Inklusive BürgerInnenbeteiligung
Hintergründe, Herausforderungen und Lösungen
13.-14.03.2017 Fachtagung Gesellschaftlicher Zusammenhalt
Dr. Jan-Hendrik Kamlage Kulturwissenschaftliches Institut Essen (KWI) Goethestraße 31 45128 Essen [email protected]
1. Sozialer Wandel & Digitalisierung
2. Wandel – Die drei Säulen der lokalen Demokratie
3. Inklusion dialogorientierter Beteiligung
1. Was bedeutet Inklusion?
2. Was sind die Herausforderungen?
3. Was lehrt die Empirie?
4. Beispiel: Bürgerinnenräte in Voralberg
5. Fazit
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Gliederung
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Sozialer Wandel
Bildungs- expansion
Pluralisierung der Lebensstile
Beteiligungs-erwartung
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Ausdifferenzierung der Gesellschaft
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Sozialer Wandel
Soziale Milieus in München • Gesellschaftliche Klassen und Schichten lösen sich auf
• traditionelle Wert- und Lebensvorstellungen verlieren an Einfluss
• die soziale Spaltung nimmt zu • Pluralisierte Lebensstile- und
Verhältnisse in unterschiedlichen sozialen Milieus
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Sozialer Wandel
Ausdifferenzierung der Gesellschaft
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Bildungsexpansion
• Prozess der zur Aneignung höhere Bildungsabschlüsse breiter Bevölkerungsschichten in der Gesellschaft
• Flächendeckender Ausbau der Universitäten/Fachhochschulen
• Kritische Bewertung politische Akteure
• Anspruchshaltung an Politik wächst
• Digitalisierung und Vernetzung
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Sozialer Wandel
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Beteiligungserwartung • 89 % der BürgerInnen wünschen sich mehr Information
• Acht von zehn Deutschen wünschen sich mehr Mitsprachemöglichkeiten für die BürgerInnen
• 65 % der Bevölkerung würden bei Diskussionsveranstaltungen mitmachen, 51% würden sich auch online beteiligen
• 49% würden für ein solches Engagement ihre Freizeit opfern
• Engagement verändert sich: kurzfristig, projektorientiert und persönlich
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Sozialer Wandel
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• Beteiligungsprozesse: Bürgerinnen, Experten, Verwaltung, Politik und Wirtschaft kommen zusammen
• Austausch von Argumenten
• Ziel gemeinschaftliche Willensbildung und konsensuale Entscheidungsfindung/Vorbereitung.
• Abwägen alternativer Positionen unter der Prämisse, andere Standpunkte zu berücksichtigen
• Face-to-Face und Online-Beteiligungsmöglichkeiten
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Was meint dialogorientierte Beteiligung?
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Formen der dialogorientierten Beteiligung
Informieren konsultieren Co-governance Selbstorganisation
Bürgerinnenrat
Informations-veranstaltung Zukunftskonferenz
Genossenschaften
Anzahl der Teilnehmenden
21-Cenury Town Hall meeting
Selbsthilfegruppen
Stadtteilgruppen
Bürgerhaushalte
Bürgerinitiativen
Bürgerbüros
Runder Tisch
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Mit welcher Teilnehmendenstruktur sind Beteiligungsverfahren konfrontiert?
Heterogene/s…
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…Bildungsniveau …sozialer Hintergrund
…Beteiligungserwartung und -erfahrung
… Altersstruktur
…zeitliche Ressourcen
… Betroffenheit … Interessen
…
Forschungsstand: Gut gemachte Bürgerbeteiligung
Partizipatorisches Hexagon
Gestaltungsspielraum & Rückgebundenheit
Publizität
Partizipationskultur
Inklusion
Transparenz
Geeignete Partizipationsmethode
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Inklusion als Norm
Normativer Anspruch in zwei Varianten
a) Zugang
Einbeziehung aller relevanten Argumente, Informationen und Fakten
Alle relevanten Akteure sollen die Möglichkeit haben ihre Argumente/Sichtweisen gleichberechtigt einzubringen.
b) Prozess: Diskursive Teilhabe
Möglichkeiten zur Teilnahme im Beratungsprozess unter Gleichen
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Dialogorientierte Beteiligung und Inklusion
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Zugang
Rekrutierung
Prozess
Teilhabe
Zufallsauswahl
Gezielte Auswahl
Selbstselektion
Prozessgestaltung
Moderation
Normativer Anspruch in zwei Varianten
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Selbstselektion Zufallsauswahl Gezielte Auswahl
Vo
rte
ile
• Offen für alle Interessierte
• Geringe Kosten/Aufwand
Heterogenität der Teilnehmenden
Geschichtete Auswahl spricht unterrepräsentierte Gruppen an
Offen für alle Interessierte
Ansprache und Anreize für weniger beteiligungsaffine Gruppen
Nac
hte
ile
Überrepräsentation beteiligungsaffiner Milieus
Teilnahme der am stärksten Regelungsbetroffenen
• reine Zufallsauswahl: Gefahr überproportionaler Teilnahme beteiligungsaffiner Gruppen
Zeit- und Kostenaufwändig
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Zugang: Rekrutierung
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• Teilhabe der verschiedenen Teilnehmer am Prozess
• Prozessgestaltung
• einfache Sprache
• Rolle der Moderation
• Varianz der Ausdrucksformen
• Dokumentation
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Prozess: Deliberative Teilhabe
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1. Zugang • Polarisierungsproblem
homogene Gruppen befördern eine Selbstbestätigung (argumentative Schließung)
• Tatsächliche Zusammensetzung Gefahr der überproportionalen Repräsentation beteiligungsaffiner Zielgruppen
2. Teilhabe • Strategische Ausbeutung
gut organisierte Akteure nutzen das Verfahren aus
• Motivationsproblem Langwierige Verfahren erfordern Anstrengungen und Aufwände
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Herausforderungen
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Bürgerrat (engl.: Wisdom Council)
• Entwickelt durch Jim Rough am Center for Wise Democracy in Seattle (USA)
• Weit verbreitet in Nordamerika in Österreich
• Moderationsmethode»Dynamic Facilitation«
BürgerInnenräte in Vorarlberg Österreich
• Büro für Zukunftsfragen als Träger seit 1999
• seit 2006 über 40 BürgerInnenräte
• Dreistufiger Prozess: BürgerInnenrat, BürgerInnen-Café sowie Strategiegruppe
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BürgerInnen-Räte
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BürgerInnen-Rat und Bürger Café
BürgerInnen-Rat zufällig ausgewählte Menschen
(12-15) Ein- bis zweitägige Beratung zu
einem spezifischem Thema Professionelle Moderation/
Dynamic Facilitation Statement/Empfehlung als
Ergebnis
Bürger Café/World Café Offen für alle Interessierte Eintägige Veranstaltung Austausch zwischen
BürgerInnen-Rat, Verwaltung, Politik und interessierter Öffentlichkeit
Präsentation der Empfehlung und Resonanz
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Begleitenden Evaluation zu BürgerInnen-Räte in Österreich (Kairos/EIPP(2012)) • Untersuchung von 5 BürgerInnen-Räte in Österreich • Methode
• Teilnehmende Beobachtung • Befragung der Teilnehmenden nach Veranstaltung • Befragung der OrganisatorInnen und politisch
Verantwortlichen • Befragung von ausgewählten Teilnehmenden nach min.
6 Monaten (Langzeiteindrücke und –Wirkungen) • Auswertung von Ergebnisdokumentationen
Untersuchungszeitraum: 2010-2011
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BürgerInnen-Räte
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Zugang
„…die Teilnehmergruppen aus Menschen bestehen, die entweder neugierig und offen sind, oder solchen, die ‚immer schon etwas loswerden wollten‘“
„Rücklauf auf die Einladungen sehr gering [und] intensives Nachfassen war [notwendig]“
„wenig vertretene Gruppen der Bevölkerung waren: Jugendliche, Menschen mit migrantischem Hintergrund [und] Menschen mit geringem Bildungsgrad“
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BürgerInnen-Räte
Prozess/Inklusion
„Redezeiten [waren…] sehr unterschiedlich. […] Gleichzeitig war das Gefühl des ‚eingebunden sein‘ durchwegs vergleichbar “
„die Moderation [ist] entscheidend“; „ModeratorIn verlangsamt die Kommunikation […], zwingt eher extrovertierte TeilnehmerInnen zum aktiven Zuhören und erzeugt für Einzelne das Gefühl, wahrgenommen zu werden.“
„nicht so sehr das Gruppenergebnis [ist das] identifikationsstiftendes Moment, sondern […] der gemeinsame Prozess des dialogischen Austauschens“
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Beispiel BürgerInnen-Räte
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• Segregation und soziale Spaltung der Gesellschaft sind Rahmenbedingungen für gelungene Beteiligung
• Reale Freiheit ist gebunden an soziale Voraussetzungen (Böckenförde 1976).
• Gute Zugangs- und Prozesssteuerung verringern ungleiche Voraussetzungen
• Austausch, Netzwerke und Informationen und gemeinsames Handeln
• demokratische Kompetenzen und Selbstwirksamkeit entwickeln
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Schlussfolgerung
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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
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