Identität/ Depression
Nürnberg, 11. Oktober 2014
Konzept: Tobias Müller, nervenstark
Identität und Depression
Identität/ Depression
Frau A: „Durch die Depression bin ich ein ganz anderer Mensch
geworden. Ich kenne mich gar nicht mehr“
Herr B über Frau B: „Seitdem meine Frau in Psychotherapie ist, ist sie viel
egoistischer geworden, sie widerspricht mir immer wieder. Das ist nicht mehr die Frau, die ich geheiratet habe.“
Herr C:
„Die Zustände, die ich früher als Depression bezeichnet habe, sind für mich heute wichtige Phasen des Rückzugs und des Auftankens. Diese Zustände gehören einfach zum Leben dazu.“
Zusammenhänge „Identität“ - Depression
Identität/ Depression
• Sind Frau A, Frau B und Herr C nicht mehr dieselben? (Ist Frau A nicht mehr Frau A?) (Ist Frau B nicht mehr Frau B?) (Ist Herr C nicht mehr Herr C?)
• Haben Frau A, Frau B und Herr C überhaupt noch eine Identität? • Wenn ja, was für eine?
• Hat sich die Identität von Frau A, Frau B und Herrn C verändert?
•Kann sich unsere Identität verändern????
„Identität“ (lateinisch īdem ‚derselbe‘, ‚dasselbe‘)
Identität/ Depression
Frau A: „Durch die Depression bin ich ein ganz anderer Mensch
geworden. Ich kenne mich gar nicht mehr“
Herr B über Frau B: „Seitdem meine Frau in Psychotherapie ist, ist sie viel
egoistischer geworden, sie widerspricht mir immer wieder. Das ist nicht mehr die Frau, die ich geheiratet habe.“
Herr C:
„Die Zustände, die ich früher als Depression bezeichnet habe, sind für mich heute wichtige Phasen des Rückzugs und des Auftankens. Diese Zustände gehören einfach zum Leben dazu.“
Zusammenhänge „Identität“ - Depression
Identität/ Depression
Identität
Zeitpunkt t1 Zeitpunkt t2
(lateinisch īdem ‚derselbe‘, ‚dasselbe‘)???
Identität/ Depression
• Identität kann sich offenbar ändern. • Was ist unsere Identität?
(was ist unser Selbst?)
„Identität“
Identität/ Depression
impulsives Stadium
Perspektive der 1. Person
P. 1. P.
S
•Grundlegende Unterscheidung (Selbst/ Nicht-Selbst) • „meins“/ „nein“ (beginnende Sprache) •unmittelbares Ausagieren von Impulsen • kein Gewissen/ keine Moral
(Beschränkung nur durch physische Hindernisse) • kein soziales Spielen (gewaltsames Wegnehmen/ Flüchten)
Identität/ Depression
Vorsoziales Stadium
Reflexe (Empfindungen, Bewegungen)
S
• keine Unterscheidung (Selbst/ Nicht-Selbst) • kein Ich/ Selbst erkennbar • keine Objekte erkennbar •Reflexe (Automatismen)
Identität/ Depression
impulsives Stadium
Perspektive der 1. Person
P. 1. P.
S
•Grundlegende Unterscheidung (Selbst/ Nicht-Selbst) • „meins“/ „nein“ (beginnende Sprache) •unmittelbares Ausagieren von Impulsen • kein Gewissen/ keine Moral
(Beschränkung nur durch physische Hindernisse) • kein soziales Spielen (gewaltsames Wegnehmen/ Flüchten)
Impulse Wahrnehmungen
Reflexe (Empfindungen, Bewegungen)
Identität/ Depression
selbst-dienliches Stadium
S
Subjekt Objekt
Interessen Wünsche Rolle
Impulse Wahrnehmungen
• Impulse können kontrolliert/zurückgehalten werden • erste Regeln werden erkannt
(werden aber nur dann befolgt, wenn im Eigeninteresse) • Innenleben anderer wird erkannt/ berücksichtigt
(aber nur für eigene Bedürfnisse/ Wünsche) •Andere sind nur Mittel zum Zweck • Schwarz-weiß-Denken („gut“/“böse“ = nützlich/hinderlich) •beginnende Rollenübernahme („guter Junge“)
Identität/ Depression
Perspektive der 2. Person
Folgen: • sich selbst mit den Augen der anderen sehen • Verstehen der Bedürfnisse der Anderen
(Voraussetzung für Gesellschaft) • Was muss ich tun, um gemocht zu werden? • Zugehörigkeit vermindert Angst • Überwindung von Isolation • Welt erscheint weniger feindlich • Identifikation mit der Gruppe
(Familie/ Freundesclique/ Sportverein/ Nation, etc.) • Orientierung an Norm
Identität/ Depression
S
S
konformistisches Stadium
• Orientierung an der Gemeinschaft • Innere Perspektive der Anderen wird berücksichtig • Identifizierung mit Gruppe und Normen • eigene Interessen können zugunsten Anderer zurückgestellt werden • Gewissen/ Moral an der Mehrheit orientiert • Verhalten auf Gegenseitigkeit
Interessen Wünsche Rolle
wechselseitige zwischenmenschliche Beziehungen
Identität/ Depression
Identifikation mit eigener Gruppe (Familie/Clique/ Stamm/Clan/ Verein/Nation/ Religion etc.) und deren Urteilen/Werten/ Ideen (bis zum Verschwimmen der Selbstgrenzen [Überidentifikation])
jeder, der anders oder fremd ist, und nicht zu meiner Gruppe gehört, gehört zur Out-Group, bedeutet Bedrohung
2 Arten von anderen:
„wir“ „die anderen“
Identität/ Depression
S
S
konformistisches Stadium
• Orientierung an der Gemeinschaft • Innere Perspektive der Anderen wird berücksichtig • Identifizierung mit Gruppe und Normen • eigene Interessen können zugunsten Anderer zurückgestellt werden • Gewissen/ Moral an der Mehrheit orientiert • Verhalten auf Gegenseitigkeit
Interessen Wünsche Rolle
wechselseitige zwischenmenschliche Beziehungen
Identität/ Depression
selbst-sicheres Stadium
Perspektive der 3. Person • Vergleich/ Wettbewerb mit anderen • will nun aufgrund seiner Unterschiedlichkeit akzeptiert werden • verbale Aggressionen/ Überheblichkeit wird geäußert • beginnende Introspektion, Anfang einer unabhängigen Selbstidentität • beschreibt sich und andere als Ansammlung einfacher Charaktereigenschaften • abstrakte Operationen
wechselseitige zwischenmenschliche Beziehungen
1. 2.
P. 3. P. S
Identität/ Depression
selbst-bewusst
Erweiterte Perspektive der 3. Person (Zeit) • Zielstufe der westlichen Kultur • Interessiert sich für Gründe, Ursachen, Effektivität • rational, analytisch gestimmt, erfolgreich, fair gewissenhaft • mit der richtigen wissenschaftlichen Methode kann die Wahrheit
herausgefunden werden
S
Zukunft Vergangenheit
Identität/ Depression
präkonventionell – konventionell - postkonventionell • präkonventionelle Ebenen:
• Perspektive der 1. Person • Etablierung eines abgegrenzten Selbst
• konventionelle Ebenen • Beziehung des (gesicherten) Selbst zu den Anderen
• postkonventionelle Ebenen • Erkennen von Relativität • Erkennen von Perspektivenabhängigkeit • Erkennen von Denksystemen
Identität/ Depression
individualistisch (pluralistisch)
Perspektive der 4. Person
P.4.P.
Zukunft Vergangenheit
3.
S
Identität/ Depression
autonom
Erweiterte Perspektive der 4. Person
4.
Zukunft Kinder
Vergangenheit Eltern
3.
S
Identität/ Depression
Quellen: • Jane Loevinger: Ego Development, 1976 • Susanne Cook-Greuter: Postautonomous Ego-Development, 2010 • Robert Kegan: Die Entwicklungsstufen des Selbst, 2008. • Lawrence Kohlberg: Die Psychologie der Moralentwicklung, 1995 • Robert Selman: Interpersonale Verhandlungen, in: W.Edelstein u. J. Habermas:
Soziale Interaktion und soziales Verstehen, 1984.