„Hass im Netz“
Auftreten und Gegenmaßnahmen aus europäischer und
deutscher Perspektive
Gabriela Heinrich, MdB
stellvertretende Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion für
Menschenrechte und humanitäre Hilfe
Koordinatorin für Deutschland bei der No Hate Speech Parliamentary
Alliance der Parlamentarischen Versammlung des Europarats
Wovon reden wir? 09.02.2017 2
Aufhängen!
Steinigen!
Füchtlinge alles Eselficker!
Schwule ins KZ!
Scheiß Dreckspack gehört
an die Wand gestellt.
Das Kopftuch kann ja
sprechen!
Drecksschlampe!
Du gehörst mal ordentlich
vergewaltigt!
Wenn ich so
behindert wäre,
würde ich mich
umbringen!
Quelle: Diverse Internet-Foren, Facebook, No-Hate-Speech-Movement Deutschland
Was ist Hassrede / Hate Speech? 09.02.2017 3
Ministerkomitee des Europarats:
Hassrede =
„Alle Ausdrucksformen, die Rassismus, Fremdenfeindlichkeit,
Antisemitismus oder andere Formen von auf Intoleranz
beruhendem Hass verbreiten, dazu anstiften, sie fördern oder
rechtfertigen.“
[…]
Quelle: Broschüre der Amadeu-Antonio-Stiftung
Hassrede – was ist verboten (Auswahl)? 09.02.2017 4
Tatbestände (Beispiele rot)
Volksverhetzung, Holocaustleugnung (§ 130 StGB) „Ich bin dafür, dass wir die Gaskammern wieder öffnen und die Brut reinstecken.“
Beleidigung (§ 185 StGB) „Ich wünsch dir viel spaß beim ficken mit deiner inzestigen mutter du hurensohn.“
Öffentliche Aufforderung zu Straftaten (§ 111 StGB) „das schwein wohnt in der XY-Straße 12. Zündet doch endlich einer sein Auto an!“
Nötigung (§ 240 StGB) „wenn du deinen Artikel nicht löschst, polier ich dir die Fresse!“
Bedrohung (§ 241 StGB) „dich Penner werde ich bekommen. Ich stech dich ab!“
§
Quelle: Gulden und Röttger Rechtsanwälte
Hassrede – was ist verboten? 09.02.2017 5
Vieles, das sich zunächst unerträglich liest, ist erlaubt, weil kein
Tatbestand vorliegt.
Daher…
§
Hatespeech und Meinungsfreiheit 09.02.2017 6
… immer zwischen Tatbestand und Meinungsfreiheit abwägen
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte:
Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention zur
Meinungsfreiheit gilt nicht für Äußerungen, die durch Intoleranz
entstehen und Hass gegen Menschen oder Gruppen schüren.
ABER:
Es ist stets der Einzelfall zu prüfen, ob die Meinungsfreiheit
Vorrang hat. Gegenmaßnahmen zu Hatespeech dürfen nicht übers
Ziel hinausschießen, sonst wird das Menschenrecht auf
Meinungsfreiheit verletzt.
Hassrede im gesellschaftlichen Kontext 09.02.2017 7
Viele Fragen, auf die wir noch keine befriedigenden
Antworten haben:
Was macht der Hass mit der öffentlichen Debatte (-nkultur)?
Wie reagieren wir auf Hass, den Maschinen posten (Bots)?
Wer finanziert Hasskampagnen?
Wie reagieren wir sinnvoll auf Fake-News?
?
Aktuelle Diskussion in Deutschland 09.02.2017 8
Gesetze für Hater_innen verschärfen oder die bestehenden
Gesetze konsequenter anwenden?
Meinungsfreiheit?
Die Internet-Konzerne zur Löschung von Hass zwingen oder
sie ihre Algorithmen offenlegen lassen?
mangelnde Kooperation der Konzerne
Counterspeech (Gegenrede), „Gegenschläge“
Gefahr von Shaming-Maßnahmen (öffentliches Anprangern
der Hater_innen)
Stärkung der Medienkompetenz bei den User_innen in
Schule, digitaler Zivilgesellschaft etc.
Keine Sofortmaßnahme
§
Bildnachweis: Siegfried Fries / pixelio.de
Mischung ist zielführend – zum Beispiel 09.02.2017 9
• Hassrede konsequenter verfolgen, weiterhin Abwägung des
Einzelfalls wegen Meinungsfreiheit, Schulung der Behörden
und der Justiz
+ Einfordern, dass sich die Internet-Konzerne an nationale
Gesetze halten, zum Beispiel mit Verbreiterhaftung,
Offenlegung der Algorithmen
+ „Laut und freundlich“ dagegenhalten, Opferschutz, Aufklärung
über die Wirkung von Hatespeech, Monitoring-Maßnahmen,
Debunking (Aufdecken von Falschmeldungen)
+ Stärkung der Medienkompetenz bei den User_innen in
Schule, digitaler Zivilgesellschaft etc. als Langzeitmaßnahme
Weniger Hatespeech durch sinnvolle Kombination
§
Bildnachweis: Siegfried Fries / pixelio.de
+
+
+
Hatespeech in Europa 09.02.2017 10
Tatsache: Hatespeech in allen europäischen Ländern
verbreitet
Gegenmaßnahmen (Auswahl)
2016: Code of conduct on countering illegal hate speech
online (= Abkommen zwischen der EU-Kommission und den
Internet-Konzernen)
seit 2015: No Hate Parliamentary Alliance bei der
Parlamentarischen Versammlung des Europarats
(= Zusammenschluss von Politiker_innen)
seit 2015: No-Hate-Speech-Movement des Europarats
(= „Dachkampagne“ für die nationalen No-Hate-Kampagnen)
Hatespeech in Europa 09.02.2017 11
Europarat verabschiedete im Januar 2017 eine Resolution
gegen Hass und Cybermobbing
Hauptforderungen an die Mitgliedsstaaten (Auswahl)
Alle einschlägigen Abkommen ratifizieren (z.B. Übereinkommen
über Computerkriminalität)
Nationales Recht muss eine wirksame strafrechtliche Verfolgung
von Hassrede ermöglichen
Verantwortung und Rolle der Internet-Betreiber im Hinblick auf die
Entfernung von hassmotivierten Online-Inhalten gesetzlich festlegen
Programme und Hilfsinitiativen der Zivilgesellschaft gegen Hass
starten und nachhaltig finanzieren
Gegenmaßnahmen in Deutschland (Auswahl) 09.02.2017 12
Programme und Hilfsinitiativen der Zivilgesellschaft gegen Hass
starten und nachhaltig finanzieren
No Hate Kampagne Deutschland startete im Juli 2016.
Auf www.facebook.com/nohatespeechdeutschland und
http://no-hate-speech.de/ können sich User informieren und
sich Material für Counterspeech herunterladen
Motto: „Laut und freundlich!“
No Hate Deutschland wird nachhaltig finanziert aus dem
Programm „Demokratie leben“ des Familienministeriums.
Fördersumme 2017 für das Gesamtprogramm
„Demokratie leben!“: 104,5 Millionen Euro
No Hate Deutschland 09.02.2017 13
No Hate Kampagne Deutschland
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No Hate Deutschland 09.02.2017 14
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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit 09.02.2017 15
Gabriela Heinrich, MdB
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