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I SN 186 -29 X JOURNAL -...

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JOURNAL TUMORZENTRUM ERFURT INHALT Seite 5 n S3-Leitlinie Malignes Melanom Seite 12 n Innovative Therapie-Strategien bei Hautkrebs Seite 16 n Elektrochemotherapie Seite 20 n Medikamentöse Therapie des metastasierten Nierenzell- karzinoms – Update 2013 Seite 22 n Aflibercept – ein neuer Angio- genese-Inhibitor in der Therapie des metastasierten kolorektalen Karzinoms Seite 25 n Erwartungen – Palliativmedizin zwischen Wunsch und Wirklich- keit Seite 28 n Erwartung ist all das, was ent- täuscht werden kann. Eine Hin- führung aus philosophischer Sicht. Seite 33 n Das gute Sterben und seine Gefährdungen. Erwartungen an die Organisation von Sterbe- verläufen. Seite 38 n Selbsthilfegruppe Harnblasen- tumor Eisenach – Thüringen Seite 39 n Bericht von der Mitgliederver- sammlung des Tumorzentrum Erfurt e. V. am 26.06.2013 Seite 44 n Angebote des Tumorzentrum Erfurt e.V. 01/2013 ISSN 1868-291X Die palliative Behandlung von Tumormanifestationen bei operativ, strah- lentherapeutisch und systemisch ausbehandelten Krebspatienten kann sehr schwierig sein. Insbesondere beim Mammakarzinom (Cancer en cui- rasse) und malignem Melanom (In-transit-Metastasen an Extremitäten) kann es im Verlauf zu ulzerierten, blutenden, superinfizierten und dadurch auch olfaktorisch extrem unangenehmen Tumormassen an der Körper- oberfläche kommen. Diese schränken dann zum einen die Lebensqualität der Patienten extrem ein und belasten zum anderen auch ihre Umgebung (Angehörige, Pflegepersonal) unter Umständen so sehr, dass es zur völli- gen sozialen Isolation kommen kann. Bereits Anfang der 1990er-Jahre ha- ben erste klinische Studien die Wirksamkeit der sogenannten Elektroche- motherapie auf Tumorknoten verschiedenster Krebsarten zeigen können. Inzwischen wurde dieses Therapieverfahren standardisiert und in ver- schiedenen europäischen Ländern eingeführt, u.a. in Deutschland in über 40 Kliniken, vornehmlich Hautkliniken. Im HELIOS Hauttumorzentrum Erfurt wird dieses innovative Verfahren als Mono- oder Kombinationstherapie zur Behandlung bei lokoregionär me- tastasiertem malignen Melanom, Mammakarzinom und anderen Tumo- rentitäten seit 2012 angeboten. Die Elektrochemotherapie zeichnet sich als ein einfaches und sicheres Verfahren ohne nennenswerte Toxizität, mit geringer Nebenwirkungsrate, kurzer Behandlungsdauer und meist guter Verträglichkeit zur lokalen Behandlung vor allem von Satelliten- und In- transit-Metastasen aus. Lesen Sie weiter auf Seite 16 Elektrochemotherapie – Neue palliative Behandlung von kutanen Tumormanifestationen
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JOURNALTUMORZENTRUM ERFURT

INHALT Seite 5

n S3-Leitlinie Malignes Melanom

Seite 12n Innovative Therapie-Strategien bei Hautkrebs

Seite 16n Elektrochemotherapie

Seite 20n Medikamentöse Therapie des metastasierten Nierenzell- karzinoms – Update 2013

Seite 22n Aflibercept – ein neuer Angio- genese-Inhibitor in der Therapie des metastasierten kolorektalen Karzinoms

Seite 25n Erwartungen – Palliativmedizin zwischen Wunsch und Wirklich- keit

Seite 28n Erwartung ist all das, was ent- täuscht werden kann. Eine Hin- führung aus philosophischer Sicht.

Seite 33n Das gute Sterben und seine Gefährdungen. Erwartungen an die Organisation von Sterbe- verläufen.

Seite 38n Selbsthilfegruppe Harnblasen- tumor Eisenach – Thüringen

Seite 39n Bericht von der Mitgliederver- sammlung des Tumorzentrum Erfurt e. V. am 26.06.2013

Seite 44n Angebote des Tumorzentrum Erfurt e.V.

01/2013

ISSN 1868-291X

Die palliative Behandlung von Tumormanifestationen bei operativ, strah-lentherapeutisch und systemisch ausbehandelten Krebspatienten kannsehr schwierig sein. Insbesondere beim Mammakarzinom (Cancer en cui-rasse) und malignem Melanom (In-transit-Metastasen an Extremitäten)kann es im Verlauf zu ulzerierten, blutenden, superinfizierten und dadurchauch olfaktorisch extrem unangenehmen Tumormassen an der Körper-oberfläche kommen. Diese schränken dann zum einen die Lebensqualitätder Patienten extrem ein und belasten zum anderen auch ihre Umgebung(Angehörige, Pflegepersonal) unter Umständen so sehr, dass es zur völli-gen sozialen Isolation kommen kann. Bereits Anfang der 1990er-Jahre ha-ben erste klinische Studien die Wirksamkeit der sogenannten Elektroche-motherapie auf Tumorknoten verschiedenster Krebsarten zeigen können.Inzwischen wurde dieses Therapieverfahren standardisiert und in ver-schiedenen europäischen Ländern eingeführt, u.a. in Deutschland in über 40 Kliniken, vornehmlich Hautkliniken.

Im HELIOS Hauttumorzentrum Erfurt wird dieses innovative Verfahren alsMono- oder Kombinationstherapie zur Behandlung bei lokoregionär me-tastasiertem malignen Melanom, Mammakarzinom und anderen Tumo-rentitäten seit 2012 angeboten. Die Elektrochemotherapie zeichnet sichals ein einfaches und sicheres Verfahren ohne nennenswerte Toxizität, mitgeringer Nebenwirkungsrate, kurzer Behandlungsdauer und meist guterVerträglichkeit zur lokalen Behandlung vor allem von Satelliten- und In-transit-Metastasen aus.

Lesen Sie weiter auf Seite 16

Elektrochemotherapie –Neue palliative Behandlung von kutanen

Tumormanifestationen

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CMY

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Wir wünschen allen Mitgliedern, Partnern, Freunden und Förderern

des Tumorzentrum Erfurt e.V. ein gesundes neues Jahr.

Wir danken Ihnen herzlich für Ihr Engagement und hoffen auf eine

weitere gute Zusammenarbeit.

Prof. Dr. Albrecht Stier

Vorsitzender des Vorstandes

Prof. Dr. Hartwig Kosmehl

Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirates

Dr. Hubert Göbel

Geschäftsführer

n Seite 5 nJOURNAL 01/2013

n S3-Leitlinie Malignes Melanom

Ivonne Kellner, Rudolf HerbstKlinik für Hautkrankheiten und Allergologie,HELIOS Klinikum Erfurt

1. Einleitung

Nach mehreren Jahren Vorarbeit ist im Jahr 2013 erstmalseine Leitlinie auf dem höchsten Qualitätsniveau (S3) zuDiagnostik, Therapie und Nachsorge des malignen Mela-noms veröffentlicht worden. In interdisziplinärer, inter-professioneller und intersektoraler Zusammenarbeit vonVertretern von 32 medizinischen Fachgesellschaften,Selbsthilfegruppen, Patientenvertretern u.a. sind ein ins-gesamt 293-seitiges Hauptwerk sowie zusätzlich ein Leit-linienreport, eine Kurzversion, ein Evidenzbericht sowie(für Ende 2013 geplant) eine Patientenleitlinie entstan-den. Viele Aspekte wie z.B. die sequentielle Dermatosko-pie, Kommunikation mit Patienten und Angehöri-gen, Komplementärmedizin, Psychoonkologie, Nebenwir-

kungsmanagement und andere Begleittherapien sindebenso wie klare Angaben, welche diagnostischen undtherapeutischen Maßnahmen wegen bekannter Unwirk-samkeit, unvertretbarem Nutzen-Risiko-Profil oder aus an-deren Gründen unterlassen werden sollen, erstmalig ineiner Leitlinie diskutiert.

Der vorliegende Artikel fasst die aus Sicht der Autoren imklinischen Alltag wichtigsten, vor allem neuen, wie auchbereits lange angewendete ältere, aber neu aufgenom-menen Elemente der Leitlinie zusammen und ergänzt anden wenigen Stellen, die bereits kurze Zeit nach Veröf-fentlichung überholt waren.

Bei der Arbeit handelt es sich im Wesentlichen um eineverkürzte Wiedergabe des Originaltextes der Kurzversionder Leitlinien (1) – an einigen Stellen wird die Langversion(2) verkürzt wiedergegeben. Um eine Komprimierung undbessere Lesbarkeit zu erreichen, wurde im gesamten Textauf die Darstellung der jeweils in der Leitlinie angegebe-nen Evidenzlevel und der dort ebenfalls angegebenen Un-terscheidung zwischen evidenzbasierten und empfeh-lungsbasierten Feststellungen verzichtet.

Stadium Primärtumor (pT) Regionäre Lymphknotenmetastasen (N) Fernmetastasen (M)

0 In-situ-Tumoren Keine KeineIA ≤1,0 mm, keine Ulzeration Keine KeineIB ≤1,0 mm mit Ulzeration oder Mitoserate/mm2 ≥1 Keine Keine 1,01–2,0 mm, keine Ulzeration Keine KeineIIA 1,01–2,0 mm mit Ulzeration Keine Keine 2,01–4,0 mm, keine Ulzeration Keine KeineIIB 2,01–4,0 mm mit Ulzeration Keine Keine > 4,0 mm, keine Ulzeration Keine KeineIIC > 4,0 mm mit Ulzeration Keine KeineIIIA Jede Tumordicke, keine Ulzeration Mikroskopische Metastasen (klinisch okult) in bis zu 3 Lymphknoten KeineIIIB Jede Tumordicke mit Ulzeration Mikroskopische Metastasen (klinisch okult) in bis zu 3 Lymphknoten Keine Jede Tumordicke, keine Ulzeration Bis zu drei makroskopische nodale Metastasen Keine Jede Tumordicke, keine Ulzeration Keine, aber Satelliten- und/oder In-transit-Metastasen keineIIIC Jede Tumordicke mit Ulzeration Bis zu drei makroskopische nodale Metastasen oder Satellit(en) oder In-transit-Metastase(n) ohne regionäre Lymphknotenmetastasen Keine Jede Tumordicke ± Ulzeration Vier oder mehr makroskopische nodale Metastasen oder verbackene Lymphknoten oder Satelliten und/oder In-transit-Metastasen mit regionären Lymphknotenmetastasen keineIV Fernmetastasen

2. Stadieneinteilung des malignen Melanoms (nach AJCC 2009)

n Seite 6 n JOURNAL 01/2005JOURNAL 01/2013

3. Primärtumor (Stadium I-II)

3.1. Operative Therapie des Primärtumors – Sicherheitsabstände

Stadium Tumordicke nach Breslow Sicherheitsabstand

pTis – 0,5 cmpT1, pT2 ≤1–2 mm 1 cmpT3, pT4 2,01–4,0 mm 2 cm

Die Exzision zur Tiefe sollte bis zur Faszie erfolgen.Die endgültige Entscheidung für abweichende Sicherheitsabstände sollte der Operateur im Einverständnis mit dem in-formierten Patienten treffen, auch in Abhängigkeit der speziellen anatomischen Lokalisierung des Tumors und unterBerücksichtigung der Ergebnisse der Ausbreitungsdiagnostik.Bei malignen Melanomen (z.B. Lentigo-maligna-Melanom, akrale Melanome) an speziellen anatomischen Lokalisatio-nen, wie Grenzflächen im Gesicht, Ohren, Finger und Zehen, können reduzierte Sicherheitsabstände verwendet werden.Retrospektive Arbeiten zeigten unter Einsatz der 3-D-Histologie (mikrographisch kontrollierter Chirurgie) weder ver-mehrt Lokalrezidive noch ein geringeres Gesamtüberleben. Da die Datenmenge für diese Situation limitiert ist, sollteder Operateur die Entscheidung mit dem informierten Patienten zusammen treffen.

3.2. Initiale Ausbreitungsdiagnostik für Melanom-Patienten bis einschließlich Stadium IIB

3.3. Indikationen für eine Wächterlymphknoten-Biopsie

Untersuchungsmethode

MRT Kopf NeinSchnittbildgebung (PET/CT, CT, MRT, Ganzkörper ohne Kopf) NeinRöntgen-Thorax NeinAbdomen-Sonographie NeinLymphknoten-Sonographie Ja (ab Stadium IB)Knochen-Szintigraphie NeinTumormarker S100 Ja (ab Stadium IB)Tumormarker LDH Nein

4.1. Ausbreitungsdiagnostik bei Patienten mit Verdacht auf / Nachweis lokoregionaler Metastasierung(Stadium III) oder Z. n. Hochrisiko-Primärtumoren (Stadium IIC)

Untersuchungsmethode

MRT Kopf JaSchnittbildgebung (PET/CT, CT, MRT, Ganzkörper ohne Kopf) JaRöntgen-Thorax NeinAbdomen-Sonographie NeinLymphknoten-Sonographie JaTumormarker S100B JaTumormarker LDH Ja

Zur Stadienzuordnung soll die Wächterlymphknoten-Biopsie ab einer Tumordicke von 1,0 mm und ohne Hinweis auflokoregionale oder Fernmetastasierung durchgeführt werden. Bei zusätzlichen Risikofaktoren für einen positivenWächterlymphknoten sollte die Wächterlymphknoten-Biopsie auch bei dünneren Primärtumoren (0,75–1 mm) durch-geführt werden, dazu gehören Ulzeration und/oder erhöhte Mitoserate und/oder ein jüngeres Lebensalter (<40 Jah-re)

4. Stadium III (Lokoregionäre Metastasierung)

Therapieempfehlungen für Patienten ab Stadium III sollten im Rahmen interdisziplinärer Tumorkonferenzen gegebenwerden.

n Seite 7 nJOURNAL 01/2013

4.2. Therapeutische Lymphadenektomie (LAD)

Die therapeutische LAD soll beim Nachweis einer lympho-genen Metastasierung (zytologische oder histologischeSicherung, Lymphknoten-Sonographie, CT, PET/CT) ohneHinweis auf Fernmetastasen durchgeführt werden (Stadi-um IIIB und IIIC). Bei Patienten mit einem Lymphknoten-rezidiv in einem bereits operierten Lymphabflussgebietohne Hinweis auf Fernmetastasen sollte je nach chirur-gisch-technischer Möglichkeit die Lymphknotendissektionoder Resektion von Lymphknotenmetastasen durchge-führt werden.

4.3. Komplettierende Lymphadenektomie bei Mikro-metastasen am Wächterlymphknoten

Bei Vorliegen von Mikrometastasen im Wächterlymph-knoten sollte eine komplettierende Lymphknotendissek-tion angeboten werden. Die Entscheidung zur komplet-tierenden Lymphknotendissektion bei Wächterlymphkno-ten mit minimaler Tumorlast und/oder subkapsulärer Lagemuss mit dem Patienten zusammen entschieden werdenund sollte weitere Risikofaktoren wie Tumordicke, Ulzera-tion, Tumormitoserate, Zahl positiver Wächterlymphkno-ten und anatomischen Sitz des Primärtumors miteinbe-ziehen. Anmerkung: detaillierte Angaben zu Ausdehnungund Technik der LAD finden sich im Leitlinientext.

4.4. Adjuvante Therapie im Stadium III

4.4.1. Adjuvante Radiotherapie nach Lymphadenek-tomie (Stadium III)

Zur Verbesserung der Tumorkontrolle im Bereich derLymphknotenstation sollte eine postoperative adjuvanteRadiotherapie bei Vorliegen eines der folgenden Kriteriendurchgeführt werden:– 3 befallene Lymphknoten– Kapseldurchbruch– Lymphknotenmetastase > 3 cmZur Verbesserung der Tumorkontrolle im Bereich derLymphknotenstationen sollte nach Resektion eines lym-phogenen Rezidivs eine postoperative Bestrahlung durch-geführt werden.

4.4.2. Adjuvante Chemotherapie

Dacarbazin soll in der adjuvanten Therapie des Melanomsnicht verabreicht werden.

4.4.3. Adjuvante Immunstimulation

Eine adjuvante Therapie mit dem unspezifischen Immun-stimulanz Levamisol soll nicht verabreicht werden.

4.4.4. Adjuvante Misteltherapie

Eine adjuvante Therapie mit Mistelpräparaten soll nichtverabreicht werden.

4.4.5. Adjuvante Interferontherapie

Patienten im AJCC-2009-Tumorstadium IIB/C und IIIA-Csoll eine adjuvante Interferontherapie angeboten wer-den.Patienten im AJCC-2009-Tumorstadium IIA kann eineniedrig dosierte adjuvante Interferontherapie angebotenwerden.

4.5. Algorithmus bei lokoregionalen Metastasen

4.6. Operative Therapie bei lokoregionalen Metasta-sen

Die chirurgische Therapie lokoregionaler Metastasen solldurchgeführt werden, wenn – bei fehlendem Hinweis aufeine Fernmetastasierung – dadurch perspektivisch einemakroskopische und mikroskopische vollständige Entfer-nung (R0-Resektion) der Metastasen möglich ist.

4.7. Radiotherapie bei lokoregionalen Metastasen

Die lokale Radiotherapie kann bei Satelliten- und In-tran-sit-Metastasen mit dem Ziel der lokalen Tumorkontrolleeingesetzt werden.

4.8. Medikamentöse Verfahren bei lokoregionalenMetastasen

Patienten mit Satelliten- und In-transit-Metastasen soll-ten, wenn möglich, im Rahmen klinischer Studien behan-delt werden. Bei Patienten mit Satelliten- und In-transit-Metastasen können verschiedene lokale Verfahren ange-wandt werden, wobei die höchsten Ansprechraten fürdie intratumorale Injektion von Interleukin-2, die intratu-morale Elektrochemotherapie mit Bleomycin oder Cispla-tin und die lokale Immuntherapie mit DNCB oder DCP be-schrieben sind.

Satelliten- und In-transit-Metastasen

Lokale Behand-lungsindikation?

ja

Operabel?

ja

R0-Resektion?

NachsorgeAdjuvante TherapieKlinische Studie

nein

nein

nein

SystemtherapieKlinische Studie

LokaltherapieKlinische Studie

LokaltherapieKlinische Studie

n Seite 8 n JOURNAL 01/2005JOURNAL 01/2013

4.9. Extremitätenperfusion bei lokoregionalen Metastasen

Bei Patienten mit multiplen, rasch rezidivierenden Haut- und subkutanten Metastasen (Satellitosis, In-transit-Metasta-sen, lokale Metastasen), die auf Arm oder Bein beschränkt sind, sollte die Indikation zur isolierten Extremitätenperfusionüberprüft werden, wenn durch andere Maßnahmen (z.B. wiederholte Exzisionen, CO2-Laserablation) die Metastasennicht zu kontrollieren sind.

5.3. Diagnostik beim metastasierten okkulten Mela-nom

Bei Nachweis von Haut-, Lymphknoten- oder Fernmeta-stasen bei unbekanntem Primärmelanom wird eine Suchenach einem extrakutanen Primärmelanom nicht empfoh-len.

5.4. Molekularpathologische Diagnostik

Beim Nachweis von BRAF- und c-kit-Mutationen stehentherapeutisch spezifische Inhibitoren zur Verfügung. AbStadium IIIB sollte auf Mutationen (c-kit nur bei ALM undSchleimhautmelanom) getestet werden.

5. Stadium IV (Fernmetastasierung)

5.1. Algorithmus Diagnostik initiales Stadium IV

Verdacht auf Fernmetastasen

Melanom in der Vorgeschichte?Kein Zweitkarzinom?

ja

Metastasen potenziell resektabel?

ja

PET-CT

Komplette Metastasektomie möglich?OP-Fähigkeit?

ja

OP

Klinisch-radiologische Nachkontrollen

PsychoonkologiePalliativmedizinMutationstestung

Planung Systemtherapie

HistologischeSicherung

Melanommetastasen?

nein

Fachspezifische Abklärung

nein

ja

nein

5.2. Ausbreitungsdiagnostik bei V.a. / im Stadium IV

Untersuchungsmethode

MRT Kopf JaSchnittbildgebung (PET/CT, CT, MRT, Ganzkörper ohne Kopf) JaAbdomen-Sonographie JaLymphknoten-Sonographie JaSkelettszintigraphie JaTumormarker S100B JaTumormarker LDH Ja

n Seite 9 nJOURNAL 01/2013

5.5. Operative Therapie von Fernmetastasen

Jeder Patient mit Metastasen eines malignen Melanomsbedarf einer interdisziplinären Entscheidung zur Indikati-on für eine operative Therapie. Die Resektion von Fernme-tastasen sollte in Betracht gezogen werden, wenn sietechnisch als R0-Resektion machbar ist und kein inakzep-tables funktionelles Defizit erwarten lässt, positive prä-diktive Faktoren für das lokale Vorgehen vorliegen (gerin-ge Metastasenzahl, lange Dauer des metastasenfreien In-tervalls) und andere Therapieverfahren ausgeschöpft oderweniger erfolgversprechend sind.

5.6. Medikamentöse Therapie im Stadium IV

5.6.1. Adjuvante medikamentöse Therapie nach Me-tastasektomie

Eine allgemeine Empfehlung zur adjuvanten Therapienach Metastasektomie kann aufgrund der fehlenden Da-tenlage nicht gegeben werden.

5.6.3. Therapie mit Signaltransduktionsinhibitoren(BRAF-Inhibitor)

Bei BRAF-Inhibitor-sensitiver BRAF-Mutation soll eine The-rapie mit einem BRAF-Inhibitor durchgeführt werden.

5.6.4. Therapie mit Signaltransduktionsinhibitoren (c-KIT-Inhibitor)

Bei c-KIT-Inhibitor sensitiver c-KIT-Mutation soll die Optioneiner Therapie mit einem c-KIT-Kinase-Inhibitor geprüftwerden.

5.6.5. Immuntherapie im Stadium IV

Bei Melanompatienten mit nicht resezierbaren Metasta-sen soll die Option einer Immuntherapie mit Ipilimumabgeprüft werden.

5.6.6. Monochemotherapie

Die Monochemotherapie mit Dacarbazin ist eine etablier-te Systemtherapie und kann Melanompatienten mit nichtresezierbaren Metastasen angeboten werden. Die Wirk-samkeit von Temozolamid und Fotemustin ist der von Da-carbazin äquivalent.

Indikation für Systemtherapie

BRAF positiv?c-KIT positiv?N-RAS positiv?

Klinische StudieMonochemotherapiePolychemotherapie

Klinische StudieSpezifischer Inhibitor

Niedrige Tumorlast?Geringe

Progression?

ja

Klinische StudieMonochemotherapie

Ipilimumab

Progress?

ja

Klinische StudieIpilimumab

Monochemotherapie

Progress?

ja

Klinische StudiePolychemotherapieBest Supportive Care

Niedrige Tumorlast?Geringe

Progression?

ja

Klinische StudieMonochemotherapie

Ipilimumab

Progress?

ja

Klinische StudieSpezifischer Inhibitor

Progress?

ja

Klinische StudiePolychemotherapieBest Supportive Care

nein nein neinja

5.6.2 Algorithmus bei Indikation einer Systemtherapie im Stadium IV sowie im nicht resektablen Stadium III

n Seite 10 n JOURNAL 01/2005JOURNAL 01/2013

5.6.7. Polychemotherapie

Unter Polychemotherapie sind höhere Ansprechraten zuerwarten, das mediane Gesamtüberleben wird jedochnicht signifikant verlängert. Patienten mit Tumorprogressunter systemischer Vortherapie oder initial rascher Tumor-progression kann eine Polychemotherapie angebotenwerden.

5.6.8. Biochemotherapie

Die aus Polychemotherapie in Kombination mit Interfe-ron-α und Interleukin-2 bestehende Biochemotherapiesollte heute nichtmehr eingesetzt werden, da einer hohenToxizität unsichere Vorteile hinsichtlich des Überlebensgegenüberstehen.

5.6.9. Radiotherapie von Fernmetastasen

5.6.9.1. Radiotherapie – Fraktionierung

Konventionelle Fraktionierungsschemata zeigen im Ver-gleich zu höheren Einzeldosen (>3 Gy) die gleiche Effek-tivität bezüglich der lokalen Tumorkontrolle.

5.6.9.2. Radiotherapie von Rückenmark, Haut, Subku-tis und Lymphknoten

Bei Patienten mit akuter Beschwerdesymptomatik durcheine epidurale Kompression im Rückenmarksbereich kannzur lokalen Symptomkontrolle eine Bestrahlungstherapiedurchgeführt werden.Mit dem Ziel der Verbesserung der Lebensqualität, derVermeidung von Schmerzen und der Verbesserung einerlokalen Tumorkontrolle, können im Stadium der Fernme-tastasierung Metastasen in Haut, Subkutis oder Lymph-knoten, die aufgrund ihrer Anzahl, Größe oder Lokalisati-on nicht operabel sind, einer Radiotherapie unterzogenwerden.Die kumulativen Dosen zur Bestrahlung von Metastasenin Haut, Subkutis oder Lymphknoten sollten mindestens30 Gy erreichen. Eine geringe Tumorgröße ist mit signifi-kant besseren Ansprechraten verbunden, so dass die In-dikation zur Radiotherapie frühzeitig gestellt werden soll-te.

5.6.9.3. Radiotherapie bei Knochenmetastasen

Zur Verbesserung der klinischen Beschwerdesymptomatikund zur Prävention von lokalen Komplikationen sollte beiPatienten mit ossärer Metastasierung eine Bestrahlungs-therapie durchgeführt werden.

5.6.10. Medikamentöse Therapie bei Knochenmetas-tasen

Patienten mit ossären Metastasen sollten Amino-Bisphosphonate oder den Rank-Ligand-Inhibitor erhalten.

Wegen des Risikos von Kieferosteonekrosen sollen unterder Berücksichtigung von Allgemeinzustand und Progno-se vor der Therapie zahnärztliche/kieferchirurgische Un-tersuchungen und ggf. Behandlungen erfolgen.

5.6.11. Therapie von Lebermetastasen

5.6.11.1. Resektionen von Lebermetastasen

Bei Patienten mit limitierter Lebermetastasierung solltedie Option einer Metastasektomie geprüft werden, wennsie als R0-Resektion durchführbar ist.

5.6.11.2. Lokaltherapeutische Verfahren

Ablations-, Infusions-, Perfusions- und/oder Embolisa-tionsstrategien zeigten in Studien mit niedrigem Evidenz-level klinisches Ansprechen, jedoch keine grundlegendePrognoseverbesserung und können in Abhängigkeit vonder Anzahl der Metastasen und deren Lokalisation ange-wandt werden.

5.6.12. Therapie von Hirnmetastasen

5.6.12.1. Chirurgie und Strahlentherapie bei Hirnme-tastasen

Die palliative Bestrahlung des Ganzhirns sollte bei multi-plen symptomatischen Hirnmetastasen angeboten wer-den, wenn die erwartete Lebenszeit länger als drei Mona-te beträgt.Die Operation oder stereotaktische Einzeitbestrahlungsollte bei begrenzter Hirnmetastasierung eingesetzt wer-den. Sie verbessern die lokale Tumorkontrolle und könnenbei Patienten mit singulären Metastasen das Überlebenverlängern.Bei akuter Symptomatik durch Hirnmetastasen sollte dieMöglichkeit einer Operation geprüft werden. Der Stellen-wert der adjuvanten Ganzhirnbestrahlung nach Lokal-therapie ist noch nicht geklärt.

5.6.12.2. Medikamentöse Therapie bei Hirnmetasta-sen

Patienten mit Hirnmetastasen kann eine systemische The-rapie analog den Empfehlungen bei Metastasierung inanderen viszeralen Organe angeboten werden.

6. Nachsorge

6.1. Dauer der Nachsorge

Die risikoadaptierte Nachsorge von Melanompatientensollte über einen Zeitraum von 10 Jahren erfolgen. Nachdiesem Zeitraum sollten sich die Maßnahmen auf eine re-gelmäßige Selbstuntersuchung sowie die jährliche Ganz-körperuntersuchung auf Zweitmelanome beschränken.

n Seite 11 nJOURNAL 01/2013

6.2. Selbstuntersuchung

Selbstuntersuchungen durch den Patienten werden alsessentieller Bestandteil der Nachsorge angesehen undkönnen zur Früherkennung von Rezidiven oder Zweitme-

lanomen führen. Die Patienten sollten eine Anleitung zurSelbstuntersuchung auf ein neues Melanom oder zurselbstständigen Erkennung eines Rezidives erhalten.

7. Rehabilitation

Patienten mit malignem Melanom sollen über den Rechts-anspruch auf eine Rahabilitationsmaßnahme informiertwerden. Das Antragsverfahren sollte bei Patienten mit be-einträchtigter Krankheitsverarbeitung, Funktions- undTeilhabestörungen bereits im Rahmen der Primärversor-gung initiiert werden. Weitere Voraussetzungen sind dasVorliegen von Rehabilitationsfähigkeit und eine positiveRehabilitationsprognose.

8. Einsatz von Komplementärmedizin

Komplementäre Verfahren können auf Wunsch des Pa-tienten nach gründlicher Abwägung möglicher Risiken(Neben- und Wechselwirkungen) im Einzelfall eingesetztwerden.

8.1. Aufklärung komplementäre und alternative The-rapien

Patienten sollten nach ihrer Nutzung von komplementä-ren und „alternativen“ Therapien befragt werden. Patien-ten, die komplementäre Verfahren einsetzen, sollten aufmögliche Risiken und Interaktionen hingewiesen werden.Patienten sollte aktiv von der Verwendung „alternativer“Therapien abgeraten werden. Hierzu gehören u.a.:Ukrain, Vitamin B 17 (Aprikosenkerne, Bittermandel), in-sulinpotenzierte Therapie, ketogene Diät, Vitamine nachDr. Rath, Neue Germanische Medizin®, Eigenblutzytokine,Zapper, Redifferenzierungstherapie.

9. Palliativmedizin

Bei Melanompatienten im Stadium IV sollte eine frühzei-tige Einbindung spezialisierter palliativmedizinischer am-bulanter oder stationärer Kompetenz erfolgen. Falls nichtverfügbar, sollte eine entsprechende Beratung stattfindenoder Kontaktadressen vermittelt werden.

10. Hauttumorzentren und klinische Studien

Patienten mit metastasiertem Melanom (ab Stadium III)sollen zur Abstimmung der weiteren Diagnostik und The-rapie in einem interdisziplinären Hauttumor-Board vorge-stellt werden. Die Möglichkeit des Einschlusses in klinischeStudien sollte in jedem Fall geprüft werden.

11. Psychoonkologie

Psychosoziales Screening von Melanompatienten sollteroutinemäßig in die klinische Praxis implementiert wer-den. Die Überweisung von Risikopatienten zu spezialisier-ten psychosozialen Diensten verringert deren Wahrschein-lichkeit, signifikanten Distress zu entwickeln

Literatur:

(1) Pflugfelder A et al. (2013) S3-Leitlinie „Diagnose, Therapie und Nach- sorge des Melanoms“ – Kurzfassung. J Dtsch Dermatol Ges. 11: 563- 602(2) Pflugfelder A et al. (2013) Malignes Melanom. S3-Leitlinie „Diagnose, Therapie und Nachsorge des Melanoms“. J Dtsch Dermatol Ges. 11 Suppl 6:1-116

Korrespondenzadresse:

Dr. med. Ivonne KellnerKlinik für Hautkrankheiten und AllergologieHELIOS Hauttumorzentrum ErfurtHELIOS Klinikum ErfurtNordhäuser Straße 7499089 ErfurtTelefon: 0361-781 4301e-Mail: [email protected]

6.3. Nachsorgeschema

*für R0-resezierte Stadien, **nur bei korrektem pathologischem Staging mittels Schildwächterlymphknotenexstirpation, sonst wie IIC,***Schnittbildgebung: CT-Thorax/Abdomen, MRT-Schädel, ggf. PET-CT

Stadium Körperliche Untersuchung Lymphknoten Labor S100B Bildgebende Sonographie Untersuchungen***

IAIB-IIBIIC-IV*

1-36-mtl.3-mtl.3-mtl.

4+512-mtl.6-mtl.3-mtl.

6-1012-mtl.6-12-mtl.6-mtl.

1-3–

6-mtl.**3-mtl.

4+5––

6-mtl.

6-10–––

1-3–

3-mtl.3-mtl.

4+5––

6-mtl.

6-10–––

1-3––

6-mtl.

4+5–––

6-10–––

n Seite 12 n JOURNAL 01/2005JOURNAL 01/2013

n Innovative Therapie-Strategien beiHautkrebs

Ivonne Kellner, Romy Arnhold, Johann Oellers,Anne Rathert, Christine Röding, Christiane Weisbrich,Rudolf HerbstKlinik für Hautkrankheiten und Allergologie,HELIOS Klinikum Erfurt

Einleitung

Über mehrere Jahrzehnte hat sich trotz intensiver Bemü-hungen die Prognose bezogen auf rezidivfreies und Ge-samtüberleben von Patienten mit fortgeschrittener Haut-krebserkrankung – insbesondere mit fortgeschrittenemmalignem Melanom – kaum verbessern lassen. WederKombinations-Chemotherapien noch die Kombinationaus Chemotherapien und Immuntherapien haben einePrognoseverbesserung für die Mehrzahl der Stadium IV-Melanom-Patienten erbringen können. Dies hat sich inden letzten Jahren durch zwei wesentliche Erkenntnissegeradezu dramatisch verändert: Zum einen konnte dieGesamtheit „malignes Melanom“ in verschiedene patho-genetisch unterschiedliche Gruppen untergliedert wer-den. Erst dadurch war es möglich, eine zielgerichtete The-rapie auch bei dieser Erkrankungsgruppe zu versuchen.Zum anderen konnten mit der Einführung von sog.CTLA4-Antikörpern, später auch PD1- und PD1L-Antikör-pern endlich Immuntherapie-Strategien entwickelt wer-den, die eine deutliche Prognoseverbesserung für einegrößere Anzahl von metastasierten Melanom-Patientenbedeuten. Das HELIOS Hauttumorzentrum Erfurt war undist im Rahmen von klinischen Studien in die Entwicklungaller dieser neuen Therapie-Strategien zu einem relativfrühen Zeitpunkt involviert. Deshalb können entsprechen-de Therapiemöglichkeiten unseren Patienten oft bereitssehr lange vor Zulassung und allgemeiner Verfügbarkeitangeboten werden.

In der folgenden Arbeit sollen deshalb die aktuell hierdurchgeführten Therapie-Studien kurz dargestellt wer-den.

Zielgerichtete Therapie des malignen Melanoms

Etwa 50 % aller malignen Melanome zeigen eine Mutati-on im BRAF-Gen. Dies hat bereits vor mehreren Jahren da-zu geführt, dass diese Punktmutation als Therapiezielidentifiziert wurde und in der Folge spezifische Inhibitorenzur Behandlung von Patienten mit BRAF-mutierten Mela-nomen entwickelt wurden. Hier war das HELIOS Hauttu-morzentrum Erfurt in den Zulassungsstudien sowohl fürVemurafenib (Zelboraf®, Zulassung erfolgte im Jahr 2012)als auch Dabrafenib (Tafinlar®, Zulassung erfolgte im Jahr2013) eingebunden. Dadurch konnten viele dafür in Fragekommende Patienten bereits lange vor Zulassung mit ei-nem entsprechenden BRAF-Inhibitor behandelt werden.Obwohl fast alle Patienten mit BRAF-mutierten Melano-men zunächst relativ schnell auf eine Therapie mit einemBRAF-Inhibitor ansprechen, entwickelt leider die Mehrzahlvon ihnen nach etwa einem halben Jahr eine Resistenzund erlebt deshalb ein erneutes Fortschreiten der Mela-nomerkrankung. Es werden derzeit mehrere verschiedeneWege der Resistenzentwicklung gegen BRAF-Inhibitorendiskutiert bzw. erforscht; ein Weg führt über eine andereTyrosin/Threonin-Kinase mit Namen MEK (oder auchMAPKK). In ersten sehr vielversprechenden Studien konn-te gezeigt werden, dass die Hinzugabe eines sog. MEK-In-hibitors in Kombination mit einem BRAF-Inhibitor (z.B.Trametinib + Dabrafenib oder Vemurafenib + Cobimeti-nib) sowohl die Ansprechraten noch weiter erhöht, alsauch die Ansprechdauer deutlich verlängern kann. Auchhier war und ist das HELIOS Hauttumorzentrum Erfurt ak-tiv an mehreren Studien beteiligt, um auch hier möglichstvielen Patienten aus unserem Einzugsbereich diese inno-vative Therapieoption frühzeitig zu ermöglichen.

Da es in Europa noch keine Zulassung für einen MEK-In-hibitor gibt und auch in den USA nur jeweils die Einzel-therapie mit BRAF-Inhibitor oder MEK-Inhibitor zur Be-handlung des fortgeschrittenen Melanoms zugelassen ist,sind klinische Studien derzeit die einzige Möglichkeit, Sta-dium IV-Melanompatienten eine derartige Kombinations-therapie zukommen zu lassen. Derzeit rekrutiert inDeutschland eine Studie: CoBRIM, bei der das bereits zu-gelassene Vemurafenib (Zelboraf®) in Kombination mitCobimetinib verabreicht wird.

Kurztitel: CoBRIM (GO28141) (Sponsor: Roche)Patienten: Vergleich von Vemurafenib (BRAF-Hemmer) versus Vemurafenib in Kombination mit GDC-0973 (Cobimetinib, MEK-Hemmer) bei unbehandeltem, nicht-resezierbarem oder metastasiertem MelanomEinschluss: unbehandeltes, nicht-resektables Stadium IIIC oder Stadium IV (histol. gesichert, RECIST), BRAF-Mutation (Cobas®)Ausschluss: frühere systemische Krebstherapie (Melanom Stadium IIIC oder IV), RAF/MEK-Inhibitor-Vortherapie, aktive Hirnmetastasen, HerzerkrankungProtokoll: Placebokontrollierte, doppelblinde Studie der Phase III zu Vemurafenib im Vergleich zu Vemurafenib plus GDC-0973 (Cobimetinib) bei bisher unbehandelten Patienten mit inoperablem lokal fortgeschrit- tenem oder metastasiertem BRAF V600-Mutation-positivem MelanomEudraCT-Nr.: 2012-003008-11

n Seite 13 nJOURNAL 01/2013

Patienten mit metastasiertem malignem Melanom, derenTumor eine BRAF-Mutation zeigt, sollten deshalb nachMöglichkeit vor Beginn einer Monotherapie mit einemder zugelassenen BRAF-Inhibitoren auf die Möglichkeiteiner Studienteilnahme zur Kombinationstherapie hinge-wiesen und bei Interesse in einem entsprechendem Stu-dienzentrum vorgestellt werden. Auch aus den Langzeit-auswertungen der bisher bereits durchgeführten Studienmit verschiedenen BRAF-Inhibitoren sowie Kombinations-therapien sind in den nächsten Jahren noch für die The-rapie zukünftiger Patienten wichtige Ergebnisse insbe-

sondere zu den Themen Ansprechdauer, Langzeitüberle-ben sowie Lebensqualität zu erwarten. Schließlich werdenverschiedene Sicherheitsstudien zur Erhebung von u.a.Nebenwirkungen und Therapie-Modalitäten unter denBedingungen der Therapie außerhalb von klinischen Stu-dien durchgeführt. Auch sind zukünftig für Patienten undThera- peuten relevante Zusatzinformationen z.B. zu denThemen Nebenwirkungsmanagement, Therapieoptionennach Progress und anderen zu erwarten. Insofern solltenPatienten auch zur Teilnahme an solchen Sicherheitsstu-dien motiviert werden.

In der adjuvanten Behandlung von Melanompatientenmit einem sehr hohen Rezidivrisiko ist bereits seit über ei-nem Jahrzehnt Interferon-α zugelassen und wird in un-terschiedlichen Dosierungen und Verabreichungsdauerndurchgeführt. Leider dürfen hier nur ein relativ kleinerAnteil der behandelten Patienten eine Prognoseverbesse-rung im Sinne einer verlängerten rezidivfreien Überle-

benszeit und noch weniger Patienten im Sinne eines ver-längerten Gesamtüberlebens erwarten. Deshalb wird inmehreren klinischen Studien untersucht, inwieweit sichdiese Prognose zumindest bei Patienten mit einem BRAF-mutiertem Tumor durch die Gabe einer Kombination ausBRAF-Inhibitor und MEK-Inhibitor verbessern lässt.

Wesentlich seltener als die BRAF-Mutationen treten beiweniger als 1 % aller Melanompatienten, insbesonderebei Patienten mit Schleimhautmelanomen Mutationen imsogenannten C-KIT-Gen auf. Hier sind mehrere spezifischeInhibitoren in der fortgeschrittenen Untersuchung. Auf-grund der relativen Seltenheit und der weit aufwändige-

ren Testverfahren zur Bestimmung dieser genetischen Ver-änderung kommt dieser Therapieansatz bis jetzt nur sel-ten zur Anwendung. Auch für diese Patientengruppe bie-tet das HELIOS Hauttumorzentrum Erfurt eine Behand-lungsstudie an.

Kurztitel: ZeSS – Zelboraf Safety Study (Sponsor: Roche)Patienten: Prospektive Beobachtungsstudie bei Patienten mit einem nicht-resezierbaren, metastasierten Melanom und Vemurafenib-BehandlungEinschluss: BRAF-V600-Mutation, nicht-resektables Stadium III oder IV, Vemurafenib-Therapieentscheidung vor StudieneinschlussAusschluss: frühere klinische Studie mit Vemurafenib, Teilnahme an anderer TherapiestudieProtokoll: Multizentrische, prospektiv beobachtete Sicherheitsstudie an Patienten mit BRAF-V600-Mutation aufweisendem, inoperablem oder metastasierendem Melanom, die mit Vemurafenib (Zelboraf®) behandelt werden.

Kurztitel: COMBI-AD (Sponsor: GSK)Patienten: Patienten mit Hochrisiko-Melanoms mit BRAF-V600-Mutation nach chirurgischer ResektionEinschluss: Vollständig reseziertes, histologisch bestätigtes Hochrisiko-Melanom der Haut (Stadium IIIA [Lymphknotenmetastase >1 mm], IIIb oder IIIc; positiv auf die BRAF-V600E/K-Mutation)Ausschluss: Fernmetastasen, frühere medikamentöse Melanomtherapie; Strahlentherapie; Herzerkrankung; best. AugenerkrankungenProtokoll: Randomisierte, doppelblinde Phase III-Studie zu Dabrafenib (GSK2118436) in Kombination mit Trametinib (GSK1120212) im Vergleich zu zwei Placebos bei der adjuvanten Behandlung des Hochrisiko-Melanoms mit BRAF-V600-Mutation nach chirurgischer Resektion.EudraCT-Nr.: 2012-001266-15

n Seite 14 n JOURNAL 01/2005JOURNAL 01/2013

Kurztitel: AB08026 Mastinib (Sponsor: AB Science)Patienten: Patienten mit nicht-resektablem Stadium III oder Stadium IV Melanom mit einer Mutation der Juxtamembranen-Domaine von c-KITEinschluss: c-KIT-Mutation, nicht-resektables Stadium III oder Stadium IVAusschluss: aktive Hirnmetastase, frühere Behandlung mit Tyrosinkinase c-KIT InhibitorProtokoll: Prospektive, multizentrische, randomisierte, offene, aktiv kontrollierte, 2-Parallelgruppen-Phase III-Studie zum Vergleich der Effektivität und Sicherheit von Mastinib bei einer Dosis von 7,5 mg / kg / Tag mit Dacarbazin an Patienten mit nicht resezierbarem oder metastasierendem Grad 3 oder Grad 4 Melanom mit einer Mutation an der Juxta-Membrandomäne des c-KIT-Rezeptors.EudraCT-Nr.: 209-017918-69

Kurztitel: CA184-243 Ipilimumab Wiederbehandlung vs. Chemotherapie (Sponsor: BMS)Patienten: Vergleich von re-induziertem Ipilimumab mit Chemotherapien bei Patienten mit fortgeschrittenem MelanomEinschluss: nicht-resektables Stadium III oder Stadium IV, Ipilimumab-Vortherapie (mit = 3 Monate SD oder PR / CR), aktuell PDAusschluss: aktive Hirnmetastasen, Therapie seit Ipi-Vortherapie, immunvermittelten Nebenwirkungen = Grad 3Protokoll: Randomisierte, offene, multizentrische Studie der Phase II zur Wiederbehandlung mit Ipilimumab versus Chemotherapie bei Patienten mit metastasiertem Melanom, die nach initialem Erreichen einer Krankheitskontrolle unter einer Behandlung mit Ipilimumab eine Progression zeigenEudraCT-Nr.: 2012-003291-38

Immunologische Therapie des Malignen Melanoms

CTLA4-AntikörperDie immunologische Therapie mit Interferon-α konntesich ausschließlich in der adjuvanten Situation durchset-zen; die Therapie mit Interleukin-2 findet in Europa so gutwie keine Anwendung und therapeutische Vakzinierungs-studien sind zwar vereinzelt vielversprechend, aber nie angrößeren Patientenzahlen erfolgreich gewesen. Vor die-sem ernüchternden Hintergrund sind die Ansprechratenund die Überlebenszeitverlängerung durch die Therapiemit dem CTLA4-Antikörper Ipilimumab der erste immun-therapeutische Erfolg beim metastasierten malignen Me-lanom in Europa. Hierbei wird das die Costimulation vonT-Zellen hemmende CTLA4-Antigen direkt inhibiert. Da-durch kommt es gewissermaßen zu einer Hochregulationdes gesamten Immunsystems und in der Folge bei zumin-dest einem Teil der Patienten zu einer deutlich besseren

körpereigenen immunologischen Tumorabwehr. Aller-dings ist diese Therapie mit teilweise schweren immuno-logischen Nebenwirkungen behaftet, die ein engmaschi-ges Management der Patienten erfordern. Auch hier wardas HELIOS Hauttumorzentrum Erfurt bereits vor Zulas-sung der Substanz in mehrere Behandlungsprogrammeeingebunden und konnte diese Therapieoption frühzeitigentsprechend geeigneten Patienten anbieten. Auch nachZulassung der Substanz Ipilimumab (2012: Yervoy®) gibtes weiteren Untersuchungsbedarf: z. B. die Frage, ob nacherneutem Fortschreiten einer Melanomerkrankung nachinitialem Ansprechen auf eine Ipilimumab-Therapie einesog. Re-Induktion (Wiederverabreichung des Medikamen-tes) eine sinnvolle Therapieoption für entsprechende Pa-tienten darstellt, wird aktuell im Rahmen der sog. Re-In-duktions-Studie untersucht. Auch in diese Studie könnenaktuell Patienten am HELIOS Hauttumorzentrum Erfurteingebracht werden.

Die Therapie mit CTLA4-Antikörpern kann auf Grund ihresWirkmechanismus Nebenwirkungen in praktisch allen Or-gansystemen hervorrufen und erfordert deshalb eine sehrengmaschige und fachkundige Therapieüberwachung.Hierfür stehen ausführliche Informationsmaterialien so-wohl in gedruckter Form, als auch online für Behandler,als auch für Patienten zur Verfügung, die unbedingt ein-gesetzt werden sollten. Gerade in dieser Wirkstoffgruppeist zudem eine sehr gründliche Auswertung und Lang-zeitbeobachtung – auch und besonders im Hinblick aufNebenwirkungen – aller bisherigen Studienpatienten un-

bedingt erforderlich. Zusätzlich ist es notwendig und warZulassungsvoraussetzung, dass auch nach Zulassung Si-cherheitsstudien zur Erhebung von v. a. Nebenwirkungenund Therapie-Modalitäten unter den Bedingungen derTherapie außerhalb von klinischen Studien durchgeführtwerden. Auch sind zukünftig für Patienten und Therapeu-ten relevante Zusatzinformationen z. B. zu den ThemenNebenwirkungsmanagement, Therapieoptionen nachProgress und anderem zu erwarten. Insofern sollten Pa-tienten auch zur Teilnahme an solchen Sicherheitsstudienmotiviert werden.

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Kurztitel: IMAGE CA184-143 (Sponsor: BMS)Patienten: Internationale, prospektive Beobachtungsstudie bei Patienten mit einem nicht-resezierbarem metastasierten malignen MelanomEinschluss: nicht-resektables Stadium III oder Stadium IV, mind. eine systemische Vortherapie (Melanom Stadium IIIC oder IV), Therapieentscheidung vor StudieneinschlussAusschluss: Teilnahme an anderer TherapiestudieProtokoll: Internationale, prospektive Beobachtungsstudie bei Patienten mit einem nicht-resezierbarem, metastasierten malignen Melanom zur Untersuchung der Sicherheit und Anwendungsschemata von Ipilimumab nach dessen Zulassung

Kurztitel: CA209-067 anti-PD-1 oder anti-PD-1+Ipilimumab vs. Ipilimumab (Sponsor: BMS)Patienten: Randomisierte, doppelblinde Phase III-Studie mit Nivolumab-Monotherapie oder Nivolumab / Ipilimumab-Kombinationstherapie gegen Ipilimumab-Monotherapie bei Patienten mit vorher unbehandeltem nicht-resezierbarem oder metastasiertem MelanomEinschluss: unbehandeltes, nicht-resektables Stadium III oder Stadium IV (histol. gesichert, RECIST), BRAF Wildtyp (= keine Mutation)Ausschluss: frühere systemische Krebstherapie (Melanom Stadium IIIC oder IV), aktive Hirnmetastasen, Uvea-Melanom, AutoimmunerkrankungProtokoll: Randomisierte, doppelblinde Phase III-Studie einer Nivolumab-Monotherapie oder Nivolumab kombiniert mit Ipilimumab gegen eine Ipilimumab-Monotherapie bei Patienten mit nicht- resezierbarem oder metastasierendem Melanom ohne VorbehandlungEudraCT-Nr.: 2012-005371-13

Anti-PD-1-AntikörperNeben dem CTLA4-Antikörper Ipilimumab ist als weitereimmunologische Zielstruktur der PD1-Rezeptor und auchsein Ligand (PD 1 L) identifiziert worden. Auch hiergegengibt es inzwischen mehrere Substanzen in z. T. fortge-schrittenen Stadien der klinischen Erprobung. Interessantscheint hierbei zu sein, dass zum einen (im Gegensatz zuIpilimumab) durch die Bestimmung von PD 1 in Tumorge-

webe möglicherweise Patienten mit einer höheren An-sprechwahrscheinlichkeit vorselektiert werden könntenund zum anderen die Ansprechraten deutlich höher zusein scheinen. Aktuell wird hier beispielsweise im Rahmender sog. CA209-067-Studie die Kombination von Ipilimu-mab mit Nivolumab gegen die Einzelgabe beider Sub-stanzen auch am HELIOS Hauttumorzentrum Erfurt un-tersucht.

ZusammenfassungDie Therapie des fortgeschrittenen malignen Melanomshat in den letzten 5 Jahren mehr Fortschritte gemacht alsin mehreren Dekaden davor. Dies ist vor allem durch einekonsequente Grundlagenforschung gefolgt von einer in-tensiven Durchführung klinischer Untersuchungen mitzielgerichteten Therapien und Immuntherapien geglückt.Trotzdem bleiben viele Fragen bezüglich der Patientense-lektion, Nebenwirkungsmanagement, Kombination vonMedikamenten oder Therapiestrategien und verschiedeneandere offen. Diese müssen dringend durch z. T. bereitslaufende klinische Studien beantwortet werden, um unserKernziel zu erreichen: Die Verbesserung von Lebensqualitätund Gesamtüberleben metastasierter Hautkrebspatienten.Der Möglichkeit des Einschlusses in eine klinische Studieist nach der aktuellen S3-Leitlinie Malignes Melanom beiallen Patienten ab dem Stadium III obligat zu prüfen.

Ausgewählte Literatur:(1) Pflugfelder A et al. (2013) Malignes Melanom. S3-Leitlinie „Diagnose, Therapie und Nachsorge des Melanoms“. J Dtsch Dermatol Ges. 11 Suppl 6:1-116(2) Lyle M, Long GV (2013) Diagnosis and Treatment of KIT-Mutant Metas- tatic Melanoma. J Clin Oncol. 31:3176-81(3) Wolchok JD et al. (2013) Nivolumab plus Ipilimumab in advanced me- lanoma. N Engl J Med. 369:122-33

(4) Wolchok JD et al. (2013) Four-years survival rates for patients with me- tastatic melanoma who received ipilimumab in phase II clinical trials. Ann Oncol. 24:2174-80(5) Robert C et al. (2011) Ipilimumab plus dacarbazine for previously un- treated metastatic melanoma. N Engl J Med. 364:2515-26(6) Hodi FS et al. (2010) Improved survival with ipilimumab in patients with metastatic melanoma. N Engl J Med. 363:711-23 (Erratum in: N Engl J Med. 2010; 363-1290)(7) Chapman PB et al. (2011) Improved survival with vemurafenib in mela- noma with BRAF V600E mutation. N Engl J Med. 364:2507-16(8) Youg K, Minchom A, Larkin J (2012) BRIM-1, -2 and -3 trials: improved survival with vemurafenib in metastatic melanoma patients with a BRAF(V600E) mutation. Future Oncol. 8:499-507(9) Flaherty KT et al. (2012) Combined BRAF and MEK inhibition in melano- ma with BRAF V600 mutations. N Engl J Med. 367:1694-703(10)Hauschild A et al. (2012) Dabrafenib in BRAF-mutated metastatic mela- noma: a multicentre, open-label, phase 3 randomised controlled trial. Lancet 380:358-65

Korrespondenzadresse:

Dr. med. Ivonne KellnerKlinik für Hautkrankheiten und AllergologieHELIOS Hauttumorzentrum ErfurtHELIOS Klinikum ErfurtNordhäuser Straße 7499089 ErfurtTelefon: 0361-781 4301e-Mail: [email protected]

n Seite 16 n JOURNAL 01/2005JOURNAL 01/2013

n Elektrochemotherapie

Christiane Weisbrich, Christine Röding, Ivonne Kellner,Rudolf A. Herbst

EinleitungDie palliative Behandlung von Tumormanifestationen beioperativ, strahlentherapeutisch und systemisch ausbe-handelten Krebspatienten kann sehr schwierig sein. Ins-besondere beim Mammakarzinom (Cancer en cuirasse)und malignem Melanom (In-transit-Metastasen an Extre-mitäten) kann es im Verlauf zu ulzerierten, blutenden, su-perinfizierten und dadurch auch olfaktorisch extrem un-angenehmen Tumormassen an der Körperoberflächekommen. Diese schränken dann zum einen die Lebens-qualität der Patienten extrem ein und belasten zum ande-ren auch ihre Umgebung (Angehörige, Pflegepesonal) un-ter Umständen so sehr, dass es zur völligen sozialen Iso-lation kommen kann. Bereits Anfang der 1990er-Jahrehaben erste klinische Studien die Wirksamkeit der soge-nannten Elektrochemotherapie auf Tumorknoten ver-schiedenster Krebsarten zeigen können. Inzwischen wur-de dieses Therapieverfahren standardisiert und in ver-schiedenen europäischen Ländern eingeführt, u. a. inDeutschland in über 40 Kliniken, vornehmlich Hautklini-ken.

Im HELIOS Hauttumorzentrum Erfurt bieten wir seit Mai2012 dieses innovative Verfahren als Mono- oder Kombi-nationstherapie zur Behandlung bei lokoregionär meta-stasiertem malignen Melanom, Mammakarzinom und an-deren Tumorentitäten an. Die Elektrochemotherapiezeichnet sich als ein einfaches und sicheres Verfahren oh-ne nennenswerte Toxität, mit geringer Nebenwirkungsra-te, kurzer Behandlungsdauer und meist guter Verträg-lichkeit zur lokalen Behandlung vor allem von Satelliten-und In-transit-Metastasen aus.

WirkungsprinzipDie Elektrochemotherapie (ECT) kombiniert die antitu-morale Aktivität von nicht-permeablen (Bleomycin) odergering permeablen (Cisplatin) Zytostatika in niedrigen Do-sierungen und kurzen intensiven elektrischen Impulsenzur lokalen Behandlung von kutanen und subkutanenHauttumoren und Metastasen. Das Wirkungsprinzip derElektrochemotherapie beruht auf der sogenannten „Elek-troporation“, einem physischen Phänomen an Zellmem-branen, wenn ein elektrisches Feld wirkt. Das elektrischeFeld erhöht vorübergehend und reversibel die Permeabi-lität der Zellmembranen, so dass Moleküle, die normaler-weise weder durch Diffusion noch über aktiven Transportdie Zellmembran durchdringen, den intrazellulären Raumerreichen können. Die Zelltoxizität der Zytostatika wirddamit erheblich potenziert (ca. 1000-fach bei Bleomycin).Das dafür erforderliche Elektroporations-Gerät generiertSpannungsimpulse, die dann mittels eingestochener Elek-troden in die Tumoren appliziert werden. Durch diese Im-pulse entsteht eine Potentialdifferenz, die ein elektrisches

Feld erzeugt. Es werden verschiedene Hypothesen zur an-titumoralen Wirksamkeit der ECT diskutiert. Zum einengeht man von einer direkten Zytotoxizität auf Tumorzellenaus. Zum anderen scheinen daneben auch indirekte Phä-nomene, wie durch die elektrischen Impulse reduzierteDurchblutung des Tumorgewebes mit konsekutiver Tu-morhypoxie und Tumornekrose als auch durch die Freiset-zung von Tumorantigenen durch Tumorzellzerfall ausge-löste lokale Entzündungs- und Immunreaktionen mit In-duktion antigenspezifischer Immunantworten eine wich-tige Rolle zu spielen. Diese Aspekte werden aktuell in derklinischen Kombinationstherapie von Elektrochemothe-rapie und systemischer Immuntherapie mit dem CTLA4-Antikörper Ipilimumab bei Patienten mit malignem Mela-nom im Stadium IV untersucht.

DurchführungEine Behandlung umfasst meist einen stationären Auf-enthalt von 4 – 6 Tagen. Prinzipiell sind Wiederholungs-behandlungen möglich, meist wird diesbezüglich ein Ab-stand von ca. 4 Wochen empfohlen. Bei unseren Patientenmit bisher hauptsächlich lokal meta-stasiertem malignen Melanom kambevorzugt eine hexagonale Elektro-de (N-20-HG; Abb. 1), welche für Lä-sionen / Flächen >1 cm und größereTumoren geeignet ist, zum Einsatz.Zur Behandlung von lokalen Meta-stasen bei Mammakarzinompatien-tinnen wird die Verwendung einerkürzeren Elektrode (N-10-HG) emp-fohlen. Das stationäre Managementzur Durchführung einer ECT umfasstneben der klinischen Untersuchung des Patienten die Auf-klärung und schriftliche Einwilligung zur ECT, die Anäs-thesievorstellung, die patientenbezogene Bestellung desChemotherapeutikums als auch die Festlegung des peri-und postinterventionellen Therapieregimes (Schmerzthe-rapie, Antibiotikum, Antikoagulation). Im OP-Saal wirdnach entsprechender Lagerung des Patienten, steriler Vor-bereitung sowie Bereitstellung des Elektroporationsgerä-tes die Allgemeinanästhesie eingeleitet. Diese erfordertwegen der potentiellen pulmonalen Toxizität bei der An-wendung von Bleomycin eine besondere Durchführungder Narkose, die mittlerweile an vielen Zentren standardi-siert wurde. Unter bestimmten Umständen ist auch eineDurchführung in Regionalanästhesie möglich. Danach er-folgt die Gabe von Bleomycin 15 mg / m2 KOF in 10 mlNaCl 0,9 % über 60 sec. i. v. als Bolus. Nach einer Anflut-zeit von 8 Minuten kann mit der Elektroporation begon-nen werden. Es erfolgt ein gezieltes Einstechen der Elek-trode im Behandlungsareal und Auslösung der Impulseüber zwei Fußpedale. Dieses Vorgehen wird solange wie-derholt, bis das gesamte Tumorareal sowie ein „Sicher-heitssaum“ von 0,5 – 1 cm ins gesunde Gewebe behan-delt worden sind. Das optimale Behandlungs-Zeitfensterbeträgt 20 Minuten, maximal 30 Minuten. Darüber hinausist nicht mehr mit einer wirksamen Wirkstoffkonzentrati-on am Behandlungsort zu rechnen.

Abb. 1 Hexagonale Elektrode

(N-20-HG)

n Seite 17 nJOURNAL 01/2013

Die Durchführung einer ECT ist bei Systeminfektionen (He-patitis B / C u. a.) prinzipiell möglich, da es sich bei denElektroden um Einwegmaterial handelt. Es sind mit demVerfahren der ECT anatomisch schwierig erreichbaren Lo-kalisationen und flächenhaft betroffene Tumorareale be-handelbar, die für intraläsionale und / oder operative Ver-fahren zu groß wären. Die ECT zeichnet sich durch einenur geringe Toxizität im Vergleich zu zytostatischen Sy-stemtherapien aus. Kurze, milde Allgemeinanästhesienwerden im Allgemeinen gut vertragen, es sind Wiederho-lungsbehandlungen möglich und insbesondere ältere Pa-tienten behandelbar (Cave: kumulative Bleomycin-Ge-samtdosis: maximal 400 mg / m2 KOF). Letztlich verstärktdie Elektroporation die lokale Zytotoxität des Chemothe-rapeutikums, so dass eine geringe Dosis ausreichend undsowohl die Systemtoxizität als auch die konsekutive Im-munsuppression deutlich limitiert sind. Inzwischen ist die-ses standardisierte Therapieverfahren in der S3-Leitlinie„Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Melanoms“(Stand: 02/2013) als medikamentöses Verfahren bei loko-regionären Metastasen (Anzahl >5 – 10, lokal inoperabel)verankert und wird bei loko-regionärem Rezidiv bei Brust-krebs durch die Arbeitsgemeinschaft gynäkologische On-kologie e. V., Kommission Mamma, (Stand 03/2013) alseine Behandlungsoption bei nicht kurativen Fällen emp-fohlen.

ZusammenfassungEntsprechend der Erfahrungen an unserem eigenen Pa-tientengut bietet die Elektrochemotherapie eine guteMöglichkeit der lokalen Tumorkontrolle. Dieses neue The-rapieverfahren ermöglicht es, Zeit zu gewinnen, um sy-stemische Therapien mit etwaigen unerwünschten Ne-benwirkungen und / oder Resistenzbildungen aufzuschie-ben und gegebenenfalls größere operative Eingriffe hin-auszuzögern. Das Verfahren der ECT kann dieLebensqualität verbessern, beispielsweise durch Sistierenvon Blutungen aus ulzerierten Tumoren, durch Reduktionder Tumormasse und der Reduktion des Foetor. Infolge-dessen gestalten sich Verbandswechsel dadurch häufigeinfacher. Darüber hinaus kann es gelingen, Schmerzenzu reduzieren. Abschließend lässt sich feststellen, dassdie Elektrochemotherapie zur lokalen Metastasenbehand-lung einen ausschließlich palliativen Ansatz darstellt. Die-ses Verfahren wird für Patienten empfohlen, bei denen ei-nerseits ein operatives Vorgehen nicht mehr indiziert undandererseits der Beginn einer Systemtherapie noch nichtindiziert ist. Es profitieren vor allem Patienten mit langsa-mem Progress der Tumorerkrankung. Sofern Narkosefä-higkeit besteht, ist die ECT insbesondere auch für älterePatienten gut geeignet. Mit der Einführung der Elektro-chemotherapie am HELIOS Hauttumorzentrum Erfurtsteht ein weiteres therapeutisches Instrument zur Be-handlung lokoregionär kutan metastasierter Tumore zurVerfügung.

Tabelle 1Indikationen

• kutane / subkutane Metastasen: malignes Mela- nom, Mammakarzinom, Plattenepithelkarzinom Kopf-Hals-Bereich • Primärtumore: kutane Plattenepithelkarzinome, solide Basalzellkarzinome (z. B. bei Gorlin-Goltz- Syndrom), Kaposi-Sarkom, Merkelzellkarzinom • Tumorknoten bei Lymphomen • kutane Rezidivtumoren nach Strahlentherapie und / oder Chemotherapie • Kontraindikationen für Strahlentherapie, Chemo- therapie • Tumorerkrankung bei ausgeprägter Komorbidität und / oder hohem Alter • nicht-tumoröse Läsionen (sehr selten, nur nach Ausschöpfung klassischer Therapieverfahren): Keloide, hypertrophe Narben

Tabelle 2Kontraindikationen

• Unverträglichkeit von Bleomycin • Schwangerschaft / Stillzeit • schwerze Herz-, Leber-, Nierenerkrankungen • stark eingeschränkte Lungenfunktion (schwere COPD, schweres Asthma bronchiale, Lungenfibrose • eingeschränkte Anästhesiefähigkeit

Tabelle 3Nebenwirkungen

• während Verabreichung der Impulse: unwillkürliche, schmerzhafte Muselkontraktion (endet unmittelbar nach Beendigung des Impulses) f Anästhesieverfahren indiziert fMuskelschmerzen nach ECT: Schmerztherapie erforderlich • Einstichmarkierungen durch Nadelelektroden persistieren z. T. über Wochen • Nekrose im Bereich des behandelten Areals über Wochen • nach Abheilung Hypo- / Hyperpigmentierungen möglich • i. v.-Gabe Bleomycin: Schleimhautentzündungen, Veränderungen des Blutbildes, allergische Reaktionen, Pseudosklero- dermie, Flagellantendermatitis, pulmonale Toxizität (interstitielle Lungenfibrose)

n Seite 18 n JOURNAL 01/2005JOURNAL 01/2013

Fallbericht 1

79-jähriger Patient mit metastasierendem malignen Melanom mit multiplen Satelliten- und In-transit-Filiae des rechtenUnterschenkels

während der ECT 4 Wochen nach ECT

Fallbericht 2

74-jährige Patientin mit kutanen und subkutanen Filiae bei metastasiertem malignen Melanom Unterschenkel linksmedial vor ECT

vor ECT (Ausgangsbefund 05/2012) 2 Tage nach 1. ECT

3 Monate nach 3. ECT (09/2013), einzige Komorbidität:leichte Demenz, sonst in gutem AZ, komplikationsloserVerlauf, keine Schmerzen, keine Bewegungseinschrän-kungen, hat von 3-maliger ECT bisher sehr gut profitiert(05/12, 09/12, 06/13): gute lokale Tumorkontrolle seit05/12, operative Sanierung aufgrund flächenhaften Aus-dehnung nicht mehr möglich, bis dato keine Fernmeta-stasen

n Seite 19 nJOURNAL 01/2013

Fallbericht 3

58-jährige Patientin mit regionär metastasiertem Mammakarzinom links, ED 1995, Z. n. multiplen Vortherapien

vor ECT 3 Monate nach ECT

Die Patientin ist sehr zufrieden mit Behandlung (trotz persistierender Hyperpigmentierungen), da sehr gute Verträg-lichkeit, keine Nebenwirkungen, bis dato gute lokale Tumorkontrolle, Metastasen in Anzahl und Größe regredient, z. T. komplette Rückbildung. ECT als Chance, das Fortschreiten der Krebserkrankung hinaus zu zögern, Gewinn an Le-bensqualität und Stabilisierung, da erneute ECT bei Progress jederzeit möglich ist.

Ausgewählte Literatur:

Arbeitsgemeinschaft gynäkologische Onkologie 2013http://www.ago-online.de/fileadmin/downloads/leitlinien/mamma/2013_02_ Februar/AGO_Mamma_2013/pdf/AGO_Version_2013_D.pdf S. 342

Arbeitsgemeinschaft gynäkologische Onkologie 2013http://www.ago-online.de/fileadmin/downloads/leitlinien/mamma/2013_02_Februar/pdfs_D/2013D%2018_Loko-regionaeres%20Rezidif.pdf S. 16

Campana LG, et al. (2012) The activity and safety of electrochemotherapy inpersistent chest wall recurrence from breast cancer after mastectomy:a phase-III study. Breast Cancer Res Treat. 134:1169-78

Curatolo P, et al. (2012) Electrochemotherapy in the treatment of Kaposi sar-coma cutaneous lesions: a two-center prospective phase II trial. Ann SurgOncol. 19:192-8

Kis E, et al. (2012) Successful treatment of multiple baseliomas with bleo-mycin-based electrochemotherapy: a case series of three patients with Gor-lin-Goltz syndrome. Acta Derm Venereol. 92:648-51

Mali B, et al. (2013) Antitumor effectiveness of electrochemotherapy: a sy-stematic review and meta-analysis. Eur J Surg Oncol. 391:4-16

Pflugfelder A, et al. (2013) Malignes Melanom. S3-Leitlinie „Diagnose, The-rapie und Nachsorge des Melanoms“. J Dtsch Dermatol. Ges. 11 Suppl6:1-116

Reinhold U. (2011) Elektrochemotherapie von Hauttumoren. Hautarzt62:549-58

Testori A, Rossi CR, Trosti G (2012) Utility of electrochemotherapy in mela-noma treatment. Curr Opin Oncol. 24:155-61

Korrespondenzadresse:

Dr. med. Christiane WeisbrichKlinik für Hautkrankheiten und AllergologieHELIOS Hauttumorzentrum ErfurtHELIOS Klinikum ErfurtNordhäuser Straße 7499089 ErfurtTelefon: 0361-781 4301e-Mail: [email protected]

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n Medikamentöse Therapie desmetastasierten Nierenzellkarzinoms –Update 2013

Thomas SteinerKlinik für Urologie, HELIOS Klinikum Erfurt

Seit Einführung des ersten Tyrosinkinaseinhibitors (TKI)2006 hat sich die Targettherapie des metastasierten Nie-renzellkarzinoms fest im klinischen Alltag etabliert. Inzwi-schen sind sieben Substanzen, welche letztlich alle inwachstumsfaktorvermittelte Signaltransduktionen ein-greifen, zugelassen worden. Aktuell sind neben einemVEGF-Antikörper zwei mTOR-Inhibitoren und vier TKIs ver-fügbar.

Durch den Einsatz dieser Substanzen konnte das medianeÜberleben der betroffenen Patienten mit guter und mitt-lerer Prognose nach Motzer deutlich verlängert werden.Eindrucksvoll wird dies insbesondere für Patienten mitguter Prognose demonstriert, welche heute im Median43.2 Monate überleben, während dies noch 2005 nur 27Monate waren. Keine Verbesserung konnte hingegen fürPatienten mit schlechter Prognose nach Motzer erreichtwerden. In dieser Patientengruppe überleben nur 7% derBetroffenen zwei Jahre nach Diagnosestellung.

Neue Therapien – neue Nebenwirkungen

In den ersten Jahren der Targettherapie wurden Thera-peuten und Patienten mit neuartigen Nebenwirkungenkonfrontiert, deren Management zunächst schwierig war.So stehen bei den TKIs kutane und gastrointestinale Ne-benwirkungen, Hypertonie, Hypothyreose und Fatigue imVordergrund, bei den mTOR-Inhibitoren eher metaboli-sche Veränderungen wie Hyperglykämie und Hyperlipid-

ämie sowie eine chronische Anämie und wiederum Haut-und Schleimhautprobleme. Eine besondere Nebenwir-kung einer mTOR-Inhibitor-Therapie ist die Pneumonitis,welche in Einzelfällen vorkommt. Inzwischen liegen aus-reichende Erfahrungen im Umgang mit diesen uner-wünschten Effekten vor, um sie in der Regel adäquat be-herrschen zu können.

Aktuelle Therapiestandards

In der Erstliniensituation werden für das klarzellige Nie-renzellkarzinom in internationalen Leitlinien drei Behand-lungsoptionen für Patienten mit guter und intermediärerPrognose gleichwertig empfohlen. Neben der Kombinati-onstherapie von Interferon-α und dem monoklonalenVEGF-Antikörper Bevacizumab gelten die TKIs Sunitinibund Pazopanib als Standard in dieser Situation. Der Be-handlungsstandard für Patienten mit schlechter Prognosewird hingegen durch den mTOR-Inhibitor Temsirolimusgebildet. Für die Zweitlinie gelten der mTOR-InhibitorEverolimus sowie der Tyrosinkinaseinhibitor Axitinib alsgleichwertig. Nicht eindeutig geklärt ist aktuell der Stel-lenwert von Sorafenib. Die Substanz kann optional in al-len Szenarien eingesetzt werden. Eine bessere Einordnungdieses TKI wird an Hand der SWITCH 1-Studie erwartet,welche die Sequenz Sunitinib / Sorafenib vice versa evalu-iert und deren Effektivitätsdaten voraussichtlich im kom-menden Jahr präsentiert werden. Insgesamt ist festzu-stellen, dass die ideale Therapiesequenz der unterschied-lichen medikamentösen Optionen bisher nicht definiertwerden kann. Neue Aspekte sollte die Auswertung derSequenzstudien bringen. Die erste derartige Studie (RE-CORD 3) wurde in diesem Jahr publiziert (siehe unten),für weitere (SWITCH 2, BERAT) schreitet die Rekrutierungvoran bzw. ist bereits abgeschlossen (SWITCH 1).

Für die heterogene Gruppe der nicht klarzelligen Nieren-zellkarzinome, deren häufigste Tumorentität das papilläre

RCC type MSKCC risk 1st-line therapy* 2nd-line therapy* 3rd-line therapy group (3)

• Sunitinib [1b] After prior TKl: • IFN-α + bevacizumab [1b] Pazopanib [1b] • Axitinib [1b] • Sorafenib [1b] • Everolimus after Favourable In selected patients: • Everolimus [1b] prior TKl(s) [1b]Clear cell or After prior cytokines: intermediate • IFN-α [1b] • Sorafenib [1b] • High-dose IL-1 [1b] • Axitinib [1b] • Pazopanib [1b] Poor • Temsirolimus [1b] FavourableNon-clear Intermediatecell Poor

IFN-α = interferon alpha; MSKCC = Memorial Sloan-Kettering Cancer Center; RCC = renal cell carcinoma;TKl = tyrosine kinase inhibitor

Abb. 1 Therapiealgorithmus zur systemischen Behandlung des fortgeschrittenene Nierenzellkarzinoms (EAU-Leitlinie 2013)

n Seite 21 nJOURNAL 01/2013

Nierenzellkarzinom darstellt, liegen bisher nur wenigstrukturierte Daten vor. Daher können in den verfügbarenLeitlinien keine Empfehlungen gegeben werden.

Einen Überblick zur aktuellen Empfehlung der Europäi-schen Urologischen Gesellschaft (EAU) gibt Abb. 1, einedeutsche S3-Leitlinie wird derzeit erarbeitet.

Targettherapie im klinischen Alltag

Neben der Durchführung prospektiv randomisierter Stu-dien der Phase I bis III gewinnt die Abbildung des klini-schen Alltags in Form von Registerstudien zunehmendesInteresse. Während beispielsweise in der RECORD-1-Stu-die der Stellenwert des mTOR-Inhibitors Everolimus in ei-nem gemischten Patientengut der 2. bis 7. Therapielinienach Versagen einer VEGF-gerichteten Therapie evaluiertwurde, fokussiert die nicht interventionelle StudieCHANGE auf die echte Zweitliniensituation nach Einsatzeines der verfügbaren TKIs. Bezüglich ihrer Exaktheit inder Einschätzung der Zeit bis zur Progression sind nichtinterventionelle Studien stets mit Unsicherheiten verbun-den. Der im klinischen Alltag für 211 evaluierte Patientendokumentierte Wert liegt jedoch mit 7.1 Monaten sogarüber dem erwarteten Niveau und demonstriert somit ne-ben der Therapieeffektivität auch das zunehmend routi-nierte Nebenwirkungsmanagement im Umgang mit denneuen Substanzen. Analoges gilt für das STAR-TOR-Regi-ster, in welchem Patienten unter einer Therapie mit Tem-sirolimus bzw. Sunitinib registriert werden. Hier wurde2013 eine Zwischenanalyse zu 386 Patienten unter Tem-sirolimus publiziert, welche ebenfalls ein leicht über demerwarteten Niveau liegendes progressionsfreies und Ge-samtüberleben der Patienten demonstriert.

Weitere TKIs in Entwicklung?

Die in der Vergangenheit erwartete Verfügbarkeit weite-rer TKIs im klinischen Setting erscheint an Hand des aktu-ellen Vorgehens der internationalen Zulassungsbehördeneher fraglich. So erteilte die amerikanischen Zulassungs-behörde FDA der alle drei VEGF-Rezeptor Tyrosinkinaseninhibierende Substanz Tivozanib trotz positiver Phase-III-Ergebnisse (Präsentation ASCO 2012) keine Zulassung.Trotz signifikanter Verlängerung des progressionsfreienÜberlebens gegenüber der Vergleichssubstanz Sorafenibdemonstrierte die Studie überraschender Weise ein ten-denziell längeres Gesamtüberleben im Vergleichsarm. DieErklärung findet sich im Studiendesign. Patienten im Kon-trollarm wurde in der Studie ein Crossover zur Prüfsub-stanz erlaubt, die Patienten mit Progress unter Tivozanibwechselten hingegen in die Routinebetreuung. Bedingtdurch lokale Bedingungen in den Prüfländern resultiertefür die Mehrzahl der Patienten keine weitere tumorthera-peutische Betreuung. Im Vergleich einer Sequenz aus zweiSubstanzen (Sorafenib gefolgt von Tivozanib) versus eineralleinigen First line Therapie (Tivozanib) demonstrierte al-so die Sequenz das bessere Gesamt-Outcome. Neben die-sem fachlich interessanten Aspekt zeigt die ordnungspo-litische Entscheidung, dass die Planung internationalerZulassungsstudien immer komplexer wird und die alleini-ge Fokussierung auf das progressionsfreie Intervall nichtmehr zielführend ist.

Noch konsequenter erscheint die fachliche Diskussion ei-ner auf dem ASCO 2013 vorgestellten randomisiertenPhase-II-Studie für den Multityrosinkinaseinhibitor Ninte-danib. Hier wurde bei nicht erkennbarem Vorteil gegen-über Sunitinib primär keine Weiterentwicklung der Sub-stanz in der Indikation Nierenzellkarzinom empfohlen.

Nach Präsentation negativer Daten in der Drittlinienthe-rapie nach Versagen sowohl eines TKI als auch einesmTOR-Inhibitors wurde auch die Weiterentwicklung vonDovitinib für das Nierenzellkarzinom aufgegeben.

Aktuell startet hingegen die Evaluierung des kombiniertenVEGF- und MET-Inhibitors Cabozantinib in einer interna-tionalen Phase-3-Studie (METEOR) bei therapierefraktärenklarzelligen Nierenzellkarzinom im Vergleich zur Stan-dardsubstanz Everolimus. An diesem innovativen Projektdürfen auch zwei Thüringer Zentren teilnehmen, darunterunsere Klinik.

Erste Sequenzstudie präsentiert

Ein lang erwartetes Highlight der wissenschaftlichen Aus-einandersetzung mit dem Nierenzellkarzinom im Jahr2013 war die Präsentation der Effektivitätsdaten der RE-CORD-3-Studie. In dieser Studie wurde die Sequenz Suni-tinib gefolgt von Everolimus und vice versa überprüft.Kernaussage dieser Studie ist, dass Sunitinib in der First li-ne-Situation effektiver wirkt als Everolimus. Mit 10,71Monaten medianem progressionsfreien Überleben für Su-nitinib und 7,85 Monaten medianem progressionsfreienÜberleben für Everolimus wurde das Ziel, die Nicht-Un-terlegenheit des mTOR-Inhibitors nachzuweisen, verfehlt.Die Studie kommt klar zu der Aussage, dass die gegen-wärtige Therapiesequenz mit Einsatz eines TKI in der Firstline-Situation bei Patienten mit niedrigem und mittlerenProgressionsrisiko nach Motzer Standard bleiben sollte.Überraschend war, dass selbst unter Studienbedingungennicht einmal 50% der Patienten die Second line-Therapieerreichten. In beiden Therapiearmen verstarben deutlichweniger als 10% der Patienten unter der Erstlinienbe-handlung. Die meisten Therapieabbrüche resultierten auseiner Krankheitsprogression bzw. unerwünschten Ereig-nissen.

Die Erkenntnis einer nur in etwa 50% der Fälle erreichtenTherapiesequenz wird partiell auch untermauert durchRegisterdaten Deutscher Therapiezentren.

Ausblick

Aktuell wird immunmodulatorischen Substanzen (z.B. PD-1-Antikörper) das größte Entwicklungspotenzial beige-messen. Ebenfalls in diesem Jahr vorgestellte Phase-I-Er-gebnisse deuten auf eine prinzipielle antitumorale Wirk-samkeit in der Monotherapie bei exzellenter Verträglich-keit hin, so dass die Substanzen insbesondere für eineKombinationstherapie geeignet erscheinen.Fazit

Zusammenfassend konnte in den vergangenen Jahren derteilweise geübte therapeutische Nihilismus in der Betreu-ung von Patienten mit fortgeschritten metastasiertemNierenzellkarzinom überwunden werden. Mit den zuge-

n Seite 22 n JOURNAL 01/2005JOURNAL 01/2013

lassenen sieben Targettherapeutika stehen uns effektiveMedikamente zur Verfügung, die das Überleben unsererPatienten in den letzten Jahren nachweislich verbessernkonnten. Viele Fragen bleiben jedoch noch unbeantwor-tet, im Einzelfall kann das Therapiemanagement sicherlichverbessert werden. Zusätzliche Substanzen und neue The-rapieprinzipien werden bereits in klinischen Studien eva-luiert und lassen auf eine weitere Verbesserung unserestherapeutischen Armentariums hoffen.

Literatur beim Verfasser

Korrespondenzadresse:

Prof. Dr. med. Thomas SteinerKlinik für UrologieHELIOS Prostatakarzinomzentrum ErfurtHELIOS Klinikum ErfurtNordhäuser Straße 7499089 ErfurtTelefon: 0361-781 2201e-Mail: [email protected]

n Aflibercept – ein neuer Angio-genese-Inhibitor in der Therapiedes metastasierten kolorektalenKarzinoms

Jens-Gerd Scharf2. Medizinische Klinik, HELIOS Klinikum Erfurt

Bei der Behandlung von Patienten mit metastasierten ko-lorektalen Karzinomen (KRK) sind in den letzten Jahrengroße Fortschritte erzielt worden. Im klinischen Alltagstellen jedoch die Progression der Tumorerkrankung beiTherapieresistenz, aber auch die Therapiedeeskalationaufgrund von Nebenwirkungen große Herausforderun-gen dar. Fortschritte in dieser Hinsicht konnten in denletzten Jahren mit Hilfe der so genannten zielgerichtetenTherapien erreicht werden, die die Chemotherapie ergän-zen. Anfang 2013 ist mit Aflibercept eine neue zielgerich-tete Therapie zugelassen worden, die das mediane Über-leben von Patienten mit metastasiertem KRK im Vergleichzum Kontrollarm verlängert.

Hintergrund

Aflibercept ist ein biotechnologisch hergestelltes Fusions-protein, das aus den Domänen der humanen „VascularEndothelial Growth Factor“ (VEGF)-Rezeptoren 1 und 2sowie dem konstanten Teil des humanen IgGs besteht.Die Wirkungsweise von Aflibercept beruht auf Inhibitionder Angiogenese, indem nicht nur VEGF-A, sondern auchVEGF-B und „Placenta Growth Factor“ (PLGF) gehemmtwerden. Die Erstlinientherapie von Patienten mit meta-stasiertem KRK besteht aus 5-FU/Leukovorin-basiertenChemotherapien in Kombination mit Oxaliplatin (FOLFOX-Therapieregime) oder Irinotecan (FOLFIRI), mit der Mög-lichkeit eines Cross-Overs in das alternative Therapiere-gime in der Second-Line-Therapie bei Therapieversagen.In den letzten Jahren sind diese Therapieregime um ziel-gerichtete biologische Therapien wie dem Angiogenes-einhibitor Bevacizumab oder monoklonale Antikörper, diegegen den „Epidermal Growth Factor Receptor“ (Cetuxi-mab, Panitumumab) gerichtet sind, erweitert worden. FürPatienten mit einem metastasierten KRK, die mit Oxalipla-tin vorbehandelt worden sind, gibt es bis jetzt keine zu-gelassene Therapie mit FOLFIRI in Kombination mit einerzielgerichteten biologischen Therapie, die einen Überle-bensvorteil zeigte.

Studiendesign

Grundlage für die Zulassung von Aflibercept war die sog.VELOUR-Studie, eine multizentrische, prospektive, multi-nationale, randomisierte Doppelblindstudie an 1226 Pa-tienten mit metastasiertem KRK, die eine Krankheitspro-gression unter oder nach einer Behandlung mit einer Oxa-liplatin-haltigen Chemotherapie hatten (medianes Alter61 Jahre, Spanne 19 – 86 Jahre). Die Patienten erhieltenentweder FOLFIRI + Placebo oder FOLFIRI mit Aflibercept(4 mg/kg i.v. über eine Stunde an Tag 1 alle 2 Wochen).Die Therapie wurde durchgeführt bis zur Krankheitspro-gression oder dem Auftreten von inakzeptablen Toxizitä-

n Seite 23 nJOURNAL 01/2013

ten. Der primäre Studienendpunkt war das „Overall Sur-vival“.

Ergebnisse

Der primäre Endpunkt der Studie wurde erreicht: Das me-diane Überleben im FOLFIRI/Aflibercept-Arm war mit 13,5Monaten signifikant dem FOLFIRI + Placebo-Arm (media-nes Überleben 12,06 Monate) überlegen (p=0,0032).Gleichzeitig kam es zu einer signifikanten Reduktion desrelativen Sterberisikos um 18,3 % (HR: 0,817, p=0,0032).Die sekundären Studienendpunkte PFS und Response-Ra-te waren ebenfalls signifikant besser für die Kombinationmit Aflibercept. Dabei war der Überlebensvorteil für FOL-FIRI mit Aflibercept unabhängig von einer vorherigen Be-handlung mit dem Angiogeneseinhibitor Bevacizumab.Durch die Kombination der Chemotherapie FOLFIRI mitAflibercept kam es zu einem erwarteten Anstieg der Ne-benwirkungen (alle Nebenwirkungen (Grad 3 oder 4) bei62,5 % der Patienten im Standardarm im Vergleich zu83,4 % im Aflibercept-Arm). Einerseits verstärkten sichdie FOLFIRI-assoziierten Nebenwirkungen wie Diarrhoe,Asthenie, Stomatitis und Ulzerationen, Infektionen sowieNeutropenien durch Aflibercept. Andererseits kam es zueiner Zunahme von Nebenwirkungen, die mit der Anti-VEGF-Therapie assoziiert sind wie arterielle Hypertonie,venöse Thromboembolien und Proteinurie.

Kommentar

Der Wirkstoff Aflibercept ist seit Februar 2013 als Zaltrap®zur Behandlung von Patienten mit metastasiertem KRKzugelassen, bei denen es unter oder nach einer Oxalipla-tin-haltigen Chemotherapie zu einem Tumorprogress ge-kommen ist. Grundlage für die Zulassung war das Ergeb-nis der vorliegenden sogenannten VELOUR-Studie, in diemehr als 1.200 Patienten mit metastasiertem KRK einge-schlossen worden sind. Durch Hinzunahme von Afliber-cept zu einer Chemotherapie mit FOLFIRI verlängerte sichdas mediane Gesamtüberleben signifikant von 12,06 auf13,5 Monate im Vergleich zum Standard-Chemotherapie-Arm. Die Zwei-Jahres-Überlebensrate betrug 28 % im Afli-bercept-Arm vs. 18,7 % im Standard-Arm. Der Überle-bensvorteil im Aflibercept-Arm war dabei unabhängigvon einer Vortherapie mit Bevacizumab. Eine möglicheErklärung dafür kann darin begründet sein, dass Afliber-cept nicht ein, sondern gleich drei Wachstumsfaktoren,nämlich VEGF-A, VEGF-B und den PLGF hemmt und damitmöglicherweise ein breiteres Wirkungsspektrum als diebisherigen Angiogenese-Inhibitoren aufweist. Der stati-stisch signifikante, jedoch mit 1,5 Monaten geringe Über-lebensvorteil im Aflibercept-Arm muss kritisch gesehenwerden vor dem Hintergrund einer gleichzeitig höherenRate an schweren Nebenwirkungen und toxizitätsbeding-ten Therapieabbrüchen. So kam es zu einem endgültigenTherapieabbruch durch Nebenwirkungen bei 12,1 % derPatienten im Standard-Arm und bei 26,8 % der Patientenim Aflibercept-Arm. Vor dem Hintergrund dieser kriti-schen Nutzen- und Risikoabwägung sind zukünftige Stu-dien wünschenswert, die entsprechende Biomarker un-tersuchen, die insbesondere Patienten identifizieren, dievon einer zusätzlichen Therapie mit Aflibercept am mei-sten profitieren.

Fazit für die Praxis

Mit Aflibercept steht ein neuer Angiogenese-Inhibitor inKombination mit FOLFIRI bei Patienten mit metastasier-tem KRK, die unter einer Oxaliplatin-haltigen Chemothe-rapie einen Krankheitsprogress gezeigt hatten, zur Verfü-gung. Ein statistisch signifikanter, aber geringer Überle-bensvorteil von 1,5 Monaten steht auch deutlich erhöhtenNebenwirkungen von Aflibercept gegenüber. Weitere prä-diktive Biomarker sind nötig für die Identifikation von Pa-tienten, die am meisten von dieser Therapie profitieren.

Originalpublikation

Van Cutsem E, Tabernero J, Lokomy R et al. (2012)Addition of Aflibercept to Fluorouracil, Leucovorin, andIrinotecan Improves Survival in a Phase III RandomizedTrial in Patients With Metastatic Colorectal CancerPreviously Treated With an Oxaliplatin-Based RegimenJ Clin Oncol 30(28): 3499-3506

Korrespondenzadresse:

Prof. Dr. med. Jens-Gerd Scharf2. Medizinische KlinikHELIOS Darmzentrum ErfurtHELIOS Klinikum ErfurtNordhäuser Straße 7499089 ErfurtTelefon: 0361-781 2471e-Mail: [email protected]

n Seite 24 n JOURNAL 01/2005JOURNAL 01/2013

Fort- und Weiterbildungsveranstaltung

Wissenschaftliches Programm

Organisation: Tumorzentrum Erfurt e. V., Geschäftsstelle HELIOS Klinikum Erfurt, Nordhäuser Str. 74, 99089 Erfurt,Tel. 0361 / 781-4802, Fax: 0361 / 781-4803,

e-Mail [email protected], www.tumorzentrum-erfurt.de

Die Zertifizierung der Veranstaltung ist bei der Landesärztekammer Thüringen beantragt.

17.00 Uhr Begrüßung und Eröffnung Prof. Dr. med. Jens-Gerd Scharf 2. Medizinische Klinik, HELIOS Klinikum Erfurt

17.10 Uhr Einführende Kasuistiken Dr. med. Stefan Geiger 2. Medizinische Klinik, HELIOS Klinikum Erfurt

17.30 Uhr Zystische Pankreasläsionen aus der Sicht des Pathologen Dr. med. Barbara Henkel Institut für Pathologie, HELIOS Klinikum Erfurt

17.50 Uhr Zystische Pankreastumore / IPMN: eine (endo)sonografische Diagnose? Dr. med. Katrin Ende 2. Medizinische Klinik, HELIOS Klinikum Erfurt

18.10 Uhr Zystische Pankreastumore / IPMN: eine radiologische Diagnose? Prof. Dr. med. Ralf Puls Institut für diagnostische und interventionelle Radiologie und Neuroradiologie, HELIOS Klinikum Erfurt

18.30 Uhr Pause

18.50 Uhr Neue Therapieoptionen (neoadjuvant, adjuvant, palliativ) beim Pankreaskarzinom Prof. Dr. med. Volker Kunzmann Medizinische Klinik und Poliklinik II Universitätsklinikum Würzburg

19.20 Uhr Chirurgie des Pankreaskarzinoms: Bedeutung der Radikalität? Prof. Dr. med. Albrecht Stier Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie HELIOS Klinikum Erfurt

19.40 Uhr Kontroverse Fälle – Wie würden Sie entscheiden? Prof. Dr. med. Jens-Gerd Scharf 2. Medizinische Klinik, HELIOS Klinikum Erfurt

20.00 Uhr Ende

Update Pankreaskarzinom

12. Februar 2014 | 17.00 UhrEv. Augustinerkloster Erfurt, Raum Staupitz / Lang

Augustinerstraße 10 · 99084 Erfurt

Fort- und Weiterbildungsveranstaltung

Wissenschaftliches Programm

Organisation: Tumorzentrum Erfurt e. V., Geschäftsstelle HELIOS Klinikum Erfurt, Nordhäuser Str. 74, 99089 Erfurt,Tel. 0361 / 781-4802, Fax: 0361 / 781-4803,

e-Mail [email protected], www.tumorzentrum-erfurt.de

Die Anerkennung der Veranstaltung für das Fortbildungsdiplom der LandesärztekammerThüringen ist beantragt.

17.00 Uhr Begrüßung und Eröffnung Univ.-Prof. Dr. med. Hartwig Kosmehl Institut für Pathologie, HELIOS Klinikum Erfurt

17.05 Uhr Die neue Nomenklatur der gynäkologischen Zytodiagnostik Dr. med. Frauke Stubbe Institut für Pathologie, HELIOS Klinikum Erfurt

17.20 Uhr WHO-Klassifikation der Mammatumoren – Was ist neu? Dr. med. Christina Wagner Institut für Pathologie, HELIOS Klinikum Erfurt

17.35 Uhr Die neue Vaskulitis-Klassifikation Dr. med. Anja Wölfert Institut für Pathologie, HELIOS Klinikum Erfurt

17.50 Uhr Grauzonen-Lymphome Dr. med. Michael Brodhun Institut für Pathologie, HELIOS Klinikum Erfurt

18.05 Uhr Kaffeepause

18.30 Uhr Fibrom – ein Tumor, den jeder kennt, den es aber in der WHO-Klassifikation nicht gibt Dr. med. Kay Hertel Institut für Pathologie, HELIOS Klinikum Erfurt

18.45 Uhr N-RAS-Mutationsscreening in kolorektalen Karzinomen und malignen Malinomen Dr. rer. nat. Regine Dahse Institut für Pathologie, HELIOS Klinikum Erfurt

19.00 Uhr Maß und Zahl in der Hepatopathologie Barbara Henkel Institut für Pathologie, HELIOS Klinikum Erfurt

19.15 Uhr Histologie in der Ortho-Pathologie: Wieso, weshalb, warum? Dr. med. Mark Thomas Institut für Pathologie, HELIOS Klinikum Erfurt

19.30 Uhr Zielgerichtete Therapie: Wann hilft sie und wann hilft sie nicht? – Beiträge aus der Pathologie Univ.-Prof. Dr. med. Hartwig Kosmehl Institut für Pathologie, HELIOS Klinikum Erfurt

19.50 Uhr Schlusswort Univ.-Prof. Dr. med. Hartwig Kosmehl Institut für Pathologie, HELIOS Klinikum Erfurt

20.00 Uhr Ende

Fortschritte in derKlassifikation undMethoden in derHistopathologie

5. März 2014 | 17.00 UhrEv. Augustinerkloster Erfurt, Raum Staupitz / Lang

Augustinerstraße 10 · 99084 Erfurt

n Seite 25 nJOURNAL 01/2013

n Erwartungen – Palliativmedizinzwischen Wunsch und Wirklichkeit

Einführungsvortrag auf dem 9. Palliativmedizini-schen Symposium am 20.04.2013 in Bad Berka

Beate WillKlinik für Palliativmedizin, Zentralklinik Bad Berka

Im Mittelpunkt des 9. Symposiums der Klinik für Palliativ-medizin der Zentralklinik Bad Berka am 20. April 2013 inBad Berka stand das Thema Erwartungen an die und inder Palliativmedizin. Schlägt man im Synonymwörterbuchdie Synonyme für „Erwartungen“ nach, so stößt man aufsechs Synonymgruppen mit insgesamt 65 Synonymen mitfolgenden Bedeutungen:

1. Vermutung – im Sinne von Hoffnung, Befürchtung, Glaube, Perspektive2. Vertrauen – im Sinne von Zuversicht, Gewissheit3. Möglichkeit – im Sinne von Chance, Perspektive4. Aussicht – im Sinne von Zukunft, Lichtblick, Vorstellung5. Aufgeregtheit – im Sinne von Anspannung, Nervo- sität, Sehnsucht, Ruhelosigkeit, Ungeduld6. Zukunftsglaube – im Sinne von Zuversicht, Vertrauen, Wunsch, Hoffnung und Trost

Wenn man die Fülle der Bedeutungen des Wortes „Erwar-tungen“ sieht, so ist leicht nachvollziehbar, wie viele un-terschiedliche Interpretationsmöglichkeiten es gibt, wennbei verschiedenen Menschen nach ihren Erwartungen ge-fragt wird. Das betrifft sowohl Patienten und deren An-gehörige als auch Mitgliedern des Teams einer Palliativ-station sowie die Öffentlichkeit.

Um Erwartungen an oder in eine Sache eruieren zu kön-nen, muss zunächst noch einmal definiert werden, worumes eigentlich geht, nämlich um die Palliativmedizin.

Was bedeutet Palliativmedizin?Ist es das Halten einer Hand, das Anzünden einer Kerzeoder die ganzheitliche Ummantelung eines Patienten?Oder denkt man an die Befreiung von Schmerzen mit an-schließender Zufriedenheit des Erkrankten und des Perso-nals? Oder assoziiert man das wohnlichere, geschütztereAmbiente auf einer Palliativstation, wenn das Wort „Pal-liativmedizin“ fällt?

Die Definition für Palliativmedizin der EAPC (EuropäischeGesellschaft für Palliativmedizin) 2011 lautet folgender-maßen: „Palliativmedizin ist die aktive und umfassendeBetreuung von Patienten, deren Erkrankung nicht auf diekurative Behandlung anspricht. Kontrolle von Schmerzenund anderen Symptomen sowie von sozialen, psychologi-schen und spirituellen Problemen hat Vorrang. Palliativ-medizin ist interdisziplinär und umfasst den Patienten,

die Familie und die Gesellschaft in ihrem Ansatz. Im ge-wissen Sinn stellt die Palliativmedizin die grundlegendsteForm der Versorgung dar, indem sie die Bedürfnisse derPatienten versorgt ohne Berücksichtigung des Ortes, so-wohl Zuhause wie im Krankenhaus … Ziel ist die Erhal-tung der bestmöglichen Lebensqualität bis zum Tod.“

Durch die inzwischen oft zitierte Studie von Frau Temel2011 (1), in der ein Überlebensvorteil für Patienten mitnichtkleinzelligem Bronchialkarzinom bei früher Mitbe-handlung durch ein palliativmedizinisches Team festge-stellt werden konnte, ist die „frühe Integration der Pallia-tivmedizin“ bei onkologischen Patienten zum neuen Be-griff geworden, der seitdem in palliativmedizinischenKreisen als Handlungsauftrag verstanden wird. War derBegriff Palliativmedizin am Anfang in Deutschland fastausschließlich mit der finalen Betreuung von Tumorpa-tienten verbunden, so weitet sich die Betreuung jetzt vielbewusster auch auf Patienten mit fortgeschrittenen inter-nistischen Erkrankungen wie COPD, Niereninsuffizienz,Herzinsuffizienz und neurologische Erkrankungen aus.

Ehlert und Neitzke führten bei 22 onkologischen Patien-ten auf vier verschiedenen Palliativstationen Interviewshinsichtlich ihrer stationären Versorgung durch (2). Dabeinannten die Patienten mehr zur Verfügung stehende Zeit,menschliche Zuwendung, Einfühlsamkeit und respektvol-len Umgang seitens des Personals, qualifizierte Symptom-kontrolle, enge ärztliche Betreuung, Einbeziehung vonAngehörigen, spezielle Angebote wie z. B. Musik- undKunsttherapie und die besondere Gestaltung der Räum-lichkeiten als wesentliche Merkmale der Palliativstation.Im Vergleich zu Normalstationen wurden u. a. zwischen-menschliche Beziehungen und Kommunikation als ent-scheidende Faktoren für die Zufriedenheit von Patientenund Angehörigen hervorgehoben. Von ihrem Aufenthaltauf der Palliativstation erwarteten diese Patienten eine ef-fektive Symptomkontrolle, eine Verbesserung ihres Funk-tionszustandes und vom größten Teil wurde die Entlas-sung nach Hause angestrebt. Die Befragten betrachtetensich noch nicht als Sterbende und daher kam auch eineAufnahme in einem Hospiz für die Betroffenen noch nichtin Frage. Demgegenüber steht, dass deutschlandweit ca.50 % der auf einer Palliativstation behandelten Patientenauch dort versterben.

Was bedeutet das aber für Patienten und deren Angehö-rige und die Mitarbeiter im palliativmedizinishen Dienst?Sind die entgegengebrachten Erwartungen überhauptrealistisch und erfüllbar? Woher haben Patienten und An-gehörige ihre Vorstellungen über Palliativmedizin undwas genau wissen sie darüber?

In der Öffentlichkeit beobachtet man in den letzten Jah-ren zunehmend, dass die Diskussionen um das Lebensen-de wieder mehr in den Vordergrund rücken. So gab es imvergangenen Herbst eine ganze Themenwoche im Fern-sehen über Tod und Sterben. In der Presse und Fachlitera-tur werden Interviews und Artikel zum Thema Palliativ-medizin, Lebensende, Tod und Sterben veröffentlicht.

In einer telefonischen Befragung durch den deutschenHospiz- und Palliativverband unter 1044 Teilnehmern im

n Seite 26 n JOURNAL 01/2005JOURNAL 01/2013

Juni 2012 wird deutlich, dass Sterben in der Bevölkerungkein Tabu mehr ist (3). Die Menschen wünschen sich eineintensivere gesellschaftliche Auseinandersetzung mit denFragen zum Lebensende. 58 % der Befragten geben an,dass sich die Gesellschaft zu wenig mit dem Thema Ster-ben und Tod befasst. 89 % der Befragten haben von demBegriff Hospiz schon gehört, 66 % können ihn richtig zu-ordnen. Dem gegenüber stehen nur 49 % der Befragten,die von „Palliativ“ schon gehört haben und nur 32 %konnten diesen Begriff richtig zuordnen.

Der Gesundheitsmonitor der Bertelsmann-Stiftung in Ko-operation mit der BARMER GEK führte 2011 eine Befra-gung zu Haltungen und Einstellungen am Lebensendeunter 1782 Versicherten durch (4). Zentrale Fragestellun-gen waren hierbei: würdiges Sterben, Patientenverfügun-gen und Palliativversorgung.

90 % der Befragten hatten schon Erfahrungen mit demTod einer nahestehenden Person gemacht, 60 % bewerte-ten dies als ein würdiges Sterben, 32 % als ein nicht odergar nicht würdiges Sterben. Auf die Frage, was würdigesSterben bedeutet, wurden am häufigsten „Schmerzfrei-heit“ und „niemanden zur Last fallen“ genannt. Knappdie Hälfte wollten ihre Familie und Freunde um sich habensowie bis zuletzt zu Hause sein. Hinsichtlich Palliativver-sorgung war der Begriff 62 % der Teilnehmer bekannt,wobei 42 % nur den Namen kannten, ohne Inhalte damitzu verknüpfen. Die Mehrheit (63 % der Befragten) stimm-ten der Aussage völlig zu, dass Palliativversorgung hilft,auch bei schwerer Erkrankung die Würde und Lebens-qualität zu erhalten. 57 % gaben an, dass Palliativversor-gung hilft, Leiden zu mindern. Allerdings meinte jeder

10. der Befragten, dass Palliativmedizin bedeute, es wür-de medizinisch nichts mehr getan. 32 % stimmten derAussage eher oder völlig zu, dass Palliativversorgung einÄquivalent für Sterbehilfe sei. Als Informationsquellen derBefragten dienen dabei hauptsächlich Berichte aus Freun-des- und Bekanntenkreisen und persönliche Erfahrungenund weniger die Medien.

Mit welchen Erwartungen treten uns Patienten und An-gehörige entgegen, die mit Palliativmedizin in Kontaktkommen, wenn man diese Fakten und Zahlen betrachtet?

Die Klinik für Palliativmedizin der Zentralklinik Bad Berkahat deshalb von September 2012 bis Januar 2013 Ange-hörige von Patienten, die das erste Mal auf der Palliativ-station aufgenommen wurden unmittelbar nach Aufnah-me des Patienten hinsichtlich ihrer Erwartungen befragt.Insgesamt konnten 50 Fragebögen ausgewertet werden.Dabei waren Mehrfachnennungen bis auf Frage 2 mög-lich.

Folgende Fragen wurden gestellt:

1.Wie haben Sie von unserer Station erfahren?2. Erwarten Sie, dass Ihnen als Angehörige vom Team derPalliativstation Unterstützung angeboten wird?

3.Was kann Ihrer Meinung nach durch unsere Behand-lung für den Erkrankten / die Erkrankte erreicht wer-den? (Mehrfachnennung mögl.)

4.Welche Erwartungen haben Sie hinsichtlich der weite-ren Versorgung Ihres Angehörigen?

5.Wie lang schätzen Sie die voraussichtliche Aufenthalts-dauer Ihres Angehörigen auf unserer Station?

Folgende Antworten wurden gegeben:

Wie haben Sie von unserer Station erfahren?

Erwarten Sie, das Ihnen als Angehörige vom Team der Palliativstation Unterstützung angeboten wird?

SonstigesAmbulanten HospizdienstAmbulantes Palliativ-Team

Presse / ÖffentlichkeitsarbeitAmbulanten Onkologen / Onkologin

Krankenhausarzt / -ärztinHausarzt / -ärztin

Nein

Ja

0 5 10 15 20 25 30

10

732

428

0 10 20 30 40 50 60

2

48

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Die meisten Angehörigen hatten ihre Informationen überdie Palliativstation von Krankenhausärzten. 20 % der An-gehörigen benannten ihre Informationsquelle nicht nä-her. Niedergelassene Hausärzte und Onkologen sowie öf-fentliche Medien spielten dabei nur eine geringe Rolle.Fast alle Angehörigen erwarteten für sich selbst eine Mit-betreuung durch das multiprofessionelle Team.

Für die Erkrankten wurde zum größten Teil die Verbesse-rung des körperlichen und seelischen Befindens erwartet,fast die Hälfte der Befragten erwarteten aber auch eineLebensverlängerung oder sogar Heilung des Erkranktendurch die palliativmedizinische Behandlung. Hinsichtlichder weiteren Versorgung des Patienten nach dem abge-schlossenen stationären Aufenthalt wurde von den Ange-hörigen überwiegend die Entlassung nach Hause ange-strebt. Fast ein Drittel der Befragten wünschte sich jedochdie Möglichkeit des Verbleibens des Patienten auf der Pal-liativstation oder die Organisation einer weiteren Versor-gungseinrichtung. Hinsichtlich der durchschnittlichenVerweildauer wurde von den meisten Angehörigen einZeitraum von zwei Wochen angegeben, aber fast 30 %gingen von einer längeren Dauer des stationären Aufent-haltes (länger als drei Wochen) aus.

Die Auswertung dieser kurzen Befragung spiegelt wider,welche Vorstellungen von Palliativmedizin auf Seiten derAngehörigen existieren und welche Wünsche, Bedürfnisseund Hoffnungen mit dem Aufenthalt auf unserer Stationverbunden werden. Hieraus ergeben sich Diskrepanzenzwischen Wunsch und Realität für Patienten, Angehörige

und Mitarbeiter des palliativmedizinischen Teams. Es gilt,dies zu erkennen und zu interpretieren, darüber zu reflek-tieren und dann zu versuchen, sich anzunähern, um dasbestmöglichste für die Patienten und Angehörigen durchden multiprofessionellen und interdisziplinären Ansatzvon Palliativmedizin zu erreichen.

Literatur:(1) Jennifer S. Temel et al.: Early Palliative Care for Patients with Metastatic Non-Small-Cell Lung Cancer N Engl J Med 2010; 363: 733-42(2) Ehlert J, Neitzke G: Versorgung auf der Palliativstation – Sichtweise von Betroffenen Z Palliativmed 2013; 14: 73-79(3) Klindtworth K et al.: Versorgung am Lebensende: Haltungen und Ein- stellungen in der Bevölkerung Z Palliativmed 2013; 14: 22-28(4) Ergebnisse einer repräsentativen Bevölkerungsbefragung zum Thema „Sterben in Deutschland – Wissen und Einstellungen zum Sterben“ im Auftrag des Deutschen Hospiz- und Palliativverbands, Forschungsgrup- pe Wahlen Telefonfeld August 2012

Korrespondenzadresse:

Dr. med. Beate WillKlinik für PalliativmedizinZentralklinik Bad BerkaRobert-Koch-Allee 999437 Bad BerkaTelefon: 036458 51901e-Mail: [email protected]

Was kann Ihrer Meinung nach durch unsere Behandlung für den Erkrankten / die Erkrankte erreicht werden?

Verbesserung des seelischen BefindensLinderung der körperlichen Beschwerden

Komplette BeschwerdefreiheitLebensverlängerung

Heilung

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45

3540

1420

8

Welche Erfahrungen haben Sie hinsichtlich der weiteren Versorgung Ihres Angehörigen?

Es soll eine Pflegeeinrichtung (Hospiz / Pflegeheim) organisiert werdenMein Angehöriger / meine Angehörige

kann hier bleiben

0 5 10 15 20 25 30 35

29

16

15

Wie lang schätzen Sie die voraussichtliche Aufenthaltsdauer Ihres Angehörigen auf unserer Station?

länger als 3 Wochen

ca. 2 Wochen

kürzer als 1 Woche

0 5 10 15 20 25 30 35

4

29

14

Entlassung nach Hause

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n Erwartung ist all das, was ent-täuscht werden kann. Eine Hinfüh-rung aus philosophischer Sicht.

Eberhard TiefenseeLehrstuhl für Philosophie, Katholisch-TheologischeFakultät, Universität Erfurt

Ein Eintrag „Erwartung“ findet sich nur in älteren Wörter-büchern der Philosophie oder solchen, welche die Ge-schichte philosophischer Begriffe nachzeichnen. Offenbarist dieser Be griff in die Psychologie und in die Soziologieausgewandert – und das in dem Maße, wie sich diese bei-den Wissenschaften aus ihrer „Mutter“, der Philosophie,emanzipiert hatten. Was kann dann ein Philosoph zu die-sem Thema noch beitragen, wenn er nicht den Fachleutendieser Wissenschaften ins Handwerk pfuschen will?

Es ist nicht nur Aufgabe der Philosophie, sogenannte letz-te Fragen zu stellen, sondern auch einen Beitrag zur Be-griffsklärung zu leisten. Manchmal erscheinen dabei erstdie eigentlichen Fragen und Probleme – das Selbstver-ständliche wird klärungsbedürftig. Das ist vor allem seitBeginn der Neuzeit das kritische Geschäft der Philosophie.Es ist also damit zu rechnen, dass einige Sicherheiten ver-unsichert werden – eine Einladung zur Diskussion. An-sonsten versteht sich Philosophie immer noch – zumin-dest im Alltagsverständnis – als „Liebe zur Weisheit“. Sieist also nicht nur kritisch, sondern sucht auch konstruktivin einer jederzeit komplizierten Welt nach Orientierungund nach Handlungsanleitung für den immerzu schwieri-gen Menschen, obwohl sie zugegebenermaßen bei die-sem Geschäft niemals allein war und ist – anfangs war be-sonders die Religion ihr Partner und Konkurrent. So lassensich vielleicht einige solcher Orientierungen und Hand-lungsanleitungen zumindest andeuten.

Erwartungen als das Gegenteil des Bewirkens

Dass wir Menschen vielfältige Erwartungen haben, wirdniemand leugnen. Erwartungen sind also zunächst eineTatsache. Aber wenn es um deren Bewertung geht, wer-den sie von den Weisheitslehrern von heute, vor allemden Lebensberatern und Psychologen, zumeist als etwasangesehen, das eher lebenshinderlich ist. Das beginntnicht erst mit Konfuzius: „Wer selbst viel tut und von an-deren wenig erwartet, der wird wenig Kummer haben“,und endet nicht mit Kurt Tucholsky: „Erwarte nichts. Heu-te: das ist dein Leben.“

„Wie viel von Ihrem Stress, Ärger, Ihrer schlechten Launeund Ihren Enttäuschungen entspringen einer einzigen Sa-che? Fast alles davon kommt von Ihren Erwartungen,“behauptet in seinem Internetblog der Psychologe undCoach Roland Kopp-Wichmann und fährt fort: „Und wenn

die Dinge sich nicht so entwickeln, wie Sie sie erwarten,reagieren Sie mit Enttäuschung oder Ärger. In unserenKöpfen haben wir Erwartungen, was andere Menschentun sollen, wie unser Leben aussehen soll, wie andere Au-tofahrer sich verhalten sollen, wie sich der Chef, die Mit-arbeiter, die Kunden am besten verhalten sollen. Aber dasist alles nicht wirklich. Es sind alles unsere Wünsche undPhantasien. Es ist nicht real. Und wenn die Realität nichtunsere Erwartung trifft, wünschen wir uns, dass die Weltanders wäre. […] Es gibt eine einfache Lösung. NehmenSie Ihre Erwartungen und werfen Sie sie ins Meer. […] Sieakzeptieren die Wirklichkeit wie sie ist. Sie akzeptieren dieMenschen wie sie sind – und nicht wie sie Ihrer Vorstel-lung nach sein sollten. Sie sehen die Dinge, wie sie sind.Sie brauchen nicht länger enttäuscht, frustriert oder ver-ärgert sein – oder wenn Sie es sind, akzeptieren Sie dieseErwartung an sich selbst und dann lassen Sie sie auchlos.“ (http://www.persoenlichkeits-blog.de/article/7589/leben-sie-einen-tag-ohne-erwartungen)

Michael Depner, Facharzt für Psychiatrie und Psychothe-rapie, bringt auf seiner Internetseite auch gleich eine Er-klärung für das problematische Ansehen der Erwartung:„Erwarten ist das Gegenteil des Bewirkens. Während dieErwartung eine passive Grundhaltung benennt, sprichtdas Bewirken vom aktiven Pol. Wie nicht anders zu erwar-ten [!], bewirkt das Bewirken meist mehr als das bloße Er-warten.“ (Das Ausrufezeichen im Text soll zeigen, dass esohne Erwartung auch in der Logik nicht zu gehen scheint.)Folgerichtig führt der Autor diesen Gedanken hinsichtlichder sozialen Beziehungen weiter: „Je enger eine Bezie-hung wird, desto riskanter ist es, vom Anderen etwas zuerwarten. Nicht weil der Andere zu schlecht wäre, als dassman von ihm etwas erwarten könnte. Das wird er in derRegel nicht sein. Erwartungen führen jedoch zu Passivität.Und sie vergiften Beziehungen.“ (http://www.seele-und-gesundheit.de/psycho/erwartung.html)

Dass das so nicht stehen bleiben kann, zeigt ein Gangdurch die Geistesgeschichte, Literatur und Kunst, den derTrierer Germanist Lothar Pikulik unternommen hat unddem er den bezeichnenden Titel „Warten, Erwartung. EineLebensform in End- und Übergangszeiten“ (Göttingen1997) gab. Wer will leugnen, dass wir auch heute wie zuBeginn des 19. Jahrhunderts (Pikulik hat die Zeit der Ro-mantik im Blick) zwar hoffentlich nicht in einer Endzeit,aber in einer Übergangszeit leben? Wie der Autor in sei-nem Titel andeutet und dann auch ausführt, ist schonrein sprachlich „erwarten“ nicht dasselbe wie „warten“.Beides sind zwar Bezeichnungen für spezielle Einstellun-gen oder Verhaltensweisen, die sich auf die Zukunft rich-ten. „Erwarten“ ist aber ein sogenannter transitiver Aus-druck, d.h. ich kann nicht einfach sagen: „Ich erwarte.“ –ohne das zu nennen, was ich erwarte. „Warten“ dagegenist ein intransitives Verb: „Ich warte.“ – ist ein vollständi-ger Ausdruck. Das Warten geht ins Erwarten über, wennich sage kann, worauf ich warte – und sei es der Bus ander Haltestelle: „Ich warte auf den Bus“ ist dann das glei-che wie „Ich erwarte den Bus.“ (Vgl. ebd. 15f.)

Aus dieser sprachlichen Betrachtung ergeben sich so-gleich zwei Schlussfolgerungen: 1. Warten wäre die rein passive Zukunftseinstellung (fallses so etwas wie reines Warten überhaupt gibt), Erwarten

Vortrag auf dem 9. Palliativmedizinischen Symposium „Erwartungen – Palliativmedizin zwischen Wunsch und Wirklichkeit“ am20.04.2013 in Bad Berka

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ist dagegen angespannt auf das Erwartete gerichtet, alsokeineswegs so passiv, wie vermutet. Natürlich ist es nichtso aktiv wie das Etwas-Bewirken-Wollen oder sogar dasnoch aktivere Bewirken, weil es eben immer auch das Ele-ment des passiven Wartens in sich hat, wenn auch – wiegesagt – aktiver als dieses. 2. Für die Bewertung einer Erwartung ist es immer erfor-derlich, das „Etwas“ anzuschauen, das erwartet wird. Da-ran bemisst sich der Charakter der Erwartung und ob sierealistisch ist oder nicht. Erwarten wir nämlich etwas füruns Negatives wie z.B. eine Gefahr, sprechen wir von Be-fürchtung – damit ändert sich der Charakter der Erwar-tung mit entsprechenden Folgen für das momentane Exis-tenzgefühl bis hin zur gesamten Lebenseinstellung. Aberselbst im Fall einer Befürchtung wird sich nicht allgemeinsagen lassen, ob Erwartungen etwas Lebensdienlichesoder Lebenshinderliches sind. Das richtet sich doch wohlnach dem, was ganz konkret jeweils erwartet oder be-fürchtet wird. Der Radfahrer, der nicht erwartet (oder ge-nauer: befürchtet), dass ihm ein Auto die Vorfahrt neh-men kann, ist hoch gefährdet. Erwartung ist also zuweilenlebensrettend. Offenbar lässt sich hier eine Regel bestäti-gen, die schon Aristoteles in seiner Tugend-Lehre (vgl. sei-ne Nikomachische Ethik) formuliert hat: Die Tugend, d.h.das Lebenstaugliche, liegt immer in der Mitte zwischenden Extremen – wobei er sogleich hinzufügt: Die Mitte istjeweils schwer zu treffen. Wer als Radfahrer seine Be-fürchtungen zu mächtig werden lässt, wird nicht losfah-ren, wer sie zu leicht nimmt, wird eher unter die Räderkommen.

Schon diese anfänglichen Erwägungen können verdeutli-chen, wie wichtig also eine genauere Betrachtung undBegriffsanalyse ist. Dem Philosophen wird dann auchgleich auffallen, dass vom oben genannten Kopp-Wich-mann offenbar Erwarten und Wünschen kaum unter-schieden wird: „Und wenn die Realität nicht unsere Er-wartung trifft, wünschen wir uns, dass die Welt anderswäre.“ (Vgl. auch das Thema des Symposiums.) Reinsprachlich besteht aber ein erheblicher Unterschied zwi-schen beiden: Wünschen ist ein sogenanntes vierstelligesPrädikat: Jemand wünscht jemandem (zumeist wohl sichselbst) etwas – von jemand. Wer also kurz und knapp„Guten Tag“ sagt und damit einen Wunsch äußert, musssich im Klaren sein: Zum Wünschen gehören vier: „Ichwünsche dir einen guten Tag von …“ Dass es nämlichauch jemanden oder etwas braucht, der oder das diesenWunsch erfüllen kann, wird zumeist ausgeblendet. „Gu-ten Tag“ ist eigentlich ein Segenswunsch! Erwarten istdagegen zunächst nur zweistellig: Jemand erwartet et-was.

Wünsche implizieren also erheblich mehr Abhängigkeitenals Erwartungen. Wer meint, das Wünschen aus Gründender Autonomie lassen zu müssen, muss das Erwarten des-halb noch lange nicht aufgeben. Andererseits sind aberWünsche aufgrund ihrer Komplexität offener als Erwar-tungen: Wer etwas wünscht, muss sich nicht unbedingtdarauf festlegen, von wem er es bekommt. (Kindern dürf-te es letztlich gleichgültig sein, ob die Geschenke dasChristkind, der Weihnachtsmann oder die Eltern bringen.)Wer von jemandem etwas wünscht, ist offener, auch an-deres zu erhalten, Hauptsache, das Zeichen der Zunei-gung kommt von demselben. Erwartungen sind im Ver-

gleich zu Wünschen wesentlich bestimmter und sozusa-gen unflexibler, zumal noch eine Steigerung möglich ist:Jemand erwartet nicht nur etwas, sondern fordert es so-gar. („Fordern“ ist allerdings dann wieder mindestensdreistellig).

Dass Erwartungen ein zweifelhaftes Image haben, wie inden bisherigen Beispielen deutlich wurde, hat offenbarmehrere Gründe. Ein erster Grund, dass sie im Unter-schied zum Bewirken sozusagen unsere Selbständigkeitverletzen, wurde schon genannt. Hier sei an die Ausfüh-rungen zur Frage der Suizidalität von Palliativpatientenerinnert und an die generalisierende Betrachtung von Ber-nard N. Schumacher über das „Absolute Ich“ (vgl. JournalTumorzentrum 1/2012): „Die moderne Betrachtungsweisedes Todes ist einerseits gekennzeichnet durch die Techni-sierung der Natur und andererseits durch die Definitioneiner anthropologischen Konzeption der Person, die denAkzent auf die vollbrachte Leistung und die radikale Un-abhängigkeit des rationalen Subjektes, nämlich auf dasPrinzip seiner absoluten Autonomie legt, die den höchs-ten Wert darstellt. […] Im Mittelpunkt des modernen To-des steht also die Logik der Kontrolle. Wir haben es alsomit einem Management des Lebensendes zu tun, dasdurch ein mechanisches Vorgehen geregelt sein muss.“(Schumacher 2011, 28) Das über die radikale Unabhän-gigkeit des rationalen Subjektes und die Logik der Kon-trolle Gesagte gilt nicht nur im Fall des Todesmanage-ments, sondern auch für den Fall des Lebensmanage-ments und damit für alle Haltungen zur Zukunft. Erwartenerscheint als das Gegenteil von Unabhängigkeits- undMachbarkeitsvorstellungen, die in unserer Gesellschaftvorrangig akzeptiert sind und gelebt werden.

Ein weiterer Grund dürfte sein, dass Erwartungen ent-täuscht werden können. Wer also Erwartungen vermei-det, wird scheinbar enttäuschungsresistent. Das dies je-doch ein wenig realistisches Ziel ist, wird im Folgenden zuzeigen sein.

Mindestens noch ein dritter Grund kommt hinzu: Erwar-tungen richten sich auf die Zukunft und damit auf etwas,was (noch) nicht ist. Wer also realistisch und im Jetztleben will, sollte sich von Erwartungen soweit wie möglichfrei machen. Auch über die Grenzen dieses Ratschlagswird zu reden sein.

Formen von Erwartungen

Wie sehr unser Leben von Erwartungen geprägt ist, zeigendie vielfältigen Möglichkeiten, enttäuscht zu werden – imNegativen wie im Positiven. Enttäuschungen sind der Kerndes Gefühls der Frustration, der Verärgerung bis hin zurWut darüber, dass das Erwartete nicht eintritt. Aber auchSich-Verwundern ist eine Form von Enttäuschung undsetzt offenbar Erwartungen voraus, ebenso wie das Über-rascht-Sein. Allerdings scheinen Überraschungen sicheher auf Unerwartetes zu beziehen („Das hätte ich echtnicht erwartet!“), während Enttäuschungen ohne Erwar-tungen nicht denkbar sind.

Andreas Kaminski hat in einer vor allem auf technikphilo-sophische Themen gerichteten Dissertation einige Dimen-sionen des Erwartens zusammengestellt, welche die Viel-

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falt des Be griffs der Erwartung demonstrieren und dieverhindern können, ihn vorschnell zu reduzieren (Kamin-ski 2010, 21). Es gibt nicht nur individuelle Erwartungen,sie können auch von ganzen Gruppen ausgehen (seien esz.B. Patienten, Angehörige oder Angestellte), auch Orga-nisationen wie der Träger des Krankenhauses oder die Öf-fentlichkeit, z.B. die Gesundheitspolitik, haben Erwartun-gen. Zu diesen sozialen Erwartungen gehört auch der ge-samte Bereich der Normen, die ausdrücken, was sein mussoder sein soll und von denen wir erwarten, dass sich jederdaran hält – dazu später. Kompliziert wird es bei „Erwar-tungserwartungen“: Ärzte haben Vorstellungen, d.h. Er-wartungen, welche Erwartungen ihre Patienten in sie set-zen, und können dementsprechend in ihren Erwartungenan die Erwartungen des Gegenübers enttäuscht werden(wenn z.B. ein Patient nicht – wie erwartet – den Arzt alsMediziner und Helfer beansprucht, sondern vorrangig so-zialen Kontakt o.ä. sucht). Die Erwartungen überhauptund besonders diese Erwartungserwartungen öffnen einweites Feld möglicher Kollisionen: Wer sich also von denErwartungen anderer bedrängt fühlt, reflektiert oft nicht,dass er offensichtlich eigene Erwartungen hatte, die ent-täuscht wurden (vielleicht auch die Erwartung, man kön-ne allen Erwartungen gerecht werden).

Auch die Art und Weise der Erwartungen ist unterschied-lich. Bleiben wir der Einfachheit halber bei den individu-ellen Erwartungen, so finden wir zunächst leibliche Er-wartungen vor, die zu unseren im wahrsten Sinne gedan-kenlosen Routinen und Gewohnheiten gehören, so dasssie erst ins Bewusstsein treten, wenn sie enttäuscht wer-den (wie z.B. die Erwartung, dass der Stuhl, auf dem ichjetzt sitze, nicht zusammenbricht oder dass das Licht an-geht, wenn ich auf den Schalter drücke). Spätestens hierwird deutlich, dass Erwartungen zwar immer ein Subjektbrauchen, aber nicht einfach subjektiv sind: Ich kann ob-jektiv erwarten, dass der Stuhl hält oder das Licht funktio-niert. Spätestens, wenn solche unbewussten Erwartungeneinmal enttäuscht worden sind, werden sie zu mentalen– bewussten – Erwartungen. Kommunikative Erwartun-gen sind dann solche, welche den Austausch ermöglichen(wenn ich jemanden grüße, erwarte ich einen Gegengruß;auf eine Frage erwarte ich eine Antwort) – oft sind auchdiese unbewusst. Einer Unterscheidung von Niklas Luh-mann zufolge (1990, 138f.) richten sich dabei kognitiveErwartungen auf das, was sein wird oder sein kann. Ent-täuschungen generieren hier Wissen – dem entspricht ei-ne korrekturbereite und damit lernwillige Haltung. Nor-mative Erwartungen dagegen richten sich auf das, wasmeiner oder unserer Meinung nach sein sollte oder seinmuss. Sie machen lernunwilliger, weil im Fall einer Ent-täuschung die Verpflichtung zur Korrektur vor allem demjeweils anderen auferlegt wird („ich habe Recht“). Esscheinen besonders diese normativen Erwartungen zusein, die den Unmut der Lebensberater auslösen. Manfrage sich aber, ob ein Zusammenleben ohne Normenoder ob eine Handlungsmotivation ohne Idealvorstellun-gen denkbar ist.

Teilt man die Erwartungen gemäß der Größe des Zeitho-rizontes ein, dann sind sog. „gegenwärtige“ Erwartungenauf die nächste Zukunft gerichtet (dass der Stuhl jetzthält), „zukünftige“ auf fernere Zeiten (dass das Gehaltpünktlich kommt oder der Patient „es schafft“).

Zu betrachten wäre außerdem die Entstehung von Erwar-tungen, um mit ihnen angemessen umzugehen: Kaminskinennt – sicher ergänzungsbedürftig – Erwartungen, dieaus dem ständigen Umgang mit bestimmten Sachen Ver-lässlichkeit erzeugen (ich erwarte, dass das Gerät wie bis-her auch weiterhin funktioniert). Erwartungen könnensich aus Erfolgserfahrungen speisen und Zuversicht alsein spezielles Vertrauen in die Zukunft aufbauen (wenneinige Male eine bestimmte Therapie erfolgreich war, er-warte ich das auch weiterhin). Die aus der Prognose ge-nerierte Erwartung stützt sich darüber hinaus auf Wahr-scheinlichkeitskalkulationen – dazu sind später noch eini-ge Bemerkungen zu machen. Erwartungen und ihr nega-tives Pendant Befürchtungen können aber auch ausSpekulationen resultieren (wie z.B. die Erwartung, in Zu-kunft alle geistigen und kulturellen Probleme mit Hilfeder Hirnforschung zu lösen, die wahrscheinlich enttäuschtwerden wird – oder sogar sollte?). Manche Erwartungenergeben sich aus gesellschaftlichen Prozessen, die auf-grund ihrer Dynamik auch solche wieder verschwindenlassen (so können sich die Erwartungen eines Teams anseinen Chef sich je nach Teamkonstellation oder Rahmen-bedingungen schnell ändern). Erwartungen haben vielmit unserer Perspektive auf die Wirklichkeit zu tun, die so-zial vermittelt ist und sich geschichtlich wandelt.

Des Weiteren lassen sich Potenzialerwartungen von Funk-tionalitätserwartungen unterscheiden: Eine Potenzialer-wartung richtet sich auf das, was möglich ist (beispiels-weise die Einschätzung, ob ein bestimmter Patient dienötige Kraft hat, seine Krankheit zu besiegen). Hier öffnetsich der weite Bereich der Prognostik (s.u.). Dass das Ge-rät, das ich einsetze, die richtigen Werte anzeigt, ist da-gegen eine Funktionalitätserwartung. Von Vertrautheits-erwartungen, die aus dem ständigen Umgang mit derWelt und den Menschen resultieren, wurde schon gespro-chen – sie bestimmen weitgehend unsere Alltags- undBerufsroutinen. Es gibt aber auch Vertrauenserwartun-gen: Beauftrage ich beispielsweise jemanden mit einerTätigkeit, habe ich die Erwartung, dass er die Aufgabe zu-verlässig erledigt; habe ich im Gegenteil eher eine Miss-trauenserwartung, werde ich stärker kontrollieren.

All diese Andeutungen – und mehr können es hier nichtsein – machen deutlich, dass die Erwartung, man könneauf Erwartungen verzichten – oder solle es sogar –, un-realistisch ist, also in den meisten Fällen notwendigerwei-se enttäuscht werden muss.

Die ambivalente Funktion von Enttäuschungen

Wie bemerkt, sind Enttäuschungen so eng mit Erwartun-gen korreliert, dass sie manchmal überhaupt erst bewusstwerden lassen, dass eine Erwartung vorlag. Dabei habensie eine kritische und eine konstruktive Komponente. Ei-nerseits wird eine Erwartung durch Enttäuschung alsnicht mit der Realität übereinstimmend erwiesen und sodiese Wirklichkeitssicht kritisiert – es lag also eine Täu-schung über das Erwartbare vor (z.B. war das vermutetePotential nicht gegeben). Andererseits beseitigen sie aberals „Ent-Täu schungen“ diese Täuschung und stellen sogesehen einen Realitätsgewinn dar – das ist die konstruk-tive Komponente. Einerseits: „Ich hatte mich getäuscht!“Andererseits „Ich sehe das jetzt realistischer.“ Der Ent-

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täuschte bekommt nun eine angemessene Perspektive aufdie Wirklichkeit in möglicherweise zweifacher Hinsicht an-geboten: Zum einen kann er etwas über die objektiveWirklichkeit „lernen“, zum anderen auch über sich selbst(nicht zuletzt über seine bisher vielleicht unbewussten Er-wartungen) und – wie im Fall der normativen Erwartun-gen – über seine Norm- und Idealvorstellungen. Welt-und Selbsterkenntnis haben zugenommen.

Wer Enttäuschungen zu vermeiden sucht, weil er beson-ders auf deren destruierende Seite schaut, vergisst zumeinen, dass es auch positive Enttäuschungen gibt (z.B.hinsichtlich Misstrauenserwartungen), zum anderendroht eine Lernunfähigkeit: Sich in der Welt zu orientierenund zu engagieren, ist ohne gewisse Erwartungen hin-sichtlich zukünftiger Zustände und Ereignisse und derenKorrekturen durch Enttäuschungen bei der Konfrontationmit der Realität nicht zu haben. Der Lernprozess bestehtdann offensichtlich darin, Erwartungen, die sich als un-realistisch erwiesen haben, durch andere auszutauschen– denn ohne Erwartungen geht es nicht.

Der Mensch in der Zeit

Ob auch andere – zumindest höhere – Lebewesen so et-was wie Erwartungen kennen, bleibe hier dahin gestellt.Generell gilt es, sich vor Anthropomorphismen zu hüten.Ein Tier, das für die Zukunft vorsorgt, tut es wahrschein-lich nicht, weil es den Winter erwartet, sondern weil es ei-nem Instinkt folgt oder ein angelegtes Prozedere „abar-beitet“. Der Mensch aber ist wesentlich durch seinen Be-zug zur Zeit gekennzeichnet (vgl. Journal Tumorzentrum1/2010). Heidegger kennzeichnet ihn als „Sich-vorweg-schon-sein-in-(der-Welt) als Sein-bei (innerweltlich begeg-nenden Seienden)“ (Sein und Zeit § 41). Diese kompri-mierte Aussage will sagen, dass wir zwar immer bei „ir-gendetwas“ („Sein-bei“) und insofern „in der Welt“ sind,aber dabei letztlich immer uns schon voraus („Sich-vor-weg-schon-sein“). Der Mensch sorgt sich um sein Daseinim Blick auf Kommendes und ist wohl das einzige Wesen,das wir kennen, welches um seinen Tod weiß und nur des-halb so etwas wie „Zeit“ kennt: Wir sind „Sein zum Tode“.Es wäre so gesehen eine übermenschliche Forderung, Er-wartungen zu eliminieren und ausschließlich im Jetzt zuleben. Wir würden zu einem Wesen ohne Zeitbewusst-sein. Dieses besteht Augustinus zufolge (vgl. das 11. Buchseiner „Confessiones“) u.a. darin, dass die „Seele“ jede ih-rer Erfahrungen dreigeteilt macht, indem sie sie mit einerVergangenheits-, Gegenwarts- und Zukunftsdimensionversieht (die sog. distentio animi): „Im strengen Sinnemüsste man wohl sagen: Es gibt drei Zeiten, eine Gegen-wart von Vergangenem, eine Gegenwart von Gegenwär-tigem und eine Gegenwart von Zukünftigem. Diese dreisind nämlich in der Seele wirklich vorhanden, währendich sie anderswo nicht sehen kann: gegenwärtige Erinne-rung an Vergangenes, gegenwärtiges Anschauen von Ge-genwärtigem, gegenwärtige Erwartung von Zukünfti-gem.“ Ein Wesen ohne Erwartungen wäre dann zwar ent-täuschungsfrei, hätte aber ohne sie kein Zukunfts- undauch kein Vergangenheitsbewusstsein. Diese Art von Zeit-losigkeit wäre Ewigkeit im eigentlichen Sinne – ein erstre-benswertes, aber wohl unrealistisches Ziel: Wir entkom-men nämlich der Zeit nicht und damit auch nicht der Auf-gabe, Voraussicht zu entwickeln, Pläne zu entwerfen, Ent-

scheidungen zu fällen und uns dann entschlossen an de-ren Realisierung zu machen.

Optimismus – Pessimismus und die Tugend der Hoff-nung

Ziel muss es also weniger sein, Erwartungen zu vermei-den, als sie mit der Realität abzugleichen. Dazu dienenvor allem Wahrscheinlichkeitserwägungen, die man in-tuitiv oder mehr oder minder empirisch und durch wis-senschaftliche Methoden abgestützt vollziehen kann unddie man gemeinhin Prognosen nennt. Liegt eine Wahr-scheinlichkeit über 50%, ist ein realistischer Grund für op-timistische Erwartungen gegeben, im anderen Fall sindpessimistische Erwartungen gerechtfertigt. Diese Be-schreibung richtet sich zunächst auf das, was erwartetwird, und nicht auf das Subjekt, das diese Erwartungenhegt. Wenn wir von Optimisten oder Pessimisten sprechenoder sogar daraus eine ganze Weltanschauung (einen „-ismus“) machen, kommt aber genau dieses Subjekt insSpiel. Dabei scheint sich die Konstellation umzukehren.Wer auf die höhere Wahrscheinlichkeit setzt, wird wohleher als Realist denn als Optimist gelten. Gewöhnlichkennzeichnen wir jemand erst dann als Optimisten, wenner auch noch bei geringer Wahrscheinlichkeit seine Er-wartungen auf diese durchaus realistische – weil im tat-sächlichen Bereich der Möglichkeiten liegende –, aberschwächere Zukunftsvariante richtet. Wer dagegen auchbei großer Wahrscheinlichkeit Zweifel am Eintritt dieserVariante hat, wird als Pessimist bezeichnet – auch das isteine der Realität angemessene Haltung.

Sowohl in objektiver wie subjektiver Hinsicht kann derOptimist (und mutatis mutandis der Pessimist) enttäuschtwerden: Einmal, in dem sich die Wahrscheinlichkeiten alsunrealistisch erweisen: Es war eine Fehlkalkulation undgab in Wirklichkeit gar keinen Anlass für eine optimisti-sche Erwartung. Zum anderen, weil nicht die wenigerwahrscheinliche Variante, auf die der Optimist gesetzthatte, eingetreten ist. Beide Male wird sich der Pessimistbestätigt sehen. Ob jemand seine optimistische oder pes-simistische Grundhaltung aufgrund solcher Enttäuschun-gen aufgibt, bleibt offen: Diese ändern sich selten durcheine einzelne Erfahrung.

Fragt man jedoch die klassischen Tugendlehren, so spre-chen sie nicht von einer optimistischen Grundhaltung,sondern von Hoffnung (bzw. ihrem Pendant Resignation).Diese steht nämlich nicht nur quer zu den Wahrschein-lichkeitskalkülen und den auf ihnen basierenden Progno-sen, sondern hält die Erwartung selbst dann aufrecht, so-lange auch nur die geringste Chance auf deren Erfüllungbesteht. Der Publizist Walter Dirks (gest. 1991) hat in sei-nem letzten Interview auf die Frage hin, ob er eher mit ei-ner optimistischen oder pessimistischen Stimmung aus-gestattet sei, diese gegenüber Peter Glotz treffend so cha-rakterisiert: “Mit einer verzweifelten Hoffnung, dass estrotz allem gut gehen wird. Pessimismus oder Optimis-mus, das interessiert mich nicht. Wenn mein Arzt mir sagt,Dein Kind ist in großer Gefahr, seine Lebenschancen sindvielleicht 20 Prozent’, so interessieren mich die 80 ProzentTodeswahrscheinlichkeit nur kritisch, in dem [sic!] wir ge-gen sie arbeiten. Positiv interessieren mich die 20 Prozent.Ich werde alles tun, damit daraus 25, 50 und schließlich

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vielleicht 100 Prozent werden.” (www.sueddeutsche.de/kultur/sz-serie-grosse-journalisten-x-kurioser-kopf-1.423772) Hoffnung unterläuft damit in gewisser Weisedie auf Wahrscheinlichkeitskalkülen beruhende Optimis-mus-Pessimismus-Alternative, benötigt sie doch nur densprichwörtlichen „Funken Hoffnung“ – und das kann so-gar eine Wahrscheinlichkeit unter 1% sein. Außerdem po-sitioniert sie sich wie jede Tugend wiederum als Mitte.Wie der ebenfalls die Wahrscheinlichkeitskalküle unter-laufende Glauben zwischen Vertrauensseligkeit und Miss-trauen steht (und nicht zwischen Meinen und Wissen,wie viele vermuten), so verortet sich die Hoffnung zwi-schen den Extremen der Vermessenheit – nämlich demMachbarkeits- und Kontrollwahn, der alles im Griff zu ha-ben meint – und der Verzweiflung, die keine Hoffnungmehr kennt. (Dirks’ „verzweifelte Hoffnung“ ist von daherein zwar verständlicher, aber wenig exakter Ausdruck.)Dabei ist zu beobachten, dass die Extreme gern ineinan-der umschlagen, ohne die Mitte zu erreichen: Das „Ichhabe immer alles im Griff!“ kippt, wenn es scheitert, oftin das andere Extrem der Verzweiflung (womit wir wiederdas Thema Suizidalität berühren), während eine starkeHoffnung eigentlich nur dadurch zu besiegen ist, dasssich das Erhoffte in der Kollision mit der Wirklichkeit alsIllusion und somit jene als falsche Hoffnung erweist.

Der Theologe wird hier auf die Bibel verweisen, die nichtnur voll von Glaubens-, sondern auch von Hoffnungsbe-kenntnissen ist und zu deren argumentativer Rechtferti-gung aufruft. (Vgl. z.B. 1 Petr 3,15: „Seid stets bereit, je-dem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnungfragt, die euch erfüllt.“) „Hoffnung, die man schon erfülltsieht, ist keine Hoffnung. Wie kann man auf etwas hoffen,das man sieht?“, definiert der Römerbrief (8,24). Das wäreauch eine klassische Charakterisierung für jede Art von Er-wartung. Hoffnung ist dann deren stärkste Variante undstirbt bekanntlich zuletzt, wenn sie nicht überhaupt – me-taphorisch gesprochen – unsterblich ist. Der gleiche Rö-merbrief kennt nämlich auch den paradoxen Ausdruck ei-ner „Hoffnung gegen alle Hoffnung“ (4,18).

Praktische Hinweise

Resümierend lässt sich feststellen, dass es Menschsein oh-ne Erwartungen nicht geben kann und Enttäuschungendeshalb nicht ausbleiben. Folgt man Kants Grundfragender Philosophie, dann spreizt sich die zentrale Frage nachdem Menschen in die folgenden drei auf: „Was kann ichwissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen?“ (KrV B832f.) Wir Menschen leben mit einem – in unseren post-modernen Zeiten immer komplexer werdenden – Zu-kunftshorizont, den wir mit unseren Erwartungen teilsabtasten, teils erst entstehen lassen. Das können sowohldie sogenannten kognitiven Erwartungen sein, die sichauf das beziehen, was ist, als auch die normativen Erwar-tungen mit Bezug auf das, was sein soll. Wenn auch letz-tere besonders problematisch zu sein scheinen, wie Le-bensberater und Psychologen behaupten, sind auch dieseunaufgebbar, spüren wir doch ständig die Kluft zwischendem, was ist, und dem, was sein soll – mit anderen Wor-ten: Die Welt ist für uns nie wirklich „in Ordnung“. „Keinschöpferisches Unternehmen, das nicht dem Drang folg-te, Sein und Sollen zu vereinen. Wer sie zusammenzwingt,

richtet für gewöhnlich mehr Schaden an, als er hatte ver-hindern wollen. Wer es jedoch gar nicht erst versucht, dertut gar nichts.“ (Neiman 2004, 268). Wieder ist die le-benstaugliche Mitte zwischen diesen Extremen zu suchen.Dabei erweisen sich Erwartungen als durchaus ambiva-lent: Sie können lebensfeindlich oder lebensdienlich, läh-mend oder motivierend sein.

Mit Erwartungen – den eigenen und denen anderer – istalso vorsichtig und klug zu hantieren. Wann sind sie nachMöglichkeit zu erfüllen oder wann ist es besser, sie zu ent-täuschen? Wie ist dann wiederum mit solchen Enttäu-schungen im Blick auf die Zukunft angemessen umzuge-hen?

Es ist unzureichend, hier nur ein Realitätsprinzip anzu-mahnen, an dem sich Erwartungen zu messen haben, wiees der englische Pragmatismus in dem Satz zusammen-fasst: „probability is the guide of life“ (von David HumeBischof Josef Butler zugeschrieben). Wir wissen nämlichtrotz aller wissenschaftlichen Erkenntnis zu wenig überdie Möglichkeiten, welche die Wirklichkeit der Welt unddes Menschen birgt. Die Bibel behauptet sogar: „Bei Gottist nichts unmöglich.“ (Lk 1,37). Das Realitätsprinzip istdemgemäß durch ein „Prinzip Hoffnung“ (Ernst Bloch)wesentlich zu ergänzen, wenn nicht sogar zu unterlaufen.Also gilt nicht das scheinbar realistische: „Wahrschein-lichkeit ist der Lebensführer“, sondern die auf Hoffnunggestellte Maxime „Soyez réaliste, essayez l’impossible.“ –Seien Sie Realist, versuchen Sie das Unmögliche. (Quelleunbekannt, z.n. Dalferth 2011, 38). Doch wie entfachtund stärkt man den „Funken Hoffnung“ oder vermitteltsogar „Hoffnung gegen alle Hoffnung“?

Im Text nicht genannte Quellen:

- Alle Internetquellen: Stand: 29.4.2013.- Dalferth, Ingolf U., Die Kontingenz des Bösen, in: DasBöse. Drei Annäherungen (hsg. v. dems., K. Lehmannund N. Kermani), Freiburg i. Br. 2011, 9-52.- Kaminski, Andreas, Technik als Erwartung. Grundzügeeiner allgemeinen Technikphilosophie, Bielefeld 2010.- Luhmann, Niklas, Die Wissenschaft der Gesellschaft,Frankfurt a. M. 1990.- Neiman, Susan, Das Böse denken. Eine andere Geschich-te der Philosophie, Frankfurt a. M. 2004.

Korrespondenzadresse:

Prof. Dr. Eberhard TiefenseeLehrstuhl für PhilosophieKatholisch-Theologisch Fakultät der Universität ErfurtNordhäuser Straße 6399089 ErfurtTelefon: 0361 7372511e-Mail: [email protected]://www.uni-erfurt.de/tiefensee

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n Das gute Sterben und seineGefährdungen. Erwartungen an dieOrganisation von Sterbeverläufen.

Vortrag auf dem 9. Palliativmedizinischen Symposium „Erwartungen – Palliativmedizin zwischen Wunsch und Wirklichkeit“ am 20.04.2013in Bad Berka

Stefan DreßkeUniversität Kassel, Fachbereich Humanwissenschaf-ten

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich fühle mich bei dieser Tagung als Soziologe angespro-chen und möchte zur Organisation von Sterbeverläufenin der Palliativversorgung einige Reflexionsmöglichkeitenanbieten und die Arbeit mit und an Sterbenden in Hospiz-und Palliativeinrichtungen kritisch würdigen.

1. Arbeit am Sterben

Seit etwas mehr als zwei Jahrzehnten hat sich eine neueInstitution fest etabliert, die sich auf das Sterben bzw. aufdie Pflege von Sterbenden spezialisiert hat – zunächst ge-gen Widerstände der Politik und der etablierten Wohl-fahrtsverbände, dann allerdings von allen gesellschaftli-chen Kräften willkommen geheißen. Wichtig ist hier, dasses sich um eine Spezialisierung handelt, was heißt, dasses eigene Normen, Wissens- und Verfahrensbeständegibt, dass es Experten gibt, die mehr wissen und könnenals andere und vor allem mehr als die Laien. Eine eigeneInstitution bedeutet, dass es definierte Arbeitsbereicheund Arbeitsziele gibt. In der spezialisierten Palliativ- undHospizversorgung wird mit und an sterbenden Patientengearbeitet – das ist der Arbeitsbereich, das Arbeitsziel istes, das Sterben soweit wie möglich gut zu gestalten – dasgute Sterben zu gestalten.

Was genau in Hospiz- und Palliativeinrichtung passiert,habe ich in unterschiedlichen Einrichtungen mit Beob-achtungs- und Interviewstudien über mehrere Monatehinweg untersucht. Als teilnehmender Beobachter habeich die Arbeit dort begleitet, habe mit Patienten und demPersonal gesprochen und bei der Pflege mitgeholfen, woes mir möglich war. Auf diese Weise konnte ich den Alltagin den Einrichtungen kennenlernen und diesen Alltagüber meine täglichen Aufzeichnungen einer soziologi-schen Analyse zuführen.

Untersucht wurde die Frage: Was ist gutes Sterben undwie wird es im Alltag und in Alltagsinteraktionen gestal-tet? Welche Erwartungen gibt es an das Sterben und wassind seine Gefährdungen? Zu untersuchen sind Sterbe-verläufe, also die Arbeit von Sterbenden, Experten undAngehörigen am Sterben. Ich möchte mit einem Fallbei-spiel aus meinen Beobachtungen beginnen:

Herr Bauer ist ein 95jähriger Leukämiepatient. Ihm gehtes noch relativ gut, er hat keine Schmerzen, und er kannsich ohne Hilfe durch das Hospiz bewegen. Er hat aller-dings ein Problem: Eigentlich sollte ihn seine Tochter beisich aufnehmen als Gegenleistung dafür, dass er ihr denHausbau finanziert hat. Die Tochter hat es sich dann aller-dings anders überlegt. Nun ist Herr Bauer im Hospiz undwirkt wie ein verbittertes Familienoberhaupt. Nichts kannihm das Pflegepersonal recht machen. Er beschwert sichbeim Arzt, lässt sich immer wieder umständlich seine Me-dikamente erklären und ist immer auf seine Unabhängig-keit bedacht. Trotzdem gehen die Schwestern und Pflegerauf seine „Extrawünsche“ geduldig ein und erkennen inihm eine, wie sie sagen, „faszinierende Persönlichkeit“. Erwar ein „begnadeter Tänzer“ und passionierter Schach-spieler. Später ist Herr Bauer jedoch so „nölig, bockig,ganz schwierig“, wie ein Pfleger darstellt, dass der Ge-duldsfaden reißt und der Patient zurechtgewiesen wird.Am nächsten Tag dann geht es Herrn Bauer plötzlichschlechter, er leidet an Schmerzattacken, ihm ist schwind-lig und übel, er ist desorientiert und niedergeschlagen.Nun also „hat er sich nicht mehr geweigert, sich helfen zulassen“, sagt ein Pfleger bei der Schichtübergabe. Und –so beobachten die Pflegekräfte – Herr Bauer „hat jäm-merlich geweint“. Er wird bettlägerig und seine Tochterwird gerufen, die sich bisher als allem heraus gehaltenhat. Zuerst schaut sie nur distanziert bei den Pflegetätig-keiten zu und verbringt einige Zeit schweigend mit ihremVater. Am nächsten Tag wird sie von einer Schwester auf-gefordert, ihren Vater während des Waschens festzuhal-ten. Bei der Schichtübergabe deutet die Schwester diesals Umarmung, die auch vom Vater erwidert wurde. Un-ausgesprochen wird dies als eine „Versöhnung“ verstan-den. Immerhin bleibt die Tochter jetzt länger bei ihremVater und sie sprechen sogar miteinander. In der darauffolgenden Nacht stirbt Herr Bauer. Er schläft ganz friedlichin den Armen eines Pflegers ein.

Rollenwechsel: Alte und neue Identitäten

Der Sterbeverlauf von Herrn Bauer könnte als typisch gel-ten, kommt aber so eher selten vor. Auf Palliativ- undHospizkongressen werden solche Verläufe berichtet, inder es ein Patient trotz aller Widerstände schafft, nochgut zu sterben – eben sein Sterben angenommen hat, wiees heißt. Soweit ist diese Erzählung aber Sterberomantik,denn sie vergisst, welche harte Arbeit es auf der Hinter-bühne der Pflege bedeutet, den Patienten als eine Person,die stirbt, also in der Sterberolle zu figurieren. Ich nennedieses Arbeitsprogramm identitätsstiftende Pflege.

Das Personal aktualisiert die Biographie von Patienten,die häufig vor der Aufnahme in die Palliativeinrichtungausschließlich in der Rolle von Pflegebedürftigen undKranken wahrgenommen wurden, häufig auch im Kran-kenhaus hospitalisiert oder Zuhause vereinsamt waren.Unentwegt wird in Palliativeinrichtungen nach positivenVerweisen auf ihre Vergangenheit gesucht. Die Pflege-kräfte ermuntern zu Wünschen, wobei es immer um dasunmittelbare Wohlbefinden geht, um gute Erlebnisse, dieder Patient jetzt genießen kann. Es sind Pflegepraktiken,die die instrumentell verstandene Hygiene deutlich über-schreiten und die persönlichen Bedürfnisse der Patienten

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ernst nehmen. Gemeint ist die umfassende Morgenpfle-ge, Massagen mit Duftölen, um den Tag gut zu beginnen,Baden, begleitete Spaziergänge durch die Einrichtung,gemeinsame Mahlzeiten mit den anderen Patienten.

Die neue Rolle des Patienten als Palliativpatient bedeutetaber auch Härten, vor allem, weil kein Anlass für neueHoffnungen auf Heilung und Besserung des gesundheit-lichen Zustands besteht. Medikamente, die der Heilungdienen, werden abgesetzt oder auf einfache Darrei-chungsformen, möglichst oral, umgestellt. Es kommt keinArzt mehr, der neue Therapien vorschlägt, sondern einer,der sich nach dem Befinden erkundigt und das aktuelleLeiden – Schmerz, Angst, Unruhe – lindert. Es gibt aller-dings auch unmittelbare Besserungen, wenn anstrengen-de Therapien, z.B. Chemotherapien, nicht mehr fortge-führt werden. Die medizinische Gesten orientieren ebennicht mehr auf Leben, auch wenn es ein Leben mit Krank-heit ist, sondern auf das Ende des Lebens, auf das Sterbenals letzte Lebensphase oder, wenn man so will, auf das Le-ben im Sterben. Unter Umständen sind Patienten oder ih-re Angehörigen enttäuscht darüber, dass keine umfang-reiche kurative Behandlung mehr erfolgt.

In der letzten Lebensphase findet ein Rollenwechsel statt:Viele Aufgaben, Verantwortungen und Pflichten, aus de-nen soziale Rollen bestehen, können nicht mehr ausgeübtwerden. Das bezieht sich auf Hobbys, Freizeit, auf die Le-bens- und Alltagsgestaltung. Die meisten Patienten gehenschon längst keiner Erwerbstätigkeit mehr nach. Das Le-ben von Palliativpatienten bezieht sich zunehmend aufihren unmittelbaren Wohnbereich und auch dort, mit sichverringernden körperlichen Fähigkeiten, auf die Umge-bung des Bettes. Dadurch, dass der persönliche Spielraumbei schlechterer Gesundheit zunehmend eingeschränkterwird, wird das Sterben als Perspektive aufgenommen. So-ziale Rollen werden zunehmend abgegeben – und dieserProzess wird in der Palliativversorgung begleitet und seineHärten abgefedert.

Todesnähe und zunehmende Gebrechlichkeit

Die identitätsstiftenden Pflegetätigkeiten – und dies istder zentrale Punkt – erinnern den Patienten auch immeran seine Gebrechlichkeit und setzen damit eine Auseinan-dersetzung mit dem Sterben in Gang. Dabei wird Sterbenkaum einmal direkt und offen vom Personal angespro-chen, zumal Palliativeinrichtungen auch in der Selbstdar-stellung keine „Sterbehäuser“ sein möchten, sondern Or-te des Lebens. Sterben wird vielmehr implizit und subtilüber den Körper des Patienten und dessen zunehmendeVerletzlichkeit thematisiert. Natürlich sind die Patientenvor der Aufnahme in das Hospiz von den einweisendenÄrzten über ihre unheilbare Krankheit und ihre begrenzteLebenserwartung aufgeklärt. Patienten haben aber dannimmer noch Hoffnungen und unrealistische Vorstellun-gen, denn die ärztliche Aufklärung, selbst, wenn sie nochso gut ist, berührt zunächst nur die kognitiven Aspekte.Die Veränderung der sozialen Rollen und die emotionaleVerarbeitung der Perspektive auf den Tod erfolgen erstviel später in der Konfrontation mit der körperlichen Ver-schlechterung. Dazu eine beobachtete Episode aus demHospiz:

Frau Zunft lässt sich gewöhnlich in den Rollstuhl mobili-sieren, hält sich gewöhnlich im Wohnzimmer des Hospi-zes auf und verrichtet dort Handarbeiten. Jedoch geht esihr zunehmend schlechter und sie leidet an Schmerzenbeim Wasserlassen. Nach dem besonders schmerzhaftenWechseln des Dauerkatheters übt sie nun, im Bett liegend,aus einem Schnabelbecher zu trinken. Vorher hat sie eineinfaches Glas benutzt. Man kann ihr ansehen, dass es ihrwiderstrebt, daraus trinken zu müssen. Anschließendnimmt sie zum Vergleich aus ihrem Trinkglas einenSchluck. Dazu bedarf sie meiner Hilfe. Sie bittet mich, ih-ren Kopf zu halten, damit nichts verschüttet. Sie entschei-det dann, dass es mit dem Schnabelbecher besser geht.Das Trinkglas soll ich jedoch nicht wegräumen.

In dieser Episode lernt die Patientin, sich mit ihrer zuneh-menden Ge brechlichkeit auseinanderzusetzen, die sich inder Nutzung neuer Instrumente aus drückt, hier desSchnabelbechers. Dieser macht ihr deutlich, dass ihr Zu-stand immer schlechter wird. Hier haben wir eine Mini-passage vor uns, in der die Patientin gezwungen wird,den Ansprüchen ihres Körpers gerecht zu werden. Es istder eigene Körper, der sie zum Aufgeben lieb gewordenerGewohnheiten führt. Das Personal begleitet diesen Pro-zess und ermöglicht Selbstständigkeit, auch bei einemverschlechterten Zustand. Durch den Schnabelbecherwird pragmatische Autonomie gewahrt, aber der Schna-belbecher ist eben auch Symbol für die körperliche Ver-schlechterung und Symbol dafür, dass die üblichen Ge-wohnheiten nicht mehr aufrechterhalten werden können.Für Frau Zunft bedeutet er, trotz der Ermöglichung vonSelbstständigkeit, eine Einbuße ihrer Lebensqualität.

Das Einsichtigwerden von Gebrechlichkeit und zuneh-mender Todesnähe wird vom Personal pragmatisch-em-pathisch begleitet. Die Schwester stellt Frau Zunft den Be-cher nicht wortlos zur Verfügung, sondern nach einerkurzen Absprache. Die Patientin kann selbst ent scheiden,welche Trinktechnik ihrem Zustand angemessen ist. Siekönnte auch den Schnabelbecher ablehnen, aber dannbraucht sie immer Hilfe beim Trinken oder würde ihr Bettbekleckern. Die Schwester findet sich später noch einmalbei Frau Zunft ein und sie unterhalten sich über dieSchmerzen. Die Schwester erklärt mir nach dem Gespräch,dass Frau Zunft ihre Krankheit immer beiseite gedrängthat, nun aber selbst zugibt, dass sie „ganz krank ist“. Siespricht ihre Schmerzen und auch ihr Sterben ganz offenan. Die Krankenschwester resümiert: „Es ist ihr Wunsch,diese Schmerzen nicht mehr aushalten zu müssen und zusterben, so schnell wie möglich.“

Die moralische Karriere des Patienten als Palliativpatientund am Ende als Sterbender wird durch die Gebrechlich-keit des eigenen Körpers, durch ganz materielle und sym-bolische Nutzungen von Gegenständen, wie Rollstuhl undSchnabeltasse, aber auch durch Weglassen und Nichtnut-zen von Hilfsmitteln sowie durch die kommunikative undpflegerische Begleitung des Personals hergestellt. Es fin-det ein konzertiertes Sozialisationsprogramm statt, mitdem Patienten die Rolle des Sterbenden zunehmend auf-nehmen.

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2. Die Gefährdungen des Sterbens

Die Beobachtungen in den Palliativeinrichtungen zeigen,dass diese Arbeit vielfach Gefährdungen und Unwägbar-keiten ausgesetzt ist. Hier einige typische Beispiele: BeiDemenzen können Identität und Persönlichkeit verlorengehen, obwohl Vitalität und körperliche Leistungsfähig-keit vorhanden ist. Bei einem kurzen Sterbeverlauf oderbei einem plötzlichen Sterben können Patienten ihr Ster-ben nicht aufnehmen, unter Umständen nicht einmal rea-lisieren, und Abschied nehmen. Dauerhafte und starkeSchmerzen können den Patienten und die Pflegendenüber die Maßen stark belasten und eine Pflege, die sichan das Wohlbefinden wendet, kann nicht durchgeführtwerden. Patienten mit äußeren Metastasen, insbesondereim Gesichtsbereich, können nicht nur aufgrund von üblenGerüchen die Gefühlsordnungen in Palliativeinrichtungenstark belasten und sich unter Umständen von sich selbstund ihren Angehörigen entfremden.

Das verzögerte Sterben

Ich möchte an dieser Stelle auf die Organisation von Ster-beverläufen zu sprechen kommen, insbesondere von lan-gen und sich verzögernden Sterbeverläufen, bei denen eszu wiederholten Abschieden kommen kann und die dieGeduld der Beteiligten durchaus strapazieren. Dazu auchein Fallbeispiel:

Herr Schumann ist 63 Jahre alt und hat einen Krebs im Ra-chenbereich. Durch die Sprechkanüle ist er nur sehrschwer zu verstehen. Er ist schon seit zwei Monaten imHospiz und es geht ihm zunehmend schlechter. Er ist bett-lägerig, lagert Wasser ein, hat starke Schmerzen und seineLunge muss immer wieder abgesaugt werden. Der Arztmeint, dass er nun im Sterben liege. Tatsächlich zieht sichder Sterbeverlauf noch über drei weitere Wochen hinweg.Der Patient ist unruhig und in den Pflegeübergaben wirdvon Angstattacken berichtet. Deshalb ist immer wiederjemand bei ihm, auch in der Nacht, und er bekommt Be-ruhigungsmittel und Sauerstoffgaben. Sein Zustand sta-bilisiert sich zwischendurch immer wieder auf niedrigemNiveau. Die Angehörigen, seine beiden Brüder und ihreFamilien, werden immer wieder benachrichtigt, wenn esdem Patienten schlechter geht. Jeder Besuch scheint dannder letzte zu sein. Herr Schumanns letzter Wunsch, nocheinmal seinen Hund zu sehen, wird von einem Bruder zu-nächst nicht ernst genommen. Erst als sich eine Kranken-schwester dafür einsetzt, bringt er ihn ins Hospiz mit.

Zwei Wochen, nachdem der Arzt das erste Mal seine Ster-beprognose gegeben hat, und zwei Tage, nachdem HerrSchumann seinen Hund gesehen hat, wird folgendes Er-eignis protokolliert:

Herr Schumann bekommt Besuch von seinem Bruder, dersich aber nur kurz im Zimmer aufhält, weil der Patient ge-rade schläft. Bevor er das Hospiz wieder verlässt, unterhälter sich mit Schwester Sandra auf dem Flur. Sie sagt zuihm: „Es ist gut, dass er schläft. Er wollte auch schlafen.“Der Bruder erwidert, er mache sich Sorgen, deshalb kom-me er persönlich und habe nicht telefonisch nachgefragt.Aufgebracht beschwert er sich jetzt bei Schwester Sandra

über den Arzt: „Der Arzt hat gesagt: ‚In 24 Stunden lebter nicht mehr.’ Jetzt lebt er aber immer noch. Das hat derArzt schon zehnmal gesagt!“ Schwester Sandra besänf-tigt ihn: „Herr Schumann hat ein kräftiges Herz. Man kanndas nicht wissen.“ Der Bruder beruhigt sich und er berich-tet vom gelungenen Besuch mit dem Hund vor zwei Ta-gen. Herr Schumann hat sich darüber sehr gefreut, wasauch von Schwester Sandra bestätigt wird.

Die Interaktionssequenz zwischen der Krankenschwesterund dem Angehörigen ist sehr erhellend für die Organi-sation des Sterbeverlaufs. Zunächst konstituiert die Pfle-gerin den Patienten als Akteur, als sie sagt: „Er wollte esso.“ – nämlich schlafen. „Schlaf“ wird hier zu einer Meta-pher des Zustandes des Patienten und des Wunschbildesfür den Sterbeverlauf. Herr Schumann soll möglichst fried-lich entschlafen können. Er ist geschwächt durch die fort-schreitende schleichende Krankheit und sucht nach Ruhe.Zudem wurde ihm noch einmal ein emotional bedeuten-des Erlebnis ermöglicht und biographische Kontinuitäthergestellt. Jetzt, da er den Hund gesehen und sich darü-ber gefreut hat, kann er doch „loslassen“, wie es bei an-deren Patienten formuliert wird. Er hat selbst einige Tagevorher gesagt, dass er sterben will. Gemeinsam konstru-ieren die Krankenschwester und der Bruder die Geschichtedes guten Sterbens als eine Geschichte von Prüfungen:das Ertragen der körperlichen Beeinträchtigungen, dasAustragen von Hoffnung und mit der gegenseitigen Ver-sicherung von Angehörigem und Pflegekraft, alles fürHerrn Schumann getan zu haben – und das bedeutet, al-les für ein gutes Sterben getan zu haben.

Disparatheit der körperlichen Verschlechterung

Hinter dieser Geschichte entfaltet sich eine weitere, nichterzählte Geschichte: Mit dem Hinweis auf das „kräftigeHerz“ beschwichtigt die Krankenschwester den Angehö-rigen, indem sie ihn auf die prinzipielle Ungewissheit desSterbeverlaufs hinweist. Die Vitalität des „kräftigen Her-zens“ verhindert zwar nicht das Sterben, zögert es aberdoch hinaus und verursacht Ungleichzeitigkeiten. SeineVitalität verhindert die Balance eines wohlgeordneten Ab-laufs und produziert sogar Leiden, indem es das Lebenverlängert. Die Krankenschwester bringt damit jedochnicht die gesamte Tragweite der Körperlichkeit des Pa-tienten zum Ausdruck: Weder die Gefahr des Verblutens,noch der Krebs, noch die Gesichtsschwellungen, die imPflegeteam angesprochen worden sind, werden themati-siert. Stattdessen betont sie die realistische Sterbeerwar-tung von Herrn Schumann. Die Akzentuierung des Pa-tientenwillens und die Ausklammerung der Verfallspro-zesse des Körpers gehören sicherlich zu den Repräsenta-tionsstrategien des Hospizes als ein Expertenmilieu. Selbstbei einem offenen Bewusstheitskontext werden nicht diefür einen Laien problematischen Aspekte thematisiert –höchstens angedeutet. Darin besteht die Arbeit der Pfle-gekräfte und Ärzte auf der Hinterbühne.

Die Pflegekräfte reagieren auf die zunehmende Ver-schlechterung des Patienten in der vermuteten Todesnä-he, indem sie Pflegetätigkeiten nur noch dann ausführen,wenn es unbedingt erforderlich ist. Stattdessen wird Sitz-wache gehalten, Schweiß abgetupft und die Lippen be-

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feuchtet. Hygienische Ansprüche werden zugunsten derReduzierung von Zumutungen balanciert. Das sukzessiveZurückfahren der Körperpflege stößt jedoch dann anGrenzen, wenn der schwache Zustand des Patienten an-dauert und der erwartete Tod nicht eintritt. Irgendwannmuss der Patient dann doch gründlicher gewaschen, müs-sen Laken und Windel doch gewechselt und der Patientdabei stärker bewegt werden. Bei Herrn Schumann trittzusätzlich die Schwierigkeit auf, dass sein Krebsgeschwüram Hals aufbrechen kann und er dadurch verblutet. SeinTod könnte so während der Pflegetätigkeiten herbeige-führt werden, so zumindest befürchtet es eine Pflege-kraft: „Ich drehe ihn um und er stirbt.“

3. Pharmazeutisches Regime und friedliches Sterben

Eine zentrale Unterstützung im Sterbeverlauf bietet diepharmazeutische Behandlung, insbesondere gegen Ängs-te, Unruhe, Depression, Atemnot und Schmerzen. Die Be-handlung dieser Symptome stellt die Kontrolle der kör-perlichen und mentalen Äußerungen des Patienten sicher:seinen Aktionsradius, seine Körperzeichen mit den ent-sprechenden Symptomen. Damit werden sowohl Identi-tätszuweisungen mit der Verschlechterung des körperli-chen Zustands als auch die disparaten Körperäußerungenuntereinander verknüpft. Das Risiko, dass der Patientnicht mehr Adressat von Reziprozitäts- und Identitätsges-ten sein kann, wird durch die graduelle Anpassung derDosierung an die Symptomstärke verhindert. Mitunterwerden sogar Schmerzmitteldosierungen herabgesetzt,wenn das Personal den Eindruck hat, der Patient sei zuschläfrig und auch bei einer geringeren Dosierung symp-tomfrei. Das erklärte Ziel besteht in der Symptomfreiheitbei gleichzeitiger Bewusstheit. Bei Herrn Schumann fälltdie Sedierung, die eine zentrale Technik im palliativen In-strumentarium ist, insofern leicht, weil er ausdrücklichdamit einverstanden war. Herr Schumann, so wird gesagt,wollte „nichts vom Sterben mitbekommen“. Auf dieseWeise wird eine vom Patienten ausgehende Legitimationfür die Sedierung geschaffen, und es werden Gesten ge-funden, die den Patienten als Person konstituieren, selbstwenn er nicht mehr ansprechbar ist. Vier Tage nach derberichteten Episode mit dem Bruder stirbt Herr Schumanneinen schmerzfreien Tod – während der Ostertage. An-schließend nimmt das Pflegeteam in einer Zeremonie vonihm Abschied – man merkt, dass es für das Personal nichteinfach war, aber am Ende wird der Tod ganz konventio-nell als Erlösung gedeutet.

Die Bedeutung des pharmazeutischen Behandlungsre-gimes für den Sterbeverlauf lässt sich auch bei Herrn Bau-er beobachten, allerdings hier als Behandlungsverzicht.Herr Bauer hat, einen Tag bevor er im Hospiz aufgenom-men wurde, eine Bluttransfusion bekommen. Der Hospiz-arzt steht der Bluttransfusion allerdings skeptisch gegen-über. Er argumentiert, dass es dem Patienten unmittelbarnach der Behandlung zwar besser gegangen sei, aber ei-nige Tage später würde er sich umso schlechter fühlen.Tatsächlich fühlt sich Herr Bauer, wie prognostiziert, dreiTage nach Aufnahme nicht so gut, was das Personal mitder nachlassenden Wirkung der Transfusion erklärt. EineTransfusion wird nicht mehr verabreicht, aber auch nichtvom Patienten eingefordert. Der Verschlechterung des Be-findens wird nicht gegengesteuert, also bekämpft, son-

dern die Behandlung orientiert sich daran, den Abwärts-trend möglichst komplikationslos zu gestalten. So sollenalso keine „Hochs“ durch plötzliche „Tiefs“ erkauft wer-den. Gerade, wenn es dem Patienten sehr schlecht geht,ist der Plötzlichkeit weiterer Verschlechterungen zuvorzu-kommen.

4. Die gesellschaftliche Bedeutung der Palliativversor-gung: Erwartungen und Ideale

Das Hospiz ist ein aktivitätsorientiertes Milieu: Sterbenwird nicht einfach zugelassen, aber es wird vermieden,die Eingriffe als unwillkürlich, abrupt oder von außen ge-steuert aussehen zu lassen. Es wird versucht, den Patien-ten als „Regisseur seines Sterbens“ zu repräsentieren. DerVerlauf von Herrn Schumann zeigt, dass das Sterben einersehr diffizilen und manchmal gar nicht selbstverständli-chen Steuerung anheim gestellt ist, mit der ein friedlicherVerlauf erreicht werden soll. Mit der Behandlung und Pfle-ge wird versucht, gleichsam mimetisch, sich dem körper-lichen Verfallsprozess anzunähern und so der Vorstellungvon einem natürlichen Tod zu entsprechen. Bei Herrn Bau-er gelingt dies fast von selbst. Neben den körperlichenVorgängen werden auch die Sterbebewusstheit des Pa-tienten und seine Ansprüche an die bürgerliche Identitätberücksichtigt. Trotzdem können Spannungen auftreten,hervorgerufen durch Ungleichzeitigkeiten der körperli-chen und mentalen Verschlechterungen.

Aus den Beobachtungen der Arbeit mit und an Sterben-den zeigt sich, dass Sterbeverläufe nicht ausschließlich alsphysiologisch-naturhafte Prozesse zu erklären sind. Viel-mehr wird das Sterben in sozialen Interaktionen unddurch gemeinsames Handeln gesteuert, wozu nebenKommunikation auch Behandlungs- und Pflegeverfahrengehören. Zentral für die Arbeit in Palliativeinrichtungensind dafür die Vorstellungen des Sterbens als ein natürli-cher Verlauf – die Idee des natürlichen Sterbens. DieseVorstellungen beinhalten, dass der körperliche Zustand,die persönliche Identität und die sozialen Anbindungender Patienten in ihren graduellen und quasi naturhaftenAbwärtstrends aufeinander verweisen. Die Palliativversor-gung bezieht sich dabei auf allgemeine gesellschaftlicheVorstellungen und Erwartungen vom Sterben. Die einzel-nen Dimensionen der Idealisierung des guten Sterbenslassen sich als traditionelles, als individuelles und als me-dizinisch korrektes Sterben beschreiben. Die Palliativver-sorgung hat dafür ein Instrumentarium entwickelt, dieseErwartungen auch umzusetzen.

Traditionelles Sterben: Abschied von der Gemein-schaft

Im Zentrum des traditionellen Sterbens steht die Toten-bettszene des 19. Jahrhunderts, in der sich die Familienoch einmal um den Sterbenden versammelt, um Ab-schied zu feiern. Totenbettszenen und Trauerrituale sindidentitätsstiftend für Palliativeinrichtungen. Angehörigewerden zu Besuchen ermuntert und haben die Möglich-keit, im Gäste- oder im Patientenzimmer zu übernachten.Unter Umständen werden Pflegekräfte zu signifikantenBezugspersonen. Patienten dürfen, wenn es nur irgend-wie möglich ist, nicht allein sterben. Es sollen möglichstAngehörige anwesend sein, ansonsten stellen Pflegekräf-

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te Gemeinschaft um den Sterbenden her. Die Orientierun-gen auf Transzendenz und Humanität setzen sich in derzeremonialen Ordnung durch, im Abschied am Totenbett,in den Gästebüchern und den Verabschiedungsritualenim Pflegeteam.

Individuelles Sterben: Abschied vom Selbst

Die neueren Sterbevorstellungen des individuellen Ster-bens schließen an die traditionellen Sterbevorstellungenan. Dabei nehmen Palliativeinrichtungen Identitätsnor-men der modernen Gesellschaft auf. Demnach hat sichdas moderne Selbst bis zum Schluss zu behaupten, seineIdentität ist zu definieren und unter Umständen „zu er-finden“. Das Recht auf Selbstbestimmung und Autonomieist gleichzeitig eine Pflicht. Palliativeinrichtungen nehmensolche Vorstellungen auf, indem sie die Individualität derPatienten betonen und in der konkreten Pflegearbeit her-vorlocken. Eine Person stirbt mit ihrer eigenen Biographieihren eigenen Tod, heißt es immer wieder. Palliativeinrich-tungen haben eine eigene Kommunikationskultur entwi-ckelt, in der Gefühle und der moralische Status kontinu-ierlich beobachtet, abgefragt und gedeutet werden. DasSterben wird noch einmal als ein letzter und bedeutsamerHöhepunkt inszeniert und das Leben noch einmal gebün-delt.

Verbunden sind diese Vorstellungen insbesondere mit denvon der Psychiaterin Elisabeth Kübler-Ross formuliertenSterbephasen. Sterben ist ein persönlicher Entwicklungs-prozess hin zu innerer Reife. Die aus dem religiösen Kon-text entliehenen Motive der Läuterung und Prüfung wer-den in psychologische Wissensbereiche integriert. Zentralsind das subjektive Erleben und eigene Deutungen, diezur Akzeptanz des Todes führen. Dafür werden auch Äu-ßerungen des Körpers hinzugezogen, z.B. die Umarmungvon Herrn Bauer und seiner Tochter.

Sterben wird als Phase im Lebenslauf definiert mit demEntwicklungsziel des letzten großen Selbst-Entwurfs. VomLeben loslassen ist von den Patienten selbst gesteuert undunterliegt ihrer Souveränität. Das sind selbstverständlichIdealisierungen. Allerdings sind die Patienten mit dieserEntwicklungsaufgabe nicht allein gelassen. In der Ver-pflichtung, ihre Selbstauflösung gleichsam freiwillig zubetreiben, also ihr Sterben zu akzeptieren. werden Ster-bende durch das Hospizpersonal unterstützt. Gelegen-heiten, existenzielle Nöte anzusprechen, ergeben sich imnormalen Verlauf der Arbeit. Allein das Regime des ruhi-gen Arbeitens und des Zeithabens, z.B. während der um-fangreichen Pflegetätigkeiten, forciert ein Mitteilungsbe-dürfnis – Schweigen ist nur schlecht zu ertragen.

Medizinisch korrektes Sterben: Abschied vom Körper

Obwohl der Körper mit der zunehmenden Verschlechte-rung seines Zustands die Ursache für das Sterben ist, darfer nicht vom Sterben ablenken, etwa durch Schmerzen,Unruhe oder durch äußere Metastasen. Das medizinischangestrebte Ziel ist das symptomfreie Sterben, wofür derKörper des Patienten eng überwacht wird, wenn Ernäh-rung, Ausscheidung, Körpergefühl, Atmung und Kogniti-on kontrolliert werden. In Palliativeinrichtungen kommendie dafür entsprechenden Verfahren zur Anwendung:

Sonden, Sauerstoffflaschen, Absauggeräte und vor allemPharmaka in den verschiedenen Darreichungsformen.Körperäußerungen werden auf das Sterben hin gedeutet,das Sterben medikalisiert. In Palliativeinrichtungen wirdSterben als friedliches Entschlafen medizinisch begleitet.

Ich komme zum Schluss: In Palliativeinrichtungen werdenErwartungen und Normen an Sterbende und Personal, anArbeitsweisen und Arbeitsziele formuliert. Patienten müs-sen mit dem Milieu des Palliativen kooperieren – das be-deutet aber nicht, dass sie ihr Sterben sofort akzeptierenmüssen. Aber die Mitarbeit am Identitätsregime ist im-merhin gefordert. Das Personal setzt die gesellschaftli-chen Idealisierungen an gutes Sterben um, die Erwartun-gen an einen sanften, begleiteten und akzeptierten Tod.Dies ist harte Arbeit und nicht immer können die Idealeeingelöst werden. Wenn Unwägbarkeiten und Ungleich-zeitigkeiten den Verlauf bedrohen, dann helfen unter Um-ständen nur noch retrospektive Deutungen, alles Not-wendige getan zu haben.

Korrespondenzadresse:

Dr. rer. pol. Stefan DreßkeUniversität Kassel Fachbereich HumanwissenschaftenArnold-Bode-Straße 1034127 KasselTelefon 0561/8042925e-Mail: [email protected]

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n Selbsthilfegruppe Harnblasen-tumor Eisenach – Thüringen

Auf Initiative der Klinik für Urologie (Prof. Dr. med. habil.H. Wunderlich) am St. Georg-Klinikum Eisenach und derSelbsthilfegruppe Harnblasentumor Jena – Thüringen,wurde im November 2012 eine Selbsthilfegruppe für dievon Blasenkrebs betroffenen Menschen der Stadt Eisen-ach, des Wartburgkreises sowie der angrenzenden Terri-torien in Westthüringen und Osthessen gegründet.

Unsere Motivation ist es, Selbsthilfe für uns und für ande-re zu leisten. Dazu gehören Erfahrungsaustausch über dieKrankheit, gegenseitige Information, Beratung, Wissens-vermittlung, die Teilnahme an Fachtagungen und Patien-tenkongressen, Vorträgen sowie gemeinsame Aktivitäten.Die Klinik für Urologie (Prof. Dr. med. H. Wunderlich) desSt. Georg-Klinikum Eisenach unterstützt bei Bedarf unserefachliche Selbsthilfearbeit.

Wir treffen uns in der Regel jeden 3. Mittwoch im Monat,15.00 Uhr in der Café-Oase der Diakonie-Verbund Wohn-einrichtung, Goldschmiedenstraße 14, 99817 Eisenach.

Betroffene und Angehörige sind stets zur Teilnahme ein-geladen.

Über weitere Aktivitäten und künftige Termine informie-ren wir über unsere Homepagewww.harnblasentumor-thueringen.de, per E-Mail odertelefonisch.

Ansprechpartner unserer Selbsthilfegruppe

Inka Pokrandt99817 Eisenach · Telefon: 036920 81146E-Mail: [email protected]

Holger Fuß99819 Wolfsburg-Unkeroda · Telefon: 036925 91115E-Mail: [email protected]

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n Bericht von der Mitgliederver-sammlung des TumorzentrumErfurt e. V. am 26.06.2013

Auszüge aus dem Jahresbericht 2012

Prof. Dr. med. Albrecht Stier,Vorsitzender des Tumorzentrum Erfurt e. V.,berichtete über die Arbeit des vergangenen Jahres

Der Bericht orientiert sich an dem im Momorandum derArbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren (ADT) ent-haltenen Kriterienkatalog zur regelmäßigen Beurteilungder Leistungsfähigkei eine Tumorzentrums und den darauresultierenden Aufgaben.

1. Krebsregister

Die klinische Tumordokumentation ist eine Hauptaufgabedes Tumorzentrums und zugleich ein wesentliches Ele-ment der Qualitätssicherung in der Onkologie. Dies un-terstreicht auch der Nationale Krebsplan für Deutschlandund räumt der flächendeckenden Einführung KlinischerKrebsregister mit dem am 9. April 2013 in Kraft getrete-nen Krebsfrüherkennungs- und -registergesetz (KFRG) diehöchste Priorität ein.

Im Bereich des Erfurter Tumorzentrums bestehen bereitsgute Voraussetzungen für die Umsetzung dieses wichti-gen Zieles des Nationalen Krebsplanes. Die Meldebereit-schaft der Krankenhäuser und niedergelassenen Ärzte alsauch das Interesse an den Daten des Klinischen Krebsre-gisters nimmt weiterhin stetig zu. Wesentlichen Anteil andieser Entwicklung haben die laufenden Zertifizierungs-verfahren kooperierender Organkrebszentren sowie dieScreening-Programme für Haut- und Brustkrebs.

Am 31.12.2012 waren die Krankheitsverläufe von94.726 Patienten mit insgesamt 110.523 Tumoren im kli-nischen Register des Tumorzentrums gespeichert. 7.516Patienten (9.408 Tumoren) wurden im Berichtsjahr neuerfasst (Abb. 1).

Dafür gilt den meldenden Ärzten ebenso Dank wie denMitarbeitern des Klinischen Registers, die wiederum diedeutlich angestiegene Zahl eingehender Dokumente ohnezusätzliches Personal bewältigt haben.

Abb. 1 Neu erfasste Patienten / Tumoren im Klinischen Krebsregister Erfurt

Was diese Grafik aber nicht zeigt, ist die deutliche Steige-rung bei der Dokumentation von Therapien und von Ver-laufsinformationen wie der Tumornachsorge. Das bedeu-tet: Die Krankheitsverläufe werden immer vollständigerdokumentiert.

Wenn ein Register als Instrument zur Messung der Ergeb-nisqualität dienen soll, ist es notwendig, zu jedem Krank-heitsverlauf mindestens einmal im Jahr den Tumorstatuszu dokumentieren. Nur so können entitäts- und stadien-bezogene Auswertung der rezidiv- oder progressionsfrei-en Überlebenszeit als einem der wichtigsten Qualitätsin-dikatoren vorgenommen werden.

Wir wünschen uns dafür eine Fortsetzung der erfreulichenEntwicklung und noch mehr aktive Nachsorgemeldun-gen. Das hilft dem Tumorzentrum und dient der Sache,denn das Nachfragen und Einholen von Nachsorgedatendurch das Register sind sehr mühsam und angesichts feh-lender personeller Ressourcen vom Register kaum zu leis-ten. Der Aufwand zur Meldung von Nachsorgeergebnis-sen (Datum, aktueller Tumorstatus) ist vergleichsweise ge-ring. Eine Arztbrief-Kopie an das TZ reicht aus.

In Thüringen gibt es nach wie vor keine vernünftige Mög-lichkeit des Datenabgleichs mit den Einwohnermeldeäm-tern zur Ermittlung des Life-Status der Patienten. Ange-strebt wird ein kostenloser oder zumindest kostengünsti-ger jährlicher elektronischer Datenabgleich mit dem Lan-des-Melderegister. Die Ermittlung des Life-Status über denTotenscheinabgleich mit dem Epidemiologischen Krebs-register in Berlin hat sich zwar in der Vergangenheit be-währt. Die Aktualität und Zuverlässigkeit der Daten ist je-doch für viele Fragestellungen nicht ausreichend.

Das TZ Erfurt arbeitete aktiv im Gesundheitszieleprozessdes Freistaates Thüringen mit und ist federführend beimZiel 5 (Stärkung der klinischen Krebsregister zur weiterenQualitätssicherung in der onkologischen Versorgung) derArbeitsgruppe 2 (Gesundheitsziel Brustkrebs – Sterblich-keit vermeiden, Lebensqualität erhöhen). Erreicht werdensoll vor allem die Einführung der Meldepflicht für die kli-nischen Krebsregister (existiert bisher nur für das epide-miologische Register), die Schaffung datenschutzrechtli-cher Voraussetzungen für die Zusammenführung von Da-tensätzen der Thüringer Tumorzentren zum Zwecke lan-desweiter Auswertungen sowie die Speicherung der

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erhobenen Daten in einer gemeinsamen Thüringer Da-tenbank. Die in einem Memorandum dargestellte Positionder Thüringer Tumorzentren wurde u. a. in einem Referatvon Prof. Stier am 31. Mai 2012 auf der 3. Thüringer Ge-sundheitsziele-Konferenz in Erfurt vorgestellt.

Das Register ist Kooperationspartner des OnkologischenZentrums HELIOS Klinikum Erfurt mit dem Modul Kopf-Hals-Tumorzentrum und den Entitäten Lunge, Leukämien,Lymphome sowie von 9 zertifizierten Organtumorzentren(Darmzentrum Erfurt und Prostatakarzinomzentrum [Ka-tholisches Krankenhaus Erfurt], Darmkrebszentrum Süd-thüringen und Prostatakarzinomzentrum Südthüringen[Klinikum Meiningen], HELIOS Brustzentrum Erfurt undGotha, HELIOS Hautkrebszentrum Erfurt, HELIOS Darm-zentrum Erfurt mit Modul Pankreaskarzinomzentrum, HE-LIOS Prostatakarzinomzentrum Erfurt [HELIOS KlinikumErfurt]) und war auch 2012 an der Vorbereitung undDurchführung der aufwendigen Zertifizierungsverfahrensowie der jährlichen Audits beteiligt. Außerdem ist dasRegister in die Dokumentation des Brustzentrums Mittel-thüringen (Sömmerda / UH-Kreis) und des Darmkrebszen-trums in Mühlhausen einbezogen.

Die Nutzung der vorhandenen Infrastruktur für die Tu-mordokumentation einschließlich der Möglichkeiten sta-tistischer Auswertungen ist für bestehende und künftigeOrganzentren vor allem wegen der Unterstützung bei derBeschaffung der notwendigen Follow up-Daten vorteil-haft. Außerdem erfüllen die Einrichtungen auf diesemWege die in Thüringen geltende Meldepflicht für Tumor-erkrankungen, da die epidemiologischen Daten vom Kli-nikregister an das Gemeinsame Krebsregister in Berlinweitergeleitet werden.

Auch von den anderen Ärzten der Region wurden die Ser-viceleistungen des klinischen Registers regelmäßig ge-nutzt (täglich Anforderungen von Übersichtsberichtenzum Krankheitsverlauf, weiterhin Abteilungs- bzw. Pra-xisstatistiken einschließlich Überlebenszeitanalysen).

Abb. 2 Eingangsstatistik des Gemeinsamen Krebsregisters (GKR Berlin):

Anteil der Erstmeldungen aus den Thüringer Tumorzentren

Die immer bessere Erfassungsrate im Klinischen Registerwirkt sich auch positiv auf die Melderate für das Gemein-same Krebsregister der neuen Bundesländer und Berlins(GKR) in Berlin aus, da fast alle Meldungen über die Tu-

morzentren zum epidemiologischen Register gelangen.So wird inzwischen auch die geforderte 90 %-Marke ausArztmeldungen erfasster Krebserkrankungen für Thürin-gen erreicht. Dabei leistet das Erfurter Register mit rund40 % den größten Beitrag aller Register in Thüringen (Abb. 2).

2. Interdisziplinäre onkologische Konsile

Seit November 1993 werden vom Tumorzentrum regel-mäßig interdisziplinäre Konsile organisiert. Die Zahl derberatenen Fälle hat auch im Jahr 2012 weiter zugenom-men. In den 52 durchgeführten Konsilen des Berichtsjah-res sind insgesamt 1.066 Fälle beraten worden (2011:974 Fälle, 2010: 823 Fälle, 2009: 461 Fälle).

Das von einer Arbeitsgruppe unter maßgeblicher Beteili-gung von Prof. Stier und Dr. Göbel entwickelte SAP-ge-stützte Konzept für die Anmeldung, Organisation undProtokollierung wurde durch die Firma celsiuc37 realisiertund ist seit Februar 2012 im Einsatz.

3. Leitlinien / Projektgruppen

Fortgeführt wurde die Herausgabe einer Leitlinie zumMammakarzinom. Die 9. überarbeitete Auflage als Kon-sensuskonzept der Arbeitsgruppe „Mammakarzinom“ er-schien im Mai 2012. Aktuelle Nachsorgeleitlinien einzel-ner Tumorentitäten wurden im Journal des Tumorzen-trums publiziert.

Nachdem inzwischen anerkannte Leitlinien von der Deut-schen Krebsgesellschaft und den medizinischen Fachge-sellschaften für nahezu alle Tumorentitäten vorliegen,wurde die Erarbeitung eigener Leitlinien aber weitgehendeingestellt. Das TZ sieht seine Aufgabe vorrangig darin,die überregionalen Leitlinien stärker in der Region zu pro-pagieren.

Am 11.1.12 nahm die neue Projektgruppe „Magenkarzi-nom“ unter Leitung von PD Dr. Schreiber, Bad Langensal-za, ihre Arbeit auf.

Die ebenfalls neugegründete Projektgruppe „Nierentu-moren“ traf sich erstmals im September 2012 unter derLeitung von Prof. Dr. Steiner, Erfurt. Erste Ergebnisse ihrerArbeit wurden bereits auf der 25. Onkologischen Konfe-renz im November präsentiert und im Heft 2/2012 des TZ-Journals publiziert.

4. Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen

Das Profil der vom Tumorzentrum veranstalteten Fort-und Weiterbildungen wurde beibehalten. Die Veranstal-tungen werden überwiegend als Symposien von ca. 3 Stunden Dauer organisiert. Die Onkologische Konferenzals Hauptveranstaltung des Jahres fand traditionsgemäßwieder im Haus Hainstein Eisenach statt.

Insgesamt sind 16 Fort- und Weiterbildungen allein odergemeinsam mit anderen Kliniken oder Instituten organi-siert worden, bei denen insgesamt 1.390 Teilnehmer re-gistriert wurden.

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5. Psychoonkologie

Für onkologische Patienten am HELIOS Klinikum bestehtein psychologisches Betreuungsangebot (1,0 VK Tumor-zentrum, 1,9 VK 4. Medizinische Klinik / Palliativstation,0,2 VK HNO). Nach dem Ausscheiden von Herrn Lohse am31.03.2012 konnte dessen Stelle trotz intensiver Bemü-hungen bis zum Jahresende nicht wieder besetzt werden.

In Zusammenarbeit mit dem Onkologischen Zentrumwurde das 10/2010 eingeführte psychoonkologischeScreeningverfahren im HELIOS Klinikum weiter etabliert.Dadurch konnte erreicht werden, das betreuungsbedürf-tige Patienten besser erkannt werden und dadurch früh-zeitig der Kontakt zum Psychoonkologischen Dienst auf-genommen werden kann. Durch die Schaffung und Ein-führung (10/2011) eines SAP-gestützten Anmeldesystemswurde die Terminvergabe erleichtert. Gleichzeitig sollendamit Leerlaufzeiten vermieden werden.

Ein wichtiger Teil der Arbeit ist die psychologische Unter-stütztung des Ärzte- und Pflegepersonals bei ihrem be-lastenden Umgang mit traumatisierten Patienten. Dazuwurden von den Mitarbeitern des PsychoonkologischenDienstes Vorträge im Rahmen von Klinik-Weiterbildungengehalten.

6. Patientenberatung, Öffentlichkeitsarbeit, Selbsthilfe

– Die regelmäßig per Telefon und e-Mail eingehendenAnfragen von Patienten und Angehörigen wurdenüberwiegend von den Mitarbeitern der Geschäftsstel-le selbst beantwortet. Schwierige medizinische An-fragen wurden an entsprechende Fachvertreter wei-tergegeben, die deren Beantwortung übernahmen. Dafür sei an dieser Stelle nochmals gedankt!

– Im Berichtsjahr wurden drei Informationsveranstaltun-gen für Patienten und interessierte Bürger durchge-führt:07.03.2012 Patientenveranstaltung „Nutzen klinischerKrebsregister für den Patienten“31.05.2012 2. Patiententag des Onkologischen Zen-trums HELIOS Klinikum Erfurt17.10.2012 3. Erfurter Informationstag Darmkrebs(gemeinsame Veranstaltung mit dem DarmzentrumErfurt am Katholischen Krankenhaus Erfurt und demHELIOS Darmzentrum Erfurt)

– Ständiger Kontakt besteht zum Erfurter Gesundheits-amt (Geschwulstberatungsstelle, Kontakt- und Infor-mationsstelle für Selbsthilfegruppen) und zur Frauen-selbsthilfe nach Krebs (Veranstaltung des TZE für dieSHG sowie Teilnahme des Vorstands an deren Veran-staltungen).

– Die Internetseite des TZ wurde ständig aktualisiert.5 Newsletter wurden versandt.

– Auch im 6. Erscheinungsjahr sind planmäßig 2 Heftedes „Journal Tumorzentrum Erfurt“ herausgegebenworden.

7. Forschung, Serviceleistungen, Ausbildung

– Unterstützung bei der statistischen Auswertung undbei der Präsentation der Ergebnisse von verschiede-nen Studien und Untersuchungen, die in den Klinikendurchgeführt worden sind.

– Als beauftragter Partner der beteiligten Kliniken imEinzugsgebiet arbeitet das TZE an der MSKK-Studie(Signature Diagnostics, Potsdam) mit.

– Durchführung eines Seminars „Tumordokumentationund TNM-System“ für Umschüler zum MedizinischenDokumentationsassistenten.

– 5 Praktikanten wurden im Klinischen Register betreut.

8. Zusammenarbeit mit anderen Tumorzentren und Fachgesellschaften

Die Zusammenarbeit mit anderen Tumorzentren wird ge-pflegt:

– In der Interessengemeinschaft der Thüringischen Tumorzentren spielt das TZ Erfurt eine aktive Rolle. Regelmäßig finden Treffen der Koordinatoren statt. Dr. Göbel ist Vertreter der Interessengemeinschaft im Vorstand der Thüringischen Krebsgesellschaft (ThKG).Als Vertreter der Thüringer TZ nimmt Dr. Göbel an denregelmäßigen Beratungen des Verwaltungsrates deram Gemeinsamen Krebsregister beteiligten Bundes-länder teil.

– Prof. Stier ist stellvertretender Vorsitzender der Thü-ringischen Krebsgesellschaft.

– Das TZ Erfurt ist Mitglied im Kooperationsverbundklinischer Krebsregister Deutschlands, der sich einebessere Vernetzung lokaler und regionaler Aktivitätenzum Ziel gesetzt hat sowie gemeinsame Datenauswer-tungen durchführt. Das Erfurter Register war im Be-richtsjahr an den überregionalen Datenauswertungenzu Prostatakarzinom, Mammakarzinom, kolorektalen Karzinomen, Lungenkrebs und Malignen Melanom für die 3. Qualitätskonferenz auf dem 30. Deutschen Krebskongress 2012 beteiligt.

9. Vereinsstatistik

Am 31.12.2012 hatte der Verein 305 Mitglieder.

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Neuwahlen des Vorstandes und des Wissenschaftlichen Beirates

Nach Ablauf der dreijährigen Wahlperiode standen dieNeuwahlen der Gremien des Tumorzentrums an. MitHerrn Prof. Dr. Michael Herold und Herrn Prof. Dirk Eßerstanden zwei langjährige, verdienstvolle Vorstandsmit-glieder nicht mehr als Kandidaten für den Vorstand zurVerfügung.

Unter dem Beifall der Anwesenden dankte der Vorsitzen-de den scheidenden Vorstands- und Beiratsmitgliedern.

Im Ergebnis der anschließend durchgeführten Wahlensind folgende Personen gewählt worden:

Vorstand:

Prof. Dr. med. Albrecht Stier (Vorsitzender)Chefarzt, Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie,HELIOS Klinikum Erfurt

Dr. med. Jörg Pertschy (Stellvertretender Vorsitzender)Chefarzt, Klinik für Allgemein- und Visceralchirurgie,Katholisches Krankenhaus St. Nepomuk Erfurt

Prof. Dr. med. Rudolf A. HerbstChefarzt, Klinik für Hautkrankheiten und Allergologie,HELIOS Klinikum Erfurt

Prof. Dr. med. Jens-Gerd ScharfChefarzt, 2. Medizinische Klinik, HELIOS Klinikum Erfurt

Prof. Dr. med. Thomas SteinerChefarzt, Klinik für Urologie, HELIOS Klinikum Erfurt

Dr. med. Jörg WenigerHämatologie und internistische Onkologie, Erfurt

Wissenschaftlicher Beirat:

Prof. Dr. med. Hartwig Kosmehl (Vorsitzender)Chefarzt, Institut für Pathologie, HELIOS Klinikum Erfurt

Dr. med. Elke ConradChefärztin, Klinik für Nuklearmedizin, HELIOS Klinikum Erfurt

Dr. med. Alexander FichteUrologe, Erfurt

Dr. med. Michael GlatzelChefarzt, Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie,HELIOS Klinikum Erfurt

Dr. med. Jörg KlugeChefarzt, Klinik für Thoraxchirurgie und thorale Endosko-pie, HELIOS Klinikum Erfurt

Dr. med. Anja MerteOberärztin, Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe,HELIOS Klinikum Erfurt

Priv.-Doz. Dr. med. Jörn-Uwe PiesoldChefarzt, Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie,HELIOS Klinikum Erfurt

Prof. Dr. med. Steffen RosahlChefarzt, Klinik für Neurochirurgie, HELIOS Klinikum Erfurt

Dr. med. Claus-Peter SchneiderLeitender Arzt, Abteilung Hämatologie und internistischeOnkologie, Zentralklinik Bad Berka

Priv.-Doz. Dr. med. Lutz-Dieter SchreiberChefarzt, Chirurgische Abteilung, Hufeland Klinikum,Standort Bad Langensalza

Gemäß § 10 (5) der Satzung haben die gewählten Mit-glieder des Wissenschaftlichen Beirates auf ihrer konsti-tuierenden Sitzung am 30.06.2010 drei weitere Personenkooptiert:

Dr. jur. Arnim FindekleeLeiter der Landesvertretung Thüringen, Verband der Ersatzkassen (vdek)

Ute KihrLeiterin des Fachbereichs Verhandlungsstrategie KH / Reha,AOK PLUS – Die Gesundheitskasse für Sachsen und Thü-ringen

Dipl.-Med. Susanne KöhlerChefärztin, 3. Medizinische Klinik, Hämatologie und internistische Onkologie, HELIOS Kreiskrankenhaus Gotha-Ohrdruf

Festsymposium für Prof. Dr. med. Michael Herold

Wissenschaftliches Programm

Organisation: Tumorzentrum Erfurt e. V., Geschäftsstelle HELIOS Klinikum Erfurt, Nordhäuser Str. 74, 99089 Erfurt,Tel. 0361 / 781-4802, Fax: 0361 / 781-4803,

e-Mail [email protected], www.tumorzentrum-erfurt.de

Landesärztekammer Thüringen: 5 Punkte, Kategorie AArbeitsgemeinschaft Internistische Onkologie (AIO) der Deutschen Krebsgesellschaft:

4 AIO-Punkte

09.00 Uhr Eröffnung und Begrüßung Prof. Dr. med. A. Stier Tumorzentrum Erfurt e. V.

09.15 Uhr Moderne Lymphom-Klassifikation Prof. Dr. med. H. Stein Pathodiagnostik Berlin

09.45 Uhr Hodgkin-Lymphom Prof. Dr. med. V. Diehl Klinik I für Innere Medizin, Uniklinik Köln

10.15 Uhr Indolente Lymphome Prof. Dr. med. W. Hiddemann Medizinische Klinik und Poliklinik III, Campus Großhadern, Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München

10.45 Uhr Chronische lymphatische Leukämie Prof. Dr. med. M. Hallek Klinik I für Innere Medizin, Uniklinik Köln

11.15 Uhr Pause

12.00 Uhr Chronische myeloische Leukämie Prof. Dr. med. A. Hochhaus Abteilung Hämatologie und Internistische Onkologie, Klinik für Innere Medizin II, Klinikum der Friedrich-Schiller- Universität Jena

12.30 Uhr Akute Leukämien Prof. Dr. med. D. Niederwieser, Abteilung Hämatologie, Internistische Onkologie, Department Innere Medizin, Dermatologie und Neurologie, Universitätsklinikum Leipzig

13.00 Uhr Multiples Myelom Prof. Dr. med. H. Goldschmidt Sektion Multiples Myelom, Medizinische Klinik V, Universitätsklinikum Heidelberg

13.30 Uhr Weiteres Prof. Dr. med. U. Tuschy HELIOS Klinikum Erfurt

13.50 Uhr Schlusswort Prof. Dr. med. A. Stier Tumorzentrum Erfurt e. V.

14.00 Uhr Ende

Diagnostik und Therapiehämatologischer

Neoplasien –state of the art

1. Februar 2014 | 9.00 UhrEv. Augustinerkloster Erfurt

Augustinerstraße 10 · 99084 Erfurt

Organisation: Tumorzentrum Erfurt e. V., Geschäftsstelle HELIOS Klinikum Erfurt, Nordhäuser Str. 74, 99089 Erfurt,Tel. 0361 / 781-4802, Fax: 0361 / 781-4803,

e-Mail [email protected], www.tumorzentrum-erfurt.de

Die Veranstaltung ist von der Landesärztekammer Thüringen anerkannt(8 Punkte, Kategorie A)

08.30 Uhr Begrüßung und Einführung Dr. med. Almuth Meyer, Bereich Endokrinologie, 2. Medizinische Klinik, HELIOS Klinikum Erfurt08.40 Uhr Pathologische Klassifikation der Hypophysenumore Prof. Dr. med. D. Saeger, Institut für Neuropathologie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf09.10 Uhr Bildgebende Verfahren zur Erstdiagnostik und Verlaufs- kontrolle perisellärer Pathologien Dr. med. V. Sychra, Institut für diagnostische und interventionelle Radiologie, HELIOS Klinikum Erfurt09.30 Uhr Ophthalmologische Befunde bei perisellären Pathologien Dr. med. J. Walther, Klinik für Augenheilkunde, HELIOS Klinikum Erfurt09.50 Uhr Endokrinologische Diagnostik bei hypophysären Raumforderungen, Therapie des Prolactinoms Prof. Dr. med. H. Wallaschofski, Praxis für Innere Medizin, Erfurt10.20 Uhr Pause10.50 Uhr Therapie der Hypophysen-Insuffiziens Dr. med. E. Lamster, Bereich Endokrinologie, 2. Medizinische Klinik, HELIOS Klinikum Erfurt11.10 Uhr Akromegalie – Diagnostik und Therapie heute Prof. Dr. med. Chr. Strasburger, Medizinische Klinik für Endo- krinologie, Diabetes und Ernährungsmedizin, Campus Mitte, Charité Universitätsmedizin Berlin11.40 Uhr Kranipharyngeom und Probleme hypothalamischer Tumoren Dr. med. K. Reschke, Klinik für Nieren- und Hochdruckkrankheiten, Diabetologie und Endokrinologie, Universitätsklinikum Magdeburg12.00 Uhr Seltene Hypophysen-Tumoren Dr. med. A. Meyer, Bereich Endokrinologie, 2. Medizinische Klinik, HELIOS Klinikum Erfurt12.30 Uhr Pause13.20 Uhr Mikrochirurgische Operation hormonaktiver Hypophysen- tumore und Kraniopharyngeome Prof. Dr. med. M. Buchfelder, Neurochirurgische Klinik, Universitätsklinikum Erlangen13.50 Uhr Mikrochirurgische Operation hormonaktiver Hypophysen- tumore Prof. Dr. med. J. Honegger, Klinik für Neurochirurgie, Universitätsklinikum Tübingen14.20 Uhr Endoskopische Operationen perisellärer Pathologien Prof. Dr. med. R. Gerlach, Klinik für Neurochirurgie, HELIOS Klinikum Erfurt14.50 Uhr Pause15.10 Uhr Transnasale Zugänge zur Schädelbasis und postoperative Betreuung – Spezifische Aspekte aus HNO-ärztlicher Sicht Dr. med. G. Kellner, Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, HELIOS Klinikum Erfurt15.30 Uhr Radiochirurgische Therapiekonzepte bei Tumoren der Sellaregion Priv.-Doz. Dr. med. K. Hamm, Cyberknife-Centrum Mitteldeutsch- land, Erfurt15.50 Uhr Schlusswort Prof. Dr. med. R. Gerlach, Klinik für Neurochirurgie, HELIOS Klinikum Erfurt16.00 Uhr Ende

InterdisziplinärerErfurter Hypophysentag

25. Januar 2014 | 8.30 UhrEv. Augustinerkloster Erfurt · Raum Staupitz/Lang

Augustinerstraße 10 · 99084 Erfurt

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Wissenschaftliches Programm

n Seite 44 n JOURNAL 01/2005JOURNAL 01/2013

n ANGEBOTE DES TUMORZENTRUM ERFURT e.V.

KONSILARDIENSTE

• Interdisziplinäres onkologisches KonsilJeden Mittwoch, 7.30 Uhr, Demo-Raum C 1.400 des Insti-tuts für bildgebende Diagnostik, Hauptgebäude 1. OG,HELIOS Klinikum Erfurt, Nordhäuser Straße 74

Anmeldungen über Telefon 03 61 / 7 81-48 02

Leitung: Prof. Dr. Herold / Prof. Dr. Scharf

Jeder Arzt kann seine onkologischen Fälle persönlich ei-nem Gremium von Experten aller Fachdisziplinen vorstel-len. Am Ende der (kostenfreien) Beratung erhält er einekonkrete Therapieempfehlung. Zu jeder Fallbesprechungwird ein Protokoll angefertigt, das dem vorstellenden Arztund eventuellen mitbehandelnden Ärzten zugeht.

• Telefonischer KonsilardienstUnkompliziertes Vermitteln von Kontakten zu den speziellen onkologischen Ansprechpartnern aller Fachge-bietef www.tumorzentrum.de

ONKOLOGISCHE LEITLINIEN

Hilfestellung bei der Umsetzung der aktuellen Diagno-se-, Therapie- und Nachsorgeleitlinien der DeutschenKrebsgesellschaft und der medizinischen Fachgesellschaf-ten.

In Ergänzung und zur praktischen Durchführung werdendiese bei Bedarf für die speziellen regionalen Bedingun-gen adaptiert.

KONTAKTE ZU SELBSTHILFEGRUPPEN UNDHOSPIZDIENSTEN IN DER REGION

PSYCHOLOGISCHE BETREUUNGBetreuungsangebote für stationäre Patienten des HELIOSKlinikum Erfurt sowie für Ärzte und Pflegepersonal.

FORT- UND WEITERBILDUNG

• Ärzte• Krankenschwestern und -pfleger• Sozialdienste

DOKUMENTATION• Klinische TumordokumentationIn Erfüllung des Qualitätssicherungsauftrages des Sozial-gesetzbuches (SGB V) wird für jeden Patienten der ge-samte Krankheitsverlauf nach anerkannten Regeln (Tu-morbasisdokumentation) dokumentiert. Die Unterlagenstehen dem Patienten und ihren behandelnden Ärztenzur Verfügung. Im Einzelfall (bei Umzug, Arztwechsel,

Verlust von Originalunterlagen) sind sie für den Arzt eineunschätzbare Hilfe.

• Gemeinsames Krebsregister der neuen Bundesländer

Epidemiologisch relevante Daten werden entsprechendgeltender Gesetze an das Gemeinsame Krebsregister derneuen Bundesländer weitergegeben.Mehr als 95 % der Meldungen des Einzugsgebietes kom-men vom Tumorzentrum. Diese Daten werden regelmä-ßig mit den amtlichen Sterbedaten abgeglichen und ste-hen dem meldenden Einrichtungen zur Verfügung.

SERVICE

• Unterstützung der Nachbetreuung, Erinnerungsfunktion

Auf persönlichen Wunsch werden Patienten (und ihre be-treuenden Ärzte) an vereinbarte bzw. vergessene Nach-sorgetermine erinnert.

• Statistiken für Krankenhäuser und PraxenErstellung von Übersichten, Leistungsstatistiken undÜberlebenszeitanalysen für die von der jeweiligen Ein-richtung betreuten Patienten.

n HIER ERREICHEN SIE UNS

HELIOS Klinikum Erfurt GmbHHaus 22, Nordhäuser Straße 74, 99089 Erfurt

Telefon: 03 61 / 7 81-48 02Telefax: 03 61 / 7 81-48 03E-Mail: [email protected]: http://www.tumorzentrum-erfurt.deGeschäftsführer: Dr. rer. nat. Hubert Göbel

Sie können die Arbeit des Tumorzentrum Erfurt e.V.

durch Ihre Spende unterstützen!Sparkasse Mittelthüringen

IBAN: DE6482 0510 0001 3012 3609SWIFT-BIC: HELADEF1DEM

(Spenden sind steuerlich begünstigt!

• InformationenKostenlose Bereitstellung von Tumor-Nachsorgepässenund Informationsmaterialien für Patienten, Ärzte, Pflege-personal und Sozialdienste

n WISSENSCHAFTLICHER BEIRAT

Prof. Dr. med. Hartwig Kosmehl (Vorsitzender)Chefarzt, Institut für Pathologie, HELIOS Klinikum ErfurtTelefon: 03 61 / 7 81-27 51

Dr. med. Elke ConradChefärztin, Klinik für Nuklearmedizin, HELIOS KlinikumErfurt, Telefon: 0361 / 7 81-24 43

Dr. med. Alexander FichteUrologe, Geschwister-Scholl-Straße 6, 99085 Erfurt,Telefon: 0361 / 6 43 73 03

Dr. jur. Arnim FindekleeLeiter, Landesvertretung Thüringen, Verband der Ersatz-kassen (vdek), Lucas-Cranach-Platz 2, 99099 Erfurt,Telefon: 0361 / 4 42 52 11

Dr. med. Michael GlatzelChefarzt, Klinik für Strahlentherapie und Radioonkolo-gie, HELIOS Klinikum Erfurt, Telefon: 0361 / 7 81-24 01

Ute KihrLeiterin, Bereich Kosten- und Verhandlungsmanage-ment, UE Stationäre Versorgung, AOK PLUS – Die Gesundheitskasse für Sachsen und Thüringen,Fröhliche-Mann-Straße 3a, 98528 Suhl,Telefon 03681 / 45 08 74 21

Dr. med. Jörg KlugeChefarzt, Klinik für Thoraxchirurgie und thorakale Endoskopie, HELIOS Klinikum Erfurt, Telefon: 0361 / 7 81-25 81

Dipl.-Med. Susanne KöhlerChefärztin, Innere Medizin III, Hämatologie / Onkologie /Palliativmedizin, HELIOS Kreiskrankenhaus Gotha-Ohr-druf, Telefon: 03621 / 2 20-1 78

Dr. med. Anja MerteOberärztin, Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe,HELIOS Klinikum Erfurt, Telefon: 0361 / 7 81-40 01

Priv.-Doz. Dr. med. Jörn-Uwe PiesoldChefarzt, Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie,HELIOS Klinikum Erfurt, Telefon: 0361 / 7 81-22 31

Prof. Dr. med. Steffen RosahlChefarzt, Klinik für Neurochirurgie, HELIOS KlinikumErfurt, Telefon: 0361 / 7 81-22 61

Dr. med. Claus-Peter SchneiderLeitender Arzt, Abteilung für internistische Onkologieund Hämatologie, Zentralklinik Bad Berka,Telefon: 036458 / 5-24 00

Priv.-Doz. Dr. med. Lutz-Dieter SchreiberChefarzt, Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie,Hufeland Klinikum, Standort Bad Langensalza,

Telefon: 03603 / 8 55-0

n VORSTAND

Prof. Dr. med. Albrecht Stier (Vorsitzender)Chefarzt, Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie,HELIOS Klinikum Erfurt,Telefon: 0361 / 7 81-23 31

Dr. med. Jörg Pertschy (Stellvertr. Vorsitzender)Chefarzt, Klinik für Allgemein und Visceralchirurgie,Katholisches Krankenhaus St. Nepomuk Erfurt,Telefon: 0361 / 6 54-12 01

Prof. Dr. med. Rudolf A. HerbstChefarzt, Klinik für Hautkrankheiten und Allergologie,HELIOS Klinikum Erfurt,Telefon: 0361 / 7 81-43 01

Prof. Dr. med. Hartwig KosmehlChefarzt, Klinik für Pathologie, HELIOS Klinikum Erfurt,Telefon: 0361 / 7 81-27 51

Prof. Dr. med. Jens-Gerd ScharfChefarzt, 2. Medizinische Klinik, HELIOS Klinikum Erfurt,Telefon: 0361 / 7 81-24 71

Prof. Dr. med. Thomas SteinerChefarzt, Klinik für Urologie, HELIOS Klinikum Erfurt,Telefon: 0361 / 7 81-22 01

Dr. med. Jörg WenigerHämatologe und internistischer Onkologe,Geschwister-Scholl-Straße 6, 99085 Erfurt,Telefon: 0361 / 5 66 78 19

n Seite 45 nJOURNAL 01/2013

IMPRESSUM

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n Herausgeber: Tumorzentrum Erfurt e.V.

n Redaktion: Prof. Dr. med. Hartwig Kosmehl · Dr. rer. nat. Hubert Göbel

n Redaktionsbüro und Versand:Tumorzentrum Erfurt e.V.

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n Layout, Satz und Druck: Handmann Werbung GmbH Erfurt

n Hinweis: Das Tumorzentrum Erfurt erstellt die Artikel nach bestem

Wissen und Gewissen. Die Verantwortung für den Inhalt der medizinischen und wissenschaftlichen Beiträge obliegt den Autoren. Sie stellen keine Handlungsempfehlungen für den

individuellen Fall dar.

n Seite 46 n JOURNAL 01/2005JOURNAL 01/2013

Sein Überleben zählt2,3,4

Der Goldstandard1

Der Goldstandard1

Literaturangaben: 1. Maschmeyer G et al. Drugs 2007;67(11):1567–601. 2. Aktuelle Vfend® Fachinformation. 2012. 3. Walsh TJ et al. Clin Infect Dis. 2008;46(3):327–60. 4. Herbrecht R et al. Antifungal therapy in leukemia patients. Update ECIL 4, 6. September 2011. Verfügbar unter: http://www.eortc.org/sites/default/fi les/ECIL%204%20Update%22011%20Antifungal%20therapy.pdf. Letzter Zugriff: 05.10.12. 5. West pharma. Adapter für die Durchstechfl asche. Verfügbar unter: http://www.westpharma.com/SiteCollectionDocuments/Recon/vial%20adapters%20product%20sheet.pdf. Zuletzt aufgerufen 21.12.12 6. Saggers J BioProcess International 2011;9(3):66–70. 7. Cousins DH et al. Qual Saf Health Care. 2005;14(3):190–5. 8. Powell-Tuck J et al. British Consensus Guidelines on Intravenous Fluid Therapy for Adult Surgical Patients. Verfügbar unter: http://www.bapen.org.uk/pdfs/bapen_pubs/giftasup.pdf. Stand: 7. März 2011. Abgerufen am 12. Dezember 2012.

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NEUE200 mg Pulver und Lösungsmittel

zur Herstellung einer InfusionslösungVerringert Risiken der Zubereitung und spart Zeit:

Keine Nadelstichverletzungen bei medizinischem Fachpersonal5

Exakte Verdünnung für eine optimale Therapie6,7

Vermeidung von Volumenüberladung6–8

Zeitersparnis durch benutzerfreundlichen Kombi-Pack

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0VFEND® 50 mg, 200 mg Filmtabletten. VFEND® 200 mg Pulver zur Herstellung einer Infusions lösung. VFEND® 40 mg/ml Pulver zur Herstellung einer Suspension zum Einnehmen. Wirkstoff: Voriconazol. Zusammensetzung: Wirkstoff: Filmtabletten: 1 Filmtablette enthält 50 mg/200 mg Voriconazol. Pulver (Infusionslösung): 1 ml enthält nach Rekonstitution 10 mg Voriconazol. Nach der Rekonstitution ist eine weitere Verdünnung nötig, bevor appliziert werden kann. 1 Durchstechflasche enthält 200 mg Voriconazol. Pulver (Suspension): Nach Rekons-titution mit Wasser enthält 1 ml Suspension zum Einnehmen 40 mg Voriconazol. Jede Flasche enthält 3000 mg Voriconazol. Sonstige Bestandteile: Filmtabletten: Lactose-Monohydrat (50 mg: 63,42 mg; 200 mg: 253,675 mg), vorverkleisterte Stärke aus Mais, Croscarmellose-Natrium, Povidon, Magnesiumstearat (Ph.Eur.), Hypromellose, Titandioxid (E171), Triacetin. Pulver (Infusionslösung): Natrium-beta-cyclodextrin-sulfobutylether (SBECD). 1 Durchstechflasche enthält 217,6 mg Natrium. Pulver (Suspension): Sucrose (540 mg/ml Suspension), hoch-disperses Siliciumdioxid, Titandioxid (E171), Xanthangummi, Natriumcitrat, Natriumbenzoat (E 211), wasserfreie Citronensäure, natürlicher Orangengeschmack. Anwendungsgebiete: invasive Aspergillose, Candidämie bei nicht neutropenischen Patienten, Fluconazol-resistente, schwere invasive Candida-Infektionen (einschl. C. krusei), schwere Pilzinfektionen durch Scedo-sporium spp. u. Fusarium spp. bei Erwachsenen u. Kindern ab 2 Jahren. In erster Linie für Patienten mit progressiven, möglicherw. lebensbedrohlichen Infektionen. Gegenanzeigen: Überempfindlichk. gg. Voriconazol o. sonst. Bestandteile; Komedikation mit Terfenadin, Astemizol, Cisaprid, Pimozid, Chinidin, Rifampicin, Carbamazepin, Phenobarbital, Mephobarbital, hochdos. Ritonavir od. Efavirenz (ab 400 mg tägl.), Ergotalkaloiden (Ergotamin, Dihydroergotamin), Sirolimus, Johanniskraut. Nebenwirkungen: Sehr häufig: Kopfsch.; Sehstörungen (einschl. verschwommenen Sehen, Chromatopsie u. Photophobie); periph. Ödeme; Bauchschm., Übelk., Erbrechen, Durchfall; Hautausschlag; Fieber. Häufig: Gastroenteritis, Grippesympt.; Panzytope-nie, Knochenmarkdepression, Leukopenie, Thrombozytopenie, Anämie, Purpura; Sinusitis; Hypoglykämie, Hypokaliämie; Depressionen, Ängstlichk., Halluzinationen; Benommenh., Verwirrth., Tremor, Unruhe, Parästhesie; Thrombophlebitis, Hypotonie, Phlebitis; akutes Atemnotsyndr., Lungenödem, Atemnot, Brustschm.; Gelbsucht, cholestat. Gelbsucht; exfoliat. Dermatitis, Gesichtsödem, phototox. Reaktionen, makulopapulöser Hautausschlag, makulärer Hautausschlag, papulärer Hautausschlag, Cheilitis, Pruritus, Alopezie, Hautrötung; Rückenschm.; akute Niereninsuff., Hämaturie; erhöhte Leberwerte (einschl. ASAT, ALAT, alk. Phosphatase, GGT, LDH, Bilirubin), Erhöhung d. Kreatininspiegels; Reaktionen/Entzündung an d. Inj.-stelle, Schüttel-frost, Asthenie. Gelegentlich: Verbrauchskoagulopathie, Agranulozytose, Lymphadenopathie, Eosinophilie; anaphylaktoide Reaktion, Überempfindlichk.-reakt.; Nebennierenrindeninsuff.; Hirnödem, Ataxie, Doppeltsehen, Schwindel, Hypästhesie; Papillenödem, Störungen d. Sehnervs (einschl. optischer Neuritis), Nystagmus, Skleritis, Blepharitis; Kammerflimmern, ventrik. Arrhythmien, Synkope, Vorhofarrhythmien, supraventrik. Tachykardie, Tachykardie, Bradykardie; Pankreatitis, Peritonitis, Duodenitis, Gingivitis, Glossitis, Zungenödem, Dyspepsie, Ver-stopfung; Leberinsuff., Hepatitis, Lebervergrößerung, Cholezystitis, Gallensteine; Stevens-Johnson-Syndrom, Quincke-Ödem, allerg. Dermatitis, Urtikaria, Arzneimittelexanthem, Psoriasis; Arthritis; Proteinurie, Nephritis; QT-Verlängerung im EKG, Erhöhung des Harnstoffwerts im Blut, Hypercholesterinämie. Selten: pseudomembran. Kolitis; Hyperthyreose, Hypothyreose; Schlaflosigk.; Krampfanfall, Enzephalopathie, Guillain-Barré-Syndrom, extrapyramidal-motorisches Syndrom, Schläfrigk. während d. Infusion, periph. Neuropathie; N.-opticus-Atrophie, Netzhautblutungen, okulogyre Krisen, Hornhauttrübungen; Hypakusis, Tinnitus; Torsade de pointes, ventrik. Tachykardie, kompl. AV-Block, Schenkelblock, AV-Rhythmus; Lymphangiitis; Geschmacksstör.; hepat. Koma; tox.-epiderm. Nekrolyse, Erythema multiforme, diskoider Lupus erythematodes, Pseudoporphyrie; Hypertonus; Nierentubulusnekrose. In Zusammenhang mit schweren Grunderkr. selten schwere Lebertoxizität, Gelbsucht, Hepatitis u. Leberversagen mit Todesfolge. Häufigkeit nicht bekannt: Plattenepithelkarzinom. Periostitis. Die Erfahrungen nach der Markteinführung lassen vermuten, dass Hautreaktionen (v. a. Erytheme) bei Kindern häufiger auftreten können als bei Erwachsenen. Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen: Vorsicht bei Überempfindlichk. gg. Azole, bei Stör. d. Herzfkt. u. d. Elektrolythaushalts, bei Komedikation nephrotox. Arzneimittel, bei Sympt. beginnender Leberschädigung, bei bestehendem Risiko akuter Pankreatitis, bei exfoliat. Hautreakt.; Pat., die mit VFEND behandelt werden, müssen sorgfältig auf Lebertoxizität überwacht werden und VFEND muss ggf. abgesetzt werden. Es kam zu Phototoxizität u. Pseudoporphyrie. Alle Pat. einschl. Kinder sollten eine starke oder längere Sonnenlichtexposition vermeiden und Schutzmaßnahmen wie entspr. Bekleidung u. Sonnen-schutzmittel mit hohem LSF anwenden. Plattenepithelkarzinome a. d. Haut wurden bei Pat. beobachtet, v. denen einige über frühere phototox. Reaktionen berichtet haben. Daher ist d. Notwendigk. e. Verringerung der VFEND-Exposition zu erwägen. B. Auftreten phototox. Reaktionen sollte Absetzen erwogen u. Pat. an Dermatologen überstellt werden. Bei Fortsetzen d. Therapie trotz vorliegd. phototox. bedingt. Läsionen sollte e. system. u. regelm. dermatolog. Bewertung durchgeführt werden. Falls prämaligne Hautläsionen od. Plattenepithelkarzinome festgestellt werden, sollte VFEND abgesetzt werden. Vorsicht vor infusionsbed. Reakt. Ggf. Dosisanpassung bei Komedikation mit Phenytoin, Rifabutin, Methadon, kurz wirks. Opiaten, Ritonavir, Efavirenz. Die gleichz. Gabe mit niedrig dosiertem Ritonavir muss vermieden werden (Nutzen-Risiko-Abwägung!). Die gleichz. Gabe v. Everolimus wird nicht empfohlen, da erwartet wird, dass Voriconazol d. Konzentration v. Everolimus signif. erhöht. Die Filmtabletten enthalten Lactose u. sollten Patienten mit d. seltenen, erblichen Krankheitsbild d. Galactose-Intoleranz, Lactase-Mangel o. gestörter Glucose-/Galactoseresorption nicht verabreicht werden. Der Natriumgehalt pro Durchstechfl. VFEND ist bei natriumkontrollierter Diät zu berücksichtigen. Die Suspension zum Einnehmen enthält Sucrose u. darf bei Patienten mit seltenem, erblichen Krankheitsbild einer Fructose-Intoleranz, einem Sucrase-Isomaltase-Mangel o. einer gestörten Glucose-/Galactoseresorption nicht verabreicht werden. In der Schwangerschaft nur bei zwingender Indikation anwenden, ggf. wirksame Verhütungsmaßnahmen; bei zwingender Indikation in d. Stillzeit: abstillen. Wegen unzureichender Daten zur Unbedenklichkeit u. Wirksamkeit kann VFEND für Kinder unter 2 Jahren nicht empfohlen werden. Bei d. intravenösen Darr.form darf d. Behandlungsdauer 6 Monate nicht überschreiten. B. Transplantat.-Pat. wurde üb. d. Auftr. e. nicht infektiösen Periostitis m. erhöh. Fluorid- u. Alkal.-Phosphotase-Spiegeln berichtet. B. Auftr. v. Schmerzen i. Bewegungsapparat u. radiol. Befunden, d. e. Periostitis vermuten lassen: Abs. v. VFEND n. multidisziplin. Konsult. erwägen. Bitte beachten Sie außerdem die Fachinformation. Abgabestatus: Verschreibungspflichtig. Pharmazeutischer Unternehmer: Pfizer Limited, Ramsgate Road, Sandwich, Kent CT13 9NJ, Vereinigtes Königreich. Repräsentant in Deutschland: PFIZER PHARMA GmbH, 10785 Berlin. Stand: Juni 2013.

n Veranstaltungsverzeichnis

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir möchten Ihre gezielten und konzentrierten Fortbil-dungsaktivitäten mit diesem Veranstaltungsverzeichnisunterstützen und Ihnen auch 2014 wieder ein breitesSpektrum zertifizierter und hoffentlich für Sie interessan-ter Fort- und Weiterbildungen anbieten. Die nachstehen-de Liste enthält nur die zum gegenwärtigen Zeitpunktterminlich und thematisch feststehenden Veranstaltun-gen und kann daher weder vollständig sein noch umfas-send informieren. Sie soll als Orientierungshilfe dienenund Sie animieren, alle weiteren Informationen und die laufenden Aktualisierungen auf der Internetseitewww.tumorzentrum-erfurt.de nachzulesen und/oder direkt in der Geschäftsstelle zu erfragen.Über eine zahlreiche Teilnahme an den Veranstaltungen,rege Diskussionen sowie die Vertiefung und Ausweitungpersönlicher Kontakte freuen wir uns besonders.

Prof. Dr. med. A. Stier

Vorsitzender | Tumorzentrum Erfurt e. V.

Januar

25.01.2014, 8.30 bis 16.00 UhrEvangelisches Augustinerkloster ErfurtInterdisziplinärer Erfurter Hypophysentag

Februar

01.02.2014, 9.00 bis 14.00 UhrEvangelisches Augustinerkloster ErfurtDiagnostik und Therapie hämatologischer Neoplasien – state ofthe art(Festsymposium für Prof. Dr. Michael Herold)

12.02.2014, 17.00 bis 20.00 UhrEvangelisches Augustinerkloster ErfurtUpdate Pankreaskarzinom

März

05.03.2014, 17.00 bis 20.00 UhrEvangelisches Augustinerkloster ErfurtNeues aus der Pathologie

April

16.04.2014, 15.00 bis 20.00 UhrHELIOS Klinikum Erfurt, Auditorium6. Erfurter Dermatologische Frühjahrstagung

Mai

07.05.2014, 17.00 bis 20.00 UhrEvangelisches Augustinerkloster ErfurtErfurter Lebertag

Juni

11.06.2014, 17.00 bis 20.00 UhrEvangelisches Augustinerkloster Erfurt24. Erfurter Fortbildung Hämatologie und Onkologie

September

11.09.2014, 16.00 bis 19.00 UhrHELIOS Klinikum Erfurt, AuditoriumPsychoonkologie

18.09.2014, 17.00 bis 20.00 UhrEvangelisches Augustinerkloster ErfurtAktuelles zum Prostatakarzinom

27.09.2014, 9.00 bis 16.00 UhrHELIOS Klinikum Erfurt, Auditorium6. Erfurter Dermatologische Herbsttagung

Oktober

01.10.2014, 17.00 bis 20.00 UhrEvangelisches Augustinerkloster ErfurtGynäkologische Onkologie

25.10.2014, 9.00 bis 14.00 UhrEvangelisches Augustinerkloster ErfurtEndokrine Tumoren

November

07. – 08.11.2014Haus Hainstein Eisenach27. Onkologische Konferenz

Dezember

10.12.2014, 17.00 bis 20.00 UhrEvangelisches Augustinerkloster ErfurtUpdate Nierentumoren

Sein Überleben zählt2,3,4

Der Goldstandard1

Der Goldstandard1

Literaturangaben: 1. Maschmeyer G et al. Drugs 2007;67(11):1567–601. 2. Aktuelle Vfend® Fachinformation. 2012. 3. Walsh TJ et al. Clin Infect Dis. 2008;46(3):327–60. 4. Herbrecht R et al. Antifungal therapy in leukemia patients. Update ECIL 4, 6. September 2011. Verfügbar unter: http://www.eortc.org/sites/default/fi les/ECIL%204%20Update%22011%20Antifungal%20therapy.pdf. Letzter Zugriff: 05.10.12. 5. West pharma. Adapter für die Durchstechfl asche. Verfügbar unter: http://www.westpharma.com/SiteCollectionDocuments/Recon/vial%20adapters%20product%20sheet.pdf. Zuletzt aufgerufen 21.12.12 6. Saggers J BioProcess International 2011;9(3):66–70. 7. Cousins DH et al. Qual Saf Health Care. 2005;14(3):190–5. 8. Powell-Tuck J et al. British Consensus Guidelines on Intravenous Fluid Therapy for Adult Surgical Patients. Verfügbar unter: http://www.bapen.org.uk/pdfs/bapen_pubs/giftasup.pdf. Stand: 7. März 2011. Abgerufen am 12. Dezember 2012.

Darreichungsform

NEUE200 mg Pulver und Lösungsmittel

zur Herstellung einer InfusionslösungVerringert Risiken der Zubereitung und spart Zeit:

Keine Nadelstichverletzungen bei medizinischem Fachpersonal5

Exakte Verdünnung für eine optimale Therapie6,7

Vermeidung von Volumenüberladung6–8

Zeitersparnis durch benutzerfreundlichen Kombi-Pack

b-3v

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0VFEND® 50 mg, 200 mg Filmtabletten. VFEND® 200 mg Pulver zur Herstellung einer Infusions lösung. VFEND® 40 mg/ml Pulver zur Herstellung einer Suspension zum Einnehmen. Wirkstoff: Voriconazol. Zusammensetzung: Wirkstoff: Filmtabletten: 1 Filmtablette enthält 50 mg/200 mg Voriconazol. Pulver (Infusionslösung): 1 ml enthält nach Rekonstitution 10 mg Voriconazol. Nach der Rekonstitution ist eine weitere Verdünnung nötig, bevor appliziert werden kann. 1 Durchstechflasche enthält 200 mg Voriconazol. Pulver (Suspension): Nach Rekons-titution mit Wasser enthält 1 ml Suspension zum Einnehmen 40 mg Voriconazol. Jede Flasche enthält 3000 mg Voriconazol. Sonstige Bestandteile: Filmtabletten: Lactose-Monohydrat (50 mg: 63,42 mg; 200 mg: 253,675 mg), vorverkleisterte Stärke aus Mais, Croscarmellose-Natrium, Povidon, Magnesiumstearat (Ph.Eur.), Hypromellose, Titandioxid (E171), Triacetin. Pulver (Infusionslösung): Natrium-beta-cyclodextrin-sulfobutylether (SBECD). 1 Durchstechflasche enthält 217,6 mg Natrium. Pulver (Suspension): Sucrose (540 mg/ml Suspension), hoch-disperses Siliciumdioxid, Titandioxid (E171), Xanthangummi, Natriumcitrat, Natriumbenzoat (E 211), wasserfreie Citronensäure, natürlicher Orangengeschmack. Anwendungsgebiete: invasive Aspergillose, Candidämie bei nicht neutropenischen Patienten, Fluconazol-resistente, schwere invasive Candida-Infektionen (einschl. C. krusei), schwere Pilzinfektionen durch Scedo-sporium spp. u. Fusarium spp. bei Erwachsenen u. Kindern ab 2 Jahren. In erster Linie für Patienten mit progressiven, möglicherw. lebensbedrohlichen Infektionen. Gegenanzeigen: Überempfindlichk. gg. Voriconazol o. sonst. Bestandteile; Komedikation mit Terfenadin, Astemizol, Cisaprid, Pimozid, Chinidin, Rifampicin, Carbamazepin, Phenobarbital, Mephobarbital, hochdos. Ritonavir od. Efavirenz (ab 400 mg tägl.), Ergotalkaloiden (Ergotamin, Dihydroergotamin), Sirolimus, Johanniskraut. Nebenwirkungen: Sehr häufig: Kopfsch.; Sehstörungen (einschl. verschwommenen Sehen, Chromatopsie u. Photophobie); periph. Ödeme; Bauchschm., Übelk., Erbrechen, Durchfall; Hautausschlag; Fieber. Häufig: Gastroenteritis, Grippesympt.; Panzytope-nie, Knochenmarkdepression, Leukopenie, Thrombozytopenie, Anämie, Purpura; Sinusitis; Hypoglykämie, Hypokaliämie; Depressionen, Ängstlichk., Halluzinationen; Benommenh., Verwirrth., Tremor, Unruhe, Parästhesie; Thrombophlebitis, Hypotonie, Phlebitis; akutes Atemnotsyndr., Lungenödem, Atemnot, Brustschm.; Gelbsucht, cholestat. Gelbsucht; exfoliat. Dermatitis, Gesichtsödem, phototox. Reaktionen, makulopapulöser Hautausschlag, makulärer Hautausschlag, papulärer Hautausschlag, Cheilitis, Pruritus, Alopezie, Hautrötung; Rückenschm.; akute Niereninsuff., Hämaturie; erhöhte Leberwerte (einschl. ASAT, ALAT, alk. Phosphatase, GGT, LDH, Bilirubin), Erhöhung d. Kreatininspiegels; Reaktionen/Entzündung an d. Inj.-stelle, Schüttel-frost, Asthenie. Gelegentlich: Verbrauchskoagulopathie, Agranulozytose, Lymphadenopathie, Eosinophilie; anaphylaktoide Reaktion, Überempfindlichk.-reakt.; Nebennierenrindeninsuff.; Hirnödem, Ataxie, Doppeltsehen, Schwindel, Hypästhesie; Papillenödem, Störungen d. Sehnervs (einschl. optischer Neuritis), Nystagmus, Skleritis, Blepharitis; Kammerflimmern, ventrik. Arrhythmien, Synkope, Vorhofarrhythmien, supraventrik. Tachykardie, Tachykardie, Bradykardie; Pankreatitis, Peritonitis, Duodenitis, Gingivitis, Glossitis, Zungenödem, Dyspepsie, Ver-stopfung; Leberinsuff., Hepatitis, Lebervergrößerung, Cholezystitis, Gallensteine; Stevens-Johnson-Syndrom, Quincke-Ödem, allerg. Dermatitis, Urtikaria, Arzneimittelexanthem, Psoriasis; Arthritis; Proteinurie, Nephritis; QT-Verlängerung im EKG, Erhöhung des Harnstoffwerts im Blut, Hypercholesterinämie. Selten: pseudomembran. Kolitis; Hyperthyreose, Hypothyreose; Schlaflosigk.; Krampfanfall, Enzephalopathie, Guillain-Barré-Syndrom, extrapyramidal-motorisches Syndrom, Schläfrigk. während d. Infusion, periph. Neuropathie; N.-opticus-Atrophie, Netzhautblutungen, okulogyre Krisen, Hornhauttrübungen; Hypakusis, Tinnitus; Torsade de pointes, ventrik. Tachykardie, kompl. AV-Block, Schenkelblock, AV-Rhythmus; Lymphangiitis; Geschmacksstör.; hepat. Koma; tox.-epiderm. Nekrolyse, Erythema multiforme, diskoider Lupus erythematodes, Pseudoporphyrie; Hypertonus; Nierentubulusnekrose. In Zusammenhang mit schweren Grunderkr. selten schwere Lebertoxizität, Gelbsucht, Hepatitis u. Leberversagen mit Todesfolge. Häufigkeit nicht bekannt: Plattenepithelkarzinom. Periostitis. Die Erfahrungen nach der Markteinführung lassen vermuten, dass Hautreaktionen (v. a. Erytheme) bei Kindern häufiger auftreten können als bei Erwachsenen. Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen: Vorsicht bei Überempfindlichk. gg. Azole, bei Stör. d. Herzfkt. u. d. Elektrolythaushalts, bei Komedikation nephrotox. Arzneimittel, bei Sympt. beginnender Leberschädigung, bei bestehendem Risiko akuter Pankreatitis, bei exfoliat. Hautreakt.; Pat., die mit VFEND behandelt werden, müssen sorgfältig auf Lebertoxizität überwacht werden und VFEND muss ggf. abgesetzt werden. Es kam zu Phototoxizität u. Pseudoporphyrie. Alle Pat. einschl. Kinder sollten eine starke oder längere Sonnenlichtexposition vermeiden und Schutzmaßnahmen wie entspr. Bekleidung u. Sonnen-schutzmittel mit hohem LSF anwenden. Plattenepithelkarzinome a. d. Haut wurden bei Pat. beobachtet, v. denen einige über frühere phototox. Reaktionen berichtet haben. Daher ist d. Notwendigk. e. Verringerung der VFEND-Exposition zu erwägen. B. Auftreten phototox. Reaktionen sollte Absetzen erwogen u. Pat. an Dermatologen überstellt werden. Bei Fortsetzen d. Therapie trotz vorliegd. phototox. bedingt. Läsionen sollte e. system. u. regelm. dermatolog. Bewertung durchgeführt werden. Falls prämaligne Hautläsionen od. Plattenepithelkarzinome festgestellt werden, sollte VFEND abgesetzt werden. Vorsicht vor infusionsbed. Reakt. Ggf. Dosisanpassung bei Komedikation mit Phenytoin, Rifabutin, Methadon, kurz wirks. Opiaten, Ritonavir, Efavirenz. Die gleichz. Gabe mit niedrig dosiertem Ritonavir muss vermieden werden (Nutzen-Risiko-Abwägung!). Die gleichz. Gabe v. Everolimus wird nicht empfohlen, da erwartet wird, dass Voriconazol d. Konzentration v. Everolimus signif. erhöht. Die Filmtabletten enthalten Lactose u. sollten Patienten mit d. seltenen, erblichen Krankheitsbild d. Galactose-Intoleranz, Lactase-Mangel o. gestörter Glucose-/Galactoseresorption nicht verabreicht werden. Der Natriumgehalt pro Durchstechfl. VFEND ist bei natriumkontrollierter Diät zu berücksichtigen. Die Suspension zum Einnehmen enthält Sucrose u. darf bei Patienten mit seltenem, erblichen Krankheitsbild einer Fructose-Intoleranz, einem Sucrase-Isomaltase-Mangel o. einer gestörten Glucose-/Galactoseresorption nicht verabreicht werden. In der Schwangerschaft nur bei zwingender Indikation anwenden, ggf. wirksame Verhütungsmaßnahmen; bei zwingender Indikation in d. Stillzeit: abstillen. Wegen unzureichender Daten zur Unbedenklichkeit u. Wirksamkeit kann VFEND für Kinder unter 2 Jahren nicht empfohlen werden. Bei d. intravenösen Darr.form darf d. Behandlungsdauer 6 Monate nicht überschreiten. B. Transplantat.-Pat. wurde üb. d. Auftr. e. nicht infektiösen Periostitis m. erhöh. Fluorid- u. Alkal.-Phosphotase-Spiegeln berichtet. B. Auftr. v. Schmerzen i. Bewegungsapparat u. radiol. Befunden, d. e. Periostitis vermuten lassen: Abs. v. VFEND n. multidisziplin. Konsult. erwägen. Bitte beachten Sie außerdem die Fachinformation. Abgabestatus: Verschreibungspflichtig. Pharmazeutischer Unternehmer: Pfizer Limited, Ramsgate Road, Sandwich, Kent CT13 9NJ, Vereinigtes Königreich. Repräsentant in Deutschland: PFIZER PHARMA GmbH, 10785 Berlin. Stand: Juni 2013.

PFS = progressionsfreies Überleben

1 Das mediane PFS nach vorangegangener Therapie mit einem Zytokin betrug für Axitinib 12,0 Monate vs. 6,6 Monate unter Sorafenib. HR = 0,52 (95 %-KI: 0,38 – 0,72); p < 0,0001. Das mediane PFS nach vorangegangener Therapie mit Sunitinib betrug für Axitinib 4,8 Monate vs. 3,4 Monate unter Sorafenib. HR = 0,74 (95 %-KI: 0,58 – 0,94); p = 0,0063.

2 Inlyta® Fachinformation Stand September 2012.

3 Rini BI et al. Comparative effectiveness of axitinib versus sorafenib in advanced renal cell carcinoma (AXIS): a randomised phase 3 trial. Lancet 2011; 378: 1931 – 1939.

Inlyta® 1 mg/5 mg Filmtabletten. Wirkstoff: Axitinib. Zusammensetzung: Wirkstoff: 1 Filmtabl. enth. 1 mg/5 mg Axitinib. Sonstige Bestandteile: Kern: Mikrokristalline Cellulose, Lactose-Monohydrat, Croscarmellose-Natrium, Magnesiumstearat. Filmüberzug: Hypromellose, Titandioxid (E171), Lactose-Monohydrat, Triacetin (E1518), Eisen(III)-oxid (E172). Anwendungsgebiete: Behandl. des fortgeschr. Nierenzellkarzinoms (RCC) bei erwachs. Pat. nach Versagen v. vorangegang. Ther. m. Sunitinib od. einem Zytokin. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gg. den Wirkstoff od. sonst. Bestandteil. Nebenwirkungen: Sehr häufig: Hypothyreose; vermind. Appetit; Kopfschm., Dysgeusie; Hypertonie, Hämorrhagie; Dysphonie; Diarrhoe, Erbrechen, Nausea, Stomatitis, Obstipation; palmar-plantares Erythrodysästhesie-Syndrom, Ausschlag, trockene Haut; Proteinurie; Müdigkeit, Asthenie, Mukositis; Gewichtsabn. Häufig: Anämie, Thrombozytopenie; Dehydrierung; Schwindel; Tinnitus; venöse embolische u. thrombot. Ereign., arterielle embolische u. thrombot. Ereign.; Dyspnoe, Husten, oropharyngealer Schmerz; Bauchschm., Oberbauchschm., Dyspepsie, Blähungen, Hämorrhoiden; Pruritus, Erytheme, Alopezie; Myalgie, Arthralgie, Schmerz i. d. Extremitäten; Nierenversagen; Erhöh. d. Thyreoidea-stimulierenden-Hormons (TSH), Erhöh. d. Lipase, Erhöh. d. Alanin-Aminotransferase, Erhöh. d. Aspartat-Aminotransferase, Erhöh. d. alkal. Phosphatase, Erhöh. d. Amylase. Gelegentlich: Neutropenie, Polyzythämie, Leukopenie; Hyperthyreose; Hyperkaliämie, Hyperkalziämie; posteriores reversibles Enzephalopathie-Syndrom; hypertensive Krise; gastrointest. Perforation, Analfistel; Erhöh. d. Bilirubins im Blut, Erhöh. d. Kreatinins. Warnhinweis: Arzneim. enth. Lactose. Pat. m. seltener hereditärer Galactose-Intoleranz, Lactase-Mangel od. Glucose-Galactose-Malabsorption sollten dieses Arzneim. nicht einnehmen. Bitte beachten Sie außerdem die Fachinformation. Abgabestatus: Verschreibungspflichtig. Pharmazeutischer Unternehmer: Pfizer Limited, Sandwich, Kent CT13 9NJ, Vereinigtes Königreich. Repräsentant in Deutschland: PFIZER PHARMA GmbH, 10785 Berlin. Stand: September 2012.

Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) gemäß § 35a SGB V: Der G-BA hat im Rahmen der Frühen Nutzenbewertung für das Arzneimittel Inlyta® (Wirkstoff: Axitinib) nach einer vorangegangenen Therapie mit einem Zytokin, gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie Sorafenib, einen Hinweis für einen geringen Zusatznutzen von Axitinib als belegt festgestellt. Nach einer vorangegangenen Therapie mit Sunitinib stellte der G-BA gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie Everolimus einen Zusatznutzen als nicht belegt fest, da keine bewertbaren Daten, insbesondere aus einer direkten Vergleichsstudie, für einen Vergleich gegenüber Everolimus vorlagen. www.pfizermed.de

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mRCC-Therapie fortsetzen

Signifikant verlängertes PFS vs. Sorafenib 1,2,3

Mit INLYTA® den TKI-Weg in der

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* Inlyta® (Axitinib) ist angezeigt zur Behandlung des fortgeschrittenen Nierenzellkarzinoms bei erwachsenen Patienten nach Versagen von vorangegangener Therapie mit Sunitiniboder einem Zytokin.


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