteuer vollständig kompensiert.4 Unter

4 Vgl. zu den Berechnungen Förster, DB 2007, 760 f.

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2.1 Die Einzelmaßnahmen

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Berücksichtigung der Einkommensteuer- und der Solidaritätszuschlagsminderung führt § 35 EStG bei Hebesätzen bis 400 % zu einer vollen Kompensation der effektiven Gewerbesteuerbelastung.5 Auch die Bundesregierung geht von einer vollständigen Entlastung von der Gewerbesteuer bei einem Spitzensteuersatz von 45 % und einem Hebesatz von 400 % aus.6 Unternehmer in Gemeinden mit einem Hebesatz über 400 % können die tatsächlich gezahlte Gewerbesteuer nicht in vollem Umfang anrechnen.7 Bei einem Hebesatz von 490 % ergibt sich eine Grenzmehrbelastung von gewerbesteuerpfl ichtigen Einkünften um etwa 3,15 % im Vergleich zu nicht gewerblichen Einkünften.8

Hebesatz 240 % 400 % 490 %

Veranlagungs-zeitraum

2007 2008 2007 2008 2007 2008

Gewinn vor Steuern

100.000 100.000 100.000 100.000 100.000 100.000

GewSt 5.508 6.342 8.580 10.570 10.119 12.948

ESt-Ermäßi-gungsbetrag nach § 35 EStG

4.131 6.342 3.861 10.042 3.717 10.042

Tabelle: Gewerbesteueranrechnungsbeträge in Abhängigkeit vom Hebesatz

Die Berechnung zeigt, dass bei einem Hebesatz von 490 % und einem angenom-menen Gewinn vor Steuern von 100.000 Euro die Gewerbesteuerbelastung den Einkommensteuerermäßigungsbetrag um 2.906 Euro übersteigt. Eine vollstän-dige Entlastung von der Gewerbesteuer wird also bei hohen Hebesätzen nicht erreicht.

Nach § 35 Abs. 1 Satz 2 EStG ist der Abzug des Steuerermäßigungsbetrags auf die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer beschränkt. Diese Deckelung der Gewerbesteueranrechung führt bei Unternehmen in Gemeinden mit einem nied-rigen Gewerbesteuerhebesatz zu einer Verschlechterung im Vergleich zur bishe-rigen Rechtslage, die Überentlastungen zuließ.

Gelang die Kompensation der Gewerbesteuerbelastung für Personenunterneh-men bislang durch zwei Faktoren, die Abzugsfähigkeit der Gewerbesteuer als Be-triebsausgabe und die Anrechnung nach § 35 EStG, wird zukünftig die Entlastung allein durch die Gewerbesteueranrechnung gewährleistet. Damit nimmt die Be-deutung von Anrechnungsüberhängen zu, bei denen die Steuerermäßigung nicht

5 Herzig/Lochmann sprechen bei ihren Berechnungen von dem »neutralen Hebesatz« von 400 %; vgl. Herzig/Lochmann, DB 2007, 1037, 1039

6 Vgl. Begründung zu § 35 EStG nach dem Gesetzentwurf vom 27.03.2007, a.a.O., 657 Vgl. die Berechnungen von Bergemann/Markl/Althof, a.a.O., 694 ff.8 Vgl. Herzig/Lochmann, a.a.O., 1039

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2 Senkung der tarifl ichen Ertragsteuerbelastung

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ausreicht, um die Gewerbesteuerbelastung zu kompensieren. Gründe für das Entstehen von Anrechnungsüberhängen sind insbesondere die Abweichungen in den Bemessungsgrundlagen der jeweiligen Steuerarten und der horizontale und der vertikale Verlustausgleich.

Zu der Frage, wie Verluste aus nicht gewerblichen Einkünften mit den ge-werblichen Einkünften nach § 35 EStG und anderen positiven Einkünften zu verrechnen sind, hat sich jüngst das BMF geäußert.9 Danach sollen Verluste an-teilig alle positiven Einkünfte mindern. Diese Auffassung steht im Widerspruch zu der noch im September 2006 vertretenen Auffassung des BFH. Im Urteil vom 27.09.2006 hat der BFH zwar den vertikalen Verlustausgleich in Zusammenhang mit der Ermittlung des Anrechnungspotenzials nach § 35 EStG grundsätzlich be-jaht, sieht es aber nach Sinn und Zweck der Steuerermäßigung als geboten an, die negativen Einkünfte vorrangig mit nicht begünstigten Einkünften gem. § 35 EStG zu verrechnen.10

2.2 Auswirkungen auf die Steuerbelastung

Aufgrund der oben dargestellten Änderungen bei Körperschaft- und Gewerbe-steuer ergeben sich künftig für Kapitalgesellschaften in Abhängigkeit vom Ge-werbesteuerhebesatz Tarifbelastungen von 22,825 % (bei einem Mindesthebe-satz von 200 %) bis 32,975 % (maximaler Hebesatz von 490 % in München). Bei einem Hebesatz von 400 % ergibt sich die von der Regierung immer wieder aufgeführte Belastung von 29,83 %. Stellt man auf den landesdurchschnittlichen Hebesatz i.H.v. 433 % ab, wie er in Gemeinden mit mehr als 50.000 Einwohnern vorherrscht, ergibt sich künftig eine Reduktion der Tarifbelastung von 39,47 % auf 30,99 % in Deutschland.

Ob die Entlastungen tatsächlich in dieser Größenordnung ausfallen, hängt auch vom Verhalten der Gemeinden ab. Durch die Senkung der Gewerbesteu-ermesszahl ergeben sich bei konstantem Hebesatz nominal geringere Gewerbe-steuereinnahmen. Wenn Gemeinden dies durch eine Erhöhung der Hebesätze auffangen, fällt die Minderung der Tarifbelastung spürbar geringer aus. Um die Gewerbesteuereinnahmen konstant zu halten, müsste der Hebesatz von 400 % (433 %) auf 476 % (508 %) steigen, womit sich die Tarifbelastung nur auf 32,5 % (33,6 %) verringert. Allerdings fi ndet auch eine Verbreiterung der gewerbesteu-erlichen Bemessungsgrundlage statt, die in die Kalkulationen einzubeziehen wä-re.

9 Vgl. BMF vom 12.01.2007, DB 2007, 252 – 25410 Vgl. BFH vom 27.09.2006, DB 2007, 499 – 501

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2.2 Auswirkungen auf die Steuerbelastung

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GewSt-Hebesatz2007

(400 %)2008

(400 %)2008

(476 %)2007

(433 %)2008

(433 %)2008

(508 %)

Gewinn vor GewSt 100,00 100,00 100,00 100,00 100,00 100,00

./. GewSt 16,67 14,00 16,67 17,78 15,16 17,78

= Gewinn vor KSt 83,33 100,00 100,00 82,23 100,00 100,00

./. KSt 20,83 15,00 15,00 20,56 15,00 15,00

./. Soli 1,15 0,83 0,83 1,13 0,83 0,83

= Gewinn nach Steuern 61,35 70,17 67,50 60,53 69,01 66,39

Steuerbelastung 38,65 29,83 32,50 39,47 30,99 33,61

Tabelle: Tarifbelastung von Kapitalgesellschaften in Abhängigkeit vom Hebesatz der Gewerbesteuer

Mit der Reform wird tendenziell das Gewicht der Steuerbelastung von der Körperschaftsteuer auf die Gewerbesteuer verschoben. Sie wird zur dominie-renden Unternehmensteuer.11 Ihr Anteil an der gesamten Tarifbelastung erhöht sich bei einem Hebesatz von 400 % von 43,13 % (= 16,67/38,65) auf 46,93 % (= 14/29,83). Bei einem Hebesatz von 490 % beträgt der Anteil der Gewer-besteuer an der Gesamttarifbelastung 52 %. Dadurch gewinnt einerseits die Standortwahl innerhalb Deutschlands und damit einhergehend der Wettbewerb zwischen den Kommunen um das Gewerbesteuer-Substrat an Bedeutung. An-dererseits sind bei einem angestrebten Umbau der Gewerbesteuer noch stärkere politische Widerstände zu erwarten.

Grundsätzlich anders stellt sich die Situation bei Personenunternehmen dar, wo die Gewerbesteuer durch Ausweitung der pauschalisierten Anrechnung an Bedeutung verliert. Insoweit bleibt die Einkommensteuer die klar dominante Steuer, wobei gewerbliche Einkünfte (für Einkommen ab 250.000 Euro) ab 2008 der um 3 Prozentpunkte angehobenen Reichensteuer von 45 % unterliegen. Bei unterstelltem Spitzensteuersatz und einem Gewerbesteuerhebesatz von 400 % erhöht sich somit die Steuerbelastung von 45,68 % auf 47,44 %.

2007 2008

Gewinn 100,00 Gewinn 100,00

./. GewSt (400 %) 16,67 ./. GewSt (400 %) 14,00

= Gewinn n. GewSt 83,33 = Gewinn n. GewSt 86,00

./. ESt (42 %) 35,00 ./. ESt (45 %) 45,00

+ GewSt-Anr. (180 %) 7,50 + GewSt-Anr. (380 %) 13,30

./. Solz 1,51 ./. Solz 1,74

= Gewinn n. Steuern 54,31 = Gewinn n. Steuern 52,56

Steuerbelastung: 45,68 Steuerbelastung: 47,44

Tabelle: Tarifbelastung von Personenunternehmen

11 Vgl. Herzig, DB 2007, 1541 – 1543

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2 Senkung der tarifl ichen Ertragsteuerbelastung

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Endres/Freiling

Allerdings wird Personenunternehmen ein Wahlrecht eingeräumt, nicht entnom-mene Gewinne in eine Thesaurierungsrücklage einzustellen anstatt sie dem pro-gressiven Einkommensteuertarif zu unterwerfen. In die Thesaurierungsrücklage eingestellte Gewinne unterliegen einem besonderen Einkommensteuersatz von 28,25 % zzgl. Solz. Die Tarifbelastung beläuft sich also auf 29,80 %. Entnah-men aus der Thesaurierungsrücklage sind künftig mit einem an den Satz der Abgeltungsteuer angelehnten Einkommensteuersatz i.H.v. 25 % zzgl. Solz (insg. 26,375 %) nachzuversteuern.12

Vergleicht man die Steuerbelastung bei thesaurierenden Kapitalgesellschaften bzw. bei Personengesellschaften mit Inanspruchnahme der Thesaurierungsrück-lage von etwa 30 % mit den Tarifbelastungen in den anderen 27 EU Staaten, so hat sich Deutschland vom letzten Rang im Jahr 2006 um fünf Plätze auf Rang 22 für das Jahr 2008 vorgearbeitet.

Abbildung: Tarifl iche Steuerbelastung von Kapitalgesellschaften in der EU

Zur Abschätzung der Konsequenzen der Unternehmensteuerreform auf die effek-tive Steuerbelastung haben das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung und die Universität Mannheim Vergleichsrechnungen für zwölf Länder erstellt.13 Dabei rückt Deutschland vom derzeit vorletzten Platz (vor Frankreich) um zwei Positionen auf den neunten Rang vor. Damit rangiert Deutschland nunmehr vor Italien und Österreich und nähert sich Großbritannien an.

12 Zur Frage der Vorteilhaftigkeit der Beanspruchung der Thesaurierungsrücklage vgl. Kapitel 3.13 Vgl. die Darstellung bei Endres/Spengel/Reister, WPg 2007, 481 f.

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0

5

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15

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BG CY IR LV LT RO HU SK PL EE SL CZ AT GR NL FI PO SE DK LU UK DE

(2008)

BE FR MT IT ES DE

(2006)

Durchschnitt Neu -EU

Durchschnitt Alt -EU

2.2 Auswirkungen auf die Steuerbelastung

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Endres/Freiling

Unternehmensebene (Verarbeitendes Gewerbe)

Effektive Steuerbelastung über 10 Perioden (Mio. Euro)

Sitz des Unternehmens Steuerbelastung Rang 2007 Rang 2008

Irland 2006 14,2 1 1

Polen 2006 20,5 2 2

Slowakische Republik 2006 20,8 3 3

Niederlande 2006/07 26,9 4 4

Finnland 2006 27,4 5 5

Schweden 2006 28,8 6 6

Ungarn 2006 29,3 7 7

Großbritannien 2006 32,8 8 8

Deutschland 2008 32,9 . 9

Österreich 2006 35,7 9 10

Italien 2006 39,4 10 11

Deutschland 2007 41,5 11 .

Frankreich 2006 53,1 12 12

Durchschnitt ohne Deutschland 29,9

Tabelle: Effektive Steuerbelastungen auf Unternehmensebene (Kapitalgesellschaft, 10 Perioden)

Allerdings liegt die effektive Steuerbelastung weiterhin um ca. 10 % über dem Durchschnittswert der elf Vergleichsländer. Etwas besser gestaltet sich die Situati-on, zieht man Ausschüttungen an die Gesellschafter mit in die Betrachtung ein.14 Allerdings liegt auch insoweit die effektive Steuerbelastung weiterhin knapp 4 % über dem Durchschnittswert der elf Vergleichsländer. Von einer wirklich spür-baren Verbesserung der steuerlichen Rahmenbedingungen in Deutschland kann also kaum gesprochen werden, auch wenn die Unternehmensteuerreform die Signale in die richtige Richtung gesetzt hat. Um im harten internationalen Steu-erwettbewerb ernsthafter Konkurrent zu sein, fallen die Tarifentlastungen zu gering aus.

14 Vgl. Endres/Spengel/Reister, a.a.O., 480 f.

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2 Senkung der tarifl ichen Ertragsteuerbelastung

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2.3 Konsequenzen für die Steuerplanung

Die Unternehmensteuerreform verändert die steuerlichen Rahmenbedingungen in vielerlei Hinsicht. Darauf müssen sich Unternehmen und ihre Berater einstel-len. Nachfolgend werden einige grundlegende Gestaltungsüberlegungen ange-sprochen, die sich aus der Senkung der Unternehmensteuerbelastung ergeben.

Bei einer Steuerreform, die mit Steuersatzsenkungen einhergeht, empfi eh-lt sich immer die Verlagerung von Einnahmen in die steuergünstigere Zukunft beziehungsweise das Vorziehen von Aufwendungen /Ausgaben in das bisherige Besteuerungsregime. Dies gilt für alle Körperschaftsteuerpfl ichtige (Steuersatzre-duktion auf 15 %). Hier ist an das Vorziehen von Investitionen noch in 2007 zu denken. Bei kalendergleichem Wirtschaftsjahr können Investitionen in gering-wertige Wirtschaftsgüter mit Anschaffungs- oder Herstellungskosten bis zu 410 Euro noch in 2007 in voller Höhe als Betriebsausgaben abgesetzt werden. Bei Anschaffung oder Herstellung eines beweglichen Wirtschaftsgutes des Anlage-vermögens noch in 2007 ist die degressive Abschreibung möglich.

Bei höheren Gewinnen gegen Ende des Kalenderjahres 2007 kann ggf. über eine Änderung des Wirtschaftsjahres nachgedacht werden, um insoweit von den Tarifsenkungen zu profi tieren.15 Allerdings greifen dann auch verschiedene Ge-genfi nanzierungsmaßnahmen früher.

Die mit der Senkung des Körperschaftsteuersatzes einhergehende Verstärkung des relativen Gewichts der Gewerbesteuer macht für Kapitalgesellschaften die Verlagerung von Steuersubstrat in Kommunen mit einem niedrigen Gewerbesteu-erhebesatz noch attraktiver. Insoweit kann die Steuerbelastung im Maximalfall um ein Drittel reduziert werden.16

Die Steuerreform verbessert auf den ersten Blick die Rechtsformneutralität , wenn man die Belastung von Kapitalgesellschaften mit der Belastung von Per-sonenunternehmen bei Inanspruchnahme der Thesaurierungsrücklage vergleicht. Im Detail fallen die Belastungsänderungen aber in Abhängigkeit von Einkommen-steuersatz, Gewerbesteuerhebesatz, Finanzierungsverhalten und vieler anderer Faktoren ganz unterschiedlich aus, so dass weder Rechtsform- noch Finanzie-rungsneutralität besteht. Insoweit müssen auch Rechtsformwahl und Finanzie-rungsverhalten neu auf den Prüfstand.

Mit der Reduktion der Steuerbelastung in Deutschland und der diesbezüg-lichen Verbesserung im internationalen Steuerranking stellt sich die Frage, ob inländische Unternehmen den Trend zu steuerlich induzierten Auslandsinve-stitionen aufgeben bzw. Steuerausländer vermehrt in Deutschland investieren. Auch im Rahmen der Verrechnungspreispolitik können die Verschiebungen im Tarifgefälle Überlegungen im Hinblick auf eine Neuallokation von Funktionen, Chancen und Risiken hervorrufen. Insgesamt dürfte die Belastungsreduktion aber zu bescheiden ausfallen, um hier nachhaltige Neugestaltungen zu rechtfertigen.

15 Nach § 4a Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG ist insoweit aber Einvernehmen mit dem Finanzamt zu er-zielen.

16 Vgl. Herzig, a.a.O., 1543

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2.3 Konsequenzen für die Steuerplanung

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Endres/Freiling

Aus der Sicht multinationaler Investoren gewinnt der Standort Deutschland zwar an Attraktivität und die Anreize, Gewinne etwa über Finanzierungsgestaltungen ins Ausland zu verlagern, nehmen ab. Entscheidend ist jedoch stets der konkrete Vergleich mit den steuerlichen Bedingungen im Ausland. Insbesondere Länder wie die Niederlande (25,5 %), Polen und die Slowakische Republik (19 %) und Irland (12,5 %) schneiden aufgrund ihrer geringeren Gesamt-Tarifbelastungen weiterhin deutlich günstiger ab.

2.4 Literaturverzeichnis

Bergemann, Achim/Markl, Richard/Althof, Michael: Die Gewerbesteuer im Lichte des Regierungs-entwurfs zur Unternehmensteuerreform 2008, DStR 2007, 693–700

Endres, Dieter: Auswirkungen der Zinsschranke auf die Gesellschafter-Fremdfi nanzierung, PIStB 2007, 230–235

Endres, Dieter/Günkel, Manfred: Steuerstandort Deutschland im Vergleich, Wpg-Sonderheft 2006, 2–20

Endres, Dieter/Spengel, Christoph/Reister, Timo: Neu Maß nehmen: Auswirkungen der Unterneh-mensteuerreform 2008, WPg 2007, 478–489

Förster, Ursula: Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer nach der Unternehmen-steuerreform 2008, DB 2007, 760–764

Führich, Gregor: Ist die geplante Zinsschranke europarechtskonform, IStR 2007, Seite 341–345 Herzig, Norbert: Die Gewerbesteuer als dominierende Unternehmensteuer, DB 2007, 1541–1543 Herzig, Norbert/Lochmann, Uwe: Unternehmensteuerreform 2008, DB 2007, 1037–1044 Hey, Johanna: Unternehmensteuerreform: das Konzept der Sondertarifi erung des § 34a EStG-E, DStR

2007, 925–931 Müller-Gatermann, Gert: Unternehmensteuerreform 2008, Die Steuerberatung 2007, 145–161 Sachverständigenrat/MPI/ZEW: Reform der Einkommens- und Unternehmensbesteuerung durch die

Duale Einkommensteuer, 2006 Schreiber, Ulrich/Overesch, Michael: Reform der Unternehmensbesteuerung, DB 2007, 813–820 Spengel, Christoph/Reister, Timo: Die Pläne zur Unternehmensteuerreform 2008 drohen ihre Ziele

zu verfehlen, DB 2006, 1741–1747 Wiesmann, Frank, in: Erle/Sauter: Körperschaftsteuergesetz, Heidelberg 2006

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2 Senkung der tarifl ichen Ertragsteuerbelastung

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3 Tarifbegünstigung für thesaurierte Gewinne von Personenunternehmen

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Winkeljohann/Fuhrmann

3 Tarifbegünstigung für thesaurierte Gewinne von Personenunternehmen

3.1 Steuerbegünstigung für nicht entnommene Gewinne

3.1.1 Umsetzung der Zielsetzungen des Koalitionsvertrags

Die im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD vom 11.11.2005 vereinbarte Reform der Unternehmensbesteuerung soll neben Körperschaften auch Perso-nenunternehmen umfassen, da mehr als 80 % der deutschen Unternehmen in dieser Rechtsform1 organisiert sind.2 Zur Bestimmung und mithin Umsetzung der erforderlichen Änderungen des Unternehmensteuerrechts wurde neben der Ver-besserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit und Europatauglichkeit deutscher Unternehmen u.a. auch die annähernde Rechtsform- und Finanzie-rungsneutralität von Unternehmen als Zielsetzungen formuliert.

Die Umsetzung dieser Ziele ist in Bezug auf die Besteuerung von Personen-unternehmen durch die im Rahmen des Unternehmensteuerreformgesetzes 20083 neu eingefügte Vorschrift des § 34a EStG erfolgt, welche eine begünstigte Be-steuerung nicht entnommener Gewinne von Personenunternehmen beinhaltet. Der Gesetzgeber möchte hierdurch die Ausstattung mit Eigenkapital fördern, da diese als Schutz gegen Insolvenz dient sowie die Investitionsfähigkeit er-höht.4 Daneben soll durch die Thesaurierungsbegünstigung in § 34a EStG eine nahezu identische tarifl iche Belastung von Personenunternehmen zu der von Kapitalgesellschaften erreicht werden, um die im Koalitionsvertrag vereinbarte annähernde Rechtsformneutralität herzustellen.5 In Analogie zur Besteuerung von Kapitalgesellschaften und deren Gesellschafter ist die Thesaurierungsbegün-stigung in § 34a EStG als ein zweistufi ges System ausgestaltet, bei dem die Ge-winne bei der Thesaurierung zunächst einem ermäßigten Steuersatz unterliegen und im Fall der Entnahme einer Nachversteuerung unterworfen werden.

Das zweistufi ge Besteuerungssystem von Kapitalgesellschaften wird durch die Thesaurierungsbegünstigung in § 34a EStG jedoch nur nachempfunden, da das bei Personenunternehmen vorherrschende Transparenzprinzip unverändert bestehen bleibt, d.h. der Einzelunternehmer ist bzw. die Mitunternehmer einer Mitunternehmerschaft sind auch weiterhin alleiniges Subjekt der Einkommens-besteuerung. Das bei Kapitalgesellschaften angewendete Trennungsprinzip mit einer Einkommensbesteuerung auf zwei Ebenen fi ndet bei Personenunternehmen somit keine Umsetzung.

Auch ist hinsichtlich des im Koalitionsvertrag ursprünglich vereinbarten Ziels der Schaffung einer annähernden Rechtsform- und Finanzierungsneutralität von Kapitalgesellschaften und Personenunternehmen festzustellen, dass im Rahmen der Einführung des § 34a EStG dieses Ziel in den Hintergrund getreten ist und

1 D.h. als Einzelunternehmer oder als Mitunternehmer einer Mitunternehmerschaft, wie beispiels-weise die Personenhandelsgesellschaft (OHG, KG) oder die atypisch stille Gesellschaft.

2 Siehe Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD vom 11.11.2005, 81 f.3 Vgl. BGBl. I 2007, 1912 (1919 f.).4 Vgl. Gesetzesbegründung vom 27.03.2007, BT-Drs. 16/4841, 32.5 Vgl. Gesetzesbegründung vom 27.03.2007 zu § 34a EStG, BT-Drs. 16/4841, 62. Zielsetzung war

dabei nur die »annähernde« Rechtsformneutralität, weshalb eine steuerliche Gleichstellung von Kapitalgesellschaften und Personenunternehmen nicht zwingend war.

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3.1 Steuerbegünstigung für nicht entnommene Gewinne

stattdessen die Förderung der Eigenkapitalbildung und mithin der Innenfi nan-zierungsmöglichkeiten von Investitionen im Vordergrund stand.6 Die erstreb-te Rechtsformneutralität der Unternehmensbesteuerung wurde nicht durch ein einheitliches System der Besteuerung von Unternehmensgewinnen umgesetzt. Gleichwohl wurde die Rechtsformneutralität bezogen auf die Gesamtsteuerbe-lastung der Gewinne von Personenunternehmen und Kapitalgesellschaften durch die Einführung der Thesaurierungsbegünstigung in § 34a EStG weitestgehend angeglichen.

Es spricht einiges dafür, dass eine wesentliche Veranlassung für die Einfüh-rung der Thesaurierungsbegünstigung i.S.v. § 34a EStG die Absenkung des Kör-perschaftsteuersatzes um zehn Prozentpunkte von 25 % auf 15 % (§ 23 Abs. 1 KStG) war, da sich anderenfalls der Vorteil von Kapitalgesellschaften bei The-saurierung noch erhöht hätte, was wettbewerbspolitisch nicht tragbar erschien.7 Ohne die Einführung einer Thesaurierungsbegünstigung in § 34a EStG wären ertragstarke, langfristig thesaurierende Personenunternehmen faktisch zum Form-wechsel gezwungen worden.8

3.1.2 Grundkonzeption des Thesaurierungsmodells

Die Thesaurierungsbegünstigung in § 34a EStG besteht im Grundsatz aus einem zweistufi gen System der Besteuerung nicht entnommener Gewinne von Per-sonenunternehmen. Korrespondierend zu der Besteuerung von Kapitalgesell-schaften werden die thesaurierten Gewinne eines Personenunternehmens9 auf Antrag des Steuerpfl ichtigen ganz oder teilweise dem von der Einkommenshöhe unabhängigen, ermäßigten Tarifsteuersatz i.H.v. 28,25 % zzgl. SolZ unterwor-fen (§ 34a Abs. 1 Satz 1 EStG).10 Dies führt im Fall eines gemeindlichen Gewer-besteuerhebesatzes von 400 % zu einer Steuerbelastung thesaurierter Gewinne i.H.v. 32,25 %.11 Die Steuerbelastung bezogen auf den begünstigt besteuerten nicht entnommenen Gewinn beträgt – isoliert betrachtet – zwar nur 29,77 %; unter Berücksichtigung der Gewerbesteuer als nicht abzugsfähige Betriebsausga-

6 Vgl. Hey, DStR 2007, 925. 7 Vgl. Kessler/Ortmann-Babel/Zipfel, BB 2007, 523 (526). 8 Vgl. Hey, DStR 2007, 925 (926); Kessler/Ortmann-Babel/Zipfel, BB 2007, 523 (525). 9 Dabei ist unter dem Terminus Personenunternehmen sowohl ein Einzelunternehmen als auch

ein Mitunternehmeranteil zu verstehen.10 § 34a EStG gehört zu den Tarifvorschriften, die gem. § 32c Abs. 1 Satz 2 EStG vorrangig anzu-

wenden sind.11 Die Einkommensteuer auf die begünstigt besteuerten thesaurierten Gewinne fällt auf Ebene des

Einzelunternehmers bzw. der Mitunternehmer einer Personengesellschaft an. Soweit diese die Einkommensteuerschuld nicht aus ihren sonstigen Mitteln tätigen können und hierfür den lau-fenden Gewinn des Personenunternehmens verwenden, ist eine Entnahme in entsprechender Hö-he zu tätigen. Hieraus folgt, dass entweder im gleichen Veranlagungsjahr ein geringerer Betrag zur steuerbegünstigten Thesaurierung bereit steht und mithin die Steuerbelastung von 32,25 % auf 36,20 % ansteigt oder die Entnahme erst im Folgejahr erfolgt, woraus im ungünstigsten Fall eine Nachversteuerung i.S.v. § 34a Abs. 4 EStG resultieren kann. Vgl. Winkeljohann/Fuhrmann, BFuP 2007 (erscheint demnächst in Heft 5/2007); Wiese/Klass/Möhrle, GmbHR 2007, 405 (411); Kleineidam/Liebchen, DB 2007, 409 (410); Thiel/Sterner, DB 2007, 1099 (1100).

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be (§ 4 Abs. 5b EStG), die aufgrund ihrer Zahlung an die Finanzbehörden nicht zur Thesaurierung zur Verfügung steht, steigt die Steuerbelastung insgesamt je-doch auf 32,25 %:12

Steuer belastung

Gewinn vor Steuern 100,00

./. Gewerbesteuer (Hebesatz 400 %) 14,00 14 %

Gewinn nach Gewerbesteuer 86,00

nicht entnommener Gewinn 86,00

Thesaurierungssatz (§ 34a Abs. 1 Satz 1 EStG) 28,25 %

Einkommensteuer 24,30

entnommener Gewinn 14,00

Einkommensteuersatz (§ 32a Abs. 4 Satz 2 Nr. 5 EStG) 45 %

Einkommensteuer 6,30

Einkommensteuer gesamt 30,60

./. Anrechnung GewSt auf ESt (§ 35 EStG) 13,30

zu erhebende Einkommensteuer 17,30 17,30 %

+ Solidaritätszuschlag (5,5 %) 0,95 0,95 %

Steuerbelastung bei Thesaurierung 32,25 32,25 %

Bei einer späteren Entnahme der begünstigt besteuerten Gewinne erfolgt eine Nachversteuerung des entnommenen Betrags (sog. Nachversteuerungsbetrag gem. § 34a Abs. 3 Satz 2 EStG) mit dem ebenfalls einkommensunabhängigen Tarifsteuersatz i.H.v. 25 % zzgl. SolZ (§ 34a Abs. 4 Satz 2 EStG). Insgesamt er-gibt sich daher unter Vernachlässigung von Zins- und Liquiditätseffekten im Ein-Perioden-Fall eine Steuerbelastung bei Inanspruchnahme der Steuerbegünstigung nach § 34a EStG von insgesamt 48,17 %:

12 Vgl. Kessler/Ortmann-Babel/Zipfel, BB 2007, 523 (525).

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3 Tarifbegünstigung für thesaurierte Gewinne von Personenunternehmen

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Gesamtsteuer-beelastung

Steuerbelastung bei Thesaurierung 32,25 32,25 %

entnommener Gewinn 86,00

./. Thesaurierungsbelastung gem. § 34a Abs. 1 Satz 1 EStG 24,30

./. darauf entfallender Solidaritätszuschlag 1,34

Nachversteuerungsbetrag 60,36

Nachversteuerungs-Tarifsteuersatz (§ 34a Abs. 4 Satz 2 EStG) 25 %

Einkommensteuer 15,09 15,09 %

+ Solidaritätszuschlag (5,5 %) 0,83 0,83 %

Steuerbelastung insgesamt 48,17 48,17 %

Steuerschuldner für die Einkommensteuer13 auf den Thesaurierungs- wie auch auf den Nachversteuerungsbetrag ist der Einzelunternehmer bzw. sind die Mit-unternehmer einer Mitunternehmerschaft. Das bei der Besteuerung von Kapital-gesellschaften vorherrschende Trennungsprinzip wird bei Personenunternehmen im Rahmen der Unternehmensteuerreform 2008 nicht nachvollzogen. Es bleibt vielmehr das der Besteuerung von Personengesellschaften zugrunde liegende Transparenzprinzip auch künftig erhalten.14

Die Vorschrift des § 34a EStG zählt zu den Tarifvorschriften , d.h. die The-saurierungsbegünstigung wirkt sich nicht auf die Ermittlung des steuerpfl ichtigen Gewinns bzw. auf die Höhe des zu versteuernden Einkommens des Einzel- oder Mitunternehmers aus, sondern beschränkt sich auf die Höhe des anzuwendenden Steuersatzes auf die steuerpfl ichtigen Einkünfte.15 Dementsprechend wird jeweils ein Sondertarif für die Besteuerung thesaurierter Gewinne sowie für den Nach-versteuerungsbetrag im Entnahmefall kodifi ziert (§ 34a Abs. 1 Satz 1 EStG, § 34a Abs. 4 Satz 2 EStG).

13 Eine Körperschaft als Mitunternehmerin einer Mitunternehmerschaft sollte die Tarifbegünstigung des § 34a EStG nicht beanspruchen können. Aufgrund des geringen Körperschaftsteuersatzes i. H. v. 25 % wäre die Inanspruchnahme der Thesaurierungsbegünstigung gem. § 34a EStG für Körperschaften auch nicht vorteilhaft.

14 Vgl. Wiese/Klass/Möhrle, GmbHR 2007, 405 (411).15 Aufgrund der Einstufung des § 34a EStG als Tarifvorschrift ist der »reguläre« Einkommensteu-

ertarif in § 32a EStG nur vorbehaltlich der Vorschrift des § 34a EStG anzuwenden (§ 32a Abs. 1 Satz 1 EStG). Ferner ist ausweislich der Gesetzesbegründung vom 27.03.2007 zu § 34a Abs. 1 EStG, BT-Drs. 16/4841, 62 f. das zu versteuernde Einkommen der Ausgangspunkt für die Be-rechnung der Steuerermäßigung. Die begünstigungsfähigen Gewinne sind mithin aus dem zu versteuernden Einkommen herauszurechnen und auf Antrag des Steuerpfl ichtigen mit dem er-mäßigten Steuersatz i. H. v. 28,25 % zzgl. SolZ zu besteuern.

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3.1.3 Persönlicher und sachlicher Anwendungsbereich

Die Bildung einer steuerbegünstigten Thesaurierungsrücklage ist nach § 34a Abs. 1 Satz 1 EStG nur für die Gewinneinkunftsarten i.S.v. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 – 3 EStG, d.h. für die Gewinne aus Land- und Forstwirtschaft, Gewer-bebetrieb und selbständiger Arbeit, zulässig. Darüber hinaus ergibt sich nach § 34a Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 EStG eine weitere Beschränkung auf Steuer-pfl ichtige, die ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 Satz 1 oder § 5 EStG ermitteln.

Steuerpfl ichtige, die ihren Gewinn durch den Überschuss der Betriebseinnah-men über die Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 3 EStG) oder nach Durchschnittssät-zen (§ 13a EStG) ermitteln, können die begünstigte Besteuerung thesaurierter Gewinne nicht in Anspruch nehmen.16 Dies ist erst nach einem Übergang zur Bilanzierung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 oder § 5 EStG zulässig. Hierbei kann jedoch ein steuerpfl ichtiger Übergangsgewinn entstehen, der in die Vorteilhaftigkeitsbe-trachtung eines Methodenwechsels einzubeziehen ist. Der fehlende Einbezug von Steuerpfl ichtigen mit Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG könnte darauf zurückzuführen sein, dass bei dieser Gewinnermittlungsart Geldbestände unmit-telbar in das Privatvermögen übergehen und daher regelmäßig nicht thesauriert werden können.17 Eine Dokumentationspfl icht für Entnahmen und Einlagen er-gibt sich daher für Steuerpfl ichtige, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG er-mitteln, nur für Zwecke des § 4 Abs. 4a EStG (§ 4 Abs. 4a Satz 6 EStG).

Eine weitere Einschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs besteht für Steuerpfl ichtige mit Einkünften aus einer Mitunternehmerschaft. Sie kön-nen gem. § 34a Abs. 1 Satz 3 EStG die begünstigte Besteuerung nicht entnom-mener Gewinne nur beantragen, wenn

(1) eine Beteiligung am nach § 4 Abs. 1 Satz 1 oder § 5 EStG ermittelten Ge-winn von mehr als 10 % besteht18 oder

(2) der Gewinnanteil die Grenze i. H. v. 10.000 Euro übersteigt.

Entsprechend der Gesetzesbegründung vom 27.03.2007 dient diese Einschrän-kung der Verwaltungsvereinfachung.19 Hierdurch sollen insbesondere Mitunter-nehmer mit geringen Anteilen an Publikumsgesellschaften , beispielsweise Medi-en- oder Windkraftfonds, die Thesaurierungsbegünstigung gem. § 34a EStG nicht in Anspruch nehmen können. Für bilanzierende Einzelunternehmer bestehen dagegen keine Anwendungsbeschränkungen; sie können den Antrag unabhängig von der Höhe des Gewinns stellen.

Die Regelung zur begünstigten Besteuerung nicht entnommener Gewinne gem. § 34a EStG ist betriebs- und personenbezogen ausgestaltet. Die Zulässig-

16 Vgl. Gesetzesbegründung vom 27.03.2007 zu § 34a Abs. 2 EStG, BT-Drs. 16/4841, 63.17 Vgl. z.B. Heinicke, in Schmidt, § 4, Rz. 238.18 Der nach § 4 Abs. 1 Satz 1 oder § 5 EStG ermittelte Gewinn eines Mitunternehmers umfasst neben

dem anteiligen Gewinn der Gesamthandsbilanz auch die Gewinne anteiliger Ergänzungs- bzw. Son-derbilanz aus dessen Mitunternehmerschaft. Hinsichtlich einer Beteiligung am Gewinn i.H.v. 10% ist daher entsprechend auf diesen gesamten Gewinnanteil des Mitunternehmers abzustellen.

19 Vgl. Gesetzesbegründung vom 27.03.2007 zu § 34a Abs. 1 EStG, BT-Drs. 16/4841, 63.

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keit der Inanspruchnahme ist für jeden Betrieb sowie jeden Mitunternehmeran-teil gesondert zu prüfen.20 Demnach ist die Antragstellung auf eine begünstigte Besteuerung nicht entnommener Gewinne gem. § 34a Abs. 1 EStG bei Mitunter-nehmerschaften nur zulässig, wenn

(1) der Gewinn des Personenunternehmens nach § 4 Abs. 1 Satz 1 oder § 5 EStG ermittelt wird (betriebsbezogene Prüfung) und

(2) der Mitunternehmer die Größenkriterien in § 34a Abs. 1 Satz 3 EStG erfüllt (personenbezogene Prüfung).

Es ist anzunehmen, dass die Thesaurierungsbegünstigung gem. § 34a EStG auch von in Deutschland lediglich beschränkt Steuerpfl ichtigen i.S.d. § 1 Abs. 4 EStG bezogen auf ihre inländischen Gewinne aus Land- und Forstwirtschaft, Gewer-bebetrieb oder selbständiger Arbeit beantragt werden kann, sofern diese ihren Gewinn der inländischen Betriebsstätte durch Betriebsvermögensvergleich gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 oder § 5 EStG ermitteln, da eine diesbezügliche Einschränkung der Anwendung des § 34a EStG in § 50 EStG fehlt.21

3.1.4 Antragsgebundenes Wahlrecht

Die begünstigte Besteuerung nicht entnommener Gewinne erfolgt gesondert auf Antrag des Steuerpfl ichtigen für seinen Betrieb oder seinen Mitunternehmeranteil für jeden Veranlagungszeitraum. Der Antrag ist bei dem für die Einkommensbe-steuerung des Steuerpfl ichtigen zuständigen Finanzamt zu stellen (§ 34a Abs. 1 Satz 2 EStG). Das antragsgebundene Wahlrecht obliegt somit jedem Mitunter-nehmer für seinen Gewinnanteil, sofern dieser die in § 34a Abs. 1 Satz 3 EStG genannten Größenkriterien mit seinem Mitunternehmeranteil erfüllt. Mit dem Antrag ist auch die Höhe des begünstigt zu besteuernden thesaurierten Gewinns festzulegen. Es ist zulässig, den nicht entnommenen Gewinn vollständig oder auch teilweise mit dem Sondertarif i. H. v. 28,25 % (§ 34a Abs. 1 Satz 1 EStG) zu besteuern.

Für die Ausübung des Wahlrechts ist gesetzlich keine besondere Form vor-geschrieben; der Antrag kann demzufolge auch durch schlüssiges Verhalten ge-stellt werden.22 Da in § 34a EStG auch keine Frist zur Antragsabgabe kodifi ziert ist, kann die Ausübung des Antragswahlrechts grundsätzlich bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist des Einkommensteuerbescheids des Steuerpfl ichtigen erfolgen.23 Einschränkend ist die Antragstellung nach der Unanfechtbarkeit des Einkommen-steuerbescheids jedoch nur insofern zulässig, als eine Änderung des Einkom-mensteuerbescheids verfahrensrechtlich zulässig ist. Die vollständige oder teil-

20 Vgl. Gesetzesbegründung vom 27.03.2007 zu § 34a EStG, BT-Drs. 16/4841, 62.21 Vgl. Grützner, StuB 2007, 295.22 Vgl. AEAO, vor §§ 172 bis 177, Nr. 8 Satz 3. 23 Vgl. AEAO, vor §§ 172 bis 177, Nr. 8 Satz 7 bis 8 und Satz 12 bis 13. Grützner, StuB 2007, 295

(298), spricht sich hingegen aufgrund des Regelungszusammenhangs für eine Antragstellung bis zur Unanfechtbarkeit des Einkommensteuerbescheids aus.

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weise Rücknahme des Antrags ist hingegen gem. § 34a Abs. 1 Satz 4 EStG bis zur Unanfechtbarkeit des Einkommensteuerbescheids für den folgenden Veranla-gungszeitraum möglich. Hierdurch sollen unbillige Härten vermieden werden, die beispielsweise ansonsten bei unvorhergesehenen Verlusten im Folgejahr eintreten könnten,24 da gem. § 10d Abs. 1 Satz 2 EStG ein Verlustrücktrag um den auf Antrag begünstigt besteuerten Gewinn des Vorjahres (sog. Begünstigungsbetrag i.S.v. § 34a Abs. 3 Satz 1 EStG) zu vermindern ist, sofern der Antrag auf die begünstigte Besteuerung nicht entnommener Gewinne des Vorjahres nicht gem. § 34a Abs. 1 Satz 4 EStG vom Steuerpfl ichtigen zurückgenommen wird.

Durch § 10d Abs. 1 Satz 2 EStG wird somit ein Verlustrücktrag auf die im Vorjahr begünstigt besteuerten thesaurierten Gewinne unterbunden.25 Der nicht rücktragsfähige Verlust in Höhe des nicht entnommenen Gewinns wird stattdes-sen gem. § 10d Abs. 2 EStG vorgetragen.26 Die Antragsrücknahme nach § 34a Abs. 1 Satz 4 EStG mit anschließender Beantragung eines Verlustrücktrags gem. § 10d Abs. 1 Satz 5 EStG kann daher bei unvorhergesehenen Verlusten – bei-spielsweise bei einer längeren Verlustphase – aufgrund des Liquiditäts- und Zins-vorteils günstiger sein als die begünstigte Besteuerung der thesaurierten Gewinne des Vorjahres.

Des Weiteren ergibt sich insbesondere bei familiengeführten Unternehmen die Situation, dass auch in Verlustjahren Entnahmen zur Finanzierung des Le-bensunterhalts vorgenommen werden müssen, was eine Nachversteuerung in den Verlustjahren zur Folge haben könnte. Diese Nachversteuerung könnte durch die Antragsrücknahme gem. § 34a Abs. 1 Satz 4 EStG vermieden werden, da die sofortige Besteuerung der Entnahme in der Regel günstiger sein dürfte als die steuerbegünstigte Thesaurierung mit Nachversteuerung der Entnahme bereits im darauffolgenden Jahr. Dies gilt jedoch nur für den Fall einer steuerbegünstigten Thesaurierung im Wirtschaftsjahr unmittelbar vor dem Verlustjahr. Für in davor-liegenden Wirtschaftsjahren vorgenommene steuerbegünstigte Thesaurierungen kann die Nachversteuerung nicht vermieden werden, da nach § 34a Abs. 1 Satz 4 EStG nur der Antrag des Vorjahres änderbar ist.

3.2 Ermittlung des nicht entnommenen Gewinns

Der nicht entnommene Gewinn eines Betriebs oder Mitunternehmeranteils ist gem. § 34a Abs. 2 EStG der nach § 4 Abs. 1 Satz 1 oder § 5 EStG ermittelte Ge-winn, vermindert um den positiven Saldo der Entnahmen und Einlagen eines Wirtschaftsjahres:

24 Vgl. Gesetzesbegründung vom 27.03.2007 zu § 34a Abs. 1 EStG, BT-Drs. 16/4841, 63.25 Durch § 10d Abs. 1 Satz 2 EStG wird somit das Problem vermieden, wie ein Verlustrücktrag vor-

zunehmen ist, wenn im Gesamtbetrag der Einkünfte des Vorjahres auch ein begünstigt besteu-erter Gewinn i.S.v. § 34a Abs. 1 EStG enthalten ist, da der Gesamtbetrag der Einkünfte um den Begünstigungsbetrag zu kürzen ist.

26 Vgl. Gesetzesbegründung vom 27.03.2007 zu § 10d Abs. 1 Satz 2 EStG, BT-Drs. 16/4841, 54.

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Gewinn i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 1 oder § 5 EStG./. max [0; Entnahmen – Einlagen] = nicht entnommener Gewinn i.S.v. § 34a Abs. 2 EStG

Nach der Legaldefi nition in § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG ist der Gewinn der Unter-schiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Ein-lagen. Das Gesetz geht somit von einer Zweistufi gkeit der Gewinnermittlung aus.27 Nachdem auf der ersten Stufe der Gewinnermittlung der Unterschiedsbe-trag festgestellt wird, erfolgt auf der zweiten Stufe die Korrektur um die gesell-schaftsrechtlich veranlassten Entnahmen und Einlagen. Ergänzend sind nach Auf-fassung der herrschenden Meinung auf der zweiten Stufe zudem die sonstigen außerbilanziellen Korrekturen (z.B. Korrekturen i.S.d. AStG, nicht abzugsfä-hige Betriebsausgaben i.S.v. § 4 Abs. 5 und 5b EStG oder steuerfreie Einkünfte) vorzunehmen.28

Diese können entsprechend der Systematik des § 34a Abs. 2 EStG jedoch nicht im nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG ermittelten Gewinn enthalten sein.29 Bezüglich der nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben (z.B. die Gewerbesteuer gem. § 4 Abs. 5b EStG) hat eine Auszahlung bereits stattgefunden und eine Thesaurie-rung ist somit nicht möglich. Hinsichtlich der einkommenserhöhenden Kor-rekturen i. S. d. AStG ist festzustellen, dass ein thesaurierungsfähiger Gewinn nicht entstanden ist. Steuerfreie Gewinne sind hingegen im nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG ermittelten Gewinn enthalten und erhöhen infolgedessen das zu-lässige Thesaurierungsvolumen (§ 34a Abs. 2 EStG). Da sich § 34a EStG als Ta-rifvorschrift jedoch nicht auf die Höhe des steuerpfl ichtigen Gewinns, sondern nur auf die Höhe der festzusetzenden Einkommensteuer auswirkt, sind gem. § 34a Abs. 1 Satz 1 EStG nur diejenigen nicht entnommenen Gewinne, die im zu versteuernden Einkommen enthalten sind, begünstigungsfähig. Steuerfreie Gewinne erhöhen daher das Thesaurierungsvolumen, nicht jedoch den begün-stigt besteuerten thesaurierten Gewinn i.S.v. § 34a Abs. 1 Satz 1 EStG. Gleiches gilt, wenn der Gewinn mit in Vorjahren entstandenen verrechenbaren Verlusten nach § 15a EStG verrechnet wird. In diesem Fall liegt zwar ein nicht entnom-mener Gewinn vor, das zu versteuernde Einkommen beträgt aufgrund der Ver-rechnung jedoch 0 Euro.30

27 Vgl. Wied in Blümich, § 4 EStG, Rz. 109.28 Vgl. Wassermeyer, IStR 2001, 633 (634); Mössner in Körperschaftsteuer, Internationales Steuer-

recht, Doppelbesteuerung, Festschrift für Franz Wassermeyer, München 2005, 63 (64 f.); Wied in Blümich, § 4 EStG, Rz. 109 f.

29 Dies lässt sich aus der Gesetzesbegründung vom 27.03.2007 schließen, da die dort angeführten steuerfreien Gewinne im Gewinn i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG und mithin im nicht entnomme-nen Gewinn enthalten sind, während die Gewerbesteuer den Unterschiedsbetrag als Aufwand mindert und als nach § 4 Abs. 5b EStG nicht abzugsfähige Betriebsausgabe außerbilan ziell wieder hinzuzurechnen ist. Vgl. Gesetzesbegründung vom 27.03.2007 zu § 34a Abs. 2 EStG,

BT-Drs. 16/4841, 63.30 Vgl. Schulze zur Wiesche, DB 2007, 1610 (1611).

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Nicht ganz eindeutig ist die Beziehung zwischen der im Rahmen des SEStEG31 eingeführten Entstrickungsregelung in § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG und der Thesaurierungsbegünstigung nach § 34a EStG. Gem. § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG steht der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepu-blik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung oder Nutzung eines Wirtschaftsguts einer Entnahme für betriebsfremde Zwecke gleich. Die Vor-schrift erfasst insbesondere die Überführung bzw. Nutzungsüberlassung eines inländischen Wirtschaftsguts an eine ausländische Betriebsstätte. Die durch § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG fi ngierte »Entstrickungs-Entnahme« geht im Vergleich zur »Regel-Entnahme« i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG jedoch nicht mit einer Minde-rung des Betriebsvermögens des Steuerpfl ichtigen einher und ist daher durch Auf deckung der stillen Reserven in der Steuerbilanz auf der ersten Stufe der Ge-winnermittlung zu erfassen.32 Aus diesem Grund sind die Entstrickungsgewin-ne in dem nach § 4 Abs. 1 Satz 1 oder § 5 EStG ermittelten Gewinn enthalten, weshalb die Thesaurierungsbegünstigung in § 34a EStG in Anspruch genommen werden kann. Dies ist sachgerecht, da keine tatsächliche Entnahme aus dem Be-triebsvermögen vorliegt. Gleiches gilt, wenn die Realisierung der stillen Reserven durch die Bildung eines Ausgleichspostens nach § 4g EStG vermieden wird. Die Gewinne bei Aufl ösung des Ausgleichspostens nach § 4g EStG sind ebenfalls der begünstigten Besteuerung gem. § 34a EStG zugänglich.

Der Gewinn i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 1 bzw. § 5 EStG ist nach § 34a Abs. 2 EStG um den positiven Saldo aus Entnahmen und Einlagen zu mindern, sofern die Entnahmen die Einlagen desselben Wirtschaftsjahres übersteigen.33

Im Ganzen ist der nicht entnommene Gewinn eines Wirtschaftsjahres somit wie folgt zu ermitteln:

Unterschiedsbetrag i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 1 oder § 5 EStG (Gewinnermittlung 1. Stufe)

+ Entnahmen (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG)./. Einlagen (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG)./. max [0; Entnahmen – Einlagen] = nicht entnommener Gewinn i.S.v. § 34a Abs. 2 EStG

31 Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften vom 07.12.2006, BGBl. I 2006, 2782.

32 Vgl. Winkeljohann/Fuhrmann, Handbuch Umwandlungssteuerrecht, Düsseldorf 2007, 623.33 Der Gesetzeswortlaut in § 34a Abs. 2 EStG verwendet den »positiven Saldo der Entnahmen und

Einlagen«, da im Wirtschaftsjahr getätigte Entnahmen durch im selben Wirtschaftsjahr vorge-nommene Einlagen ausgeglichen werden und insoweit dem Unternehmen kein Eigenkapital ent-zogen wird.

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BEISPIELE:

I II

Unterschiedsbetrag aus Betriebsvermögensvergleich34 90.000 100.000Entnahmen 20.000 75.000Einlagen 10.000 100.000Gewinn i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 1, § 5 EStG 100.000 75.000 davon steuerfrei 50.000 0Gewerbesteuer (Hebesatz 400 %) 7.000 10.500Saldo der Entnahmen und Einlagen 10.000 0nicht entnommener Gewinn 83.000 64.500 davon im zu versteuernden Einkommen enthalten 50.000 64.500

Bei Mitunternehmerschaften ist der Gewinn bezogen auf den einzelnen Mitun-ternehmeranteil zu ermitteln. Der Gewinn i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 1 oder § 5 EStG umfasst in diesem Fall neben dem anteiligen Ergebnis der Gesamthandsbilanz auch das Ergebnis der Ergänzungs- und Sonderbilanz des jeweiligen Mitunter-nehmers.35 Ein Verlust der Ergänzungs- oder Sonderbilanz kann den anteiligen Gewinn des Mitunternehmers aus der Gesamthandsbilanz übersteigen, sodass der Mitunternehmer die Begünstigung nach § 34a EStG nicht in Anspruch nehmen kann.36 Zusammenfassend sind folgende Auswirkungen denkbar:

Positives Sonder-betriebsvermögen

Negatives Sonder-betriebsvermögen

Positive Ergänzungsbilanz

Negative Ergänzungsbilanz

Sonderbetriebs-einnahmen(z.B. Mieteinnahmen)

Zinsaufwand auf-grund Fremdfi nanzie-rung der Beteiligung

Mehr-AfA zur Gesamthandsbilanz

Minder-AfA zur Gesamthandsbilanz

Gewinnerhöhung Gewinnminderung Gewinnminderung Gewinnerhöhung

34 Es gilt zu unterscheiden, ob die Entnahmen und Einlagen des Personenunternehmens innerhalb eines Wirtschaftsjahres aufwands- bzw. ertragswirksam oder durch Buchung auf dem Privat-konto erfolgsneutral erfasst werden. Im Beispiel wird die erfolgswirksame Erfassung unterstellt. Bei Buchung auf dem Privatkonto ergäbe sich dementsprechend ein Unterschiedsbetrag i.H.v. 100.000 Euro, der sodann nur um die Gewerbesteuer aufwandswirksam zu kürzen ist (86.000 Euro). Durch die erfolgsneutrale Buchung auf dem Privatkonto ist eine Berichtigung um Einla-gen und Entnahmen auf der zweiten Stufe der Gewinnermittlung obsolet.

35 Vgl. Dörfl er/Graf/Reichle, DStR 2007, 645 (647); Hey, DStR 2007, 925 (927). Für die Gewinner-mittlung des Sonderbetriebsvermögens gelten die handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmä-ßiger Buchführung, obwohl eine handelsrechtliche Gewinnermittlungsvorschrift, die gem. § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG für die steuerliche Gewinnermittlung des Sonderbetriebsvermögens maßgeb-lich sein könnte, fehlt. Vgl. hierzu Hottmann in Zimmermann et al., Die Personengesellschaft, 8. Aufl age 2003, 270, Rz. 321.

36 Vgl. Schulze zur Wiesche, DB 2007, 1610; Hey, DStR 2007, 925 (927 f.). Übersteigt hingegen der Gewinn aus der Ergänzungs- oder Sonderbilanz einen anteiligen Verlust aus der Gesamthandsbi-lanz, kann der Mitunternehmer im Falle der Thesaurierung hierfür die Begünstigung des § 34a EStG in Anspruch nehmen.

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Die begünstigte Besteuerung der Gewinne aus Ergänzungs- bzw. Sonderbilanzen kann nur unter der Voraussetzung einer Thesaurierung erfolgen. Insbesondere bei Sondervergütungen wird diese Voraussetzung oftmals nicht erfüllt, da eine Aus-zahlung an den Mitunternehmer erfolgt.37 Sondervergütungen, wie beispielweise die monatlich ausgezahlte Geschäftsführervergütung, führen daher oftmals nicht zu einer Erhöhung des nach § 34a EStG begünstigungsfähigen Gewinns.38

Ebenfalls zu berücksichtigen sind die Entnahmen und Einlagen in das jewei-lige Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers. Eine Entnahme des Mitun-ternehmers aus dem Gesamthandsvermögen kann daher durch eine Einlage in das Sonderbetriebsvermögen und vice versa die Entnahme aus dem Sonderbe-triebsvermögen durch eine Einlage in das Gesamthandsvermögen ausgeglichen werden.39

Demnach ermittelt sich der nicht entnommene Gewinn je Mitunternehmer-anteil wie folgt:

(anteiliger) Gewinn laut Gesamthandsbilanz+/./. Ergebnis laut Ergänzungsbilanz+/./. Ergebnis laut Sonderbilanz = Gewinn i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 1, § 5 EStG./. max [0; Entnahmen – Einlagen] = nicht entnommener Gewinn i.S.v. § 34a Abs. 2 EStG

3.3 Nicht durch § 34a EStG begünstigte Gewinne

3.3.1 Nach § 16 Abs. 4 oder § 34 Abs. 3 EStG begünstigt besteuerte Veräußerungs- oder Aufgabegewinne

Der Gewinn aus der Aufgabe oder Veräußerung eines Betriebs oder Mitunter-nehmeranteils ist grundsätzlich im Gewinn i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 1 oder § 5 EStG enthalten. Eine begünstigte Besteuerung des Aufgabe- respektive Veräußerungs-gewinns ist gem. § 34a Abs. 1 Satz 1 EStG – unter der Voraussetzung der The-saurierung – jedoch nur zulässig, sofern nicht der Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG oder die Besteuerung mit dem halben Durchschnittssteuersatz nach § 34 Abs. 3 EStG in Anspruch genommen wird.40

37 Im Falle einer bilanziellen Erfassung der Sondervergütungen ist bei Auszahlung an den Gesell-schafter eine Entnahme aus dem Sonderbetriebsvermögen vorzunehmen.

38 Vgl. Dörfl er/Graf/Reichl, DStR 2007, 645 (647); Hey, DStR 2007, 925 (928). Eine Entnahme liegt bereits vor, wenn die Sondervergütung auf einem Privatkonto des Gesellschafters erfasst wird.

39 Vgl. Thiel/Sterner, DB 2007, 1099 (1102).40 Wird eine Steuerermäßigung nach § 16 Abs. 4 EStG oder § 34 Abs. 3 EStG in Anspruch genom-

men, kann i. H. d. im zu versteuernden Einkommen enthaltenen Aufgabe- oder Veräußerungsge-winns auch bei dessen Thesaurierung keine begünstigte Besteuerung nach § 34a EStG vorgenom-men werden. Hierbei ist zu beachten, dass für § 16 EStG kein Anwendungswahlrecht vorgesehen ist.

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Hierdurch soll vermieden werden, dass Aufgabe- und Veräußerungsgewinne durch zwei verschiedene steuerliche Normen begünstigt werden und mithin die Steuerbelastung für thesaurierte Gewinne i. H. v. 32,25 % unterschritten wird. Die Anwendung der Tarifermäßigung i.S.v. § 34 Abs. 1 EStG (Fünftelung-Regelung) wird in § 34a Abs. 1 Satz 1 EStG hingegen nicht ausgeschlossen, sodass diese neben der des § 34a EStG anwendbar sein sollte.41 Es dürften sich jedoch auf-grund der nach § 34a EStG notwendigen Gewinnthesaurierung nur wenige Kon-stellationen ergeben, in denen eine Konkurrenzsituation zwischen § 34a EStG sowie § 16 Abs. 4 EStG bzw. den Tarifermäßigungen in § 34 Abs. 1 und 3 EStG entstehen kann.

Grundsätzlich ist hierfür eine im Betriebsvermögen einer natürlichen Person befi ndliche Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft notwendig. Aufgrund der Transparenz von Mitunternehmerschaften und der damit verbundenen mittel-baren Zurechnung der Anteile an einer Unterpersonengesellschaft zu den Ge-sellschaftern der Oberpersonengesellschaft ist eine Konkurrenzsituation zwischen § 34a EStG und § 16 Abs. 4, § 34 Abs. 3 EStG insbesondere bei doppelstöckigen Personengesellschaften möglich.42 Bei Veräußerung der Untergesellschaft durch die Obergesellschaft hängt die Inanspruchnahme der Steuerermäßigung des § 34a EStG hinsichtlich des von der Obergesellschaft erzielten Veräußerungsgewinns von den einzelnen Mitunternehmern der Obergesellschaft ab. Der anteilige Ver-äußerungsgewinn kann bezogen auf den jeweiligen Mitunternehmeranteil nur einer begünstigten Besteuerung nach § 34a EStG unterworfen werden, sofern der Veräußerungsgewinn bei der Obergesellschaft thesauriert und zugleich keine Steuerermäßigung gem. § 16 Abs. 4 EStG oder § 34 Abs. 3 EStG von dem Mit-unternehmer in Anspruch genommen wird.

Einer begünstigten Besteuerung gem. § 34a EStG sollte auch – unter den ent-sprechenden Voraussetzungen wie die Veräußerung oder Aufgabe eines Betriebs bzw. Mitunternehmeranteils – die Veräußerung eines Teilbetriebs bzw. eines Teils eines Mitunternehmeranteils zugänglich sein.43

3.3.2 Carried Interest i.S.v. § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG

Von der Thesaurierungsbegünstigung ausgeschlossen sind gem. § 34a Abs. 1 Satz 1 EStG die von vermögensverwaltenden Wagniskapitalgesellschaften an ihre Beteiligten gezahlten erfolgsabhängigen Tätigkeitsvergütungen i.S.v. § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG (sog. Carried Interest). Der im Betriebsvermögen vereinnahmte und nicht entnommene Carried Interest soll aufgrund der hälftigen Steuerfreiheit gem. § 3 Nr. 40a EStG keiner weiteren Begünstigung unterliegen.44 Mithin kann in Hö-

41 Vgl. Grützner, StuB 2007, 295 (298).42 Vgl. Gesetzesbegründung vom 27.03.2007 zu § 34a Abs. 1 EStG, BT-Drs. 16/4841, 63.43 Vgl. Grützner, StuB 2007, 295 (298).44 Vgl. Gesetzesbegründung vom 27.03.2007 zu § 34a Abs. 1 EStG, BT-Drs. 16/4841, 63. Im Re-

gierungsentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalbeteili-gungen (MoRaGK) vom 13.08.2007 ist als Gegenfi nanzierung zur steuerlichen Förderung junger Unternehmen die Absenkung der Steuerbefreiung von 50 % auf 40 % vorgesehen.

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3.3 Nicht durch § 34a EStG begünstigte Gewinne

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Winkeljohann/Fuhrmann

he des im zu versteuernden Einkommen enthaltenen (hälftigen) Carried Interests keine Steuerermäßigung nach § 34a EStG in Anspruch genommen werden.

3.4 Nachversteuerung bei späterer Entnahme

3.4.1 Durchführung der Nachversteuerung

Eine Nachversteuerung niedrig besteuerter nicht entnommener Gewinne ist gem. § 34a Abs. 4 EStG vorzunehmen, wenn der positive Saldo aus Entnahmen und Einlagen des Wirtschaftsjahres bei einem Betrieb oder Mitunternehmeranteil den laufenden Gewinn übersteigt, d.h. die Entnahmen nicht durch Einlagen oder laufenden Gewinn gedeckt sind und mithin Eigenkapital dem Unternehmen ent-zogen wird. Gem. § 34a Abs. 4 Satz 2 EStG beträgt der Nachversteuerungssatz 25 % zzgl. SolZ und entspricht der Höhe nach dem ab 2009 für Privatanleger geltenden Abgeltungsteuersatz (§ 32d Abs. 1 EStG). Die Nachversteuerung ist auf den nachversteuerungspfl ichtigen Betrag i.S.v. § 34a Abs. 4 Satz 1 EStG beschränkt.

3.4.2 Ermittlung des nachversteuerungspfl ichtigen Betrags

Ausgangspunkt für die Ermittlung des nachversteuerungspfl ichtigen Betrags zum Ende jedes Veranlagungszeitraums ist gem. § 34a Abs. 3 Satz 2 EStG der Be-günstigungsbetrag i.S.v. § 34a Abs. 3 Satz 1 EStG, d.h. der begünstigt besteu-erte nicht entnommene Gewinn eines Veranlagungszeitraums.45 Da der Begüns-tigungsbetrag bei Thesaurierung bereits dem Sondertarif i. H. v. 28,25 % zzgl. SolZ unterlegen hat, ist dieser um die darauf entfallende Steuerlast zu kürzen.46 Hierdurch wird eine korrespondierende Besteuerung zu der Besteuerung von Ge-winnausschüttungen aus Kapitalgesellschaften erreicht, da deren Ausschüttungs-potenzial gleichfalls durch Körperschaftsteuer zzgl. SolZ gemindert wird.47

Sodann ist der für das laufende Jahr ermittelte nachversteuerungspfl ichtige Betrag um den für Vorjahre ermittelten nachversteuerungspfl ichtigen Betrag zu erhöhen. Damit wird der nachversteuerungspfl ichtige Betrag jedes Veranlagungs-zeitraums weiter vorgetragen, bis eine Nachversteuerung gem. § 34a Abs. 4 oder Abs. 6 EStG eintritt und diese den nachversteuerungspfl ichtigen Betrag mindert.

Ebenfalls zu einer Erhöhung des nachversteuerungspfl ichtigen Betrags führt die Übernahme eines nachversteuerungspfl ichtigen Betrags auf Antrag bei Über-tragung bzw. Überführung eines Wirtschaftsguts i.S.v. § 6 Abs. 5 Satz 1 bis 3

45 Vgl. Dörfl er/Graf/Reichl, DStR 2007, 645 (648).46 Vgl. Gesetzesbegründung vom 27.03.2007 zu § 34a Abs. 3 EStG , BT-Drs. 16/4841, 63 f.47 Vgl. Thiel/Sterner, DB 2007, 1099 (1101).

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3 Tarifbegünstigung für thesaurierte Gewinne von Personenunternehmen


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