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Hamburgische „abgeänderte Verordnung wegen Abgabe von Erbschaften und Vermächtnissen vom 9. Mai...

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Hamburgische „abgeänderte Verordnung wegen Abgabe von Erbschaften und Vermächtnissen vom 9. Mai 1894 mit den Aenderungen und Zusätzen des Gesetzes vom 19. Dezember 1898” Source: FinanzArchiv / Public Finance Analysis, 16. Jahrg., H. 1 (1899), pp. 370-398 Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KG Stable URL: http://www.jstor.org/stable/40905026 . Accessed: 11/06/2014 05:05 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Mohr Siebeck GmbH & Co. KG is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to FinanzArchiv / Public Finance Analysis. http://www.jstor.org This content downloaded from 195.34.79.195 on Wed, 11 Jun 2014 05:05:55 AM All use subject to JSTOR Terms and Conditions
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Hamburgische „abgeänderte Verordnung wegen Abgabe von Erbschaften und Vermächtnissenvom 9. Mai 1894 mit den Aenderungen und Zusätzen des Gesetzes vom 19. Dezember 1898”Source: FinanzArchiv / Public Finance Analysis, 16. Jahrg., H. 1 (1899), pp. 370-398Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KGStable URL: http://www.jstor.org/stable/40905026 .

Accessed: 11/06/2014 05:05

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Hamburgische „abgeänderte Verordnung wegen Abgabe von Erbschaften und Vermächtnissen vom 9. Mai 1894

mit den Aenderungen und Zusätzen des Gesetzes vom 19. Dezember 1898."

(Amtsbl. der freien u. Hansestadt Hamburg v. J. 1898 Nr. 175 S. 789.)

I. Zufolge des Art. 9 der Zehnten-Ordnung vom Jahre 1771, der Rat- und Bürgerschlüsse vom 10. Dezember 1807 und 28. Januar und 4. März 1830, vom 13. Dezember 1849 und vom 29. Dezember 1851 sowie dieser Verordnung wird die

Abgabe von Erbschaften und Vermächtnissen in der Stadt, in den Vorstädten und im Landgebiete, mit Einschluss des Amtes Ritzebüttel, in folgender Art erhoben:

Es haben alle hiesigen Bürger, Angehörigen und Einwohner, sowie die Fremden, welche in denjenigen Ländern wohnen, hinsichtlich welcher die Er- hebung der Abzugssteuer aufgehoben ist - von allen Erb- und wohlgewonnenen Gütern, sie bestehen in Kapitalien, liegenden Gründen oder in anderen, mittels Taxation zu einem Werte zu bestimmenden Gegenständen, als Pretiosen, Biblio- theken, Gemälden u. s. w., welche ihnen hieselbst durch Intestaterbfolge, oder vermittelst eines Testaments, oder einer anderen letzten Willensverordnung als Erbschaft oder Vermächtnis anfallen, von dem reinen Ertrage der Erbschaft oder des Vermächtnisses zu entrichten:

1. l°/o bei Erbschaften oder Vermächtnissen, welche Kindern von ihren Eltern zukommen.

2. 3% bei Erbschaften oder Vermächtnissen, welche anderen Descen- denten von ihren Ascendenten zukommen.

Die Steuerpflicht der Descendenten bei Verbleib in ungeteilten Gütern tritt ein, wann und insoweit ihnen Vermögen durch Tod oder Abteilung des überlebenden Ehegatten zukommt.

3. 3°/o bei Erbschaften oder Vermächtnissen, welche Ascendenten von ihren Descendenten zukommen.

4. 4°/o bei Erbschaften und Vermächtnissen, welche Stiefkindern, Schwiegerkindern, Stiefeltern, Schwiegereltern des Erblassers zufallen.

5. 6 % : a) bei einer Verwandtschaft des 2. Seitengrades zwischen dem Erblasser und Erbnehmer oder Legatar, die Verwandtschaft mag eine vollbürtige oder halbbürtige sein; b) bei Adoptivkindern und bei legitimierten Kindern und deren Descendenten, jedoch mit Ausnahme der durch nachfolgende Ehe legitimierten Kinder, welche, sowie ein- gekindschaftete Kinder, aussereheliche Kinder, insofern sie ihre Eltern ab intestato beerben, und deren Descendenten, der unter 1 bezw. 2 festgesetzten Besteuerung der Kinder bezw. anderen Descendenten unterliegen.

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Hamburg, abgeänd. Verordn. wegen Abgabe v. Erbschaften u. Vermächtnissen etc. 37 J

6. 8 % bei einer Verwandtschaft des 3. Seitengrades zwischen dem Erb- lasser und Erbnehmer oder Legatar, die Verwandtschaft mag eine vollbürtige oder halbbürtige sein.

7. 10°/° bei einer Seitenverwandtschaft über den 3. Grad hinaus oder bei gar nicht vorhandener Verwandtschaft.

Die Behörde ist ermächtigt, für Zahlung der Erbschaftssteuer angemessene Fristen zu stellen, wenn die sofortige Zahlung nicht zu ermöglichen ist oder erhebliche Härten mit sich bringt.

II. Von dieser Abgabe sind jedoch ausgenommen: A. Eheleibliche Männer und Frauen unter einander. B. Die unter I Nr. 1 erwähnten Erbnehmer und Vermächtnisnehme r,

insoweit der steuerpflichtige Anfall an sie aus Hausrat, Möbeln, Kleidung und Wäsche besteht. Auf Pretiosen, Bibliotheken, Ge- mälde, Schmuck und Geschmeide, Kunstgegenstände, "Wagen und Pferde u. dgl. erstreckt sich diese besondere Befreiung nicht, die- selben sind vielmehr nur insoweit steuerfrei , als sie durch die Bestimmung unter C befreit werden. Anderseits fallen kunst- gewerbliche Gegenstände und sog. Schildereien unter diese be- sondere Befreiung insoweit, als sie nach allgemeiner Anschauung als Teil des Hausrats gelten.

C. Diejenigen der unter I Nr. 1, 2 u. 3 erwähnten Erbnehmer und Vermächtnisnehmer, bei welchen der steuerpflichtige Anfall den Betrag von 5000 M. nicht übersteigt und diejenigen der unter I Nr. 1, 2 u. 3 erwähnten Erbnehmer und Vermächtnisnehmer, bei welchen der steuerpflichtige Anfall den Betrag von 5000 M. über- steigt, insoweit als die Steuer nicht dem 5000 M. übersteigenden Betrage entnommen werden kann.

Für minderjährige oder nachweisbar erwerbsunfähige Kinder erhöht sich die Befreiungsgrenze auf 10,000 M.

Die nach der Bestimmung unter B steuerbefreiten Werte kommen auf den hiernach steuerbefreiten Anfall nicht in An- rechnung.

D. Diejenigen der unter I Nr. 4, 5, 6 u. 7 erwähnten Erbnehmer und Vermächtnisnehmer, bei welchen der steuerpflichtige Anfall den Betrag von 500 M. nicht übersteigt, und diejenigen der unter I Nr. 4, 5, 6 u. 7 erwähnten Erbnehmer und Vermächtnisnehmer, bei welchen der steuerpflichtige Anfall den Betrag von 500 M, übersteigt, insoweit als die Steuer nicht dem 500 M. übersteigenden Betrage entnommen werden kann.

E. Diejenigen der unter I Nr. 5, 6 u. 7 erwähnten Erbnebmer und Vermächtnisnehmer, welche bei dem Tode des Erblassers mit dem- selben in häuslicher Gemeinschaft leben, und seit 3 Jahren gelebt haben, und bei welchen der steuerpflichtige Anfall den Betrag von 1000 M. nicht übersteigt, sowie diejenigen derselben, bei welchen der steuerpflichtige Anfall den Betrag von 1000 M. über- steigt, insoweit als die Steuer nicht dem 1000 M. übersteigenden Betrage entnommen werden kann.

F. Hamburgische piae causae, welchen eine Erbschaft oder ein Ver- mächtnis zufallt.

G. Für wiederkehrende Bezüge, namentlich Renten, Nutzungen, Zinsen, gelten die unter C, D, E bestimmten Steuerbefreiungen nicht, in- soweit die Bezüge mit einander und mit dem sonst dem Steuer- pflichtigen aus demselben Nachlass zukommenden Vermögen zu- sammengerechnet den steuerbefreiten Betrag übersteigen.

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g 72 Hamburg, abgeänd. Yerordn. wegen Abgabe v. Erbschaften u. Vermächtnissen etc.

Derartige wiederkehrende Bezüge bleiben steuerfrei, wenn der erste Bezug des Steuerpflichtigen vor der Geltung der ab- geänderten Verordnung wegen Abgabe von Erbschaften und Ver- mächtnissen vom 9. Mai 1894 angefallen und nicht steuerpflichtig war. Sie bleiben ebenfalls steuerfrei, wenn der erste Bezug des Steuerpflichtigen vor Geltung des die Verordnung wegen Abgabe von Erbschaften und Vermächtnissen vom 9 Mai 1894 abändernden Gesetzes vom 19. Dezember 1898 anfiel und die Steuerpflicht erst durch dieses die Verordnung wegen Abgabe von Erbschaften und Vermächtnissen vom 9. Mai 1894 abändernde Gesetz vom 19. Dezember 1898 begründet werden würde.

Andere mehrfache Anfälle desselben Steuerpflichtigen aus demselben Nachlass werden bei Anwendung der Steuerbefreiungs- bestimmungen zusammengerechnet.

III. Honorar von Testamentsvollstreckern gilt als Zuwendung von Erb- schaft oder Vermächtnis im Sinne dieser Verordnung und unterliegt den darin festgestellten Abgaben, falls und soweit dasselbe mehr als 2% des Nachlasses insgesamt und falls und soweit dasselbe mehr als 5000 M. für den einzelnen Vollstrecker beträgt.

IV. Schenkungen von Todes wegen gelten als Zuwendungen von Erbschaft oder Vermächtnis im Sinne dieser Verordnung und unterliegen den darin fest- gestellten Abgaben.

Schenkungen unter Lebenden gelten als Zuwendungen von Erbschaft oder Vermächtnis im Sinne dieser Verordnung und unterliegen den darin fest- gestellten Abgaben,

a) wenn die Ausführung der Schenkung bis zum Tode des Schenkgebers aufgeschoben ist oder wenn der Schenkgeber zwar den Gegenstand der Schenkung dem Schenknehmer übereignet, den Ertrag ganz oder teilweise aber für Lebenszeit sich vorbehält,

b) wenn den Umständen nach anzunehmen ist, dass die Form einer Schenkung unter Lebenden zu dem Zwecke gewählt ist, um die nach dieser Verordnung entfallende Erbschaftssteuer zu vermeiden,

c) wenn sie in dem letzten Jahre vor dem Tode des Schenkgebers er- folgt sind.

Die Abgabe gilt gleichmässig für förmlich und formlos, urkundlich und mündlich vollzogene Schenkungen, für remuneratorische und mit einer Auf- lage belastete Schenkungen. Als Schenkungen gelten auch alle Zuwendungen, bei welchen die Absicht des Zuwendenden auf die Bereicherung des anderen Teils gerichtet war, auch wenn die Zuwendung in der Form eines anderen Vertrages erfolgt ist.

Geschenke jeder Art, welche bei einer Gelegenheit gemacht sind, bei der sie als gebräuchlich bezeichnet werden können, sind von der Abgabe aus- genommen. Als solche gelten auch Erlasse von Forderungen wegen Zahlungs- schwierigkeit des Schuldners, schenkweise Leistungen zur Unterstützung Be- dürftiger, Gaben an milde Stiftungen, gemeinnützige Vereine oder sonstige piae causae, den Vermögensverhältnissen entsprechende Gelegenheitszuwendungen an Angehörige und Verwandte.

Für die Abgabe haften der Schenknehmer und dessen Rechtsnachfolger solidarisch, der Schenkgeber und dessen Rechtsnachfolger subsidiar ; die Rechts- nachfolger des Schenkgebers jedoch nur bis zum Betrage der ihnen vom Schenkgeber zukommenden Erbschaft, und der Schenknehmer, soweit er nicht Erbe ist, nur bis zum Betrage der zur Zeit des Todes des Schenkgebers ihm verbliebenen Bereicherung.

V. Alle Zuwendungen, welche einem Erbnehmer oder dessen Ascendenten vom Erblasser bei Lebzeiten gemacht sind und auf den dem Erbnehmer zu-

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Hamburg, ab ge an d. Verordn. wegen Abgabe v. Erbschaften u. Vermächtnissen etc. 373

fallenden Erbteil angerechnet werden oder gesetzlich kollationspflichtig sind, gelten als Anfall aus Erbschaft im Sinne dieser Verordnung und unterliegen den darin festgestellten Abgaben, auch wenn die Kollation erlassen worden ist. Doch wird diese Abgabe nur soweit erhoben, als sie aus der dem Erbnehmer zukommenden Erbschaft entrichtet werden kann oder die Bereicherung aus der früheren Zuwendung dem Erbnehmer noch zur Zeit des Erbanfalls verblieben ist.

Va) Wenn der Gegenstand der nach IV u. V steuerpflichtigen Schenkung oder Zuwendung ein Grundstück ist, für welches der Steuerpflichtige oder sein Recht s Vorgänger eine gemäss § 4 Abs. 1 des Gesetzes, betreffend die Immobilien- abgabe, vom 1. März 1882 ermässigte Immobilienabgabe bezahlt hat oder schuldet, so wird diese Immobilienabgabe auf die Erbschaftssteuer derart in Anrechnung gebracht, dass sich die für das Grundstück zu zahlende .Erbschafts- steuer um den Betrag der Immobilienabgabe vermindert.

VI. Vermögen, dessen Anfall an einen steuerpflichtigen Erbnehraer von dem Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhängt, unterliegt der Be- steuerung erst bei dem Anfall; doch kann das Erbschaftsamt Sicherstellung der alsdann zu entrichtenden Steuer aus dem Nachlasse fordern. Unter einer auflösenden Bedingung angefallenes Vermögen ist wie unbedingt angefallenes zu versteuern, doch wird die gezahlte Steuer bei dem Eintritt der Bedingung unter Abzug des dem Wert der gehabten Nutzung entsprechenden Steuer- betrages erstattet.

VII. Testamentsvollstrecker und Nachlassverwalter, sowie gesetzliche Vertreter der Steuerpflichtigen und hiesige Bevollmächtigte auswärtiger Erb- interessenten dürfen Erbschaft, Vermächtnisse oder Schenkungen nur nach Be- richtigung oder Sicherstellung der darauf haftenden Erbschaftssteuer den Be- rechtigten auskehren und haften andernfalls für die Steuer persönlich.

VIII. Jeder, dem ein nach Inhalt dieser Verordnung steuerpflichtiger Anfall aus Erbschaft oder Vermächtnis zukommt, der nicht aus veröffentlichter letztwilliger Verfügung dem Erbschaftsamt bekannt ist, oder der als Schenk- geber, Schenknehmer oder deren Rechtsnachfolger oder als kollationspflichtiger Erbe für Abgabe haftet, ist verpflichtet, binnen 2 Monaten nach Kenntnisnahme von dem Anfall oder nach der Schenkung, bezw. nachdem durch den Tod des Schenkgebers bezw. Zuwendenden die Abgabepflichtigkeit festgestellt ist, dem Erbschaftsamt schriftlich Anzeige zu machen. Ist der Verpflichtete von Europa abwesend, so gilt die Frist auf 6 Monate verlängert. Ist die Anzeige von einem der Mitverpflichteten erstattet, so sind die übrigen von der Anzeige- pflicht befreit. Es wird vermutet, dass der Anzeigepflichtige spätestens binnen Monatsfrist nach der die Anzeigepflicht begründenden Thatsache diese erfahren hat, vorbehaltlich des Beweises späterer Kenntnisnahme des Anzeigepflichtigen.

IX. Die Verpflichtung zur Abgabe und Unterzeichnung der in den §§ 22 u. 23 des Gesetzes vom 21. Dezember 1868 *), betreffend die Behandlung von

i) Die angezogenen Paragraphen lauten: § 22. Die Entrichtung der Erbschaftsabgabe findet auf Grund einer von den Ver-

pflichteten über die Höhe des ihnen Zufallenden auf geleisteten Bürgereid oder an Eidesstatt schriftlich abzugebenden Erklärung statt.

Handelt es sich bei dieser Erklärung um einen ganzen Nachlass, so sind die Haupt- bestandteile desselben in dieser Erklärung gesondert aufzuführen.

Immobilien sind, sofern der Wert derselben nicht durch den Verkauf sich ergibt, be- hufs der Ermittelung des Steuerbetrags durch zwei Sachverständige abzuschätzen, von denen Einer von dem Erbschaftsamte beauftragt wird. Falls die Erben sich durch die Schätzung beschwert erachten, können sie die Entscheidung von zwei anderen Sachverständigen ver- langen, von denen ebenfalls Einer von dem Erbschaftsamte gewählt wird und bei deren Aus- spruch es sein Bewenden hat.

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374 Hamburg, abgeänd. Verordn. wegen Abgabe v. Erbschaften u. Vermächtnissen etc.

Verlassenschaften, vorgeschriebenen Erklärung und Verpflichtung bei dem Erb- schaftsamt trifft auch jeden aus Schenkung oder kollationspflichtiger Zuwendung Steuerpflichtigen.

X. Wer die Anzeige nicht rechtzeitig erstattet oder die in den §§ 22 u. 23 des Gesetzes vom 21. Dezember 1868 vorgeschriebenen Erklärungen auf wieder- holte Aufforderung binnen der zu bestimmenden Frist nicht gibt, unterliegt der Bestrafung, und zwar einer vom Erbschaftsamt auf Grund Art. 5 des Ge- setzes, betreffend das Verhältnis der Verwaltung zur Rechtspflege, vom 23. April 1879 und § 2 des Gesetzes, betreffend die Behandlung von Verlassenschaften, vom 21. Dezember 1868 festzusetzenden Geldstrafe, welche das Fünffache der in dem betreffenden Fall zu entrichtenden Abgabe erreichen darf, jedoch nie- mals weniger als 10 M. beträgt. Ist der Betrag der zu entrichtenden Abgabe infolge der unterlassenen Anzeige oder Erklärung nicht zu ermitteln, so kann die Geldstrafe bis zu 2000 M. betragen. Ist nach den Umständen anzunehmen, dass die Erklärung nicht in der Absicht unterlassen ist, die Steuer zu hinter- ziehen, so verfügt das Erbschaftsamt eine Ordnungsstrafe bis zu höchstens 100 M.

Alle nach dieser Verordnung entfallenden Abgaben verjähren, soweit nicht eine kürzere Verjährungsfrist gesetzlich vorgeschrieben ist, innerhalb 10 Jahre nach Fälligkeit derselben.

XL Die in § 25 des Gesetzes, betreffend die Stempelabgabe, vom 5. März 1876 festgestellte Verpflichtung aller Gerichte und Behörden, die zu ihrer Kenntnis gelangenden Zuwiderhandlungsfälle zur Anzeige zu bringen, wird auf Zuwiderhandlungen gegen diese Verordnung erstreckt. Die Anzeige ist dem Erbschaftsamt zu erstatten, welchem die Handhabung dieser Verord- nung übertragen wird.

XII. Die Abgabe von Erbschaften, Vermächtnissen und was nach dieser Verordnung dem gleichsteht, wird vom 1. Januar 1894 ab nach den Bestimmungen dieser Verordnung erhoben. Doch unterliegen Schenkungen, welche vor dem 1. Januar 1894 vollzogen sind, der unter IV c vorgeschriebenen Besteuerung nicht. Die Anzeigefristen dieser Verordnung laufen vom Tage ihrer Veröffent- lichung ab. Ebenso beginnt die sub VII bestimmte Verpflichtung der Testaments- vollstrecker, Nachlassverwalter, Vertreter und Bevollmächtigten erst mit dem Tage der Veröffentlichung dieser Verordnung.

XII a. Reklamationen gegen die Steueransätze sind innerhalb 4 Wochen, vom Tag der Zustellung des Steuerbescheides an gerechnet, zulässig. Die Reklamation ist auf Verlangen schriftlich einzureichen und zu begründen. Ueber die Reklamation entscheidet das Erbschaftsamt. Ist gegen dessen Ent- scheidung innerhalb 14 Tagen nach ihrer Zustellung eine Beschwerde an den Senat gerichtet, so erlischt das Klagerecht gemäss § 26 des Gesetzes, betreffend das Verhältnis der Verwaltung zur Rechtspflege, vom 23. April 1879 erst mit dem Ablauf von 8 Wochen nach Zustellung des ablehnenden Bescheides des Senats.

XIII. Dieses Gesetz soll vor Ablauf von 3 Jahren einer Revision unter- zogen werden.

Staatspapiere und Aktien sind, sofern der Wert nicht durch Verkauf sich ergibt, nach dem Kurs des Todestages des Erblassers zu berechnen und sind bei allen zinstragenden Kapitalien die bis zu diesem Tage gewonnenen Zinsen hinzuzurechnen.

§ 23. Wenn der Betrag der zu entrichtenden Erbschaftsabgabe nicht alsbald nach dem Tode des Erblassers festgestellt werden kann, so haben die Erben oder Testamentsvollstrecker eine Verpflichtung zur Entrichtung derselben in angemessener Frist zu unterzeichnen.

Eine Versiegelung oder Inventur ist der Erbschaftsabgabe halber nicht vorzunehmen.

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Hamburg, abgeänd. Verordn. wegen Abgabe v. Erbschaften u. Vermächtnissen etc. 375

Begründung zu dem Entwurf vom 4. Dezember 1893. Rätlichkeit der Erweiterung der Erbschaftssteuer.

Die Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft vom 18. Dezember 1863 (Nr. 102, 1868) beantragte die Einführung einer Einkommen- und Vermögens- steuer an Stelle der bisherigen Brand-, Entfestigungs- und Bürgermilitärsteuer. Die Vermögenssteuer sollte jährlich von dem Vermögen aller hiesigen Staats- angehörigen sowie von ungeteilten Erbschaftsmassen entrichtet werden. Der Senatsantrag begründete die Notwendigkeit der abgesonderten Besteuerung des Vermögens neben einer nach dem wirklichen Einkommen veranlagten Steuer durch die Unbilligkeit, welche ohne sie darin liegen würde, jedes Einkommen ohne Rücksicht auf seine Quelle gleichmässig zu besteuern. Die Bürgerschaft hat nach ihrer Mitteilung vom 3. Mai 1865 der Vermögenssteuer die Mit- genehmigung versagt. In seiner Erwiderung (Nr. 88) vom 9. Oktober 1865 hat der Senat der Erhebung der Einkommensteuer ohne die von ihm beantragte Vermögenssteuer zugestimmt, jedoch dem Ausdruck des Bedauerns über die Versagung der Genehmigung der Vermögenssteuer, welche den Anforderungen der Gerechtigkeit entspreche und für die Hamburgischen Verhältnisse sich be- währt habe, die Erklärung hinzugefügt, dass er sich vorbehalte, auf die von ihm für richtig gehaltene Steuermodalität zurückzukommen, sofern die Lage der Finanzen es erfordern sollte.

Seitdem ist jedesmal, wenn eine Vermehrung der Staatseinnahmen not- wendig erschien, auch die Frage der Einführung einer Vermögenssteuer in Er- wägung gezogen; man ist aber bisher nicht auf dieselbe zurückgekommen, weil sich die Bedenken nicht verkennen Hessen, welche der Einführung dieser Steuer entgegenstehen und weil es sich als thunlich herausstellte dem zur Zeit vorliegenden Bedürfnis durch eine massige Erhöhung der Einkommensteuer zu genügen.

Jetzt aber, wo die Finanzlage sich so gestaltet hat, dass durch eine weitere Erhöhung der Einkommensteuer allein das Defizit im Staatshaushalt nicht wohl beseitigt werden kann, und die Erschliessung neuer Steuerquellen ins Auge gefasst werden muss, zugleich aber die notwendige Rücksicht auf die Eigenart der Hamburgischen kaufmännischen Erwerbs- und Kreditverhältnisse und die deswegen in weiten Kreisen verbreiteten Bedenken zu der Anerkennung führt, dass die Wiederaufnahme der an sich theoretisch als Ergänzung einer Einkommensteuer nach Art der unserigen gerechten jährlichen Vermögenssteuer sich nicht empfiehlt, wird diese Ergänzungssteuer insoweit eingeführt werden müssen, als die gedachte Rücksicht auf die kaufmännischen Erwerbs Verhältnisse ihr nicht entgegensteht.

Dies geschieht, indem sie von dem Vermögen erhoben wird, das sich als Gesamtresultat des Lebenserwerbs des Einzelnen, Ererbten und Ersparten, zu einem Zeitpunkt ergibt, in welchem der Uebergang des Vermögens auf neue Eigner der Belastung um so mehr die Unbilligkeit nimmt, als in unserem Ge- meinwesen die Fälle die Ausnahme bilden, in denen illiquide Nachlassmassen durch die liquide erforderliche Abgabe besonders beschwert würden, richtige Bemessung der Ziffer der steuerfrei zu belassenden Erbanfälle vorausgesetzt. Der genaue Betrag der gehofften Erbschaft pflegt zudem den Erben unbekannt zu sein.

Die allgemeine Heranziehung der Nachlassmassen zur Vermögenssteuer durch Einbeziehung des Regelfalls in die Steuerpflicht, in dem sich das Ver- mögen in der nächsten Familie in gerader Linie auf Deseen denten vererbt, stellt sich auch insofern als die zweckmässige Ergänzung der Einkommensteuer dar, als die jährliche Einkommensteuer auch den Gewinn ergreift, den der Be- steuerte vielleicht in den nächsten Erwerbsjahren verlieren wird, während die Erbschaftssteuer zu Gunsten des Besteuerten nur den endgültigen Ertrag des einzelnen Lebens heranzieht. So belastet die Einkommensteuer in dieser Er-

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37g Hamburg, abgeänd. Verordn. wegen Abgabe v. Erbschaften u. Vermächtnissen etc.

gänzung den Erwerb weniger, als wenn sie in der nach der Finanzlage sonst unvermeidbaren Form, erhöhten jährlichen Zuschlags erhoben wird.

Ist jede Steuer dem Steuerpflichtigen unbequem und beruht jede Steuer auf positiver Anordnung der gesetzgebenden Faktoren des staatlichen Gemein- wesens, das zur Erfüllung seiner vernehmsten Pflichten der Steuern nicht ent- raten kann, so ist mit theoretischen Gründen die Frage der Berechtigung der allgemeinen Besteuerung der Erbschaftsmassen nicht zu lösen. Wenn vielmehr die beste Steuer diejenige sein wird, die gerechte Last mit mindestem Druck auflegt, so geniesst die Erbschaftssteuer diesen Vorzug in besonderem Masse, falls angemessene Fassung der Befreiungsvorschriften gegen Härten Vorsorge trifft. Die Heranziehung aller Vererbungsfalle zur Steuer bietet den weiteren Vorteil, einige Stetigkeit der Einnahmen aus der sonst im Resultat gar zu ungleichmässigen Erbschaftssteuer zu gewährleisten.

Geschichtliches.

Die Erfordernisse der Zeit haben zu steter Ausdehnung der Erbschafts- steuer geführt. Nach der Verordnung vom 16. Dezember 1807 war sie nur in Erbfallen an Seitenverwandte über den zweiten Grad hinaus zu entrichten, und zwar bis zum vierten Grad einschliesslich, mit 5% des Reinbetrags; über den vierten Grad hinaus oder bei gar nicht vorhandener Verwandtschaft mit 7V20/0- Diese Verordnung enthält schon im wesentlichen den jetzt geltenden Wortlaut und die meisten der jetzt geltenden Befreiungsvorschriften. Sie dehnte die Vorschriften des Art. 9 der Zehnten Ordnung von 1771 aus, der nur Seitenverwandte über den dritten Grad hinaus oder gar nicht Verwandte und zwar mit 5% besteuerte. 1830 ist die Steuer durch Publicandum vom 5. März auf den zweiten Seitenverwandtschaftsgrad ausgedehnt mit 272% für diesen. Die Verordnung vom 29. Dezember 1849 verbleibt bei 772% als höchstem Satz, provisorisch für 1850 und 1851. Die jetzt geltende Fassung dieser Verordnung, vom 29. Dezember 1851, erweitert auf die gerade Linie durch 272% Ascendentensteuer, erhöht den zweiten Seitengrad auf 5°/o und stellt ihn gleich mit dem dritten Seitengrad, der bisher dem vierten gleich war, erhöht den vierten auf 772°/°» und weitere Grade und Nichtverwandte auf 10%. Schon bei Vorberatung jener Verordnung ist die Descend entens teuer erörtert. Die jetzige abermalige Ausdehnung würde hiernach auch der' ge- schichtlichen Entwicklung entsprechen. Während die geltende Verordnung die hauptsächlichen Vererbungsfalle von der Besteuerung freilässt, hat die Mehr- zahl der modernen Kulturstaaten, so England, Frankreich, folgend das neue deutsche Gesetz in Elsass-Lothringen, Italien, Holland, Belgien, Schweizer Kantone, Oesterreich, Russland, Dänemark etc. nicht angestanden, sich den Vorteil der Erbbesteuerung der direkten Linie zu sichern.

Ungewissheit des Ergebnisses der Steuererweiterung. Es ist nicht möglich, den mutmasslichen Ertrag der abgeänderten Erb-

schaftssteuer mit einiger Genauigkeit im Voraus zu berechnen. Die Stempel- abgabe von Testamenten und Erbschaftsabrechnungen bietet einen ausreichenden Anhalt für die Bezifferung der der Erbschaftssteuer künftig unterliegenden Vererbungen nicht. Wahrscheinlichkeitsberechnungen, welche auf sehr ver- schiedener Grundlage und nach sehr verschiedenem Prinzip die Schätzung versucht haben, kommen übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass sie 1 Mill. M. als durchschnittlichen Jahresertrag der den Sätzen der Vorlage entsprechenden Erweiterung der Erbschaftssteuer annehmen lassen. Die in der Vorlage aus- gesprochene etwas verstärkte Heranziehung der Erbanfalle an Seiten verwandte zur Steuer wird einige, wenn auch ziffernmässig nicht grosse Sicherung wider ein Minderergebnis gegen den genannten zur Budgetdeckung erforderlichen Betrag bedeuten.

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Page 9: Hamburgische „abgeänderte Verordnung wegen Abgabe von Erbschaften und Vermächtnissen vom 9. Mai 1894 mit den Aenderungen und Zusätzen des Gesetzes vom 19. Dezember 1898”

Hamburg, abgeänd. Verordn. wegen Abgabe v. Erbschaften u. Vermächtnissen etc. 377

Form des Gesetzes.

Da die neue Steuer schon zur Deckung des Fehlbetrags des 1894er Budgets unabweislich notwendig ist, so hat der Senat davon abgesehen, zur Zeit ein umfassendes, neue Grundsätze vorschlagendes, oder bisher von der be- hördlichen Praxis und der Rechtsprechung der Gerichte verfolgte Grundsätze gesetzlich festlegendes Erbschaftssteuergesetz zur Beschliessung vorzulegen. Der Senat hat vielmehr vorgezogen, die Bestimmungen wegen Heranziehung aller in gerader Linie sich vererbenden Nachlässe in das bestehende Gesetz einzu- ordnen, unter Beibehaltung des Teils, dessen Aenderung oder Ergänzung durch die Ausdehnung nicht gefordert wird und dessen bewährte Bestimmungen der gegenwärtigen Praxis zu Grunde liegen; und unter Verzicht auf solche Hinzu- fügungen, welche zwar an sich erwünscht, aber durch den Gesetzeszweck nicht bedingt sind. Die Einordnung in die altbestehende Verordnung ist auch historisch gerechtfertigt nach dem diesbezüglich oben Erwähnten. Die prin- zipielle Heranziehung aller Vermögensmassen zur Nachlasssteuer kann so durch verhältni8mässig einfache Beschliessung erreicht werden, ohne Meinungsver- schiedenheiten über mit ihr nicht zusammenhängende und durch ihre Ein- führung nicht bedingte Einzelheiten, deren ausgiebige Bearbeitung und Er- örterung den Steuergewinn verzögern würde. Die in Verwaltung und Recht- sprechung geltende Praxis kommt so auch der neuen Steuer zu Gute.

Der Senat ist dieser Erwägung jedoch nicht so weit gefolgt, die einfache Erweiterung der Steuerpflicht als genügend anzusehen und auf jede weitere sachliche und formelle Hinzufügung zu verzichten. Vielmehr mussten die in der abgeänderten Verordnung getroffenen Vorschriften wegen Spezialisierung der für die Steuerentrichtung Verpflichteten, wegen Anzeigepflicht und ähn- liches, als durch den Gesetzeszweck, also die Heranziehung der Descendenten und teilweise auch Ehegatten zur Steuer, bedingt, anerkannt werden. Dagegen ist davon abgesehen, die bestehende Praxis wegen hiesiger und auswärtiger Immobilien, wegen Berechnung des der bestehenden Verordnung entsprechenden Reinertrages der Erbschaft, wegen Ablösung der Abgabe von dauernden Renten- zuwendungen in das Gesetz aufzunehmen. Die demnächstige Bearbeitung und Vorlage eines dementsprechenden, die Materie neu ordnenden Gesetzes bleibt vorbehalten.

Im Einzelnen. Descendenten. Fideikommissartige Belegungen. Die geltende Steuerverordnung hat den Standpunkt verschiedenen An-

rechts der erbenden Blutsverwandten, je nach der Nähe ihrer Verwandtschaft zum Erblasser.

Wenn die Rechtsvorschriften von Alters her auch den nicht in grader Linie Verwandten Erbrecht gewähren, so war schon bisher nicht theoretisch, sondern nur aus den für jede Steuereinrichtung massgeblichen Rücksichten zu begründen, denen aber wohl alle Erbschaftssteuergesetze gefolgt sind, dass entferntere Seitenverwandte grössere Steuer als nähere zahlen.

Für Verwandte zweiten und dritten Seitengrades wird die Verwertung der mutmasslich näheren Beziehung zum Erblasser die Unterscheidung recht- fertigen, also Geschwister, Geschwisterkinder, Elterngeschwister. Für fernere Seitenverwandte ist die Aufgabe der Unterscheidung vorgeschlagen.

Dem so geltenden System fügt sich gleiche Scheidung der nächsten und ferneren Descendenten zweckmässig ein, während die beabsichtigte Gleich- stellung aller Seitenverwandten über den dritten Grad hinaus dafür spricht, nur zwischen Kindern und Enkeln, nicht weiter zwischen Enkeln und Urenkeln zu scheiden.

Die Vorlage erhebt 2% von Erbschaften und Vermächtnissen, welche Kindern von ihren Eltern, 3°/° von Erbschaften und Vermächtnissen, welche anderen Descendenten von ihren Ascendenten zukommen. Dieser Satz erscheint bei Erwägung aller Einzelheiten in richtigem Verhältnis zu den höheren Steuern

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g 7 8 Hamburg, abgeänd. Verordn. wegen Abgabe v. Erbschaften u. Vermächtnissen etc.

der Seitenverwandten und Nichtverwandten und richtiger Beitrag des Ver- mögens zu den staatlichen Zwecken, welche die Sammlung des Erwerbs wie den Uebergang auf die Erben schützen.

Die gleichmässige Bezifferung des steuerfreien Erbanfalls für jeden einzelnen Descendenten auf 5000 M. in der Gesetzesvorlage bietet einen weiteren Grund für die Scheidung zwischen Kindern einesteils und Enkeln und ferneren Descendenten andernteils, und für ihre Heranziehung zu verschiedenem Steuer- satz. Denn die Wahrscheinlichkeit spricht dafür, dass der Kindesteil, wenn er an Enkel fällt, in mehrere Erbteile sich spaltet, so dass Vermögen der Steuer entzogen wird, das ihr unterläge, wenn es sich nicht unmittelbar auf Enkel vererbt hätte. Einen weiteren Grund für diese Scheidung bietet die Häufigkeit der nach hamburgischem Recht zulässigen Belegung von Kapital auf Testaments- namen mit Hinausschiebung des Erbanfalls an bestimmte Berechtigte, der viel- mehr von zukünftigen Umständen abhängt und namentlich bis zur Erledigung angeordneter Zinsgenüsse verschoben ist. Die strenge Haftung des ham- burgischen ehelichen Samtguts für die Verpflichtungen des Mannes macht hierorts Vermögensbelegung zum Zinsgenuss der Töchter, ohne Anrecht der- selben auf das Kapital, mit dereinstigem Anfall des Kapitals an die Enkel, in Gemässheit der Tochter freigestellter testamentarischer Verfügung oder ohne dieselbe, besonders häufig. Der Senat hat davon abgesehen, die besondere Besteuerung so belegten Kapitals vor dem Erbanfall in Vorschlag zu bringen. Wollte man hier Vorsorge treffen, so müsste man jede Nachlassmasse als solche abgabepflichtig machen, statt jetzt wie bisher den einzelnen Erbschaftserwerb zu besteuern. Das ohne sofortige Erbenberufung auf Testamentsnamen zum Zinsgenuss belegte Vermögen pflegt mit seltenen Ausnahmen binnen absehbarer Frist an testamentsgemäss berechtigte Erben zu gelangen. Von Vorschriften nach Art der französischen alljährlichen Repräsentativsteuer für den Wegfall des Uebergangs auf Erben kann daher zur Vereinfachung um so eher abgesehen werden, wenn die Steuer spätere Descendenten etwas höher als Kinder belastet.

Ascendente n.

Ascendenten zahlen nach geltender Verordnung 21¡2°lo. Hier einen Unterschied zwischen Eltern und ferneren Ascendenten zu machen, erscheint unpraktisch bei der geringen Bedeutung der Erbanfalle an Ascendenten und der Seltenheit der Beerbung durch Grosseltern oder gar fernere Ascendenten. Werden die 272 °/° zur Gleichstellung mit den Enkeln auf 3% gesetzt, so hat dies zwar geringe finanzielle Bedeutung, da die gesamte Ascendentensteuer in den letzten 5 Jahren im Durchschnitt nur 18,444.12 M. betrug, belastet aber demgemäss auch sehr wenige Massen und Erben.

Ehegatten. Eine Vorlage, welche die regelmässigen Beerb ungsfälle und deshalb die

Descendenten zur Steuer heranziehen will, kann Ehegatten nicht völlig frei lassen und macht somit die Aufrechthaltung der Befreiung sub 4 A der bis- herigen Verordnung unmöglich, welche eheleibliche Männer und Frauen unter- einander von der Abgabe ausnimmt.

Das geltende hamburgische eheliche Güterrecht und Erbrecht erleichtert es, Ehegatten für das bei Trennung der Ehe durch den Tod eines Ehegatten ihnen zukommende Vermögen nicht oder doch thunlichst selten zu besteuern.

In Hamburg gilt Gütergemeinschaftsrecht besonders weitgehend, theo- retische Meinungsverschiedenheiten beiseite gelassen. Der Ehemann verfügt während bestehender Ehe unbeschränkt über das Samtgut, einerlei welcher der Ehegatten es einbrachte, erwarb, ererbte. Das Recht der kreditbesorgten Handelsstadt hat so wenig geduldet, dass gütergemeinschaftliches Vermögen dem Zugriff der Gläubiger nicht hafte, dass diese Vorschrift zur Zeit noch als

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zwingende Vorschrift unseres Rechts für hier wohnende Ehegatten selbst dann gilt, wenn die Güterverhältnisse im übrigen nicht hamb argischem Recht unter- liegen, dem jetzt anerkannten Satze folgend, dass das Recht des ersten ehe- lichen Domizils die Ehe dauernd beherrsche. Anderseits lässt das Erbrecht bei Trennung der Ehe durch den Tod eines der Ehegatten sofort Einzelanrechte hervortreten, insbesondere das Anrecht der Blutsverwandten des verstorbenen Ehegatten auf eine Samtgutsquote, wenn ein anderer Fall vorliegt als der normale des Intestaterbrechts , dass der überlebende Ehegatte mit Kindern im Samtgut bleibt, mit ähnlichen Befugnissen, wie bisher der Ehemann sie hatte, für Witwe und Witwer mit einzelnen - mehr oder minder streitigen - Be- schränkungen.

Hamburgische Ehegatten erben bei solchem Inhalt des hamburgischen Güterrechts nichts vom Samtgut voneinander, wenn bei Trennung der Ehe durch den Tod eines der Ehegatten die Ehe durch Descendenz beerbt ist, und letztwillige Verfügungen nicht abweichende Ordnung bewirken. Sie erben nicht, sie behalten. Ebenso erben sie bei unbeerbter Ehe und Eintritt der gesetzlichen Erbfolge nicht die eigene gesetzliche Quote am Samtgut, sondern behalten dieselbe.

Gesetzgeberisch möchte hiernach richtig sein, die Steuerpflicht der Ehe- gatten in 'die Verordnung mit einfachster Kürze dahin einzufügen, dass auch sie „für ihnen von ihren Ehegatten zukommende Erbschaften oder Vermächt- nisse" (so der Thatbestand der Verordnung) steuerpflichtig werden.. Ob sie erben, was sie erben, wann sie erben, bliebe so der Praxis überlassen. Das geltende Recht ergäbe dann für die Regelfälle die Folgerungen von selbst, dass der Ehegatte, dessen Ehe hamburgischem Recht unterlag, nicht steuert, wenn er nach hamburgischem Erbrecht mit Descendenz der Ehe in Gütergemeinschaft bleibt; weder der wenig beschränkte Witwer noch die durch das Aufsichtsrecht der Kinder beschränkte Witwe ; dass die Witwe, wenn sie bei Wiederverheiratung oder freiwillig die Gemeinschaft löst und die Kinder abteilt, ihre Abteilungs- quote nicht versteuert, weil sie dieselbe nicht erbt, sondern nur die Kinder die ihre ; dass bei durch Descendenz nicht beerbter Ehe der Ehegatte die eigene gesetzliche Quote am Samtgut nicht erbt und also nicht versteuert, sondern nur dasjenige, was ihm über den eigenen gesetzlichen Anteil am Samtgut hinaus kraft Gesetzes oder letztwilliger Erbfolge aus dem Anteil der Bluts- verwandten des Verstorbenen zukommt. Wenn der Fall Zweifel erregen könnte, in dem die Descendenz der Ehe vor dem überlebenden Ehegatten ausstirbt und dadurch, nach der Gestaltung unseres Rechts, die den beisitzenden Kindern bei Lebzeiten eines der Eltern kein vererbliches Anrecht an die Substanz des Ver- mögens gewährt, das Samtgut sich auf den überlebenden Ehegatten als freies Eigentum vereint, so würde auch dieser Fall nach der Absicht des Gesetzes bei einfacher die Ehegatten besteuernder Vorschrift keinen Erbfall und also keinen Steuerfall, auch nicht Ascendentensteuer, bedeuten.

Bei der hervorragenden Wichtigkeit dieser Folgerungen der Steuerfreiheit der Ehegatten hat der Senat jedoch vorgezogen, sie, insoweit wie in der Vor- lage geschehen, nicht der Praxis zu überlassen, sondern, schon zur Vermeidung von Missdeutungen der Vorschrift, gesetzlich festzulegen. Es ist danach ge- setzlich festgestellt, dass wenn bei dem Tode des erstversterbenden Ehegatten die Ehe durch Descendenz beerbt ist, der überlebende Ehegatte solcher Be- steuerung nicht unterliegt, insoweit er mit der Descendenz in ungeteilten Gütern verbleibt. Danach wird bei fortgesetzter Gütergemeinschaft von dem über- lebenden Ehegatten auch weder Vermögensaufstellung noch Steuersicherheit gefordert werden können. Es sind nicht Geltung hamburgischen Güterrechts für die Ehe und hamburgischen Erbrechts für die Beerbung des erstverstorbenen Ehegatten als Vorbedingung der gesetzlichen Steuerfreiheit gefordert, sondern es ist die Thatsache des Verbleibs in ungeteilten Gütern mit der Descendenz allein als genügend erachtet. Die Untersuchung, ob der überlebende Ehegatte, für dessen Ehe nicht hamburgisches Güterrecht, sondern das Recht des ersten ehelichen Domizils galt, durch die hamburgisch-rechtliche Erbfolge mehr ge-

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g gO Hamburg, abgeänd. Verordn. wegen Abgabe v. Erbschaften u. Vermächtnissen etc.

winnt als ihm als gesetzliches Anrecht am Samtgut zugestanden hätte, würde für die Steuerbehörde undurchführbar sein und für alle Ehegatten, die sich des für sie massgeblichen Eherechts ihres früheren Domizils nicht bewusst wären, zu Härten führen.

Ebenso ist gesetzlich in der Vorlage festgestellt, dass bei kinderloser Ehe der überlebende Ehegatte der Besteuerung nicht für dasjenige unterliegt, was ihm als eigener gesetzlicher Anteil am Samtgut zukommt. Er unterliegt also der Besteuerung auch bei kinderloser Ehe nur so weit, als ihm kraft Ge- setzes oder letztwilliger Verfügung mehr als sein gesetzlicher Anteil zukommt, also Anteil an der kraft unseres Intestaterbrechts etwaigen Blutsverwandten des verstorbenen Ehegatten gebührenden Quote.

Gleichzeitig bringt die Gesetzes vorläge zur Feststellung, dass die Steuer- pflicht der Descendenten der Ehe bei Verbleib in ungeteilten Gütern erst dann eintritt, wann und insoweit ihnen Vermögen durch Tod oder Abteilung des überlebenden Ehegatten wirklich zukommt. Freiwillige Auskehrungen des überlebenden Ehegatten an die Kinder, welche sich nicht als Abteilung dar- stellen, sollen an sich noch nicht das steuerpflichtige Zukommen von Erbschaft bedeuten, sondern begründen die Steuerpflicht nur, insoweit sie nach den später für Schenkungen oder kollationspflichtige Zuwendungen getroffenen Bestim- mungen sich steuerpflichtig erweisen. Anderseits ist durch diese gesetzliche Feststellung zu sicherem Ausdruck gebracht, dass das den Kindern bei dem Tode des erstversterbenden Ehegatten zustehende formale Erbrecht an dem in der Verwaltung des überlebenden Ehegatten verbleibenden Vermögen noch kein steuerpflichtiges Zukommen von Erbschaft im Sinne dieser Verordnung bedeutet; dass also die Descendenz, welcher nach Inkrafttreten des Gesetzes durch Tod oder Abteilung der Mutter das elterliche Vermögen zukommt, sich nicht zur Begründung einer Steuerfreiheit auf das Erbrecht berufen kann, das ihr bei dem früheren Tode des Vaters vor Inkrafttreten des Gesetzes er- wachsen ist.

Ausnahmefälle, ausserhalb dieser hamburgischen Regelfälle, sind für ge- setzliche Festlegungen ungeeignet. Sie unterliegen lediglich den Folgerungen der allgemeinen Bestimmung, welche auch Ehegatten für Erbschaften besteuert, welche ihnen von ihren Ehegatten zukommen, und bei durch Descendenz beerbter Ehe Ehegatten steuerfrei erklärt, insoweit sie mit der Descendenz in ungeteilten Gütern verbleiben.

Die Festlegung, dass Ehegatten steuerfrei sind, für alles, was sie als gesetzlichen Anteil am Samtgut behalten, gestattet die Bemessung der Steuer auf die den bisher besprochenen Sätzen entsprechenden 3°/°-

Seitenverwandte.

In weiterer Ausführung des früher Gesagten würden Verwandte 2. und 3. Seitengrades ti°/° zahlen, also mit Beibehaltung der Gleichstellung der Ge- schwisterkinder und Elterngeschwister mit Geschwistern. Dagegen ist kein Grund, den 4. Verwandtschaftsgrad, Vettern etc., günstiger als weitere Ver- wandtschaftsgrade zu stellen. Nichtverwandte, wenn zu Erben berufen, stehen sogar oft näher als ferne Verwandte. Der Senat hat davon absehen zu sollen geglaubt, dem Vorgehen der Schweizer Kantone, Belgiens (13°/o)> Italiens (12°/o) gemäss, für Nichtverwandte den Satz von 10°/° zu erhöhen, bei dem oder unter dem die Mehrzahl der Gesetzgebungen Halt macht. Auch die Behandlung der Seitenverwandten als Nichtverwandte für dasjenige, was sie kraft letztwilliger Verfügung über ihren gesetzlichen Erbteil hinaus erhalten, würde dem Prinzip der bestehenden Verordnung widersprechen und finanziell nur von unerheblicher Bedeutung sein.

Der Wegfall des Satzes von 772°/o für Seiten verwandte 4. Grades be- deutet übrigens nach dem Durchschnitt der letzten 5 Jahre nur das geringe Mehr von etwa 30,000 M. jährlich, so dass die Erhöhung des Satzes der Seiten- verwandten 2. und 3. Grades von 5 auf 6°/°> die nach gleichem Durchschnitt

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Hamburg, abgeänd. Verordn. wegen Abgabe v. Erbschaften u. Vermächtnissen etc. 381

annähernd 100,000 M. hoffen lässt, die einzige Sicherung von finanzieller Be- deutung wider ein Mindererträgnis der Steuer gegen den Anschlag bedeutet.

Steuerfreiheit der piae causa e.

Die Steuerfreiheit der im Gesetz sogenannten piae causae ist in Hamburg althergebracht. Sie ist aufrecht zu halten, weil die Bevölkerung sich ihrer gewöhnt hat und weil sie meist Zwecke bedeuten, die staatliche Fürsorge entlasten. Dagegen rechtfertigt sich die Aenderung ohne weiteres, dass nur hamburgische sogenannte piae causae steuerbefreit sind. Die bisherige Fassung gestattete die Scheidung nicht.

Testamentsvollstrecker.

Der geltende Wortlaut befreit Testamentsvollstrecker von der Steuer wegen des Honorars, welches ihnen für ihre Bemühungen vermacht wird, falls und soweit solches nicht über 3000 M. Beo. beträgt, und erklärt durch diese Befreiung zugleich das vermachte Honorar über 4500 M. als der Erbschafts: Steuer unterworfen. Dies hat zu der Widersinnigkeit geführt, dass Vollstrecker von der Erbschaftssteuer frei bleiben und nur der Einkommensteuer unterliegen, über deren den befreiten Betrag vielleicht weit übersteigendes Honorar im Testamente nichts gesagt ist. Der Versuch zur Abhilfe, der in der Ernennung zum Testamentsvollstrecker und der dadurch bedingten Honorarzuwendung an sich ein Vermächtnis sehen wollte, hat sich unhaltbar erwiesen. Wenn zu zweifeln ist, ob das Honorar der Testamentsvollstrecker überhaupt zur Erb- schaftssteuer herangezogen und nicht vielmehr allein der Einkommensteuer zu- gewiesen werden sollte, so empfiehlt sich doch aus praktischem Grunde die Beibehaltung der bisherigen Steuerpflichtigkeit desselben, dann allerdings unter Streichung der Beschränkung auf das vermachte Honorar und damit unter Be- seitigung der bisherigen Anomalie.

Adoption, Legitimation, Einkindschaftung. Uneheliche Geburt.

Für adoptierte, legitimierte, eingekindschaftete und erbberechtigte ausser- eheliche Kinder liegt kein Bedürfnis vor, an der bestehenden Ordnung mehr zu ändern, als sub III, 5 der Abänderungen (2. Spalte) dahin zum Ausdruck kommt, dass an Stelle der bisherigen Steuerfreiheit der legitimierten und ein- gekindschafteten Kinder und ihrer Descendenten die neue Steuerpflicht der Kinder resp. Enkel und ferneren Descendenten tritt. Adoptivkinder bleiben den Verwandten 2. und 3. Grades gleichgestellt ; dann aber zweckmässig ebenso in der Befreiungsvorschrift II B, früher C, in der sie bisher unberücksichtigt sind.

Steuerbefreiungen. Die geltende Verordnung lässt sub 4 C von den mit 27z °/o und 5%

steuerpflichtigen Erbschaften (ausgenommen die auf Adoptivkinder fallenden) diejenigen frei, welche im ganzen unter 3000 M. Beo. betragen. Die Fassung ist nicht gerecht. Ein Erbe ist nach ihr frei, der 4400 M. erbt, zehn Erben, die 4600 M. teilen, steuern. Die Vorschriften der Verordnung, welche positiv die Steuerpflicht regein, besteuern den einzelnen Erbanfall. Es entspricht diesem Prinzip, auch die Steuerbefreiung für den einzelnen Erbanfall zu Gunsten des einzelnen Steuerpflichtigen zu bestimmen. Dies beseitigt die vorerwähnte Unbilligkeit.

Die bisherige Steuerverordnung Hess nur die von ihr niedrigst besteuerten Grade der Seitenverwandten bei einem Nachlassbetrag von insgesamt 4500 M. frei und im übrigen nur Vermächtnisse bis 300 M. Crt. Dies angewandt auf die neue Besteuerung der geraden Linie lässt die hauptsächliche Steuerbefreiung

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auf die in den neuen Vorschlägen niedrigst Besteuerten verlegen, also De- scendenten, Ascendenten und Ehegatten, soweit überhaupt steuerpflichtig. Der Senat hat sich zu Gunsten dieser nächsten Angehörigen der geraden Linie für die Steuerfreiheit jedes einzelnen Anfalles bis 5000 M. entschieden. Es ist nicht zu verkennen, dass recht erhebliche Nachlässe, namentlich wenn sie etwa an Enkel fallen, hierdurch ganz oder teilweise steuerbefreit bleiben können. Ein Nachlass von 25,000 M., den fünf Kinder erben, bleibt steuerbefreit. Erben dieselben fünf Kinder 100,000 M., der Anteil eines vorverstorbenen Kindes aber fallt vier Enkeln zu, so bleibt dieser den Enkeln zufallende Stainniteil steuer- befreit, weil nicht mehr als 5000 M. für jedes Enkelkind betragend. Doch er- scheint zweckentsprechend und richtig, den steuerfreien Anfall nicht niedriger zu bemessen, auch nicht für die einzelnen Erbnehmer der nächsten Familie verschieden zu ordnen. Denn diese Höhe und diese Art der Bemessung ent- spricht der Aufgabe der Steuer, wie sie im Eingang dieser Begründung erörtert ist, und sorgt, dass der einzelne Erbnehmer, soweit er zur nächsten Familie gehört, nur belastet wird, wenn er die Abgabe aus dem Ererbten ohne wesent- lichen Nachteil zu tragen vermag.

Eine Zusatzbestimmung schreibt zur Vermeidung von Unzuträglichkeiten .vor, dass aus einem den befreiten Betrag übersteigenden Erbanfall die Steuer nur soweit zu zahlen ist, als sie dem Ueberschuss über die Befreiungsziffer ent- nommen werden kann.

Beweglicher Hausrat.

Die Höhe dieser Ziffer gestattet, von besonderer Vorschrift für Steuer- freiheit von Mobiliar, Hausrat, Kleidern und Wäsche abzusehen. Auch würde die Schätzung dieser Werte bei solchen Nachlässen, welche sich auf Grund letztwilliger Verfügung vererben, dadurch nicht erspart, weil sie nach dem Stempelgesetz für den Testamentsstempel erforderlich ist. Solche Schätzung ist bisher hierorts von der Behörde schlank gehandhabt und hat zu Schwierig- keiten nicht geführt. Das Gesetz wegen Behandlung von Verlassenschaften gestattet, die einfache Werterklärung der Verpflichteten der Wertbemessung zu Grunde zu legen und verbietet, in Rücksicht auf Erbschaftsabgabe eine Inventur vorzunehmen. Es wäre auch schwer, im Einzelfall zu sondern, was als Möbel, Hausrat, Kleidung und Wäsche ausscheiden würde im Gegensatz etwa zu wertvollem Geschmeide und Kunstgegenständen.

Die Feststellung des steuerfreien Anfalls für seitenverwandte und nicht- verwandte Erbnehmer und Vermächtnisnehmer auf 500 M., wesentlich an- schliessend an die bisherige Uebung für die höher besteuerten Klassen, wird besonderer Rechtfertigung nicht bedürfen.

Schenkungen. Die Erbschaftssteuer kann die Ergänzung der Schenkungssteuer nicht

entbehren. Fast alle deutschen Erbschaftssteuergesetze haben sie aufgenommen. Die Begründung des grossherzogl. hessischen Gesetzes vom 30. August 1884 lässt sich besonders lehrreich aus über die Missstände, welche das Fehlen der Schenkungssteuer im Erbsteuergesetz begleitet und ihre Einführung als not- wendig ergeben haben. (Krug, Erläuterungen etc. zu diesem Gesetz S. 23.)

Schenkungen unterliegen hierorts zur Zeit einer Stempelabgabe von 1 °/oo und nur, wenn sie schriftlich beurkundet werden.

Schenkungen auf den Todesfall werden für die Steuer uneingeschränkt dem .Erbanfall gleichzustellen sein. Dagegen erscheint die Einführung einer allgemeinen Steuer für alle Schenkungen bei Lebzeiten, wie andere Gesetze sie kennen, durch die Einführung der Erbschaftssteuer nicht bedingt. Auch würde ihre Einführung dem Zweck der Sicherung des Vermögens für die Steuer nur genügen, wenn sie alle Schenkungen bei Lebzeiten, mündlich wie urkundlich vollzogene, belastete. Solche Gleichstellung aller Schenkungen mit

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Hamburg, abgeänd. Verordn. wegen Abgabe v. Erbschaften u. Vermächtnissen etc. ggg

Erbzuwendungen, schon an sich steuertechnisch nicht praktisch, ist nicht wohl möglich für eine Vorlage, welche Descendenten mit Erbsteuer belegt.

Der Senat hat sich dahin entschieden, Schenkungen unter Lebenden im geringstmöglichen Umfang und nur solche Schenkungen zur Steuer heranzu- ziehen, welche getroffen werden müssen, um die Erhebung der Erbschaftsabgabe zu sichern; diese Schenkungen aber ohne Unterschied, ob förmlich oder formlos, urkundlich oder mündlich, remuneratorisch oder in die Form eines Kaufver- trages oder einer anderen Abmachung verschleiert.

Diejenigen Schenkungen sind zu diesem Zweck als erbschaftssteuerpflich- tigen Zuwendungen gleichstehend behandelt, deren Ausführung bis zum Tode des Schenkgebers verschoben ist, und solche, bei denen das Vermögen zwar dem Schenknehm er übereignet wird, der Schenkgeber aber vom Ertrage für Lebenszeit sich vorbehält. Ebenso solche Schenkungen, welche den Umständen nach erkennen lassen, dass nicht die Schenkung und die Bereicherung des Schenknehmers ihr Selbstzweck ist, sondern dass die Form der Schenkung zu dem Zweck der Steuervermeidung gewählt ist. Diese Absicht des Schenkgebers wird jedoch in den meisten Fällen schwer erkennbar und schwerer nachweisbar sein. Die Vorlage stellt deshalb solche Zuwendungen, die bei Lebzeiten, aber in dem letzten Jahre vor dem Tode erfolgen, denjenigen Zuwendungen gleich, welche durch den Tod selbst geschehen, ohne Unterschied, wohin bei der Schenkung im letzten Lebensjahre die Absicht des Schenkgebers sich richtete, ob sie steuergesetzwidrig war oder des Steuergesetzes nicht gedachte. Diese Vorschrift ermöglicht davon abzusehen, zur Sicherung der Erbschaftssteuer den Schenkungen bei Lebzeiten die gleiche Abgabe allgemein oder doch in weit höherem Masse als jetzt geschehen aufzuerlegen. Da für diese Schenkungen erst der Tod binnen Jahresfrist die Steuerpflicht begründet, so bietet diese Vorschrift den weiteren Vorteil, die Besteuerung derselben auf die Zeit nach dem Tode zu verlegen und die Abgabe gleichzeitig mit der Abgabe von der Erbschaft zu erheben, wenn der Schenknehm er zugleich Erbe ist, resp. mit der Abgabe von letztwilligen Vermächtniszuwendungen, wenn der Beschenkte nicht Erbe ist und also einem Vermächtnisnehmer gleichsteht.

Die weitgehenden Befreiungsbestimmungen, welche die Vorlage hinzufügt, sorgen dafür, diese Vorschrift möglichst auf den Dienst des Zweckes, dem sie bestimmt ist, zu beschränken. Geschenke jeder Art, welche bei einer Gelegen- heit gemacht sind, bei der sie als gebräuchlich bezeichnet werden können, sind abgabefrei; und als solche gelten auch Erlass von Forderungen an Schuldner, welchen die Zahlung schwierig sein würde, Gaben zu Familien- zwecken oder an milde Stiftungen, den Vermögens Verhältnissen entsprechende Gelegenheitszuwendungen an Angehörige und Verwandte.

Der Zusatz, dass der Rechtsnachfolger des Schenkgebers für die Abgabe nur so weit hafte, als ihm Erbschaft zukommt, und der Schenknehmer nur, so- weit ihm die Bereicherung aus der Schenkung verblieben ist, dient fernerer Vermeidung von Härten.

Kollationspflichtige Zuwendungen. Diese weite Befreiung von Schenkungen wird dadurch noch einwands-

freier, dass die Vorlage diejenigen Zuwendungen ausdrücklich als Erbschaft erklärt und der Abgabe unterwirft, welche einem Erbnehmer vom Erblasser bei Lebzeiten gemacht sind und dem Erbnehmer auf seinen Erbteil angerechnet werden, oder welche, wenn solche Anrechnung erlassen ist oder aus sonstigem Grunde nicht stattfindet, gesetzlich kollationspflichtig sind. Das hamburgische Recht bestimmt im wesentlichen die Anrechnung auf den Erbteil nur für solche Zuwendungen, ohne deren Anrechnung eine unbillige und präsumtiv vom Erb- lasser nicht beabsichtigte Ungleichheit unter den Miterben eintreten würde. Die Abgabe ist auch hier vom Erben nur so weit zu entrichten, als er sie der Erbschaft entnehmen kann oder als die Bereicherung aus der früheren Zu- wendung sich noch in seinem Vermögen befindet.

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gg4 Hamburg, abgeänd. Verordn. wegen Abgabe v. Erbschaften u. Vermächtnissen etc.

Formelles.

Die Erweiterung der Steuerpflicht auf die regelmässigen Vererbungsfälle macht einige Ergänzungen der Verordnung nötig, um die Steuerhebung durch- führen zu können. Die Beteiligten sind zur Anzeige des steuerpflichtigen An- falls zu verpflichten und die Versäumung ist unter Strafe zu stellen. Die Anzeige soll binnen 2 Monaten nach dem Erbanfall oder nach der Schenkung bezw. nachdem durch den Tod des Schenkgebers deren Abgabepflicht eintritt, erstattet werden. Die den Verpflichteten im Verlassenschaftsgesetz vorgeschriebene Deklaration, welche ohne weitere Nachforschung der Steuer zu Grunde gelegt werden darf, ist auf die Steuerpflicht aus kollationspflichtigen Zuwendungen und steuerpflichtigen Schenkungen zu erstrecken. Die Straf bemessung ist ver- schieden, je nachdem einfache Versäumung oder Absicht der Steuerhinterziehung anzunehmen ist. Die Ausdehnung der Verpflichtung der Gerichte und Be- hörden, zur Anzeige auf Zuwiderhandlungen gegen dieses Gesetz wird zweck- mässig befunden werden.

Geltungsbeginn. Die Veranlassung des Gesetzes macht die Bestimmung notwendig, dass

die Abgabe von Erbschaften, Vermächtnissen und was nach der Verordnung dem gleichsteht, vom 1. Januar 1894 ab nach den Bestimmungen des ab- geänderten Gesetzes erhoben wird, unter Berechnung der darin festgestellten Anzeigefristen vom Tage der Veröffentlichung ab.

Revisionsbestimmung. Die schliessliche Vorschrift, nach welcher die Verordnung binnen 3 Jahren

einer Revision unterzogen werden soll, will der Absicht der gesetzlichen Neu- ordnung der gesamten Materie und der Wahrscheinlichkeit Rechnung tragen, dass Erfahrungen Verbesserungen zeitigen werden.

Ausschussbericht vom März 1894, betr. Erbschaftsabgabe. Zu Deckung unserer finanziellen Bedürfnisse schlägt der Senat neben den

sonstigen Steuervorlagen auch eine Erweiter ung der Erbschaftssteuer vor und schätzt die dadurch zu erwartenden Mehreinnahmen auf eine Million. Die Erweiterung geht im wesentlichen dahin, auch Kinder und Ehegatten zur Abgabe heranzuziehen. Dies geschieht, wie die sehr eingehend motivierte Senats- vorlage des näheren begründet, indem bezügliche Bestimmungen in die be- stehende Verordnung eingefügt und nur solche Abänderungen und Zusätze vor- geschlagen werden, welche sich direkt durch die Erweiterung vernotwendigen. Trotzdem ergaben sich bei der Schwierigkeit der Materie so vielfache Bedenken und Wünsche, dass der Ausschuss - wie bereits oben erwähnt - zunächst aus seiner Mitte eine Subkommission von sechs Mitgliedern zur Vorbereitung niedersetzte. Nachdem dann diese Kommission in 7 Sitzungen und unter der sehr gefälligen Mitarbeit des Herrn Senator Dr. Predoni, als Senatskommissar die Vorlage durchberaten und darüber schriftlich Bericht erstattet hatte, trat der Ausschuss an der Hand der gemachten Vorschläge in die Beratung ein. Auch bei dieser war der genannte Herr Senatskommissar ständig anwesend, so dass die gefassten Beschlüsse, insbesondere auch in redaktioneller Hinsicht, unter seiner Beihilfe gefasst worden sind.

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Hamburg, abgeänd. Verordn. wegen Abgabe v Erbschaften u. Vermächtnissen etc. 335

Zunächst wurde die Frage aufgeworfen und lebhaft erörtert, ob sich eine Ausdehnung der Erbschaftssteuer auf Kinder überhaupt rechtfertige. Die Oppo- sition stützte sich namentlich auf die Thatsache, dass im übrigen Deutschland, von Elsass-Lothringen abgesehen, eine solche Steuer nicht besteht. Preussen habe erst neuerdings einen, entsprechenden Antrag abgelehnt und auch im El- sass, wo das Gesetz seit alters bestehe, habe sich neuerlich eine lebhafte Oppo- sition geltend gemacht. Daraus wurde die Unzulässigkeit einer solchen Abgabe gefolgert. Das Familienverhältnis, welches der Staat vor allem zu schützen und zu hegen habe, werde leiden, wenn beim Ableben der Eltern das Kind deren Nachlass versteuern müsse, gleich als handle es sich um etwas ihm Fremdes. Und das Eindringen des Staates und der OefFentlichkeit in die intimen Familien- verhältnisse, wenn es sich z. B. um Feststellung des Charakters einer einzelnen Schenkung handle, erscheine unleidlich. Der Ausschuss konnte aber diese Be- denken nicht für entscheidend anerkennen. Vor allem darf nicht übersehen werden, dass die Vorlage eine Besteuerung der Kinder nur für den Fall ein- führen will, dass das eheliche Samtgut zur Teilung gelangt. Solange der Vater oder die Mutter lebt und nach hamburgischem Brauch mit den Kindern in ungeteiltem Gute sitzen bleibt, ist von Besteuerung keine Rede. Erst beim Tode des Längstlebenden der Eltern, oder bei einer Abteilung der Kinder soll die Steuerpflicht eintreten. In dem einen wie in dem anderen Falle hört aber der Regel nach die häusliche, ebenso wie die vermögensrechtliche Gemeinschaft auf und nur bei der dann notwendigen Auseinandersetzung will der Staat die Abgabe erheben. Demgegenüber wird man schwerlich mit Recht behaupten dürfen, es widerstreite der engen Gemeinschaft zwischen Eltern und Kindern, wenn das Erbe der letzteren besteuert werde, wie es das Erbteil der ersteren schon nach dem bestehenden Rechte (Ascendentensteuer) wird. Und der Aus- schuss vermochte weder eine Lockerung der Familienbande noch einen Verstoss gegen ethische Grundsätze in dem Vorschlage einer massigen Abgabe auch für diese Fälle zu entdecken. Mit Recht hat man den Anspruch auf Erbschafts- steuer als ein Pflichtteilsrecht des Staates charakterisiert. Der Gedanke, ein Teil des Vermögens sei für den Staat und zwar für diesen vorweg ererbt, erarbeitet, erspart, kann gewiss auch von einem höheren ethischen Gesichtspunkte aus nur Billigung finden. Dazu kommt, dass ohne diese Ausdehnung der Steuer auf die Kinder von einem praktischen Ergebnis der Novelle kaum die Rede sein kann und jede Neuregelung dann besser unterbliebe.

Wenn der Ausschuss dann die Einzelheiten der Vorlage näherer Prüfung unterzog, so mussten wiederum einige allgemeinere Gesichtspunkte vorweg er- örtert werden. Zunächst die Frage, ob es richtig sei, die neuen Vorschläge dem alten Gesetz einfach einzuverleiben, dessen Form im übrigen aber bestehen zu lassen. Dass diese Form nicht mehr allen Ansprüchen genügt, muss aner- kannt werden. Der Senat hat (Motive S. 815) um deswillen von einer Neu- bearbeitung der Materie abgesehen, weil die Zeit dafür zu kurz sei, stellt aber eine Revision binnen 3 Jahren in Aussicht (S. 811 sub XIT). Dem konnte der Ausschuss nur beitreten. An der Hand der Erwägung, dass die praktische Aus- führung des Gesetzes zu Unzuträglichkeiten nicht geführt hat, wird man um so eher von einer völligen Umgestaltung des Gesetzes absehen dürfen, als sich schon bei den gegenwärtigen Beratungen gezeigt hat, wie ausserordentlich die Schwierigkeiten sind, eine allseitig befriedigende Form und Fassung zu finden. Dass aber die Vorlage eines neuen Gesetzes nach hinreichend gesammelten Er- fahrungen mit Sicherheit erwartet werden darf, hat der Herr Senatskommissar bestätigt und schien dies dem Ausschusse zu genügen.

In weiterem Verfolg dieses Gedankens hat der Ausschuss geglaubt von einzelnen redaktionellen Aenderungen des alten Gesetzes z. Z. absehen zu sollen. Selbst da, wo es sich um anscheinend einfache Besserungen handelt, oder eine Verdeutschung der Ausdrucksweise erwünscht sein würde. So könnten z. B. die Eingangsworte des Gesetzes („ Zufolge des Art. 9 der Zehnten-Ordnung . . .tf) fehlen; die Bezugnahme des § 1 auf „diejenigen Fremden, welche in Ländern wohnen, hinsichtlich welcher die Erhebung der Abzugssteuer aufgehoben ist",

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erscheint veraltet, da eine solche Steuer überhaupt nicht mehr besteht. Ander- seits wurde der gewiss berechtigte Wunsch laut, in der Ausnahmebestimmung B den lateinischen Ausdruck „piae causae" durch einen deutschen, etwa „ milde Stiftungen", ersetzt zu sehen. Allein es empfiehlt sich doch mehr, all dergleichen Wünsche aufzuschieben, bis das zu erwartende neue Gesetz vorliegt, welches dann aus einem Guss gearbeitet eine gründliche Verbesserung bringen soll, während es sich zur Zeit immer nur um Flick werk handeln könnte.

Im einzelnen hat dann der Ausschuss zunächst wiederum I. die Frage nach der Besteuerung der Kinder* (I sub 1) einer

gründlichen Beratung unterzogen. Abgesehen von den vorerwähnten prinzi- piellen Bedenken wurde hier von einer Seite eine Ermässigung (von 2°/o auf 1 °/°) vorgeschlagen, während von anderer Seite eine Erleichterung für minder- jährige oder erwerbsunfähige Kinder befürwortet ward. Für den ersten Vor- schlag fand sich bei der endgültigen Abstimmung keine Majorität. Die Be- gründung derselben ging dahin, dass keine auswärtige Gesetzgebung einen so hohen Satz aufweise , dass anderseits der Ertrag der Erbschaftssteuer voraus- sichtlich ein viel höherer sein werde, als der Senat annehme und trotz der Herabsetzung auf'l°/o die erwarteten Erträge (1 Million) zu erzielen sein würden. Vor allem wollte man in der Bemessung auf 2% für den Anfang eine schwere Gefahr erblicken. Denn da es sich um etwas ganz Neues handle, würde die Bevölkerung jedenfalls zunächst nur einen geringeren Prozentsatz vertragen, die Erhebung von 2°/o aber als eine schwere Last empfinden. Man solle also wenigstens bis zur Revision des Gesetzes bei 1 °/o stehen bleiben , um so auch die grundsätzlichen Gegner dieser Steuer zu versöhnen. Dagegen wurde er- widert, das letztere werde doch nicht erreicht werden. Wolle man die Steuer aus fiskalischen Interessen, so solle man sie auch so gestalten, dass erhebliche Einnahmen daraus zu erwarten seien. Desgleichen passe die Bezugnahme auf fremde Gesetzgebungen bei dieser Materie wenig; teils wegen der thatsächlichen Verschiedenheiten, teils weil gerade bei der Erbschaftssteuer Hamburg von jeher vorangegangen sei. Bei einer entsprechenden Befreiungsgrenze nach unten könne eine Abgabe von 2°/o auch nicht drückend erscheinen. Und was das erhoffte Resultat betreffe, so seien diese Hoffnungen nicht nur völlig unbelegbar, sondern man könne sich eventuell auch nur freuen, einen grösseren Betrag gerade mit dieser Steuer zu erzielen, wodurch dann andere lästigere Steuern zu vermindern sein würden. Beifall fand dagegen der Gedanke thunlichster Erleichterung der Steuer für die Minderbegüterten. Es wurde zwar mit Nach- druck hervorgehoben, der Satz vun 5000 M., welche jedes einzelne Kind steuer- frei erhalten soll, schliesse schon die richtige Berücksichtigung solcher Verhält- nisse in sich. Wolle man die Befreiungsgrenze noch weiter erhöhen, so könnten bei grosser Kinderzahl ganz erhebliche Nachlässe steuerfrei bleiben. Der Aus- schuss konnte indessen diesen Erwägungen nur das Motiv entnehmen, eine all- gemeine Erhöhung der Befreiungsgrenze - etwa auf 10,000 M. oder 7500 M. - abzulehnen. Dagegen schlägt er vor, für Minder jährige und nachweis- bar Erwerbsunfähige einen Betrag- von M. 10,000 für steuerfrei zu er- klären. Letzeres, obwohl der Herr Senatskommissar betonte, „ Erwerbsunfähig- keit " sei kein steuertechnisch brauchbarer Begriff und die Forderung eines Nachweises hierfür werde nur zu vielfachen Zweifeln und Streitigkeiten führen. Der Mehrheit schienen diese Bedenken nicht schwerwiegend genug, um auf die beregte Erleichterung zu verzichten. Denn es lasse sich nicht verkennen, dass gerade die Besteuerung der Kinder in dem Momente, wo sie ihrer Ernährer beraubt würden, zu Härten führen könne und am ehesten einen Widerspruch gegen das ganze Gesetz wachrufen würde. Könnte auch in einzelnen Fällen die vorgeschlagene Befreiung über das absolut notwendige Mass hinausgehen, z. B. wenn wohlhabende Grosseltern lebten, so werde doch weit häufiger der Erbanfall für die minderjährigen Kinder das einzige Vermögen bedeuten und zunächst nur in Gestalt einer kleinen Rente zur Hebung kommen. Der Aus- schuss schlägt daher einen entsprechenden Zusatz hinter II B (jetzt C) vor mit den Worten:

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Für minderjährige oder nachweisbar erwerbsunfähige Kinder erhöht sich die Befreiungsgrenze auf M. 10,000.

Eine weitere Erleichterung glaubt der Ausschuss dahin empfehlen zu sollen, dass bei der Besteuerung der Kinder der Hausrat im weiteren Sinne ganz ausgeschlossen wird. Zur Zeit besagt das Gesetz im Eingang (S. 802 o.), welcher den Thatbestand in kurzen Worten zusammenfasst, es seien steuerpflichtig alle Erb- und wohlgewonnenen Güter,

sie bestehen in Kapitalien, liegenden Gründen oder in anderen mittels Taxation zu einemWerte zu bestimmenden Gegenständen, als Pretiosen, Bibliotheken, Gemälden u. s. w.

Danach ist von einer Ausnahme für solche Gegenstände, die der gewöhn- liche Sprachgebrauch mit Hausrat bezeichnet, keine Rede. Bezüglich des „durch Taxation zu bestimmenden Wertes" ist die fernere Bestimmung des geltenden Gesetzes sub E (S. 805) von Wichtigkeit, welche der Abgabe wegen eine „Ver- siegelung oder Inventar" für nicht erforderlich erklärt. Letztere Bestimmung findet sich in weiterer Ausführung in dem Verlassenschaftsgesetz vom 21. De- zember 1868, bedarf hier keiner Wiederholung und ist lediglich aus diesem Grunde in der Senatsvorlage gestrichen.

Der Ausschuss war aber der Ansicht, es könne trotzdem eine Besteuerung der fraglichen, zum intimen Gebrauche der Familie gehörenden Gegenstände zu Härten und Unbequemlichkeiten führen, sobald es sich um Kinder im Gegen- satz zu allen fernerstehenden Erben handle. Wenn auch eine Taxation nicht vorgeschrieben sei, so lasse sie sich für Gewissenhafte doch nicht erübrigen. Dabei entstünden dann vielfache Fragen und Zweifel. Auch das Affektions- interesse könne in Frage kommen, z. B. da, wo Familienportraits, einzelne kunst- gewerbliche Gegenstände u. dergl. in Betracht kämen. Wolle man überhaupt Kinder als Erben besteuern, so müsse man sie hier von lästigen Untersuchungen und Kontrollen befreien, zumal regelmässig der eigentliche Hausrat wenig Wert repräsentieren würde. Senatsseitig wurde dagegen betont, die Befreiungsgrenze (5000 eventuell gar 10,000 M. pro Kind) enthalte einen völlig ausreichenden Schutz für kleine Vermögen. Anderseits sei nicht einzusehen, weshalb darüber hinaus ein Teil des Nachlassvermögens steuerfrei sein solle, weil er aus Mobilien u. dergl. bestehe. Es würden auch die Grenzen schwer zu ziehen sein, während gegenwärtig schon in allen Fällen, wo ein Testamentsstempel zu entrichten sei, in einer für die Beteiligten bequemen Weise geschätzt werde und hierüber nie Klagen laut geworden seien. Wolle man aber durchaus weitergehen, so könne der ganz unbestimmte Ausdruck „Hausrat" gewiss nicht genügen und empföhle sich alsdann eine genauere Definition und Spezialisierung. Diesem letzteren Ge- danken folgend, einigte sich der Ausschuss dahin, folgende Befreiungsklausel in Vorschlag zu bringen, welche sich ungezwungen hinter II A als II B wird einschalten lassen:

Die unter 1 erwähnten Erbnehmer und Vermächtnissnehmer, inso- weit der steuerpflichtige Anfall an sie aus Hausrat, Möbeln, Kleidung und Wäsche besteht. Auf Pretiosen, Bibliotheken, Gemälde, Schmuck und Geschmeide, Kunstgegenstände, Wagen und Pferde u. dergl. er- streckt sich diese besondere Befreiung nicht, dieselben sind vielmehr nur insoweit steuerfrei, als sie durch die Bestimmung unter C. befreit werden. Anderseits fallen kunstgewerbliche Gegenstände und soge- nannte Schildereien unter diese besondere Befreiung insoweit , als sie nach allgemeiner Anschauung als Teil des Hausrats gelten.

Am Schlüsse ist alsdann hinzuzufügen: Die nach der Bestimmung unter B steuerbefreiten Werte kommen

auf den hiernach steuerbefreiten Anfall nicht in Anrechnung.

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II. Der Bestimmung sub 2, wonach Enkel bei Erbschaften, die ihnen von den Grosseltern zufallen, 3% Steuer zahlen sollen, kann die Kommission nur beipflichten. Weder der Gedanke, den Steuersatz hier ebenso zu bemessen, wie bei Kindern, noch der Vorschlag, den Hausrat in gleichem Umfange für steuerfrei zu erklären, fand Beifall. Es lässt sich auch gewiss nicht verkennen, dass das Verhältnis der Enkelkinder zu den Grosseltern in pekuniärer Be- ziehung ein ganz anderes ist - wenigstens in den die Regel bildenden Fällen, für welche das Gesetz zu sorgen hat.

III. Einen breiten Raum in den Verhandlungen insbesondere der Sub- kommission nahm der Vorschlag des Senats

sub 3, Ehegatten mit 3°/o zu besteuern, ein. Wohlverstanden soll diese Steuer nur da erhoben werden, wo ein wirklicher Erbfall vorliegt. Sie trifft also nicht den gewöhnlichen Fall, wo Witwer oder Witwe mit den Kin- dern in ungeteiltem Gut sitzen bleibt ; sie trifft auch das nicht, was dem kinder- losen Ehegatten als eigener Anteil an dem Samtgut verbleibt - also nicht die zwei Drittel des Ehemannes, die Hälfte der Ehefrau. Nur soweit darüber hinaus ein Erbanfall insbesondere durch letztwillige Verfügung vorkäme, soll nach dem konsequent durchgeführten Prinzip der Vorlage die Steuer auch von Ehegatten erhoben werden. Allein auch in dieser Beschränkung begegnete die Vorlage vielfachen Bedenken. Von der einen Seite ward das Hauptgewicht darauf ge- legt, dass Mann und Frau Eins seien; eine Besteuerung desjenigen, was dem einen von dem anderen zukomme, widerspreche der innigen Lebensgemein- schaft und werde von der Bevölkerung gar nicht verstanden werden. Hebe man diese Bestimmung auf, so werde auch kein Ausfall der Besteuerung, son- dern nur eine Vertagung herbeigeführt, indem nach dem Tode des Längst- lebenden die Steuer so wie so zu erheben sei. Wenn dagegen die Witwe einen Teil versteuern müsse, der später etwa doch wieder an ihre Kinder komme, so könne in der That eine Doppelbesteuerung eintreten, die nicht zu recht- fertigen sei. Dagegen wurde, insbesondere auch von dem Herrn Kommissar betont, die angebliche Härte für den überlebenden Ehegatten liege nicht in dem Steuergesetz, sondern in unserem bestehenden Rechte, welches nun einmal nur ein beschränktes Erbrecht der Ehegatten anerkenne. Falls und soweit der einzelne über diese gesetzlichen Bestimmungen hinaus dem Ueberlebenden Rechte einräume, also z. B. statt der üblichen Gütergemeinschaft bestimme, die Witwe solle Erbin zu einem grösseren Teil sein, so müsse er auch die Konsequenzen tragen. Uebrigens bildeten die hier so häufigen Belegungen auf Testaments Namen die praktische Hilfe, namentlich auch gegen die befürchtete Doppelbesteuerung. Indem dabei das Kapitalvermögen für die Kinder, aber zum Niessnutz der Witwe, festgelegt werde, habe die Witwe gar nichts zu versteuern und es verblieben in der That für die Besteuerung nur diejenigen Fälle, in welchen der Witwer (die Witwe) faktisch mehr erhalte, als ihm das geltende Recht an sich zubillige.

Von anderer Seite wurden aber gerade aus diesem geltenden Rechte schwerwiegende Bedenken gegen das Gesetz entnommen. Der Schlussatz sub I 3, welcher bestimmt, dass bei kinderloser Ehe der überlebende Ehegatte dasjenige nicht zu versteuern habe,

„was ihm als eigener gesetzlicher Anteil am Samtgut zukommt",

gibt zu Zweifeln Anlass. Für den Normalfall ist die Bestimmung nach obigem klar. Wohl aber sind Fälle möglich, wo die Verhältnisse anders liegen. Es wurde darauf hingewiesen, dass in einzelnen Teilen des Landgebiets früher das hamburgische eheliche Güterrecht nicht gegolten habe. Erst seit dem Gesetz vom 25. Juli 1879 richten sich die Vermögensrechte der Ehegatten im ganzen Staatsgebiet nach dem hamburgischen Stadtrecht. Ehen, welche vor jenem Zeitpunkte geschlossen seien, könnten jedenfalls nicht ohne weiteres nach diesem beurteilt werden. Aehnlich liege es für all die zahlreichen Ehelente, welche von auswärts hier zuzögen. Bekanntlich steht zur Zeit in der Rechtsprechung

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fest, dass für Eheleute unter sich das Güterrecht des ersten Domizils massgebend bleibt. Wenn also ein Ehepaar hierher zieht aus einem Rechtsgebiet, wo Güter- trennung herrscht, so bleibt es für das Verhältnis der Eheleute zu einander bei dieser. Freilich verliert solche Gütertrennung nach aussen die Wirksamkeit. Für Schulden des Ehemannes ̂aftet das (nicht besonders belegte) Vermögen der Ehefrau unbeschränkt. Ebenso wird die Verfügungsgewalt des Ehemannes über das letztere ausnahmslos anerkannt. Insoweit ist unser hamburgisches Recht zwingender Natur. Trotzdem wird man von einem Samtgut jener nicht reden können. Auch diejenigen Fälle sind von unseren Gerichten als rechtsbe- ständig anerkannt, wo hiesige Eheleute kontraktlich unter sich die Gütergemein- schaft ausschliessen. Selbstredend mit derselben Beschränkung nach aussen. Wie nun, wenn der Tod dazwischen tritt und die Frage des Erbrechtes ent- steht? Man kann der Auffassung huldigen, dass lediglich das hamburgische Erbrecht für den hiesigen Erbfall entscheide ; dass folgeweise jede hier durch den Tod gelöste Ehe so betrachtet werden müsse, als habe für sie hamburgisches Güterrecht gegolten. Allein Bedenken dagegen lassen sich doch nicht abweisen. Die Senatsmotive sagen (S. 820 Abs. 3) : Ausnahmefälle seien für die gesetz- liche Festlegung ungeeignet, verweisen die Materie also auf den Weg weit- läufiger Untersuchung im einzelnen Fall. Dies erschien dem Ausschuss wenig erwünscht; so weit wie irgend möglich sollte gerade bei Steuergesetzen jedem Zweifel von vornherein vorgebeugt werden. Von diesem Standpunkt aus bietet sich ein doppelter Ausweg. Entweder man sagt ganz allgemein, dass jede Ehe für die Steuererhebung so behandelt werden soll, als gelte für dieselbe das hamburgische Recht; oder man bestimmt, dass zwar die schlechter Gestellten den hamburgischen Ehefrauen bezüglich der Steuer gleich zu stellen seien, dass dagegen Bessergestellte auch für das Mehr steuerfrei bleiben. Nach wieder- holten und eingehenden Erörterungen hat sich der Ausschuss aus den ange- führten Gründen dahin entschieden - unter Streichung der Nr. I 3 - von einer Besteuerung der Ehegatten ganz abzusehen, womit sich dann die obigen Kontroversen erledigen. Der Deutlichkeit wegen muss dann sub II A wieder eingeschaltet werden, dass „eheleibliche Männer und Frauen untereinander" von der Steuer befreit bleiben, während das im gegenwärtigen Gesetz hinzugefügte Wort „unbeerbte", weil missverständlich, besser wegfallt. Desgleichen wird die Bestimmung über den Eintritt der Steuerpflicht der De- scendenten bei Verbleib in ungeteilten Gütern (sub 3, Abs. 2) stehen bleiben müssen, um die völlige Uebereinstimmung der Bürgerschaft mit der bezüglichen Auffassung des Senats (Vorlage S. 820) zum Ausdruck zu bringen.

IV. Während die geringe Erhöhung der Steuer, welche Eltern bei Be- erbung ihrer Kinder zu zahlen haben, nämlich von bisher 27z auf 3% zu Be- denken keinen Anlass bot, hat die Besteuerung" der Seitenverwandten mancherlei Bedenken hervorgerufen, die schliesslich zu einer in den Steuersätzen verän- derten Fassung geführt haben. Bisher galten drei Steuerklassen: Verwandte des zweiten und dritten Seitengrades zahlten 5°/o; solche des vierten (Vettern etc.) 77a °/°; weitere Verwandtschaftsgrade oder Nichtverwandte 10 °/o. Der Senat schlägt nun vor, die Mittelstufe fallen zu lassen. Die Motive heben hervor, es sei kein Grund erfindlich, den vierten Verwandtschaftsgrad günstiger zu stellen, als weitere Verwandtschaftsgrade. Dem wurde zugestimmt. Dagegen wurde beantragt, die Steuer für Verwandte des zweiten und dritten Grades (Geschwister, Geschwisterkinder und Geschwister der Eltern) statt von 5 auf 6 % , wie der Senat will, vielmehr auf 772% zu erhöhen. Ein Prozent für diese Fälle macht etwa M. 100000 im Jahr (Motive S. 821). Eine jede Erhöhung ist also von wesentlichem Interesse für den Steuerertrag. Und es wurde hervorgehoben, dass gerade in der Erbschaft von Seitenverwandten sehr geeignete Steuerobjekte z*u finden seien. Denn eine solche Erbschaft bleibe immer ein Glückszufall; weder eine Alimentationsverbindlichkeit noch ein Noterbenrecht bestehe und der Begriff der „lachenden Erben1* komme hier gar nicht selten zur Anwendung. Dagegen wollten einige eine Erhöhung der vom Senate vorgeschlagenen Steuer- sätze prinzipiell nicht gutheissen, während von anderer Seite Gewicht darauf

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gelegt wurde, dass speziell Geschwister doch in einem besonders engen Ver- hältnis zu einander stünden und die Fälle, dass eins für das andere sorge und spare, häufig vorkämen. Diese Erwägungen haben schliesslich dahin geführt, eine andereScheidung vorzuschlagen, nämlich zwischen Verwandten des zweiten Seitengrades (d. s. Geschwister) einerseits und solchen des dritten (d. s. Geschwisterkinder und Geschwister der Eltern) anderseits. Erstere sollen mit 6 %> wie in der Senatsvorlage, letztere mit 8 % besteuert werden und somit den Uebergang bilden zu den 10 °/o, welche künftig die Verwandten des vierten Seitengrades gleich allen übrigen zu zahlen haben werden.

Daneben glaubt der Ausschuss aber auch hier eine Ausnahmebestim- mung empfehlen zu sollen, welche im Gesetz an anderer Stelle (als II E) ein- zufügen sein wird und eine Erleichterung für alle diejenigen - Verwandte wie Nichtverwandte - bezweckt, welche beim Tode und mindestens 3 Jahre vorher in häuslicher Gemeinschaft mit dem Erblasser gelebt haben. Auf diese Weise soll insbesondere nahen Verwandten, aber auch treuen Dienstboten und allen, die den Verstorbenen „zu Tode geflegt" haben, eine Steuerfreiheit bis zum Belaufe von M. 1000 zugesichert werden, um auch hier thunlichst allen Härten des Gesetzes vorzubeugen.

Ein weitergehender Antrag dahin, eine Ermässigung der Steuersätze um 2 % eintreten zu lassen, „falls die Zuwendung nicht mehr als M. 5000 betrüge und der Betreffende während des letzten Jahres vor dem Tode des Erblassers als Verwandter, Pfleger oder Dienstbote mit demselben in häuslicher Gemein- schaft gelebt habe'S fand keine Zustimmung. In Sonderheit hob der Herr Senatskommissar hervor, dass eine solche prozentuale Ermässigung der Steuer für einzelne Fälle dem Gesetze völlig fremd sei und schlecht in den Rahmen desselben passen werde.

V. Statt der Senatsvorlage unter II D beantragt der Ausschuss, der Bestimmung über Exekutorhonorar die folgende Fassung zu geben:

Honorar von Testamentsvollstreckern gilt als Zuwendung von Erb- schaft oder Vermächtnis im Sinne dieser Verordnung und unterliegt den darin festgestellten Abgaben, falls und soweit dasselbe mehr als 2% des Nachlasses insgesamt und falls und soweit dasselbe mehr als M. 5000 für den einzelnen Vollstrecker beträgt.

Dass der bisherige Zustand, wie er auf S. 821 der Senatsvorlage geschil- dert wird, unhaltbar sei, wurde allseitig anerkannt. Weitergehend wurde aus- geführt, es sei überhaupt widersinnig, ein „Honorar" mit Erbschaftssteuer zu belegen. Weshalb sollten Arbeiten und Dienste, die unter dem Titel eines Testamentsvollstreckers geleistet würden, anders behandelt werden, als sonstige Leistungen derselben Art. Wenn man gewöhnlich davon ausgehe, solche Hono- rare seien verhältnismässig zu hoch, so könnte das ein Grund sein, den Prozent- satz herabzusetzen, aber nicht eine Steuer aufzuerlegen. Uebrigens dürfe ins- besondere die Verantwortung der Testamentsexekutoren keineswegs unterschätzt noch übersehen werden, dass bei grossen Nachlassmassen regelmässig eine be- stimmte Summe ausgesetzt zu werden pflege, die also als angemessen von dem Testator selbst betrachtet werde. Desgleichen sei es auch vom fiskalischen Standpunkte aus ganz verkehrt diese Honorare als Vermächtnisse aufzufassen. Denn das Resultat sei, dass sie als solche auch bei der Einkommensteuer nicht zu deklarieren, bezw. zu versteuern seien. Der Anhang zu § 4 des Einkommen- steuergesetzes vom 7. März 1881 besagt: (sub 10) „wogegen Erbschaften, Le- gate u. s. w. nicht zu dem Einkommen, sondern zu dem Kapitalvermögen des Empfangers zu rechnen sind". Als Legat oder Vermächtnis wird also ein solches Honorar von der Einkommensteuer nicht betroffen und die Mehrzahl der Ex# kutorhonorare , welche erfahrungsmässig weniger als 4500 M. beträgt, bleibt somit ganz steuerfrei. Während es juristisch und wirtschaftlich richtiger er- scheint, sie sämtlich der Einkommensteuer, dagegen der Erbschaftssteuer nur dann zu unterwerfen, wenn sie in der That den Charakter eines Vermächtnisses

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annehmen. Dawider wurde angeführt, diese Honorare seien im Grunde Zuwen- dungen besonderer Art. Vielfach verstecke sich unter dem Honorar ein ein- faches Legat, und es erscheine deshalb nicht gerechtfertigt, über die bisherige Befreiungsgrenze hinauszugehen. Jedenfalls müsse man vermeiden, dass etwa künftig findige Väter ihre Söhne oder nächsten Anverwandten zu dem Zwecke zu Exekutoren einsetzten, um diesen Teil ihres Nachlasses der Steuer zu ent- ziehen.

Diesem Gedankengange folgend wurde schliesslich der obige Antrag an- genommen, um damit auszudrücken, dass das betreffende Honorar, soweit es über die üblichen 2 °/o hinausgeht, immer, aber auch abgesehen davon als Ver- mächtniss anzusehen und zu besteuern sei, wenn es über eine bestimmt fixierte Grenze für den einzelnen hinausgeht. Als solche wurde dann unter Abrundung der bisherigen Beo. 3000 M. vielmehr 5000 M. beliebt. Während durch die ge- wählte Wortfassung ausgedrückt wird, dass solche Honorare, sofern sie unter der angegebenen Grenze verbleiben, nicht als Vermächtnis betrachtet werden sollen und folglich der Einkommensteuer unterliegen.

VI. Der Ausschuss ging sodann zu dem Kapitel der Schenkungen über. Hier will der Senat, wie seitens des Herrn Kommissars näher dargelegt wurde, lediglich eine Ergänzung der Erbschaftssteuer. Um zu vermeiden, dass diese in bequemer Weise umgangen werde, muss ihr die Schenkungssteuer in gewissen Grenzen zur Seite treten. Eine Anregung, weiter zu gehen und Schenkungen an sich allgemein mit Steuern zu belegen , fand keinen Anklang. Offenbar würde ein so weit gehender Vorschlag auf ein anderes Gebiet führen und zu einer Belästigung der Dispositions- und Verkehrsfreiheit führen, wie sie gewiss nicht erwünscht ist. Dagegen glaubt der Ausschuss der Vorlage und damit der Besteuerung von Schenkungen durchaus zustimmen zu müssen, „so- weit sie getroffen werden müssen, um die Erhebung der Erbschaftsabgabe zu sichern" (Senatsvorlage S. 824). Aus diesem Gesichtspunkt rechtfertigt sich auch die Bestimmung III c (jetzt IV c), welche eine Präsumtion dahin aufstellt, dass jede Schenkung in dem letzten Jahre vor dem Tode des Schenkenden als Zuwendung von Erbschaft oder Vermächtnis gelte. Diese Bestimmung gibt erst der Steuer Nachdruck. Sie erscheint als das Wesentliche, während die sub a und b aufgeführten Spezialfälle praktisch weniger bedeuten werden. Da aber ein energisches Eingreifen unentbehrlich ist, will man das Steuergesetz überhaupt in Wirkung setzen, so kann der Ausschuss weder in Aufstellung jener Präsumtion, noch in dem gewählten Zeitmass (1 Jahr) etwas Bedenkliches finden. Im einzelnen erscheinen die Erleichterungsbedingungen soweit gehend, dass eine Härte bei Anwendung des Gesetzes ausgeschlossen erscheint. Der Ausschuss empfiehlt nur und zwar ohne Widerspruch, in dem Satze

„als solche gelten auch Gaben an milde oder Familienstiftungen ", die Worte „oder Familien" zu streichen, da nicht wohl erfindlich ist, wes- halb „ Familienstiftungen " allgemein von der Steuer befreit sein sollen. - In dem letzten Absatz der Nr. Ill (jetzt IV) wird die Haftung für diese Abgabe geregelt. Hier erregte die Bestimmung Bedenken, nach welcher der Schenk- geber ebenso wie der Schenknehmer für die Abgabe haften soll. Der Ausschuss vermeint, in erster Reihe müsse derjenige für die Abgabe aufkommen, welcher die Vorteile der Schenkung geniesst. Namentlich mit Rücksicht auf die Rechts- nachfolger, welche sonst vielleicht nach längeren Jahren noch aus einer Wohl- that ihrer Vorfahren zur Steuer herangezogen würden, empfiehlt sich eine ent- sprechende Abänderung. Danach soll es heissen:

für die Abgabe haftet der Schenknehmer und dessen Rechtsnachfolger solidarisch ; der Schenkgeber und dessen Rechtsnachfolger subsidiar -

so dass also die letzteren nur dann und nur insoweit herangezogen werden können, als von ersteren die Steuer nicht beizutreiben ist.

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Aus demselben Gedankengange heraus, also insbesondere aus Rücksicht- nahme auf die Rechtsnachfolger, wurde im Ausschuss der Antrag gestellt:

für alle nach dieser Verordnung entfallenden Abgaben und Strafen eine kurze Verjährungsfrist und zwar von 4 Jahren nach Fälligkeit der Abgabe

einzuführen, insbesondere gegenüber der sonst gültigen 30jährigen Frist für Ansprüche der Staatskasse. Dieser Antrag fand indessen lebhaften Widerspruch seitens des Herrn Senatskommissars. Es wurde darauf hingewiesen, dass kein innerer Grund vorliege, diese Ansprüche des Fiskus in kürzerer Frist verjähren zu lassen als irgend welche andere. Strafen aber unterlägen dem Gesetz vom 20. Dezember 1872, welches eine 5jährige Verjährung für alle Zuwiderhand- lungen in Steuersachen anordnet. Wenn die wohlwollende Absicht der Antrag- steller dahin gehe, die einzelnen thunlichst vor vexatorischen Massregeln zu schützen, so werde das Gegenteil erreicht werden. Denn eine kurze Verjährungs- frist zwinge ja geradezu die Behörde , mit aller Strenge in jedem einzelnen Falle nachzuspüren, damit der Staat nicht in Verlust gerate. Der Ausschuss glaubt diesen Erwägungen nachgeben zu sollen und die in mancher Beziehung schwierige Verjährungsfrage der späteren Revision des Gesetzes vorbehalten zu müssen. Demgemäss wurde der vorstehende Antrag bei der Schlussabstimmung abgelehnt.

Die Bestimmungen sub IV bis X, jetzt V bis XI enthalten mehr Aus- führungsverordnungen und erregen in ihrer Folgerichtigkeit und Ausführlichkeit keinerlei Bedenken. -

Dagegen musste der Ausschuss erwägen, ob es richtig sei, sub XI (jetzt XII) auszusprechen, die Abgabe sei vom 1. Januar 1894 ab zu erheben. Der Herr Senatskommissar wies indessen mit Erfolg darauf hin, dieser Termin recht- fertige sich durch den engen Zusammenhang der Vorlage mit den übrigen Steuergesetzen; es seien auch alle Vorbereitungen getroffen, ein Insle bentreten der neuen Gesetzesbestimmungen ab 1. Januar zu ermöglichen, während jede Rückwirkung durch die Bestimmung ausgeschlossen sei, dass früher vollzogene Schenkungen steuerfrei blieben. Uebrigens sei daran festzuhalten, dass die Steuer überall erst erhoben werde in dem Augenblick, wenn der Betreffende in Besitz der Erbschaft, des Legats etc. komme (wenn ihm faktisch etwas zu- kommt), so dass nicht der Tod des Erblassers, sondern die regelmässig viel spätere Auskehrung der Erbschaft entscheide. Diesen Betrachtungen glaubt der Ausschuss folgen und von einer Abänderung der bezüglichen Bestimmung ab- sehen zu sollen und zwar um so mehr, als der Beschluss der Bürgerschaft, betr. Prolongation der Erbschaftssteuer die Bewilligung bereits „vorbehaltlich der auf Grund des Senatsantrages vom 4. Dezember 1893 zu beschliessenden Abände- rungen und Zusätze" gefasst worden ist.

Indem der Ausschuss sich gestattet, die Senatsvorlage nebst einer Zu- sammenstellung der Abänderungsanträge als Anlage A, sowie einen Abdruck der solchergestalt abgeänderten Vorlage als Anlage B beizulegen,

empfiehlt er deren Annahme in dieser Form.

Antrag des Senats vom 5. Mai 1897, betreffend Revision der abgeänderten Verordnung wegen Abgabe

von Erbschaften und Vermächtnissen vom 9. Mai 1894. Die abgeänderte Verordnung wegen Abgabe von Erbschaften und Ver-

mächtnissen vom 9. Mai 1894 sieht vor, dass dieses Gesetz vor Ablauf von 392

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Hamburg, abgeänd. Verordn. wegen Abgabe v. Erbschaften u. Vermächtnissen etc. 393

3 Jahren einer Revision unterzogen werden soll. Die diesjährige Verlängerung der bestehenden gesetzlichen Bestimmungen über die Erbschaftsabgabe bis Ende 1897 ist in solcher Veranlassung unter Vorbehalt der bei solcher Revision etwa zu beschliessenden Gesetzesänderungen erfolgt. Wenn bei Erlass der Verordnung die Bestimmungen wegen der Heranziehung auch der in gerader Linie sich vererbenden Nachlassmassen zur Erbschaftssteuer durch Einarbeitung in das bestehende Gesetz getroffen sind, so ist auch der gegenwärtige Zeitpunkt nicht geeignet, an dessen Stelle ein umfassendes neues Gesetz treten zu lassen. Seit Erlass jener Verordnung ist das bürgerliche Gesetzbuch Thatsache ge- worden. Der Einflus8 seiner ehegüterrechtlichen und erbrechtlichen Vorschriften auf die erbrechtliche Praxis und damit auf den Inhalt und die Fassung eines Steuergesetzes, welches den Erbanfall, und was diesem gesetzlich gleichgestellt ist, bei der wirklichen Aufteilung des ehelichen Gesamtvermögens zu erfassen bestimmt ist, kann zur Zeit nicht genügend übersehen werden. Auch steht dahin, inwieweit Hamburg vom Art. 147 des Einführungsgesetzes zum bürger- lichen Gesetzbuch Gebrauch machen und die jetzt zuständige Verwaltungs- behörde mit den nach dem bürgerlichen Gesetzbuch dem Nachlassgericht ob- liegenden Verrichtungen betrauen wird. Hiervon aber hängt die künftige Organisation des Erbschaftsamts und die Frage ab, inwieweit das die Wirk- samkeit dieser Behörde bestimmende Gesetz, betreifend die Behandlung von Verlassenschaften, vom 21. Dezember 1868 neben dem bürgerlichen Gesetzbuch bestehen bleiben oder der Aufhebung unterliegen wird.

Es kommt hinzu, dass, wenn allerdings die bisherige Erfahrung mit den Bestimmungen des Gesetzes über die Descendentensteuer nur eine kurze ist, diese Bestimmungen sich durchaus bewährt haben. Die stattgehabte Revision der einzelnen geltenden gesetzlichen Bestimmungen auf Grund der seitherigen Erfahrung hat ein gegenwärtiges Bedürfnis für Ergänzungen oder Abänderungen nicht hervortreten lassen.

Nur in zwei Beziehungen dürfte sich zur Zeit eine Ergänzung empfehlen. Das Erbschaftssteuergesetz lässt die Anordnung einer Reklamationsinstanz

vermissen. Die Anrufung derselben sollte zwingend sein vor der Zulässigkeit des Rechtsweges, der zur Zeit beschritten werden kann, sobald ein die Steuer feststellender Bescheid der Aktuare des Erbschaftsamts vorliegt, welchen nach § 28 des Gesetzes, betreffend die Behandlung von Verlassenschaften, vom 21. Dezember 1868 die Besorgung der Geschäfte obliegt, zu denen nach § 2 des gleichen Gesetzes die Erhebung der Abgabe von Erbschaften und Ver- mächtnissen gehört. Das Einkommensteuergesetz macht die Zulässigkeit des Rechtsweges abhängig von einer vorgängigen Reklamation an eine innerhalb der Steuerdeputation besonders geordnete Reklamationsinstanz und sodann ferner von einer besonderen Berufung an die Steuerdeputation selbst gegen die Ent- scheidung der Reklamationskommission. Auch in Erbschaftssteuer- wie in anderen Abgabesachen ist die vorgängige Anrufung der vorgesetzten Stelle zwar üblich ; nach den §§ 25 u. 26 des Gesetzes, betreffend das Verhältnis der Verwaltung zur Rechtspflege, vom 23. April 1879 ist jedoch die ausdrückliche Anordnung solchen Reklamationsverfahrens im Gesetz erforderlich, um die ge- richtliche Klage gegen die Behörde bis zum ablehnenden Reklamationsbescheid auszuschliessen. Die gesetzliche Frist für die Klageanstellung beginnt alsdann ebenfalls erst mit Zustellung dieses Reklamationsbescheides und bei ferner ver- folgter Beschwerde an den Senat erst mit Zustellung des ablehnenden Bescheides des Senates. Der Hinweis auf solche Reklamation und das Gebot derselben vor gerichtlicher Klage wird Beschwerden über die Behandlung des Einzelfalls wirksam abhelfen und erst nach gesicherter Nachprüfung der Entscheidung den Rechtsweg eröffnen, den nach Vorgang des neuen lübeckischen Erbschaftssteuer- gesetzes vom 20. Mai 1896 ganz auszuschliessen und statt seiner gegen Bescheide der Steuerbehörde nur die Beschwerde an den Senat zu gestatten, der hiesigen Gewöhnung nicht entsprechen würde. Die Fassung der vorgeschlagenen Be- stimmung entspricht derjenigen des § 12 des Einkommensteuergesetzes vom 22. Februar 1895.

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gg4. Hamburg, abgeänd. Verordn. wegen Abgabe v. Erbschaften u. Vermächtnissen etc.

Die Bürgerschaft hat bei ihren Entschliessungen über die seinerzeitige Vorlage der geltenden Erbschaftssteuerverordnung Stiefkinder und Schwieger- kinder, Stiefeltern und Schwiegereltern des Erblassers mit dem gegen Nicht- verwandte erheblich günstigeren Steuersatz von 4% bedacht, und der Senat hat dem zugestimmt. Diese so neu gebildete Steuerklasse ist den Befreiungs- bestimmungen unter II C und II D des Gesetzes nicht eingefügt worden, welche die Ziffer des von jeder Steuer befreiten Erbanfalls festsetzen. Es wird sich empfehlen, auch diesen Steuerpflichtigen die Befreiung unter HD mit 500 M. für den einzelnen Anfall ausdrücklich zu gewähren; zu diesem Zweck diese Steuerpflichtigen nach Nr. 3, den mit 3°/o besteuerten Ascendenten, als Nr. 4 dem Gesetze einzufügen und die Steuerbefreiung II D den unter I Nr. 4, 5, 6 u. 7 statt bisher nur den unter I Nr. 4, 5 u. 6 erwähnten Erbnehmern und Vermächtnisnehmern zu bestimmen.

Der Senat ersucht deshalb die Bürgerschaft, es mitzugenehmigen : 1. dass der abgeänderten Verordnung wegen Abgabe von Erbschaften

und Vermächtnissen vom 9. Mai 1894 die Bestimmung eingefügt werde : Reklamationen gegen die Steueransätze sind innerhalb 4 Wochen,

vom Tag der Zustellung des Steuerbescheides an gerechnet, zulässig. Die Reklamation ist auf Verlangen schriftlich einzureichen, und kann nur Beachtung finden auf Grund spezieller Angaben, deren Richtigkeit zu beweisen dem Reklamanten obliegt, wobei jedoch nicht ausgeschlossen ist, dass die Behörde den letzteren auch eine eidliche Bestärkung seiner bei der Reklamation vorgebrachten speziellen Angaben auferlegen kann. Der Reklamant ist ver- pflichtet, die ihm vorzulegenden Fragen mündlich oder, wenn es von der Behörde verlangt wird, schriftlich zu beantworten. Ueber die Reklamation entscheidet das Erbschaftsamt. Ist gegen dessen Entscheidung innerhalb 14 Tagen nach ihrer Zustellung eine Be* schwerde an den Senat gerichtet, so erlischt das Klagerecht gemäss § 26 des Gesetzes, betreffend das Verhältnis der Verwaltung zur Rechtspflege, vom 23. April 1879, erst mit dem Ablauf von 8 Wochen nach Zustellung des ablehnenden Bescheides des Senates;

2. dass die Bestimmungen unter I, 2 a, 4, 5, 6 der Verordnung wegen der Abgabe von Erbschaften und Vermächtnissen vom 9. Mai 1894 künftig als I, 4, 5, 6, 7 bezeichnet und die Steuerbefreiungen unter II D der Verordnung den unter I Nr. 4, 5, 6 u. 7 erwähnten Erb- nehmern und Vermächtnisnehmern zugebilligt werden.

Ausschussbericht vom Februar 1898.

I. Zunächst ist die Frage erörtert, ob eine allgemeine Revision des Ge- setzes vom 9. Mai 1894 zur Zeit ratsam erscheine. Die Frage wurde verneint, da die Wirkung des bürgerlichen Gesetzbuches und die Entscheidung über die künftige Organisation des Erbschaftsamtes noch nicht feststehen und Sicherheit über diese materielle und formelle Seite des nach 2 Jahren geltenden neuen Rechts die Vorbedingung für eine allgemeine Revision sei. Es wurde daher beschlossen, eine Aenderung des jetzigen Rechts, abgesehen von den in der Senatsvorlage gestellten Anträgen, nur insoweit in Erwägung zu ziehen, als die sofortige Abänderung wünschenswert erscheine.

II. Der Antrag des Senates sub 2 wurde vom Ausschusse einstimmig ge- nehmigt. Nach der jetzigen Verordnung haben gemäss I 2 a Stiefkinder,

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Hamburg, abgeänd. Verordn. wegen Abgabe v. Erbschaften u. Vermächtnissen etc. 395

Schwiegerkinder, Stiefeltern, Schwiegereltern des Erblassers 4% Erbschafts- steuer von Erbschaften und Vermächtnissen zu entrichten. Unter den sub II der Verordnung normierten Befreiungen sind sie nicht mit aufgezählt, obwohl solche Befreiung bei ihnen aus den gleichen Gründen wie bei den sub I 4, 5 u. 6 daselbst genannten Erb- oder Vermächtnisnehm ern gerechtfertigt sein dürfte. Die Senatsvorlage gleicht diese Unebenheit im Gesetze aus und ge- währt den sub I 2 a genannten Erb- und Vermächtnisnehmern dieselben Vor- teile bezüglich der Befreiung, wie den entfernteren Verwandten und Nicht- verwandten.

III. Gegen die Einführung des sub 1 der Senatsvorlage beantragten Reklamationsverfahrens wurden im Ausschusse Bedenken geäussert, da die Rechte der Steuerpflichtigen unter Umständen an der Nichteinhaltung der Fristen, also an einer Formalität, scheitern könnten und die Reklamation an dieselbe Behörde, unter deren Verantwortung der Steuerbescheid abgegeben werde, gerichtet werden solle.

Der Senatskommissar führte demgegenüber folgendes aus: Eine Reklamation an dieselbe Stelle, welche die Steuer festsetze, sei für

das hiesige Recht, wie die Analogie der Einkommensteuer und der Immobilien- abgabe beweise, nichts Neues. Thatsächlich würden derartige Reklamationen von einem der zur Leitung des Erbschaftsamts berufenen Senatsmitglieder ge- prüft, sachlich also eine Nachprüfung durch eine andere Stelle erreicht. Die Fristen seien nicht kurz und leicht zu beachten. Die hiesigen Steuerpflichtigen würden selbst nach Einführung der Reklamation bezüglich ihrer Rechte noch besser gestellt sein, als z. B. in Lübeck, wo der Rechtsweg gänzlich aus- geschlossen sei. Die Neuerung empfehle sich aber anderseits dringend im Interesse der Steuerzahler zur Vermeidung unnötiger Prozesse. In wichtigen, prinzipiellen Fragen würden die Akten den zur Leitung des Erbschaftsamtes berufenen Senatsmitgliedern zur Entscheidung vorgelegt, auch würden für solche Fälle allgemeine Anweisungen erteilt. Selbstverständlich sei das aber bei der Menge der Fälle als Regel nicht möglich. Gerade in nebensächlichen Fragen, z. B. in der Bestimmung desjenigen, was als Hausrat anzusehen sei, bei Beurteilung der Frage, wie Geschäfte zu schätzen seien, könnten Bescheide gegeben werden, welche bei Nachprüfung und nach Kenntnis der Einwände nicht aufrecht erhalten werden könnten. Werde in diesen Fällen sofort ge- klagt, so entständen Kosten, welche vermeidbar seien. Es sei wünschenswert, dass an die Gerichte keine Fälle gelangen könnten, welche nicht vorher der leitenden Stelle zur Prüfung vorgelegen hätten und in denen diese die Ent- scheidung nicht vertrete. Die in der Senatsvorlage dem Reklamanten auf- erlegten Pflichten seien erforderlich, um der Behörde eine vollständige und zuverlässige Kenntnis der Thatsachen zu verschaffen.

Der Ausschuss hat hierauf mit 5 gegen 1 Stimme (zwei Mitglieder fehlten entschuldigt) das Reklamationsverfahren an sich gebilligt, hält es aber für zu weitgehend, wenn dem Reklamanten die Beweislast, Spezialisierung und sogar die eidliche Bestärkung seiner Angaben auferlegt wird. Die Behörde habe schon nach jetzigem Recht die Befugnis, unter besonderen Umständen eides- stattliche Erklärungen zu verlangen und diese Befugnis genüge als Mittel zur Erforschung des Sachverhaltes.

Es wurde deshalb beschlossen, in der Senatsvorlage die Worte: „kann nur Beachtung finden etc." bis „zu beantworten"

zu streichen und durch die Worte : „zu begründen"

zu ersetzen, so dass der Satz über die Pflichten des Reklamanten lautet : „Die Reklamation ist auf Verlangen schriftlich einzureichen und zu begründen."

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39g Hamburg, abgeänd. Verordn. wegen Abgabe v. Erbschaften u. Vermächtnissen etc.

IV. Ausser den vom Senate vorgeschlagenen Zusätzen sind vom Aus- schusse infolge Anregung einzelner Mitglieder desselben noch zwei weitere Zu- sätze nach Erörterung mit dem Senatskommissar, welcher beide Zusätze für nicht notwendig erachtete, trotzdem aber seine Hilfe bei Formulierung der Ausschussanträge nicht versagte, beschlossen worden. Der erste betrifft die Steuerbefreiung von Rentenbezügen.

Die Gerichte haben in Veranlassung des Umstandes, dass die Bürger- schaft seinerzeit abweichend von der ursprünglichen Senatsvorlage und unter nachheriger Mitgenehmigung des Senats den Steuersatz für die Schwiegerkinder von 10% auf 4°/o ermässigt hat, und dass nunmehr die Schwiegerkinder auch bezüglich ihrer schon unter dem alten Gesetz begonnenen und damals mit 10°/<> besteuerten Renten für die Zeit nach Geltung des neuen Gesetzes die Anwen- dung des ermässigten Steuersatzes verlangten, zu Gunsten der Schwiegerkinder zwischen dem einheitlich angefallenen Rechte auf Zinsen und den jährlich oder periodisch anfallenden Rentenlegaten unterschieden.

Danach würden Rentenlegate, und zwar einerlei, ob der erste Termin vor oder nach Geltung des Gesetzes vom 9. Mai 1894 angefallen ist, von jeder Steuer frei sein, wenn nicht schon der einzelne Termin die Befreiungsgrenze übersteigt und also für sich allein schon steuerpflichtig ist, da die einzelnen Rententermine als selbständige steuerpflichtige Anfalle zu gelten haben und das Gesetz jeden „steuerpflichtigen Anfall", der die Befreiungsgrenze übersteigt, der Abgabe unterwirft, Niessbrauchsrechte dagegen, da diese als einheitlich angefallen gelten, unterliegen der Steuer ohne Rücksicht auf den Betrag des einzelnen Termins, sobald bei Zusammenrechnung der Termine die Befreiungs- grenze überstiegen wird.

Ferner würden bei Anerkennung obiger von den Gerichten gemachten Unterscheidung Rentenlegate, auch wenn deren erster Termin vor Geltung des Gesetzes vom 9. Mai 1894 angefallen ist, doch bezüglich der nach Geltung dieses Gesetzes anfallenden Termine den Steuersätzen des neuen Gesetzes unter- liegen, und zwar auch in dem Falle, wo der Empfänger ein nach dem früheren Gesetz nicht steuerpflichtiger Descendent des Erblassers ist und also bis zur Geltung des neuen Gesetzes steuerfrei war, während die vor Geltung des neuen Gesetzes einheitlich angefallenen Niessbrauchsrechte nach wie vor den Steuer- sätzen des früheren Gesetzes unterliegen, demgemäss also auch nach Geltung des neuen Gesetzes steuerfrei blieben, wenn der Empfänger ein nach dem früheren Gesetz nicht steuerpflichtiger Descendent des Erblassers war.

Wenn auch für die Rentenvermächtnisse der Descendenten, soweit solche vor Geltung des neuen Gesetzes begonnen haben und also damals steuerfrei bezogen wurden, die Konsequenz jener gerichtlichen Auffassung von der Be- hörde bisher nicht gezogen ist, so dürfte es sich doch empfehlen, um dieses den Steuerpflichtigen günstige Verfahren auch für die Zukunft zu sichern und unanfechtbar zu machen, eine gesetzliche Grundlage dafür zu schaffen.

Im übrigen erschien dem Ausschusse jene verschiedene Behandlung der beiden Arten des hinterlassen en Rechts wirtschaftlich nicht ratsam; derselbe hielt es vielmehr für gerecht, beide Arten, zumal die Grenze zwischen ihnen häufig schwer festzustellen ist, gleich zu behandeln und zwar in der Weise, dass die Befreiungen nur auf die ersten Termine bis zur Befreiungsgrenze an- gewandt, insoweit aber auch definitiv, ohne Verpflichtung zur Nachversteuerung nach eingetretener Ueberschreitung der Befreiungsgrenze, gewährt würden.

Der Ausschuss hat daher mit 6 gegen 1 Stimme (zwei Mitglieder fehlten bei der Abstimmung) beschlossen, folgenden Zusatz als II G in das Gesetz neu einzufügen:

„Für wiederkehrende Bezüge, namentlich Renten, Nutzungen, Zinsen, gelten die unter C. D. E. bestimmten Steuerbefreiungen nicht, insoweit die Bezüge mit einander und mit dem sonst dem Steuer- pflichtigen aus demselben Nachlass zukommenden Vermögen zusammen- gerechnet den steuerbefreiten Betrag übersteigen.

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Hamburg, abgeänd. Verordn. wegen Abgabe v. Erbschaften u. Vermächtnissen etc. 397

Derartige wiederkehrende Bezüge bleiben steuerfrei, wenn der erste Bezug des Steuerpflichtigen vor der Geltung der Abgeänderten Verordnung wegen Abgabe von Erbschaften und Vermächtnissen vom 9. Mai 1894 angefallen und nicht steuerpflichtig war. Sie bleiben ebenfalls steuerfrei, wenn der erste Bezug des Steuerpflichtigen vor Geltung dieser Zusatzverordnung anfiel und die Steuerpflicht erst durch diese Zusatzverordnung begründet werden würde. Andere mehrfache Anfalle desselben Steuerpflichtigen aus demselben Nach- lass werden bei Anwendung der Steuerbefreiungsbestimmungen zu- sammengerechnet. "

Durch diesen Vorschlag wird zunächst erreicht, dass Renten und Niess- brauch steuerlich gleich behandelt werden. Es ist das erwünscht, da die Unterscheidung für eine wirtschaftliche Betrachtung der Bezüge kaum in Be- tracht kommt und für die Erbschaftssteuer die wirtschaftliche Seite des Er- werbes die wichtigere ist. Uebersteigen die einzelnen Termine den steuer- befreiten Betrag, so sind sie sofort und zwar ganz steuerpflichtig.

Uebersteigt der einzelne Termin die Grenze nicht, so fängt die Steuer- pflicht erst an, sobald die einzelnen Termine die Grenze übersteigen und zwar nur für den Mehrbetrag und nur für die Zukunft, so dass die ersten Termine bis zur Erreichung der Steuerbefreiungsgrenze steuerfrei bleiben.

Wiederkehrende Bezüge und andere Anfälle werden getrennt behandelt, weil periodische Kapitalauszahlungen auch in Zukunft für die Steuer zusammen- gerechnet werden sollen und kein Grund vorliegt, sie steuertechnisch anders, wie auf einmal anfallendes Kapital zu behandeln. Bei periodisch erfolgenden Kapitalauszahlungen ist daher, sobald die Beträge, zusammengerechnet, die Steuergrenze übersteigen, die Steuer'von dem ganzen und nicht nur von dem die Befreiungsgrenze übersteigenden Betrage zu zahlen.

Der Rechtszustand würde hiernach bei Annahme des Ausschussantrages der folgende sein:

A. Wiederkehrende Bezüge. 1. Ein Kind, welches weiter nichts als eine Jahresrente gross 1000 M.

von seinem Vater erbt, hat die Rente während der ersten 5 Jahre steuerfrei und versteuert die Rente vom 6. Jahre an mit 10 M. jährlich.

2. Ein Kind, welches von seinem Vater ausser der Jahresrente gross 1000 M., noch ein Kapital gross 3000 M. erbt, hat das Kapital und die ersten beiden Jahresrenten steuerfrei und versteuert vom 8. Jahre an die Rente mit jährlich 10 M.

3. Ein Kind, welches ausser der erwähnten Rente ein Kapital gross 4500 M. erbt, hat das Kapital und die Hälfte der ersten Jahresrente steuerfrei, versteuert also schon die erste Jahresrente zur Hälfte.

4. Ein Kind, welches neben der Rente noch 5000 M. erbt, hat letztere frei und versteuert die Rente gleich vom ersten Jahre an.

5. Ebenso versteuert das Kind die Rente gleich vom ersten Jahre an, wenn es neben der Rente ein Kapital von mehr als 5000 M. erbt.

B. Andere Anfälle.

1. Ein Kind, welches einen Anfall von 5000 M. hat, ist steuerfrei. 2. Ein Kind, welches einen einmaligen Anfall von 5020 M. hat, zahlt

nicht 50,20 M., sondern nur 20 M. 3. Ein Kind, welches einen einmaligen Anfall von 6000 M. hat, zahlt

60 M. Steuer. 397

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39g Hamburg, abgeänd. Verordn. wegen Abgabe v. Erbschaften u. Vermächtnissen etc.

4. Ein Kind, welches beim Tode des Erblassers 3000 M. und auf Grund bedingter Berufung nach 5 Jahren nochmals 3000 M. erbt, zahlt 60 M. Steuer, nachdem ihm die zweiten 3000 M. angefallen sind.

V. Im Ausschuss ist sodann noch darauf hingewiesen, dass eine Er- mässigung der Erbschaftssteuer von Grundstücken dann geboten erscheine, wenn das Grundstück bei Lebzeiten des Erblassers von diesem schenkweise einem Erben überlassen sei. Der § 4 des Gesetzes, betreffend die Immobilien- abgabe, harmoniere nicht ganz mit der durch das Gesetz vom 9. Mai 1894 sub IV vorgeschriebenen Ausdehnung der Erbschaftssteuer auf gewisse Schen- kungen unter Lebenden und auf kollationspflichtige Zuwendungen.

Nach § 4 des Immobilienabgabegesetzes ist bei Eigentumsveränderungen an Grundstücken infolge Schenkung, Erbeseinsetzung, Vermächtnis etc. nur eine Immobilienabgabe von 1 % vom Erwerber zu zahlen. Von dieser Abgabe sind nach Abs. 4 diejenigen Erbnehmer und Legatare befreit, welche bezüglich des ihnen als Erbteil oder Legat angefallenen Grundstücks Erbschaftssteuer zu zahlen haben. Diese Befreiung ist auf solche Schenknehmer, welche Erbschafts- steuer zu zahlen haben, oder auf Empfänger kollationspflichtiger Zuwendungen bislang nicht ausgedehnt.

Schenkt ein Vater 3/4 Jahr vor seinem Tode seinem Sohn sein Grund- stück, so hat der Sohn vor Umschreibung des Grundstücks 1 °/o Immobilien- abgabe zu zahlen und muss nach dem Tode des Vaters 1 % Erbschaftssteuer von dem Werte des Grundstücks entrichten.

Nach Ansicht des Ausschusses trifft in diesem letzteren Falle die Idee des Gesetzes ebenso zu, als wenn dem Sohne das Grundstück ohne vergängige Schenkung durch Erbgang zufiele, und es ist erwünscht, diese Unbilligkeit durch Anrechnung der bereits gezahlten Immobilienabgabe auf die von dem Werte des geschenkten Grundstückes zu zahlende Erbschaftssteuer zu beseitigen.

Der Ausschuss hat daher beschlossen, in das Erbschaftssteuergesetz als Nr. V a folgende Bestimmung ein- zufügen :

Wenn der Gegenstand der nach IV und V steuerpflichtigen Schenkung oder Zuwendung ein Grundstück ist, für welches der Steuerpflichtige oder sein Rechtsvorgänger eine gemäss § 4 Abs. 1 des Gesetzes, betreffend die Immobilienabgabe vom 1. März 1882 ermässigte Immobilienabgabe bezahlt hat oder schuldet, so wird diese Immobilienabgabe auf die Erbschaftssteuer derart in An- rechnung gebracht, dass sich die für das Grundstück zu zahlende Erbschaftssteuer um den Betrag der Immobilienabgabe vermindert.

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