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Ich häufe weiter Sehnsucht an Jokers Lyrik-Preis 2011 Die besten Gedichte
Ich häufeweiterSehnsucht an
Jokers Lyrik-Preis 2011Die besten Gedichte
Ich häufeweiterSehnsucht an
Ich häufeweiterSehnsucht anJokers Lyrik-Preis 2011Die besten Gedichte
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Vorwort
„Ich häufe weiter Sehnsucht an.“ Der Titel dieser Anthologie zum JokersLyrik-Preis 2011 entstammt dem zweiten Preisträger-Gedicht „Hunde“ von Se-bastian Hocke. „Ich häufe immer weiter Sehnsucht an“, heißt es in jenerGroßstadt-Elegie. Auf einem öden Parkplatz im Wagen sitzend, versucht sichdas Lyrische Ich am Rotwein zu wärmen, denn wirkliche Wärme ist nicht zuhaben. Nur die Standheizung des Autos spendet ein Surrogat.Die Sehnsucht war ein wiederkehrendes Thema in den knapp 5500 Gedichten,die zum diesjährigen Lyrik-Wettbewerb von Jokers eingereicht wurden. Sehn-sucht nach Geborgenheit, nach unzerstörter Natur, nach Gerechtigkeit imUmgang miteinander. Sehnsucht nach lieben Menschen, die schon verstorbensind, und danach, erkannt zu werden als der, der man ist. Du brauchst das Rotdes Feuers und langweilst dich mit mir, so die Aussage in „Der blaue Schrei“von Andreas Neuner. Aber siehst du nicht das Blau in meinen Augen, dieFarbe, die am Ende der Flamme herrscht? Täusch dich nicht in mir, bedeutetdas. Und Shuang Zhao beschreibt einen Liebenden, der, auf dem Gipfel derLeidenschaft, es einfach wagt, sein Herz zu zeigen. Das kann ja das Schwie-rigste sein.Weshalb es zuweilen besser ist, mit sich selbst ein Rendezvous zu haben an-statt mit jemand anderem, wie im diesjährigen Siegergedicht von Ilka Fried-sam. Ein kleiner, feiner Text, der sich auf den ersten Blick unspektakulär gibt,aber mit seiner Mischung aus sprachlicher Leichtigkeit, Subtilität und Humordie Jury überzeugte. „Das Glück haucht Muh“: Für einen perfekten Momentbraucht es manchmal gar nicht viel – und für ein perfektes Gedicht nichtimmer den großen Auftritt.Wie man mit wenigen Mitteln starke Effekte erzielt, das macht uns GernotKrottmaier vor, der diesjährige Humor-Preisträger. „mögliche steigerungeneines erfolgsrezepts“: Was der Titel so groß angekündigt, wird im Text genialgebrochen. Eine absurde Aussage, todernst verkündet – dieser Humor kommtscheinbar unbeabsichtigt daher. Gerade darin liegt seine Wirkung.Wie bei jedem Jokers Lyrik-Wettbewerb spiegeln sich auch gesellschaftlicheThemen in den Einsendungen wider. Gleich zwei Gedichte – von Nambowa Mu-
© an der Gedichtezusammenstellungby Jokers in der Verlagsgruppe Weltbild GmbH, Augsburg 2011In Zusammenarbeit mit Autorenhaus Verlag, Bundesverband jungerAutoren und Autorinnen e. V. (BVJA), Das Gedicht, Gutshotel Groß Breesen,hoerspielgemeinschaft.de, literaturcafe.de, TextArt und Uschtrin Verlag.Die Rechte an den Einzelbeiträgen liegen bei den Autoren.Die Schreibweise der Gedichte ist von den Autoren vorgegeben.Redaktion: Dr. Christiane Schlüter, AugsburgCover und Innengestaltung:Atelier Lehmacher, Friedberg, www.lehmacher.de
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Inhalt
Abel, Uta: refresh . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30Albe, Erika: Kein Gedicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17Ashauer, Klaus: liebe rosamunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53Ay, Margitta: Karriere-Knick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112Baar, Simon: Der Schrei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22Bartok, Demien: Am Rand der Nacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62Berger, Ruedi: Sternenfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33Biering, Jutta: Lyrik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94Braun, Jürgen: Liebe des Lebens… . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19Braun, Ute: geburtstag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34Brenne-Markner, Ingeborg: ungesagt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24Budimir, Dejan: Schöpferisches Greifen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87Czollek, Max: unplugged in berlin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26Dirx, Jörn-Peter: Was du nicht wissen kannst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69Eichhorn, Angelika: gießkannenprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120Erdmann, Roswitha: Himmelsherrscher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77Faryar, Massum: augenblicke und dauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70Fix, Julietta: Eismeer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82Freundl, Edith: Verschlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118Friedsam, Ilka: Rendezvous . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11Fuchs, Brigitte: Liebesbeweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96Gaßmann-Eisenlohr, Silke: Schwereleicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76Gerlach, Claudia: Abends am Schreibtisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101Goossens, Anja: Alles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45Gottschalk, Bernd: tod am vormittag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47Graumann-Riedlinger, Marita: lichttrunkene tage . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43Gressmann, Ursula: Tage wie dieser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52Grüneberger, Ralph: Karibischer Bergnebelwald . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46Haase, Silke: Der Schwan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80Hart, Marisa: blind date . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20Henke, Juckel: Vincent van Gogh . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
galu und von Delschad Jankir – erzählen von kindlichen Erfahrungen mit Ras-sismus. Und Massum Faryar entwirft vor dem Hintergrund einer Flucht aus Af-ghanistan ein Lebensbild, das von dauernder Suche und von Heimatlosigkeitgeprägt wird. Sehnsucht auch hier – nach Zugehörigkeit, nach Ankommen-dürfen. Eine vergebliche Sehnsucht.Und dann Japan: Fukushima, wo am 11. März 2011, nach Erdbeben und Tsu-nami, eine Serie von Nuklearkatastrophen begann! Mitgefühl für die Opfer inJapan und Angst vor der nur unzureichend beherrschten Atomkraft sprachenab da aus zahlreichen Einsendungen zum Jokers Lyrik-Preis, der zu jenemZeitpunkt schon gestartet war. Stellvertretend für diese Beiträge steht HelgaRodrians „Nippon-Kind 2011“.Trotz aller Schrecken den Lebensmut und einen Blick für das Schöne zu behal-ten, dazu fordern wieder andere Autoren auf. Ute Braun zum Beispiel, die in„geburtstag“ davon spricht, dem Himmel einen Schneid abzukaufen. Oder Ve-rena Lang, die in „geben und nehmen“ dem Erscheinen einer Putzfrau imKrankenzimmer Tröstliches abgewinnt. Und auch die Idyllen dürfen nicht feh-len, die selbstvergessenen Betrachtungen kleiner Paradiese, etwa einesherbstlich beschienenen Gartenstücks wie bei Gisela Hevekerl.Für die Jury des nunmehr neunten Jokers Lyrik-Preises war es auch diesmalnicht leicht, aus all den guten Einsendungen die preiswürdigsten auszuwäh-len. Wie immer hätte man noch mehr Einsendern eine Auszeichnung ge-wünscht. Dank der zahlreichen Sponsorenpreise konnten jedoch wieder vielegelungene Texte prämiiert werden. Und viele weitere sind in die Jokers Ge-dichte-Datenbank aufgenommen worden und können unterwww.jokers.de/gratis-gedichte nachgelesen werden.Diese Sammlung erscheint nun erstmals nicht in gedruckter Form, sondern alsPDF zum Herunterladen. Das ermöglicht eine noch bessere Verbreitung unterLyrikbegeisterten. Geben Sie die Anthologie weiter – und sagen Sie es auchanderen: Am 1. März 2012 beginnt auf www.jokers.de(at/ch)/lyrikpreis derzehnte Jokers Lyrik-Wettbewerb!
Viel Freude mit dieser Anthologie wünschtDr. Christiane SchlüterKoordination Jokers Lyrik-Preis
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Petersen, Marion: Der Kuss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60Pricha, Manfred: ein mann sieht rot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93Rätzer-Bähr, Bettina: Warum es besser ist, gar nichts zu tunund sich einfach nur mal auszuruh’n . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66
Rodrian, Helga: Nippon-Kind 2011 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16Römer, Werner: Februar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117Saadi-Varchmin, Beatrix: kleine nachricht an Virginia Woolf . . . . . . . . . . 27Schaus-Sahm, Wilfried: mallorca im frühling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104Schleicher, Kurt: Deshalb, deshalb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58Schlettwein, Sylvia: Warten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92Schlößer, Monika: meer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110Schmalstieg, Beate: das weiß doch jede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36Schmidt, Armin: lissabon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99Schneider, Wolf: Sommerfrische . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124Schweppenhäuser, Christine: Papa schweigt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35Seidel, Stephan: Danke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79Silberbusch, Peter: Wenn um 6 Uhr früh der Tinnitus pfeift . . . . . . . . . . 119Spinger, Paul: Wenigstens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121Spreitz, Josef: Volks-Begehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111Stachler, Alke: was ich heute getötet habe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51Stecher, Stefanie: Trennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50Stöhr, Olaf: Gedanken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95Thibaut, Sigrid: Reine Luft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81Traut, Alex: Winterträume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48Triesethau, Maria: Sprachlos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84Trippner, Sebastian: Insel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109van Deijk, Lili: Am See . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78Verhoff, Michael: Moor-Chor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90Weber, Margrit: bilder aus Kosova . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40Wieser, Klaus: über den winter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56Winkler, Brigitta: Du Schmarrn… . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102Woest, Ilona: kleine randgezackte fotos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38Zehntner, Christoph: Dichterglück . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105Zhao, Shuang: Er liebt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25Zimmermann, Cornelius: Pandora . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108
Herholz, Marita: Stille . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83Hevekerl, Gisela: Herbst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97Hochfellner, Veronika: Tick der Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64Hocke, Sebastian: Hunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12Horlacher, Jan-André: ein wal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54Huch, Simon: Verpasst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113Hummel, Felix: Knirschender Leerlauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63Ibrahim, Christine: Der Zombie-Hase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89Jankir, Delschad: Hosenlied . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107Jorjan, Henriette: Morgens in Charlottenburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44Jung, Niklas: wellenreiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122Kaiser, Cornelia: Katze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100Kimm, Katharina: Irrung & Wirrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114Kinskofer, Andrea: heute nicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85Kischa, Ilona: Vogelbeeren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98Kmitova, Jana: so langsam wie ein haar wächst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86Kokot, Sascha: ist das letzte Holz vom Hof geholt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32Köster, Didi Costaire: allein.gelassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31Kovanda, Nicole: Klatsch und Tratsch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88Kraus, Rudolf: fatalismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41Kremer, Arndt: An der Mauer eine Wunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23Krottmaier, Gernot: mögliche steigerungen eines erfolgsrezepts . . . . . . . 15Lang, Verena: geben und nehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37Langenfeld, Klaus: Welch herrlicher Tag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115Lanser, Gabriele: Sag mir sag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57Lochbaum, Iris: Bei dir . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28Ludwig, Siegfried: die welt neu denken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42Luger, Katharina: In der Laube . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49Maas, Helga: Tunesischer Händler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18Melzer, Bettina: onlife . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39Meyer, Brigitte: Großmutter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14Mugalu, Nambowa: Kindergebet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106Münster, Peter: Der Urknall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123Münz, Katharina: Schnee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116Neuner, Andreas: Der blaue Schrei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
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Ilka Friedsam
Rendezvous
Ein Rendezvousmit rotem Weinein Ich ruft Duim Kerzenschein
Ein Rendezvousdas Du spricht vieldas Ich hört zuund träumt vom Nil
Ein Rendezvouses ist vorbeidas Ich denkt Puhund sagt Good bye
Ein RendezvousSalat und Fischso ohne Dunur Ich und Ich
Ein Rendezvousmit sich alleindas Glück haucht Muhim Mondenschein.
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Mit zugeknöpften Jacken und ausgetretenen Schuhenspucken wir den Namen unserer Stadt auf die Straßeweil sie uns mit den Jahren immer fremder wirdhinter all dem verdreckten Glas und dem grauen Beton
Bis in den Morgen sind die Menschen wie Hundeverbeißen sich ineinander und verteidigen ihre HöfeManchmal gibt es Schläge und Schlaflosigkeitdann schmeckt die Nacht nach Erbrochenem
Überall stinkt es nach Schauplatzeuphorieauch wenn um uns nichts Besonderes passiertIch sage ich fühle mich wie ein Mörderund fürchte wir verschwenden unsere Zeit
Aus weiter Ferne ertönt großes GeheulAutounfallschönheiten ziehen an uns vorbeiDu sagst jeder hat sein eigenes Tempound zündest dir eine Zigarette an
Sebastian Hocke
Hunde
Ich häufe immer weiter Sehnsucht anauf den Parkplätzen hinter dem Containerwo wir im Wagen sitzen mit der Hand auf der Heizungwährend wir den Motor laufen lassen
Im Radio läuft wieder Killing MoonIch trinke Rotwein aus der Flaschedu wärmst den Gin in deinen Händenbis wir ganz umhüllt sind von Mixtape-Melancholie
Deine Stimme riecht nach Wacholderwenn du sagst dass du nicht an Wiederholungen glaubstund ich fürchte dass die Nächte immer kürzerund die Tage immer länger werden
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Gernot Krottmaier
mögliche steigerungeneines erfolgsrezepts
tiki takatiki tiki takatiki taka takatiki tiki tikitaka taka taka
tiki taka tukuaber daswäre zuviel
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Brigitte Meyer
Großmutter
Einkaufsnetz und schwarze Möbel.Warten auf die Dunkelheit.Winterwäsche, Schlitten holen.Blaue Steine – eisigkalt.
Haarnetz über feinem Haupt.Fugen in der Dämmerstunde.Seife, Sahne, Fragezeichen.Starke Schritte – letzter Kunde.
Wäschemangel – Frauenluft.Laute Stimmen, Päckchen suchen.Stärke, Dampf und Damastglanz.Heimweg fließt – auf Schlittenkufen.
Netz verblasst in alter Tasche.Wintersonnenelegie – .Blick vom Fenster auf die Gasse.Hab gedacht – verlässt mich nie.
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Erika Albe
Kein Gedicht
Dieses hier ist kein Gedicht.Es hat kein Vers-Maß und es reimt sich nicht.Es ist nicht klassisch, doch auch nicht modern,nicht ganz verrückt, jedoch auch nicht nur brav,es sträubt sich noch,…kann sich nicht leicht in Neues fügen.Es ist wie ich,der Anfang kennt das Ende nicht.
Darum ist dieses kein Gedicht.Gedanken nur,die durch die Gegend fliegen,die mit mir spielen manchen Tagund mich vergessend weiterziehn,rastlos eilend, manchmal still.Ich freue mich und mach die Augen zu,ein wenig ist es auch wie Du.
Helga Rodrian
Nippon-Kind 2011
Weine, Wind, weine,die Felder sind tot,die Straße der Steine,ein Kind drauf in Rot.
Ein Hut sitzt verwegen,ein Mäntelchen dran,die Stiefel voll Regen,wer zog sie ihm an ...
Die Tasche, die große,gefüllt rasch mit Kram,ein Seidenschal, lose,woher es wohl kam ...
Wohin mag es gehen,fast grimmig der Schritt,es sieht ohne Sehen,die Mutter läuft mit.
Weine, Wind, weine,die Trümmer sind kalt,und schau nur, die Kleineist heute schon alt.
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Jürgen Braun
Liebe des Lebens…
Sieben Leben möcht’ ich leben,zwei davon allein mit dir,würd’ mein drittes dafür geben,wärst du Leben Nummer vier.
Leben fünf mit dir wär’ kläglich,gäb’s danach kein sechstes mehr,wo ich ganz und gar und täglichnur mit dir zusammen wär.
Hältst du dann in Leben siebenmeine Hand noch in der deinen,reicht mir dieses eine Leben,in dem alle sich vereinen!
Helga Maas
Tunesischer Händler
Im Laden Wasserpfeifendie Bodenvasen stellt er unsvor Teppiche Vorhängedie Frau Schüsseln bemalteKeramiken geordnet dieKinder Taschen Stoffe erredet Französisch wickeltmich ein ins buntGewebte bodenlang setztmir den Kopf richtigin den schwungvollen Huter schiebt dich herüberrückt zusammen unsins Spiegelrund erstauntfindet jeder seinLächeln im Anderen
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sie chatten bis zum eveningder datenhighway ist ihr dingone last blick noch auf ihr bilddann blinkt das laptopakkuschild
computer aus und schuhe an,he leaves die wohnung to have funhe drives im auto durch die stadter hat das singleleben satt
he parks den wagen und steigt aushält es zum highlight kaum noch auser geht along and styles his hairträumt von spending time with her
but then am treffpunkt angekomm’sieht er sie und schleicht von dann’ein fake-profil it must have been… trust nur what you’ve vorher seen!
Marisa Hart
blind date
beim schnellen flirt im internethe finds the girl that he gern hätt’a single model ohne kidswho hears dieselben megahits
he loves her fotos im profilsends her a message in his stilsie schreibt ihm back a few days laterher lovely text makes him feel greater
they compare notes in SMSshe sounds nett and very kesssie liebt romantik und hat gelder wünschte he could be her held
sie woll’n sich meeten auf ’nen drinkim restaurant, he gets the linkhappy he watches die locationund freut sich dabei aufs daten
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Arndt Kremer
An der Mauer eine Wunde
Unter schminkverwischten Lidernfing der Himmel Lerchen einSäufer floh’n auf müden Gliederntraurig in den Mond hinein.
Lichter malten, schön umrissendein Gesicht an eine WandRegen fiel. Ich wollt es küssenEs verschwand.
Katzen kamen vor die HundeIn den Straßen schrie das WildAn der Mauer eine Wundeblieb in meinem Schattenbild.
Simon Baar
Der Schrei
Asphaltiere meinen Atem,bombardiere mir das Herz,zementiere mich auf Ratenund vernetze meinen Schmerz,maschiniere meine Seele,fusioniere meinen Geistund verbinde meine Kehlemit der Schicht, die mich verschweißt,fixe Müll in meine Venen,banderole mich mit Geldund auf ausgeschlagnen Zähnenschreib als meinen Grabspruch: Welt.
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Shuang Zhao
Er liebt
Er liebtin nachtbedecktem Raumlässt die Fingerauf den Saitenzügellos springenEr trinkt nicht wildlacht auch nicht lautnur im monderhellten Raumzeigt er ruhig ihrsein Herz
Ingeborg Brenne-Markner
ungesagt
wir können nichtandere seinso leben wirhaut an hautnur hin und wieder streiftrauer wind unsere wimpernund wir gehenmit halb geschlossenen lidernauf der hinteren seiteder weltals sei das allesentbehrlichdas taube gefühl meines armsin dem dein kopf ruhtmein mund auf deinemals sei das allesegal
dein fallengelassenes blasses gesichtdie spitzen in unserer hautals seien wir fakireund was morgenfür ein tag sein würdewenn du gehstund alles wäre verschobenfenstertürendachund der schneewehte mitten im sommerdurch unser haus
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Beatrix Saadi-Varchmin
kleine nachricht an Virginia Woolf
Virginia, manchmal muss ichmit deinemmauve- und malvenfarbenenwolfsrudel um die wette heulennachts, wenn Mrs. Dallowayim zimmer für sich alleinan ihrer gästeliste tüfteltder leuchtturm sein stetes blinkenüber die wellen wirftsterne statt bomber fliegen(ja, auch ein paar sputniks dazwischen)und du am grunde der Ouzeden stein aus der tasche ziehstaufsteigstmit nassen füßenhinüber ins gartenhaus gehstdem schaukelstuhl schubs um schubs versetztund deine feder wiederdie fährte zu wittern beginnt
Max Czollek
unplugged in berlin
unten im hof versammeln sichflüsternd die nachrichtensprecherund tippen mit ihren fingern aufeiner streunenden katze den taktfür die halbe stunde monotonie
hinter gardinen ein paar körperstöhnen im zitat und nirgendwoein piratenkanal bloß plastikgabeln für omas windbeutel:sahnecreme auf segeltüchern
wir hängen unsere flaggein diesen kursiven momentder fast zu schade ist sagst dufür eine spätere verwendungnach all dem live-und-dabei
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Juckel Henke
Vincent van Gogh
Van Gogh, er malte ufernahWellblech und Garagen,er malte grausam, wunderbar,auch Könige und Pagen.
Er malte schwarz, er malte weiß,er malte bunt und scheckig,er malte wirklich jeden Scheiß,mal sauber und mal dreckig.
Er malte gar den Mummenschanz,er malte dicke Tiere,er malte sehr viel Firlefanz,er malte dunkle Biere.
Nur Kaffee malen war nicht drin,er malte lieber Tee,das kam ihm gar nicht in den Sinn,herrje, herrjemine!!
Iris Lochbaum
Bei dir
Bei dir zu seinwar Tanzauf Spinngeweb.
Leise folgte ichder Melodie deiner Worte.Aus dem Takt war mein Kopf,danach.
Unsere Augen haben Fäden gesponnen,leichte Luftbrücken,auf denen wir uns nie ganz trafen.
Ein Spinngewebüber einem Abgrund,darunterweite Nacht.Und eine Weile habe ich getanzt.
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Didi Costaire Köster
allein.gelassen
du fühlst dich oft alleingelassenbist du deshalb nicht
gedanken sind gemeingefährlichquält dich der verzicht
doch manchmal trügt der scheinim schattenspiegelt sich das licht
Uta Abel
refresh
nachtgebet: noch einmal den tagaufklappen und hinterdie zeiten sehen. einsammeln,was blindheit verstreute,und den arm um jeden trost.das lächeln zwischen den zähnenerinnern und alle lautenstrafen zurücknehmen.ins dunkel eintauchen.
local reboot.
morgengruß: noch in der dunkelheitworte abtrotzen. kraftwerkszoten,keine mauerblümchenaphorismen,um im tagwerkfrontgebietschutzwälle zu haben,ein stacheldrahtherz undschuhsohlen aus leichtlaufleder.
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Ruedi Berger
Sternenfall
Sterne fallen,schweben sachte,gleiten funkelndin die Zeit.
Lippen wispern,lispeln Liebe,küssen sanftGeborgenheit.
Herzen fühlenUnerahntes,sehnen sichnach Ewigkeit.
Sterne fallen,gleiten leise,schweben flimmerndaus der Zeit.
Sascha Kokot
ist das letzte Holz vomHof geholt
ist das letzte Holz vom Hof geholtdie Grube trockengelegtsind die Ställe beräumtliegt kein Schrott mehr im Trogder alte Plunder zerhackt auf der Weideflüchtiger Diesel zwischen den Leistenmuss das ranzige Stroh unterm Dachim richtigen Moment ins Feuer geworfendie Pferde auf den Anhänger getriebender Koppelstrom abgestellt werdenspricht nur noch das Hakenkreuzrelief im Schlusssteindie kyrillische Schrift unter der Tapeteder geborstene Heizkessel im Kellerkaum hörbar die Kammern der Eheleute
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Christine Schweppenhäuser
Papa schweigt
Gibt es ein Wort für „nie mehr schreiben“?Sagt man nicht auch: „Wer schreibt, wird bleiben“?Es bleiben Worte, die jetzt fehlen.Der, der sie schrieb, ist fort. Erzählenwird mancher weiter über ihnund kommt dabei auch nicht umhin,traurig und voller Schmerz zu sein.Denn jeder stirbt für sich allein.
Papa, wenn die Engel obeneinen brauchen, um zu loben,zu kritisieren, zu berichten,- im Himmel herrscht ja auch mitnichtennur eitel Sonnenschein und Frieden –dann nimm den Job, den du hieniedeneinfach aufgegeben hast.(Bist auch befreit von großer Last.)
Du hast mir ganz viel mitgegebenfür Herz und Hirn und für mein Leben.In Liebe Danke ... Im Geheimenwuchs auch bei mir der Hang zum Reimen ...
Deine eig’ne Grabesrede,wohlüberlegt und stante pede,wär’ beißend scharf und voll Humor.Das Alphabet trägt Trauerflor.
Ute Braun
geburtstag
dem himmel auf erdeneinen schneid abkaufenim leben liebendam atem ersaufenden kopf auf der sonnedie augen immondalleine schon dafürhat’s sich gelohnt
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Verena Lang
geben und nehmen
spitaleintritt
die sekretärinnimmtdie personalienund gibtetiketten mit einem strichcode
die schwesternimmtdie kleiderundgibt ein nachthemd
die assistenzärztinnimmtdein blutund gibttabletten
Beate Schmalstieg
das weiß doch jede
das weiß doch jededass sie untern bettenmesserwetzend liegen
lotgrauschwer die angstweiß jededass die mutter lügtder vater falsche schwüre schwörtdie oma leise betet und umsonst
das weiß doch jededass nur die schattenschwarz auf der gardineund in dem großengummibaum am fensterund im regalbeim teddy und der susisich traundie wahrheit sagenund verblassen
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der professornimmtdie hoffnungund gibtdie diagnose
endlich allein
kommt die putzfraunimmt den staubund gibtdir ein lächeln
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Bettina Melzer
onlife
onlife bin ich und ich stehbeidbeinig auf wwwwilde wunder wiese kleebloggt mit punkten in rosélerchen flirten hell im chatwenn ich dort nur zugang hättwie die butterblumen twitternmit den witzigen margritternwind mailt: raps ist feldtrendsetterund im anhang blütenblätteronlife schreib ich diesen verssiehst du mich bei google earth?
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Ilona Woest
kleine randgezackte fotos
das also sind die lichtfalten des lächelnsdie zugriff hatten
auf die kammer meines muskulösen hohlorgans
die in tateinheit mit restkörperverletzung eingedrungen sindin den intimbereich meiner träume
und in den spalt zwischen den rippenfellblätternin dem ein unterdruck
meine lungen in ihrer gedehnten lage hält
heute ist dieses lächeln auf den vergilbten fotos geronnenund auch meine hand, die dich einmal berührte
ist mir im spiegel zerbrochen
heute im sog beschleunigter datenströme versuche ich nocheine kleine verzauberte stille zu finden
ich stehe mit randgezackten fotos im scherbenblau meines zimmersan der innenseite der tür hängt dieses bitte-nicht-stören-schildund hinter unserem kleinen hotel blutet die sonne ins meer
durch verschiebbare pigmente in den farbstoffzellen meiner hauthabe ich mich allen farben meiner umgebung weitgehend angepasst
unter den zarten fäden erloschener glühbirnenhöre ich kleine erfundene wesen
sie flüstern mit sanften traurigen stimmendie niemand versteht
Rudolf Kraus
fatalismus
wir geben allen dingeneinen namen
allen tierenallem was wächstdirmir
selbst die apokalypseheißt so
4140
Margrit Weber
bilder aus Kosova
die straße zur stadttätowiert von den panzerntankstellengesäumt
shoppingcenter volltiefkühltruhen und kerzengegen stromausfall
plastikblumen fürdie getöteten adleram heldenfriedhof
nur karger schattenhinter der großen moscheeUNO soldaten
roma handeln mitzigaretten und kleeneximmenschengewühl
vor bretterbudengrüngoldene berge vonwassermelonen
aus schlanken gläsernschlürfen zahnlose alteschwarzbitteren tee
immilden südenwächst an friedlichen hügelnillyrischer wein
am hohen himmelkreisen vögel schwarz und rotfliegen sich frei
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Siegfried Ludwig
die welt neu denken
die welt neu denkenoder vielleicht nurden menschen sodass sonnenuhrenund kompassnadelnnicht längerauf vernichtungzeigen und unsein schlüssel zufälltfür die botschaft der steinefür die bittschrift der blumenfür das credo der fische
Marita Graumann-Riedlinger
lichttrunkene tage
zeit mit dir schmilztwie sahne in sonnesüß und schaumiglichtgeronnen
wir sind nicht danur hier bei unsdie klingel verhalltim lautlosen raum
lichtflecken finden unszwischen den kissenam sonnenstaub auf dirnasch ich mich satt
die sorgen: in freiheitsie schweben dort obenentwischen unerkanntdurch den fensterspalt
wir lächeln und spielenmit zeitlosgeflechtenunvergessen:die sonne und du
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Anja Goossens
Alles
Wir hätten allesAlles haben könnenIn einem Garten lag verborgenHinter hohen Hecken ein HausWir hätten nur die TürÖffnen brauchen allesAlles war daWir hätten allesAlles haben könnenBeeren, Blumen, Bett und BücherBilder, Bäume, Tisch und TücherWir hätten allesAlles haben könnenTagsüber hätte weißer RauchSich gekringelt überm DachDie Fenster wären hellErleuchtet gewesenIn der Nacht
Henriette Jorjan
Morgens in Charlottenburg
Fingerkuppen wandern überSchmiedezaunspitzenAbsätze klapperntreffenzielbewusstmittigPflastersteinehölzern schwer Eingangstoröffnet sich nur mit festem Druckgegen kunstvolle Verzierungen
Hinterhofschritte verhallenschlängelnder Efeu bedecktLöcher des KriegesSechs-Stockwerk-Rechteckbaukunstleitet das Lächelnwinkliggeradewegs ins Herz
Häuserwände sich häutenPutz entblättert graustumme Mauernfrühe Schläfrigkeit grinst mich anmorgensin Charlottenburg
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Ralph Grüneberger
Karibischer Bergnebelwald
Strichcodes der BäumeVom Licht gebrochenVor dem Einschlag.
Gerodet die MorgenseiteGerodet die MittagsseiteGerodet die Abendseite.
Das Land versengtVon der Sonne, verlorenFür den Schatten.
Nimm nicht Anstoß, der dusatt bist
Dass der Holzköhler sichertSeiner Familie die Mahlzeit.
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Bernd Gottschalk
tod am vormittag
im radio wimmert ein saxophon,angstvoll stöhnt die sängerinsich jammernd hin, zum letzten ton;wahrscheinlich ist’s zu eng da drin.
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Katharina Luger
In der Laube
Ein Großes,so wie Wahrheit.Ein Schweres,so wie Mensch.Lass’ ich unversucht.
Und setz’ein Kleines,setz’ ein Leichtes,so wie Kummer,so wie Ach.
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Alex Traut
Winterträume
Eis auf Pfützen, starre Zapfen,buntes Funkeln, Stiefelstapfen,Eiskristalle, weiße Bäume,Schneegestöber, Winterträume.
Weiße Blumen an den Fenstern,Atemhauch von Schneegespenstern,kalte Scheiben sanft beschlagen,Frostblüten an Wintertagen.
Schneeverkrustete Gestaltenaus der Kälte sich entfalten,schneebedeckte Eisskulpturen,sanft verblichene Konturen.
Eis auf Pfützen, starre Zapfen,buntes Funkeln, Stiefelstapfen,Eiskristalle, weiße Bäume,Schneegestöber, Winterträume.
Dürre Äste, kahle Wälder,Taubenetzte, leere Felder,über Wiesen Nebelschleier,starre Wasser auf demWeiher.
Stumme Himmel, stille Weiten,scharfe Winde, kalte Zeiten,unter Schnee die Welt gefroren,Friede aus dem Eis geboren.
Eis auf Pfützen, starre Zapfen,buntes Funkeln, Stiefelstapfen,Eiskristalle, weiße Bäume,Schneegestöber, Winterträume.
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Alke Stachler
was ich heute getötet habe
was ich heute getötet habe:wieder irgendeinen traum gleichbeim aufstehen bei den unbemerktenist es ganz leicht und ca. 50 afrikanischekinder beim frühstück eine mottereste einer metamorphose mit dem fußviele kleine tiere die imstaub wohnen stunden einige körperzellen und pläne vonflucht einer schiff fahrtbis in die offene tiefseemuschel hinein und vielesmehr in mir es hängt in den bäumenvor dem fenster und im regenwald verteilt und irgendwann wird esabfallen in den erdkernsinken morsche substanz
Stefanie Stecher
Trennung
Kohlendämpfe. Knochenberge.Zertrümmerte Herzen. Häuserruinen.Knabenstolz. Kindergebete.Zerstörte Zuneigungsversuche. Stadtspuren.Kreuzwege. Klosterstuben.Zugesperrte Türen. Einsamkeit.Käfigträume. Klagelieder.Zuckende Züge. Heimweh.Kälte. Krieg.Zorn.
Diktatorenschmaus. Dornenkronen.Durchwachte Dunkelheit. Angstschweiß.Rhythmische Ratlosigkeit. Reisenächte.Doppelbereiche. Donnermusik.Die Distel. Pfeffermühle.Ringsum Reichtum. Grenze.Deutschland. Berlin.
Geblieben.Mütter.Ohne Söhne.Wunderwaffen.Unterm Schnee.Alte Männer.Noch immer verwundet.Liebesbriefe.Zum Abschied.
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Ursula Gressmann
Tage wie dieser
Zerkratztder blaue HimmelKondensstreifenkreuz und querwie Federstricheüber mirBrücken ausfederleichtenWolkenschleiernschwimmenpuderweißdazwischenich treibe in der Zeitlasse das Seil losdas mich hält
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Klaus Ashauer
liebe rosamunde
liebe rosamunde, vorstellbar ist so ein spätsommergarten,der mit seinem bernsteinlicht sanft einfällt
über unser organisch gestaltetes naturholzbettüber deine im klassischen rheingauer honigton
vibrierenden schenkel.über das simsalabim von zunge und verzaubertem
blütenweich.
rosamunde, ein samtweiches scharmützelin der leistengegend.
und dein citrisches seufzenwie von quitte und von heller beerigkeit umspült.eine auftauchende lavendelnote im mittelspiel.bevor uns der nachklang des leisen abgangsmit ein bisschen lametta und lorbeer gelingt.
mein zuckersäugling, kein feines säurespielmit citruskomponente im elektrischen nervensystem.nur noch das schwache wispern der stromversorgung
und die aufgebrochene stimme unserer herzenin unseren wärmebedürftigen körpern.
die so lange ganz alleine waren.und einsammit
ihrer vergangenheit.
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Andreas Neuner
Der blaue Schrei
In einen Krater fallend, wir:Kitschige, herzzerreißende Rottöne,goldgelb von Zitrone bis Dotterund als Magmamischmasch Orange.
Du hattest diesen Ausflug geplant,weil du Feuer bist, wie du sagst,Farbe brauchst in deinem Lebenund dich mit mir langweilst.
Aber du hast das Blau vergessen,das fahle, fast durchsichtige Blau.Kalt züngelt es am Ende der Flamme,in meinen Augen, dort, wo die Hitzebirst.
Jan-André Horlacher
ein wal
ein wal
lautlos steigt er emporaus der tiefe
der helligkeit entgegen
mit gewaltiger kraftdurchbricht er zwei welten
frische zeigend
der fliegende körperspiegelt sichoberflächlich gesehen
wasserperlenkettengeschmücktverschwindet er wieder
alleinumspült
glitzerndes sonnenlichtdurchflutet die tiefen
schillernde farbenzerlaufen in sich
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Gabriele Lanser
Sagmir sag
stand deine Nase schon immer sogroß dir so groß im Gesicht und sagwar dein Bein auch dein Bein mir schongestern verloren und an welchen Krieg
ist es weil du nicht mehr springst überGräben mit mir um die Wette nie mehrdie Welt mir zerteilst in Stücke den Kuchendrei Mandeln versteckst mein Glück
ist es weil ich jetzt richte die Lakendie Hand dir halte bereite das Brotmit Lippen sanft berühre sehr sanftwenn du schläfst deine Stirn
ist es weil ich dich jetzt täglich besuchedu in weißen Kissen immer häufigerschweigst mit wachen Augen schaust
Kind sagst du Kindund siehst eine andere Zeit
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Klaus Wieser
über den winter
hat der waschbeton moos angesetztaus dem loch in der dachrinnetropft regenwasser
ausgefranst und bleichbaumeln die gebetsfahnenginkgo und lorbeer treiben aus
wie ein schwarzes lagerfeuertanzt der schusterpalmenschattenüber die nassen steine
in der ecke vergessenlehnt der reisbesenrostige dosen rollen hin und her
in den holzpantoffelnhaben asseln und weberknechtequartier bezogen
das gelbe messer stecktim frischen grün vonschnittlauch und basilikum
betörend duftet der jasminin plastikkübeln verrottendie küchenabfälle
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Das Märchen singt ein Sagenlied.Ein Körnchen Wahrheit keimt und blüht.Man hört Gerücht und spricht Gericht –und deshalb, deshalb sprech ich nicht.
Wie man hineinruft, schallt’s zurück.Ein Echo für den Augenblick.Doch manchmal bringt’s dem Rufer Mord –und deshalb rede ich kein Wort.
Der Wörtersumpf ist giftig zäh.Die Grube voll mit A B C.Gerat ich rein, zieht’s mich zum Grund –und deshalb halte ich den Mund.
Ich sag nie mehr: „Es tut mir leid!“Kann’s nicht, weil ich schon vorher schweig!Versprech niemals, dass ich verzeih.Hier ist mein Wort, brich es entzwei!
Kurt Schleicher
Deshalb, deshalb
Ich kann mich nicht mehr gut erklären,mich gegen Wortgefechte wehren.Ihr dreht den Hals im Wort mir um –und deshalb, deshalb bleib ich stumm.
Ich hinterfrag und wäge ab,ob ich denn Argumente hab!Kaum hingesagt, mir widerspricht’s –und deshalb, deshalb sag ich nichts.
Ich dresche keine Phrasen mehr.Die Wortschatztruhe ist fast leer.Dichtung verknappt unweigerlich –und deshalb, deshalb schweige ich.
Ich sag nie mehr: „Es tut mir leid!“Kann’s nicht, weil ich schon vorher schweig!Versprech niemals, dass ich verzeih.Hier ist mein Wort, brich es entzwei!
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’nen langen Hals macht jetzt ein Kauzund kurz darauf ein Schaf, dem graut’s.Es kommt ein Löwe, dann ein Bär,und dem gefällt das Schauspiel sehr.
Und voll und voller wird der Platz.Man sieht hier Tiger, Schlange, Katz,Giraffe, Maus, Rhinozeros,Flamingo, Hund und Albatros.
Ein jeder hat ’nen Kommentar,sagt, wie bei ihm die Liebe war.Der Worte viel sind klar zu hör’n,die Knutscher lassen sich nicht stör’n.
Jetzt ist es günstig, denkt der Hundund küsst den Tiger auf den Mund:Start allgemeiner Knutscherei,zum Schluss ist Dickhaut auch dabei.
Marion Petersen
Der Kuss
Ein junges blaues Känguru,das knutscht mit einem gelben Gnu.Und beide knutschen sie so sehr,die Welt, die sehen sie nicht mehr.
Die Elefantenkuh steht still,weil sie dem Knutschpaar zusehn will.„So was ist früher nicht geschehn,ich mag das gar nicht gerne sehn.“
Nun kommt ein Schmetterling von weit,der schon vom Nektar ziemlich breit,sieht nur, dass Blaues Gelbes liebt,was zweifelsohne Grün ergibt.
Dem dicken alten Krokodilwird diese Knutscherei zu viel.Es öffnet kurz sein großes Maulund stößt heraus ein lautes Jaul.
Das Känguru und auch das Gnu,die bringt all das nicht aus der Ruh.Ein Mund klebt fest am andern Mund,so geht der Blick nicht in die Rund’.
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Felix Hummel
Knirschender Leerlauf
auf Seidenpfoten trampelt sie, zwischen zwei Minutenerst Zaungast, dann ein lauter Nachbarwas hilft sie, so ohne Ziel, die, die ständig Gespräche suchtdie launische Katze, die auf die Tastatur springtdie Party in der Wohnung unter unsdas Gewitter im Fernsehprogrammstatisches Rauschenein leer laufender Motorein trocken gebrannter Wasserkochervergessen in der Küche bei winterlich offenem Fensterder knirschend-dreckige Boden unter sauberen Sockenim SchlafzimmerSand, in allen seinen EigenschaftenBurg oder im Getriebe, im Kuchen und zwischen den Zähnendas ist sie, die Lust.
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Demien Bartok
Am Rand der Nacht
Ich rotte meinen Körper zusammenstoße ihn in die Nacht raushabe eine Menge vor heute.
Wir müssen uns darüber im Klaren werden,dass das Kohlendioxid unser Freund ist.Ich übermale alle Plakate unterwegsmit schwarzer Farbe.
Komm aus deinem Loch heraus,wir besorgen uns Benzin.Wir zersetzen unsere Worte mit Wodkaund kotzen uns gegenseitig voll,erheben uns über die Menschen,pflügen unsere Körper durch morgenmatschige Felder,reißen uns alle unbrauchbaren Organe rausund tanzen wie betrunkene Kinder dem Sonnenauf-gang entgegen.
Ich bin irgendwie lustig auf ein bisschen Tod.Warum schaust du so seltsam?Ich will ein anderes Gesicht sehen.
Lass uns auf den Baum da kletternund erzähl mir von Liebeund ich erzähle dir was über Ambivalenz.Mein Herzschlag macht mich ganz blöd,ich will nicht mehr zurück in die Stadt,ohne wie ein Junkie auszusehen.Meine Brille ist schon verbogenund die Klamotten verdreckt wie sonst nichts.
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Und die Eierdie sind ausgeflogen.Den Kuchen hab ichmit Brot betrogen!
Der Käse (der Ärmste)singt Trauerlieder.Oh ich willmeine Sachen wieder!
Der Zwieback warfein paar Semmeln hinaus –und ich,ich ziehe auch bald aus!
Da hilft kein Raufen –nur mehr Coffee-to-go(so nennt manSaufen-im-Laufen).
Veronika Hochfellner
Tick der Zeit
Meine Buttererwachte als Joghurt-Margarine,der Honig am Morgenentflog als Biene!
Meine Milchhat sich entrahmt.Nur die Zucchinihaben sich erbarmt!
Marmelade und Pudding –entlaufen,Activia- und Müllerjoghurt:Sie raufen!
Der Zuckerhat sich versteckt.Die Schokoladesich selbst verschleckt.
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Frische Lüfte lautlos schleichen,auf dass Gestank nun möge weichen.
Auf dem Heimweg ist der Vater,ahnt nichts vom häuslichen Theater.Doch! Oh gräuslig Missgeschick,viel zu spät erkennt’s sein Blick.Juniors Zweirad hat er überseh’nund kommt erst viel zu spät zum Steh’n.
Der Aufprall ließ sich nicht vermeiden.Zunächst muss nur das Mofa leiden.Knirschen, Scheppern und ein Schleifen,und da fliegt auch schon ein Reifen.Dieser wirbelt voller Tosendurch Mutters preisgekrönte Rosen.
Rückwärts will der Alte setzen,um nicht alles zu zerfetzen.Vor Wut der Unfallfahrer zischtund glatt den falschen Gang erwischt.Der Wagen aufgebäumt prescht vorund brettert ins Garagentor.
Drinnen lag paratWerkzeug aller Art.Dieses schleudert hoch nach obenund fällt klingelnd teils zu Boden.Nur ein Hammer muss beileibezerschlagen noch die Fensterscheibe.
Bettina Rätzer-Bähr
Warum es besser ist, gar nichts zu tunund sich einfach nur mal auszuruh’n
Hund schnarcht nutzlos auf dem Sofa,Sohnemann schraubt an demMofa,Mutter steht am heißen Herd,Vater schnell zum Tanken fährt,Töchterchen mit lästig Pickeln,pubertiert beim Lockenwickeln.
Da! Ein Wehlaut hallt durchs Zimmer,Heulen, Klagen, welch Gewimmer.Töchterchen schaut leicht beschränkt,hat sich die Haare angesengt.Die Ruhe ist fortan vorbeimit diesem allerersten Schrei.
Hausfrau eilt sogleich geschwind,tröstet liebevoll ihr Kind.Doch hat sie leider unterdessenden brodelnd’ Topf total vergessen.Beißend, stechend Brandgerücheerobern gnadenlos die Küche.
Sohnemann rümpft arg die Nase,denn ihn erreichen üble Gase.
Der junge Mann, nun aufgeschreckt,schmeißt sodann das Mofa weg.Pflichtbewusst hetzt er ins Hausund schaltet flugs die Flamme aus.Fenster werden aufgerissen,Gardinen rücksichtslos zerschlissen.
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Jörn-Peter Dirx
Was du nicht wissen kannst
Ich kann auch ernsthaftalso ich meinedass ich nicht nurmit dem Auge zwinkerdas kannst dunatürlich nicht wissenab & zuzwinkere ichdamit du die Tränenicht siehst
Ich kann auch Tiefealso ich meinedass ich manchmaldie Oberfläche verlassedas kannst dunatürlich nicht wissenab & zusacke ich so abdass wir uns nichtmehr begegnen können Ich kann auch Höhe
also ich meinedass ich leichtden Erdboden verlassedas kannst dunatürlich nicht wissenab & zuhebe ich so abdass wir uns nichtmehr erkennen können
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Nun, bei einem solchem Krachwird sogar ein Toter wach.Lachend Nachbar steht am Zaunund traut seinen Augen kaum.Scherben überall verteilt,und die Familie kommt geeilt.
Und auf der Suche nach der Schuldwird mit akribischer Geduldjeder peinlichst durchgemustert,jedem das Übel zugeschustert.An Ausflüchten ist viel parat,doch kommt’s zu keinem Resultat.
Nur Hund ruht schuldlos auf dem Sofaund weiß, dass jeder für sich doof war.
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das paradies meiner jugend nahm ein ende im april des jahres 1978als ein großes rotes gestein aus schwindel erregenden höhenüber unserem haus herabfielsich in tausende glühende teile zersplitterteund alles ummich herum in einer dichten, giftigen wolke verschwinden ließ
die rede war von einer „volksrevolution“, von der das volk nichts wussteund nichts wissen wollte
und danach ging ein fluch durch den hindukuschein gezielter fluch allahswie ein pfeil flog er
von brust zu brustvon ort zu ort
von steppe zu steppeund jeder wurde von ihm getroffen
**
mitte der 80er jahre– ich war bereits ein junger mann –
verließ ich mein zuhause und begann auf der erde umherzuirrenauf der suche nach einer neuen heimat
seitdem trage ich meine wurzeln in meinen schuhsohlenund schlage sie in die kalte luftseitdem ist mein zuhause ein enger raumzwischen meinem kleiderschrank und einem alten schwarzen kofferden ich auf dem fluchtweg vor vielen jahren gekauft habeseitdem trage ich tag und nachtdas erbe meiner vorfahren mit mir:
ein alter vergilbter grüner rucksack
**
Massum Faryar
augenblicke und dauer
ich habe viele namenviele geburtstage und lebensläufeviele maskendoch kein gesichtworauf ich sie tragen könnte
ich habe viele geschichten in der brustdoch keine sprache, in der ich sie erzählen könnte
**
geboren wurde ich in einer stadt, deren name glanz der geschichte wargeboren wurde ich in einer heimat, deren name zu meiner schande gewor-den istund keiner konnte mir je sagen, in welchem jahr es warund ob im frühling oder im herbstdoch meine mutter konnte sich gut erinnernes war im laufe eines regnerischen tagesauf dem fensterbrett des mittleren zimmersals ein weißer schmetterling von außen gegen das fenster schlugund vergeblich versuchte, ins zimmer zu gelangen
**
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und meine herkunft im labyrinth meiner worteich suche meine heimat in den armen fremder frauenmein zuhause in ihrem lächelnmeine identität in ihrem blickund warte hoffnungsvoll vor geschlossenen türen
**
ich passe auf leere flaschen auf, die eine alte türkin bei mir im park lässtwenn ich dort auf einer bank sitze und nach worten ringebis ein anderer sammler kommt, sie an sich nimmt und verschwindetohne dass ich es bemerke
**
ich besuche einen mann in einem großen warmen raum(er ist ein guru mit blonden haaren und enger lederhose)
er sitzt oben auf einem sockel und spricht zu seinem weiblichen publikum:„wenn ihr einen gütigen geist habtkommt ihr nach dem tod in einem reichen land wieder zur weltmit einem bösen geist jedochin einem land voller hunger und armutwenn ihr einen starken geist habtkönnt ihrin eiskaltem winter unter einer brücke stehen
und den hunger aushalten!“„wahrlich, wahrlich!“, rufen die frauen– alle blond, alle schön, alle blauäugig –
im chor
den rucksack habe ich bereits in viele flüsse geworfenum ihn loszuwerdenich habe ihn den flammen übergebendoch er brannte nicht, und er wurde auch nicht nassich habe ihn oft verlorenihn in zügen, cafés, an bahnhöfen und flughäfen liegen lassendoch er fand jedesmal wieder zu mirauf unsichtbaren beinen
voll und schwer ist dieser rucksackträger einer verschlüsselten botschaftdie ich nicht entziffern, nicht begreifen kann
**
ich wache jeden morgen aus einer schlacht wildester träume aufund kann mich nicht an meinen namen erinnerndann wasche ich meine nächtlichen träume mit eiskaltem wassersetze meine brille auf und irre umher den halben vormittagauf der suche nach meiner brilleund betätige dabei einige male die suchtaste des telefonsich mache einen bogen ummeinen briefkastenwenn ich meine wohnung verlassetrage meinen ausweis greifbar in meiner rechten tascheund vergesse meine warme jacke auch dann nicht, wenn hitze angesagt istich zittere vor jeder wettervorhersageund vertraue nicht, wenn manmir sonnenschein versprichtdoch regenschirme hasse ich
(regenschirme erinnern mich an friedhöfe)ich zittere vor dem ausfüllen jedes formularsob an flughäfen, in behörden oder zuhauseich schmücke meinen lebenslauf für jede bewerbung neubügele meine stimme vor jedem telefongesprächbuchstabiere meinen namen in fremde ohrenverstecke meinen akzent hinter langen vokalen
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ich treffe dann einen obdachlosen unter einer brückeder eine rede an sich selbst hältich frage ihn nach der befindlichkeit seines geistesund lasse mich von ihm zum teufel schickenich frage ihn, ob er den guru kennt
„der guru ist ein arschloch“
**
ich bleibe vor einem blinden an der kreuzung stehenum ihm den weg zu zeigen
er hebt seinen stocknimmt damit meinen hut ablässt ihn vor meinen augen tanzen und geht
**
ich bilde meine sätze im kopf, bevor ich sie aussprecheringe um fremdsprachige worte beim schreibenund werbe lange um ein gefühl für sie
ich lasse meine texte von den schulmädchen korrigierendabei aber heimlich meine tränen fließen
– wie perlen –auf den zauberteppich meiner kindheit
**
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ich bindichter kleiner gefühle
undgroßer qualenfremder wahrnehmungen
undgedankenin fremden worten
ich binim krieg
mit mir selbstsuche michin allem, was fremd ist
unddichte
mein fremdesdasein
zusammen.
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Roswitha Erdmann
Himmelsherrscher
Den Himmel beherrschender Stärkste seindie Erde beschattenEwigkeit erobernüber den Wolken fliegenhinauf zu den Sternenzu hoch hinausführt kein Weg zurückdas Universumspiegelt sichim gebrochenen Blickdes Adlers
Silke Gaßmann-Eisenlohr
Schwereleicht
NachtsfallenEngeltief
sie sitzenauf der Seelenhautund erzählenGeschichten
beim erstenFlügelschlagverschwinden sieals wärenichts gewesen
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Stephan Seidel
Danke
In jedem „Danke“ steckt ein „Bitte“.In jedemWarten eine Mitte.In jeder Ruhe steckt Bewegung.In jeder Ferne die Begegnung.
In jeder Wahrheit steckt ein Ich.In jeder Freude ein „Für sich“.In jedem Nehmen steckt ein Geben.In jedem Augenblick das Leben!
Lili van Deijk
Am See
Mit langer Weilesteht das Schilfim Grundes hängt Geästentblößt und müdeauf Blesshuhns Schaukelstund
ich wiege michdie Wolken treiben trägestill rostet Laubim brautverhängten Licht
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Sigrid Thibaut
Reine Luft
Man kann die Luft wiedertrinken
nach dem Gewitter –
Und auch die Männerlegenihreanthrazitfarbenen schwerenGedanken
langsam ab
und atmen tief durcham offenen Küchenfenster.
Silke Haase
Der Schwan
Ein totes Tier am Wegesrand,ich starre hin,bin wie gebannt!Ist sicherlich einst schön gewesen,jetzt ist das Wesenam Verwesen.Es liegt nur da, ist völlig platt!Wer’s wohl auf dem Gewissen hat?
Ich stell mir vor, wie es einst war,majestätisch,unnahbar!Es flog bei Wolken, Sonne, Regenbegnadet schöndemWind entgegen.Doch nun hat wohl der Wind gesiegt!Seit wann das arme Tier hier liegt?
Und immer noch kann ich’s erkennen,und wage Märchenzu benennen.Schneewittchens Schönheit ward beschrieben,die Adjektivesind geblieben.Schwarz – ist der Schmutz vom Straßenrand.Rot – ist dein Blut an meiner Hand.
Weiß – sind noch die Reste vom Gefieder,doch keinersingt dir Abschiedslieder.Und keiner wird Dich jetzt begraben.Dein Grabist dieser Straßengraben.Gehab Dich wohl, Du schöner Schwan.Ich werd jetzt vorsichtiger fahr’n.
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Marita Herholz
Stille
Ich liebe die Stillemit ihrem Engelatemlavendelgleich und rosengießt sie Unendlichkeitin mich hineinund weitet meine Stirnbis mich ihr ewiges Liebkosenumschließt und wiegtfür einen Augenblick
Julietta Fix
Eismeer
der März bechert Sonne in den Hals. Eiskühe streckenihre fetten Leiber, weinen Flugtränen. In Scherben aus Schaumspiegeln sich kristalline Fäden, die in funkelnden Pupillen kuhäugig erstarren.aus Nordwest kündet der nächste Schnee.
am Abendhimmel schmelzen Schlieren. Wasser stockt.Steine aufgeschüttet, matt und brüchig wie uralte Papierstapel,tragen einen flirrenden Eispelz mit himmelhellblauem Schal.gleich wird es Nacht. Ein Vogel schweigt auf einem Bein.
das Wasser ist ein Geräusch. Ein Blubbern und Brechen.droben scheint halb der Mond. Die Eiskühe ruhen wachenden Augesund schielen gutmütig drein. Von Land zieht Rauch auf.die Nacht näht weißes Licht in einen Sekundenschlaf.
… wahre Schönheit dämmert in den nächsten Morgen.Salz liegt krustig auf den feuchten Wiesen. Rötlich schimmernde Gräserspitzen aus demWasser. Unscharf flattern die Konturen der Vögel.gleich kommt er der nächste Tag, himmelhelleisblau.
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Andrea Kinskofer
heute nicht
heute ist nicht der tagan dem himmelsschiffe bestiegenwerden
heute türmen die wolkenschattengrauauf die wiesen
und doch blüht der kirschbaumsein versprechenin spiegelndes wasser
Maria Triesethau
Sprachlos
Manchmalsitztdeine Liebewie eine Taube auf meinem Dachstehtfragend im Raumliegtwie Raureif auf meiner Hautundläuftin Siebenmeilenstiefeln davon.Manchmalsitztdeine Liebestummmit mir am Tischstehtunausgesprochen zwischen unsliegtauf der Handundzerrinnt mir zwischen den Fingern.
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Dejan Budimir
Schöpferisches Greifen
Ich denke meistensmit dem KopfZumindestdenk ich soim Herzen.
Jana Kmitova
so langsamwie ein haar wächst
deine augennäherten sich meinenso langsamwie ein haar wächst
du strichst mir den windaus der stirn
und deine fingerrochen dabei nachschwarzen tasten
seitdem halte ich mich festan der windstillean der wundstillehalte mich fest an dirmit meinem gesicht
je länger die kerzeauf unserem tisch brenntdesto größer wird sie
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Christine Ibrahim
Der Zombie-Hase
Der Muckel war schon lange totkein Näschenwackeln, Hasenkotsein Grab unter dem Apfelbaumich schaue hin – ich seh es kaumich sitz im Garten – lese wasund dort am Baume raschelt dasmir wird es langsammächtig kaltich will ins Haus gehn und zwar baldda hör ein lautes Fauchen ichund seh das Häschen fürchterliches sitzt auf einer toten Katzeund grinst mit einer Mörderfratzeund es ist wirklich unser Haseich seh’s am Fell und an der Nasezwei rote Augen starr’n mich anwas er wohl denkt, der Hasenmann?mein letztes Stündlein hat geschlagendas Zombietier fängt an zu jagenvom Hause her ruft eine Stimmeder Hase hält im Laufen inneim Bruchteil von ein paar Sekundenist er ganz plötzlich, schnell, verschwunden
Das nächste Tier, das stirbt bei mirdas wird verbrannt – ich schwör es hier!
Nicole Kovanda
Klatsch und Tratsch
Grüß Sie, haben Sie gehört,was den Frieden bei uns stört?Es ist fürwahr doch ein Skandal,die Fakten sind höchst infernal.Mir ist’s bekannt aus sichrer Quelle,erzählt hat’s mir die Seeforelle.Sie dachte erst, sie höre schlecht,doch niemals lügt der böse Hecht.Welche Pein und welche Qual,der Tagesfisch ist heut’ der Aal.Drum ist er auch sogleich gefloh’n,den Fischern bleibt nur Spott und Hohn.Leider sind die Menschen klug,zum Fischen gibt’s doch hier genug.So haben sie spontan beschlossen,sie sehnen sich nach Zanderflossen.Das bringt mich wohl in arge Not,und der Aal, der lacht sich tot.Drum bitt’ ich Sie, verehrter Wels,teilen Sie mit mir den Fels.
Ich tauche unter für ’ne Weile,das Laichen hat noch keine Eile.Vielleicht ist morgen, jung und frisch,der schlanke Saibling Tagesfisch.Wissen Sie, aus meiner Warte,gäb’s statt Fisch- ’ne Algenkarte.Doch genug der Jammerei,schließlich schwimmen wir hier frei.Und wussten Sie auch noch das Eine,ich will erklären, was ich meine.Es ist doch allgemein bekannt,der Felchen schwimmt so arrogant.Ich sag’ ja nichts, ich meine nur,der hängt bald an der Angelschnur!So redet man, wie eh und je,bei uns daheim im Bodensee!
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Blind schleicht die Natter.Entengeschnatter.Matter, dann satterRallengeflatter.
Im Holze der BockNagt knarzend am StockUnd bringt so ad hocDas Rohr-Corps in Schock.
Der Beißer in SteinKnirscht hart und gemeinUnd raubt obendreinManch Elfen ein Bein.
Ein Heer ZikadenMit ZirpballadenVertreibt NajadenBei Tanz und Baden.
Zwölf Kröten mit GrinsenDurchs Laichwasser linsen.Es grüßt aus den BinsenDie Luhe bei Winsen.
Michael Verhoff
Moor-Chor
Es dommelt im Rohr,Es wurmet im Ohr.Ein sonorer ChorIm Moor stellt sich vor:
Ein hechelnder Hecht.Ein schmächtiger Specht,Der krächzet nicht schlechtIm Binsengeflecht.
Dazu knurrt der HahnDie Weise vom ZahnDes Löwen spontanMit lautem Organ.
Kreuzt auf die OtterAus sumpfigem Dotter.Ihr ZischgestotterErzeugt Geschlotter.
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Manfred Pricha
ein mann sieht rot
eigentlich dachte er an eine spielwieseein lyrisches inselfeld im paradiesals er das korsett umgebunden bekamaus farben und formen poetischsein verleger mit gestrenger mienean die qualität der tradition erinnerteaus dem album des guten wahren schönendie garstigen lieder wie immer verdrängtdürstete es ihn nach mehr tomatensaftden er stets im flugzeug zu sich nahmein besonderer geschmack wie vitamin blutvielleicht sollte er einen krimi schreiben
Sylvia Schlettwein
Warten
Ich kenne einen Gartenund eine Bankblütenbesudelt blauim Jakarandafrühling,
die wartet
Auf Blickedurch den Rauchund Küssezwischen den Zeilen
ungedichteter Gedichte.
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Olaf Stöhr
Gedanken
GedankenKreisen,Stehen still,Lassen nichtMehr los.
GedankenSchweigen,Reden viel,Fallen inDen Schoß.
GedankenLeidenOhne Spiel,Sind soGerne groß.
GedankenReisenOhne Ziel,Sind nurEinfach bloß.
Jutta Biering
Lyrik
Wortakrobatikund Satzspagat,Gedankenumdrehungund Kommataspringen.
Buchstabenbluesund Zeitenrad,Zeilenbeherrschungund selbstlautes Singen.
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Gisela Hevekerl
Herbst
Fülle des Herbstes,goldenes Licht,Leuchten der Farben,Licht, das sich bricht.
Sonne, die mild nunwärmend uns scheint,Cocktail der Farbenherbstlich vereint.
Kürbis orange-grün,wuchtig und schwer,tiefblaue Trauben,Wein und noch mehr.
Goldgelber Samt lugtschelmisch hervor,rotbuntes Weinlaubschmiegt sich ans Tor.
Äpfel, sie fallenwindschnell vom Baum,Strandflieder trocknet –zartlila Traum.
Raschelndes Maisstroh,hellbraun wie Zimt,das ist ein Herbst,der fröhlich mich stimmt.
Brigitte Fuchs
Liebesbeweise
Kaum zu glauben, was der Himmelmanchmal anrichtet mit seinem Rouge
An der Straße stehen die Kehrichtsäckeschwarz dagegen – leichte Lastdie von uns abfällt im Wochentakt
Jede Vorstellung von Welt bringen wirauf bedruckten Seiten stilecht unterGedichte gute Nachtgeschichten
Liebesbeweise zerknittert geglättetmehrfach gefaltet zielstrebigschwimmen sie den Bach hinab
Und treiben als papierene Boote mitunseren besten Jahren rasch dahin
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Armin Schmidt
lissabon
im verwirrspiel der gassenleiser schmerz derhumpelnden treppen
sie haben den verfall zum trocknen an die dächer gehängtund die bergziege abbröckeln lassen
fadogesänge verschleißen die luftenden bittersüß auf altblauen kachelnwährend sich balkone freundschaftlichihre verlorenen hände reichen
ich spanne samtbraune dächer über micherwecke azulejos zum lebenverliebe mich in licht und dunkelder verwinkelten schattenrisseerspüre die seele der stadt
Ilona Kischa
Vogelbeeren
Morgen um dieser Zeitwerde ich dir das Haaraus dem Gesicht streichenum das Geheimnisvollehinter deinengeschlossenen Liedernzu enträtseln
zum Abschied lege ich direine Kette aus Vogelbeerenum den HalsPerle für Perleaneinander gereihtdie alles Unheil von dirfernhalten soll
und wenn du gehstfolgen meine Augendeiner zarten Silhouetteso langebis das Echo deiner Stöckelschuheauf dem Trottoirverhallt
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Claudia Gerlach
Abends am Schreibtisch
Vor mir steht ein Blumenstraußdarauslächeln mich an schon ein WeilchenRosen und Veilchenund Schleierkraut ...... soweit es sich traut.
Cornelia Kaiser
Katze
Dein scharfer BlickDem Licht vertrautEntlarvt die WeltAls schönen TrickDein wildes SpielIst AugenblickGanz ohne ZielEin echtes GlückDu liebst nicht michDu liebst mein HausIch lasse dichNicht gernHinausOb du mir fremdOb du mir treuDein ZauberMacht die WeltMir neu.
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ob der pluralen Qual.Man freut sich allemalauf Austausch von Gedanken,lässt zarte Triebe ranken
und hofft auf ihre Blüte.Jedoch aus Deiner Tüterinnt nicht mal Unkrautsamen ...Mein Ross beginnt zu lahmen
(das mit den weißen Schwingen),verliert die Lust zu singen,zu schreiben und zu dichten.Versiegt sind die Geschichten.
Es wälzt sich auf dem Rücken,weil seine Flügel drücken.Es wäre sie gern los!---Gelähmt und nutzlos bloß ...
... ließ besser man sie stutzen,bevor sie ganz verschmutzen.Hier hört die Schmähung auf:Du sch... (nein!): pfeifst ja doch nur drauf!
Brigitta Winkler
Du Schmarrn…
Du Schmarrn an meiner Waffel,Du Abrieb einer Raffel,die sonst nur Käse reibt:Wer mit Dir Freundschaft treibt,
der muss gewärtig sein,von Dir nicht nur herein-,nein, auch aufs Kreuz gelegtund ferner unentwegt
vertröstet und verschobenvon rechts nach links nach obennach unten, Richtung Erden,gar aussortiert zu werden ...
Man brüllt in einen Wald,der öde widerhallt!Vergebliche Versuche ...Verzeih mir, wenn ich fluche
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Christoph Zehntner
Dichterglück
Mir ist, als hätt’ mich heuteDie Muse still geküsst.Ich saß in meinem Zimmer,Träumte von Blütenschimmer.Draußen, irgendwo auf dem Lande,Ging die Luft durch die Felder,Und was mir einzig noch fehlte,Waren ein paar leis rauschende Wälder.Plötzlich steht er da – der Wald:1 Wald, dunkel, in sternenklarer Nacht.O Mond! Meine Seele erwacht,Spannt weit ihre Flügel aus.Ich verlasse fliegend mein Zimmer,Das Haus, die Stadt. Für immer.
Wilfried Schaus-Sahm
mallorca im frühling
hast du die olivenbäumein den mallorquinischen bergen gesehenweiß der teufelwoher sie noch saft ziehenzwischen den felsenstehenunverhofft irrenirgendwo wärteruralte exhibitionistendrehen die mäntel zur sonneihr leib ist verdörrt mit der zeitbrüderlich kleben zusammenalte paareverschrobene drillingederen eltern weit über die berge sindein gutes motivfür einen traurigen anblick
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Delschad Jankir
Hosenlied
Meine Hosen sind blau,die Schuhe ganz grauund das Hemd ja grün,ja, das stimmt genau.
Meine Socken sind weißund ich werde nie bleich.
Meine Hosen sind blau,die Schuhe ganz grauund das Hemd ja grün,ja, das stimmt genau.
Meine Socken sind weißund ich werde nie bleich.
Dieses Lied widme ichmeinen vielen Kleidern
Nambowa Mugalu
Kindergebet
Wenn ich groß bin,will ich weiß werden.Dann lass ich mirdie Haare ganz lang wachsen.Bis zum Po!
Undim Sommer geh ich dannstundenlang in die Sonneund bekomm ein schönes Braun.So wie jeder es mag!
Undich wünsch mir noch,dass Kathrin schwarz wird,dann ruf ich ihr„Kohlenarsch“ hinterherund lach ganz laut.Wenn sie dann weint,sag ich:„War doch nur Spaß!“Und alle aus unserer Klassehalten zu mir –
Das wird schön!
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Sebastian Trippner
Insel
Die Schwimmhäute verlorenWegweisern folgendhinaufins Gebirge –angekommendie Sichtaufs MeerSehnsucht zwischenden Fingern.
Cornelius Zimmermann
Pandora
spaltweit zur seite gezogen hat sie denvorhang vorgeschoben um ein winzigesden fuss mit dem die locker gewordenensteine sie zögernd streichelt …
fensterlos sieht ihr hölzernes haus in dienacht und atmet den fallenden regen sie kann esnur finden wenn der gebogene docht imtrüben öl in ihrer lampe vollends erlischt…
über die sonne ihres gesichtes rollentropfen aus schwarzem silber schilfwächst im bleiernen grund ihrer augen undzerschneidet das salz ihrer tränen…
am rande des brachfeldes kleidetsich der der der worte so viele aus licht ihr indie dunklen wolken geschrieben in seinenkraglosen anzug aus palisaden…
die grau gewordenen fetzen altenteiges streift er sich von den geädertenhänden und gräbt unter den moosender nacht nach dem rettenden myzel …
in flaumiger leichte gleitet der bügelaus dem körper des eisernen schlosses diekryptische nachricht wird sicher todsicher zugestellt …
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Josef Spreitz
Volks-Begehr
Grenzenlosigkeit reibt sich die Händeund klatscht Beifall.Flüchtende hoffen aufAnhörung.
Ein Teddybär stillt den Liebeshungerdes kleinen Ali.Blut klebt noch auf seinen fahlen Wangen.Ein brauner Volkswagen gibt ihm Schutz.Erschossene, Gefolterte, Vergewaltigteals Anwesende.
Ein Fahrer ohne Emotionen.Heuer mäßiges Wirtschaftswachstum.Das Boot begehrt grenzenlosvoll zu sein. Hört man.
Monika Schlößer
meer
meer speitwasser steineschlamm und bootefische menschenlebende und toteschleudert vätermütter kleine kindergegen bergund baumund haustrennt das lebenvon den körpernmeer löscht glaubehoffnung und liebeaus
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Simon Huch
Verpasst
Ein Morgen wie ein Mädchen, das ich gern magIm Haus schön warm und freundlich fröhlich witzeln.Die Sonne fließt durch Fenster, mich zu kitzelnGeduldig, als ich später noch da lag.
Das Haus als Decke. Leere wiegt so schwerUnd Uhren überall zählen die Zeit.Der Zeiger rennt ganz ungeheuer weitUnd schneller als ich, immer vor mir her.
Zack, aufgeschreckt, den Arm taub, Lider blitzen.Die Haut so blass, schnell raus jetzt, fast im WahnDie raue Stadt, zu schattig all die Ritzen.
Karossen, Glas ganz hektisch blinkt mich an.Rot, Himmel sprintet, hastig sieht man flitzenUnd rennt zur Bahn, verpasst sie, war dicht dran.
Margitta Ay
Karriere-Knick
Eloquente Heiterkeit überErhörte GebeteWem die Stunde schlägt istWolf unter WölfenTriumph im Gepäck dennEin Mann will nach obenFederfüßige Leichtigkeit imWas ihr wolltDas Urteil in hohem TonDer Unentwegte, Das GenieDie Verwandlung imFegefeuer der EitelkeitenRealitätsverlust, erreichtist Der ZauberbergDie Hunde bellenAuf der Suche nachder verlorenen Zeit
Der Zusammenbruch –Kleiner Mann, was nunGroßer Lärm gebettet inIrrungen, WirrungenIn unnütz toller Wutüberrollt Die WelleNarziß und Goldmund undprallt an Die WandVerlorene Illusionen imHaben und NichthabenDie Schuld sitztIn der Falle
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Klaus Langenfeld
Welch herrlicher Tag
Regenschwaden tünchendie Häuser mit Trübsinn ein.Ein Tag nach meinen Wünschen!Er könnte nicht herrlicher sein.
Im Modder der Regentonnenimmt kichernd der Maulwurf sein Bad.Im grauen Herzen der Sonneschlagen die Kobolde Rad.
Ein Kollern, ein Kegeln, ein Kreischen,ein Knuffen Schlag um Schlag.Geier gaffen mit bleichenSchädeln. Welch herrlicher Tag!
Katharina Kimm
Irrung &Wirrung
Es war eine Wirrungganz schrecklich alleinund lud eine Irrungzum Teetrinken ein.
Doch irrte die Wirrungund kochte Kaffee,verwirrend die Irrung,denn die wollte Tee.
So waren die zweiganz verirrt im Gewirr –man fühlte sich freiund zerschmiss das Geschirr.
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Werner Römer
Februar
Regen am Abend; die Äste,behangen mit glitzernden Tränen,
Funkeln im fahlen Lichteder nächtlichen Straßenbeleuchtung.
Tuschelnde Plastiktüten,beseelt von schwächlichemWindhauch,
Huschen nervös übers Pflaster,bis bald sie den Blicken entschwinden.
Katharina Münz
Schnee
Er fällt sanft und leiseund man hört ihn kaum.Von Weitem sieht er auswie Badewannenschaum.
Er ist weich und weiß und kaltund bedeckt die Felder,Wiesen, Blumen, Häuserund die tiefen Wälder.
Er fällt oft leise, in der Nacht,während wir noch träumen,und gehen wir dann morgens raus,stehn wir unter weißen Bäumen.
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Peter Silberbusch
Wenn um 6 Uhr früh der Tinnitus pfeift
Wenn um 6 Uhr früh der Tinnitus pfeift,die Cox-Arthrose munter in die Hüftgelenke greift,das Auge verklebt und die Nase, die rinntund ich muss aus dem Bett, denn ein neuer Tag beginnt.
Der Bauch ist gebläht und der Darm ist träg,die Prostata steht dem Harnstrom im Weg.Dann wisch ich mir zitternd den Sabber vom Kinnund freu’ mich wie’n Depp, dass ich noch am Leben bin!
Edith Freundl
Verschlungen
Die Wooligang istwieder unterwegszwei links, zwei rechts
Sie florettierenmit SchafgeschorenemTouchée, eins fallen lassen
Das ist die Mascheder Wooligans
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Paul Spinger
Wenigstens
HoffnungslosAuf demWegZum Bäcker im Supermarkt –In denVerschlafenen GesichternSehe ich zerplatzte Träume,Die Litfaßsäulen undPlakatwände verkaufen wollen.
Ein desillusioniertes GesichtBlickt mir ausSchaufensterscheiben entgegen.
AberDie noch kalteFrühlingssonneMalt alles inFreundlichkeit.Irgend so ein TraumMüsste doch wahr werden können,Denke ich mir.
WenigstensScheint es FrühlingZu werden.
Angelika Eichhorn
gießkannenprinzip
die klingel klebtnimm den stift zum läutenrotznaseläuft derkater kreischt nach demvogel das tägliche chaoskein brot schimmelt imofen der müll stinkt bis untersdachder vater im schuppenist voll der frühlingblüht
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Peter Münster
Der Urknall
Die Welt entstand auf jeden Fallvor langer Zeit durch einen Knall.Das sagen uns die Kosmologen.Ich glaube, es ist nicht gelogen:Denn – obwohl sie schon uralt –sie ist bis heute durchgeknallt.
Niklas Jung
wellenreiter
riechst dudas meer
spürst dudie weite
durchpflüge dietosenden wellen
lasse das wasserdeinen körperumspielen
tauche ein indurchdringende tiefen
eile dahinunter dem gesangder flügelschlagenden wesen
nimm den horizontgefangen
spiegel ihn wiederin deinen augen
öffne die seelefür das spielLEBEN
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Für alle Freundinnen und Freunde der Lyrik:Der 10. Jokers Lyrik-Preis findet vom 1. biszum 31. März 2012 statt.Weitere Informationen erhalten Sie unterwww.jokers.de(at/ch)/lyrikpreis
Wolf Schneider
Sommerfrische
Morgensüber eine sonnenwarmeBlumenwiesezum See.
Verstecktzwischen Weidentagträumen.
Lesen undButterkuchen essen.Nach dem Schwimmen.
Und wieder wegdösenins Himmelblau.
Und nie wieder zurück.
Nie?
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