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Hellasfreunde Bern 11-2_2011_08-19.pdf · Dass es sogar auf Santorini noch die alte griechische...

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1 Hellasfreunde Bern Kulturelle Vereinigung der Hellasfreunde, 3000 Bern Bulletin 2011 - 2 / September 2011
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Hellasfreunde B ern

Hellasfreunde Bern Kulturelle Vereinigung der Hellasfreunde, 3000 Bern

Bulletin 2011 - 2 / September 2011

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Titelbild: Lefka Ori (weisse Berge), Kreta

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Inhaltsverzeichnis

Zum Inhalt und zum Programm Fred Wyss (Mitglied Hellasfreunde) 3

Tsakonien - Richtigstellung Fred Wyss (Mitglied Hellasfreunde) 5

Jimmy aus Chicago Urs K. Hedinger (Mitglied Hellasfreunde) 5

Buchbesprechung Urs K. Hedinger (Mitglied Hellasfreunde) 6

Apiranthos, ein traditionelles Bergdorf Astrid Scharlau (http//:azalas.de/blog) 7

Der Pýrgos Halaros auf Náxos Margarita Beiner-Simon (Mitglied Hellasfreunde) 12

Draculas Insel Julie Smit / G. Podzierski (www-lesvos-web.com) 14

Wer mag Sardinen Julie Smit / G. Podzierski (www-lesvos-web.com) 16

Fischerei auf Kreta Bettina Trüper (http://bettinaki.wordpress.com) 18

Meine Kretareise auf Lebenszeit Bettina Trüper (http://bettinaki.wordpress.com) 20

Anogia – I Kriti ton Oneiron Margaretha R. Hopfner (www.margaretahopfner.net) 26

Toplou – Ein Kloster auf Kreta rüstet sich... Marianthi Milona (Griechenlandzeitung) 28

Dreirad-Esel: Trikykla Katharina Roller (www.nissomanie.de) 30

Ti ná kánoume? – Was soll man machen Konrad Dittrich (Griechenlandzeitung) 31

Audienz bei Bouboulina Theo Schlag (http://theo48.wordpress.com) 32

Pressemeldungen Griechenlandzeitung und anderer 36

Veranstaltungen 39

Wir danken allen Autoren, denjenigen, die etwas für uns geschrieben haben sowie denjenigen,

welche uns grosszügig einen bereits veröffentlichten Text zur Verfügung gestellt haben.

Das nächste Bulletin erscheint im Dezember 2011. Redaktionsschluss ist bereits am 18.

November, Artikel nehmen wir gerne ab sofort entgegen.

Zum Inhalt und zum Programm Fred Wyss

August 2011

Für das Bulletin haben wir bewusst positive Artikel ausgesucht, denn Kritik an Griechenland

(berechtige und sehr viel unberechtigte oder sogar unwahre) kann man anderswo lesen.

Etliche Artikel in diesem Bulletin stammen vom Internet, hauptsächlich von privaten Websites.

Meistens sind das Websites von vielgereisten Griechenlandfreunden oder, besonders interessant,

solche von deutschsprachigen Leuten, die in Griechenland leben.

Die Übernahme eines Beitrags von einer Website ist oft problematisch. Meistens handelt es sich im

Internet nämlich um sehr schöne Fotoreportagen mit vielen farbigen Bildern und wenig Text. Bei

unserem schwarz-weiss gedruckten Bulletin geht von den farbigen Bildern sehr viel verloren, oft

so viel, dass ich den Artikel am Schluss, wenn er bereits gesetzt ist, doch wieder verwerfen muss.

Meistens übernehme ich auch nur eine reduzierte Auswahl der Bilder und verkleiner diese auch

noch. Wer sich also den Beitrag komplett mit allen Bildern und in Farbe ansehen möchte, soll das

doch bitte auf der betreffenden (und immer angegebenen) Website tun.

Eine neue ergiebige Quelle habe ich auf der Website von Astrid Scharlau aus Azalos (Naxos)

gefunden. Als erstes bringen wir von ihr einen Artikel über das Bergdorf Apiranthos. Weitere

Artikel werden in den folgenden Bulletins, „jahreszeitgerecht“ folgen.

Zwei Artikel über die Insel Lesbos stammen aus dem Tagebuch von Julie Smit, übersetzt von

Gabriele Podzierski. Auch von ihnen werden in den folgenden Ausgaben weitere Artikel folgen.

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Dann geht es auf die Insel Kreta: Bettina aus Chora Sfakion führt uns in die Fischerei ein. In

einem zweiten, längeren Artikel erzählt sie den Beginn ihrer „Kretareise auf Lebenszeit“.

Rebecca Hopfner beschreibt eine Begegnung im kretischen Bergdorf Anogia und aus der

Griechenlandzeitung stammt der Artikel über das Kloster Toplou von Marianthi Milona.

Ein kurzer Artikel über ein nostalgisches Fahrzeug stammt von Katharina Roller. Es ist nicht der

erste Artikel von ihr in unserem Bulletin und wird sicher nicht der letzte sein. Wer die

Inselsüchtige gerne live erleben möchte: Am 7. März wird sie bei uns einen Vortrag halten.

Dass es sogar auf Santorini noch die alte griechische Gastfreundschaft gibt, zeigt uns Konrad

Dittrich in seinem Artikel in der Griechenlandzeitung.

Ins Haus der Bouboulina auf Spetses führt uns Theo Schlag - auch er ist ein „alter“ Bekannter.

Besonders gefreut haben uns die Artikel, die extra für dieses Bulletin geschrieben wurden:

Unser Mitglied Urs Hedinger schreibt über eine Begegnung mit einem Amerika-Griechen und

liefert zusätzlich eine Buchbesprechung.

Margarita Beiner-Simon hat so von ihrem Pyrgos geschwärmt. Da sagte ich: Schreib doch was!

Zwei weitere Beiträge waren zugesagt, kamen aber, weil wir wegen verschiedenen Ferien-

abwesenheiten den Redaktionsschluss auf den 18. August vorverschieben mussten, zu spät.

Auch gut - damit habe ich nämlich schon etwas für das nächste Bulletin.

Das Zusammensuchen und „Setzen“ habe ich übernommen, als Lektor hat sich Erich Frauenfelder

betätigt und Sylvia Wyss hat für den Druck und den Versand gesorgt.

Ganz herzlichen Dank an alle, die etwas zu diesem Bulletin beigetragen haben.

Zum neuen Veranstaltungsprogramm: Wir beginnen mit Musik.

Das Konzert mit KAFENEION, der wohl besten griechischen Band in der Schweiz, organisieren

wir wie üblich gemeinsam mit den anderen „griechischen“ Vereinen.

Zwei Themen betreffen die griechische Kunst:

Jannis Zinniker stellt uns im November die Malerei der Neuzeit vor

Plutarch Chiotopulos dann Ende April die kretisch-mykenische Kunst aus der Zeit der ersten

Hochkultur Europas.

Sonst wird es eher touristisch, mit drei Dia-Vorträgen und einem Film über verschiedene Inseln:

Unsere Mitglieder Marianne Moser und Stephan von Arx, die sonst auf Lesbos leben, benutzen

ihren winterlichen Schweizeraufenthalt um bei uns einen Vortrag über ihre Insel zu halten.

Katharina Roller reist extra aus dem fernen Herrenberg (nähe Stuttgart) nach Bern. Sie wird uns

etwas über ihre Nissomanie (Insellsucht) und über die kleinen unbekannten Inselchen am

Rande Griechenlands erzählen.

Unsere Mitglied Beat Scheidegger aus Ostermundigen wird uns eine Dia-Show über die Insel

Thassos zeigen.

Ich selber hoffe, rechtzeitig bis im Februar einen neuen Film über eine, zwei oder drei

griechische Inseln bereit zu haben – dazu muss ich allerdings zuerst mal hinreisen.

Das komplette Veranstaltungsprogramm finden Sie auf der letzen Seite.

Wie das Bulletin ist auch das Veranstaltungsprogramm diesmal sehr „insellastig“ geworden. Aber

Schweizer und Deutsche zieht es halt vorab auf die Inseln - offensichtlich zumindest diejenigen, die

fotografieren und schreiben. Für das nächste Bulletin und vor allem für die nächste Veranstaltungs-

Saison würde ich sehr gerne wieder mal ein „Festlandthema“ nehmen – denn Griechenland hat

tatsächlich auch ein Festland! Wer hat oder weiss etwas?

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Tsakonien - Richtigstellung Fred Wyss

März 2011

Im letzten Bulletin brachten wir einen kurzen Bericht über Tsakonien, bzw. über die

Tsakonische Sprache. Dabei hat sich ein grober Fehler eingeschlichen: Auf der Karte wurde

durch eine Unaufmerksamkeit bei der

Bildbearbeitung (falsche Farbe ersetzt)

die falsche Gegend markiert. Hier die

korrigierte Karte:

Als Ergänzung ein Sprachbeispiel,

das Vaterunser auf Tsakonisch:

Ἀθέλγα λάκοσ π' ἔζζη ζηολ οὐραλέ. Νὰ

ἔλλη ἁγηαζηὲ ηὸ ὀλοσκάληη, λὰ κόιῃ ἁ

βαζηιεηάληη, λὰ λαζῇ ηὸ ζειεκάληη, ζὰλ

ηὸλ οὐραλὲ, ἔδροσ δὲ ηὰλ ἰγῇ. Τὸλ ἄλζε

ηὸλ ἐπηούζηολ δί λάκοσ λί ζάκερε, δὲ

ἄθε λάκοσ ηὰ τρίε λάκοσ θαζοὺ δὲ ἐλὺ

ἐκκαθῖληε ηοῦ τρεοσθειῖηε λάκοσ, δὲ

κὴ λὰ θερίδερε ἐκούλαλε 'ζ' θεηραζκὸλ,

ἀιιὰ ἐιεσηέροσ λάκοσ ἀπὸ ηὸ θαθόλ. Ethnografische Karte der Peloponnes (A. Philippson) 1890

Jimmy aus Chicago Urs K. Hedinger, März 2011 Mitglied Hellasfreunde

Es war nur eine kurze Begegnung - aber sie gab Einblicke in ein typisches griechisches Schicksal.

Als ich den älteren Mann den steilen Weg

herunter kommen sah, mit unsicherem Gang,

auf einen aus einem Ast gefertigten Stock

gestützt, mit dem Kopf wackelnd, wusste ich

gleich: genau so hatte ich ihn schon früher ein-

mal in unser Dorf hinab steigen gesehen. Da

ich diesmal am Weg vorne stand, drehte er sich

um und sprach mich an - in akzentstarkem

Englisch. Das CH-Autoschild verriet mich als

Ausländer (nachträglich dachte ich: er hat

sicher schon vorher von uns gehört, jedermann

in der Gegend wusste von den Schweizern hier

in Lakos).

Der Mann erzählte mir, er komme ab und zu

vom höher gelegenen Dorf Exochori hierher.

Dies sei nämlich sein Heimatdorf, hier sei er

geboren worden und aufgewachsen. Damals

habe es noch mehr Bewohner im Dorf gegeben

und eine Schar Kinder. Hier erinnere er sich

daran, wie sie zusammen gespielt hätten. Auch

in das tiefe Loch mit den senkrecht abfallenden

Wänden, direkt neben dem Dorf, seien sie je-

weils hinunter gestiegen. (Den Ursprung dieser

spektakulären Geländevertiefung konnte mir

niemand erklären. Wahrscheinlich hat sie dem

Dorf den Namen gegeben: „lakkos“ heisst

nämlich “die Grube“.)

Der Mann sprach mühsam, musste oft nach

den Worten suchen. Offensichtlich war er es

nicht mehr gewohnt Englisch zu sprechen,

manchmal fielen ihm nur noch die griechischen

Worte ein. Als ich ihn fragte, wo er Englisch ge-

lernt habe, erzählte er mehr: Er habe über vier-

zig Jahre in Chicago gelebt. Er gehört also zu

jener Generation, von der die meisten jungen

Menschen seinerzeit aus dieser Gegend ausge-

wandert waren, weil sie damals hier in der Mani

keine Zukunft für sich sahen; die meisten nach

Australien, einige in die USA. Er sei zurück ge-

kommen, weil dies seine Heimat sei und er hier

sterben wolle. Er lebe jetzt mit seiner Frau zu-

sammen in deren Haus in Exochori. Sie hätten

einen Sohn und eine Tochter, beide lebten mit

ihren Familien in der Gegend von Chicago.

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Er heisse Jimmy, stellte er sich dann vor. Ich

wusste schon von anderen Zurückgekehrten,

dass die griechischen Namen in den englisch-

sprachigen Ländern der Sprache und den

Gewohnheiten des Gastlandes angepasst und

umgeformt oder ausgetauscht worden waren.

Mein Gesprächspartner entpuppte sich

schliesslich als Dimitri.

Am Schluss des kurzen Gesprächs waren mir

weitere familiäre Zusammenhänge klar. Unser

Nachbar Giorgos ist ein Bruder von Dimitri.

Giorgos hatte in New York als Fahrer in einer

Textilfabrik gearbeitet. Bei einem Unfall mit dem

Lastwagen hatte er einen Gehirnschaden er-

litten, war danach ins Heimatdorf zurück ge-

kehrt, wo ihm seine Brüder das Elternhaus

überliessen. Das Haus ist heute arg vernach-

lässigt, hat kaum noch Türen und Fenster, und

das umliegende Gelände ist mit Hausrat über-

sät. Manchmal brüllt Giorgos grundlos in die

Gegend hinaus. Aber seine vielen Olivenbäume

pflegt er vorbildlich. Der dritte Bruder weilte

ebenfalls in den USA, arbeitete in der Auto-

branche und konnte nach der Rückkehr in die

Heimat in Kardamili, dem grösseren Dorf unten

an der Küste, eine Autowerkstatt eröffnen, die

jetzt von seinen Zwillingssöhnen geführt wird.

Alle drei waren sie, wie so viele andere zu jener

Zeit, ausgewandert um ein Auskommen zu fin-

den. In der Fremde hatten sie geheiratet, meist

eine Griechin aus der gleichen Gegend oder

sogar aus dem gleichen Dorf. Einige kehrten

schon früher in die Heimat zurück, wo sie in der

Regel von ihrer Familie noch Land besassen,

und gründeten mit dem Ersparten ein kleineres

oder grösseres Unternehmen - einen Laden,

eine Taverne, ein Haus mit Fremdenzimmern

oder gar ein richtiges Hotel - um vom auf-

kommenden Tourismus zu profitieren. Andere

kommen, wie Dimitri, erst im Alter zurück aus

der Fremde, wo sie nie wirklich heimisch ge-

worden sind. Ich kenne noch andere, die von

ihrer Arbeit krank geworden sind; und das

Heimweh verschlimmerte die Krankheit oft

noch. Auch Dimitri ist offensichtlich mit einer

neurologischen Schädigung heimgekehrt.

Ich bin sicher, Dimitri alias Jimmy wird noch

öfter Lakos, sein kleines Heimatdorf, besuchen,

so lange eben wie er den steilen Weg

bewältigen kann.

Buchbesprechung Urs K. Hedinger

11. 7. 2011

Aris Fioretos: Der letzte Grieche. Hanser Verlag 2011, 416 S. ISBN: 3446236333

Kurz gesagt: ein in verschiedener Hinsicht ungewöhnliches Buch. Und ein sehr griechisches Buch.

Es schildert das Leben eines jungen Griechen, der aus dem Bergdorf in Makedonien, wo er

geboren wurde und aufwuchs, nach Schweden auswandert. Dies, nachdem er beim Glücksspiel

das Land seiner Familie verloren hat; aber auch, weil er einer Jugendliebe nach Nordeuropa folgt;

und wohl auch aus politischen Gründen. Er fasst als Auslandsgrieche in der neuen Welt Fuss, aber

sein Ursprungsdorf, für das er irgendeinmal ein Wasserversorgungs-

system bauen möchte, bleibt der Mittelpunkt seines Lebens. Er lebt

nicht nur mit seinen eigenen Erinnerungen an die Heimat, sondern

auch mit jenen seiner Vorfahren, die ihm berichtet worden sind. So

entsteht vor dem Leser eine Familiengeschichte, die mit der Flucht der

Grossmutter vor den einfallenden Türken aus Smyrna 1922 beginnt

und über die weitere wechselvolle Geschichte Griechenlands bis in die

Gegenwart reicht. Der Autor, ein Schwede mit griechisch-

österreichischen Wurzeln, erzählt die Geschichte, die ihm angeblich

von einem Verwandten auf Karteikarten geschrieben nachgelassen

worden ist, in einer originellen, bilderreichen Sprache. Und wer

griechische Mentalität und Lebensweise kennt, findet manchen Anlass

zum Schmunzeln. Urs Hedinger

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Apiranthos, ein traditionsreiches Bergdorf Astrid Scharlau

http://azalas.de/blog

Eines der größeren Dörfer von Naxos ist das in etwa 600 Metern Höhe am Hang des Fanári

gelegene traditionsreiche Dorf Apíranthos (eigentlich “T’Aperáthou”). Es liegt auf einem kleinen

Bergrücken zwischen zwei malerischen, bewirtschafteten Hochtälern.

Alle Dörfer der Insel haben ihren

eigenen Charakter und ihre

Besonderheiten, aber Apíranthos

ist einzigartig. Der apiranthitische

Dialekt weicht so stark vom nor-

malen Neugriechisch ab, dass

Griechen aus anderen Gegenden

des Landes die Apiranthiten

früher nur mit Mühe verstanden

und umgekehrt. In schwächerer

Form spricht man den Dialekt

auch heute noch. Im

apiranthitischen Dialekt sind zahl-

reiche Wörter und auch gram-

matische Formen aus dem Alt-

griechischen erhalten. Er besitzt eine eigene,

leicht zu erkennende Aussprache (vor allem

das “l”, das wie ein englisches “r” ausge-

sprochen wird).

Besonders bemerkenswert ist die bei den Ein-

wohnern des Dorfes verbreitete Sitte, in aus

dem Stegreif gedichteten Reimen zu sprechen,

eine Tradition, die sich leider heute verliert, wie

so vieles andere. Es gibt aber noch einen sehr

lebendigen Schatz von Hunderten überlieferter

Reime, die bei allen Gelegenheiten zitiert oder

gesungen werden.

Das südliche Hochtal bei Apíranthos; in der Mitte sieht man ganz im Hintergrund knapp den Zeus-Gipfel heraus-ragen.

Apíranthos liegt am östlichen Hang des Fanári.

Die der Jungfrau Maria geweihte Hauptkirche des Dorfes gehört zu den größeren Kirchen von Naxos.

Ansicht des Dorfes

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Geschichte

Wann das Dorf Apíranthos gegründet wurde,

wissen wir nicht; die frühesten Angaben stam-

men aus dem 15. Jahrhundert. Sicher war die

Region aber schon viel länger, aller Wahr-

scheinlichkeit nach mindestens seit der Frühen

Bronzezeit (3. Jahrtausend v. Chr.), besiedelt.

Interessant ist, dass es in der Gegend von

Apiranthos, wie überall auf Naxos, eine ganze

Reihe von Ortsbezeichnungen gibt, die auf

antike, oft homerische Wörter zurückgehen, die

seit dem Altertum im normalen Wortschatz nicht

mehr vorkommen. Die Ortsbezeichnungen

wurden also über all die Jahrhunderte von

Generation zu Generation weitergegeben, was

beweist, dass die Gegend seit homerischen

Zeiten kontinuierlich besiedelt war.

In der Mitte des Dorfes liegt der venezianische Wohn-turm “Pyrgos Zevgoli”.

Der venezianische Pyrgos stützt sich auf einen abenteuerlichen Rundbogen.

Gegen Ende der venezianischen Periode (17.

Jahrhundert) wurden von den katholischen

Lehnsherren die zwei größeren Wohntürme in

der Dorfmitte errichtet. Die große, bedeutende

Dorfkirche Panagía Aperathítissa stammt aus

dem 18. Jahrhundert. Im 19. und zu Beginn des

Astrid Scharlau betreibt die Website

http://azalas.de/blog - eine sehr umfangreiche

und informative Website, von der auch ihre

Artikel in diesem Bulletin stammen.

Und sie vermietet die vier liebevoll gestaltete

und voll eingerichtete Ferienhäuser “Azalas”

Und sie hat ein Buch geschrieben:

„Zwei Türen hat das Leben“.

Es handelt sich um die Lebenserinnerungen

ihres Schwiegervaters Mitsos, geboren in

Koronos, Naxos:

Astrid Scharlau, Zwei Türen hat das Leben -

Erinnerungen des Dimitris Mandilaras

ISBN-Nummer: 978-3-8391-1930-3

Astrid Scharlau und Nikos Mandilaras

Agios Dimitris, Azalas, Apiranthos

Naxos/Kykladen, Griechenland

fone: +30 22850 68258

mobil: +30 6936620180

post: Postbox 81, GR-84300 Naxos

email: [email protected]

Alles weiter auf: http://azalas.de/blog

20. Jahrhunderts gelangte das Dorf durch den

Schmirgelabbau zu einigem Wohlstand.

Mehrere bedeutende Politiker (so der bekannte

Widerstandskämpfer und Europaabgeordnete

Manolis Glezos) sowie zahlreiche Wissen-

schaftler und Ärzte stammen aus Apíranthos.

Die Kykladen-Architektur

Das Dorf Apíranthos ist ein charakteristisches

Beispiel für die Architektur der Kykladen.

Ein typisches Kykladendorf liegt auf den

Bergen, vom Meer aus nicht zu sehen (wegen

der Bedrohung durch Piraten), und ist aus eng

aneinander geschmiegten, natursteinernen

Häusern mit flachen Dächern und schmalen

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Gassen dazwischen errichtet; oft haben die

Häuser kleine Innenhöfe. In den letzten Jahr-

hunderten wurden die Häuser mit selbstge-

branntem Kalk weiß verputzt, nicht nur aus

hygienischen Gründen, sondern auch weil sie

so im Sommer kühler bleiben.

Charakteristische Merkmale der apiran-

thitischen Architektur sind die mit Marmor-

platten ausgelegten Gassen und die abge-

schnittenen Ecken der Eckhäuser, durch die

vermieden werden sollte, dass die schwer

beladenen Esel in den engen Gassen an den

Ecken anstießen. Charakteristisch sind die

Marmorbalken (mórsa) rund um die Türen und

Fenster, die Konstruktionsweise der Fenster mit

Glasfenster außen und Fensterladen innen, so-

wie im Haus die großen, ebenerdigen Kamine

mit Sitzplätzen rechts und links der Feuerstelle

und die “Innenfenster” zwischen den Zimmern,

die dadurch entstanden sind, dass man den

ursprünglichen Vorhof in ein Zimmer verwandelt

hat. In Apíranthos haben sich alle diese

Merkmale der Architektur noch erhalten.

Die Türen sind von Marmorbalken umrahmt, in die oft Wappen oder Namen der Erbauer sowie Jahreszahl eingraviert sind.

Die Gassen des Dorfes sind mit Marmorplatten ausgelegt.

An manchen Stellen verläuft die Gasse unter einem Haus.

An den Eckhäusern sind oft die Ecken abgeschnitten, damit die schwer beladenen Esel nicht anstoßen.

Die Häuser sind eng verschachtelt.

Der kleine Dorfplatz…

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Die Museen

Apiranthos zeigt trotz seiner Kleinheit eine er-

staunliche kulturelle Lebendigkeit. Es gibt einen

Kulturverein, der sich bemüht, die Traditionen

des Dorfes aufrecht zu erhalten, und ein Kultur-

zentrum mit einer Bibliothek und Räumen, in

denen Vorträge oder Symposien abgehalten

werden. Eine Frauenvereinigung betreibt einen

Hauptkirche Panagía Aperathítissa

Wie gut, dass noch nicht überall der Fortschritt Einzug gehalten hat! In Apiranthos werden die Glocken noch per Hand geläutet – und ich finde, dass nur so das Glockenläuten noch eine echte Bedeutung hat.

Die Kirche mit der kostbaren marmornen Altarwand.

Parade der Schulkinder zum Nationalfeiertag am 25. März. Die Kinder tragen teilweise die traditionelle Tracht.

Laden, in dem von den Frauen des Dorfes her-

gestellte Handarbeiten verkauft werden, vor

allem Websachen wie Decken, Vorhänge,

Kissen usw. Am bemerkenswertesten sind aber

die Museen. Apíranthos verfügt über nicht

weniger als fünf Museen: zur Archäologie, Folk-

lore, Geologie, Naturgeschichte und Bildenden

Kunst. Das archäologische Museum ist zwar

klein, weist aber sehr interessante Fundstücke

vor allem aus der Bronzezeit auf

Apíranthos heute

In Apíranthos wohnen ganzjährig um die 400

Menschen. Das Dorf hat sich nur zögerlich dem

Tourismus geöffnet, aber heute gibt es eine

Reihe von Tavernen und Übernachtungsmög-

lichkeiten, und Fremde sind immer willkommen

Reihe von Tavernen und Übernachtungsmög-

lichkeiten, und Fremde sind immer willkommen.

Im Dorf sind noch einige der alten Handwerke

lebendig. Das Brot wird noch im alten Holzofen

gebacken und die Bäckerei ist fast ebenso

ausgestattet wie auch schon vor 100 Jahren.

Bäcker

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Sehenswürdigkeiten

Auch in der näheren Umgebung von Apiranthos

gibt es einiges zu sehen:

die kleine Kirche Agia Kyriaki mit interessanten Wand-malereien aus dem 9. Jahrhundert

Kirchen Agios Pachomios und Agios Georgios

Man kann die Umgebung in mehreren schönen

Wanderungen erkunden:

teilweise mit Steinplatten ausgelegte Wanderwege.

Wandern im Hochtal südlich von Apiranthos

Blick von Süden auf das Dorf

Esel sind noch ein unentbehrliches Transportmittel.

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Der Pýrgos Halaros auf Náxos Margarita Beiner-Simon

20. 6. 2011

Den Flug von Zürich nach Mykonos hatten wir gebucht, wo-

hin danach stand noch nicht fest. Wir entschieden uns für

Náxos, dazu beigetragen haben auch Berichte in Bulletins

der Hellasfreunde.

„Náxos – Insel der Pýrgi“, so heisst ein Kapitel

im Reiseführer Náxos des Michael Müller Ver-

lags, dort ist u.a. (zusammengefasst) zu lesen:

Die Insel Náxos ist bekannt für ihre Wehrge-

bäude aus venezianischer Zeit, von den

Griechen Pýrgi Πύργοη (Einzahl Pýrgos

Πύργος) genannt. Sie stammen aus dem 13.-17

Jh. und sind meist grosse, frei stehende Häuser

mit meterdicken Mauern, Schiessscharten und

Zinnen. Sie stehen meistens auf verteidigungs-

taktisch günstigen und wichtigen Positionen.

Ihre Besitzer waren Feudalherren, die das

Gebiet als Lehen erhalten hatten und von den

Bauern der Umgebung bewirtschaften liessen.

Gut verschanzt thronten sie auf ihren massiven

Festungen über der schutzlosen Inselbevöl-

kerung und waren im Fall eines Piratenangriffs

meist sicher.

Fast alle Pýrgi wurden ähnlich konstruiert:

nur kleine Fenster. Auf Naxos wurden nach

Abzug der Venezianer einige Pýrgi zu

griechisch-orthodoxen Kirchen oder zu Klöstern

umfunktioniert. Der heutige Zustand der etwa

30 erhaltenen Türme reicht von zerfallen bis

restauriert und in Privatbesitz.

Auf einem unserer Ausflüge gelangten wir ins

Dorf Glinado, wir parkierten das Auto im

quadratische Grundfläche, nur mit einer Leiter erreichbarer Eingang

mit Verteidigungserker, zwei oder drei Stockwerke, meistens ein

grosser Raum und wenige kleine Zimmer, Flachdach mit Zinnen

und Schiessscharten, Erdgeschoss ohne Fenster, obere Etagen

Hier ein Beispiel an der Nordküste: Pýrgos Agiá

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Schatten unter Eukalyptusbäumen und spa-

zierten durch die Gassen des Dorfes. Wir

hatten Durst, alles war geschlossen, dann

sahen wir den Hinweis auf den Halaros. Ein

schmales Gässchen führt hinauf zum Turm.

Am Eingang empfing uns ein junger Mann,

George Virvilis, der Sohn des Besitzers dieses

Pyrgos. Sein Vater hatte den Turm in einem

sehr schlechten Zustand gekauft und nun wird

er nach und nach restauriert.

Der Turm steht auf dem höchsten Punkt von

Glinado. Halaros (Χάιαρος) bezeichnet im

Dialekt von Náxos einen tief in der Erde

basierenden Granitfelsen. Darauf wurde der

Pýrgos konstruiert, wie wenn er dort

gewachsen wäre. Erbaut im 17. Jahrhundert als

Wachturm vor den Piraten, ist er ein Stück der

Dorfgeschichte von Glinado.

Jetzt wird er zu neuem Leben erweckt. In den

Räumlichkeiten befindet sich ein traditionelles

Café (παραδοζηαθό θαθελείο), wo Kaffee, Bier,

Säfte und Erfrischungsgetränke (τσκοί θαη

αλαυεθηηθά), eine grosse Auswahl an Käse,

traditionellen Süssigkeiten (eingelegte Früchte)

und alkoholischen Getränken von

Náxos angeboten werden. Im

Weinkeller kann degustiert werden,

zudem werden Produkte der

landwirtschaftlichen Genossen-

schaften von Náxos angeboten,

handgemachte Teigwaren und die

exzellenten naxotischen Kartoffeln.

Eine weitere Attraktion ist das

kleine Volkskundemuseum im

restaurierten Turm.

Hier sassen wir zusammen und erzählten von

den Hellasfreunden und George war sehr

erstaunt und meinte: „Haben wir wirklich

noch Freunde irgendwo auf der Welt?!“ Wir

haben ihm den Link zur Internetseite gegeben

und den Hinweis auf Hellasradio („Was, es gibt

ein griechisches Radio in der Schweiz?!“). Per

Mail hat er berichtet, dass er Hellasradio gehört

hat und sich freuen würde über einen Beitrag

im Bulletin.

Der Pýrgos Halaros ist ein gastfreundlicher Ort

mit einem wunderbaren Panoramablick auf

Náxos-Stadt, die Westküste, das Meer und

hinüber nach Paros, kein Wunder ist hier auch

der beste Platz zum Geniessen eines

atemberaubenden Sonnenuntergangs!

Weitere Informationen auf www.halaros.gr

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Draculas Insel Julie Smit, 16.Februar 2011

auf www.lesvos-web.com

BOULEVARD NEWS AUS LESVOS, geschrieben am 16 Februar 2011 von Julie Smit, aus dem

Holländischen/Englischen übersetzt von Gabriele Podzierski

Stellen Sie sich nur einmal vor, Sie finden ein

altes Grab, öffnen es für Forschungszwecke

und entdecken ein Skelett, das mit Eisen-

spitzen, die Hals, Becken und Knöchel durch-

bohren, in seinem Sarg festgenagelt ist.

Dieses gruselige Bild bot sich vor nicht allzu

langer Zeit dem amerikanischen Archäologen

Hector Williams, der mit der „University of

British Columbia“ verbunden ist, die sich immer

wieder mit Ausgrabungen rund um Mytilini

beschäftigt. Er entdeckte dieses Grab auf

einem türkischen Friedhof aus dem 19.

Jahrhundert, in der Nähe des nördlichen

Hafens. Allem Anschein nach hatten die Men-

schen, die diesen Mann einst zu Grabe trugen,

panische Angst davor, dass er wieder aus

seiner Kiste klettern könnte. Zur weiteren

Absicherung war der Sargdeckel noch mit

riesigen Steinen beschwert.

Dieser Fund ließ einen frischen Wind durch die

wissenschaftliche Welt wehen, zumal man

später, nah bei der Taxiarchis-Kirche, oberhalb

der Inselhauptstadt, auf ein weiteres Grab

stieß, in dem sich wiederum diese riesigen

Eisennägel befanden, dieses Mal an beiden

Seiten des Skeletts. Na, da kommt man doch

schon auf den Gedanken, dass die Menschen

seinerzeit dachten, es mit einem Vampir zu tun

zu haben. Auf jeden Fall war der Fund

interessant genug, dass ein TV-Dokumentarfilm

für den amerikanischen Sender „History

Channel“ gedreht wurde („Vampire Island“,

Regie: Julian Thomas, 2010). Der arme

Eisennagel-Mann bekam den Namen Vlad,

nach dem walachischen Herrscher Vlad Tepes

(1431-1476), alias Vlad Dracula oder Graf

Dracula.

In Westeuropa war es der irische Schriftsteller

Bram Stoker, der 1897 mit seinem Buch

„Dracula“ eine Fantasiegeschichte über den

Blut trinkenden Grafen aus Transsilvanien ver-

fasste und somit den Vampir populär und

gefürchtet machte. Geschichten über Vampire

Julie Smit lebt seit Jahren mit ihrem Lebens-

partner, dem Fotografen Jan van Lent, in

Eftalou. Sie schreibt unter dem Titel „Lesvos-

News“ eine wöchentlich erscheinende unter-

haltsame Kolumne über ihre Erlebnisse und

das Leben auf der Insel in ihrer holländischen

Muttersprache.

Gabriele Podzierski übersetzt die Texte ins

Deutsche und veröffentlicht sie auf ihrer

Website www.lesvos-web.com.

gibt es jedoch schon viel länger, und jede Kultur

hat ihre mythischen Figuren, die nach dem Tod

auferstehen, um sich von dem roten Lebenssaft

der Menschen zu ernähren. In Griechenland

heißen diese untoten Geschöpfe „vrykolakes“.

Der Glauben an Vampire wird hauptsächlich

geschürt durch Angst. Angst davor, dass der

Gestorbene nicht wirklich tot ist, aus seinem

Grab klettert und sich an den Lebenden rächt.

Gruselige, aber auch urkomische Filmszenen

über Tote, die sich plötzlich in ihrem Sarg

bewegen, gibt es genug.

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In der TV-Dokumentation wird auch versucht,

dem Mythos Vampir etwas auf die Spur zu

kommen. Durch allerlei chemische Prozesse,

die im Körper nach dem Tod ablaufen, kann

zum Beispiel der Eindruck entstehen, dass der

Verstorbene noch lebt: Haare und Nägel

wachsen noch eine Zeit weiter, der Magen kann

durch Gase anschwellen und die Leichenstarre

kann mit kleinen Bewegungen der Gliedmaßen

einhergehen.

Früher wurden Menschen, die anders waren als

die Masse, als Außenseiter gesehen und

behandelt. War man längere Zeit krank oder

hatte eine Behinderung, so wuchs die Befürch-

tung, sich nach dem Tod in einen Vampir zu

verwandeln. Auch Tuberkuloseerkrankte, die ja

bei schwerem Verlauf Blut spucken, wurden

nach ihrem Tod als Vampir gefürchtet.

Und „Vlad“ aus der TV-Doku? Nun, Wissen-

schaftler, die das Skelett untersucht haben,

sagten aus, dass es sich bei ihm um einen

Mann gehandelt haben muss, der zeitlebens

kräftig und gesund war. Tja, dann war er wohl

aus anderen Gründen ein Außenseiter…

Hier in Griechenland, wird man bereits 1 Tag

nach seinem Tod begraben und bleibt 2 Jahre

unter der Erde. Nach altem Volksbrauch ist die

Familie in dieser Zeit angehalten, den

Verstorbenen regelmäßig mit Essen, Trinken

und Gesprächen zu ver-sorgen. Die Tradition

Nahrung ans Grab zu bringen ist heutzutage

verblasst, aber häufigen Besuch erhält der

Verstorbene nach wie vor. Nach Ablauf der 24

Monate, werden die sterblichen Überreste

ausgegraben, mit der bangen Hoffnung, dass

die Knochen weiß sein werden, denn sind sie

nicht rein oder gar schwarz, nun, dann muss

derjenige wohl ein sehr sündiges Leben geführt

haben, und seine Familie sollte sich dafür

schämen. In so einem Fall, stopft man den

Toten wieder zurück in die Erde, und wenn die

Knochen nach einer 2. Exhumierung immer

noch nicht hell sind, tja, dann geht man davon

aus, dass der Tote zeit seines Lebens nicht

menschlich war, und eventuell gar ein Vampir.

Nachdem die Wissenschaft inzwischen jedoch

beweisen kann, dass die Farbe der Knochen

von der Bodenbeschaffenheit des Grabes

abhängt, können sie von einem Priester mit

Wein und Essig weiß gewaschen werden

(übrigens auch ein probates Mittel gegen

Vampire), und somit muss sich die Familie nicht

mehr für ihren sündigen Angehörigen schämen.

Der englische Archäologe Charles Thomas

Newton schrieb 1835 das Buch „Travels and

discoveries in the Levant“ über seinen Aufent-

halt auf Lesvos, wo er von 1852-1855

Vizekonsul war. Darin erwähnt er u.a. eine Insel

in Küstennähe von Mytilini, in deren Erde

Vampir-Kandidaten beigesetzt wurden, da die

Menschen davon ausgingen, dass Vampire in

Salzwasser nicht überleben und somit nicht von

diesem Eiland entkommen könnten. Hector

Williams ist der Überzeugung, dass Newton das

kleine Inselchen meint, das gegenüber von

Pamfila liegt. Noch hat der Archäologe nicht die

Chance bekommen, dort zu graben, aber er

sagt, er habe vom Flugzeug aus die Überreste

alter Gebäude erkannt, und ist sich sicher, dass

es eine Vampir-Insel sein muss, ein einzig-

artiges Fleckchen Erde!

Kreta hat vor seiner Küste das Inselchen

Spinalonga liegen, seit vielen Jahren ein be-

liebtes Ausflugsziel für Touristen. Bis in den

50er Jahren ein Mittel gegen Lepra gefunden

wurde, diente es jedoch ein halbes Jahrhundert

lang als Station für die Menschen, die von

dieser ansteckenden und unheilbaren Krankheit

befallen waren. Damals wagte niemand, die

Insel zu betreten, und heute wimmelt es dort im

Sommer von fröhlichen und unbeschwerten

Tagesausflüglern.

Glaubt man Hector Williams, so liegt vor der

Küste von Lesvos ein Vampir-Friedhof. Ich

hoffe mal, er wird bald dazu kommen, all die

Gräber zu suchen, zu finden und zu öffnen, um

seine Theorie zu untermauern. Wer weiß, welch

Gräuel diese Stätten offenbaren werden… Den

Mythen von Dracula ein griechisches Jäckchen

überziehen: Keine schlechte Idee, den

Tourismus auf Lesvos anzuheizen…

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Wer mag Sardinen Julie Smit, 10 August 2010

auf www.lesvos-web.com

BOULEVARD NEWS AUS LESVOS, geschrieben am 10. August 2010 von Julie Smit, aus dem

Holländischen/Englischen übersetzt von Gabriele Podzierski

Zwischen Mai und Juli findet vor der Küste von

Südafrika ein gigantisches Naturschauspiel

statt: Millionen von Sardinen finden sich zu

dieser Zeit dort ein, um gemeinsam gegen den

Agulhas-Strom Richtung Norden in ihre Laich-

gebiete bis nach Mosambik zu ziehen. Dieses

einmalige Phänomen erstreckt sich über

tausende von Kilometern entlang der süd-

afrikanischen Küste. Die Show beginnt bei den

Agulhas-Banks, dort, wo der warme Golfstrom

vom Indischen Ozean die kalte Strömung des

Atlantischen Ozeans umarmt. Nur verhältnis-

mäßig wenige der Sardinen erreichen ihr Ziel,

denn die Versammlung von so vielen silbernen

Fischchen bleibt nicht unbemerkt: Hunderte von

Delfinen, Haien, Seelöwen, Walen und

Seevögeln lassen sich dieses Festmahl nicht

entgehen und sorgen für einen spektakulären

Begleitkorso des riesigen Schwarms, der

Ausmaße von 7 km Länge, 1,5 km Breite und

30 Metern Tiefe erreichen kann.

Es gibt Jahre, in denen dieses Naturereignis

ausbleibt, aber wenn der Beginn der Sardinen-

Reise wahrgenommen wird, dann zieht es

zahlreiche Zuschauer an die Strände der

südafrikanischen Küste, die sich von dem

Sardinenfestival begeistern und sich nicht

entgehen lassen wollen, wie so viele über-

mütige Delfine und angsteinflößende Haifisch-

flossen durchs Wasser flitzen.

Aber die atemberaubendsten Darbietungen bei

diesem Spektakel liefern die Wasservögel, wie

Kormorane und Möwen, die aus höchster Höhe

pfeilschnell und doch elegant ins Wasser

schießen und bis zu 20 Meter tief tauchen, um

vom reichlich gedeckten Tisch zu nehmen.

Skala Kallonis ist der Ort auf Lesvos, der in

ganz Griechenland bekannt ist für seine

Sardinen, aber eine solche Sardinenwanderung

gibt es dort nicht, was mich auch nicht wirklich

betrübt, denn ansonsten würde das ja auch

zugleich Haie anziehen, und ich könnte mich in

den Gewässern hier rund um die Insel nicht

mehr sicher fühlen. Man sagt zwar, dass auch

einige von diesen Raubfischen hier in der Ägäis

herum schwimmen, aber weitab vom Ufer, und

außerdem seien es nicht die von der

gefährlichen Sorte.

Delphine kann man aber regelmäßig von der

Insel aus beobachten, aber wie auch bei der

Sardinenwanderung zu beobachten, sind sie

nicht die besten Freunde dieser Fische. Kurz

vor dem Ersten Weltkrieg tobte in Südfrank-

reich, und zwar in dem Fischerdorf Collioure

sogar ein regelrechter Krieg zwischen den

örtlichen Sardinenfischern und den Delphinen.

Grund dafür war, dass die verspielten und so

beliebten Meeressäuger unbedarft in die

ausgelegten Netze schwammen und diese

zerstört zurückließen, nachdem sie den Fang

verspeist hatten. Mit Hilfe von Kriegsschiffen

und Maschinengewehren (!) wehrten sich die

Fischer gegen die Räuber. Nach dem Krieg

wurden Netze aus Nylon eingeführt, womit sich

das Problem von selbst erledigte, denn

Sardinen aus Kunststoffnetzen stehlen, das war

alsdann nicht mehr so einfach.

Für die Griechen ist der Delphin immer noch

eine mythische Erscheinung, und ich bin mir

sicher, dass die griechischen Fischer, auch

früher, als noch Hungersnot herrschte, ihre

Finger von ihm ließen: Das Töten eines

Delphins bedeutete Unglück, und noch heute ist

es ein schlechtes Omen, wenn ein solches Tier

sich versehentlich in einem Netz verfängt.

Letzte Woche sah ich, wie das Wasser in der

hohen See aufspritzte, und ich dachte sofort,

dass sich dort Delphine tummeln. Schnell ergriff

ich das Fernglas, und was sah ich? Große

silbrige Fische, die aus dem Wasser sprangen:

Thunfische! Es sah so aus, als ob auch diese

einem Schwarm kleinerer Fische folgten, denn

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die Thunfische hatten

dermaßen Spaß,

dass sie Pirouetten

drehten und fröhlich

in die Luft sprangen.

In Skala Kallonis

findet übrigens all-

jährlich ein Sardinen-

festival statt. Letztes

Wochenende war es

mal wieder soweit.

Ich bezweifle zwar,

dass, anders als in

Südafrika, Millionen

von Sardinen in den

Mägen der Besucher

verschwunden sind,

aber es werden so zehntausend gewesen sein,

so viel, wie ein Wal auf seinem Besuch beim

Südafrika-Spektakel mit einem Biss verschlingt.

Auch die Kultur kam wieder nicht zu kurz, und

statt des anmutigen Balletts der Meerestiere

wurde das Sardinenessen in Kalloni begleitet

von Musik, traditionellen Tänzen und jeder

Menge Ouzo. Ohne Frage, begeisterte das 2-

tägige Festival seine zahlreichen Besucher.

Während der Sommermonate sind die fang-

frischen Sardinen aus dem Golf von Kalloni in

großen Mengen zu bekommen. Verzehrt

werden sie gegrillt, gebraten oder gesalzen,

gewürzt mit Öl und Zitrone („sardelles pastes“).

Zu anderen Jahreszeiten muss man sich mit

eingelegten Dosensardinen begnügen, aber

trotz alledem sollten Sie wissen, dass diese in

Salz eingelegten berühmten Fischchen aus

Kalloni im Vergleich zu anderen, wie z.B.

konservierte Anchovis, qualitativ weit besser

sind.

Viel Auswahl an Sardinengerichten gibt es in

den hiesigen Tavernen jedoch nicht, obwohl ich

bemerken muss, dass man mich für ein paar

gegrillte Sardinen in der Nacht wecken könnte,

und obwohl ich Sardelles pastes, begleitet von

Ouzo liebe, muss ich zugeben, dass diese, so

gesund und lecker sie sind, auf die Dauer doch

langweilig werden können. Das Internet bietet

Abwechslung: Man kann sie grillen in

Weinblättern oder servieren mit frittierten

Weinblättern, einen Kichererbsen-Avocadosalat

mit Sardinchen bereiten. Da gibt’s Rezepte für

ein Sardinenmousse, Sardinen-Pie mit

Senfsauce, Sardinen mit Aprikosenfüllung,

Sardinen mit Pesto, Sardinencurry, etc.

Tja, ich sollte das alles mit der Zeit mal

ausprobieren. Aber solange die derzeitige

feuchte Hitzewelle des Sommers noch anhält,

werde ich mich auf mein eigenes nachfol-

gendes Rezept beschränken, weil es so einfach

ist:

SARDINENCREME AUF GURKENSCHEIBEN

1 EL Griechischen Joghurt mit

2 EL Mayonnaise vermengen

1 TL Senf dazu

10 Sardinen (gekocht, gegrillt oder aus der

Dose) zerkleinern, alles zusammen mit dem

Stabmixer pürieren, mit Salz, Pfeffer und

Zitronensaft würzen, Kapern und gewürfelte

Gurke zufügen und dann alles auf Schlangen-

gurkenscheiben servieren.

LECKER!!!

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Fischerei auf Kreta Bettina Trüper, Chora Sfakion

http://bettinaki.wordpress.com

Chora Skakion

Wir, bzw. meine Familie, hat zwei Kaikia. Kaiki

nennt man in Griechenland die traditionellen

Boote, Psaradika Kaikia sind Fischerboote und

z.B. Touristika Kaikia sind Boote zur Beför-

derung von Menschen, wie z.B. Wassertaxis

Das eine Kaiki, hölzern, 9m lang, gehört

meinem Schwager. Es ist ausgerichtet für Netz-

fang. Das zweite Kaiki auch hölzern, 13m lang,

gehört meinem Mann. Er fischt mit Paragadia.

Paragadi wird in den meisten Lexika als

Schleppnetz übersetzt, das stimmt aber so

nicht. In diesem Fall ist das Paragadi eine sehr

lange, oft bis zu 1 km lange Nylonschnur. An

dieser Schnur hängt alle 3 m wiederum eine

Nylonschnur (etwas dünner als die Haupt-

schnur), sie wird Tricha genannt. Diese Tricha

ist ca. 1 - 1.5 m lang und an ihr hängt der

Angelhaken. Ihr habt dies bestimmt schon mal

gesehen, die Körbe oder Plastikwannen in

denen die Paragadia aufbewahrt werden.

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An die Angelhaken

kommen je nach

Jahreszeit, Tageszeit

(Tag- oder Nachtfang),

Mondstand, Größe der

Paragadia, ... die ver-

schiedensten Köder.

Von Krabben über

Ochtapodi, Kalamari,

Sardellen, Makrelen

und vieles mehr.

An beide Enden des Paragadi ist ein Seil mit

einem schweren Stein angebracht, der das

Paragadi auf den Grund zieht - am anderen

Ende eine Boje für die Wasseroberfläche.

Beim Auslegen der Paragadia wird zuerst das

Seil ins Wasser gelassen und dann folgt ein

Haken nach dem anderen. Um das Ganze nicht

im Chaos enden zu lassen, muß man dabei

höllisch aufpassen. Am Ende des Paragadis

kommt wie zu Beginn ein Seil mit einem Stein

und einer Boje.

Die Fischer kennen den Meeresgrund wie ihre

Westentasche, sie wissen wo die Felsen und

wo die Sandflächen, etc. sind. Gefischt wird

nicht überall auf gut Glück!!

Eingezogen werden die Paragadia natürlich von

einer der zwei Bojen aus. Bei welcher man

anfängt ist oft vom Wetter (aus welcher

Richtung kommen die Wellen) oder von

eventuell vorhandenen Strömungen abhängig.

Das Einziehen der Paragadia ist eine sehr

mühsame Angelegenheit. Oft lassen sie sich

nur mit viel Kraft einziehen, wobei man ein

extremes Gefühl dafür braucht. Einmal zu

ruckartig oder zu schnell gezogen und das

Paragadi kann reißen. Oft verhängen sich die

Triches an irgendwelchen Felsen, dann muß

mit dem Kaiki um diese Stelle geschickt

manövriert werden, denn um das komplette

Paragadi einzuziehen hat man nur zwei

Möglichkeiten: Sollte es reißen, was oft

passiert, kann man es ja noch von der zweiten

Boje einziehen. Sollte es dann wieder reißen

sind das dann die Momente an denen man die

schlimmsten griechischen Flüche zu hören

bekommt.

Bettina lebt mit

Ihrem Mann Kosta

(Sfakiote, Fischer

von Beruf) und

ihren drei kleinen

Jungs in Chora

Sfakion auf Kreta.

Auf Ihrer Website

bringt sie jeden

Monat mindestens

einen Bericht

und/oder eine Fotoreportage über das, was

dort gerade so passiert. Wie alles angefangen

hat, folgt auf der nächsten Seite.

Damit geht einmal das ganze teure Material

„schwimmen“, aber auch der ganze Zeitauf-

wand für die Vorbereitung war umsonst und

immer bleibt die Frage: „Wie viele Fische hat

man wohl verloren?“

Schwer heraus zu ziehen sind die Paragadia

natürlich auch, wenn ein Fisch am Haken

hängt, denn ein schöner Fisch von ein paar

Kilo kann sich ganz schön wehren.

Es ist wahrlich keine leichte Arbeit. Die Arbeits-

zeiten sind oft mitten in der Nacht. Auslegen,

etwas schlafen dann einziehen, was oft an die

4-5 Stunden dauert. Am Tage dann die Arbeit

mit der Vorbereitung der Paragadia für die

nächste Nacht.

Mein Kosta sagt immer, es mache ihm nichts

aus sich Tag und Nacht um die Ohren zu

schlagen, wenn der Fang stimmt. Besteht der

Fang allerdings am Ende nur aus ein oder zwei

lausigen Smineras (eckliger, schlangenartiger

Fisch) ist es schon sehr übel.

Der Fischbestand ist hier schon stark zurück-

gegangen, aber es gibt noch Fische und ich

denke es wird auch weiterhin welche geben.

Zum Fischen fahren sie hier entweder der

Küste entlang oder nach Gavdos. Fischer aus

Ag. Galini z.B. fischen auch an den Paximadia.

Die Fische, die wir hier fangen, werden ent-

weder an hiesige Tavernas verkauft, oder an

unseren Fischhändler aus Chania. Der hat

seinen Sitz in Chania in der Markthalle.

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Meine Kretareise auf Lebenszeit Von Bettina Trüper

Chora Sfakion, Kreta

Die Ankunft und das erste "Erwachen"

Ich werde nie vergessen, wie ich damals im

Dezember 2000 bepackt mit einem großen

Rucksack und einer Sporttasche in Iráklion am

Flughafen ankam. Busse fuhren nicht mehr, es

war schon recht spät. Kostas konnte mich nicht

abholen … mir blieb nur das Taxi. Um diese

Zeit ein Taxi nach Chóra Sfakíon zu bekom-

men, stellte sich als echtes Abenteuer heraus.

Ich hatte mehrere Taxifahrer gefragt. "Sfakiá?

Óchi Sfakiá!" - Nein, mein Mädel, in die Sfakiá

fahre ich dich nicht. Für mich war es ein echtes

Rätsel, ich verzweifelte allmählich … ich dachte

daran, Kostas anzurufen, aber wie? Noch keine

2 Stunden auf der Insel und schon hatte ich

Probleme? Ne ne, ich wollte wenigsten alleine

in die Sfakiá finden....und siehe da, ich fand

dann auch einen sehr netten Herrn mit Taxi, der

bereit war, mich ins abgelegene Chóra Sfakíon

zu bringen.

Ich war natürlich schon neugierig, was denn

nun los sei mit der Sfakiá ... warum so viele die

Fahrt verweigerten. Der gute Mann erklärte mir

dann, es hätte mehrere Gründe: zum einen

fuhren sie ungern in der Nacht in der Einsam-

keit über die Berge (na toll, dachte ich mir so),

zum anderen sei die Wahrscheinlichkeit, dass

von Sfakiá jemand zurück wolle, gleich null.

Also lohne es sich geschäftlich nicht. Na, und

dann sei da noch die schlechte Straße wegen

des Unwetters … Unwetter??? Ja, es hatte

wohl unmittelbar vor meiner Ankunft ein sehr

sehr heftiges Unwetter gegeben und unter

anderen die Straße sehr stark beschädigt …

und das stellte sich dann auch nicht als Lüge

heraus Hinter Ímbros war die Straße an

mehreren Stellen komplett weggerissen. Der

Taxifahrer war schon so um Sorge um seinen

tollen Mercedes … man konnte ihm ansehen,

dass er am liebsten umgekehrt wäre, aber er tat

es nicht: er brachte mich tatsächlich heil nach

Chóra Sfakíon.

Es war furchtbar: das Dorf war total in Matsch

und Schlamm versunken! Mit viel Mühe fuhren

wir bis in den Ort, bis zur Taverne Levká Óri.

Anmerkung:

Es ist 11 Jahre her, seit Bettina sich spontan

entschlossen hat zu ihrem Sfakioten nach

Kreta zu ziehen. Inzwischen ist sie Mutter von

drei Jungs und berichtet auf ihrer eigenen

Website http://bettinaki.wordpress.com über

das Leben in Chora Sfakion.

Ganz herzlichen Dank an Bettina, dass sie uns

auch diesen alten, sehr persönlich geschrieben

Bericht zur Verfügung stellt.

Kostas wartete mit seinem Cousin in der letzten

Cafeteria. Mein Gott, ich war so nervös … in

mir drehte sich alles … ich zitterte und bebte.

Ich vergaß beinahe den Taxifahrer zu bezahlen,

dazu musste er mich erst auffordern. Dann

stand ich da, bis zu den Knöcheln im Schlamm

und schlurfte in Richtung Cafeteria … und zur

Begrüßung wurde erst mal einer gebechert!!!!

Kostas und ich gingen spät und überaus heiter

nach Hause. Wir wohnten in einem der Apart-

ments der Familie. Kostas hatte vorher nur in

einem kleinen Zimmer gewohnt, im alten Teil

des Gebäudes … na ja, Zimmer wäre fast

schon zu viel gesagt, ich hätte es wohl eher

Rumpelkammer genannt … aber was soll's, wir

waren ja im schönen Apartment.

Aber es war so bitter kalt.... was heißt eigentlich

ich friere auf Griechisch... das war das, was

mich in diesem Moment am meisten

beschäftigte.... keine Heizung.... kein Öfchen...

kein warm Wasser... nichts... aber geschlafen

habe ich die erste Nacht in meinem neuen

Leben trotzdem wie ein Murmeltier....

Am nächsten Morgen … und zwar schon recht

früh … weckte mich Kostas: "Élla … páme …

Chaniá …" Eigentlich sagte er mehr als nur

diese drei Worte, aber das war eigentlich alles,

was ich verstanden hatte. Und wie sich noch

rausstellen sollte, hatte ich entschieden zu

wenig verstanden!!! Ich packte kurz meine

"Handtasche: Telefon, Geldbeutel, einen

zweiten Pulli, weil ich echt fror wie blöd, und

meinen Kittel. Kostas murmelte noch mal

irgendwas … aber wieder nichts verstanden.

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Mit seinem Bruder ging es dann in einem echt

alten "abgefahrenen", und damit meine ich ab-

gefahren im Sinne von verbrauchten, Golf nach

Chaniá. Die Straße war natürlich immer noch

kaputt. Da, wo ich am Vorabend mit dem Taxi

eine Stunde brauchte, brauchten wir jetzt nur

knapp eine Viertelstunde … mir hat es ein zwei

Male beinahe die Innereien zerschlagen …

aber irgendwo ging es mir dennoch einfach nur

gut: Ich saß da im Auto mit Kostas und seinem

Bruder, die die ganze Zeit redeten, ich kein

Wort verstand … und einfach nur glücklich und

zufrieden war.

In Chania

Wir fuhren in Chaniá zu Kostas' Kaíki, das er

gerade dort baute, in einer uralten Schiffswerft

bei Fodoras (eigentlich Theodoros). Ich war

sprachlos, als ich da in die Kuppelhalle ging …

so viele Eindrücke … es roch nach Feuer, nach

gerösteten Kastanien und ellinikós kafés. Es

gibt dort zwei Hallen. In der einen Halle, es war

die, in die wir zuerst reinkamen, saß ein eher

zierlich aussehender älterer Mann … "KOSTI"

rief er, und naja, mehr verstand ich dann mal

wieder nicht. Es war Fodoras.....er saß vor

einem alten Ölfass, das er zu einem Kachelofen

umgebaut hatte, genoss seinen Kaffee und aß

geröstete Kastanien.

Fodoras schaute Kosta an, zwinkerte ihm zu

und machte eine nickende Kopfbewegung zu

mir … "Jinéka mou!" sagte Kosta … und das

Wort kannte ich, das hieß "meine Frau". "Alles

klarrr?" fragte mich Fodoras. Ganz stolz

antwortete ich sogar auf griechisch … "kalá!".

Die Männer machten sich recht bald an die

Arbeit. Als ich zum ersten Mal das Kaíki, bzw.

das Skelett des Kaíkis sah, erschien es mir

riesengroß! Es stand in der zweiten Halle,

vorne oben waren ein großes hölzernes Kreuz

und eine Knoblauchknolle angebracht … ich

war ganz hin und weg. Es war so beeindruck-

end! Ich kam aber schnell wieder zu mir, durch

einen recht robusten Schlag auf den Rücken.

"Fodoras … kaikia ee?" Dann ging das

Geklopfe, Gesäge und Gewerke los … ich

wusste gar nicht, wo ich zuerst hinschauen

sollte. Ich war echt überfordert damit, plötzlich

mitten im griechischen Alltagsleben zu sein, in

dieser Schiffswerft, all die Gerüche und Ge-

räusche … die fremde Sprache, die so schön

anzuhören war, Gefühle, die ich jederzeit

wieder aufrufen und wieder spüren, aber nicht

beschreiben kann. Mittags wurde auf dem

umgebauten Ölfass Hühnchen gegrillt, ich

brauche wohl nicht zu betonen, wie lecker es

war!!!

Der Tag neigte sich langsam dem Ende zu,

draußen war es schon dunkel … und bald sollte

ich erfahren, was ich besser schon in der Sfákia

erfahren hätte sollen: Von der Werft gingen wir

nicht etwa zum Auto, das war nämlich gar nicht

mehr da, Kostas' Bruder war schon vormittags

weggefahren. Nein, es ging nicht weit von der

Werft in einer hinteren Gasse zu einem "Rooms

to Rent". Klasse, wir fuhren gar nicht mehr in

die Sfakiá, wir blieben in Chaniá … und nicht

nur diese eine Nacht! Wir blieben 4 Tage in

Chania. Die erste Nacht war mir egal … ich war

von den ganzen neuen Eindrücken eh so fix

und alle. Wir gingen abends nur noch zu Stelios

in eine kleine Taverne am Hafen und dann fiel

ich auch schon in den Tiefschlaf. Kostas weckte

mich am nächsten Morgen auf und wir gingen

wieder in die Werft … ellinikós kafés gab es bei

Fodoras. Als ich dann so meinen Kaffe

schlürfte, wachte ich wohl erst so richtig auf.

Innerlich lachte ich mir schier den Ast ab… was

war eigentlich in den ersten beiden Tagen ge-

schehen? Ich war wohl wie in Trance, dass ich

einfach alles über mich ergehen ließ, ohne mich

zu informieren, wohin, wann, wo, wie lange …

das musste sich ändern! Ich nahm mir Kostas

bei Seite und stotterte mir einen auf Griechisch

ab. Aber immerhin, ich bekam dann doch raus,

dass wir ein paar Tage in Chaniá bleiben und

dann erst in die Sfakiá fahren würden … für

mich hieß das nur eins … ab zum Einkauf …

was man halt so alles Notwendige braucht …

zweite, dritte Garnitur Klamotten, Waschzeug

… Das war gar nicht so leicht, wenn man

Chaniá nur vom Sommer und den Touristen-

läden kennt, aber ich hab's geschafft. Die 4

Tage vergingen wie im Fluge und es war ein

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fach nur schön … und jeden Tag lernte ich ein

paar Worte griechisch dazu …

Rückblickend kann ich gar nicht mehr nach-

vollziehen, wie wir uns verständigt haben. Ich

hatte mir in Deutschland ein Handy gekauft und

Kostas täglich griechische SMS geschickt. Aber

irgendwie war das bloße Schreiben mit dem

Reden und Hören absolut nicht zu vergleichen.

Kostas sprach (und spricht auch heute) kein

Wort Englisch, es ging alles nur übers

Griechische … naja und dann kam noch hinzu,

dass er auch eigentlich eher Sfakiótisch als

Griechisch spricht. Und es war zeitweise

wirklich sehr schwer, aber dafür war ich bei

jedem Erfolg um so stolzer auf mich selber und

das spornte mich an und machte unwahr-

scheinlich viel Spaß. Man lernte immer das,

was man gerade brauchte, und alles konnte mit

bestimmten Gefühlen und Erlebnissen

"gespeichert" werden und blieb so auch in der

Erinnerung.

Das waren meine ersten Tage meines auf-

regend neuen Lebens auf Kreta. Es gibt noch

viel zu erzählen, von meinem Leben auf Kreta,

viele Geschehnisse des Alltags, inmitten einer

kretisch-sfakiótischen Familie und Gesellschaft.

Μίλα! Αντε μίλα! - Míla!, Áde míla! -

Sprich! Los sprich!

Die ersten Monate meines neuen Lebens ver-

brachte ich in Chaniá. In der Sfakiá waren wir

immer nur für ein zwei Tage … immer nur kurz

zur Erholung … und wohl auch, damit Kostas

die letzten Neuigkeiten vor Ort erfuhr.

In Chaniá war der Tagesablauf eigentlich immer

der gleiche: früh aufstehen, den ganzen Tag

beim Kaíki, abends etwas essen und dann

halbtot ins Bett fallen, aber trotzdem war jeder

Tag wie kein anderer. Jeden Tag erlebte ich

etwas Neues, sah etwas Neues, lernte etwas

Neues …

Langsam hatte ich mich sogar daran gewöhnt,

dass ich eigentlich so gut wie nichts verstand,

und wenn ich was zu sagen hatte, das kurz und

knapp mit den mir zur Verfügung stehenden

Worten sagte … ach, ab und zu mal ein Tele-

fonat mit der Familie in Deutschland, da konnte

ich dann wieder so richtig loslegen, nicht, dass

meine Zunge noch lahm wurde. In Sachen

Kommunikation war um mich herum eine ge-

wisse Stille eingetreten … aber durchaus eine

angenehme Stille, es war überhaupt nicht be-

klemmend und einsam fühlte ich mich auch

nicht. Kostas und ich verstanden uns auch

irgendwie so, mit wenig Worten … man achtet

einfach mehr auf andere Dinge, wie Tonfall,

Körpersprache. Ja, ich weiß, da kann man auch

ins Fettnäpfchen treten. Wenn man zu einem

Hund mit liebkosender entzückter Stimme sagt:

"Na, du kleiner stinkender Straßenstromer, hau

ab!", dann wendet er sich nicht etwa ab,

sondern freut sich wie ein König, wedelt mit

dem Schwanz und schaut einen ganz lieb an

(so einen Hund gab es da übrigens, es war

wohl der hässlichste Hund, den ich jemals

gesehen habe, er hieß Mourgo).

Na ja, voll Vertrauen verließ ich mich also auf

die Tonlage und Körpersprache und konzen-

trierte mich stets auf das, was ich sah und vor

allem auf mein Gehör … so bekam ich schnell

bestimmte Ausdrücke mit, zusammenhängende

Sätze, die sich immer wieder und immer wieder

wiederholten, bis ich dann auch verstand, was

es bedeutet.

Einzelne Worte lernte ich am schnellsten, wenn

Kostas etwas von mir wollte: "Fére mou to sfirí!“

Fére mou, das war mir klar, das hieß soviel wie

"hol mir, oder bring mir" … aber dann!? Dann

steht man da und überlegt Sfirí, Sfirí, was

konnte nur Sfirí bedeuten … und wenn man

dann im Hintergrund hört …"to Sfirí!" Na klar,

akustisch hatte ich das schon verstanden, nur

da lag ja viel rum. Mit dem Finger zeigte er mir

dann auf eine Werkbank, das machte es aber

auch nicht wirklich leichter, die Werkbank, war

sowas von chaotisch. Auch wenn ich gewusst

hätte, was Sfirí bedeutet, hätte ich mich wohl

eher schwer getan … "akoma?" … er wurde

also auch noch ungeduldig, aber dann kam

seine Rettung: "Sfirí, táka túka táka túka!!!"

Klar, nun hatte ich's auch verstanden - Sfirí ist

der Hammer. Und so vergisst man eben einfach

nie mehr, was Sfirí heißt!!!

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So lernt man ein Wort nach dem anderen,

Stück für Stück, jeden Tag ein paar Worte

mehr.

In der Werft herrschte immer ein reges

Kommen und Gehen: Fischer aus Chaniá ...

Freunde ... Bekannte ... Neugierige ... es war

immer etwas los. Und für ein kleines Schwätz-

chen sind Griechen bekanntlich auch sehr

gerne zu haben. Zwei Männer, schon älter ...

Spyros und Stratis, waren jeden Tag stunden-

lang da. Spyros war wohl ein Onkel von Kostas,

der in Chaniá wohnte, und Stratis ein Bekann-

ter. Spyros war ein echt lustiger, ein Schelm,

das merkte ich nicht an dem was er sagte, ich

verstand ja nur die Hälfte, aber an seinen

Augen und besonders an seinem verschmitzten

Lachen. Stratis war eher ruhiger, er war es

auch, der sich immer am meisten bemühte,

langsam und deutlich zu sprechen.

Mein Problem war inzwischen gar nicht mehr so

sehr das Verstehen, das klappte schon recht

gut. Meistens verstand ich, über was sie sich

unterhielten, zwar nicht immer Wort für Wort,

aber den Sinn wohl schon. Mein Problem war

nun viel mehr, selber zu sprechen, irgendwie

gab es da eine riesengroße Hemmschwelle.

Innerlich wusste ich das, was ich sagen wollte,

schon, aber irgendwie brachte ich es einfach

nicht über die Lippen. Eines Abends saßen wir

in einer kleinen Taverne, na ja, eine Taverne

war es wohl gar nicht wirklich. Es gab dort das

tollste gegrillte Hühnchen, sie hatten sogar

einen Lieferservice … (der wurde dann auch ab

und zu genutzt) Da saßen wir ... Kosta, Stratis

und ich … und ich erinnere mich noch, Stratis

hielt wohl einen Vortrag über die Liebe zweier

Menschen unterschiedlicher Nationalitäten. Ich

musste immer nur grinsen, ich weiß gar nicht

mehr warum, vielleicht aus Verlegenheit.

Irgendwann schaute er mich an und sagte mit

doch ziemlich ernster und beinahe schroffer

Stimme: "Katálaves ti léo?“ Das hieß so viel wie

- verstehst du was ich sage - viel antwortete ich

nicht, ich fasste es in einem Wort zusammen,

wahrscheinlich sagte ich "lígo" ... ein wenig …

Da klopfte er mit der Hand auf den Tisch,

schaute mich an und sagte "Míla! Áde míla!" Er

hatte wohl verstanden, dass mein Hauptprob-

lem darin bestand, dass ich nicht wirklich anfing

auch Griechisch zu sprechen, sondern immer

nur in möglichst kurzen Sätzen antwortete. Er

erklärte mir dann, dass ich nie Griechisch ler-

nen würde, wenn ich nicht endlich anfing zu

sprechen. Die ganze Situation war für mich

dann aber doch kurz etwas erdrückend - ich

wusste ja, dass er Recht hatte - aber auf Knopf-

druck ging das nun auch wieder nicht, den

Abend musste ich dann auch wirklich erstmals

verdauen.

An den folgenden Tagen geschah immer das

gleiche. Stratis sah mich und fragte nur

"mílises?" – hast du gesprochen? Natürlich

hatte sich bei mir noch nicht viel geändert, wie

auch, die Hemmschwelle war einfach zu groß,

aber eingesehen hatte ich das schon. Also

musste ich was unternehmen, denn ich wollte ja

unbedingt die Sprache lernen. Wie sollte ich

denn sonst mit Kostas und allem zurecht-

kommen! Dann kam mir eine Idee: ich musste

ja nicht wirklich viel da machen … habe zwar

geholfen, wenn es für mich etwas zu helfen

gab, aber wirklich wichtig war das auch nicht.

So beschloss ich, mich immer wieder zurückzu-

ziehen. Ich wollte irgendwo sein, wo ich alleine

war und mich keiner hörte. Und ein toller Platz

dazu war direkt am Meer, hinter der Schiffs-

werft, da ging ich dann immer hin und sprach

lauthals mit mir selber, alle griechischen Wörter

die mir in den Sinn kamen … ob es einen Sinn

ergab oder nicht … egal … ich dachte daran,

wie ich es von den Griechen hörte und sprach

einfach drauf los. Das ging ein paar Tage so

und es war echt lustig … irgendwie prägte sich

das nun auch bei mir ein, es ging auf einmal

und ich versuchte nun, auch aus allen

Vokabeln, die ich hatte, richtige Sätze zu

bilden. Das klappte auch … wunderbar ... und

so kam es dann ganz langsam auch dazu, dass

ich anfing, in Gesellschaft zu sprechen. Das

geschah von ganz alleine. Vorher hatte ich mir

das ja auch schon immer im Kopf zurecht ge-

legt, aber eben nie ausgesprochen. Auf einmal

sprach ich es auch aus, ohne darüber nachzu-

denken, einfach so … und von Tag zu Tag

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wurde es mehr. Ich wurde immer mutiger und

alles wurde immer einfacher! Es dauerte wohl

drei bis vier Monate, bis ich von mir behaupten

konnte, ich könne mich gut auf Griechisch ver-

ständigen. Und es dauerte auch nicht wirklich

viel länger, bis ich das erste Mal merkte, dass

ich griechisch nachgedacht hatte, so ganz ein-

fach und normal: auf Griechisch nachgedacht.

Deutsch sprach ich ja nun wirklich nur noch

sehr wenig, ab und zu am Telefon mit der

Familie, ansonsten gar nicht. So machte sich

das Griechische immer mehr in meinem Kopf

breit.

Im folgenden Sommer war ich viel mit meiner

Schwägerin zusammen, der Frau von Kostas'

Bruder. Sie half mir wirklich unwahrscheinlich

viel, sie erklärte mir die Grammatik, verschie-

denste Bedeutungen einzelner Wörter und sie

korrigierte mich vor allem bei jedem noch so

kleinen Fehler. Das war schon eine klasse

Hilfe.

Und es wurde Sommer ...

Kostas fuhr nun regelmäßig mit seinem neuen

Kaíki zum Fischen … entweder nach Gávdos

oder hier vor der Küste der Sfakiá. Ich bin

etliche Male mitgefahren, habe dort viel erlebt

und viel gelernt. Man kann von der Fischerei

viel erzählen … Erlebtes … Gesehenes …

Lustiges … Spannendes … aber vieles lässt

sich einfach nicht in Worte fassen. Mein

Schicksal hat es wohl gewollt, dass ich das

alles mal erleben durfte, und dafür bin ich auch

sehr dankbar.

So schön es aber auch war, es war sehr an-

strengend auf dem Kaíki, auch wenn die Arbeit

mich doch eher verschonte. So kam es dann

auch dazu, dass ich mich ab und zu dazu ent-

schloss, mal nicht mit nach Gávdos zu fahren,

auch wenn es mir immer schwer fiel … der Ab-

schied von Kostas … der Verlust auf die Zeit

auf dem Kaíki, aber es warteten neue Erlebnis-

se auf mich.

Ich verbrachte viel Zeit mit meiner Schwägerin

… von ihr lernte ich nicht nur viel Griechisch,

ich erfuhr auch viel über den Ort und die

Menschen Durch viele Gespräche und

Erzählungen lernte ich so einiges über die

Menschen hier im allgemeinen und den einen

und anderen im Besonderen, und das alles aus

erster Hand … sie erzählte mir viel über die

einzelnen Dorfbewohner ... wer ist mit wem

verwandt ... wer macht was ... einfach alles,

obwohl sie selber keine Sfakiótissa ist, nicht

einmal Kreterin, kannte sie sich bestens aus,

auch in den Sitten und Bräuchen. Sie war die

perfekte Lehrerin und immer hatten wir Spaß

dabei ... dabei merkte ich fast gar nicht, wie gut

mein Griechisch wurde ... eigentlich lernte ich

bei ihr sogar kochen. Ich schaute bei ihr näm-

lich immer in die Töpfe, wenn sie die tollen

griechischen Sachen kochte … die "Chemie"

zwischen uns passte einfach vom ersten

Augenblick an. Wir verbrachten immer mehr

Zeit miteinander ... es wurde immer lustiger ...

und eine neue Freundschaft war entstanden.

Wieder ein Grund mehr, warum ich mich so

unwahrscheinlich in der Sfakiá wohl fühlte.

Ende Mai, Anfang Juni sagte Kosta dann, es

gäbe Arbeit für mich ... naja gut, von Arbeit

konnte ich eigentlich nicht wirklich reden ... sein

ältester Bruder hatte oberhalb des Strandes

eine Art Kiosk aufgemacht, damals war es ein

kleines Ding, ein Raum mit Fenster und Tür und

ein paar Steckdosen. Drinnen gab es nur einen

Kühlschrank für Getränke und einen für Eis und

ein Regal für Chips ... mehr nicht. Meine

"Arbeit" war es nun, dort zu verkaufen. Es hielt

sich wirklich in Grenzen … viel war nicht los …

in Sachen Verkauf zumindest!

Für mich war es aber der Renner. Morgens ein

kurzes Bad im libyschen Meer und dann ober-

halb des Strandes an den "Kiosk". Ich holte mir

einen Liegestuhl und einen Sonnenschirm und

ließ es mir so richtig gut gehen ... man konnte

so schön die Leute am Strand beobachten ...

langweilig wurde es nie und Paréa gab es auch.

Vangelio, meine Schwägerin, kam in jeder

freien Minute zu mir ... meist brachte sie dann

einen eiskalten Frappé mit oder einen Teller mit

Obst, ach, eiskalte Karpoúsi (Wassermelone).

Wassermelonenkernweitspucken und Kirsch-

kernweitspucken ... was haben wir gelacht.

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Mittagessen gab es immer von und bei meiner

Schwiegermutter in spe, sie rief mich immer

wenn das Essen fertig war, ich machte den

Kiosk für ein paar Minuten zu und genoss die

herrliche typische kretische Küche. Frisch

gestärkt ging es dann erneut an die "Arbeit". Ab

und zu mal ein Eis verkauft ... ein kaltes

Getränk … ab und zu mal kurz ins Meer hüpfen

stand natürlich auch auf dem Programm.

Am späten Nachmittag aber ging es mit

Vangelio regelmäßig zum Schwimmen, die

schönste Stunde am Tag … wir schwammen oft

bis zu den "drei Felsen" raus … sprangen wie

die jungen Mädels ins Wasser ... machten

Purzelbäume. Dass wir die Zwanzigjahres-

grenze schon ein paar Jährchen überschritten

hatten, konnte man nicht wirklich erkennen.

Wir blieben fast jeden Tag über eine Stunde im

Wasser, wir warteten immer die Daskalogian-

nisfähre ab. Wenn sie kam und dann wieder in

Richtung Loutró fuhr, war es auch für uns Zeit,

unsere aufgeweichte Haut aus dem Wasser zu

bewegen ...

Es war einfach eine tolle Zeit … aber der Ab-

schied von Kostas, jedes Mal, wenn er nach

Gávdos fuhr, fiel mir trotzdem riesig schwer.

Meist fuhr er morgens, da schwamm ich dann

immer zu "meinen" drei Felsen und schaute

dem Kaíki nach ... ich saß oft auf den Felsen,

bis ich das Kaíki nicht mehr sehen konnte ...

genoss den Ausblick und die Ruhe. So ver-

gingen die Tage und Wochen.

Juni ... Juli, es wurde immer heißer … es

kamen immer mehr Touristen … man lernte

den einen und anderen kennen, die jeden Tag

an den Strand kamen ... es kam zu netten

Bekanntschaften, die bis heute noch anhalten

… und wenn zwei, drei Wochen lang jeden Tag

bestimmte Leute an einem vorbeilaufen und

"kalí méra - guten Morgen" sagen, und dann

auf einmal nicht mehr, weil sie abgereist sind ...

das war schon immer komisch ... aber dann

kamen neue Touristen, neue Gesichter, neue

Geschichten.

Ab August bekam ich sogar noch richtig Arbeit

dazu: ich sollte die "Herrschaft" über die Liegen

und Schirme am Strand übernehmen ... das

artete manchmal sogar richtig in Stress aus,

hoch die Treppe, runter ... hoch – runter ... und

das bei 40° im Schatten ... das war schon heftig

zeitweise.

Im September war immer noch recht viel los ...

es war aber eigentlich nicht mehr ganz so heiß,

aber irgendwie strengte mich komischerweise

immer noch das hoch und runter an, irgendwie

war mein Kreislauf nicht das, was ich kannte.

Irgendetwas war anders … der Frappé

schmeckte zwar noch, aber nicht mehr so wie

vorher … und warum es einem aus unerfind-

lichen Gründen auf einmal "gammelig" wird?

Tja ... das alles lag daran, dass ich nicht mehr

alleine war!! Die Freude war einfach zu groß …

ein weiterer, großer Wunsch und Traum ging in

Erfüllung … Nachwuchs. Am Anfang war ich ja

schon eher etwas gespannt ... ich meine, wir

lebten in der Sfakiá ... da lebt man schon eher

noch nach den "Alten Zeiten" und Kostas und

ich waren noch nicht verheiratet ... und nun

kam der erste Nachwuchs. Aber die Zeiten

ändern sich eben auch in der Sfakiá … alles

war gut … und es war so schön zu sehen, wie

sich die Menschen aus dem Ort freuten ... das

war dann auch die Zeit, in der dann ein für alle

mal im ganzen Ort aus der "Γερκαλίδα ηοσ

Κώζηα" (der Deutschen von Kostas) die Bettina

wurde.

Der Sommer ging im Flug vorbei... es kommt

mir heute noch so vor, als sei es gerade erst

letztes Jahr gewesen ... so viel ist mir noch so

gut in Erinnerung. Und es sind nicht nur ganz

bestimmte Ereignisse ... nein, auch so ganz

"belanglose" Momente, die man aber irgendwie

doch ganz intensiv gelebt und erlebt hat.

Es war noch kein Jahr vergangen, seit meinem

"Schnellstart" in ein neues Leben … und es

kam ein neuer Start in ein wieder neues Leben

… ein Leben, in einer griechischen Familie

seine eigene Familie zu gründen. Das konnte

nur spannend und aufregend und schön zu

gleich werden ...

Wenn sie weiterlesen möchten: http://issuu.com/bettinaki/docs/meine-kretareise-auf-lebenszeit

Aktuelles von Bettina: http://bettinaki.wordpress.com

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ANOGIA - I Kriti ton Oneiron Margaretha Rebecca Hopfner, 14. 9. 2004

auf www.margarethahopfner.net

Von Anogia, jenem Bergdorf am Fuße des Ida,

hatte ich schon viel gelesen und gehört. Wider-

stand gegen verhaßte Besatzer hat hier lange

Tradition, und seine Männer sollen – so wie

jene der Sfakia – seit Jahrhunderten zu den un-

nachgiebigsten und stolzesten ganz Kretas

zählen. Weithin bekannt ist Anogia allerdings

auch für seine in einem eigens dafür geschaf-

fenen Kollektiv zusammengeschlossenen

Frauen angefertigten Webereien. Ihre schönen

Handarbeiten prägen das gesamte Erschein-

ungsbild des Ortes, weil sie an fast allen Haus-

wänden prangen und am Strassenrand zum

Verkauf angeboten werden. Besonders schöne

Schafwollteppiche werden erzeugt, denn

schließlich ist Anogia mit seinen ca. 100.000

Schafen und Ziegen auch Kretas Zentrum der

Schaf- und Ziegenzucht. Unverwechselbar

kretischen Klang aber erhält der Name des

Dorfes durch die großen Musiker, die aus

seiner Mitte hervorgegangen sind.

Anogia liegt in 790 m Seehöhe, von Heraklion

ist es cirka 35 km und von Rethymnon cirka 55

km entfernt. Von diesem Bergdorf gelangt man

über einen Wanderpfad zur Nida-Hochebene

am Fuße des Psiloritis. In den Sommermonaten

weiden auf diesem fruchtbaren Hochland die

zahlreichen Schafe und Ziegen der Bauern von

Anogia. Aber auch eine uralte kretische Kult-

stätte, wenn nicht gar die bedeutendste, – das

Ideon Andron, die Zeus-Höhle – ist von hier aus

zu begehen und einzusehen. Göttervater Zeus

soll an diesem heiligen Ort aufgewachsen sein:

Rhea, seine Mutter hatte ihn hier vor seinem

Vater Kronos versteckt. Einer Unheilsprophe-

zeiung gehorchend, die ihm den Sturz vom

Thron durch eines seiner Kinder vorhersagte,

verschlang alle seine neugeborenen Kinder, um

Konkurrenten um die Macht von vornherein

auszuschalten. Als Zeus geboren war, täuschte

Rhea Kronos, indem sie ihm einen in Windeln

gehüllten Stein zum Essen gab und das Kind in

ein sicheres Versteck – das Ideon Andron –

verbrachte, wo es von den Chureten bewacht,

aufwuchs. Immer, wenn das Kind schrie,

schlugen die Chureten mit ihren Schildern

gegeneinander und übertönten so mit ihrem

Waffenlärm das Kinderweinen, sodass seine

Anwesenheit unbemerkt blieb

Noch nicht so lange ist es her, denn grad ein-

mal ein paar Jahrzehnte sind vergangen, als

Anogia konspirativer Schauplatz des Wider-

standes gegen das Naziregime war. 1944

wurde in der Nähe von Archanes der deutsche

General Kreipe von britischen Offizieren im

Zusammenwirken mit kretischen Partisanen –

unter ihnen Männer aus Anogia – entführt,

unter den Augen der Besatzer durch zahlreiche

Kontrollen quer durch Kreta verbracht und

schließlich von der Südküste aus nach Afrika

verschifft. Diese Route hatte auch durch Anogia

und das Ida-Gebirge geführt. Die deutschen

Machthaber antworteten auf diese Schmähung

mit äußerst grausamer Vergeltung, denn

Anogia wurde - wie Kandanos im Westen

Kretas für eine andere Widerstandsaktion - bis

auf die Grundmauern niedergebrannt und seine

Bevölkerung zu einem großen Teil ausgerottet:

„Alle 950 Häuser wurden zerstört und alles Vieh

getötet... (...) Der Befehl lautete weiter, alle

männlichen Einwohner, derer man im Umkreis

von 2 km habhaft werden könne, zu er-

schießen. Die Männer waren allerdings schon

am Abend zuvor in die Berge geflohen, doch

wurden die Alten und Gebrechlichen, die ihre

Häuser nicht verlassen konnten, von den

Deutschen ihrem Schicksal überlassen und

verbrannten. Weitere Bewohner wurden in der

Umgebung des Ortes exekutiert. Die offizielle

Liste der Präfektur Rethimnon führt 117

getötete Bewohner Anogias auf.“ (Eberhard

Fohrer, S.249) Derartige Katastrophen hatten

diesen Ort bereits im 19. Jahrhundert zweimal

heimgesucht: sowohl 1822 als auch 1866

zerstörten die Türken im Zuge der großen

kretischen Aufstände das Dorf. Immer wieder

bauten die Menschen von Anogia ihre Heim-

stätte neu auf, nach dem 2. Weltkrieg gar mit

amerikanischer Hilfe.

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So wundert es nicht, dass gerade in Anogia das

musikalische Herz Kretas schlägt, zumal sich in

der Musik die innersten, tiefsten Anliegen und

Empfindungen von Menschen spiegeln, ein

Volk zentrale Impulse für seine Identität aus ihr

erhält: Die Musikerfamilie Xilouris mit ihren

berühmt gewordenen Söhnen Nikos, Yiannis

und Antonis stammt von hier, ebenso Vassilis

Skoulas. Ein anderer unverwechselbarer

Musiker der Gegenwart – Ludovicos Ton

Anoyion, dessen CD "Colours of Love" auch

musikalisch eine Rarität darstellt – hat den

Namen seines Dorfes gar seinem Künstler-

namen einverleibt, sodass man wisse, aus

welch wunderbarer Kehle Kretas die Klänge

strömen, wenn seine Musik das Land erfüllt ...

Mir wurde in Anogia eine wunderschöne Er-

fahrung zuteil, die sich tief in mein Herz einge-

prägt hat: Nachdem ich ein wenig durch das

Dorf gestreift war, mir die schönen Webarbeiten

angesehen hatte, kehrte ich zur Platia zurück

und stand plötzlich vor einem Haus mit der In-

schrift „Nikos Xilouris House“. Dies mußte das

Haus der

Musikerfamilie

Xilouris sein.

Einer Leiden-

schaft folgend,

meine Ein-

drücke festzuhalten, zu dokumentieren, foto-

grafierte ich sogleich den Hauseingang mit

seiner vielsagenden Bezeichnung, und kaum

dass ich mich versah, hatte ich schon direkt von

der Straße aus seinen ersten Raum betreten.

Eine freundliche, ältere, in Schwarz gekleidete

Dame, mit zartem Goldschmuck angetan, der

ihre persönliche Exklusivität wohl ein wenig

unterstreichen sollte, lockte mich charmant

hinein und gab sich sofort als „sister“ zu erken-

nen: Es war Zouboulia Xilouris, die Schwester

all dieser großen Künstler, die – wie sich her-

ausstellte – mit Hingabe das Andenken an ihre

so herausragend begabten Brüder Nikos,

Yannis und Antonis in Ehren hält und der

Mitwelt nahebringt. Sie muß meine Rührung

bemerkt haben, denn schließlich unterhielt sie

sich mit mir zwei Stunden lang in bruchstück-

haftem Englisch und Französisch, denn ich bin

leider des Griechischen – noch – unkundig, sie

bewirtete mich und zeigte mir sämtliche Räume

ihres Elternhauses, welche über und über mit

Fotografien von allen Familienmitgliedern ge-

schmückt sind. In diesen Mauern, in kleinen,

bescheidenen Räumen hatten sie also gelebt,

die Xilouris-Brüder, mit ihren Eltern und

Schwestern, hier erhielten sie von ihrem Vater

den ersten musikalischen Unterricht, fingen

gemeinsam zu musizieren an, um dann einzig-

artige Stimmen Kretas zu werden ...

Aufmerksam hörte ich hinein in dieses Haus,

betrachtete die Bilder, lauschte Zouboulia

Xilouris, teilte mit ihr eine Mahlzeit und vernahm

im Geiste ganz deutlich ein von ihrem Bruder

Yiannis so wundervoll auf der Laute gespieltes

Lied, das ich bei mir zuhause in Wien oft und

oft schon gehört hatte und das wie kaum ein

anderes kretisches Musikstück aus den Tiefen

der Seele Kretas zu mir spricht, mir die Kraft

Kretas schenkt und mich mit Kreta verbindet:

I Kriti ton Oneiron!

Folgenden Werken habe ich Hinweise entnommen:

Vassilakis, Antonis: Kreta. Geographie – Geschichte – Museen – Archäologische Stätten und Monumente. Athen.

Fohrer, Eberhard: Kreta. Michael Müller Verlag. 2003.

Brinke, Margit und Peter Kränzle: Kreta. Reise Know-How-Verlag. 2. Aufl. Bielefeld. 2000.

M.R. Hopfner, Wien, ©2004, Alle Rechte vorbehalten

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Toplou – Ein Kloster auf Kreta rüstet sich für den Tourismus Kretischer Mönch verfolgt lukrative Geschäftsidee

Marianthi Milona Griechenland Zeitung

23.05.2007

Eigentlich ist es eine Erfolgsstory. Die Geschichte des Klosters Toplou, das weit abgelegen im

Nordwesten Kretas auf einer Anhöhe liegt. Seine Ländereien gehen bis hinunter zum Wasser, wo

der bekannte Palmenstrand von Vai ist. Jährlich besuchen tausende Touristen dieses schöne

Naturschutzgebiet. Jedes Reisebuch empfiehlt es. Nun ist es – bedingt durch eine lukrative

Geschäftsidee – in die Schlagzeilen geraten.

Das Kloster Toplou ist über 500 Jahre alt und

besitzt vor allem durch große Schenkungen und

Erbschaften, die im 17. und 18. Jahrhundert

erfolgten, viele Ländereien. Auch der Palmen-

strand von Vai gehört dazu. Wie viele andere

große Klöster auf Kreta hat Toplou im griech-

ischen Widerstand gegen die osmanischen

Besatzer eine wichtige Rolle eingenommen.

Seit jener Zeit besteht eine enge Verbindung

zwischen Kirche und Staat. Eine klare Tren-

nung der beiden hat bisher nicht stattgefunden.

Das Kloster Toplou ist nun in die Schlagzeilen

geraten. Einer der drei noch im Kloster leben-

den Patres, Philotheos Spanoudakis, hatte

nämlich eine lukrative Geschäftsidee. Er dachte

sich, es sei eine Schande, das viele Land und

die zahlreichen Strände ungenutzt zu lassen.

Schließlich würden in der Region viele Men-

schen davon profitieren. Sie könnten auf Kreta

eine Arbeit finden und müssten nicht von dort

wegziehen. So gründete er unter Zustimmung

der beiden anderen Patres eine Stiftung:

„Panagia i Akrotiriani“. Dieser übertrugen die

Patres 25.000 ha Land und behielten selbst nur

noch 15.000 ha, das Gebiet rund um das

Kloster, damit dieses geschützt bleibt.

Der „Große Coup“ wird misstrauisch beäugt

Zusammen mit seinen beiden Brüdern verwaltet

Pater Philotheos das Kloster mit großem

Geschäftssinn und gewinnbringendem Eifer. Er

ist in seiner Heimat längst dafür bekannt. So

hatte er beispielsweise schon vor 12 Jahren

alle Bauern in seiner Umgebung versammelt,

um mit ihnen gemeinsam kontrolliert biolo-

gischen Anbau zu betreiben. Seine Produkte,

ob Wein, Oliven, Olivenöl oder Honig, stellt er in

eigenen Anlagen her und verkauft sie in-

zwischen erfolgreich im In- und Ausland.

Doch mit seiner jüngsten Idee hat er viele

seiner Landsleute gegen sich aufgebracht.

Viele sind der Ansicht, dass der clevere Mönch

einen „großen Coup“ gelandet hat. Schon 1993

hatte er begonnen, sich nach einem Investor

Kloster Toplou: Das Kloster produziert in grossem Stil Bio-Olivenöl und vermarktet dieses u.a. über ALDI

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umzusehen. Am Ende erhielt er drei große

Angebote. Er entschied sich dabei für eine

britische Firma, die Minoan Group, die 27 Mio.

Euro Investitionsvolumen für die Ländereien

von Toplou vorsieht. Geplant sind Hotels, Golf-

plätze, ein Yachthafen und vieles mehr. Eine

komplett ausgestattete Anlage also, mit dem

Ziel, „high-class“ Touristen in diese Region zu

locken. Keinen Massentourismus, so verkünden

die Investoren. Deshalb lägen dem Bauplan

höchste Ansprüche zugrunde.

Pater Philotheos steht hinter dieser Investition

und fühlt sich falschen Anschuldigungen aus-

gesetzt. Er glaubt daran, dass Minoan Group

den Bau von sechs Siedlungen mit einer

Kapazität von 7.000 Betten unter Berücksich-

tigung aller notwendigen Bau- und Umweltvor-

schriften realisieren wird. Dabei weist der Pater

alle Vorwürfe von sich, dass das Kloster sich

bei dieser Investition nur bereichern wolle.

„Wenn die Siedlungen fertig sind, dann erhält

das Kloster keinen Euro. Aber die Stiftung wird

10 % der Einnahmen beziehen. Der Vorstand

wird dann entscheiden, was mit dem Geld

geschehen soll. Natürlich sollen gemeinnützige

Projekte gefördert werden“, beteuert er. Auch

wenn es sich so gut anhört: Viele misstrauen

den Plänen des Paters und vermuten hinter

dem Engagement der Mönche nur die Absicht,

aus ihrem Besitz ein lukratives Geschäft zu

machen. ‚Aber liegt darin der Sinn klösterlichen

Lebens?’, fragen sie sich. Andererseits würde

die Pacht nach 80 Jahren auslaufen und das

Gebiet dann wieder in den Besitz des Klosters

übergehen.

Weit entfernt vom religiösen Tourismus

Der junge Kreter Nikos Papadakis gehört zur

Seite der Gegner des Toplou-Projektes. Als

erfahrener Polizeibeamter repräsentiert er die

weltliche Seite, das griechische Gesetz. Und

als gläubiger Christ vergleicht er die Unterneh-

mungen der Patres mit jenen anderer Klöster

und beäugt kritisch das geschäftliche Engage-

ment von Philotheos Spanoudakis. Das, was

das Kloster Toplou macht, hätte überhaupt

nichts mit dem zu tun, was man unter religiösen

Tourismus versteht. Viele würden meinen, dass

der Pater sich dem neuen Trend der Kirche

anschließen wolle und den Gläubigen Möglich-

keiten zu Pilgerreisen anbieten möchte. Für

Nikos hingegen wickelt das Kloster mit seinen

jüngsten Plänen „Geschäfte im größeren

Rahmen“ ab. Auf Kreta gibt es auch die Klöster

Preveli und Arkadi. Dort dürfen die Bauern die

Felder der Klöster landwirtschaftlich nutzen.

Von den Einnahmen geht ein Teil an die

Klöster, um deren Fortbestand zu sichern.

Nikos fragt sich, warum das Kloster Toplou

nicht genauso mit seinen Ländereien umgeht.

Viele Griechen sind inzwischen davon über-

zeugt, dass die Methoden des Klosters Toplou

bald in ganz Griechenland Schule machen

werden. Seit Öffnung des Eisernen Vorhangs

strömen immer mehr wohlhabende orthodoxe

Christen aus der ehemaligen UdSSR, aus

Bulgarien, Serbien und Rumänien ins Land. Die

orthodoxe Mönchsrepublik Athos hatte im ver-

gangenen Jahr so viele Besucher wie noch nie.

Das Geschäft mit dem religiösen Tourismus

boomt.

©Griechenland Zeitung, Nr.82, 23.05.2007

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Sie sind das optimale Transportmittel auf den griechischen Inseln – schmal genug um durch enge

Straßen zu kommen, groß genug um ordentlich was drauf zu laden, sparsam im Verbrauch, an-

spruchslos in der Technik, ideal zum selbst dran herumwerkeln. Besser sind nur Esel – mit denen

verbindet sie auch eine gewisse Sturheit: Dreiräder.

Nein, keine pedalgetriebenen Kinderfahrzeuge: Sondern Lastdreiräder.

Lastdreiräder, wie zum Beispiel die am weitesten verbreiteten Piaggio Ape: die kleine 50er, und die

große TM, sowie die alten Ape C. Aber auch mir unbekannte Marken. Τρίθσθια in allen

Zersetzungszuständen.

Seit ich selbst inzwischen mehr oder weniger freiwillig auf den dreirädrigen Lastesel gekommen bin

(„Muckelchen“ heißt das gute Stück, mehr darüber auf www.nissomanie.de), fallen sie mir überall

auf. Leider habe ich nicht immer dann auch den Fotoapparat so schnell zur Hand um die Teile

abzulichten. Besonders bedauere ich das bei einem Dreirad, mit dem ein älteres Fliegendes-

Händler-Paar auf Folegandros vom Schiff ist – er schmal und faltig als Fahrer, sie prall und breit

auf der Ladefläche inmitten von Kissen, Decken, Teppichen.

Und jetzt auf Kos: ein Traum von einem Dreirad: mit Fähnchen rechts und links, oben ein Kreuz.

Eine Kloster-Trikyklo? Drei Mal gesehen, drei Mal die Kamera nicht schnell genug parat - am

letzten Abend habe ich es auf die Blue-Star-Fähre fahren sehen - wieder zu weit weg...

Falls es jemand sieht, bitte fotografieren!

Hier also die neusten Trikykla:

Nisyros Kalymnos Kreta Agia Roumeli

Kythira Karpathos Diafani Nisyros

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Ti ná kánoume? – Was soll man machen Konrad Dittrich in der

Griechenlandzeitung,10.8.2011

Immer wenn ich an Santorin denke, steht sie

mir vor Augen: Stella, die gutmütige Besitzerin

einer kleinen Pension am Rande der Insel-

hauptstadt Thira. Die "Villa Stella" hat neun

Zimmer, ist mal hellblau, mal beige ange-

strichen. Leicht hat sie es nie gehabt. Jorgos,

ihr Mann, arbeitete auf dem Bau, hat sich bei

einem Unfall die halbe Lunge zerquetscht,

atmet seither nur noch mühsam und kann nicht

mehr schwer körperlich arbeiten. Aber die

Zimmer der Villa Stella hält er penibel sauber.

Früher kümmerte sie sich um die Kinder und

um die alte und kranke Mutter. Jetzt umsorgt

sie tagsüber die Enkel, denn Tochter und

Schwiegersohn arbeiten inzwischen.

Wenn die Saison zu Ende ist, nimmt Stella die

Ersparnisse des Sommers und fährt zum Arzt

nach Athen. Der sei besser als die Inselärzte.

meint sie, koste natürlich einiges mehr. Sie hat

schwer Zucker: „Ti ná kánoume?“ „Was soll

man machen?" Sie sagt das nicht einmal resig-

niert oder hoffnungslos, sondern eher mit dem

Unterton: .Irgendwie wird's schon weitergehen."

Es ging ja bisher immer irgendwie weiter. Als

ihr Mann nicht mehr arbeiten konnte, half die

gesamte Sippe beim Bau des Hauses mit da-

mals acht Zimmern, in denen sie auch selber

wohnten. Jetzt ist nur das Kellergeschoss

privat. Die beiden Kinder, ein Pärchen, lernten

gut. Sie fuhren mehrmals täglich zum Hafen,

um ankommenden Touristen die Zimmer anzu-

bieten. So hatten wir uns vor vielen Jahren

kennen gelernt. Inzwischen ist der Sohn ver-

heiratet, wohnt in der Nähe seiner Kfz-Werk-

statt. Die beiden Alten sprechen kein Englisch.

Touristen anzuwerben, ist deshalb für sie kaum

möglich. Die jüngere Konkurrenz ist schneller

und vor allem sprachgewandt.

Stella, warum lernt ihr nicht im Winter Englisch?

frage ich. Haben wir versucht, sagt sie, aber in

meinen alten Schädel geht das nicht mehr rein.

Und dann wieder ihr Satz: Ti ná kánoume -

Was soll man machen?! Die vergangenen

Jahre waren schwer. Viele Gäste hatte sie

nicht. Das penibel geführte Gästebuch weist es

aus. Wenn ich sie besuchte, gab es jedes Mal

Kämpfe. Von dir nehme ich doch kein Geld,

sagte Stella, du gehörst zur Familie. Sicher, ich

habe ihr schon Gruppen gebracht. Aber ich

weiß doch, dass sie das Geld braucht, auch

von mir. Die einzige Möglichkeit ist, im Bett

Geld zu verstecken, bevor man abreist. Als

meine Gruppe Trinkgeld auf den Zimmern

zurückließ, kam Jorgos fast schreckensbleich

an: Da liegt ja überall Geld auf dem Bett. Sie

braucht es wirklich. Auch der älteste Enkel hat

schon Blutzucker, muss Medikamente nehmen.

Wie mag es ihr in diesem Sommer ergehen?

Am Telefon die übliche Formel: Gut ist es nicht,

aber Ti ná kánoume, - Was soll man machen?

Im Oktober werde ich sie sehen. Ich habe Ver-

wandte eingeladen, zu sechst werden wir die

"Villa" beziehen. Ich weiß, dass ich ihr am Tele-

fon sagen werde: "Wir kommen nur, wenn du

Geld annimmst." Ich weiß auch, was sie ant-

worten wird: "Kommt erstmal her, dann sehen

wir weiter. „Ti ná kánoume; Was soll man bloß

mit ihr machen?! Bei aller Schlitzohrigkeit, mit

der sich manche Griechen ihren Geschäften

hingeben, ist es natürlich wohltuend zu erleben,

dass es das alte Griechenland, das gastfreund-

liche, selbst in Krisenzeiten auch noch gibt.

Konrad Dittrich

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Audienz bei Bouboulina Theo Schlag

http://theo48.wordpress.com

Der folgende Artikel ist ein Ausschnitt aus einem Reisebericht von Theo Schlag über die Insel

Spetses. Den ganzen Bericht (in Farbe) finden Sie auf seiner Website http://theo48.wordpress.com

Das immer noch “schwer bewaffnete” Haus der Laskarina Bouboulina …

Die Insel Spetses wurde im Laufe der Zeit

häufig von Leuten “mit Geld” ins Gespräch ge-

bracht. Da war es zuletzt der Reeder Stavros

Niarchos, der sich die kleine Insel Spetsopoula

im Südosten von Spetses zum Privatvergnügen

kaufte. Eine ganze Schar von Leuten, denen es

auch nicht an Kleingeld fehlte, siedelte sich

anschließend in Sichtweite von Niarchos Privat-

hafen auf Spetses selbst an.

Um 1900 war es Sotirios Anargiros, der in die

USA auswanderte und mit Tabak ein Vermögen

verdiente. Er baute den Tourismus auf Spetses

auf, hinterließ das Hotel Possidonion und eine

elitäre Internatsschule. Er kaufte fast die Hälfte

der Insel von den Bauern und Winzern und ließ

100.000 Kiefern auf dem Land anpflanzen …

nein, nicht so sehr, weil Spetses in der Antike

“Pityoussa” hieß, die “Kieferninsel”, sondern

weil seine Athener Gäste ein Revier zur Vogel-

jagt brauchten.

Und vor 200 Jahren, da war Spetses – neben

Hydra – noch der reichste Platz des ganzen

Peloponnes. 20.000 Menschen lebten auf dem

Inselchen. Mehrere Familien verdienten groß-

artig vom Bau und Betrieb von Hunderten von

Handelsschiffen. Und sie förderten mit großem

Einsatz den Kampf um die Befreiung von der

osmanischen Macht.

Ganz vorne weg Laskarina Bouboulina (1771-

1825). Als Vierzigjährige gehörte die zweifach

verwitwete, siebenfache Mutter zu den reich-

sten Personen der Insel, und im Unabhängig-

keitskrieg gegen die Osmanische Herrschaft

war es für sie eine Selbstverständlichkeit, mit

ihrer Privat-Marine in die Kämpfe einzugreifen.

Am 03. April 1821 begann in Spetses der Unab-

hängigkeitskampf. Zwei Jahre dauerten die

Kämpfe an den Küsten des Peloponnes. Als die

die osmanische Festung von Navplio am 22.11.

1822 kapitulierte (ein besonderes Anliegen

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.

der Bouboulina, ein Kampf, an dem die

Kapetanissa persönlich teilnahm), war die

Bouboulina allerdings auch pleite …

1825 wurde sie bei einem Familienstreit mit

einer Nachbarfamilie erschossen. In ihren

letzten Jahren war ihr auch der politische

Enthusiasmus vergangen. Kaum daß die

Griechen gegen die Osmanen gesiegt hatten,

kriegten sie sich untereinander in die Haare,

aber darauf wollen wir hier nicht eingehen. Die

Bouboulina wurde jedenfalls später zur griech-

ischen Nationalheldin, und von den Russen zur

Admiralin ernannt, und sie hat uns vor der

Euro-Zeit noch auf der 1-Drachmen-Münze und

dem 50-Drachmen-Schein begleitet.

Also sollte man ihren Nachlaß doch mal be-

suchen, wenn man im Mai 2011 schon auf ihrer

Heimatinsel ist! Das Haus, in dem sie gelebt

hat, ist erhalten, und es ist noch im Besitz ihrer

Familie. Es ist inzwischen in ein Privatmuseum

verwandelt worden. Besucht werden kann es

nur auf Gruppen-Führungen.

Nächste Führung 12 Uhr, paßt mir gut. Das

Festungstor zum Vorhof öffnet sich zehn

Minuten vorher. Das ist der Vorhof des Hauses,

so wie er mal war.

Quelle: Melissa Verlag “Greek Traditional Architecture –

Spetses”, 1986

Philip Demertzis-Bouboulis, der Kurator des

Museums, hat inzwischen die nachträglich ein-

gefügten Fenster im ersten Stock wieder ent-

fernen lassen. Ich habe inzwischen ein Infor-

mationsblatt (deutsch) zur Vorinformation. Die

Führungen sind griechisch oder englisch. Die

Treppe herunter kommt eine junge Dame,

schräg hochgesteckte Haare, kantige braune

Lederjacke: Elena. Dann wollen wir mal … oh,

ich bin die Gruppe um 12 …? Na super, die

nächste halbe Stunde haben wir beiden das

Haus für uns …

Zuerst der Große Salon. Zum Glück war die

Bouboulina nicht so pleite, daß der Gerichts-

vollzieher zum Ausräumen kommen mußte …

noch sind die edlen Möbel aus Florenz und

Venedig, der massive Safe, die Bilder der

Familie, die Tische und Teppiche aus dem

Orient vorhanden. Hier konnte die Bouboulina

zum Beispiel die Filiki Eteria, die griechische

Geheimgesellschaft, empfangen, deren ein-

ziges weibliches Mitglied sie war.

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Die handgefertigte Decke wurde komplett aus

Florenz importiert.

Als nächstes kriege ich eine ausführliche

Lektion in Waffenkunde, hängt alles an der

Wand … wieso man diese Streuwaffen benutzt,

wenn man feindliche Schiffe stürmt … und was

den Waffennarren alles noch interessieren

mag. Was ich höflich angehört habe, aber

prompt alles wieder vergessen habe …

Von den Kleinwaffen geht es zu den größeren

Kalibern. Hier, das Flaggschiff der Bouboulina,

die “Agamemnon”, im Modell. Das Original ist

damals im Bürgerkrieg vor Poros verbrannt:

Die Bouboulina hatte eine ganze Flotte von

Schiffen, und gegen die Piraten waren alle

bewaffnet. Die Agamemnon war ja eigentlich

auch nur ein Weizenfrachter … eigentlich. Für

den Bau mußte eine Genehmigung aus

Konstantinopel geholt werden. Die ist noch

erhalten. Es ist nicht erlaubt, im Museum mit

dem Blitz zu fotografieren, ist auch sinnlos,

wegen des reflektierenden Glases, also ist

Elena mit dem schweren Rahmen durch das

Zimmer gewandert, dahin wo nichts spiegelt.

Hier also die Vorderseite, mit dem Sultans-

siegel, bitte von rechts nach links lesen (wenn

Ihre Sprachkenntnisse reichen):

Und hier die Rückseite, hier sieht man auch

eine Skizze des Schiffes:

.

.Ja, an der Skizze des Schiffes läßt sich ganz

einfach abzählen, wie viele Kanonen die

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Agamemnon mitführen darf, eigentlich, und

wie viel Platz noch da sein muß für Massen-

güter … und daß das alles in der Wirklichkeit

nicht stimmte, hatten die Spitzel des Sultans

nach kurzer Zeit auch rausgekriegt, als das

Schiff im alten Hafen von Spetses in der Werft

lag. Kostete die Bouboulina eine Menge Be-

stechungsgeld für den Inspektionskommissar,

der daraufhin anreiste. Aber der verwies auch

noch die Spitzel von der Insel, wegen boshafter

Irreführung von Regierungspersonen …

Bemerkenswert war wohl die (für die damalige

Zeit) ungewöhnlich hohe Bildung der

Bouboulina, die ihre erhaltenen Briefe noch

beweisen. Da die Briefe wieder beidseitig be-

schrieben sind, muß Elena wieder die Rahmen

von der Wand nehmen, und so lange durchs

Zimmer wandern, bis ich den richtigen Winkel

habe, für eine besonders schöne Unterschrift

zum Beispiel. Da der Rahmen relativ klein

ist, will Elena als “Rahmenhalter” vorher noch

die Jacke ausziehen, die Jacke sei nämlich

nicht fotogen.

Am Ende der Führung das “Zimmer mit dem

Kamin”. Jetzt muß ich gestehen, daß wir uns

zwischendurch kurz nichtthemenbezogen ver-

quatscht hatten, und ich prompt den letzten Teil

der Führung vergessen habe. Elena hat alles

zwar korrekt berichtet … die Geschichte einer

Widerstandskämpferin aus dem II. Weltkrieg,

die 1944 erschossen wurde. Philip Demertzis-

Bouboulis hat mir die Information per Mail

nachgeliefert:

Es handelt sich um Lela Karagianni, die Grün-

derin der griechischen Untergrund-Organisation

“Bouboulina” im II. Weltkrieg. Lela Karagianni

versorgte u.a. untergetauchte britische Sol-

daten und schaffte sie aus dem von den

Deutschen besetzten Land. Basis der Organi-

sation war die Apotheke ihres Mannes in der

Odos Patision in Athen und das Aghios Iero-

theos Kloster in Megara. Lela Karagianni wurde

im Juli 1944 verhaftet und am 08.09.1944

erschossen – nur zwei Wochen, bevor die

deutsche

Besatzungs-

macht das

Land verließ.

Leider gibt es

für Besucher

heute keinen

Zugang zum

hinteren Hof

des Hauses,

der im Band

des Melissa-

Verlages noch

so aussieht:

< Bild: Melissa

Verlag “Greek

Traditional

Architecture –

Spetses”

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Eine solche inseltypische Bodenillustration aus

weißen und dunkelgrünen Kieseln gibt es zwar

vorne auch (scheinbar erst kürzlich gelegt),

aber leider nicht so schön wie auf dem Foto

oben.

Es existieren ein paar zeitgenössische Darstel-

lungen, die Laskarina Bouboulina idealisieren

und verniedlichen, etwa die Biedermeier-Litho-

grafie von Adam Friedel von 1827, mit dem

Blumenkörbchen am Arm. Aber man sollte die

kämpferische Art dieser Frau nicht vergessen.

Die im Gefängnis in Konstantinopel geborene

Frau war bei den Kämpfen der Seeblockade um

Navplio und Monemvasia ganz vorne dabei,

und ohne ihr persönliches Eingreifen hätte der

Harem des Hoursit Pascha, des Gouverneurs

von Tripolis, nicht gerettet werden können.

Nach der Eroberung von Tripolis durch die

Griechen im September 1821 richteten diese

dort ein Massaker unter den Einwohnern an,

dem 30.000 Einwohner zum Opfer fielen. Die

Bouboulina hatte der Mutter des Sultans

Mahmud II. in Konstantinopel 1816 ver-

sprochen, türkische Frauen und Kinder in

solchen Kämpfen zu retten, was sie im

Gouverneurs-Harem in Tripolis auch tat, unter

Gefährdung ihres eigenen Lebens.

Im Stadtmuseum von Spetses, im Hadziyannis

Mexis Haus, liegen noch ihre sterblichen

Überreste.

Kurzmeldungen aus der Presse

Meisterwerk von Theofilos unmittelbar gefährdet Griechenlandzeitung, 26.01.2011 Skandalöse Zustände herrschen offensichtlich im

Theofilos-Museum auf Lesbos, wo nach Angaben des

Photographen, Grafikers und Architekten Velissarios

Voutsas 86 Gemälde des „naiven“ Malers Theofilos unmit-

telbar bedroht sind. Die Meisterwerke - Theofilos

Chatzimichail (1870-1934) gilt als einer der bedeutendsten

Maler des jüngeren Griechenlands – seien dem direkten

Sonneneinfall ausgesetzt. Zudem sei das Dach des

Museums undicht und die Wände feucht. Konservierungs-

massnahmen gäbe es nicht. Der Generalsekretär für die

Ägäis und die Inseln im Ministerium für Maritime

Angelegenheiten, Dimitris Chalkidiotis, sagte bei einem

Besuch in dem Museum rasche Hilfe zu. Man werde

gemeinsam mit der Kommune Lesbos alles tun, damit die

zuständigen Stellen des Kulturministeriums eine Studie

zur Konservierung von Museum und Exponaten aus-

arbeiten könnten. Es sei Pflicht des Staates, alles für die

Erhaltung eines so wichtigen Teils des Kulturerbes zu tun.

Das Theofilos-Museum wurde 1964 in Vari bei Mytilini

durch den griechisch-französischen Kunstkritiker und

Sammler Tériade (1897-1983) errichtet, der auch die 86

Gemälde stiftete, die jetzt durch das Desinteresse des

Erben, d.h. des Staates, akut bedroht sind. (GZak)

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Wiedergeburt des Waldes von Preveli Griechenlandzeitung, 6. 4. 2011

Phönix heißt auf Griechisch nicht nur der bekannte

Sagenvogel, sondern auch die Palme. Und wie der

Phönix aus seiner Asche wiedergeboren wird, so

regenerierte sich der am 22. August 2010 abgebrannte

Palmenwald bei Preveli auf Kreta in nur sechs Monaten.

Nach Angaben des Umweltministeriums ist das

wertvolle Ökosystem komplett wiederhergestellt und fast

alle verbrannten Palmen haben wieder ausgeschlagen,

während neue Schösslinge aus den auf den Boden

gefallenen Datteln entstanden sind. Vergleichbar konnte

sich auch die übrige Flora mit Johannesbrotbäumen,

Platanen, Mastixbüschen und Tamarisken regenerieren.

Zu der Wiedergeburt trug auch der strenge Schutz

durch das Umweltministerium und die Region Kreta

nach der Brandkatastrophe bei, der unter anderem ein absolutes Weideverbot vorsah.

Der malerisch an einem Fluss gelegene Palmenhain von Preveli ist nach dem Palmenwald von Vai

in Ostkreta der zweitgrößte Bestand der nur auf Kreta sowie vereinzelt im Dodekanes und an der

türkischen Küste vorkommenden Kretischen Dattelpalme (phoenix theophrastii). (GZak)

Neues Dach für Akrotiri fertig Griechenlandzeitung 27.4.2011

Nach fast sechs Jahren ist es soweit und das neue bioklimatische Schutzdach über der archäolo-

gischen Stätte von Akrotiri auf Santorini wird voraussichtlich am 31. Mai eingeweiht werden,

gerade rechtzeitig zur Fremdenverkehrssaison. Das 12.000 Quadratmeter große Dach war kurz

nach der Fertigstellung 2005 teilweise eingestürzt, wobei ein britischer Tourist ums Leben kam und

sechs weitere verletzt wurden. Seitdem war die wichtigste archäologische Stätte der Kykladen

nach Delos für das Publikum geschlossen. Der Neubau des Daches stieß auf zahlreiche

Hindernisse, darunter die Schildbürgerei des Bauamtes Santorini, welches die Bauarbeiten

unterbrechen ließ, da das Bauen in der archäologischen Stätte untersagt sei...

Akrotiri, das "Pompeji der Agäis", wurde erstmals 1967 durch den Archäologen Spyridon

Marinatos (1901-1974) entdeckt. Es handelt sich um die Überreste einer bronzezeitlichen Stadt mit

hoher Kultur, die unter dem Einfluss des minoischen Kreta stand. Durch einen Vulkanausbruch vor

rund 3.500 Jahren wurde die Stadt ausgezeichnet konserviert. Unter anderem wurden mehrge-

schossige Gebäude und beeindruckende Wandmalereien gefunden, wie der "Fischer", die

"Schiffsprozession" und die "boxenden Knaben". Die Tatsache, dass man weder menschliche

Skelette noch Goldschmuck fand, lässt darauf schließen, dass die Bewohner rechtzeitig vor der

Katastrophe ihr Heil in der Flucht suchten. Seit dem Tod von Marinatos wird die Stätte von dem

Archäologen Christos Doumas untersucht. (GZak)

Atatürks Geburtshaus zum Denkmal ernannt www.minpress.gr , 2. 6. 2011

Nach Beschluss des Kulturministeriums ist am vorigen Freitag

das Geburtshaus des türkischen Republikgründers Mustafa

Kemal Atatürk zum historischen Denkmal gekürt worden. Im

vor 1870 erbauten Haus wurde Kemal 1881 geboren und hat

dort seine Kindheit verbracht. Bis Ende des 19. Jahrhunderts

wurde es von der Familie Atatürks bewohnt. Im Jahre 1935

wurde es jedoch vom Stadtrat Thessalonikis dem türkischen

Staat geschenkt, der es zu einem Museum umbaute. Das

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Museum, das sich in Thessaloniki an der Ecke der Straßen Apostolou Pavlou und Agiou Dimitriou

befindet, wurde mit authentischen Möbeln, Gegenständen aus dem Topkapi Museum in Istanbul

sowie aus dem Atatürk-Mausoleum ausgestattet. (A.Pap.)

Reiseschriftsteller Patrick Leigh Fermor gestorben welt-online, 10.06.2011

Patrick Leigh Fermor war für viele seiner Leser der beste Reiseschriftsteller unserer Zeit. Nun ist er

im Alter von 96 Jahren gestorben.

Vielen galt er als der beste Reiseschriftsteller unserer Zeit,

einigen als Lord Byron des 20. Jahrhunderts: Patrick Leigh

Fermor, seit 2004 Sir, brach 1933 zu einer Lebensreise auf,

die ihn zunächst zu Fuß von Hoek van Holland bis nach

Istanbul führte – eine Wanderung, die Fermor vierzig Jahre

später in seinen gefeierten Büchern "Die Zeit der Gaben“

und "Zwischen Wäldern und Wasser“ beschrieb.

Fermor war Feingeist, Lebemann und Kriegsheld. Als Stilist

wurde er von Autoren wie Bruce Chatwin bewundert, von

seinem Haus in der griechischen Mani sagte der Dichter

John Betjeman, es sei „einer der Räume der Welt“. Foto: pa/dpa/Photoshot

Im Zweiten Weltkrieg führte Fermor als britischer Offizier auf Kreta ein Kommando, dem die

Entführung des deutschen Generals Kreipe gelang – ein Husarenstück, das mit Dirk Bogarde

verfilmt wurde. Am 10. Juni 2011 ist Patrick Leigh Fermor im Alter von 96 Jahren gestorben.

Distomo: Nein aus Straßburg, Ja aus den Haag Griechenlandzeitung 13. 7. 2011

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg

hat am Mittwoch die Klage von Argyris Sfountouris sowie drei

weiteren Griechen auf Entschädigung mehrheitlich abgewiesen.

Da es keine weitere Instanz gibt, ist die Klage endgültig ge-

scheitert. Grund für den Gang nach Straßburg war die Ermor-

dung von Angehörigen der Kläger durch Soldaten der Wehr-

macht und der Waffen-SS am 10. Juni 1944 im Dorf Distomo bei

Delphi. Die vier hatten 1995 gemeinsam mit 250 weiteren

Bürgern von Distomo die Bundesrepublik Deutschland in

Griechenland auf Schadensersatz verklagt und zwei Jahre

später Recht bekommen. Bestätigt wurde das Urteil im Jahre

2000 in höchster Instanz vom Areopag (Höchstgericht). Der

damalige Justizminister Michalis Stathopoulos, der wegen der

Staatenimmunität das letzte Wort hatte, weigerte sich aber, das

Urteil zu vollstrecken. Ein Nachspiel gibt es freilich noch, nach-

dem der Kassationsgerichtshof in Rom 2008 entschieden hatte, dass das 1997 in Griechenland

ergangene Urteil in Italien vollstreckt werden könne. Rom und Berlin einigten sich daraufhin, den

Fall vor den Internationalen Gerichtshof (IGH) im Den Haag zu bringen. Dabei geht es um die

Frage, ob Gerichte eines anderen Landes über Verbrechen deutscher Besatzungstruppen im

Zweiten Weltkrieg verhandeln können. Der IGH gab unterdessen vorige Woche einem Antrag

Griechenlands vom 13. Januar statt, diesem Verfahren beizuwohnen. (GZak)

Mehr zu Argyris Sfountouris und über den Dokumentarfilm „Ein Lied für Argyris“ finden Sie z.B. auf

http://www.fontanafilm.ch/DOKFILME/argyris/argyris.html. Die DVD zum Film gibt‘s z.B. auf

http://www.jpc.de/jpcng/movie/detail/-/art/Ein-Lied-f%FCr-Argyris/hnum/7072778.

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GZF / EOT schließt die Büros www.michael-mueller-verlag.de, 25.5.2011

Die Griechische Zentrale für Fremdenverkehr (GZF / griech.: EOT) hat aufgrund der Sparmaß-

nahmen der Regierung ihre Kontaktbüros in Berlin, Hamburg und München geschlossen. Das

Büro in Frankfurt am Main bleibt als einziges in Deutschland geöffnet. Das Büro in Zürich wurde

ebenfalls geschlossen. In der Schweiz gibt es nun keine Vertretung der GZF mehr. Das Büro in

Wien bleibt vorläufig offen. Schweizer können sich an die Büros in Frankfurt oder Wien wenden.

10 Prozent mehr Touristen auf Griechenlands Flughäfen Griechenland Z. 10.8.2011

Zufrieden zeigt sich die griechische Tourismusbranche über die Ankunftszahlen auf den 13

griechischen Flughäfen in den ersten sieben Monaten des Jahres. Im Vergleich zum Vorjahr wurde

ein Zuwachs von rund 10 Prozent registriert (6.458.612 Ankünfte). Lediglich auf dem Athener

Flughafen wurde ein leichter Rücklauf (- 2,74 %) verzeichnet. Die deutlichsten Zuwächse

registrierten die Flughäfen Rhodos (+ 28,36 %) und Kos (+ 26,25 %). (GZjh)

So etwas wie ein Nachruf www.hellasfeunde.de, August 2011 Auf www.hellasfeunde.de, das ist die Website des Vereins „Hellasfreunde Galini e.V. mit Sitz in

Weimar“, habe ich folgenden Hinweis gefunden:

AKTUELLER HINWEIS: Diese Website wird am 11.09.2011 abgeschaltet! - Nach etwa 8 Jahren

geben wir unsere Bemühungen und die Suche um weitere Hellasfreunde auf. Dank gilt all den-

jenigen, die an unseren Aktivitäten mit viel Freude teilgenommen haben und die uns mit Tatkraft

und Herzblut unterstützt haben. Leider hatte dies nicht die erhoffte Resonanz. Unserer Wahlheimat

werden wir dennoch immer treu bleiben...

Mit den Hellasfreunden in Weimar, bzw. mit deren Vorsitzenden Herrn Volker Kuhnert aus Jena,

hatte ich ab und zu Kontakt, und er hat damals extra für uns einen ausführlichen Bericht über die

Insel Naxos für unser Bulletin 2009-1 geschrieben.

Schade, gerade jetzt braucht doch Griechenland Freunde, auch solche aus Deutschland.

Die nächsten Veranstaltungen in Bern und Umgebung

Veranstaltungen die uns bis zum Redaktionsschluss am 20. 8. 2011 gemeldet wurden.

Mittwoch 26. Oktober, 20:00 Uhr im Tell-Saal 4 griechische Vereine in Bern

Konzert mit KAFENION. Details siehe letzte Seite

Sonntag, 30. Oktober, 20:00 Uhr (Türöffnung 19;00 Uhr) in Zürich

Volkshaus Zürich, Stauffacherstrasse 60, 8004 Zürich

Maria Farantouri - Legends from Greece: Theodorakis, Hatzidakis & Rembetiko

Eintritt Fr. 45.- bis 65.-, Tickets bei: www.starticket.ch/

Freitag 4. und Samstag 5. November ab 18:30 Uhr in Kallnach

Gasthof Weisses Kreuz, 3283 Kallnach, Tel. 032 392 14 03

Griechischer Abend: Live Musik mit Sakis und griechisches Buffet von Gastkoch Giorgios

Dienstag, 8. November, 19.00 Uhr in Bern Dia.Logos, Infos / Preise folgen

Assisensaal im Amthaus Bern, Hodlerstrasse 7

Lesung mit Petros Markaris: «Faule Kredite»

Mittwoch, 16. November, 20:00 Uhr im Tell-Saal Hellasfreunde Bern, Eintritt frei

Neugriechische Malerei- Vortrag von Jannis Zinniker. Details siehe letzte Seite.

Mittwoch 7. Dezember, 20.00 Uhr im Tell-Saal Hellasfreunde Bern, Eintritt frei

Die Insel Lesbos - Vortrag von Marianne Moser und Stephan von Arx. Details siehe letzte Seite.

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Veranstaltungsprogramm Hellasfreunde 2011 / 2012

Ort: Tell-Saal, Bernstrasse 101, Ostermundigen: www.tell.ostermundigen.ch

Mittwoch 26. Oktober, 20:00 Uhr im Tell-Saal Eintritt Fr. 25.- / 20.- Konzert mit KAFENION: Rembetika, Laika, Smyrnaika, etc. mit: Juno Haller, Felix Haller

(Elvetopoulos), Giorgos Stergiou, David Aebli, Simone Mongelli.

Gemeinsame Veranstaltung: Hellasfreunde, Dia.Logos, Griechische Gemeinde, Hellas-Radio

Sponsoren: Nikos Import (www.nikos-import.ch), Kulturkommission Gemeinde Ostermundigen

Mittwoch, 16. November, 20:00 Uhr im Tell-Saal Eintritt frei Griechische Malerei der Neuzeit. Jannis Zinniker wird in seinem Vortrag mit Bildbeispielen einen

Überblick über die zu Unrecht unbekannt gebliebene Malerei der griechischen Neuzeit geben.

Sponsor: Gottfried Pulver, Restaurant Brunnhof (www.rest-brunnhof.ch)

Mittwoch 7. Dezember, 20.00 Uhr im Tell-Saal Eintritt frei Die Insel Lesbos (Lesbos). Dia Vortrag von Marianne Moser und Stephan von Arx. Die beiden

leben seit Jahren fast ganzjährig auf Lesbos und betreiben ein kleines Reisebüro - also

interessante Berichte und Bilder aus erster Hand.

Sponsor: Lesvosreisen (www.lesvosreisen.ch)

Freitag 27. Januar, 19.00 Uhr im Tell-Saal Anmeldung erforderlich

Mitgliederversammlung der Hellasfreunde, mit zweitem, gemütlichem Teil. Details folgen

Mittwoch 15. Februar, 20.00 Uhr im Tell-Saal Eintritt frei Inseln des Dodekanes: Kos, Kalymnos, Nisyros. Fred Wyss führt uns in seinem Video-Film

auf bekannte und weniger bekannte Inseln des Dodekanes.

Mittwoch 7. März, 20:00 Uhr im Tell-Saal Eintritt frei Griechenland etwas ausgefranst - Inseln am Rand. Katharina Roller (Herrenberg, D), insel-

süchtig und darum Betreiberin der Website www.nissomanie.de, führt uns mit vielen wunder-

schönen Bildern auf drei unbekannten Inselchen am äußersten Rand Griechenlands: Othoni,

Gavdos und Kastellorizo.

Mittwoch 28. März, 20.00 Uhr im Tell-Saal Eintritt frei Die Insel Thassos: Beat Scheidegger zeigt uns, in einer mit Musik vertonten und animierten Dia-

Show, seine wunderschönen Bilder von der Insel Thassos.

Mittwoch 25. April, 20.00 Uhr im Tell-Saal Eintritt frei Die Kunst der Griechen: Der Historiker Plutarch Chiotopulos (lic.phil) gibt einen Einblick in das

Wesen und die Eigenart der kretisch-mykenischen Kultur, der ersten Hochkultur auf europäischem

Boden. Ein Referat mit vielen Bildern.

Griechischer Kochkurs

3 Abende, voraussichtlich erst im Frühling 2012, Informationen folgen.

Änderungen bleiben vorbehalten. Aktuelle Informationen auf www.hellasfreunde.ch

Für die Veranstaltungen ab Januar 2012 suchen wir noch Sponsoren.

Vereinsadresse:

Kulturelle Vereinigung

der Hellasfreunde

3000 Bern

Kontakt:

Internet: www.hellasfreunde.ch

Mail: [email protected]

Tel. Fred Wyss: +41 (0) 031 931 02 13

Das Bulletin wird, zumindest auszugsweise,

auch auf unserer Website als PDF aufge-

schaltet – allerdings mit ca. 2 Monaten Ver-

zögerung: Mitglieder sollen Vorrang haben!


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