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Heimfocus #08 - 01/2012

Date post: 22-Mar-2016
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Voice For Refugees teilhaben - Teil werden
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Hund oder Mensch? Teil 7 N o 8 1 / 2012 teilhaben-Teil werden V OICE FOR R EFUGEES Eins, zwei, drei …einfach nur Zahlen … Weiter auf S.32 Die Würde des Menschen ist unantastbar Teil 6 … denn in der Herberge war kein Platz für sie … Weiter auf S.5 Where is my home!? S.18 Vertrauen ist wichtiger als Worte … S.12 © Falk von Traubenberg
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Hund oder Mensch? Teil 7

No 8 • 1 / 2012

teilhaben-Teil werdenVOICE FOR REFUGEES

Eins, zwei, drei …einfach nur Zahlen …Weiter auf S.32

Die Würde des Menschen ist unantastbar Teil 6

… denn in der Herberge war kein Platz für sie … Weiter auf S.5

Where is my home!?S.18

Vertrauen ist wichtiger als Worte … S.12

© Falk von Traubenberg

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2 [email protected]

Inhalt-Inside PagesEditorial ........................................................................................................................................... 3

DIE WÜRDE DES MENSCHEN IST UNANTASTBAR ........................................................................ 5

Exhausted sound – Stimme der Erschöpfung ....................................................................................8

DANKE! .......................................................................................................................................... 11

Theater in drei Sprachen ................................................................................................................ 12

Wieso ist das bei uns möglich? ....................................................................................................... 14

500 Betten für 667 Asylbewerber ................................................................................................... 15

Appell aus Zirndorf ........................................................................................................................ 15

Ein Bett für jeden ist das Mindeste! ................................................................................................ 17

Where is my home?! ....................................................................................................................... 18

Nights of Rights ............................................................................................................................. 19

Bist du schon integriert? ................................................................................................................. 19

„Darum hatte ich nur eine Wahl: Die Flucht“ ...................................................................................20

Widerstand gegen die Unterdrückung: weiblich und klug ...............................................................20

Flucht: umgekommen – angekommen, nicht willkommen! ............................................................ 22

Du hattest einen Namen ................................................................................................................ 24

Was kann ich tun? .......................................................................................................................... 25

Sie können selbst für sich sprechen ................................................................................................ 26

Sprich! ........................................................................................................................................... 27

Ihr braucht die Sprache – wir helfen euch! ......................................................................................28

Dog or Human? – Hund oder Mensch? ............................................................................................ 32

Grenzenlose Solidarität mit Flüchtlingen statt beschränktem Nationalismus ................................. 34

Politische Karikatur als Medium gegen die Diktatur ....................................................................... 36

Rückkehrberatung als Unterstützung für Flüchtlinge ..................................................................... 38

Wer heißt schon einen Fremden willkommen? ...............................................................................40

Impressum .................................................................................................................................... 42

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31 / 2012 E d i t o r i a l

Sind alle Ihre Weihnachtswünsche in Erfüllung gegangen? Ein neues Laptop, ein TV-Gerät, modische Kleidung oder was auch immer Sie sich erhofft haben? Und was sind Ihre Träume, Pläne und Vorsätze fürs Neue Jahr? Was möchten Sie verändern? Wünschen Sie sich einen sicheren Arbeitsplatz, Gesundheit und Harmonie für Ihre Familie, freu-en Sie sich auf einen Traumurlaub? Eine andere Antwort auf diese Frage geben wohl die meisten Flüchtlinge in diesem Land. Sie sehnen sich nach dem „Pass“, einer beschränkten Auf-enthaltserlaubnis. Und ihre Träume und Wünsche können auch so sein: Kürzlich traf ich einen Jungen, Mo-hammed Reje, der aus Afghanistan geflohen ist. Er strengt sich an und ist hier ein guter Schüler geworden. Ich fragte ihn nach seinen Wünschen fürs Neue Jahr. „Dass es meiner Mama in Afghanistan gut geht und dass sie gesund bleibt“, antwortete er. Ob seine Mutter überhaupt noch lebt, nicht einmal das wusste er. Er musste alleine fliehen. Ohne ein ein-ziges Wort Deutsch zu können, kam er vor rund einem Jahr im Flücht-lingslager an. Nun beherrscht er die Sprache fast fließend. Aber der Schmerz tief drinnen ist sein ständi-ger Begleiter, diese Sehnsucht nach seinen Liebsten, nach seiner Familie und seinem Zuhause.

Weihnachten und der Jahreswechsel haben ihren ganz eigenen mystischen Zauber. Es ist der Beginn von etwas Neuem, das noch unbekannt vor ei-nem liegt. Ein ganzes Jahr, zwölf Mo-nate voller Verheißungen und Mög-lichkeiten. Für Flüchtlinge ist das nach der unerfüllten Hoffnung des vergangenen Jahres der Beginn einer neuen bangen Erwartung, ob ihnen diesmal gestattet wird, in diesem

Was ist Ihr Wunsch fürs Neue Jahr?

Land zu bleiben. Ob sie hier endlich ankommen dürfen, um sich ein neu-es Leben in Sicherheit und Freiheit aufzubauen. Oftmals reicht ihr Atem nicht, um sich einem ganzen Jahr zu stellen, sie schauen auf das Heute, das Morgen, den Tag danach. Sie ringen um ein Weiterleben, um das Leben an sich. Dafür brauchen sie engagierte Helfer und Freunde, die ihnen Wege öffnen uns diese viel-leicht auch ein Stück weit mitgehen. Wenn Sie also Flüchtlinge nach ihren Neujahrswünschen fragen, werden sie eine klare Antwort bekommen.

Die Frage ist, haben die Neuan-kömmlinge Anteil an Ihren Vorsät-zen und Plänen fürs neue Jahr? Wer-den Sie Ihre Verantwortung für die Mitmenschen ernst nehmen in der Zuwendung zu diesen Heimatlosen? Sie sind Ihren Händen anvertraut und suchen Unterstützung und Gast-freundschaft. Und wenn die vielen Stolpersteine auf ihrem Weg end-lich zur Seite geräumt sind, wenn sie endlich die Chance dazu bekommen, werden diese Menschen mit aller Kraft ihre eigenen Wege suchen und finden und für ihren Lebensunterhalt selbst aufkommen. Sie bringen so viele Fertigkeiten und soviel Wissen mit, die sie diesem Land anbieten, für seine Unternehmen, für Touristik und Hotellerie zum Beispiel. Warum wird all dieses Potential verschleu-dert? Ungeachtet der Qualifikati-on und Fähigkeiten brauchen wir Flüchtlinge ohne Unterschied Ihre Unterstützung, ganz einfach deshalb, weil wir Mitmenschen sind, die alles verloren haben und die an Ihre Türen klopfen. Wir brauchen offene Her-zen und Hände. Niemand, auch Sie nicht, kann in die Zukunft schauen. Wer kann schon vorhersagen, wel-che Wendungen sein Leben nehmen

wird und wo er einmal ankommt?

Niemand hasst sein Land, wir alle lie-ben unsere Heimat. Aber wir alle lei-den unter dem Virus, das unsere Hei-matländer befallen hat und sich dort ausbreitet. Wie können wir dieses Virus besiegen? Obwohl Sie und Ihre gewählten Politiker die Medizin dafür in der Hand halten, wenden Sie Ihren Blick ab und lassen es wüten. Es küm-mert Sie nicht, wie viele Menschen dort, weit weg von Ihrer Haustür, ihr Leben durch dieses Virus verlieren. Ja, es ist ein ganz besonderes Virus mit vielen Bedeutungen und Gesich-tern, und das einzige Gegenmittel ist der Widerstand der Menschen. Nun, wir sind Bürger bestimmter Länder und Sie sind Einwohner eines ande-ren Landes. Wir sollten einander un-terstützen, meinen Sie nicht auch? Wir Flüchtlinge fühlen uns einsam in unserer jetzigen Lage. Viele von uns haben ihre geliebte Familie zurück lassen müssen, ihr Heim und ihren Besitz, nichts anderes als Sie auch schätzen.

Diejenigen, die einst selbst Flücht-linge waren, verstehen und fühlen sehr gut, was ich meine, auch sol-chen Mitmenschen hier , die uns nahe stehen und uns unterstützen. Ich bin froh um diejenigen unter Ih-nen, die Flüchtlinge zu Weihnachten oder zum Jahreswechsel besuchen oder sie gar zu sich nach Hause ein-laden. Das ist Menschlichkeit und Gastfreundschaft. Und hoffentlich werden diese Begegnungen zur Saat einer neuen, offenen Annäherung zwischen Menschen, die einander als gleichwertig begreifen, gleich wel-cher Hautfarbe und Kultur sie sind.

Addis Mulugeta

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51 / 2012

Und es begab sich zu jener Zeit, da die Menschen des christlichen Abendlan-des wieder die Menschwerdung ihres Erlösers feierten, dass sie beschloss, endlich anzukommen, wo ihr Platz war. An den Türen der Menschen wollte sie anklopfen, wie Josef und Maria auf Herbergssuche in den Krippenspielen. Denn ging es nicht gerade um sie selbst in der Botschaft dieses Gottessohnes, der Widerstand predigte und leistete gegen alles, was den Menschen klein macht, ausgrenzt, beschämt? Und in den wunderbaren Predigten von neuer Hoffnung, vom Heil der Welt, in dem ebenso frommen wie folgenlosen Frie-denswunsch des Papstes „Urbi et Orbi“ an „alle Menschen des guten Willens“? Ihre Zeit war gekommen, dachte sie und klopfte an die Türen in der Gewissheit, diese würden ihr mit offenen, einladen-den Gesichtern aufgetan werden. Mit Gesichtern, die die Frohe Botschaft von

„Werde Licht!“ widerspiegelten.„Sie werden gebeten, die Gemein-schaftsunterkunft bis spätestens...zu verlassen. Bitte kommen sie der Auf-forderung fristgerecht nach.“ Schon al-lein der „Brief vom Amt“ weckt Ängste, erst recht, wenn man nicht weiß, was darin steht, weil man die Sprache nicht versteht. Amt ist schlimm, das hat man hier schnell gelernt. Gestern noch kei-ne Sprache lernen dürfen, keine Bewe-gungsfreiheit, Isolation, ein lächerliches Taschengeld und ein fremdbestimmtes Leben. Jetzt plötzlich, mit Erteilung der Aufenthaltserlaubnis: Suche dir eine Wohnung. Suche dir Arbeit. Komm klar da draußen in der komplexen deut-schen Gesellschaft. Immerhin, endlich: Deutschkurs, Integrationskurs, Bewe-gung, Hoffnung. Aber Sprache lernen braucht Zeit. Natürlich gibt es, zumin-dest in großen Städten, Beratungs-dienste, aber die sind ein Tropfen auf den heißen Stein. Wohl dem, der deut-sche Freunde oder Unterstützer hat. Aber wie viele hatten das Glück, schon in der Gefangenschaft des Lagerlebens solche Kontakte knüpfen zu können?

Die Würde des Menschen ist unantastbar Teil 6

...denn in der Herberge war kein Platz für sie...

So hat sich der frischgebackene „Pass-besitzer“ nun zügig eine eigene Bleibe zu besorgen, denn auf sein Bett im La-ger warten schon in drangvoller Enge der Erstaufnahmeeinrichtungen neue Flüchtlinge. Dort verfügen viele von ih-nen nicht einmal über ein eigenes Bett.

Ausländer, schwarz oder zumindest er-kennbar „undeutsch“, kaum Deutsch-kenntnisse, mit Hartz-IV-Budget, klopft also an unsere Türen, fragt, ist noch Platz in der Herberge? Ich bin neu da draußen und ich möchte nichts wei-ter als endlich mein Leben selbst in die Hand nehmen, eure Sprache lernen, Ar-beit finden, mein Brot verdienen, meine Familie unterstützen, so gut ich kann. Ich bin kein schlechter Mensch, nur weil meine Haut dunkler ist als Ihre, weil ich anders aussehe. Ich will nichts weiter als in Frieden leben, eine Chance bekom-men. Von meinem Hartz IV-Geld zah-le ich jetzt ohnehin jeden Monat 195€

„Nutzungsgebühr“ für mein durchgelegenes Bett in der Massenunter-kunft, für Mitbenutzung der Toiletten, Duschen und Küche. Und dann dieser bedrohliche Brief vom Amt! Der macht mir Angst. Was ist, wenn ich keine Bleibe finde finde?Von wem wird also dem Fremden aufgetan? Von denen, die gestern noch bei der Christmette sich und der Welt Frieden wünschten? Frieden wo? Durch wen? Wer gibt die-sen zu uns geflohenen Menschen eine Chance? So gut wie niemand. Bes-tenfalls ein „Tut mir Leid, die Wohnung ist schon weg!“, wenn nicht gleich, nett umschrieben:“Sie passen nicht ganz in die Hausgemeinschaft!“ So wie in der wahren Be-

gebenheit, als nach so einer „Ist schon weg...“-Absage postwendend der deutsche Freund als Interessent beim selbigen Vermieter anruft, sich als Jun-gingenieur ausgibt – und siehe an, die Wohnung ist natürlich gerne zu haben. Es ist beschämend und entlarvend, wie viel Rassismus und Fremdenfeindlich-keit noch unter uns zu finden ist. Flücht-linge erwarten nicht, dass ihnen das Le-ben hier auf einem Silbertablett serviert wird, aber wie können sie die ersten Schritte bewältigen ohne unsere Offen-heit und Solidarität? Wie sollen sie An-noncen in der Zeitung studieren können, verhandeln, besichtigen, wie im Internet auf Wohnungssuche gehen können? Sie sollen sich jahrelang eben nicht integrie-ren, Deutsch lernen, sie sollen isoliert in unwürdigen Massenunterkünften hau-sen, um ihre „Bereitschaft zur Rückkehr in das Heimatland (zu) fördern“, so die bayerische Asyldurchführungsverord-nung von 2002. Kann es sein, dass am

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6 [email protected]

Even a letter from the government authority awakes fear in their hearts, especially when they have no idea what it means, as they are unable to read the language it is written in. The government authority is terrib-le, that’s what they have learnt here very quickly. So, a refugee receives this letter when he has obtained the much sought-after passport, with which he has received a restricted resi-dence permit for Germany. Yesterday, he was not allowed to learn German, have work , had no freedom of move-ment, isolated , a pittance for pocket money and a life controlled by outside restrictions imposed on him. And now, suddenly, look by yourself for a place

Dignity of Man is inviolable Part 6

…...but there was no room for them in the inn….to live, look for a job, go out there and do it ! How?? Finally, at least, offer of a German course, an integration course, freedom of movement, even hope. But learning a language needs time, time which has been wasted in those long mindless years of waiting. And now , they should suddenly be in a position to cope with the complexities of German society. Of course there is, at least in the larger cities, support offered by advice bureaus, but that is no more than a drop in the ocean. And thank God for those refugees who have German friends or supportive backers. But how many of them have had that luck within the imprisonment of camp life to find and socialise with

outside contacts ? And now, the new passport holder has to find a place to live as quickly as possible , as new refu-gees from the initial accommodation camps, who live in claustrophobic and confined living conditions , are despe-rately waiting for his bed. As some of them , even in Germany, if I may add , have not got even their own bed.

Refugees, black or at least not Ger-man–looking, without any know-ledge of the German language, living on Hartz-IV allowance are knocking at our doors and asking: Is there any room in the inn? I am new here. I don’t want to do anything wrong. I don’t wish to cause any inconvenience. I just

ausgepackt, die Spenden verschickt, der Braten verdaut. Verstummt sind die frommen Lieder und Predigten. Das war‘s. Genug davon, entsorgt und weggeräumt zusammen mit den Christbaumkugeln, ganz weit nach hinten in den Keller. Aber im nächsten Advent, dann heißt es wieder: “Mache dich auf und werde Licht, denn dein Licht kommt“ oder:“ Macht hoch die Tür, die Tor macht weit...“

Sie wird wieder auf Herbergssuche ge-hen. Vielleicht machen die Menschen diesmal auf. Vielleicht werden sie bis dahin stiller, demütiger, durchlässiger. Weil ihre übersatte Welt anders gewor-den ist. So lange wird sie an die Türen klopfen in der Hoffnung, diese werden ihr eines Tages aufgetan mit Gesich-tern, die die Frohe Botschaft „Werde Licht!“ widerspiegeln. Von Menschen, die begriffen haben, was es bedeutet, sie anzunehmen. Dann wird Platz sein in der Herberge für alle Menschen – endlich. Auch für die Flüchtlinge. Und für SIE, die Menschenwürde.

Eva Peteler

Ende der einzige Ort, an dem Herkunft und Hautfarbe keine Rolle spielen, das Lager ist, das Exil außerhalb der deut-schen Gesellschaft? Ein erbärmliches Zeugnis für uns alle. Weiter Gefangene wider Willen mit Auszugsbefehl - will-

kommen in Deutschland, willkommen in Würzburg.Suchet, so werdet ihr finden. Klopfet an, und es wird euch aufgetan werden

- aber bloß nicht hier bei uns. Weih-nachten ist vorbei, die Geschenke

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Wohnraum dringend gesucht !!!!

Wir bitten alle Hausbesitzer und Wohnungsbaugenossenschaften eindringlich, Wohnraum für Flüchtlinge aus der Gemeinschaftsunterkunft in Würzburg und Umgebung zur Verfügung zu stellen! Derzeit sitzen in der GU über 90 auszugsberechtigte Menschen zum Teil seit Jahren fest, Alleinstehende und Familien mit Kindern, weil sie auf dem freien Wohnungsmarkt keine Chance haben.

Bitte helfen Sie mit, wir vertrauen auf Ihre Solidarität!

Übrigens: für diejenigen im Hartz IV-Bezug werden die Mietzahlungen direkt vom Jobcenter(ehem. ARGE)überwiesen.

Angebote an den Ausländer-und Integrationsbeirat der Stadt Würzburg unter:

[email protected] Tel. 0931/ 37 3229

want to take my life in my own hands, learn your language, find work, earn my own money and support my family

, as well as I can. My rent is paid direct-ly from the government authorities to your bank account! So don’t wor-ry. I am not a bad person because my skin colour is darker than yours. I just want to live in peace . A chance to start again. That’s all. And from my Hartz IV benefit, I have to pay a user fee of 195 € for the sagging and wornout bed in crowded conditions of the refugee camp; for the use of communal toilets, showers and kitchen. And then this letter arrives from the immigration agency telling you, now that you’re free quit immediately!

So who will open his door for the for-eigner? Those who were at Christmas Mass yesterday, celebrating “ The Light of the World”? Those who wish peace ?… peace? Who feels responsi-ble for creating peace? Who is going to give us a chance ? As good as nobody. At the very best “ I’m sorry , but the apartment has already been rented out” , when really and truthfully, it means: “ You don’t fit in this place, get out of here. What will the neighbours tell us if we let you in!” And so in a true incident , after an “ apartment-has-gone-rejection “, a German friend phones the very same landlord and poses as a young engineer…and just

look and see, welcome, the apartment is available for rent ! It is shameful and hypocritical to find that there is so much racism and xenophobia within our midst. Refugees do not expect, their life here will be served on a silver plate , however, how can they take the first steps without our open-minded solidarity ? How should they be able to read the advertisement in the newspa-per, negotiate, view, find out how flat hunting works on the internet ? They can not be blamed that they are unab-le to speak our language. They are pre-vented from learning it year after year. They are kept isolated and housed under terrible conditions, so that they are “ ready to go back to their own country”cited in the Bavarian Asylum Seeker Regulations 2002. Is it really true and acceptable that the only place where birthplace and skin colour does not matter is the refugee camp? The exile outside German society the only place you don’t feel minor and outcast in the heart of a Christian country? This is a pitiful and pathetic testimony for us all. Imprisoned against their will with a deportation order… welcome to Germany! Welcome to Würzburg!What was all this fuss about Christmas once more? Search and you will find? Knock on the door and you will find somewhere… but no, please not here. Christmas has passed, the presents have been opened, the donations

have been made and the turkey dige-sted. The pious hymns and sermons are silent and the Christmas and New Years wishes have faded away. That’ s it. Thanks a lot and goodbye! Enough of all that! Put away the Christmas de-corations back into the attic. But don’t forget next Christmas coming with the same old stories and carols of “ Peace on Earth for all men of good will”... So if the Saviour of Man knocks again on doors and hearts, who will open for His brothers and sisters? For those still in search of an inn, just like in the Na-tivity plays. Maybe one day the citizens of this country and city will open the door. Maybe they will be quieter then, hum-bler and meeker because their vision of the world has changed. Maybe then they will approach refugees with a wel-coming, understanding, Christian face, that brings glad tidings and shows the proclaimed “light”. Showing in this way they finally have got the point of humanity, equality of man and human dignity in all humans regardless their diversity. Then finally ,there will be room in the inn… for real Christmas, for refugees and for human dignity.

Adapted and translated by Janet Dehmer

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8 [email protected]

Exhausted sound A Christmas Letter to my wife

part 7

My dear Sarah!

Christmas in our country is not nearly as commercial as it is in the West, and indeed, our gifts for the family are purchased at the special church re-lated Christmas shops, isn’t it? What I liked the most from Christmas ce-lebration was going to the midnight service in the church together with you. But now there is a big distance between us to celebrate Christmas. So this is a Christmas letter for you, my sweetheart, from the distance. I hope, our house has been decorated with special Christmas decorations, I remember the spirit of Christmas ho-vering on our house.

You are so lovely; do you know how much I love you from the bottom of my heart? Yes, that is the meaning of love in the time of difficulty. I still love you even more in the difficult situati-on at the moment. My sweetheart, my sweetheart, please kiss both of your lovely and softy cheeks on behalf of me. Just feel it, I am there at this very moment as you are reading this let-ter. It is not easy to find a quiet place to write this letter. It is just crowded here in the refugee camp. I am not the same person any more to do things at the right time and place. Plenty of unhappy things are going through my mind. Even to finish this single letter, it took days.

I hope you aren’t angry about me for not writing you a letter for over three years. It is a beautiful letter! It brought tears to my eyes. Do you remember what you said at the airport before I parted for Germany? You asked me with tears in your eyes: “We won’t see us any more, isn’t it??” At this mo-ment, I promised you, things are going to be okay, don’t worry; I told you that I am going to the most developed and democratic country, which is safe

and reliable and far better than home. They proclaim human rights, freedom of speech, move or work. Hopefully they respect all of it, I said to you again. Give me a few months and I love to see your golden eyes and to kiss your sof-ty cheeks once again. Please take care of my mother and visit her sometimes during the week and give my brothers and sisters some hope and strength. I feel such a pain in my heart now lea-ving and losing all that has been pre-cious to me, like you, my lovely, my fa-

mily, friends, my country - everything. For now, please pray for me and for our future.

I already felt exhausted starting from my first arrival place in this country. Forget about seeing you again within some months or even years. My life has ended up in a refugee camp without hope and future. I don’t know why my prayer is not still dropped into Heaven. Please pray for me. My life, even your life, our future, depend on one single

Pic:Maneis Arbab

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91 / 2012

Stimme der ErschöpfungEin Weihnachtsbrief an meine Frau

Teil 7

Meine geliebte Sarah!

Bei uns daheim ist Weihnachten bei Weitem nicht ein Konsumfest wie hier im Westen; wir kaufen unsere Weih-nachtsgeschenke für die Familie in einem dieser besonderen kirchlichen Weihnachtsläden, nicht wahr? Was ich an Weihnachten daheim am meisten liebte, war die Christmette um Mitter-nacht gemeinsam mit dir. Aber dem steht die unüberwindbare Entfernung

person who is going to decide on my status here. Do not ask me when this person is going to decide about my asylum case. Why has it been ignored for almost three years now? When I remember your tears flowing down your lovely and softy cheeks in the airport, it makes my horrible situa-tion here unbearable.

Do you like to share some of my expe-rience of my present life here? Better not, let me tell you something simp-le. Most people here are very friendly, but it is disturbing for me when I meet some new native people, I should ans-wer again and over again their ques-tions, where are you from, what are you doing here? When did you come to Germany? Why don’t you speak the German language after having lived here already for three years? They are very nice questions to introduce oneself for the first time. The funny part here is, when I start to introduce myself saying I am a refugee, some people once they heard the word re-fugee, they disappear forever. Some avoid any contact with refugees, they are serious about it because they consider us like we are worthless, un-educated, greedy for social benefits, lazy - and unwanted. This is my status. Please laugh about it instead of crying. Was I worthless really, my sweetheart, when I met you? Was I unimportant when I kissed your lovely cheeks? Was I stupid and lazy when I worked in my

job and managed our life? To prepare you for laugh once again, when I say I am a refugee, I don’t know why, the voice of some people is going down and their body is shrinking. It is funny, isn’t it?

For me it looks like the movement of people from one place to another has started with me three years ago. But in reality migration is there since human kind started to live on earth. Sweetheart, to console you, let me tell you that there are very honest, friend-ly and very close people here as well. They are supporting, helping and ca-ring for refugees in any kind, of course except being able to help gaining the

“Passport”. Do not be confused, it is the heart of refugees, the “Passport” here means, it is just a paper and a certain permission written in it. For in-stance, the permission to work, move from on city to another city, to learn the German language are new options given only by this “Passport”. Who can get it? Only those refugees blessed in the eyes of this one person who has in-terviewed them - and me - starting our Asylum process in the first refugee ar-riving place.

For me, I can not find a single sen-tence in the declaration of any Human Rights Organization supporting refu-gees telling people to turn a hostile and rejecting face on refugees. But this our reality, so why writing nice

words in all those papers? “A refugee is a person who has been pushed away from his or her home and seeks refu-ge elsewhere”, they are fleeing their country either to the closest countries or democratic countries far away. It is hard, painful, no fun, so why countries close their border on those persecut-ed people after having signed this kind of conventions? The other question is why officials there push people to go back to their risky countries or deport them forcefully instead of respecting the 1951 Refugee Convention which says; humans have the universal “ right to seek asylum (to ask another count-ry to let you in to escape persecution or the possibility of persecution, for safety and protection); the right not to be forcibly returned to your home country ...”

Oh my sweetheart, excuse me, it is a lot of painful and hard facts for you but just remember there are also some po-sitive things here. I can not write all of them in this short letter. I will tell you one by one when I will get the chance to see you once again. For now, stay strong!God Bless you!Love you, my beloved one!

Yours Isaa

Isaa Yakubu

zwischen uns im Wege. Kein gemein-sames Weihnachten. So schreibe ich dir, meine Liebe, wenigstens diesen Weihnachtsbrief aus der Ferne. Ich hoffe, du hast unser Haus genauso weihnachtlich geschmückt wie immer, ich weiß, wie dann dieser ganz beson-derer Geist von Weihnachten in der Luft schwebte durch unser Haus.

Du bist mir so nahe; weißt du, wie sehr ich dich von ganzem Herzen lie-

be? Wahre Liebe trägt durch schwere Zeiten hindurch. So liebe ich dich jetzt ganz besonders in meiner schwierigen Lage. Meine Liebste, küsse deine lieb-lichen und zarten Wangen in meinem Namen. Du wirst es spüren, ich bin bei dir in diesem Augenblick, da du diesen Brief liest. Es ist nicht einfach, ihn zu schreiben, überhaupt einen ruhigen Platz dafür zu finden; das Lager quillt über vor Menschen. Ich bin nicht mehr wie früher, nicht mehr der Mensch, den

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du kanntest, der alles zur rechten Zeit am rechten Ort erledigt. Viele trauri-ge Dinge und Gedanken beschäftigen mich; allein um diesen Brief zu schrei-ben, habe ich Tage gebraucht.

Ich hoffe, du verzeihst mir, dass ich dir drei lange Jahre keinen Brief geschrie-ben habe. Es ist ein schöner Brief ge-worden, und er hat meine Augen mit Tränen gefüllt. Kannst du dich noch er-innern, was du damals zu mir sagtest beim Abschied auf dem Flughafen, vor dem Flug nach Deutschland? Du hast mir mit Tränen in den Augen zugeflüs-tert: „Wir werden uns nie wiedersehen, nicht wahr??“ In diesem Moment habe ich dir versprochen, sei unbesorgt, al-les wird wieder gut werden; ich erzähl-te dir, schließlich gehe ich in eines der am weitesten entwickelten Länder der Welt, in ein demokratisches Land, das sicher und verlässlich ist, viel besser als hier bei uns. Sie bekennen sich dort zu Menschenrechten, zu Meinungs-freiheit, Freizügigkeit und Recht auf Arbeit. Ich hoffe sehr,dass dies alles auch wahr ist, fügte ich noch an. Gib mir ein paar Monate und ich werde deine strahlenden Augen wiederse-hen und deine zarten Wangen wieder küssen. Kümmere dich bitte um meine Mutter und besuche sie ab und an, und gebe meinen Brüdern und Schwes-tern Hoffnung und Zuversicht. Es tut mir jetzt so weh, alles, was für mich kostbar und wichtig ist, zurück zu las-sen, dich, meine Liebe, meine Familie, Freunde, meine Heimat, alles. Bete du nun für mich und für unsere Zukunft.

Schon an dem ersten Ort, an dem ich nach meiner Flucht untergebracht war, fühlte ich mich erschöpft. Vergiss es, unser Wiedersehen nach wenigen Monaten oder gar Jahren. Mein Leben endet hier in einem Flüchtlingslager, ohne Hoffnung und Zukunft. Ich weiß nicht, warum mein Gebet im Himmel noch immer nicht erhört wurde. Bitte bete für mich. Mein Leben, auch dein Leben, unsere Zukunft, hängt von ei-ner einzigen Person ab, die hier über meinen Status entscheidet. Frag mich nicht, wann diese Person endlich über meine Asylantrag befinden wird. Wa-rum wurde dieser seit fast drei Jahren noch immer nicht bearbeitet? Wenn ich mich an deine Tränen erinnere, die auf dem Flughafen über deine weichen

Wangen flossen, ist meine schreckli-che Situation hier für mich fast uner-träglich.

Möchtest du meine jetzigen Lebenser-fahrungen mit mir teilen? Besser nicht, ich erzähle dir lieber etwas Harmlo-ses. Die meisten Menschen hier sind wirklich freundlich, aber es ist für mich verstörend, immer wieder die gleichen Fragen zu hören und zu beantworten, wenn ich Einheimischen begegne: Wo kommst du her, was machst du hier? Wann bist du nach Deutschland ge-kommen? Warum sprichst du immer noch kein Deutsch, wenn du hier schon seit drei Jahren wohnst? Das sind wirk-lich nette Fragen beim ersten Mal, um sich vorzustellen. Aber dann wird es eigenartig: Wenn ich erkläre, ich bin Flüchtling, verschwinden manche Ge-sprächspartner ganz schnell. Andere vermeiden von vorn herein jeden Kon-takt mit Flüchtlingen und sie meinen es sehr ernst damit, sie betrachten uns als wertlos, ungebildet, gierig nach sozialen Wohltaten, faul - und unwill-kommen. Das ist meine Lage. Bitte lache lieber darüber anstatt zu weinen. War ich wirklich minderwertig, meine Liebe, als wir uns begegneten? War ich ohne Bedeutung, als ich deine Wan-gen küsste? War ich dumm und faul, als ich in meinen Job erfolgreich war und unseren Lebensunterhalt sicher-te? Und um dich noch mehr zu erhei-tern: Manche Menschen sprechen nur noch sehr leise und fallen richtig in sich zusammen, wenn sie hören, ich bin ein Flüchtling. Ist das nicht komisch?

Ich fühle so, als ob die Wanderschaft von Menschen vor drei Jahren mit mir ihren Anfang genommen hat. Aber in Wahrheit war Migration immer da, seit es den Menschen gibt. Mein Liebling, um dich zu trösten, es gibt hier auch ehrliche, freundliche Menschen, die uns sehr nahe stehen. Sie unterstüt-zen uns und kümmern sich um Flücht-linge in jeder Hinsicht, außer natürlich bei der Beschaffung des „Passes“. Du musst wissen, dieser ist die Sehnsucht, das Ziel jedes Flüchtlings. Im Grun-de bedeutet der „Pass“ nichts als ein Stück Papier, auf dem die Erlaubnis für bestimmte Freiheiten erteilt wird. Zum Beispiel dafür, zu arbeiten, von einer Stadt in die andere zu ziehen, deutsch zu lernen, das sind neue Mög-

lichkeiten, die man nur durch den Pass erhält. Wer kann ihn bekommen? Nur diejenigen Flüchtlinge, die vor eben dieser einen Person Gnade finden, die sie zu Beginn des Asylverfahrens be-fragt hat und die alleine entscheidet.

Nicht einen Satz habe ich gefunden in all den Deklarationen von Instituti-onen und Menschenrechtsorganisati-onen, der dazu auffordert, Flüchtlinge so feindselig und abweisend zu be-handeln, wie es in Wirklichkeit an uns geschieht. Warum also all die schönen Worte, wenn sie nichts weiter als Papier sind? „Flüchtling ist, wer gezwungen ist, sein Heim zu verlassen, um anders-wo Zuflucht zu suchen“; entweder im Nachbarland oder in weit entfernten demokratischen Staaten. Das ist hart, schmerzlich, kein Spaß; warum also verschließen Länder ihre Grenzen vor diesen verfolgten Menschen, nachdem sie all diese Erklärungen unterzeichnet haben? Und warum weisen Behörden dieser Länder Flüchtlinge ab und drän-gen sie in ihre gefährlichen Heimat-länder zurück? Warum schieben sie sie mit Gewalt ab, anstatt die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 zu re-spektieren, die unmissverständlich er-klärt: Menschen haben das universelle

„Recht, ein anderes Land auf der Flucht vor Verfolgung oder drohender Verfol-gung aufzusuchen um der eigenen Si-cherheit und des Schutzes willen und dort um Asyl zu bitten. Sie haben das Recht, nicht gewaltsam in die Heimat zurückgeschickt zu werden...“

Mein Liebling, verzeihe mir, es sind so viele schmerzliche und harte Dinge, von denen ich dir erzähle; bedenke, dass es hier auch erfreuliche Erfahrun-gen gibt. Ich kann dir in einem kurzen Brief nicht alles schildern; wir müssen uns gedulden, ich werde dir alles er-zählen, wenn wir das Glück haben, uns wiederzusehen.Bleibe tapfer, Gott segne dich!

Ich liebe dich, meine geliebte Sarah!

Dein Isaa

Isaa Yakubu

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111 / 2012

Sie schätzen Heimfocus und Heimcafé?Dann helfen Sie uns!Das Heimfocus-/Heimcafé-Team dankt für Ihre Wertschätzung und Ermutigung. Wir und mit uns viele andere Ehrenamtliche setzen uns gerne für die Flüchtlinge ein, weil wir überzeugt sind, dass jeder Mensch wertvoll ist und Respekt, Unterstüt-zung und Solidarität verdient. Und wir bekommen sehr viel zurück an Einblicken in den Reichtum an-derer Kulturen, an Gastfreundschaft und Herzlich-keit.

Wir arbeiten gerne ohne Lohn, aber nicht um-sonst:Heimfocus und Heimcafé sind spendenfinanziert!Wir brauchen nicht nur Ihre Wertschätzung, son-dern dringend auch Ihre konkrete Unterstützung:Spenden Sie uns monatlich den Gegenwert einer Kinokarte!Das genügt – wenn sich viele anschließen.Jeder Euro wird gebraucht. Und es kommt auch auf SIE an, ob es Heimfocus und Heimcafé weiter ge-ben wird.Herzlichen Dank!

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Stichwort: Heimfocus/Heimcafégerne mit Spendenquittung!

Wir haben gemeinsam mit anderen En-gagierten viel bewegt und erreicht in den letzten Monaten und Jahren, und es ist uns gelungen, das inakzeptable Schicksal der Flüchtlinge mitten unter uns immer mehr in den Blickpunkt der Öffentlichkeit zu rücken. Da gehörtes auch hin und wir werden weiter kämp-fen, bis jedem Flüchtling Teilhabe an der Gesellschaft und ein eigenständi-ges Leben in Würde und Wertschät-zung ermöglicht wird. Es gibt noch viel zu tun, sehr viele Widerstände sind noch zu überwinden, aber nichts ist unmöglich, wenn viele es wollen. Wir brauchen den Druck und den Ein-satz empörter Bürger, eine lautstarke Lobby für die Abgehängten und an den Rand Gedrängten – insbesondere auch für die Flüchtlinge, die ganz am unteren Ende der Gesellschaft auf ein Leben mit Perspektive und in Würde hoffen. So ist es gut, dass wir immer

Wir bedanken uns von Herzen bei allen Menschen, die uns mittragen und uns unterstützen in Wort und Tat.

mehr Menschen sensibilisieren und betroffen machen, Bürger der Stadt, Schüler und Studenten, Gruppen und Organisationen und auch Politiker, die aufhorchen und genauer hinschauen in einen Bereich, der bisher kaum Be-achtung fand. Wir danken für jedes offene Ohr und für jede ausgestreck-te Hand! Wir danken unseren tollen Freunden und Helfern im Heimcafé und bei den vielen Aktivitäten im La-ger und den engagierten Menschen in der Stadt, in Institutionen und Grup-pen, die uns unterstützen und sich mit Herzblut für die Flüchtlinge einsetzen. Unser Dank gilt auch unserem Ober-bürgermeister, Herrn Rosenthal, und denjenigen Mitgliedern der Stadtver-waltung und des Stadtrates, die ein-stehen für einen asylpolitische Wende und für nachhaltige Veränderungen vor Ort. Danke auch an diejenigen Landtagsabgeordneten aller Fraktio-

nen, die nicht nachlassen, gegen den Strom zu schwimmen und für men-schenwürdige Flüchtlingspolitik im Freistaat zu kämpfen. Und zu guter Letzt ein Dankeschön an Flyeralarm und Standpunkt e.V. - und auch an un-sere nervenstarke Layouterin. Die Flüchtlinge und Asylbewerber brauchen auch weiterhin dringend Ihre/eure Solidarität und Freund-schaft! Danke dafür!

Ihnen/euch/ unseren Flüchtlingen und allen Menschen ein frohes, erfülltes und positives Neues Jahr!

Die Heimfocus-Redaktion

Danke!

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12 [email protected]

Theater in drei Sprachen Vertrauen ist wichtiger als Worte

„Was machen alle diese Leute schon wieder hier??! Ich habe es satt,ständig deine ganze Sippschaft um mich zu haben! Ich habe dich geheiratet, nicht die alle!“ Dieser sinngemäße Aus-bruch eines weißen Ehemannes stößt bei seiner afrikanischen Ehefrau nicht nur auf empörtes Unverständnis, son-dern wird vehement, laut und tempe-ramentvoll pariert. Eindrucksvoll zeigt

„Les Funérailles du Désert“ („Beer-digung der Wüste“),das gemeinsa-me Theaterprojekt des Mainfranken Theaters Würzburg und des C.I.T.O. im westafrikanischen Ougadougou / Burkina Faso, wie unterschiedlich die Lebenswelten, Wahrnehmungen und Prägungen in beiden Kulturen sind. In Würzburg ist das außergewöhnliche Theaterstück auf großes Interesse ge-stoßen und wurde vom Publikum be-geistert gefeiert. Es gehört Mut, Neugier und große Offenheit dazu, trotz der Gegensätze und aus ihnen ein so vielschichtiges Stück zu entwickeln, ohne Streben nach Dominanz und Wertung des anderen. Kultur ist hier ganz offen-sichtlich einfach universeller Brücken-bauer zwischen Menschen, gleich welcher Sprache, Kultur oder Rasse. Das Publikum hatte keine Mühe, sich im babylonischen Gewirr dreier Spra-chen zurecht zu finden. Es war nicht notwendig, auch nur eine davon zu können, um zu verstehen. So aus-drucksstark setzen die Schauspieler aus beiden Kontinenten die Thematik in Szene, so beeindruckend auch das Szenenbild. Die beiden Schwerpunkte der Hand-lung, die aus vielen Ideen beider Partner herausgearbeitet worden sind, waren die vitale Bedrohung der

Lebensgrundlagen durch Umweltzer-störung sowie das grundlegend ver-schiedene Verständnis von Familie. Die Umsetzung ging unter die Haut: Angesichts des apokalyptischen Wüs-tenreiters waren alle Protagonisten in einem dramatischen, beschwörenden Sprechgesang vereint und blickten der um sich greifenden Wüstenbildung fassungslos entgegen wie einem na-henden Tsunami. Im Gegensatz dazu die turbulenten, skurrilen, mal drama-tischen, mal satirischen Familienbil-der: pralles, lautes, Zusammenleben hier und mit sich und anderen ringende komplizierte Individualisten dort. Da bleiben Missverständnisse, Konflikte und Scheitern nicht aus. Und auch der Blick in persönliche und gesellschaft-liche Abgründe. Aber auch witzige Momente und Spielen mit Klischees und Vorurteilen, wenn etwa die in ein Dirndl gezwängte dralle afrikanische Oma mit überschäumendem Tempe-rament ihren neugeborenen Enkel mit magischen Ritualen stärken will und die weiße Schwiegertochter zur Weiß-glut bringt. Die offenkundigen und hintergründigen Bilder und Themen auf der Bühne sind zu Recht mit ste-henden Ovationen bedacht worden und wirken hoffentlich nach. Und sie zeigen eindrucksvoll, wie viel Reich-tum und Potenzial in interkulturellen Projekten dieser Art steckt. Mehr da-von täte uns allen gut!

Heimfocus hatte bei einem Begleit-symposium zum Stück die Gelegen-heit, mit den Verantwortlichen des Kooperationsprojekts zu sprechen, Bernhard Stengele vom Mainfran-ken Theater in Würzburg und Martin Zongo vom C.I.T.O. in Ougadougou.

Wie Vertrauen schaffen, Vorurteile abbauen? Wie finden Menschen zum offenen Miteinander auch ohne ge-meinsame Sprache? Wie entdecken und entwickeln sie Gemeinsames trotz aller Verschiedenartigkeit? Und wie siegt Vertrauen über Misstrauen, wie Annäherung und Verständnis über Vorurteil und Distanz? Weniger über ambitionierte Hilfsprojekte und wirt-schaftliche Unterstützung als durch Begegnung. Besonders durch kultu-relle Begegnung, darin sind sich beide Gesprächspartner einig: Auf dem ge-meinsamen Weg von der Entwicklung bis zur Umsetzung des Theaterprojek-tes haben alle viel gelernt über den an-deren: Wie wichtig es ist, sich auch zu-rückzunehmen als Lernender, einfach offen zu sein, genau hinzuschauen und versuchen zu begreifen, ohne zu werten. Wie bereichernd es ist, einge-

Bernhard Stengele und Martin Zongo

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fahrene Denkmuster zu entlarven und aufzugeben und sich und mit Respekt auf andere Sichtweisen einzulassen. Künstlerische Kooperationen dieses Art seien für die Völkerverständigung und gegen die falschen Klischeebil-der und Vorurteile auf beiden Seiten wichtig und überfällig, so Bernhard Stengele und Martin Zongo. So wie Afrika für Fröhlichkeit, Gastfreund-schaft, Offenheit und Sonne stehe, werde es andererseits allzu schnell auf seine hinreichend bekannten dunklen Seiten wie Armut, Kriege, Dürre und korrupte, schlechte Regierungen re-duziert. Genauso wenig wie es dieses pauschale „Afrika“ gibt, könnten „die Europäer“ auf die afrikanische Sicht von reich, kalt, verschlossen, indivi-dualistisch eingegrenzt werden. Die Verengung auf „typisch Afrikaner“, und „typisch Europäer“, sei falsch und gefährlich, bediene diffuse Ängste und Vorurteile und spiele denen in die Hände, die dies für ihre populisti-schen Zwecke nutzten. So zielte die-se Kooperation von Anfang an darauf ab, das gemeinsam entwickelte Spiel als eine Brücke der Verständigung

und Solidarität zu sehen. Menschen machen so die Erfahrung, dass ver-schieden zu sein kein Hindernis für Freundschaft und Kooperation ist und Ängste und Abwehr nicht rechtfer-tigt. Sie tauschen sich aus, nehmen voneinander an und teilen sich mit, als Gleichberechtigte, geschätzte Partner und vielleicht Freunde. Genau Dieses erleben auch wir in unse-ren Projekten Heimfocus und Heimcafé, ebenso wie die Aktiven im Theaterpro-jekt „Traum vom Leben“, als Miteinan-der von Einheimischen und Flüchtlin-gen aus der Gemeinschaftsunterkunft in Würzburg. So haben sich Letztere über die Einladung von Frau Rosenthal zur Premiere von „Les Funérailles du Désert“sehr gefreut, inspiriert und er-mutigt doch alle die gleiche Erfahrung von Verständnis und Freude an dem, was wir gemeinsam erfahren, bewun-dern und schätzen lernen.

Addis Mulugeta

Alle Bilder von der Theaterauffüh-rung: © Falk von Traubenberg

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„Es hat meinen Blick auf das Leben und die Verhältnisse der Asylbewerber, bzw. überhaupt den Blick auf die Asyl-bewerber deutlich geändert. Für mich sind sie keine „Ausländer“, sondern Menschen, die wirklich Schutz und Unterstützung benötigen.“

„Wieso ist es bei uns möglich, dass Menschen unter so schrecklichen Be-dingungen leben müssen?“

„Besonders schlimm sieht auch das Ge-bäude für die Aufnahme aus. Es gibt den Ankömmlingen gleich das Gefühl unerwünscht zu sein.“

„Mich hat es besonders berührt, dass die drei Jungen ihr Zimmer so sauber gehalten haben und es uns unbedingt stolz präsentieren wollten.“

„Ich will mich nicht damit abfinden, dass Flüchtlinge auf engstem Raum, in zellenähnlichen Kammern hausen müssen.“

„Wieso ist es bei uns möglich, dass Menschen auf engstem Raum zusam-men leben müssen und keine Privat-sphäre haben?“

Wieso ist das bei uns möglich??Gymnasiasten in der ZAE (Zentrale Erstaufnahme-Einrichtung für Asylsuchende

und Flüchtlinge) in Zirndorf

„Mich hat es schockiert, dass so viele Menschen auf so engem Raum ohne jegliche Privatsphäre zusammen le-ben müssen und das unter derartigen hygienischen Bedingungen.“

„Für mich waren auch die hygienischen Zustände erschreckend.“

„Ich hatte nicht erwartet, dass es in Deutschland Einrichtungen gibt, in denen Menschen derart beengt zu-sammen leben müssen.“

„Ich kann mir vorstellen, dass der All-tag sehr schwierig und anstrengend ist, wenn man keine Möglichkeiten hat, sich zurück zu ziehen und einen Moment allein zu sein.“

„Für mich war es besonders schockie-rend die Zustände im Männerhaus zu sehen.“

„Ich kann mich nicht damit abfinden, wie es im Männerhaus gerochen und ausgesehen hat.“

„In Erinnerung blieben mir vor allem die Küche mit den Nudeln an der Wand.“

„Gegen die derzeitige Situation in den Zimmern muss auch etwas unternom-men werden.“

„Ich fand es schön, dass wenigstens für die kleinen Kinder ein Platz zum Spie-len und Toben vorhanden ist.“

„Besonders betroffen macht mich wie trostlos die Kinder dort leben müssen, da es vor allem draußen kaum Mög-lichkeiten zum Spielen gibt.“

„Ich kann nicht vergessen, dass die Menschen so wenige Beschäftigungs-möglichkeiten haben.“

„Ich kann mich nicht damit abfinden, wie wenig Geld die Asylbewerber im Monat bekommen.“

„Ich kann mich nicht damit abfinden, dass sich so wenige Menschen für die Menschen dort interessieren.“

„Es macht mich so betroffen, dass sich so wenige Außenstehende engagie-ren.“

Doch Betroffenheit und Empörung sind nicht genug. Daraus entwickelten sich konkrete Ideen, die das Leben der Flüchtlinge in Zirndorf ein wenig er-träglicher machen sollten:ein Basisdeutschkurs für Kinder, einen Kinderspieltag, ein Begegnungspro-gramm für unbegleitete minderjähri-ge Flüchtlinge sowie eine Kleider- und Spielzeugsammlung.

Und vielleicht lässt diese Erfahrung manche der jungen Menschen nicht mehr los und zieht Kreise. Die Hand direkt vor Ort zu reichen ist das Eine. Öffentlichkeit zu schaffen, die inak-zeptablen Zustände in der ZAE und in den Gemeinschaftsunterkünften zu skandalisieren und Abhilfe einzufor-dern das Andere. Zu beidem braucht es Menschen, die hingehen, hinsehen und handeln. So wie die aktiven Schü-lerInnen des Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums in Oberasbach mit ihrer engagierten Lehrerin Heidemarie Mielke.

Die Schülerinnen und Schüler des Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums in Oberasbach haben sich im Oktober 2011 im Rahmen ihres Praxisseminars mit der ZAE in Zirndorf beschäftigt. Ihre Eindrücke fassten sie so zusammen:

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In Zirndorf liegt die Zentrale Erstauf-nahmeeinrichtung für Asylbewerber (ZAE). Sie ist, neben der Aufnah-meeinrichtung in München, für die Erstaufnahme, Unterbringung und Weiterleitung von Flüchtlingen in Bay-ern zuständig. Die Einrichtung gibt es seit 1955. Die Asylantrag stellen-den Flüchtlinge werden von der ZAE Zirndorf aufgenommen, in Gemein-schaftszimmern untergebracht, mit Essen und Hygieneartikeln versorgt sowie amtsärztlich untersucht. Paral-

„500 Betten für 667 Asylbewerber – im Aufnahmelager Zirndorf herrschen menschenunwürdige

Zustände: keine Privatsphäre, sozialer Stress, Hautkankheiten“

So titelten Katja Auer und Olaf Przybilla ihren erschütternden Bericht in der Süddeutschen Zeitung vom 02.12.2011. Eigentlich erübrigt sich mitten in Deutschland im 21. Jahrhun-dert jeder Kommentar – und gerade

Zirndorf, 1. Advent 2011, 27. November 2011

Appell aus Zirndorf„... denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge“ (Lukasevangelium 2,7)

Stehen Flüchtlinge über Weihnachten vor verschlossenen Türen?lel erfolgt die Asylantragstellung und Anhörung beim Bundesamt für Migra-tion und Flüchtlinge (BAMF) in der Au-ßenstelle Zirndorf. Die Aufenthalts-dauer der Flüchtlinge beträgt in der Regel drei Monate. Danach werden sie auf andere Gemeinschaftsunterkünf-te in Bayern verteilt.

Bereits vor einem Jahr zeichnete sich eine ansteigende Belegung der ZAE mit ihren maximal 550 Bettenplätzen ab. Gemeinschaftsunterkünfte in den

Regierungsbezirken wurden in den letzten Jahren sukzessive geschlos-sen oder zusammengelegt, ohne dass neue Unterkunftsmöglichkeiten gesucht bzw. zur Verfügung gestellt worden wären. Verzögerungen bei der Suche und Anmietung neuer Gemein-schaftsunterkünfte ergaben sich zum Teil auch aufgrund der Gründung ei-nes landesweiten neuen Immobilien-staatsbetriebes (Immobilien Freistaat Bayern). Die Anmietung oder Errich-tung von Unterkünften für Flüchtlinge

Ehemaliger muslimischer Gebetsraum, jetzt als Schlafraum eingerichtet.

deshalb müsste dieser Skandal eigent-lich alle Schlagzeilen beherrschen. Kann es sein, dass dies hinnehmbar ist, dass es niemanden auf die Barrikaden bringt? -Niemals, und gerade deshalb trifft der Appell der in Zirndorf tätigen

Unterstützer an uns alle als Bürger dieses Landes und besonders an die Verantwortlichen in der bayerischen Politik ins Schwarze. Im jeglichen Sin-ne...

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16 [email protected]

wurde aber manchmal auch von loka-len Mandatsträgern bewusst verhin-dert.

Nachdem sich die Belegungszahlen in der ZAE Zirndorf über Monate hinweg bei etwa 600 Flüchtlingen einpendel-ten, wurden die negativen Auswirkun-gen für die aufgenommenen Asylbe-werber immer belastender. Sechs bis acht Personen in einem Zimmer, Tren-nung der Familien sowie der Ehepaare und keinerlei Schonraum für kranke und behinderte Flüchtlinge sind nur ein paar Stichworte für die desolate Lebenssituation. Auch die Mitarbeite-rinnen und Mitarbeiter in den Behör-den und sozialen Diensten sind von dieser Belastung immer mehr betrof-fen. Die im Vergleich zu der normalen Belegung mit ca. 350 Flüchtlingen fast doppelt so hohe Anzahl an Menschen mit dem gleichen oder sogar weniger Personal menschenwürdig zu verwal-ten und zu betreuen, ist unter diesen Umständen nicht möglich.

Deshalb haben die vier im Sozialzent-rum tätigen Träger der sozialen Arbeit (der Caritasverband Nürnberg, das Diakonisches Werk Schwabach-Roth, die Rummelsberger Dienste für junge Menschen und die Evangelisch-Luthe-rische Kirchengemeinde Zirndorf) sich im August mit einem Brief an verant-wortliche politische Mandatsträger und Regierungsstellen gewandt. Dar-aufhin waren MdL Brigitte Meyer (So-zialausschussvorsitzende), MdL Petra Guttenberger (Fürth) und MdL Renate Ackermann (Ansbach) zu einem Infor-mationsbesuch in der ZAE Zirndorf. MdL Angelika Weikert (Nürnberg) und MdL Dr. Hans Jürgen Fahn (Würzburg) reichten im bayerischen Landtag Ein-gaben zur aktuellen Situation ein. MdL Hermann Imhof suchte das Gespräch mit dem bayerischen Sozialministeri-um.

Alle diese engagierten Bemühungen blieben bisher leider ohne entspre-chenden Erfolg. Obwohl die Regierung von Mittelfranken den Landkreisen Nürnberger Land und Roth sowie den Städten Fürth und Schwabach jeweils 15 Flüchtlinge zur dezentralen Unter-bringung zuwies, erfolgte deren Auf-nahme nur zögerlich. Nach Auskunft

des bayerischen Sozialministeriums von Anfang November ist etwa die Stadt Fürth bis heute ihrer Verpflich-tung nicht nachgekommen, die ihr zu-gewiesenen Flüchtlinge aus Zirndorf dezentral unterzubringen. Insgesamt könnten rund 200 der in der ZAE un-tergebrachten Flüchtlinge die Aufnah-meeinrichtung sofort verlassen, wenn sie in den vorgesehenen Kommunen und Landkreisen aufgenommen wür-den!

Derweil spitzt sich die Unterbringungs-situation in der ZAE Zirndorf weiter zu. 650 Flüchtlinge sind dort inzwischen aktuell untergebracht und weitere 100 sind bereits für die Aufnahme vorge-sehen. Trotz dieser ohnehin schon pre-kären Lage muss die ZAE Zirndorf alle ihr zugewiesenen Asylbewerber auf-nehmen – mit fatalen Konsequenzen: Der seit gut zwölf Jahren bestehende Gebetsraum für muslimische Flücht-linge musste bereits geräumt werden und ist als Schlafraum zweckentfrem-det worden (siehe Foto). In gleicher Art war auch eine Umfunktionierung der katholischen Kapelle St. Paul in der ZAE im Gespräch – sie wurde erst vor sechs Wochen vom Bamberger Erzbi-schof Dr. Schick anlässlich ihres 50jäh-rigen Weihejubiläums besucht.

Bei der Erstaufnahmeeinrichtung für die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen (EAE-UMF) wurde bereits eine Wohnung zur anderweitigen Be-legung abgezweigt, so dass sich bis zu sechs Minderjährige jetzt ein Zimmer teilen müssen. Die Belegung der So-zialräume im Sozialzentrum der ZAE wurde ebenfalls kurz erwägt. Der Kin-dergarten des Caritasverbandes Nürn-berg sowie die Cafeteria der Evange-lisch-Lutherischen Kirchengemeinde wären als Erstes davon betroffen wor-den. Gerade den Flüchtlingskindern, die schon wegen der erlittenen Flucht und den beengten Wohnverhältnissen sehr leiden, wäre ihre einzige „Oase“, die Kinderbetreuung der Caritas, ge-nommen. Nachdem der Schulbesuch für die Flüchtlingskinder in Zirndorf verboten ist, träfe dies auch die älte-ren Kinder, die im Kindergarten mit betreut werden. Zwar sind diese Plä-ne mittlerweile vom Tisch, die men-schenwürdige Unterbringung sowohl der bereits in Zirndorf aufgenomme-

nen als auch der neu ankommenden Flüchtlinge ist aber weiterhin eine un-gelöste Aufgabe. Müssen Flüchtlinge also das Weihnachtsfest in Zirndorf in einem Massenquartier mit 30 oder 40 anderen Personen oder gar vor ver-schlossenen Türen verbringen?

Wer Frieden auf Erden und vor Ort will, muss für die Menschen Orte schaffen, die sie bergen. Und dazu gehört, dass Flüchtlinge, die aus friedlosen Gegen-den dieser Erde geflohen sind, bei uns eine menschenwürdige Aufnahme, Unterbringung und soziale sowie re-ligiöse Begleitung finden. Christliche Kapelle und muslimischer Gebetsraum gehören mit zu diesen bergenden und geschützten Orten für Flüchtlinge, ebenso wie eine Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse Kranker, Be-hinderter und Traumatisierter.

Die Asylgruppe St. Rochus Zirndorf ap-pelliert deshalb erneut an alle politisch und administrativ Verantwortlichen, ihre Verantwortung für Flüchtlinge in angemessener Weise zu übernehmen und für eine rasche Entlastung der ZAE Zirndorf zu sorgen. Das bayerische So-zialministerium, die Regierungen der Bezirke, die Kommunen und Landkrei-se müssen sich endlich gemeinsam ih-rer Pflicht stellen und gemeinsam für eine menschenwürdige Lebens- und Unterbringungssituation für Flüchtlin-ge bei uns sorgen.

Asylgruppe St. Rochus ZirndorfTrägerin des Ehrenamtspreises der Evang.-Luth Kirche in Bayern 2011Ehrenzeichen für Verdienste im Eh-renamt des Bayerischen Minister-präsidenten 2011Trägerin des Ehrenamtspreises des Diakonischen Werkes Bayern 2010EhrenWert-Preis der Nürnberger Nachrichten 2009

Evang.-Luth. Kirchengemeinde Zirn-dorfErwin Bartsch, GemeindepädagogePfarrhof 390513 ZirndorfTel.: (0911) 60 93 36 oder 0163-6093360Fax.: (0911) 600 25 67Mail: [email protected]

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Die Unterbringungssituation für die Flüchtlinge in der ZAE Zirndorf spitzt sich immer weiter zu. Bereits seit letztem Jahr wird notgedrungen die Trennung von Ehe-paaren und Familien in der ZAE praktiziert: Statt jedem Ehepaar bzw. Familienver-band mindestens ein eigenes Zimmer zur Verfügung zu stellen, werden bis zu sechs Ehemänner in einem Zimmer der Männe-runterkunft untergebracht, ihre Ehefrau-en (und ggf. die Kinder) in einem anderen Zimmer in den Familiengebäuden. Andere Familien bzw. Alleinerziehende mit Kin-dern bekommen zwar ein eigenes Zimmer, jedoch mit weniger Betten als Personen. So mussten sich mehrere Kinder jeweils ein Bett teilen. Die Unterbringungskapazi-tät in der Männerunterkunft im Haupthaus in Zirndorf, wohin permanent auch männ-liche unbegleitete minderjährige Flüchtlin-ge ausweichen müssen, ist ebenfalls mehr als erschöpft: In Sechsbettzimmern wer-den bis zu acht Personen untergebracht. Zudem wird die gesetzlich vorgesehene Verweildauer von drei Monaten in der Erst-aufnahmeeinrichtung häufig und deutlich überschritten.Die Konsequenzen aus dieser Situation sind vielfältig und immens: Es fehlt jegli-che Privatsphäre und es kann noch nicht einmal ein eigenes Bett für jeden Asylbe-werber dauerhaft garantiert werden, was allein aus hygienischen Gründen untrag-bar ist: Hauterkrankungen und Ausschlä-ge sind nach Berichten eines in der ZAE tätigen Arztes weit verbreitet. Weitaus schlimmer und weitreichender ist jedoch der soziale Stress, der bei der Unterbrin-gung so vieler Menschen auf so engem Raum entsteht. Konflikte, Streit und Aus-einandersetzungen sind vorprogrammiert, die unterschiedlichen Herkunftskulturen, Ethnien, Sprachen, Weltanschauungen und Religionen, Gewohnheiten und Be-dürfnisse erhöhen das Konfliktpotenzial um ein Vielfaches. Das Spektrum reicht von sozialer Ausgrenzung und verbalen Attacken bzw. Drohungen bis hin zu Hand-greiflichkeiten. In den letzten Monaten kam es wiederholt zu gewalttätigen Kon-flikten und Auseinandersetzungen in der ZAE. Was die Situation jedoch noch weiter

Ein Bett für jeden ist das Mindeste!

...und bereits vor einem halben Jahr:Zirndorf, im August 2011

verschärft, ist die häufig anzutreffende psychische Instabilität der Flüchtlinge. Nicht wenige von ihnen sind traumatisiert, mussten selbst Schlimmstes am eigenen Leib erfahren oder hilflos mit ansehen, wie Familienangehörige, Freunde oder auch Fremde gefoltert, misshandelt oder ge-tötet wurden. Gerade diese Menschen ha-ben ein besonders hohes Bedürfnis nach Sicherheit und Ruhe, sind sehr schreck-haft bzw. leicht in Panik zu versetzen, wer-den nachts von Albträumen geplagt und müssen erst wieder lernen, Vertrauen zu anderen Menschen aufzubauen. Für sie ist die derzeitige Situation mit der allgegen-wärtigen Anspannung in den Gebäuden und auf dem Gelände und der unvermeid-lichen Geräuschkulisse eine ganz enorme Belastung.

Wir bitten Sie deshalb, nach Ihren Mög-lichkeiten mitzuhelfen auf die verantwort-lichen Stellen einzuwirken (Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozial-ordnung, Familie und Frauen, Regierun-gen der einzelnen Bezirke in Bayern, Bür-germeister und Landräte usw.):

- dass die Verpflichtung der Regierungen in den Bezirken gemäß dem bayerischen Aufnahmegesetz wahrgenommen und rasch umgesetzt wird („Gemeinschafts-unterkünfte sind von den Regierungen entsprechend dem Bedarf zu errichten und zu betreiben.“),

- dass Städte und Landkreise geeignete Gebäude für die Unterbringung von Asyl-bewerbern zur Verfügung stellen und sich nicht durch undurchsichtiges politisches Handeln ihrer Verantwortung entziehen,

- dass bei neu zu eröffnenden Gemein-schaftsunterkünften eine ausreichende soziale Betreuung durch die Wohlfahrts-

verbände gewährleistet ist,- dass bei der Unterbringung verstärkt Rücksicht auf Nationalitäten, Religions-zugehörigkeiten und Ethnien genommen wird und ein Mindestmaß an Privatsphäre gewährleistet ist,

- dass die besonderen Bedürfnisse von Schwangeren, Kranken und Asylbewer-bern mitBehinderungen verstärkt bei der Unter-bringung berücksichtigt werden,

- dass jedem Asylbewerber in der ZAE Zirn-dorf wieder ein eigener Schlafplatz zurVerfügung gestellt werden kann,

- dass Familien, Ehepartner und Alleiner-ziehende je ihr eigenes Zimmer für eine gemeinsame Unterbringung erhalten,

- dass unbegleitete minderjährige Flüchtlin-ge nicht mit erwachsenen Asylbewerbern in einem Zimmer untergebracht werden,

- dass Familien mit schulpflichtigen Kin-dern möglichst schnell in eine Unterkunft oder Wohnung verteilt werden, da erst nach der Aufnahmeeinrichtung ein Schul-besuch für Kinder möglich ist.

Vielen Dank für Ihre Unterstützung!

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der im Sozialzentrum vertretenen Trägerin der ZAE ZirndorfRothenburger Straße 3190513 Zirndorf

Asylgruppe St. Rochus ZirndorfEhrenamtliche in der Flüchtlingsarbeit

Caritasverband Nürnberg e.V.Flüchtlingsberatung

Diakonisches Werk des Evang.-Luth.Dekanatsbezirkes Schwabach e.V.Projekt BASIC

Evang.-Luth. Kirchengemeinde ZirndorfProjekt BASIC

Rummelsberger Dienste für junge Men-schen gGmbHFlüchtlingsberatung

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18 [email protected]

I am an Iranian journalist now living in exile. So many individual stories of immigration, of seeking asylum so-mewhere in the world: Each of these stories has its own meaning and all of them could fill books. But after having lost my country of origin, just tell me really, where is my home? If I speak the language of a given country, does it mean I am from there? Is home just the place you were born in? Do I be-long to a specific ethnic group through this place of birth or through how I look like? So many questions…

After all those years in exile I am still looking for my home and I feel and I hope there is something inside which means my home. After I had finally found a small flat in Berlin, does it re-ally mean this is my home? Maybe... As a political refugee with no job you face a big, big challenge looking for an apartment in Berlin. It is just one of the general problems of refugees, how to find a place to rent in addition to the difficulty to find a job. It is a vici-ous circle: Living on small money from the Jobcenter,it is difficult to compe-te with the locals and usually the flat owners prefer persons who have a job with a good salary anyway. I know that many Germans are facing the same challenge, but it is much harder for re-fugees of course. So as a refugee even after your case is accepted and you are free to move, to find your ways into the German society and normal life, for instance to rent an own place to live, is another challenge. My story is an evidence exemplary for so many of my fellow citizens spread around the world not by their own desire but due to their vital problems in Iran. It is a story of paying a high pri-ce for standing up against the regime. In summer 2007 Security Agents sear-ched my home and took away my com-puter, my writings, telephone book, private letters, books, archives etc. Finally I was detained and sent to Evin

Where is my home?!

Prison. After I have been temporarily released I was still banned from wri-ting and the University administration told me that I could not continue my studies and graduate although I had only one semester left, after about four years including financial and other costs. Eventually, after so much fighting back, I managed to get my bachelor degree in cinema. However, continuing my education, professional journalistic work, and even my daily life has become impossible. So finally I left Iran for Germany. Here I first resi-ded under the «Writers in Exile» pro-gram that is run by the German P.E.N. Centre and the Human Rights Office of the city of Nuremberg and then finally I applied for political asylum. Now I live in Berlin in exile and I try to continue my professional work as a journalist who is the voice of his nation. Exiles, refugees, immigrants - though these names have specific meanings they are still unified in one question:. Where is the real “home” now? I have never identified the meaning of home as being merely a defined country. I have been wandering through the world looking for a homeland. Any-way, you must be an active member of the given society first, enabled to communicate by a good knowledge of the language and then you can say where you live, then you find the color of your new place. For me, the color of Germany is grey. The fight for survival continues. What about tomorrow, this question is always on my mind. The temporary status cannot be continu-ed after four years in my small flat in

Berlin now. I am still not in a stable si-tuation. I am doing my best not to lose hope and confidence. More than any-thing I fear falling into what Iranian journalists call “the exile syndrome”. My understanding of Iran would be frozen in the moment of leaving, and I’d be unable to keep up with events on the ground. No doubt the government expects this from all of us.

But still in the town I live now you can recognize signs giving you hope if you keep your eyes open: For decades this city had been cut into two parts by the Berlin Wall, no chance, no exit. Now that it inevitably collapsed an exiled Iranian journalist can sit next to the young guys from Germany and Spain and Greece and Israel and Italy and Portugal and US etc. in the Alex square facing the slogan of “Real Democracy Now”. The struggle for democracy and social justice still continues, in any place of the world. Will the young generation rise up? Some of them are students, others may be immigrants, refugees... The next picture goes back to the shelter of refugees in Berlin. One of my friends, an Iranian woman from that revolutionary generation is working in this place located in south of Berlin with people from all over the world living there, most of them from the developing and still under-developed countries - and even some Germans who could not find their own place yet. Life is going on, somehow, with one question still waiting for the answer: Where is my home?!

Soheil Asefi

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Wollten Sie schon immer einmal wissen, wie Sie völlig korrekt eine offensicht-lich nicht in Deutschland geborene Per-son anreden sollen? Also, wenn Sie auf einen Nichtteutonen treffen, dann fra-gen Sie ihn doch einfach, woher er denn komme. Dabei spielt es überhaupt kei-ne Rolle, ob Sie diesen Menschen schon einmal gesehen haben oder er Ihnen noch völlig fremd ist. Diese interkul-turelle Begrüßungsfrage passt immer und ist überall anwendbar. An der Reaktion können Sie sofort er-kennen, wie integrationswillig sich Ihr Gegenüber verhält. Erteilt diese Person freudig Auskünfte über die Herkunft, vielleicht auch über den Stammbaum und die Farbe der Unterhose, dann können Sie einen hohen Integrations-willen voraussetzen. Damit sind Sie auf einen guten Weg. Aber bleiben Sie am Ball und achten Sie auf den Gesprächs-fluss. Sie sollten sofort Fragen über das Elternhaus, die Religion und über seine

Bist du schon integriert?Ein satirischer Blick auf Deutschland

Essgewohnheiten nachschieben. Ihr Gegenüber wird rasch erkennen, welch' ein geschickter Brückenbauer zwi-schen den Kulturen Sie sind. Integrati-on kann manchmal so einfach sein.Anders sieht es schon aus, wenn auf Ihre anfänglich gestellte Frage das Ge-sicht verzogen wird. Meist kommt dann eine freche Antwort wie „Ich komme aus Würzburg-Heidingsfeld“ oder ein-fach nur „Aus Mama“. Jetzt ist Vorsicht geboten! Hier unterstellt Ihnen jemand, dass Ihrer Frage kein wohlgemeintes In-teresse zugrunde liegt. Hier hat jemand noch nicht den notwendigen Integrati-onswillen entwickelt. Helfen Sie dieser Person, anzukommen! Sagen Sie doch einfach, dass Sie schon ewig hier leben. Also nicht ab Geburt, sondern bereits seit den Anfängen des Germanentums. So ein wichtiger Hinweis wird sicherlich verstanden werden, denn schließlich haben Sie ja nicht gefragt, wie lange er überhaupt zu bleiben gedenke.

Was, das Eis ist immer noch nicht gebro-chen? Dann kann nur noch das große Loblied auf die gut gesprochene deut-sche Sprache helfen. Warüm – Darüm! Nicht fragen – versuchen Sie es einfach. Ihr gegenüber kann ja schließlich nicht in Deutschland geboren sein, denn sonst würde er ja irgendwie deutscher aussehen. Und wer nicht hier geboren ist, muss sich ja unter Mühen diese uni-verselle Sprache beigebracht haben. Vielleicht am Goethe-Institut in Özalp. Das liegt im Osten der Türkei. Aber bitte sagen Sie nicht „Goethe-Institut“, sondern „Alman Kültür Merkezi“. Wie-so? Ganz einfach „Göt“ bedeutet näm-lich auf Türkisch „Arsch“. Sollte das Eis jedoch nicht geschmolzen sein, dann bleibt Ihnen nur noch eins: Rennen Sie um Ihr Leben und informie-ren Sie umgehend den Staatsschutz.

© Br. Jürgen Heß OSA

NIGHTS OF RIGHTS:ERSTER ABEND VOLLER ERFOLG

Unser Fazit für den ers-ten Filmabend im Stan-dard: Tolle Stimmung, interessiertes Publikum

- zumindest in unseren Augen eine gelungene Veranstaltung!Rund 90 Interessierte kamen am 31.10 zum Film Persepolis und blieben auch gespannt beim anschließenden Vortrag von Arash Zeh-foroush, (ehemaliger) Wirtschaftsdozent und Journalist und Maneis Arbab, iranischer Künstler.In einem sehr gut gefüllten Standard feierte die Amnesty Hochschulgrup-pe einen gelungen Start in ihre Film-reihe über Menschenrechte. Nach einer kurzen Einleitung durch zwei Amnesty-Mitglieder zeigte der fran-zösische Zeichentrickfilm Persepolis von Marjane Satrapi die Kindes- und

Jugendgeschichte der Regisseurin während und nach der Islamischen Re-volution im Iran.Die rund 70 Besucher konnten im Anschluss an den 90 minütigen Film noch in einer Diskussionsrunde ira-nische Zeitzeugen der Revolution nach ganz persönlichen Erfahrungen fragen. Maneis Arbab, der nach der iranischen Revolution Professor und

Lehrstuhlinhaber der bildenden Künste an der Universität in Te-heran war, beschrieb detailliert die Repressi-onen des Regimes auf die Künstler des Landes. Arash Zehforoush, der zu dieser Zeit Journalist und Wirtschaftsdozent an der Universität in Teheran war, erläuterte, dass man durch die Re-volution politische Frei-heit erreichen wollte, jedoch dadurch alle Frei-

heitsrechte verlor. Beide iranischen Zeitzeugen äußerten sich besorgt um die momentanen Umwälzungen in der arabischen Welt und zogen die Parallele zu ihren Erfahrungen in der iranischen Revolution. Letztendlich ein Abend, der sehr zum Nachdenken anregte und den Fokus auf Menschen-rechte zentrierte.

Johannes Schmidgen

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In einem Gespräch schildert die Iranerin Mina Aryaee Nejad, derzeit lebend in der Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge in Würzburg, die Situation der Frauen im Iran an Hand eigener Erfahrungen:Die islamische Republik Iran sei ein Land wie ein Gefängnis, berichtet sie. Die Mul-lahs, die Machthaber, hätten das Land dazu gemacht; besonders schlimm sei die Situation der Frauen. Seitdem sie in Deutschland sei, habe sie die innere Freiheit, über sich und die Menschen in der Heimat nachzudenken. Wenn sie die beiden Länder miteinander verglei-che, verstehe sie, was Paradies und Hölle bedeuteten. „Ich kann mich gut daran erinnern, als meine Schwester, meine Mutter und ich ins Schwimmbad gingen, da war im Wasser so viel Chlor, dass viele Probleme mit dem Atmen, den Augen und der Haut bekamen, und so musste der Betreiber die Notärzte bzw. die Ers-te Hilfe rufen. Die Sanitäter haben nichts Besseres zu tun gehabt, als sich um die Kleidung der Frauen zu kümmern, und danach erst die Kranken zu untersuchen, weil spärlich bekleidete Frauen irritierend

„Darum hatte ich nur eine Wahl: Die Flucht“

Es gibt einen Gott: Allah. Mohammad ist sein Prophet. Der Koran ist das Wort Gottes, um die Menschen zu führen. Deshalb ist der Koran wichtig und jeder Moslem sollte ihn lesen können. Alle Muslime sind vor Gott gleich; aber in der Gesellschaft sind die Menschen nicht gleich. Jeder muss seine Pflicht tun, und Belohnung oder Strafe erfolgt im Jüngsten Gericht, wo entschieden wird, ob jemand ins Paradies oder in die Hölle kommt. Der Islam ist eine totalitäre Religion, die alle Lebens-bereiche des Gläubigen bestimmt. Es gibt keine Lebenssituationen, für die der Islam keine Regel hat, von der pri-vaten intimen Sphäre bis hinein in Po-litik, Wirtschaft, Handel, Wissenschaft u.s.w. Der Koran lehrt die Moslems, Gott zu fürchten und ihm zu gehorchen,

für Männer seien. Wenn wir Frauen im Iran, Entschul-digung, in der islamischen Re-publik Iran, ein-fach in der Stadt bummeln und einkaufen gehen möchten, wer-den wir auf der Straße von den islamischen Sit-tenwächtern der Pasdaran (Islam-Beschützer), von den Regierungsanhän-gern oder auch einfach von männlichen Passanten begutachtet und kontrolliert, ob unser Tschador oder die Kopftücher richtig die Haare bedecken, denn das bringe die Männer in Verlegenheit und ist laut Islam verboten. Eines Tages, auf meinem Heimweg von der Arbeit, haben die Pasdaran mich angehalten und we-gen nicht richtig bedeckter Haare festge-nommen. Ich war zwei Tage und Nächte im Gefängnis, bis meine Eltern unser

Haus als Pfand hinterließen und ich somit freigekauft werden konnte.Hier in Deutschland habe ich manchmal das Bedürfnis, meine Wut gegen diese irre geleitete und menschenverachten-de Auslegung des Islam und gegen das Terrorregime im Iran in die Welt heraus zu schreien, weil diese schuld daran sind, dass ich meine Heimat und meine Familie verlassen und hier Asyl suchen musste.“

Mina Aryaee NejadNavid Zabihi und Renate Stahl

Widerstand gegen die Unterdrückung: weiblich und klug

Die Frau im Islam am Beispiel Iran, gestern und heute

freundlich zu einander zu sein und sich gegenseitig zu helfen. Kein Moslem darf den anderen vorsätzlich angreifen oder töten. Aber: Für Gott darf man tö-ten oder muss getötet werden. Es gibt feste Prinzipien, die ein Moslem einhal-ten muss, z.B.: täglich zu Gott beten, einen Monat im Jahr fasten, keinen Al-kohol trinken und kein Schweinefleisch essen, Armen helfen, rein leben, ande-re auf den guten Weg führen und vom Bösen abhalten. Der Schwerpunkt im islamischen Glauben liegt nicht in der Gleichheit oder Ungleichheit von Mann und Frau, sondern im Islam werden die Menschen danach beurteilt, wie gläu-big sie sind. Die größte Belohnung für einen gläubigen Moslem ist ins Para-dies zu kommen, was die Nähe zu Gott bedeutet.

Im Diesseits jedoch sind die Menschen, wie gesagt, nach der Aussage des Islam nicht gleich. Die Männer haben Macht, und die Frauen müssen geschützt wer-den. In erster Linie wohl vor den Blicken fremder Männer, da ein Moslem seine Frau als sein „Eigentum“ betrachtet, das er schützen will. Der Mann ist ver-antwortlich für seine Frau. Im Gegen-zug muss sie ihm dienen. Und genau hier liegt das Problem. Selbst im 21. Jahrhundert schreit deswegen die See-le der muslimischen Frau auf: Ist ihre Stellung innerhalb der Familie auch unangefochten und angesehen, so er-fährt sie außerhalb der Familie ständig Demütigungen und Benachteiligungen bis hin zu menschenunwürdiger Be-handlung. Ständig erlebt sie, dass sie selbst in unserer heutigen Zeit noch ein

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Mensch „zweiter Klasse“ ist. Der Islam fordert beispielsweise, dass im öffent-lichen Leben Frauen und Männer ge-trennt sein müssen. Aus welcher männ-lichen Angst auch immer geboren: Die Frauen müssen sich verschleiern, um die Männer nicht in Versuchung zu füh-ren. Ein Mann kann vier Frauen haben und unzählige Nebenfrauen, aber er soll zu allen gerecht sein. Die Vorstel-lung von dem, was als „gerecht“ gilt, ist in der Islamischen Welt je nach Ort und Zeit sehr, sehr unterschiedlich.Im Erbrecht bekommen die Töchter nur die Hälfte – zur damaligen Zeit war auch das bereits ein Fortschritt - von dem, was die Söhne bekommen. Vor Gericht ist die Frau als Zeuge nur halb soviel wert wie ein Mann, das heißt zwei Frauen als Zeuginnen sind soviel wert wie ein Mann. Im Scheidungsrecht ist es so, dass der Mann sich von seiner Frau ohne Aufwand scheiden lassen kann, aber die Frau nicht! Wenn sie von ihrem Mann geschlagen oder verge-waltigt wird, muss sie Zeugen dafür ha-ben; dabei kann es sehr problematisch sein, sich überhaupt an ein Gericht zu wenden.Nach der Scheidung werden die Kinder dem Mann zugesprochen. Der Vater und später der Ehemann haben das Recht über die Frau zu bestimmen. Voreheliche Beziehungen sind verbo-ten und werden bestraft. Besonders die Frau wird sehr hart bestraft, bis zur Steinigung. Allerdings hat der Islam für Männer ein „nettes“ Schlupfloch bereit. Die Ehe auf Zeit. Da natürlich Prostitu-

tion nicht vorgesehen ist, umgeht man das Problem der kurzfristigen sexuel-len Befriedigung – natürlich nur für die Männer - durch diese zeitweilige Ein-richtung. Bestimmte Berufe sind den Frauen verschlossen, z. B. Richter und leitende Positionen. Öffentliche Auf-tritte sind den Frauen nicht erlaubt, z. B. Tanz und Gesang.Der offizielle Name des Iran nach der Revolution 1979 heißt Islamische Re-publik Iran. Das zeigt deutlich, dass die-ses Land sich als ein islamischer Staat versteht, auch wenn manche islamisti-schen Gruppen ihn nicht dafür halten. Eine Gesetzgebung, die zur „Schah-Zeit“ eine Verbesserung für Frauen be-deutete, wurde nach der iranischen Re-volution wieder rückgängig gemacht.Die Ungleichbehandlung von Mann und Frau wurde täglich in allen Bereichen des öffentlichen Lebens durchgesetzt. Das Tragen des Schleiers (Hedjab) wur-de Pflicht für die Frauen, und wer sich nicht danach richtet, wird hart bestraft. Es wurde eine bestimmte Kleidung für die Frauen eingeführt. Lange, breite Hosen und Mäntel, Kopftuch, alles in einheitlichen dunklen Farben. Zumin-dest was die Farben betrifft, schei-nen sich manche, insbesondere junge Frauen, zum heutigen Zeitpunkt selbst eine gewisse „Lockerung“ erkämpft zu haben. Sport für die Frauen wurde schwierig, Radfahren und Schwimmen beispielsweise wurde fast unmöglich. Ein Mann und eine Frau dürfen nicht nebeneinander auf der Straße gehen oder sich ins Café oder in den Park set-

zen, wenn sie nicht Ehepaar oder Ge-schwister sind.Wegen der schlechten wirtschaftlichen Situation jedoch konnte die Regierung die Frauen nicht in ihren Häusern ein-schließen, mehr Frauen als früher müs-sen arbeiten und für ihre Familie sor-gen – vor allem junge Frauen. Das heißt, trotz aller Unterdrückung und Diskri-minierungen sind die Frauen nicht pas-siv geworden, sondern sie versuchen, ihren Platz in der Gesellschaft zu finden und sich im beschränkten Rahmen Frei-heit zu erkämpfen. Der passive Wider-stand der Frauen wandelt sich langsam immer mehr in einen aktiven. Und es ist keine Übertreibung zu sagen, dass es heute die Frauen sind, denen man eine gewisse stille „Gegenrevolution“ zu-schreiben kann. Im heutigen Iran füh-ren die Frauen ihren Kampf als Einzelne oder in kleinen Gruppen. Sie sind nicht untereinander organisiert, und nicht in eine allgemeine politische Bewegung eingebunden. Aber jede Frau, ob gläu-big oder nicht, steht in Opposition zur Islamischen Republik, denn ihre Rebel-lion ist der gewichtige Teil der allgemei-nen Rebellion gegen die Misere. So sind Frauen mit ihren klugen, kleinen oder großen und oft individuellen Taktiken ein unlösbares Problem für die Regie-rung. (Nicht ganz untypisch für eine Ira-nerin!) Sie sind somit „ der Stachel im Auge der Regierung“ und die Hoffnung eines ganzen Volkes. Und darüber hin-aus der ganzen Welt!

Navid Zabihi und Renate Stahl

Schon den tollen Video-Clip auf unserer Homepage www.heimfocus.net gesehen??

DANKE an Christina Haas und Dominik Förster für die großzügige Unterstützung!

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22 [email protected]

Abertausende von Namen auf einem endlos langen weißen Band, in Klein-schrift, dicht an dicht, in Wellen wie die Brandung des Meeres, drapiert auf einer langen Bahn aus blauem Stoff. Fremde Namen, Männer, Frauen, Kin-der: Limbaya, 32; David, 17; Yadav, 4; Amadou, 19; Esther, 7 Mon.; Jonathan, 20; Maria, 20... Es sind Namen von Menschen, die dort, wo ihre Heimat gewesen war, nicht mehr (über-)leben konnten und keinen anderen Ausweg für sich sahen, als sich auf den ge-fährlichen Weg in die Fremde zu ma-chen - angetrieben vom Hunger nach Leben, Leben in Freiheit, Sicherheit und Frieden. Die Namen wiederholen sich teilweise auf kleinen weißen Zet-teln, hingeworfen auf den blauen Stoff wie Ertrinkende in die Fluten. Tankuba, 17; Gheorge, 23; Tatiana, 21; Karol, 18 Mon.; Nuur Sayed, 18; Adam, 26...

Jeder davon steht für ein verlorenes Leben. Für ein Leben, das ein jähes Ende gefunden hat in den Tiefen des Mittelmeeres oder Atlantiks, weil es nur noch diese lebensgefährliche Mög-lichkeit gab. Weil wir jährlich rund hun-dert Millionen Euro dafür ausgeben, damit in unserem Namen überfüllten Flüchtlingsbooten in Seenot nicht ge-holfen wird, damit sie zurück gedrängt werden aufs offene Meer. Damit an schwer bewachten Grenzzäunen Men-schen brutal abgewehrt werden, noch bevor sie eine Chance haben, ihren Fall und ihre Fluchtgründe vorzubringen. Wir sind es, die ihnen ihr Menschen-recht auf ein Asylgesuch vorsätzlich verweigern, weitab von unserer Öf-fentlichkeit und sie dann auch noch als

umgekommen - angekommen, nicht willkommen!Flüchtlingskirche bei der „Nacht der offenen Kirchen“ in Würzburg

„illegale Einwanderer“ diffamieren. Es ist nicht ihre Entscheidung, ihr Leben aufs Spiel zu setzen, wir lassen ihnen keine Wahl.

So zeigte sich die Franziskanerkirche im Herzen von Würzburg ihren Besu-chern noch nie: Als Gastgeberin des

Ökumenischen Asylkreises, der sie bei der Nacht der offenen Kirchen am 02.10.2011 in eine Flüchtlingskirche verwandelt hat. Den ganzen Weg ei-nes Flüchtlings von Zuhause bis nach Europa, nach Deutschland, konnten die Besucher nachgehen und nachspü-ren. Er führte von der Heimat, die man

Fluch Fluch

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zurück lässt, von all dem, was Heimat und eigene Identität ausmacht, zu den Fluchtgründen und unserem beachtli-chen Anteil daran. Dann symbolisch weiter über die Meere, insbesondere das Mittelmeer, das größte Massen-grab der Nachkriegsgeschichte vor den Küsten Europas: Eine beklemmen-de Herausforderung für die Besucher, dieser lange, nur mit Kerzen ausge-leuchtete Weg durch das Kirchenschiff, vorbei an den Tausenden von Namen - jeder gestern noch ein lebendiger, ein-zigartiger Mensch, dem sein junges, hoffnungsvolles Leben genommen wurde. Dazu die Einladung, dabei ei-nes der Namenskärtchen mitzuneh-men und es neben dem gestrandeten Schlauchboot an der Kanzel in einem Grab symbolisch zu bestatten. So sollte bewusst dieses einen Toten ge-dacht, der niemals ein würdiges Grab haben wird, von dem die Angehörigen oft nicht einmal wissen, dass er nicht mehr lebt.

Dazu stumm anklagende Bilder des tödlichen Flüchtlingsdramas in einer endlosen Projektion und die “Fron-tex-Säule”. Sie informierte scho-nungslos, wie sich die hochgerüstete Militärmacht EU mit riesigem finan-ziellen Aufwand zu helfen weiß, die

Nussschalen mit Asylsuchenden und Flüchtlingen abzuwehren und die-se oft genug in den sicheren Tod zu treiben. Und wenn man überlebt hat, wenn man sich glücklich wähnt, Eu-ropa, Deutschland, also diese starke, freiheitliche Demokratie erreicht zu haben? Wie das Leben des Flüchtlings hier weitergeht, was von dieser Illusi-on eines neuen Lebens in Würde und Freiheit übrig bleibt, das konnte man unter der Überschrift: „Nicht umge-kommen, angekommen - nicht will-kommen!“, sehen. Das neue Leben als realer Albtraum. Abschließend bot nach diesen aufwühlenden Eindrücken wenigstens die Weltkarte als Ort der symbolischen Begegnung mit Freun-den und Verwandten über Meere und Kontinente hinweg Nähe und Trost, Raum für Reflexion und vielleicht auch für ein Gebet.

Doch der Weg des Flüchtlings war nicht der einzige Programmpunkt an diesem langen Kirchenabend. Im Zentrum der Veranstaltung stand die „Afrikanische Messe“, ein Requi-em, komponiert von dem Togolesen Dr. Assion Lawson im Gedenken an all die tausende Menschen, die auf der Flucht umgekommen sind, irgendwo in den Wüsten, Lagern und Meeren,

und deren Familien niemals ein Grab, einen Ort zum Trauern haben werden. Still und betroffen lauschten die Besu-cher im Dunkeln der vollbesetzten Kir-che den bewegenden, auch kritischen Texten im Wechsel mit afrikanisch ge-prägten Kirchengesängen.

Wohl nur wenige Menschen hat die-ses Erlebnis nicht im Innersten aufge-wühlt und berührt. Es bleibt hoffent-lich nicht bloß bei dieser Betroffenheit. Das Sterben vor unserer Haustür geht weiter, in diesem Augenblick, in dem Sie den Artikel lesen. Das Leiden und das Unrecht gehen weiter in den vie-len Flüchtlingslagern in Ihrer Nach-barschaft, in diesem Augenblick. Wir stehen in der Verantwortung. Es liegt an uns, ob wir weiter hinnehmen, was an Verbrechen gegen die Menschlich-keit in unserem Namen geschieht. Die Botschaft der Flüchtlingskirche hallt hoffentlich nach im Gewissen und im Herzen ihrer Besucher; dann hat sich unser Einsatz gelohnt.

Eva Peteler

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24 [email protected]

DU WARST SO JUNG, DAS GANZE LEBEN NOCH VOR DIR.DEIN TRAUM VON EINER GUTEN ZUKUNFT -DU HATTEST EIN RECHT DARAUF, WIE WIR ALLE.

ALLES HAST DU AUF DICH GENOMMEN MIT DEM MUT DES VERZWEIFELTEN,MIT DER KRAFT DES ENTSCHLOSSENEN,MIT DER ZUVERSICHT DER JUGEND - ALLES FÜR DIESE EINE CHANCE.

DU WARST SO JUNG, SO VOLLER HOFFNUNG.DEIN TRAUM VON EINER GUTEN ZUKUNFT -ES WAR NUR EIN TRAUM.

ERTRUNKEN IM MITTELMEER ODER ATLANTIK,VERDURSTET IN DER WÜSTE,VERBLUTET AM STACHELDRAHT DER GRENZ-ZÄUNE,UMGEKOMMEN IN LAGERN UND GEFÄNGNIS-SEN,GESTORBEN DURCH SELBSTMORD AUS VER-ZWEIFLUNG.

DU HATTEST EINEN NAMEN

DU WARST EIN MENSCH, WIE JEDER VON UNS.DEIN TRAUM WAR NICHT ANDERS ALS UNSERE TRÄUME.

ALLES HABEN SIE DIR GERAUBT:DAS STRAHLENDE LACHEN,DIE KRAFT UND ZUVERSICHT,DEN GLAUBEN AN DIE MENSCHLICHKEIT,DAS LEBEN.

DU WARST SO JUNG, DAS GANZE LEBEN NOCH VOR DIR - DEIN TRAUM VON EINER GUTEN ZUKUNFTRUHT IN DEINEM NAMENLOSEN GRAB.

DU BIST NICHT VERGESSEN DU HATTEST EINEN NAMEN -DU WARST EIN MENSCHMENSCHDU

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Was kann ich tun? Diese Frage wird im-mer wieder gestellt aus Betroffenheit und bisweilen vor Empörung So auch nach der Flüchtlingskirche. Das ist gut so, denn nur wenn unhaltbare Zustän-de öffentlich gemacht und skanda-lisiert werden, wenn sich Menschen empören und engagieren, verändert sich etwas. - Ja, was kann ich tun?? Was vom Menschen gemacht ist, kann vom Menschen verändert werden. Je-der kann etwas tun, das ist die gute Nachricht.Eins sollte uns klar sein: Wohltätigkeit allein schafft keine Ge-rechtigkeit!Wohltätigkeit allein ist keine nach-haltige Solidarität, mitunter hilft sie sogar, ein zutiefst ungerechtes gesell-schaftliches System zu stützen.

Auf Flüchtlinge bezogen heißt es kon-kret: Sie brauchen uns als Mitmen-schen, die sie aufsuchen, die hinhören, mitgehen, teilen, unterstützen. Aber zuallererst heißt es, die Wurzeln des Unrechts zu bekämpfen, denn nur das erzwingt nachhaltigen Wandel. Die Wurzel des Übels ist in diesem Fall die Menschenrechte grob verletzen-de, unserer selbst unwürdige Asyl-politik auf allen Ebenen; in der EU, in Deutschland, in Bayern. Lassen wir uns nicht einreden, die paar (oft genug zudem gut ausgebildeten) Flüchtlinge, die es bis nach Europa schaffen, be-drohen unsere Gesellschaft, unseren Wohlstand, unsere Kultur. Umgekehrt wird ein Schuh daraus. Unser Wohl-stand existiert nur auf dem Rücken ihrer ausgeplünderten Heimatländer. Wir müssen uns endlich unserer Ver-antwortung bewusst werden. Und handeln, Widerstand leisten gegen Unrecht und Ungerechtigkeit. Lassen

wir uns nicht einreden, wir wären ohn-mächtig, wir wären klein. Das sind wir nicht. Und immer mehr Menschen wa-chen auf: Schluss mit dem Schweigen und Erdulden! Wir müssen die Zukunft selbst in die Hand nehmen, wenn wir den Istzustand der Welt nah und fern so nicht gutheißen, so nicht akzeptie-ren. Es gibt viele Bezeichnungen und Sprüche dafür: Farbe bekennen, das berühmte Zitat von Erich Kästner: „Es gibt nichts Gutes, außer, man tut es“ oder von Hans Scholl: „Nicht, es muss etwas geschehen, sondern: Ich muss etwas tun.“ Es ist wie bei der Wahl: Wer nicht wählt, wählt auch. Wer nicht handelt, lässt anderen freie Hand. In der weltweiten „Occupy“- Bewegung gehen endlich Menschen gemeinsam auf die Straße gegen das globale Wirt-schafts- und Finanzsystem, das die Gesellschaften zugrunde richtet, ihre eigene und auch die am anderen Ende der Welt, da, wo dann Flucht zur Über-lebensfrage wird.

Was kann ich also tun?Sehr viel:Wissen Sie, dass wir allein in Bayern rund 120 Lager für Flüchtlinge haben? Wissen Sie, wo in Ihrer Nähe? Die aller-meisten sind abgelegen, gut verbor-gen vor Ihnen. Warum eigentlich??Also:

als mündiger Bürger aktiv werden:- sich informieren, hingehen, hinsehen, nachfragen, hartnäckig bleiben

- andere informieren, sich mit anderen zusammen tun

- Missstände und Unrecht laut publik machen,seine Abgeordneten in Bund und Land mit dem Unrecht konfron-tieren und zum Handeln auffordern

- seine (Kirchen-) Gemeinde, Verein, Nachbarn, Freunde aktivieren

- Öffentlichkeit schaffen: Leserbrie-fe, Offene Briefe, Info-Veranstaltun-gen, Kampagnen, konkrete Aktionen, Mahnwachen...

die Hand reichen:Nicht Altkleider spenden, sondern sein Interesse, seine Zeit, und sei sie auch so beschränkt; Sie bekommen mehr zurück, als Sie geben...

- zu den Flüchtlingen gehen, mit ihnen ins Gespräch kommen, offen sein für ihre Kultur, und den Reichtum, den sie mitbringen

- einen Flüchtling ungezwungen zum Kaffee, auf ein Bier in der Stadt ein-laden, zuhören, erkunden, was er braucht, unterstützen, da sein, ein-fach von Mensch zu Mensch.

- sich örtlichen Gruppen anschließen, die sich um Flüchtlinge kümmern.

Initiativen und Organisationen unter-stützen,die sich für Flüchtlinge, Menschen-rechte und Gerechtigkeit einsetzen. Vor Ort und überregional. Eine Aus-wahl finden Sie auf der vorletzten Sei-

te von Heimfocus.

Vor allem:Augen, Ohren und Mund nicht ver-schließen.Trauen Sie sich, Sie können mehr be-wegen, als Sie glauben!Alle gemeinsam können wir viel mehr, als wir glauben!

Eva Peteler

Was kann ich tun???

Wohltätigkeit ist nicht Gerechtigkeit!

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26 [email protected]

„Ich versuchte, mein Anliegen bei dem Beamten der Ausländerbehörde vor-zubringen, so gut es eben ging mit meinem schlechten Deutsch. Ich lebe in einer kleinen Unterkunft auf dem Lande, keine Betreuung durch Ehren-amtliche, keine Chance auf Deutsch-kurs. Der Mann wiederholte ständig, er verstehe mich nicht – und auch kein Englisch. Ich solle eben wiederkom-men, wenn ich Deutsch kann!“, so

- stellvertretend für viele – die Schil-derung eines Flüchtlings. Ähnlich ein Asylbewerber aus Oberfranken: Er sol-le doch einen Dolmetscher mitbringen. Dolmetscher? Woher denn? In seiner Unterkunft gibt es nur einen Lands-mann, und der kann genauso wenig Deutsch...Absurde Geschichten ohne Ende, Hilf-losigkeit, aber auch Fassungslosigkeit über das Gesicht, das dieses Land den Schutzsuchenden zeigt – und Wut. Wer könnte das den Menschen verdenken, im Angesicht der vielfälti-gen Schikane und Beschneidung ihrer

Sie können selbst für sich sprechenFlüchtlinge erheben ihre Stimme bei der Lagerland-Konferenz

am 05. und 06.11.2011 in Würzburg.

Rechte? Es gehört schon viel Mut dazu, sich in seiner ungewissen Situation als Flüchtling öffentlich zu äußern und die Missstände und Menschenrechtsver-letzungen im Gastland zu diskutieren. Aber das machen sie ja nicht zum ers-ten Mal. Hätten sie in der Heimat still und angepasst alles Unrecht hinge-nommen, hätten die Mutigen aus vie-len Ländern nicht alles aufgeben und fliehen müssen. Diesen Preis haben sie in ihren Heimatländern gezahlt für Zi-vilcourage und politische Opposition. Und jetzt sind sie hier und sehen sich einer Asylpolitik ausgeliefert, die sie wieder wie politische Gefangene be-handelt. Wie vielfältig sich dies äußert, allen medialen Beteuerungen zum Trotz, zeigte die Auswahl der Themen, die gemeinsam mit den deutschen Unterstützern von den rund hundert Teilnehmern der Konferenz diskutiert wurden: Das inakzeptable Asylbewer-berleistungsgesetz und die reglemen-tierte Bewegungsfreiheit genauso wie Abschiebungen und – hoffnungsfroh –

Möglichkeiten von Bildung und Arbeit und des Kampfes gegen Isolation. Es ging in den zwei Tagen unter Feder-führung des Bayerischen Flüchtlings-rates nicht nur darum, sich über die allgegenwärtigen Probleme und Schi-kanen auszutauschen. Nein, es ging auch um Gemeinschaft, auch um die Stimmen derer, die in weit abgelegen Lagern sonst nie Gehör finden – und um Solidarität, um Lösungsansätze. Wer von den Verantwortlichen in Po-litik und Verwaltung wirklich erfahren will, was die Wirklichkeit da draußen ist, wofür er mit Verantwortung trägt wenn er über Asylpolitik debattiert und beschließt, hier wäre er genau richtig. Die lebhaften Diskussionen zeigten ferner, wie viel Energie und Potenzial in den Asylbewerbern steckt, wie viel wachen Geistes und Engage-ments. Warum haben sie nicht das Recht und die Möglichkeit, alles das hier in die Gesellschaft einzubringen?

Heimfocus-Redaktionsteam

Die Teilnehmer der Lagerland Konferenz

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Netzwerk Deutschland-Lagerland – für die Rechte und die Würde der Flüchtlinge in Bayern

Das Netzwerk aus Flüchtlingen und verschiedenen Unterstützer-Gruppen kämpft seit 2005 in Bayern gegen Lagerzwang, Residenzpflicht, Asylbe-werberleistungsgesetz, Abschiebun-gen und für ein Bleiberecht.

Ein aktuelles Ziel ist es, öffentlichen Druck auf die politische Ebene auszu-üben zwecks Abschaffung der rassis-tischen Sondergesetze und Diskrimi-nierungen. Zu den Zielen gehört es

hebe deinen Kopf denke, überlegelass deinen Mund sprechenund befreie deine Stimme

sag es auf Deutsch: „Nein!“ sprich, dass du nicht Deutsch kannstoder antworte mit einem „Nicken“, und lass dich einfach mal überraschen

willst es sprechen und verstehendarfst es nicht lernen, sollst aber sprechensag „Alles klar?“, sprich „Egal!“ zu anderensprich „ Mist!“, sag „Schade!“ zu den Leuten

“Mist“, „Scheiße“, “ Nein“ ist nicht fein“egal“, „schade“, “nicken“ ist auch nicht schön,aber wenn man die Sprache nicht lernen darf,was kann man denn anderes machen?sprich immer, nicht mehr schweigen!

sprich das Deutsch, das du dir selbst beibringst,damit jeder weiß, dass du auch etwas schaffen kannstsprich Deutsch, sage “JA“ auf Deutsch,die Sprache ist in diesem Land deine Zukunft

Abay Kiros

Sprich!

auch, möglichst breite gesellschaftli-che Bündnisse vor Ort zu mobilisieren, um aus der Öffentlichkeit heraus die Missstände zu skandalisieren. Gleich-zeitig pflegt das Netzwerk starke Kontakte zu den Medien und versucht immer wieder, mit Aktionen seinen Protest zum Ausdruck zu bringen und die Öffentlichkeit für die Anliegen der Flüchtlinge zu gewinnen.

Die AktivistInnen des Netzwerks Deutschland-Lagerland machen im-mer wieder die gleichen Erfahrungen: Der von Flüchtlingen erlebte Rassis-mus, der von Ämtern und Behörden, Parteien und Verwaltung in Gesetze

und Vorschriften gegossen und von deren Schreibtischtätern (mitunter mit aller Gewalt) umgesetzt wird, kommt leider auch aus Teilen der Mitte der Gesellschaft. Flüchtlin-ge haben mit eben diesem tief ver-wurzelten Rassismus Tag für Tag zu kämpfen. Die unhaltbare Abschre-ckungspolitik soll sie zermürben und kaputt machen.

© Netzwerk Deutschland-Lager-land

www.deutschland-lagerland.de

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28 [email protected]

Ihr braucht die Sprache-

wir helfen euch!(Ehemalige) Flüchtlinge geben Deutschkurse für Landsleute in der GU in Würzburg

„Es ist besser, ein Licht anzuzünden, als über die Dunkelheit zu klagen“. Dieser bekannte Spruch von Konfuzius beschreibt wohl am besten, was seit wenigen Monaten durch die Initiative enga-gierter Landsleute für Flüchtlinge in der Gemeinschaftsunterkunft möglich geworden ist. Der Hunger nach Deutsch ist groß, die politisch beabsichtigte sprachliche Isolation der Flüchtlinge auch. Wer Integration verhindern will, erreicht sein Ziel ganz einfach, indem er Ausländern den Zugang zur Landessprache verweigert.Doch es gibt Mittel und Wege, um wenigstens Eini-ge von ihnen aus der Sprachlosigkeit zu führen. Neben den geschätzten Angeboten aus Reihen der ehrenamtlichen Unterstützer erfreuen sich nun Deutschkurse für Äthiopier, Iraner und Af-ghanen in ihrer Muttersprache großer Beliebtheit.

Abay Kiros, Wahid Feizy und Navid Zabihi heißen sie, die ihre Zeit und ihr Herzblut einsetzen, um ihren Landsleuten in der GU (Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge und Asylbewerber) in Würzburg Deutsch beizubringen. Abay ist selbst noch Flüchtling im Lager, Wahid und Navid leben schon lange hier in Würzburg, sind bestens integriert und erfolgreich. Die Resonanz auf ihr Angebot ist enorm, der Lerneifer und die Freude an den stetigen kleinen Fortschritten auch. Und das Erklären in der Muttersprache erleichtert vielen den Zugang, für Manche ist das der entscheidende Punkt.

Addis Mulugeta und Eva Peteler von Heimfocus freuen sich über die Gelegenheit, mit den en-gagierten Deutschlehrern ins Gespräch zu kommen.

Abay Kiros

I n t e r v i e w

Bitte stelle dich als Deutschlehrer für Landsleute in der GU Würzburg kurz vor.Wie hast du selbst als (ehemaliger) Flüchtling Deutsch gelernt?

Abay Kiros:Ich heiße Abay Kiros, ich bin 24 Jah-re alt und nun seit fast zwei Jahren in Deutschland, davon die meiste Zeit hier in Würzburg. Deutsch habe ich be-reits in meinem Heimatland Äthiopien studiert und hatte die Gelegenheit, es hier in Würzburg in Sprachkursen an der Uni bis zum C1-Niveau weiter zu lernen. Für diese Gelegenheit und die

Hilfe vieler Unterstützer bin ich sehr dankbar.Wahid Feizy:Mein Name ist Wahid Feizy, Ich komme aus Afganistan, bin seit ca. 10 Jahren in Deutschland und studiere derzeit an der FH Würzburg Bauingenieurwesen. Schon lange versuche ich, Flüchtlinge zu unterstützen. Es ist schwierig, sich in die Gesellschaft hier zu integrieren. Und ohne Sprachkenntnis geht gar nichts. Ich habe mir damals jeden Tag stundenlang alleine Deutsch beige-bracht, das Fachabitur gemacht und studiere jetzt. Die GU in Würzburg mutet geradezu als ein Paradies an im Vergleich zu anderen Lagern. Ich habe

einige kleine Unterkünfte gesehen. Keine Betreuung , keine Deutschkurse, gar nichts. Deswegen sage ich immer zu meinen Landsleuten: erkundigt euch, nehmt so viele Angebote wahr wie möglich und kämpft zuerst darum, die Sprache zu lernen .Navid Zabihi:Mein Name ist Navid, ich komme aus dem Iran und bin seit 21 Jahren in Deutschland. In meiner Heimat war ich politisch gegen das Regime ak-tiv, und so hatte ich wie viele ande-re schließlich keine andere Wahl, als mein Land zu verlassen. Über Umwe-ge bin ich dann nach Berlin gekommen und weiter über unterschiedlich Orte

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Navid ZabihiSophia Löble und Wahid Feizy

in Baden-Württemberg schließlich nach Bad Mergentheim. Mir war vom ersten Tag an klar, dass ich unbedingt und sofort anfangen muss, deutsch zu lernen, egal wie. So habe ich mir die Sprache alleine während der neun Monate in Bad Mergentheim so weit beigebracht, mit Zeitungen, Fernse-hen und Wörterbuch, dass ich nach Erhalt meines Passes in Konstanz so-fort die Aufnahmeprüfung fürs Kolleg bestanden habe, die Vorstufe für die Fachhochschule. Dort habe ich dann im Anschluss Versorgungstechnik stu-diert. Über persönliche Verbindungen bin ich schließlich nach Würzburg ge-kommen und hier geblieben.

Wie bist du dazu gekommen, Deutschunterricht für Flüchtlinge anzubieten?Abay Kiros:Ich war hier in der Gemeinschaftsun-terkunft wohl der Erste, der vor rund fünf Monaten damit begonnen hat, meinen Landsleuten Deutschunter-richt anzubieten. Ein Freund aus der GU hat mich auf die Idee gebracht, meine Fortschritte in der Sprache mit den vielen Landsleuten hier zu teilen. Jetzt kommen wir jeden Samstag von 9-13 Uhr zusammen; anfangs war er notwendig, zwei vom Niveau her un-terschiedliche Gruppen anzubieten, aber nun haben die Anfänger aufge-holt und es können alle gemeinsam weitermachen. Wahid Feizy:Dass die Sprachlosigkeit und so auch die Hilfsbedürftigkeit der Asylbewer-ber ein riesiges Problem ist, war mir schon lange klar. Und öfters bin ich

auch früher schon gebeten worden, hier als Muttersprachler Deutschun-terricht anzubieten, hatte aber Zweifel, ob ich dieser Aufgabe gewachsen bin. Als mich nun immer mehr Flüchtlinge aus Afghanistan und auch aus dem Iran über Wochen bedrängt haben, musste ich aktiv werden. Das Problem war die große Zahl der Interessenten und ihre unterschiedliche Vorbildung. Aber alle, alle sehnten sich so danach, Deutsch zu lernen und gaben nicht auf. Als ich mit der Medizinstudentin So-phia Löble eine engagierte und kom-petente Mitstreiterin gewonnen habe, konnten wir endlich loslegen. Navid Zabihi:Vor ungefähr zehn Jahren wurde dann durch einen Zeitungsartikel auf die problematische Situation vieler neu-er Flüchtlinge hier in Würzburg auf-merksam. Ich wollte wenigstens mei-nen Landsleuten Hilfe anbieten, fand jedoch kaum jemanden aus meiner Heimat vor. Dafür haben die anderen Flüchtlinge so viele Sorgen und Pro-bleme an mich herangetragen, dem konnte ich mich einfach nicht ent-ziehen. Der Deutschunterricht nahm vor wenigen Monaten seinen Anfang durch die Schauspieler des Theater-stücks “Traum vom Leben“. Für die-ses musste ich viele Originaltexte der Flüchtlinge übersetzen und sie baten mich, ihnen Deutsch beizubringen. Wir begannen mit einer kleinen Grup-pe quasi auf der Bettkante in einem der Flüchtlingszimmer. Schließlich durften wir den Unterricht in einem Klassenraum fortführen, jetzt sind es zwischen 25 und 40 Iraner oder auch Afghanen. Beide Nationalitäten ver-

stehen Persisch. Die Schwierigkeit be-steht in der inhomogenen Vorbildung der Schüler: Vom Analphabeten bis zum Akademiker ist alles vertreten. So muss auch die Unterrichtsgestaltung variabel sein: Mehr Herausforderun-gen und Anspruch für die einen, ohne aber die anderen vorzuführen und zu frustrieren.

Wie läuft der Unterricht ab? Wo sind die Schwerpunkte und wie gehst du praktisch vor?Abay Kiros:Ich bereite mich gut auf den Unter-richt vor und wir erarbeiten die The-men gemeinsam. Allen ist bewusst, dass sie ohne Sprachkenntnis verloren sind, dass die Sprache der Schlüssel zu allem ist. Aber es soll auch Spaß ma-chen; meine Schüler kommen gerne.Wahid Feizy:Zuerst stellten wir ein Konzept auf, das die inhomogene Klassenstruktur berücksichtigt und den Schwerpunkt auf praxisorientierte Dialoge legt. Im Zentrum stehen Alltagssituationen der Flüchtlinge wie z. B. Termin in einer Behörde, beim Arzt, Formulare ausfül-len usw. Die Themen werden gemein-sam mit den Flüchtlingen ausgewählt und erarbeitet. Zur Konversation und Erweiterung des Wortschatzes wird immer auch ein grammatikalisches Thema eingebaut. Wichtig ist der Spaß am Lernen und das Ausprobie-ren des Gelernten in kleinen Gesprä-chen. Auch kulturelle Themen werden nach und nach eingebaut, so sollen die bisher völlig isolierten Flüchtlinge die deutsche und europäische Kultur ken-nen lernen und auch von ihrer eigenen

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Navid mit seinen Schülern

Kultur und Tradition erzählen können.Navid Zabihi:Ich versuche, meinen Schülern Deutsch so beizubringen, wie ich es selbst ge-lernt habe: Wir pauken die Grammatik richtig von Grund auf und wenden sie sofort an. Der Reihe nach stellen die Schüler ihrem Nachbarn immer die gleiche Frage, die jeder individuell be-antwortet und weitergibt. So ist dann diese durch die vielen Wiederholun-gen verinnerlicht. Leider fehlen uns Wörterbücher. Diese werden in der Unterkunft wirklich dringend benötigt, damit die Flüchtlinge auch selbst aktiv lernen können. Und ohne Erklärungen in der Mutter-sprache kommen viele anfangs nicht zurecht, das ist genau das Problem der anderen Kursangebote, so gut sie auch gemeint sind.

Wie ist die Resonanz? Und wie kommt der Unterricht bei den Schü-lern an?Welche Herausforderungen ergeben sich und wie löst du sie?Abay Kiros: Meine Schüler schätzen es, dass ich ihnen die Unterrichtsinhalte in ihrer und meiner Muttersprache Amharisch erläutern kann; das macht es für viele überhaupt erst möglich, den Einstieg in die Fremdsprache zu finden. Si-cherlich kommt mir dabei auch zugu-te, dass ich selbst Deutsch studieren durfte und diese Erfahrungen in den Unterricht einbringen kann. Natür-lich mangelt es an Unterrichtsmate-rialien, auch an Wörterbüchern. Aber wir machen das Beste daraus und die Resonanz ist sehr gut. Ich bin kein stu-dierter Pädagoge und mitunter sind manche Schüler nicht konstant genug

bei der Sache, aber wir sind es ja gewohnt uns Herausforderungen zu stellen und sie zu lösen. Es wäre wichtig und wünschenswert, wenn die Menschen mehr Kontakt zu Deut-schen hätten, um das Gelernte auch anwen-den zu können und zu üben. Daran mangelt es sehr.Wahid Feizy:

Ich bin sehr zufrieden mit meinen Schülern, sie sind sehr wissbegierig und motiviert. Es werden immer mehr, von Woche zu Woche. Und der Kurs verändert ihr Leben: Letzte Woche hat mir eine afghanische Frau überglück-lich erzählt, sie sei seit mehr als sechs Monaten in Deutschland und nun kön-ne sie zum ersten Mal einen ganzen Satz auf Deutsch sagen, nicht nur ein-zelne Wortbrocken. Das motiviert uns natürlich sehr, weiterzumachen. Und es freut mich ganz besonders, dass nun immer mehr afghanische Frauen regelmäßig zum Kurs kommen. Sie leben traditionell sehr zurückgezogen und jetzt öffnen sie sich und trauen sich. Das ist mir ein wichtiges persönli-ches Anliegen.Die Vorbildung und Erfahrung mit Unterricht und Lernen sind sehr in-homogen. Es stoßen zudem immer neue Flüchtlinge dazu, das macht das Vorankommen schwierig. Wir haben auch einige Analphabeten dabei, die sich sehr bemühen. Bei ihnen konzent-rieren wir uns auf mündliche Übungen, auf Gespräche. Wir halten die Schüler auch gezielt an, nach vorne an die Ta-fel zu kommen, sich zu trauen, vor den anderen miteinander zu sprechen. Das ist für manche eine echte Herausfor-derung, wie halten es aber für wichtig, diese Scheu abzulegen und frei spre-chen zu lernen.Navid Zabihi:Die individuellen Unterschiede in der Bildung erfordern eine besondere Sen-sibilität. Ich bestehe darauf, dass sich alle in den gestellten Aufgaben gleich einbringen, damit sich keine Gruppen und Leistungsklassen einspielen, die andere entmutigen. Gleichzeitig be-kommen die Stärkeren von mir Son-deraufgaben, damit ich auch ihnen

gerecht werde.Die rege Nachfrage zeigt, sie sind alle sehr froh, nun endlich voranzukom-men.

Wie engagierst du dich sonst noch für Flüchtlinge?Abay Kiros:Ich bin im Redaktionsteam des Heim-focus-Magazins und nach Möglichkeit auch im Heimcafé in der GU. Seit lan-gem bin ich auch beim bayerischen Flüchtlingsrat aktiv. Und vor Ort bin ich gefragt als Begleiter und Überset-zer für Landsleute bei Arztbesuchen, bei Behörden usw., wo ich eben ge-braucht werde und helfen kann.Wahid Feizy:Meine Unterstützung ist sonst indi-vidueller Art: Amtsbriefe überset-zen, Telefonate mit Anwalt, Arzt oder Behörde führen oder die Flüchtlinge dorthin begleiten. Das bleibt nach wie vor ein wichtiger Teil meines Engage-ments.Navid Zabihi:Großteil sind Übersetzungen, Erklä-rungen von Behördenschreiben, Be-gleitdienste zum Rechtsanwalt, zu Ämtern, in die Schule usw., solange es meine Zeit erlaubt. Es geht nur, weil mich dabei meine Familie und mein Chef nach Kräften und mit Herzblut unterstützen und hinnehmen, dass ich dafür soviel Zeit aufwende.

Es gibt viele Migranten, die sich gar nicht für Flüchtlinge interessieren, nicht einmal für die Landsleute. Was möchtest du ihnen mitteilen?Abay Kiros:Mir macht es Freude, andere zu un-terstützen, so gut ich kann, und ich bin überzeugt, die eigenen Fähig-keiten sind auch Verpflichtung, sie für andere einzusetzen. Jeder ist irgendwo angewiesen auf andere und braucht jemanden, der mitgeht und hilft. Für Flüchtlinge trifft dies in besonderem Maße zu. Es wäre schön, wenn sich auch die anerkann-ten Flüchtlinge, die bereits draußen leben dürfen, daran erinnerten, wie dankbar sie früher für Zeichen der Hoffnung und Solidarität waren und etwas von ihrer Zeit und Erfahrung den Menschen, den Landsleuten im Lager zukommen ließen.

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Wahid in der Schule

Wahid Feizy:Das Desinteresse oder die Distanz haben sicher sehr individuelle Grün-de. Die meisten werden wohl damit argumentieren, sie hätten keine Zeit. Das kann ich so nicht stehen lassen. Bei uns sagt ein Sprichwort: Wer keine Zeit, hat in seinem Leben nichts wirk-lich geschafft. Ich kann nur an alle ap-pellieren, in sich zugehen und sich so-lidarisch zu erklären. Und natürlich ist es nicht nur für den Einzelnen, sondern für die ganze Gesellschaft von Vorteil, wenn sich z.B. iranische oder afghani-sche Flüchtlinge hier möglichst schnell integrieren. So verändert sich auch das mit Vorurteilen belastete Image der Ausländer. Das halte ich für ganz wich-tig. Denn das hilft, endlich den Blick zu wenden von den Problemfällen zu den vielen gebildeten, integrierten, sehr erfolgreichen Ausländern hier.Navid Zabihi:Das ist wohl eine sehr, sehr schlechte Eigenart, die scheinbar nicht nur in meiner Heimat weit verbreitet ist. Im Iran gibt es einen Spruch, der sinnge-mäß lautet:

„Wenn ein Bauer seinen Esel über die Brücke getrieben hat, schaut es nicht mehr zurück.“ Also, schaue nur auf dich und nicht auf andere. Das ist zu-mindest im Iran natürlich auch eine Folge dieses Regimes, dass jeder nur auf sich bedacht ist und darauf, sich selbst halbwegs sicher durchzu-bringen. Misstrauen und Angst sind groß, Solidarität klein. Diese bittere Erfahrung habe ich schon damals in meiner Heimat gemacht und das ist heute auch noch so: Nichts ist von Wert, Bildung schon gar nicht, Solida-rität ebenso wenig. Als wir damals als Studenten auf die Straße gegangen

sind gegen Unterdrückung, als uns die Polizisten durch die Straßen gejagt, misshandelt, gefoltert haben, sind die Menschen achtlos vorbei gegangen, als wäre nichts. Alles ist wertlos ge-macht worden, auch das Menschliche. Vielleicht ändert sich das eines Tages, wenn die Menschen wieder frei sind. Bei vielen anderen Nationalitäten ist es genauso.

Was können deutsche Mitbürger vor Ort tun, um Flüchtlinge zu unter-stützen?Abay Kiros:Deutsche sollten erst einmal ihre Vor-behalte überwinden und Flüchtlinge kennenlernen, sich selbst einen Ein-druck verschaffen. Sie werden dann schnell merken, soviel unterscheidet uns alle nicht, wir haben als Menschen ähnliche Wünsche, Pläne und Ziele. Aber als Flüchtling befindet man sich in einer Ausnahmesituation, in einer Lage, die den Menschen hier völlig unbekannt ist. Und genau hier werden die Einheimischen dringend gebraucht, um sich gegenseitig kennen zu ler-nen, sich über die Kultur, die eigene Geschichte und vieles mehr zwanglos auszutauschen und die vorgefassten Bilder, die uns trennen, abzubauen. Die direkte individuelle Begegnung ist wichtig. Ich bedanke mich sehr bei allen Menschen, die mir genau so auf meinem Weg geholfen haben.Wahid Feizy:Wenn man will, geht es ganz einfach und ohne viel Aufwand. Das machen z.B. einige Studenten so: Sich einmal die Woche irgendwo in der Stadt mit Flüchtlingen verabreden, damit sie aus dem Lager kommen und das normale Leben hier überhaupt kennenlernen.

Sich in der Kneipe treffen, zusammen Kaffee trinken, Billard spielen usw., einfach ohne Tisch und Tafel Deutsch reden. Es geht, man kann sich immer besser verständigen, es wächst Ver-trauen und man erkennt, wo man sie unterstützen kann. Und Sprache ler-nen geht dann so nebenbei. Für alle diejenigen, die sich zeitlich nicht fest-legen wollen und sich vielleicht auch nicht trauen, ist das die einfachste Art, unspektakulär, von Mensch zu Mensch.Navid Zabihi:Es geht immer im das Eine: Sprache, Sprache, Sprache. Ich sage meinen Landsleuten: Ihr müsst damit am ersten Tag beginnen, wenn ihr ange-kommen seid, sofort, egal wie. Wartet nicht auf andere, tut es selbst. Ihr seid Erwachsene, ihr habt nicht Zeit wie die Kinder. Jeder Tag ohne Fortschritt ist ein verlorener Tag. Ihr seid verant-wortlich. Alles andere kommt später. Und zu den Deutschen: Da können sie wirklich helfen, ermutigen, unter-stützen; pensionierte Lehrer ebenso wie einfach Menschen, die sich Zeit für Gesprächsrunden, für Begegnungen nehmen.

Sie klagen nicht über die Dunkelheit, sie werden sie auch nicht besiegen können, aber sie zünden – gemeinsam mit vielen anderen – jeder ein Licht an. Und wenn viele es tun, wird es heller im Leben der Flüchtlinge.

Das Heimfocus-Magazin dankt allen engagierten Sprachlehrern in der Gemeinschaftsunterkunft für ihren Einsatz und den Interviewpartnern für ihre Bereitschaft, sich unseren Fragen zustellen.

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Dog

human? or

Part 7

One, two, three…are simple numbers but for me they are the years that I left everything behind to end up in a refu-gee camp with losing hope and future.

At home you can be a star but then as a refugee you are looked on like a dog, even lower than dog. When I came to this country as a refugee, I expected a genuine welcoming face, but the opposite is true, the difficulties have started right after my arrival in the first refugee camp. I am not saying some-one should come to the airport with a bunch of flowers and say, Mr. Kibwana, welcome to our country. That was not my expectation at all, I was well aware that things are going to be handled in a refugee camp. The only thing that I brought in this country is a full spirit and the capacity of saving my life and giving it a meaning. But the attitude of some officials towards refugees is inhuman. In addition to putting unne-cessary painful words in humans’ minds like this official person: “I do not have the time and energy to talk to you and to respond your immediate questions right now because I want to save my time and energy to play with my dog”, there are also very small hurting details in different refugee offices.

Let me ask you one question, do you have a favourite day from the days of the week? In our case as a refugee, Sunday is our favourite day, it is a day of hope, and it is a day of waiting the week with full expectation if there is a positi-ve change in our asylum case. Most of us do not like Friday to come. All refu-gee supporting offices are closed. To get out from all this stress for a while, I decided to go out to the city one Friday afternoon. It was a crowded Friday, I have never seen these numbers of peo-ple so far in the city, and people were so busy buying gifts for Christmas. I was

just sitting somewhere and I started to think of those refugees who are living alone without any visitor. For us, Christ-mas and New Year’s Eve simply are co-ming and going. The question is what kind of change do they bring for us? We are still struggling for survival.

In this crowded place I met a friend of mine, she lives in the city. Thanks to God she invited me for a coffee in her apart-ment. That was a clean air breathing moment outside the refugee camp. We discussed a lot of things, from the fami-ly where we come from, to the different opportunities before and after having the “passport”, from celebrating holi-days here to our country.

As a former refugee herself, I asked her how was the refugee situation in her time five years ago? She said, it is bet-ter now in your time; she was laughing deadly and she said, you know what comes in my mind right now? I shook my head and said, please tell me. So she started to tell me hard-to-believe stories: ”I could never forget this mo-ment, especially one thing: we were standing in front of the Social Office to have new clothes every six months. They metered our bodies with a measu-ring device, each and every part of our body to have our size. Simply the office looked a sewing house instead of the social office. One of the funny parts was, most refugees did not find their size. I remember that I ordered my size of jeans, underwear and bra, nothing was fitting me with my size. On the other hand, due to this regulation the camp looked like a military camp. Most refugees wore the same clothes and shoes. People could easily identify us who we are when we went to the city. Most refugees did not go out to the city for this particular reason. I can say that most people threw most clothes in a

big rubbish container next to the social office. It was funny isn’t it?”

What about now? Of course it is better now compared with what my friend explained to me, we have a voucher for clothes of 120 Euro every six months. But the funny part is, we are not allo-wed to buy in all shops or to invest the voucher in two or three pieces of clo-thes only. Rather they insist to buy a large variety of clothes for six months even if we – being adults after all - don’t see the need for it. Tomorrow is another day, please give us hope for a self-determined future and do not forget us in your Christmas ce-lebrations.

Abasi Kibwana

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Hund

Mensch?oder

Teil 7

Eins, zwei, drei....einfach nur Zahlen , aber für mich sind es die Jahre, die ich, nachdem ich alles aufgegeben und hin-ter mir gelassen habe, nun ohne Hoff-nung und Zukunft in einem Flüchtlings-lager friste.

Zu Hause kannst du ein Star sein, aber als Flüchtling wirst du mitunter als ein Hund angesehen, manchmal auch weniger als ein Hund. Als ich in dieses Land kam, hoffte ich als Flüchtling auf ein ehrliches Gesicht des Willkommens, aber das Gegenteil ist der Fall; die Schwierigkeiten begannen unmittelbar nach meiner Ankunft im Erstaufnah-melager. Damit will ich nicht sagen, ich hätte auf dem Flughafen jemanden mit einem Blumenstrauß erwartet und mit Worten wie: “Herr Kibwana, herzlich willkommen in unserem Land!“ Nein, so dachte ich wirklich nicht, es war mir be-wusst, der Weg führt durch ein Flücht-lingslager. Aber alles, was mir blieb und was ich mitbrachte, waren Zuversicht und die Hoffnung, mein Leben gerettet

zu haben, um ihm einen neuen Sinn zu geben. Die Einstellung mancher Behör-denmitarbeiter zu Flüchtlingen jedoch ist unmenschlich. Nicht nur diese un-nötigen schmerzlichen Worte eines Be-amten: „Ich habe weder Zeit noch Energie, jetzt mit Ihnen zu reden und Ihre Fragen zu beantworten, weil ich meine Zeit und Energie für das Spielen mit meinem Hund schonen will“, son-dern auch unzählige kleine verletzende Begebenheiten in den Amtsstuben.

Sagen Sie mir, haben Sie in der Woche einen Lieblingstag? Für uns als Flücht-linge ist es der Sonntag. Es ist ein Tag der Hoffnung, ein Tag der Erwartung, dass die neue Woche vielleicht eine po-sitive Wendung in unserem Asylverfah-ren bringen möge. Die meisten von uns mögen die Freitage nicht. Die Amtstu-ben und auch die Stellen ,die uns unter-stützen, schließen für das Wochenende, wir sind uns selbst überlassen. Um dem Stress, der sich dann mitunter ausbrei-tet, zu entgehen, entschloss ich mich an einem Freitag Nachmittag, in die Stadt zu gehen. Es herrschte drangvolle Enge in der City, ich habe dort noch nie so viele Menschen gesehen. Sie waren so beschäftigt damit, Weihnachtsge-schenke einzukaufen. Ich setzte mich einfach irgendwo hin und dachte an die vielen Flüchtlinge, die alleine und ohne Besuch bleiben würden. Für uns bleibt Weihnachten und Neujahr alles beim Alten; welche Veränderungen werden sie schon bringen wollen? Wir kämpfen nach wie vor ums Überleben.

An diesem geschäftigen Ort traf ich dann zufällig eine Freundin, die in der Stadt wohnt. Zum Glück lud sie mich zu sich auf einen Kaffee ein, das war ein Ort zum Durchatmen, eine Zuflucht jen-seits des Flüchtlingslagers. Wir haben über Vieles gesprochen, von unseren Familien daheim über den Unterschied an Lebenschancen ohne und mit dem

„Pass“ bis hin zu der Art, Weihnachten zu feiern – hier und zu Hause.

Auch sie war früher als Flüchtling im Lager untergebracht, und ich fragte sie, wie sie diese Zeit vor fünf Jahren empfunden habe. Sie erwiderte, heute wäre es besser als damals. Dann lachte sie plötzlich laut auf und sagte: “Weißt du, was mir gerade in den Sinn kommt?“ Ich schüttelte den Kopf und bat sie, zu erzählen. Und so schilderte sie mir eine Geschichte, die kaum zu glauben ist: „Ich werde dieses Bild niemals ver-gessen: Alle sechs Monate gab es neue Kleidung für uns und so drängten sich dann alle vor dem Büro der Sozialbe-hörde. Dort wurden öffentlich von den Angestellten alle unsere Körpermaße ermittelt mit dem Metermaß, jedes nach unserer Empfindung intime De-tail. Es sah dort an diesem Tag aus wie in einer überfüllten Schneiderwerk-statt. Und das Komische daran war, kaum etwas von der Kleidung passte dann wirklich. Ich kann mich noch er-innern, ich bestellte ein Jeans, Slips und BH, nichts davon passte auch nur annähernd. Zudem waren wir dann alle uniformiert wie in einem Militärlager, fast alle Flüchtlinge trugen notgedrun-gen die gleiche Kleidung und Schuhe. Die Bürger konnten mit Leichtigkeit erkennen, wer wir sind, wenn wir uns in die Stadt wagten. So bleiben die meis-ten Flüchtlinge lieber verschämt im Lager. Und wer konnte, entsorgte die Kleidung in den Abfallbehälter direkt neben dem Büro der Sozialbehörde. Ist das nicht komisch?“

Und nun, wie ist es heute? Sicherlich hat sich im Vergleich zu diesen Zuständen Einiges verbessert, wir erhalten alle sechs Monate einen Kleidergutschein über 120€. Aber wir können ihn nur in einigen Geschäften nutzen und es ist uns nicht gestattet, ihn nur für zwei, drei Kleidungsstücke zu verwenden. Wir werden angehalten, dafür viele Ein-zelstücke zu erwerben, auch wenn wir als Erwachsene doch am besten wissen, was wir brauchen und wollen.

Morgen ist ein neuer Tag; bitte geben Sie uns Hoffnung auf eine selbstbe-stimmte Zukunft und vergessen Sie uns nicht an Ihren Weihnachtstagen.

Abasi Kibwana

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Einer der gefangenen Asylsuchenden hielt uns zum Abschied einen Fetzen Stoff mit den Worten „Thank you“ durch die Gitterstäbe des Fensters entgegen.

Grenzenlose Solidarität mit Flüchtlingen

statt beschränktem NationalismusNo-Border-Camp in der bulgarischen Grenzregion zur Türkei

und zu Griechenland

men wollen. Das war also unser letzter Tag des „No-Border-Camps“ Ende August 2011 in der bulgarischen Grenzregion zur Türkei und zu Griechenland, der bewegendste Tag für uns alle: Lyubimetz, „Detention Center“, ein relativ neues Gefängnis für bis zu 150 Menschen, für Flüchtlinge während ihres Asylverfahrens und ge-gebenenfalls vor ihrer Abschiebung.

alle 300 Teilnehmer des Camps auf-gebrochen. Auf dem Weg schlossen sich uns immer mehr Menschen aus einer nahe gelegenen Roma-Siedlung an. Wir wiesen die Gefangenen in ver-schiedenen Sprachen mit Hilfe eines Megaphons und mit verschiedenspra-chigen Transparenten auf ihre Rechte und auf eine kostenlose Telefonnum-mer für Rechtsbeistand hin. Mehrere Stunden verbrachten wir so auf dem

Nach deutscher Rechtsauffassung ist es Gemeinschaftsunterkunft und Abschiebeknast in einem. Flüchtling zu sein in einem Gefängnis ohne jeg-liche Ausgangserlaubnis, das macht das Leben zur Hölle. In ständiger Un-sicherheit leben zu müssen, von gro-ßen Teilen der Bevölkerung als Kri-minelle stigmatisiert, das bringt die Europäische Flüchtlingspolitik nicht zufällig mit sich, sondern es ist ihre im-manente Absicht. Zu diesem Ort der Menschenrechtsverletzung sind fast

Es war ein mulmiges Gefühl, diesen Platz wieder zu verlassen. Es war ein bewegender Abschied und es war hart, diese Realität zu ertragen: Auf der einen Seite unsere Gewissheit, dorthin gehen zu können, wohin wir wollen, und auf der anderen Seite die Menschen, denen dies nicht vergönnt ist nur aufgrund der zugeschriebenen

„Zugehörigkeit“ zu einer falschen Na-tion. Man kann viel über das Unrecht und Leid diskutieren und streiten, das Grenzen und die willkürliche Auftei-lung der Welt in Nationen mit sich brin-gen, aber erst wenn man direkt den Menschen gegenübersteht, die wirk-lich davon betroffen sind, geht diese Unmenschlichkeit einem selbst richtig nahe. Auch wenn wir den Gefangenen nicht direkt helfen konnten, haben wir ihnen wenigstens etwas Hoffnung und die Gewissheit gegeben, dass es Menschen gibt, die von ihrer Situation wissen und diese nicht länger hinneh-

Platz, hielten Kontakt zu den Einge-sperrten und tauschten uns mit den Roma aus. Dieses Bild begleitet uns jetzt noch im Rückblick auf das „No-Border-Camp“, an dem wir als Aktivis-tInnen aus Würzburg teilgenommen haben. Dieses Camp wird jährlich vom No-Border-Netzwerk organisiert, ei-nem europaweiten Zusammenschluss von Gruppen, die sich mit den Themen Migration, Asyl und weltweite Bewe-gungsfreiheit auseinandersetzen. Es findet jedes Jahr in einem anderen EU-

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Mitgliedsstaat statt, im nächsten Jahr in Schweden.

Das Anliegen des Camps in Bulgarien war es, die Bevölkerung in der Grenz-region auf Gründe von Flucht und Migration aufmerksam zu machen, Solidarität mit Flüchtlingen zu zeigen und ein Zeichen für ein positives Mit-einander von Menschen unterschied-licher Herkunft zu setzen. Außerdem wurden die menschenverachtenden Grenzsicherungsmaßnahmen und die verantwortungslose Politik der EU thematisiert, skandalisiert und vielfältiger Protest dagegen auf die Straßen getragen. Da Bulgarien ab 2012 zum Schengen-Raum gehören und somit zu einem neuen Außen-posten der EU-Abschottungspolitik wird, fand das Camp folgerichtig in der Nähe der bulgarisch-türkischen und bulgarisch-griechischen Grenze statt. Dass sich die Verschiebung der Außengrenzen auf die Fluchtrouten und auf die Zahl der nach Bulgarien kommenden Flüchtlinge auswirken wird, ist keine Frage. Gerade deshalb stand die Aufklärung der örtlichen Bevölkerung im Mittelpunkt, auch die Vermittlung von Informationen über Fluchtgründe und Flüchtlingsströme. Dies wollten wir aus gutem Grund nicht der menschenfeindlichen und rassistischen Propaganda der bulga-rischen bzw. der europäischen Politik überlassen, sondern unsere Kritik an Grenzaufrüstung und -sicherung deut-lich machen. Deswegen war das Camp nicht nur ein intensives Erlebnis von fünf Tagen lebhafter Diskussion, po-litischer Aktion und solidarischen Zu-sammenlebens. Es ging nicht um uns, es ging darum, die lokale Bevölkerung zu sensibilisieren und gegen das Un-recht vor Ort zu mobilisieren. Daher fuhren am zweiten Tag des Camps fast alle der 300 Camp-TeilnehmerInnen nach Svilengrad, der nächstgrößeren Stadt, wo wir durch Straßentheater, Aktionen und Flyer auf unser Anliegen aufmerksam machten. Vor der Station der ortsansässigen Grenzpolizei, zu der wir abschließend eine Demons-tration veranstalteten, wurden alte Schuhe und Kerzen abgelegt, um an Flüchtlinge zu erinnern, die bei ihren Versuchen, die Grenzen zu überque-ren, ums Leben gekommen sind, auch durch Einwirkung der Polizei.

Am dritten Tag zogen wir an der türkisch-bulgarischen Grenze die Aufmerksamkeit der Reisenden mit Transparenten und gespielten Ab-schiebungen auf uns. Auch am Grenz-übergang nach Griechenland fanden Aktionen statt, einigen AktivistInnen gelang es sogar, die Grenze mehrmals ohne Passkontrolle zu passieren.In verschiedenen Workshops, die das

ganze Camp über stattfanden, kamen unter anderem Themen der Asyl- und Migrationspolitik in Osteuropa zur Sprache und die dortige Situation der Roma. Gerade dieses Thema zeigt seit mehreren Wochen mit den pogromar-tigen Übergriffen auf Roma in Bulga-rien, aber auch in weiteren Ländern Osteuropas, besondere Brisanz. Der in Bulgarien weit verbreitete Antizi-ganismus, der uns bereits bei unserer Ankunft in Sofia direkt aufgefallen war, stellt ein unglaublich großes aber oftmals unbeachtetes Problem in ganz Europa dar, welchem alle emanzipa-torischen Bewegungen entschlossen entgegenwirken müssen. Der Kampf für eine grenzen- und klassenlose Weltgesellschaft muss und wird weitergehen, auch wenn es manchmal schwer fällt und die Pers-pektiven oftmals durch starke Repres-sion zu verschwinden scheinen. In ei-ner Welt, in der Waren mehr zählen als Menschenleben, ist es unsere Pflicht, dagegen aufzubegehren. Grenzen-lose Solidarität statt beschränktem Nationalismus – eine andere Welt ist möglich!

Anna und Arthur

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Politische Karikatur als Medium gegen die Diktatur

Er zahlte einen hohen Preis für den Mut, auf seine Art das Menschenrecht auf freie Meinungsäuße-rung wahr zu nehmen: Die Schergen des syrischen Regimes entführten im August 2011 den berühm-ten syrischen Karikaturisten Ali Farzat an einen geheimen Ort, folterten ihn und brachen ihm schließlich beide Arme. Und viele erinnern sich noch an den Fall des dänischen Karikaturisten Kurt Westergaard der nach Erscheinen seiner Moham-med-Karikatur um sein Leben fürchten muss.

Die Sprache der Bilder ist mächtig, oft mächtiger als Worte. Und subtiler. Hinter einem Bild verber-gen sich Welten, Geschichten, auch verbotene Ge-danken und Aussagen. Wer verstehen will, versteht. Erst recht bei politischer Karikatur. Die Unterdrücker sind sich der Macht dieser versteckten Botschaften durchaus bewusst, fühlen sich in ihrer Macht be-droht und schlagen zurück. So auch in meiner Hei-mat, dem Iran. Nach dem Triumph der Islamischen Revolution 1979 kamen unter der Herrschaft des Ayatollah Khomeini die geistlichen Führer, die Mul-lahs, an die Macht. Von da an gab es keine Trennung mehr zwischen weltlicher und religiöser Macht. So wurde auch die islamische Rechtsprechung einge-führt. Das Regime duldete keine abweichende Mei-nung; jede Satire oder Kritik war gleichgesetzt mit einer Beleidigung oder einem Angriff auf die Mullahs und letztendlich auf den Islam selbst.

So erlitt der geschätzte iranische Karikaturist Nikahang Kosar im Jahre 2000 grausame Folter und Kerkerhaft durch das islamische Regime, da eine seiner Karikaturen als Beleidigung des Ayatollah Mesbah gedeutet worden ist: Das Bild

Bild als Waffe gegen Sprachlosigkeit

Politische Karikatur als Politische Karikatur als Medium gegen die Diktatur

Er zahlte einen hohen Preis für den Mut, auf seine Art das Menschenrecht auf freie Meinungsäuße-rung wahr zu nehmen: Die Schergen des syrischen Regimes entführten im August 2011 den berühm-ten syrischen Karikaturisten Ali Farzat an einen geheimen Ort, folterten ihn und brachen ihm schließlich beide Arme. Und viele erinnern sich noch an den Fall des dänischen Karikaturisten Kurt Westergaard der nach Erscheinen seiner Moham-med-Karikatur um sein Leben fürchten muss.

Ahmadinedschad bei den Vereinten Nationen

Der Schleier ist im Iran Pflicht

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eines Krokodils interpretierte das Regime in diesem Sinne, da sich im Persischen die Worte

„Mesbah“ und „Temsah“ für Krokodil im Klang äh-neln. So klagten sie den Künstler an, mit seiner Ka-rikatur Propaganda gegen die islamische Geistlich-keit und somit gegen den Islam selbst zu betreiben.Ein weiterer iranischer Karikaturist, der einen Preis für seine künstlerische Aktivität zu zahlen hatte, ist Mana Neyestani. Nur einen Tag nach der Ver-öffentlichung einer seiner Karikaturen in der Ta-geszeitung „Iran“ begann seine Verfolgung durch staatliche Stellen, die ihn schließlich zur Flucht zwang.

Warum fürchten alle Diktaturen die Karikatur, wa-rum belegen sie diese mit einer strengen Zensur? Weil sie für einen unterdrückten Intellekt oftmals das einzig verbleibende Medium ist, verbotene Botschaften verschlüsselt, doch für viele offen-kundig, zu verbreiten. Eigentlich ist die Karikatur ein subtile, vielschichtige „bildliche Form der Sati-re, die sich als parteiische Kritik an bestehenden Werten oder politischen Verhältnissen versteht und oft als „Waffe” in gesellschaftlichen Ausein-andersetzungen verwendet wird. Oftmals nimmt die Karikatur zu einem aktuellen Sachverhalt sarkastisch-ironisch Stellung.“(Wikipedia). Durch die „Überladung“, Übertreibung eines an sich un-verfänglichen Sachverhalts mit versteckten Aus-sagen kann sie prägnant bestehende soziale und politische Missstände analysieren und anprangern und so den Menschen Informationen liefern, die auf keinem anderen Weg vermittelt werden kön-nen. Symbolhaftes wird bewusst eingesetzt und übertrieben, Wahrnehmungen von Gegensätzen wie Gut und Böse, Recht und Unrecht, Gleich und Ungleich überzeichnet. So gelingt es auch, die Ver-werfungen und die innere Spaltung der von einem totalitären Regime gewaltsam verformten, künstli-chen Gesellschaft abzubilden. Daher fürchtet jedes

auf keinem anderen Weg vermittelt werden kön-nen. Symbolhaftes wird bewusst eingesetzt und übertrieben, Wahrnehmungen von Gegensätzen wie Gut und Böse, Recht und Unrecht, Gleich und Ungleich überzeichnet. So gelingt es auch, die Ver-werfungen und die innere Spaltung der von einem totalitären Regime gewaltsam verformten, künstli-chen Gesellschaft abzubilden. Daher fürchtet jedes

Regime wie das des Iran diese Waffe und verfolgt deren Urheber gnadenlos, entweder mit Druck, das Land zu verlassen, mit Haftstrafen oder gar mit To-desurteilen. So auch im Fall von Kurt Westergaard. Die kulturelle und soziale Zensur verschärfte sich noch unter der Herrschaft des derzeitigen irani-schen Regimes unter Mahmud Ahmadinedschad. Welche Auswirkungen diese Strangulierung vieler Bereiche der Gesellschaft wie Bildung, Kunst und Kultur im weitesten Sinne auf Dauer haben wird, bleibt abzuwarten. Eines ist sicher: Jede Diktatur ist eine Tragödie für den Menschen und für die Menschheit.

Karikaturen und TextManeis Arbab

(Mohammad Hossein Tehrani)

Die britische Botschaft in Teheran

Ali Khamenei und Nuklearwaffen

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Rückkehrberatung als Unterstützung für Flüchtlinge

Ergebnisoffen und unabhängig

Das Angebot der Rückkehrberatung richtet sich an Asylbewerber, gedulde-te Flüchtlinge, anerkannte Flüchtlinge, Menschen ohne Papiere sowie weitere Migranten (z.B. Aussiedler, jüdische Kontingentflüchtlinge).

Die Menschen, die sich an unsere Be-ratungsstelle wenden, haben unter-schiedliche Gründe, weshalb sie eine Rückkehr in ihr Heimatland überlegen oder planen. Manche warten bereits seit längerer Zeit auf den Bescheid, ob sie in Deutschland bleiben können, und sehen hier keine Perspektive mehr. Andere haben die Nachricht erhalten, dass sie zur Ausreise verpflichtet sind, da ihr Asylantrag rechtskräftig abge-lehnt worden ist. Bei einer weiteren Gruppe stehen persönliche Motive im Vordergrund, z.B. die schwere Erkran-kung eines Angehörigen im Heimat-land oder die Einsamkeit, in der sie in Deutschland ohne ihre Verwandten leben. In jedem Fall stehen unsere Kli-enten vor einer wesentlichen Entschei-dung für ihr weiteres Leben.

Unsere Beratung hat zum Ziel, ge-meinsam mit den Klienten individuelle Zukunftsperspektiven zu entwickeln. Dazu ist es zunächst erforderlich, Fra-gen zu ihrer persönlichen Situation zu klären, wie zum Beispiel: Haben sie Chancen auf einen Aufenthalt in Deutschland? Auf welche Situation werden sie im Heimatland treffen, bei-spielsweise im Hinblick auf Unterkunft, Sicherung des Lebensunterhalts, me-dizinische Versorgung, Kontakte? Es ist uns wichtig, die Klienten in Gesprä-chen zu begleiten und zu unterstützen, falls sie Sorgen oder Zweifel über ihre Zukunft haben. Die Gespräche sind vertraulich, und die Mitarbeiter unter-liegen der Schweigepflicht.

Die Klienten bestimmen selbst, ob sie ihre Lebensperspektive in Deutsch-land oder in ihrem Heimatland sehen. Entscheiden sie sich für einen Verbleib in Deutschland, können wir sie an die zuständigen Fachberatungsstellen vermitteln. Wenn sie in ihr Heimatland zu-rückkehren wollen, bieten wir vor allem folgende Hilfen an:

- Unterstützung bei der Beschaf-fung von Reisedokumenten;

- Vermittlung im Umgang mit Behörden, u.a. Zentrale Rückführungsstelle Nord-bayern, Ausländer- und Sozialämter;

- Beantragung finanzieller Rück-kehrhilfen z.B. beim Freistaat Bay-ern und der Internationalen Or-ganisation für Migration (IOM);

- individuelle Hilfen, vor allem bei Krankheit oder Behinderung; dazu zählen im Einzelfall die Organisation einer medizinischen Begleitung bei der Ausreise oder der Einkauf eines Vorrats der benötigten Medikamente;

- Förderung von Existenzgründungen; - Vermittlung von Weiterbildungsan-geboten für die berufliche Qualifi-zierung (z.B. Solarko-cherbaukurs);

- Unterstützung bei der Orga-nisation der Reise, z.B. durch Begleitung zum Flughafen;

- Herstellung von Kontakten im Her-kunftsland u.a. über Partnerorganisa-tionen.

Darüber hinaus stehen wir unseren Kli-

enten auch nach ihrer Ausreise als An-sprechpartner zur Verfügung, u.a. bei Fragen zur weiteren Finanzierung von medizinischer Versorgung oder zur Er-stattung von Rentenversicherungsbei-trägen.

Zur Veranschaulichung unserer Arbeit soll folgendes Beispiel dienen:Herr M. reiste von Weißrussland über Italien nach Deutschland ein und be-antragte Asyl. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge lehnte auf-grund des Dublin II.-Abkommens die Durchführung eines Asylverfahrens ab und drohte ihm die Ausweisung nach Italien an. Er wandte sich daraufhin an unsere Beratungsstelle. Herr M. wollte eine Ausweisung vermeiden, auch eine Rückkehr nach Weißrussland kam für ihn jedoch aufgrund der politischen Verhältnisse nicht in Betracht. Da die Russische Föderation erleichterte Ein-reisebestimmungen und ein Einbürge-rungsverfahren für weißrussische Bür-ger anbietet, war es uns möglich, für Herrn M. die Ausreise in die Russische Föderation zu organisieren. Wir stell-ten für ihn Anträge auf Bewilligung des Flugtickets und finanzieller Rück-kehrhilfen für seinen Lebensunterhalt. Da Herr M. an einer Krankheit leidet, für deren Behandlung regelmäßige ärztliche Untersuchungen notwen-dig sind, beantragten wir zusätzliche finanzielle Mittel, um seine weitere medizinische Versorgung zu ermögli-chen. Kurze Zeit nach seiner Ausreise teilte Herr M. uns per E-mail mit, dass er in der Russischen Föderation einen Aufenthaltstitel erhalten und einen Arbeitsstelle gefunden hat. Er ist mit seiner Arbeit und seinem Leben dort zufrieden.

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391 / 2012

Friedrich-Spee-HausRöntgenring 397070 WürzburgSprechstunden nach Vereinbarung:Tel. 0931 / 386 58-100, -150, -151, -152, -153

UND

Zum Team unserer Beratungsstelle ge-hören:

- Martina Blomberger, Dipl. So-zialpädagogin, Caritasverband für die Diözese Würzburg e.V.

- Tatjana Geist, Dipl. Sozialpä-dagogin, Kreisverband Würz-burg des Bayer. Roten Kreuzes

- Klaus Oßwald, Dipl. Sozialarbeiter, Cari-tasverband für die Diözese Würzburg e.V.

- Erika Seidel, Verwaltungsfachange-stellte, Regierung von Unterfranken

Die Zentrale Rückkehrberatung für Flüchtlinge in Westbayern (ZRB Westbayern) wurde im Oktober 2004 im Rahmen eines EU-Projekts ge-gründet.Seit August 2011 liegt die Trägerschaft beim Caritasverband für die Diöze-se Augsburg mit folgenden weiteren Projektpartnern: Caritasverband für die Diözese Würzburg, Kreisverband Würzburg des Bayerischen Roten Kreu-zes und Regierung von Unterfranken.

Rückkehrberatung für Flüchtlinge in Würzburg

Sowohl Klienten aus dem Regierungs-bezirk Unterfranken als auch aus der Stadt und dem Landkreis Coburg kön-

nen sich an unsere Beratungsstelle wenden.

Das Team der ZRB Westbayern

Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge und AsylbewerberVeitshöchheimer Str. 10097080 WürzburgSprechstunden Dienstag und Donnerstag 9:30 – 12:00 UhrTel. 0931 / 9802–287, -290, -291

Team der Rückkehrberatung: Klaus Oßwald, Martina Blomberger, Erika Seidel, Tatjana Geist (v. l. n. r.)

Solarkocher-Baukurs

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40 [email protected]

Wenn du einmal weit von Zuhause weg bist, dann bemerkst du, dass es in jeder Kultur Verhaltensweisen gibt, die überall gleich sind. Aber du spürst genauso schnell eine kulturelle Einzig-artigkeit, an die du keinen Anschluss hast. Was macht dich zum Fremden für die Leute in deinem Gastland und umgekehrt?Natürlich gibt es dort Menschen, die dich auf der Straße anlächeln, wenn sie dich sehen. Sie sorgen dafür, dass du dich willkommen fühlst und versu-chen mit dir zu reden. Wenn du Glück hast, hält die freundliche Umgangs-weise an und wandelt sich vielleicht zu einer Freundschaft zwischen euch. Es wäre das Beste, was Dir passieren könnte, denn in ihrer Gegenwart wirst du dann froh und nicht mehr gänzlich ein Fremder sein. Vielleicht entschlüs-selst du so ihre kulturelle Einzigartig-keit. Trotzdem sind auch deine neuen Freunde viel beschäftigte Leute, sie haben bereits ihren Platz und damit ihre Verpflichtungen in den Netzwer-ken ihrer Familien und ihrer Heimat. So groß ihr Bemühen, dich in ihre Gesellschaft zu integrieren, auch sein mag, ihre zeitlichen Möglichkeiten sind limitiert, früher oder später wirst du auf dich zurückgeworfen sein, ohne dass sie ihre Zeit mit Dir verbringen oder dir weiterhelfen können. In dieser Situation gilt: Bloß nicht einsam füh-len und es persönlich nehmen, wenn die unbekannten Menschen um dich herum nicht immer ein Lächeln des Willkommens zeigen, dich übersehen oder nicht grüßen. Auch wenn Gast-freundschaft bei ihnen eine großen Stellenwert haben mag, sie haben ihre eigenen Sorgen oder sie haben Angst, mit dir nicht kommunizieren zu kön-nen. Englisch fällt ihnen nicht leicht und die Lokalsprache wiederum ist ein Hindernis für dich. So entstehen Di-stanz, Fremdsein, Unsicherheit. Wo-her weißt du jetzt, wem du vertrauen

Wer heißt schon einen Fremden willkommen?

kannst? Wieso fühlst du dich eigent-lich allein, wenn dich doch so viele Leu-te umgeben?Für eine Weile war ich auch weit weg von meiner Heimat. Obwohl ich über die Kultur in meinem Gastland viel gelesen habe, deren Küche nicht ver-schmäht und versucht habe, ihre Di-alekte zu lernen, war ich für die Men-schen in meinem Gastland immer noch ein Fremder - wahrscheinlich einfach nur wegen meines äußeren Erscheinungsbildes: Ich bin groß und weiß. Und doch war ich für diese Men-schen ein anderer Fremder, als sie es in meiner Heimat wären. Mein Ausse-hen erzählte Ihnen: Ich bin reich, habe mehr als alles, was ich brauche, und da ich die Sprache wichtiger Leute spre-che, bin ich es auch. Egal was ich ihnen mitteilen wollte, diese Botschaft kam immer zuerst an. Zu meiner Überra-schung war es jedoch keine Barriere zwischen uns. Die Menschen wollten mir trotzdem immer noch helfen und waren gastfreundlich, trotz aller Un-terschiede, trotz meiner vermeintli-chen Überlegenheit. Manchmal war es für mich schwer zu begreifen, dass sie so offen und nett waren. Diese Hal-tung, die ich umgekehrt von meinem

Land so nicht kenne, bleibt ein Rätsel für mich, diese Zuversicht, voneinan-der zu lernen und miteinander Spaß haben zu können.

Warum behandeln wir bei uns Frem-de so anders? Wenn wir uns endlich entschließen, mit ihnen Kontakt auf-zunehmen, erkennen wir doch, dass sie zwar, so wie unsere eigenen Brü-der und Schwester, anders sind als wir selbst, ansonsten aber genau solche Menschen wie wir. Auch dass wir nicht versuchen von ihnen zu lernen, bleibt mir unverständlich. Wären wir offen genug, würden wir schnell erkennen, dass wir miteinander auch feiern und lachen können, dass sie uns vieles beibringen können, was uns fehlt und dass ihre Lebenseinstellung viel mehr wert ist als all die Waren in unseren Kaufhäusern.

Maximilian Csef

(Maximilian arbeitete nach dem Abitur ein Jahr in einem Slum auf den Philip-pinen)

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If you are far away from home, you find many things in life which are the same in every culture, but quickly you notice a cultural uniqueness which you are unfamiliar with. What is it that makes you a stranger for the people in your host country and vice versa? Of course, there are people in the streets who look at you and smile. They make you feel welcome and try to communicate with you. If you are lucky, this friendly contact will persist and develop into a friendship. This is the best thing that can happen to you. In their presence you will feel happy and you will no longer be a stranger. And maybe in addition you will learn what the other culture is all about. But your new friends are often busy, because they have their position and their res-ponsibilities in all the networks of their families and their home country alrea-dy. Even though they give their best to integrate you into their communities, your friends will at some point will not be able to spend time with you or to help you. In those moments: Don’t feel lonely because you notice that the other people around you do not smile

Who welcomes a stranger?at you or greet you. They are too much worried about their own needs and struggles and they may be afraid they cannot talk to you in an appropriate way. English sometimes is a hard lan-guage for those people and the local language is a big barrier for you. How can you get along in those moments far away from home and how can you know whom you can trust? Why do you feel lonely although there are so many people around you?I was far away from home for a while. Often I was a stranger to the people in the other country, although I had read about the other culture, ate their food and tried my best to use their local lan-guage. Maybe only because of my out-ward appearance: I am tall and I am white. Honestly, I have to tell you that I was a different stranger than those people who are strangers in my home country. My outward appearance said: I am rich, I have more than everything I need and I am important, because I speak the language of important peo-ple. No matter what I wanted to tell people, my outward appearance spo-ke the first words. Surprisingly it didn’t

matter sometimes. People were still willing to help me and hospitable at the same time. How could they be so friendly after all? It is still a mystery to me, that they, in contrast to my home country, showed this open mind and confidence to learn from and have a good time with me.Why is it, that strangers in my country are not treated the same way? When we get in contact with them we see that they are different in some way, but are identical in many ways- just like our brothers and sisters. It also is mysterious to me that we don’t seek to learn from them. If we were open-minded, we probably would notice fast that we can have a pleasant and precious time with them and that their attitude to life carries treasures much more valuable than all goods in our stores.

Maximilian Csef

(Maximilian spent a year as volunteer in a slum in the Philippines)

Allen Flüchtlingen hier in Deutsch-land und auf der ganzen Welt wünschen wir fürs Neue Jahr

- eine neue Heimat, die euch willkommen heißt,- ein gesichertes, selbstbestimmtes Leben- Wertschätzung und Respekt eurer Würde als Mensch, - überall!

Die Heimfocus-Redaktion

Our New Year‘s wishes for all refugees in Germany and all over the world:

- may you find a new home with a welcoming face- may your life be secured and independent- may you be appreciated and treated with respect for your human dignity - everywhere!

The Heimfocus Editorial Team

Page 42: Heimfocus #08 - 01/2012

42 [email protected]

Impressum 2.Jahrgang, 2.Ausgabe, 1 / 2012

Redaktion: Addis Mulugeta, Abay KirosRedaktionskontakt: [email protected]

Erscheinungstermin: 01.01.2012Erscheinungsweise: vierteljährlichAuflage: Exemplare 2500

Herausgeber: Eva Petelerc/o Ausländer-und Integrationsbeirat der Stadt Würzburg Rückermainstr.2 97070 Würzburg

Fotos: RedaktionTitelbild: RedaktionLayout: Maneis Arbab, Anette HainzDruck und Produktion: flyeralarm GmbH

Die in der Zeitschrift veröffentlich-ten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieser Zeitschrift darf ohne schriftliche Genehmigung der Redak-tion in irgendeiner Form reproduziert werden. Die Beiträge geben eine per-sönliche Meinung des Autors wieder, die nicht mit der der Herausgeber übereinstimmen muss.Die Verantwortung für den Inhalt der Beiträge liegt ausschließlich beim Verfasser.

Hund oder Mensch?

No2 • 10/2010

teilhaben – Teil werden

Manche Menschen glauben immer noch, ihre Rasse sei allen anderen überlegen und habe eine Monopolstellung auf diesem Planeten … weiter auf S.24

VOICE FOR REFUGEES

VIVOVOLO - reach out your hand for refugees … cont. on p 20

teilhaben – Teil werden FOR ROR ROR EFUGEES

VIVOVOLO - reach out your hand for refugees … cont. on p 20

VIVOVOLO - reach out your hand for refugees … cont. on p 20

04 / 2011

Hund oder Mensch? Teil 5

No6 • 07/2011

teilhaben-Teil werden

VOICE FOR REFUGEES

Stellen Sie sich vor, der Baum vor Ihrem

Haus verliert sein ganzes Laub und wird

zunehmend dürr und kahl …

Die Würde des Menschen ist unantastbar Teil 4Ich habe ja nichts gegen Ausländer, aber

wo käme man denn hin … Weiter auf S.5

Weiter auf S.34

Der Würzburger Friedenspreis 2011 geht

an Addis Mulugeta und das „Heimfocus-

Magazin – Stimme für Flüchtlinge“

Theater „Traum vom Leben“ S.38

Hund oder Mensch? Stellen Sie sich vor, der Baum vor Ihrem

Haus verliert sein ganzes Laub und wird Weiter auf S.34

Theater „Traum vom Leben“ S.38

Theater „Traum vom Leben“ S.38

Theater „Traum vom Leben“ S.38

Theater „Traum vom Leben“ S.38

Theater „Traum vom Leben“ S.38

Theater „Traum vom Leben“ S.38

Theater „Traum vom Leben“ S.38

Theater „Traum vom Leben“ S.38

Theater „Traum vom Leben“ S.38

Hund oder Mensch? Teil 6

No 7 • 10 / 2011

teilhaben-Teil werdenVOICE FOR REFUGEES

Ich bin weder Psychologe noch Arzt, son-dern einfach nur ein Flüchtling. Seit Jah-ren schon lebe ich in einem dieser Lager in Bayern, ohne Hoffnung,

Die Würde des Menschen ist unantastbar Teil 5

Die Gummikarottenstory oder : Soviel Luxus wie Hartz IV muss wirklich nicht sein...

Weiter auf S.5 Weiter auf S.20

Von Flüchtlingen für Flüchtlinge Weiter auf S.36

Der Bischof in der GU

Page 43: Heimfocus #08 - 01/2012

431 / 2012

FRAGEN SIE INFORMIEREN SIE SICHHANDELN SIE

www.fluechtlingsrat-bayern.dewww.proasyl.dewww.thecaravan.orgwww.deutschland-lagerland.dewww.borderline-europe.dewww.borderregime.euwww.fortresseurope.blogspot.comwww.amnesty.dewww.vivovolo.dewww.faf-unterfranken.dewww.bamf.dewww.epo.de

liegt derzeit aus bei/in:

Rathaus

Weltladen

Stadtbücherei Falkenhaus

Bücherei Am Bahnhof, Veitshöchheim

Mainpost-Geschäftsstelle Plattnerstraße

Mainfrankentheater

Kolping

Kath. Hochschulgemeinde

Evang. Hochschulgemeinde

Augustinerkloster, Dominikaner Platz

Ökumenisches Zentrum Lengfeld

Buchhandlung „erlesen“, Grombühl

Buchhandlung Neuer Weg, Sanderstraße

Buchhandlung Knodt, Semmelstraße

Stephansbuchhandlung, Stephanstraße

Standard

Unicafé

Kult

Café Klug

Wunschlos Glücklich

Café Lavazza

Moonlight Mass,Augustinerkirche, So 21h

RA Michael Koch, Textorstraße

Page 44: Heimfocus #08 - 01/2012

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