Date post: | 06-Feb-2018 |
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Herausforderungen bei der Auswahl und der Auslegung der elek-trischen Maschine
Dr. Heinz Schäfer, hofer eds GmbH, Würzburg, Deutschland, [email protected]
Kurzfassung
In diesem Beitrag wird auf eine ganzheitliche Betrachtung bei der Auswahl und der Auslegung der elektrischen Ma-
schine eingegangen. Hierbei werden verschiedene elektrische Maschinen mit ihrem speziellen Betriebsverhalten be-
trachtet. Ferner werden noch Trends in der elektrischen Antriebstechnologie aufgezeigt.
Abstract
In this contribution a holistic consideration will be done concerning the choice and the design of the electrical machine.
Also in this connection, different kinds of electrical machines concerning the operation behaviour will be considered.
Furthermore trends in the electrical drive technology will be presented.
1 Einführung
Für den Großserieneinsatz werden neben den in der Au-
tomobiltechnik üblichen Qualifikationen und Freiga-
ben die nachfolgenden Themen eine wichtige Rolle spie-
len:
Robustheit
Systemsicherheit
Systemkosten (Entwicklung, Fertigung)
NVH, EMV
Materialverfügbarkeit
Gewährleistung
Für eine Optimierung auf Fahrzeugebene ist eine frühzei-
tige Zusammenarbeit der Entwicklung des elektrischen
Antriebssystems mit der Entwicklung des Fahrzeuges un-
bedingt erforderlich.
Eine Optimierung auf Komponentenebene alleine ist nicht
ausreichend.
2 Elektrische Maschinen für
Hybrid- und Elektrofahrzeuge
2.1 Asynchronmaschinen
Robust
Hohe Überlastfähigkeit
Betriebsverhalten unkritisch im Fehlerfall
Hohe Drehzahlen möglich
Einfache Herstellbarkeit, Montage freundlich
Vergleichsweise kostengünstige Drehstrommaschine
Wirkungsgradnachteile im unteren - und Wirkungs-
gradvorteile im oberen Drehzahlbereich
Keine Probleme mit der Verfügbarkeit von Magnet-
material
2.1.1 Antrieb mit Asynchronmaschine
Bild 1 Antrieb mit Asynchronmaschine
Bild 2 Rotordesign einer Asynchronmaschine mit Kurz-
schlusskäfig (Alu / Cu).
2.2 Synchronmaschinen
Permanentmagneterregte Maschinen (PSM / IPM)
o Vergleichsweise hoher Wirkungsgrad im unteren
Drehzahlbereich aber niedriger Wirkungsgrad im
oberen Drehzahlbereich
o Baugröße im Vergleich zur ASM ca. 15% kleiner
o Im Fehlerfall kritisch zu bewerten (Überspannung,
Bremsmoment, Pendelmoment)
o Die Verfügbarkeit von Magnetmaterial könnte zu-
künftig problematisch werden
o Schleppverluste im Leerlauf
o Im Vergleich zur ASM wesentlich höhere Her-
stellkosten
2.2.1 Antrieb mit permanenterregter Synchronma-
schine
Bild 3 Antrieb mit PSM / IPM
Bild 4 Rotordesign einer permanenterregten Synchronma-
schine (PSM / IPM).
2.2.2 Permanenterregte Synchronmaschine PSM /
IPM
Verhalten im Normalbetrieb, z.B. für mitgeschleppte
elektrische Achsen.
Bild 5 Verhalten im Normalbetrieb, z.B. für mitge-
schleppte elektrische Achsen.
Bild 6 Verhalten im Fehlerfall (PSM / IPM)
2.3 Fremderregte Synchronmaschinen
Unkritischer im Fehlerfall als die PSM/IPM bei akti-
ver Entregung des Feldes
Entwärmung der isolierten Feldwicklung im Rotor
problematisch
Schutz der Feldwicklung im Rotor gegenüber Flieh-
kräfte erforderlich
Zusätzliches Feldstellgerät und Bürstensystem mit
Schleifring notwendig
Relativ hoher Wirkungsgrad im unteren - und bei ein-
geschränkter Leistung auch im oberen Drehzahlbe-
reich
Keine Schleppmomente im Leerlauf
Die Herstellkosten entsprechen etwa denen der PSM /
IPM
Baugröße inklusive Schleifring – u. Bürstensystem
verlgeichbar mit ASM
2.3.1 Antrieb mit fremderregter Synchronmaschine
Bild 7 Antrieb mit fremderregter Synchronmaschine
Bild 8 Rotordesign für eine fremderregte Synchronma-
schine
2.4 Synchronreluktanzmschine (SYRM)
Unkritisch im Fehlerfall
Relativ geringe Rotorverluste geringe Lagererwär-
mung
Keine Schleppmomente im Leerlauf
Vergleichsweise geringe Herstellkosten, vergleichbar
mit ASM
Aufgrund der Rotorgeometrie ist nur ein vergleichs-
weise kleiner Rotorinnendurchmesser möglich
Erhöhte Statorkupferverluste durch erhöhten Magneti-
sierungsstrom
Rotorlagegeber erforderlich
Vergleichsweise niedrige Leistungsdichte
2.4.1 Antrieb mit Synchronreluktanzmaschine
Bild 9 Antrieb mit Synchronreluktanzmaschine
Bild 10 Typisches Rotordesign für eine Synchronreluk-
tanzmaschine
3 Sicherheitsrelevante Aspekte
Bild 11 Mögliche Fehlerursachen
3.1 Sicherheitsrelevante Aspekte beim Ein-satz einer PSM / IPM am Beispiel von Einzelradantrieben
Bild 12 Sicherheitsrelevante Aspekte
3.2 Beim Einsatz eines elektrischen Aschantriebes, basierend auf einer Asynchronmaschine (ASM), einer fremderregten Synchronmaschine (FSM) oder einer Synchron-reluktanzmaschine (SYRM) sind keine zusätzlichen Maßnahmen für den Feh-lerfall erforderlich.
3.3 Beim Einsatz eines elektrischen Achs-
antriebes basierend auf einer perma-nent-magneterregten Synchronma-schine (PSM / IPM) sind nachfolgend zwei alternative Maßnahmen vorge-schlagen, um bei einem zwei- oder drei- phasigen Kurzschluss (gewollt oder ungewollt) Fahrdynamikproble-me auf Fahrzeugebene zu vermeiden.
Trennung der elektrischen Maschine vom Antriebs-
strang mittels schnell- schaltender Kupplung. Ist auch
erforderlich bei elektrischen Achsen um Schleppver-
luste im Normalbetrieb zu vermeiden.
Schnelles Öffnen der Anschlussklemmen oder des
Sternpunktes der elektrischen Maschine.
3.4 Drehmomentgenauigkeit bei elektri-schem Einzelantrieb der Hinterachse für „Torque Vectoring“
Bild 13 Einzelradantrieb
Forderung:
Die Drehmomentkonstante beider Antriebe sollte eine
große Übereinstimmung haben, um die Fahrdynamikrege-
lung zu entlasten.
Folgerung:
Paarweiser Drehmomentabgleich am Prüfstand für
Kleinserien
On-Line Parameterschätzung und automatische Reg-
leradaptierung für Großserie
4 Produktentwicklungsprozess für
eine elektrische Maschine
Bild 14 Ablaufdiagramm EM-Berechnung 4.1 Elektromagnetische FEM
Bild 15 FEM-Berechnung
Bild 16 Struktur - FEM (Von-Mises Spannungen)
4.2 Aus der Motorgeometrie und den Ma-terialdaten wird ein thermisches Er-satzschaltbild erstellt, um das Tempe-raturverhalten analytisch für jeden Arbeitspunkt berechnen zu können.
Bild 17 EM-Schnittmodell
Bild 18 EM-Thermisches Ersatzschaltbild
5 Systemtechnische Aspekte / Ge-
räuschursachen
5.1 Beispiel Achsantrieb Die Hauptursache für Geräusche in einem elektrischen
Achsantrieb ist normalerweise die Drehmomentungleich-
förmigkeit in einer elektrischen Maschine.
Die Drehmomentungleichförmigkeit ist bauartbedingt und
kann durch die Auslegung der elektrischen Maschine be-
einflusst werden.
Eine Drehmomentungleichförmigkeit kann aber auch
durch die Ansteuerung der elektrischen Maschine entste-
hen, wenn z. B. aufgrund einer zu geringen Schaltfre-
quenz und einer geringen Streuinduktivität in der Maschi-
ne, nennenswerte Oberschwingungsströme entstehen und
damit Drehmomentrippel verursachen können.
Die Drehmomentungleichförmigkeit kann dann auf ver-
schiedene Arten zur Geräuschbildung beitragen:
Der Drehmomentrippel gelangt über die Rotor-
welle in das Getriebe und erzeugt Getriebegeräu-
sche
Der Drehmomentrippel gelangt über die Aggre-
gatelager (bei nicht aus- reichender Dämpfung)
in das Chassis des Fahrzeuges und sorgt für eine
Schwingungsanregung und damit Geräusche.
Ferner kann auch das Statorgehäuse (bei nicht ausrei-
chender Dimensionierung) durch die umlaufende Kraft-
wellen zu Körperschall angeregt werden, welcher dann
als Luftschall in Erscheinung tritt.
5.2 Mechanisches Modell eines elektri-
schen Achsantriebes Das Modell kann zur Erklärung der Geräuschursache be-
nutzt werden
Bild 19 Mechanisches Modell
5.3 Auswirkungen des Betriebsverhaltens
elektrischer Antriebssysteme im Nor-malbetrieb auf das Fahrzeug:
Anfahrschlag über die Achslager
Anfahrruckeln durch Anregung der 1. Eigenfrequenz
des Antriebstranges
Bild 20 Prototyp-Einzelradantrieb
6 Trends in der Antriebstechnologie
6.1 Hochintegrierte elektrische Antriebs-systeme für Hybrid- und Elektrofahr-zeuge
Bild 21 Heute: Einzelkomponenten
Bild 22 Morgen: Integriertes Achsmodul 6.2 Erhöhung der Leistungsdichte Drehmoment:
Leistung:
Leistungdichte:
Ziel: Reduzierung der Kosten für das Aktivmaterial
der elektrischen Maschine (z.B. Kupfer, Bleche,
Magnete) durch hochdrehende elektrische Ma-
schinen in Verbindung mit einem Reduzierge-
triebe.
Das Gesamtgewicht bleibt etwa gleich aber zu
niedrigeren Gesamtkosten.
6.3 Einsatz magnetloser elektrischer Ma-
schinen speziell bei Achsantrieben Gründe hierfür:
Extrem gestiegene Magnetpreise
Verhalten im Fehlerfall (keine Bremsmomente und
keine Überspannungen)
Keine Trennkupplung erforderlich beim Einsatz einer
elektrischen Vorder- oder Hinterachse in Hybridfahr-
zeugen (keine „Schleppmomente“)
6.4 Neuartige Hybridgetriebe für Plug-In-Hybridfahrzeuge und Elektrofahrzeu-ge mit Range Extender [1]
Bild 23 Neuartiges Hybridgetriebe
Bild 24 Prinzipieller Aufbau des Hybridgetriebes
EM 1: Spezielle ASM (Asynchronmaschine)
EM 2: Innenläufer ASM / PSM
ÜK: Überbrückungskupplung
ÜK-AK: ÜK-Aktuatorik
RG: Reduktionsgetriebe mit ü ca. 1:2
BS/SR: Bürsten- / Schleifringsystem
KW: Kurbelwelle
EMS: Engine Management System
BMS: Battery Management System
HCU: Hybrid Control Unit
GW: Getriebewelle
RG: Reduziergetriebe
ZK: Zwischenkreis
7 Zusammenfassung
Der Auswahl einer geeigneten elektrischen Maschine für
den Einsatz in Hybrid- und Elektrofahrzeugen kommt ei-
ne nicht unerhebliche Bedeutung zu. Standen in den letz-
ten Jahren fast ausschließlich permanenterregte Syn-
chronmaschinen auf Basis von Seltenerdmagneten im
Focus, so gewinnen speziell bei hochtourigen Achsantrie-
ben sogenannte „magnetlose“ elektrische Maschinen mas-
siv an Bedeutung.
Auslöser hierfür sind die Verfügbarkeit und die extrem
gestiegenen Kosten für das Magnetmaterial. Für die zu-
künftige Massenproduktion werden kostengünstige elekt-
rische Maschinen ein entscheidender Wettbewerbsvorteil
auf dem internationalen Markt sein.
Bei der Auslegung der elektrischen Maschine rücken ver-
stärkt realitätsnahe Fahrzyklen in den Vordergrund, um
eine Überdimensionierung und damit Mehrkosten zu
vermeiden.
Ferner muss auch das Betriebsverhalten der unterschiedli-
chen elektrischen Maschinen – speziell im Fehlerfall –
näher betrachtet werden, um negative Auswirkungen auf
die Fahrdynamik und damit auf die Sicherheit des Fahr-
zeuges auszuschließen.
Letztendlich muss auch über einen höheren Integrations-
grad bezüglich elektrische Maschine, Getriebe und Leis-
tungselektronik nachgedacht werden, um unter anderem
auch die Kosten für die Verbindungselemente niedrig zu
halten.
8 Literatur
[1] Dr. Schäfer, H.: „Elektrische Hybridgetriebe für vie-
lerlei Anwendungen“. ATZ 02/2012, S. 154-159