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Hämostaseologie || Morphologie der Thrombozyten

Date post: 24-Dec-2016
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1 Morphologie der Thrombozyten 1 E. MORGENSTERN Die kernlo en Thrombozyten - im internationa- len Schrifttum hat sich deshalb der Begriff "Blutplättchen" durchge etzt - sind die klein ten zellulären Elemente de Blute. ach ihrer Frei- etzung aus den polyploiden Megakaryozyten des Knochenmarkes erfüllen ie wichtige Aufgaben bei der Blutstillung, der Gefaßreparatur und der Entzündung. Bei der Thrombo e und bei der Ar- teriosklerose spielen Thrombozytenfunktionen ebenfalls eine ent cheidende Rolle. Das Verhalten der Thrombozyten in der Zirkulation, ihre Reak- tionen auf chemi che Reize, veränderte Gefaß- oberflächen oder körperfremde Oberflächen sind durch morphologische Charakteristika gekenn- zeichnet, deren Kenntnis für die Erklärung der molekularbiologi chen und pathologischen Phä- nomene bei Hämo tase und Thrombose von gro- ßem Nutzen ist. Die in die em Kapitel darge- teUte funktionelle Morphologie der Thrombozy- ten ba iert auf Daten au der Ultra trukturfor- schung; da 011 aber nicht heißen, daß andere mikro kopi che und morphologi che Techniken wie "atomic force micro copy", "confocal laser micro copy" und Durchflußzytometrie, für die morphologi che Be chreibung der Thrombozyten und ihrer Reaktionen weniger wichtig wären. 1.1 Gestalt und Beschaffenheit der Thrombozyten Unstimulierte Thrombozyten zirkulieren in ihrer diskoiden Ruheform. Die mittlere Größe dieser I Frau PD Dr. B. Kehrel und Herrn Prof. R. Dierichs, Mün- ster, Herrn Prof. P. Mestres, Homburg, Herrn Prof. N. O. Solum und Herrn Dr. P. A. Holme, Oslo, sowie Herrn Dr. A. Ruf, Karlsruhe, danke ich für die kollegiale Zusammen- arbeit. Mein Dank für geduldige Hilfe gilt auch Herrn Dr. 1. Edelmann und meinen Mitarbeiter(inne)n Frau A. Ve- cerdea, Frau S. Schwarz, Frau B. Strauß und Herrn D. Ba- stian in Homburg. Diskozyten wird mit 1-3,1 11m, ihr Volumen mit 4-7,6 fl, ihr Gewicht mit etwa 10 pg angegeben. Nach Blutentnahme findet man mehr als 90% Dis- kozyten ohne Pseudopodien (Abb. 1.1 a, 1.2 a, 1.3 und 1.4). Wenn die Thrombozyten durch schonen- des Zentrifugieren von anderen Blutzellen im plättchenreichen (antikoagulanshaltigen) Plasma (PRP) isoliert werden oder wenn das Blutplasma durch Waschen der Thrombozyten durch balan- cierte und gepufferte Salzlösungen ersetzt wird, bleibt die Diskusform erhalten. Stimulierte Throm- bozyten runden sich ab und bilden Pseudopodien aus (Echinosphärozyten in Abb. 1.1 b). In Anwe- senheit von Fibrinogen aggregieren aktivierte Thrombozyten (Abb. 1.1 bund l.5). Formwandel ("shape change") und Aggregation erfolgen nach Stimulation mit ADP oder Thrombin innerhalb von Sekunden (Abschn. 1.2). Die Adhäsion wird durch repetitive BindungssteUen für Membranmo- leküle oder Rezeptoren auf der Oberfläche der Thrombozyten bewirkt (z. B. am multimeren Von- Willebrand-Faktormolekül, an Kollagenfasern oder an oberflächengebundenem Fibrinogen). Die Ad- häsion induziert einen Formwandel und eine star- ke Stimulation. An planen Oberflächen bilden ad- härente Thrombozyten Ausbreitungsformen. 1.2 Oberfläche der Thrombozyten, Adhäsion und Aggregation Die Plasmamembran des ruhenden Thrombozyten (Dimensionen in Tabelle 1.1) weist eine geordnete Verteilung der Membranphospholipide durch Stimulation verändert wird. So steIgt dIe Membranfluidität nach Stimulation und der Exozy- tose gehen "Transbilayer-Bewegungen" der Mem- branlipide voraus. Die Glykokalyx ist im. Trans- missionselektronenmikroskop (TEM) slChtbar, wenn elektronendichte Verbindungen an die mem- branständigen Proteoglykane und an Kohlenhy- dratgruppen von membranintegrierten Glykopro- G. Müller-Berghaus et al. (eds.), Hämostaseologie © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1999
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1 Morphologie der Thrombozyten 1 E. MORGENSTERN

Die kernlo en Thrombozyten - im internationa­len Schrifttum hat sich deshalb der Begriff "Blutplättchen" durchge etzt - sind die klein ten zellulären Elemente de Blute. ach ihrer Frei-etzung aus den polyploiden Megakaryozyten des

Knochenmarkes erfüllen ie wichtige Aufgaben bei der Blutstillung, der Gefaßreparatur und der Entzündung. Bei der Thrombo e und bei der Ar­teriosklerose spielen Thrombozytenfunktionen ebenfalls eine ent cheidende Rolle. Das Verhalten der Thrombozyten in der Zirkulation, ihre Reak­tionen auf chemi che Reize, veränderte Gefaß­oberflächen oder körperfremde Oberflächen sind durch morphologische Charakteristika gekenn­zeichnet, deren Kenntnis für die Erklärung der molekularbiologi chen und pathologischen Phä­nomene bei Hämo tase und Thrombose von gro­ßem Nutzen ist. Die in die em Kapitel darge-teUte funktionelle Morphologie der Thrombozy­

ten ba iert auf Daten au der Ultra trukturfor­schung; da 011 aber nicht heißen, daß andere mikro kopi che und morphologi che Techniken wie "atomic force micro copy", "confocal laser micro copy" und Durchflußzytometrie, für die morphologi che Be chreibung der Thrombozyten und ihrer Reaktionen weniger wichtig wären.

1.1 Gestalt und Beschaffenheit der Thrombozyten

Unstimulierte Thrombozyten zirkulieren in ihrer diskoiden Ruheform. Die mittlere Größe dieser

I Frau PD Dr. B. Kehrel und Herrn Prof. R. Dierichs, Mün­ster, Herrn Prof. P. Mestres, Homburg, Herrn Prof. N. O. Solum und Herrn Dr. P. A. Holme, Oslo, sowie Herrn Dr. A. Ruf, Karlsruhe, danke ich für die kollegiale Zusammen­arbeit. Mein Dank für geduldige Hilfe gilt auch Herrn Dr. 1. Edelmann und meinen Mitarbeiter(inne)n Frau A. Ve­cerdea, Frau S. Schwarz, Frau B. Strauß und Herrn D. Ba­stian in Homburg.

Diskozyten wird mit 1-3,1 11m, ihr Volumen mit 4-7,6 fl, ihr Gewicht mit etwa 10 pg angegeben. Nach Blutentnahme findet man mehr als 90% Dis­kozyten ohne Pseudopodien (Abb. 1.1 a, 1.2 a, 1.3 und 1.4). Wenn die Thrombozyten durch schonen­des Zentrifugieren von anderen Blutzellen im plättchenreichen (antikoagulanshaltigen) Plasma (PRP) isoliert werden oder wenn das Blutplasma durch Waschen der Thrombozyten durch balan­cierte und gepufferte Salzlösungen ersetzt wird, bleibt die Diskusform erhalten. Stimulierte Throm­bozyten runden sich ab und bilden Pseudopodien aus (Echinosphärozyten in Abb. 1.1 b). In Anwe­senheit von Fibrinogen aggregieren aktivierte Thrombozyten (Abb. 1.1 bund l.5). Formwandel ("shape change") und Aggregation erfolgen nach Stimulation mit ADP oder Thrombin innerhalb von Sekunden (Abschn. 1.2). Die Adhäsion wird durch repetitive BindungssteUen für Membranmo­leküle oder Rezeptoren auf der Oberfläche der Thrombozyten bewirkt (z. B. am multimeren Von­Willebrand-Faktormolekül, an Kollagenfasern oder an oberflächengebundenem Fibrinogen). Die Ad­häsion induziert einen Formwandel und eine star­ke Stimulation. An planen Oberflächen bilden ad­härente Thrombozyten Ausbreitungsformen.

1.2 Oberfläche der Thrombozyten, Adhäsion und Aggregation

Die Plasmamembran des ruhenden Thrombozyten (Dimensionen in Tabelle 1.1) weist eine geordnete Verteilung der Membranphospholipide a~f, d~e durch Stimulation verändert wird. So steIgt dIe Membranfluidität nach Stimulation und der Exozy­tose gehen "Transbilayer-Bewegungen" der Mem­branlipide voraus. Die Glykokalyx ist im. Trans­missionselektronenmikroskop (TEM) slChtbar, wenn elektronendichte Verbindungen an die mem­branständigen Proteoglykane und an Kohlenhy­dratgruppen von membranintegrierten Glykopro-

G. Müller-Berghaus et al. (eds.), Hämostaseologie© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1999

4 E. Morgenstern

, MB

O,5~m 1.3 Io.....-~ _________ ....... ~.:....-_______ ~...:....;..~ 1.4

Abb. 1.1 a, b. Thrornbozyten irn Rasterelektronenmikroskop. a Diskozy­ten (D) mit wenig Pseudopodien (PP) und im Vergleich ein Erythrozyt (E). b Echinosphärozyten (fC) und ein Thrombozytenaggregat (A) nach ADP-Stimulation, L, Leukozyten. (Aufnahme: Prof. Dr. P. Mestres, Anato­misches Institut der Universität des Saarlandes)

Abb. 1.2 a, b. Wachsplattenrekonstruktion (Modell: Werner u. Morgen­stern 1980) eines Diskozyten aus Serienschnitten: a Oberfläche mit Öffnungen des SCS ("surface connected system"). b SCS in den rand na­hen Bezirken des Diskozyten

Tabelle 1.1. Normalwerte von Membranoberflächen in unstimulierten Thrombozvten. (Nach Froimovic und Milton 1983)

Relative Dichte Absolute Dichte [%] [j.lm2/Zelle)

Plasmalemm 30 19

.surface connected system" 24 14

Q·Granula 24 14

"dense bodies' 3

.dense tubular system" 19 11

teinen binden. Proteoglykane der Glykokalyx ver­mitteln die Bindung von Kollagen und Von-Wille­brand-Faktor und erlauben Interaktionen der Thrombozyten mit Leukozyten.

Die Membranglykoproteine (GP) der Thrombo­zyten sind Rezeptoren für physiologische Agoni-

Abb. 1.3. Computerunterstützte 3-D-Rekonstruktion eines Diskozyten aus Serienschnitten: Plasmalemm (transparent), SCS ("surface connected system"; 5), a-Granula (grau), und Mitochondrien (M). Die Software "BioModei" für Apple Computer wurde dankenswerterweise von Prof. Dr. Rolf Dierichs, Anatomisches Institut der Universität Münster, zur Ver­fügung gestellt

Abb. 1.4. Diskozyt im Ultradünnschnitt (TEM) nach Kryopräparation (Kryofixation und -substitution, s. Morgenstern u. Edelmann 1989). An­geschnitten sind das marginale Bündel der Mikrotubuli (MB), SCS ("surface connected system"; 5) und a-Granula (G), die separiert von­einander im Zytoplasma liegen

sten (ADP, Thrombin oder Thromboxan). Andere Membranglykoproteine sind Rezeptoren für Ligan­den, welche die Adhäsion der Thrombozyten an das Subendothel oder an andere Zellen vermitteln. Dazu gehört der GP Iba-V-IX-Komplex, der bei den in der Zirkulation herrschenden hohen Scher­kräften den Beginn der Thrombozytenadhäsion auslöst. GP Iba vermittelt die Bindung von Von­Willebrand-Faktor und dar an assoziiertem Kolla­gen. Die zunächst reversible und relativ schwache Haftung führt zu einer Aktivierung anderer Re­zeptoren, insbesondere GP IIb- lIla. GP IIb-lIla als Rezeptor für Fibrinogen, Fibrin, Fibronektin, Von­Willebrand-Faktor und Vitronektin sichert den fe­sten Kontakt der adhärenten Thrombozyten mit der extrazellulären Matrix oder anderen Oberflä­chen, auf denen sich die Thrombozyten ausbrei­ten. GP IIb-IIIa vermittelt auch die Kontakte bei der Bildung von Thrombozytenaggregaten und des Thrombozyten-Fibrin-Thrombus. GP la-lla ist ein

a /

/

Abb. 1.5 a-e. Aggregierte Thrombozyten. a-( zeigen gelfiltrierte Thrombozyten, die in Anwesenheit von 1 A nm gold markierten Fibrino­genmolekülen (Endkonzentration 40 ~g/ml Suspension) mit ADP (5 ~M) stimuliert wurden (Experiment: PD Dr. Beate Kehret Universität Mün­ster). Nach Kryopräparation wurden Serienschnitte der Aggregate einer Silberverstärkung unterzogen, um die Nanogoldpartikel sichtbar zu ma­chen. Die Pfeile zeigen auf die fokalen Kontakte zwischen den aggre­gierten Thrombozyten. Die Kontaktspalten sind mit markierten Fibrino-

weiterer direkter Kollagenrezeptor. Für andere Mo­leküle der extrazellulären Matrix wie Fibronektin, Laminin, Thrombospondin und Vitronektin sind ebenfalls GP-Rezeporen vorhanden, die die Adhäsi­on unterstützen.

Für die Aggregation der Thrombozyten ist der Rezeptor GP IIb-IIIa verantwortlich. Er vermittelt die fokalen Kontakte (Abb. 1.5 a-e) der aktivierten Thrombozyten in Aggregaten über Fibrinogenmo­leküle. Die konstante Spaltbreite von 40-50 nm entspricht der Länge der Fibrinogenmoleküle. Die fokalen Kontakte der aggregierten Thrombozyten weisen daneben typische enge Membrankontakte auf ("tight contacts" in Abb. 1.5 a), die den "tight junctions" zwischen anderen Zellen vergleichbar sind. Ihre Funktion ist noch nicht bekannt. Wird die Aggregation durch schwache Agonisten wie ADP unter physiologischen extrazellulären Ca­Konzentrationen ausgelöst, ist dieser Vorgang auch in vivo reversibel. Zur irreversiblen Aggregation kommt es unter starker Stimulation (s. Abschn.

Morphologie der Thrombozyten 5

*

gen molekülen überbrückt. In a ist ein .,tight contact" zu sehen (Pfeil­spitze). Die Sternchen in a-( indizieren die Internalisation von Fibrino­gen. In a ist die Spitze der internalisierten Membran an das kontraktile Gel (dünne Pfeile) assoziiert. d und e zeigen Kontaktspalten mit Fibrino­genbrücken aus einem ADP-induziertem Aggregat aus Thrombozyten in Zitratplasma. Die Pfeilspitzen indizieren die schräg verlaufenden Fibrino­genmolekülen zwischen den Membranen

1.6.2) und alle Aktivierungsreaktionen (Degranu­lation, Reorganisation des kontraktilen Zytoskelet­tes) begleiten die Aggregation (s. Abschn. 1.5.2 und 1.6.2). Die Zahl der elektronenmikroskopisch und ultrazytochemisch nachweisbaren Fibrinogen­und/oder Rezeptormoleküle an der Oberfläche ei­nes aktivierten Thrombozyten wird auf 70 000 ge­schätzt. Das stimmt mit Werten aus biochemi­schen Studien gut überein. Am ruhenden Throm­bozyten scheint dieser Rezeptor Fibrinogen nur in sehr geringer Menge zu binden.

Die Fähigkeit der Thrombozyten, Fibrin- und Kollagenfasern zu retrahieren, ist an die geschil­derten Ligand-Rezeptor-Beziehungen gebunden. Bei dieser Thrombozytenfunktion spielt das über Linkermoleküle an die Rezeptoren gebundene kon­traktile Zytoskelett (s. Abschn. 1.5.2 und 1.6.2) eine wichtige Rolle.

6 E. Morgenstern

1.3 Das oberflächenverbundene Membransystem

Das für unstimulierte Thrombozyten des Men­schen charakteristische "surface connected sy­stem" (SeS) oder auch "open canalicular system" genannte Membransystem besteht aus verzweigten Kanälen (s. Abb. 1.2 b, 1.3 und 1.4). Die Oberfläche der Diskozyten (s. Abb. 1.2a und b) zeigt Mün­dungen des ses. Die Membranoberflächen des ses haben eine Ausdehnung wie das Plasmalemm oder die a-Granulamembranen (s. Tabelle 1.1) und Eigenschaften, die denen des Plasmalemms sehr ähnlich sind. So sind dort auch die Plasmalemm­rezeptormoleküle GP Ib und GP IIb-lIla lokalisiert (s. Abb. 1.7 a). Das Eintreten von Makromolekülen in das ses ist möglicherweise behindert. Das Abschnüren von Transportvesikeln (s. Abschn. 1.4 und 1.6.1) an den Membranen des ses spricht aber für einen solchen Zugang.

Beim Formwandel der Thrombozyten wird das ses evaginiert. Es dient als Membranreservoir für diesen sehr schnellen Vorgang: Reduzierung oder Verschwinden des ses beim Formwandel (s. Abb. 1.5 a, 1.8 und 1.10 a-c) oder während der Ausbreitung sind charakteristisch. Bei anderen Spezies (Rind) fehlt das ses in den Thrombozyten und deren Formwandel verläuft sehr langsam. Dem ses wird eine Rolle als Transportweg für Se­kretionsprodukte aus den Speicherorganellen zuge­schrieben. Man findet aber nach Stimulation mit Thrombin lediglich Fusionen der Granula mit dem Plasmalemm und nicht mit dem ses, wenn geeig­nete Methoden zur Fixation verwendet werden (Kryofixation, "rapid freezing", s. Abschn. 1.8).

1.4 lI(oated membranes"

Membranabschnitte der Thrombozyten sind mit elathrin in einer charakteristischen polyhedralen Anordnung auf der zytoplasmatischen Membran­seite bedeckt. Sie sind allgemein in Zellen an Transportprozessen beteiligt. In den Thrombozy­ten findet man "coated membranes" als Einstül­pungen ("pits") des Plasmalemm oder des ses (Abb. 1.6 b), aber auch als Protrusionen der a-Gra­nulamembran (s. Abb. 1.6 a) und als "coated vesi­des". Beim Transport von kationisiertem Ferritin und Gold oder Thorotrast, markiertem Fibrinogen oder monoklonalen Antikörpern gegen GP IIb-lIla sind "coated membranes" beteiligt. Vieles spricht

Abb. 1.6. "Coated rnembranes" an der Protrusion eines a-Granulum (Pfem; b "coated membranes" an der Membran eines quergeschnittenen "coated pits" des SCS ("surface connected system"). Beide Strukturen enthalten monoklonales anti­GP IIb-lIla-lgG (P2), markiert mit IgG-Gold. Präparation und Goldmarkierung wie in Abb.1.7

dafür, daß sie eine Rolle beim konstitutionellen Transport von Molekülen von der Thrombozyten­oberfläche in die a-Granula (s. Abschn. 1.6.1 und 1.7.3) spielen. Wie in anderen Zellen scheinen "coated membranes" aber nicht immer Vorausset­zung für solche Transportvorgänge zu sein.

1.5 Zellplasma und Zytoskelett

Das Grundplasma (Hyaloplasma oder Zytosol) un­stimulierter Thrombozyten zeigt im TEM einen fein­granulären Aspekt. Eingelagert sind Ansammlungen von Glykogenpartikeln und selten freie Ribosomen. Im Grundplasma des nichtaktivierten Thrombozy­ten (s. Abb. 1.4 und 1.7 d) verlaufen zirkuläre Mikro­tubuli als "marginales Bündel". Sie bedingen wie in anderen Diskozyten (Erythrozyten und Thrombo­zyten von Nichtsäugern) die Form der ruhenden Thrombozyten. Im aktivierten Thrombozyten ändern die Mikrotubuli ihre Lage und ihre Anord­nung (Abb.1.4 und 1.8). Mikrofilamente werden nor­malerweise erst nach Stimulation sichtbar.

a

O.SJ.lm

b

c

Abb. 1.7 a- f. Transport von monoklonalem anti-GP IIb-lIla-lgG (P2), markiert mit IgG-Gold, in die a-Granula des ruhenden Thrombozyten (Experiment: Dr. Andreas Ruf, Klinikum Karlsruhe, methodische Details in Morgenstern et al. 1992); ader kryofixierte Thrombozyt zeigt 10 min nach Inkubationsbeginn Markierungen an der Oberfläche und im ses ("surface connected system"). b-f Die Schnittserie aus einem

1 Morphologie der Thrombozyten 7

kryofixierten Diskozyten zeigt nach 90 min Inkubation Goldmarkierung an der Oberfläche (> in a und bl, sequestriert in Vesikeln, die nur in b und c und nicht in den benachbarten Schnitten sichtbar sind (Stern­chen) und in einem a-Granulum (G), das eine Protrusion mit Goldparti­keln aufweist (c und d); MB marginale Mikrotubuli, M Mitochondrium

Abb. 1.8. Aktivierter "Echinosphärozyt" (20 sec Kollagen; Kryopräparation). Der Ultradünnschnitt zeigt Formwandel (Abrundung und Pseudopodienbildung) und die zentralisierten Zell organellen, umschlos­sen vom kontraktilen Zytoskelett und Mikrotubuli (Pfeilspitzen). Das ses ("surface connected system") ist evaginiert

8 E. Morgenstern

1.5.1 Submembranäres Zytoskelett

Das submembranäre Zytoskelett (SMC) besteht aus kurzen Aktinfilamenten und kann im TEM mit speziellen Verfahren dargestellt werden. Dieses Ak­tin ist über Linkermoleküle wie Aktin-bindendes Protein oder Filamin an die Glykoproteine GP Ia (Rezeptor für Kollagen), GP Ib (Rezeptor für Thrombin und Von-Willebrand-Faktor) und GPIX in der Membran gebunden. Das SMC bildet ein viskoelastisches Gel, welches zusammen mit den marginalen Mikrotubuli als eine Voraussetzung für die Diskusform angesehen wird und das gegen Scherkräfte stabilisiert. Das SMC beeinflußt die Glykoprotein-, bzw. Rezeptorverteilung an der Oberfläche der Diskozyten, und es wird diskutiert, ob es beim Transport von Liganden im ruhenden Thrombozyten eine Rolle spielt (s. Abschn. 1.6.1). Wie in anderen Zellen auch verhindert das SMC die Fusion der sekretorischen Organellen der Thrombozyten (s. Abschn. 1.8) mit dem Plasma­lemm und stellt damit eine Exozytosebarriere dar. Destabilisierung des SMC führt nämlich zur Frei­setzung von Inhaltsstoffen der a-Granula. Aktiva­tion bewirkt Dissoziation des GP Ib-IX vom SMC und, wie in anderen sekretorischen Zellen, die

Abb. 1 .9a. b. Abschnürung von Mikropartikeln aus einem kryofixierten Thrombozyten 60 sec nach Zugabe des Kalziumionophoren A23187 (6mmol in Dimethylsulfoxyd) in Zitratplasma (Experiment: Dr. P.A. Holme, Rikshospitalet der Universität 0510); die 2 Schnitte aus einer Serie zeigen eine degranulierte Zelle, die von einer Anzahl zytoplasma­tischer Profile aus entstandenen Filopodien umgeben ist. Die Stellen der Abschnürung von Zytoplasmafragmenten von der Plasmamembran sind indiziert (Pfeile). Auch von den Membranen der Compoundgranula sind solche Abschnürungen zu beobachten

Auflösung des SMC. Solche Prozesse laufen über eine Degradation von Aktin/Membran-Linker-Pro­teinen oder durch Gelsolin-induzierte Fragmentie­rung des Aktins ab.

Auch die Bildung von sog. Membranpartikeln aus dem Plasmalemm geht mit einer Veränderung des SMC einher. Durch Hydrolyse des Aktinbin­denden Proteins wird die Anbindung der Mem­bran an die Aktinfilamente des SCM zerstört. Die Abb. 1.9 zeigt die Abschnürung ("shedding") von Zytoplasmafragmenten (Membranpartikeln) vom Plasmalemm und von Membranen der "compound granules" (s. Abschn. 1.8), die mit dem Ionophor A23187 induziert wurde. Physiologischerweise wird dieser Vorgang nach starker Stimulation oder durch Komplementproteine ausgelöst. Wie der ge­zeigte Mechanismus erklärt, haben die in vivo be­obachteten Membranpartikel eine prokoagulatori­sche Wirkung, da sie die Oberflächenkomponenten aktivierter Thrombozyten aufweisen.

Im Inneren des ruhenden Thrombozyten be­steht außerdem ein lockeres Netzwerk langer Ak­tinfilamente, das im TEM nur mit speziellen Me­thoden dargestellt werden kann. Dieses Netzwerk wird für die separierte Anordnung der Zellorga­nellen im Ruhezustand (s. 1.7.3-5) verantwortlich gemacht.

1.5.2 Kontraktiles Zytoskelett

Unter Einfluß von Agonisten formiert sich ein kontraktiles Gel aus zytoplasmatischen Aktin- und Myosinmolekülen, welche im Ruhezustand weitge­hend nichtpolymerisiert vorliegen. Es besteht aus Aktin- und Myosinfilamenten und umschließt zu­nächst die Masse der Zellorganellen. Die Konstrik­tion dieses Gels bewirkt die zentrale Zusammenla­gerung der Organellen (s. Abb. 1.8 und 1.10a) und unterstützt so enge Membrankontakte (Appositio­nen, s. Abschn. 8) zwischen den sekretorischen a­Granula und Serotoningranula, die der Fusion zu Compoundgranula bei der Exozytose vorangehen. Andererseits werden über Rezeptoren und Linker­moleküle an das kontraktile Gel gebundene mole­kulare Liganden infernalisiert (s. Abb. 1.5a) oder Fasern (s. Abb. 1.11) retrahiert (s. Abschn. 6.2).

a b -SG

Abb. 1.10 a- c. Beginnende Exozytose in einem thrombinstimulierten Thrombozyten in EDTA-Plasma in Serienschnitten nach Kryofixation; a Das kontraktile Zytoskelett (Pfeilspitzen) umschließt die Organellen, deren Membranen kontaktieren ("Appositionen"). Das ses C,surface connected system") ist evaginiert. Ein Granulum ist in Apposition mit dem Plasmalemm (5G in b). Dieses a-Granulum hat offensichtlich be­reits mit dem Plasmalemm fusioniert, denn es ist durch Wasserein­strom angeschwollen (5G in bund c) und seine Matrix löst sich auf. Eine Fusionspore (vergl. Abb. 1.14 a) ist wegen der Schnittführung nicht zu sehen. M = Mitochondrien

Abb. 1.11 . Degranulierter Thrombozyt bei der Internalisation einer Kol­lagenfaser (Pfeile) nach 6 min Inkubation (Kryopräparation). Die dicken Pfeile weisen auf weitere adhärente Kollagenfasern. Wie die Rekonstruk­tion in Abb. 1.12 zeigt, sind die internalisierten Mernbranen an das kontraktile Zytoskelett (eG) assoziiert

1 Morphologie der Thrombozyten 9

1.6 Zytoskelett und Transport von liganden

1.6.1 Konstitutioneller Transport im ruhenden Thrombozyten

In jüngster Zeit häufen sich Hinweise auf Trans­portvorgänge, die unabhängig vom Energiestoff­wechsel und vom kontraktilen Gel in den ruhen­den Thrombozyten ablaufen. Sie führen zur Inter­nalisation und zur Endozytose in die a-Granula. Clathrinmoleküle der "coated membranes" oder das SMC kommen als Mediatoren für solche Vor­gänge in Frage. Die Liganden werden in "coated vesicles" - und vor der Aufnahme in die a-Granula - in "uncoated vesicles" sequestriert (s. Abb. 1.7 c und d). Dieser stimulusunabhängige, konstitutio­nelle Vesikeltransport, der auch Endosomen ein­schließen kann, erklärt die Aufnahme von Blut­plasma proteinen, die nicht in den Megakaryozyten synthetisiert werden, in die Speicherorganellen (s. Abschn. 1.7.3).

1.6.2 Internalisation im aktivierten Thrombozyten

Das kontraktile Gel ist die treibende Kraft für die Internalisation von Liganden in Membraninvagina­tionen (s. Abb. 1.5 a, und 1.11). Diese Liganden sind entweder selbst Stimuli, z. B. Kollagen oder kationisierte Proteine, oder sie binden an die Oberfläche aktivierter Thrombozyten (z. B. Fibri­nogen / Fibrin). Ein Beispiel für die Internalisation fibrillärer Liganden ist die thrombininduzierte Ge­rinnselbildung. Zunächst binden Fibrinogen bzw. polymerisierendes Fibrin an der Oberfläche der Thrombozyten, die Aggregate bilden. Es entstehen Cluster von Ligand-Komplexen mit dem Fibrino­genrezeptor GP IIb-IIIa. Solche Cluster assoziieren via Linkerproteine (a-Aktinin, Talin, Vinculin) an das kontraktile Zytoskelett und stellen damit das Substrat fokaler Kontakte dar. Die bei der Fibrin­polymerisation entstehenden Fibrinfasern separie­ren die aggregierten Thrombozyten voneinander. Adhärente Fibrinfasern werden durch die konstrik­torische Bewegung des kontraktilen Gels der nun frei im Fasernetz agierenden Thrombozyten inter­nalisiert und das entstehende Fibrinnetz wird da­bei retrahiert. Unter der bei der Retraktion anstei­genden Spannung organisiert sich die vom kon­traktilen Gel gebildete Kugel um. In retrahierten Gerinnseln verbinden Bündel aus Aktin- und Myo­sinfilamenten die fokalen Kontakte, die als Äqui-

10 E. Morgenstern

Abb. 1.12. 3-D-Rekonstruktion aus Serienschnitten eines Thrombozyten bei der Internalisation von Kollagenfasern (CF) wie Abb. 1.11. Die obere Faser ist gekrümmt und um die Mikrofilamente des kontraktilen Gels (C6) gelegen, das in Form einer Kugel in der Zellmitte kontrahiert ist. Die Mikrotubuli (MD sind um die konstriktorische Kugel angeordnet und gehäuft an Kontakten des Plasmalemm mit Kollagen an Preudopo­dien anzutreffen. M = Mitochondrien

Abb. 1.13 a-d. DTS ("dense tubular system") in einem Diskozyten (Kryopräparation). Eine Zisterne ist in der Schnittserie zu verfolgen (Pfei/e). In b sind tubuläre und vesikuläre Abschnitte der DTS zu erken­nen (Pfei/spitzen in b). S ("surface connected system")

Abb. 1.14a, b. Bildung von Compoundgranula (C6) in thrombinstimu­lierten Thrombozyten (Kryopräparation). a Am oberen Bildrand ist ein geschwollenes Granulum (Sternchen) mit einer Fusionspore (Pfei/spitze) und ein ausgedehntes Compoundgranulum mit Appositionen zu 2 wei­teren Granula (6) zu sehen. b In einem anderen Schnitt dieser Serie ist die Verbindung zwischen dem Granulum (Sternchen) und dem Com­poundgranulum dargestellt (Pfei/spitze); E Erythrozyt

Abb. 1.15 a, b. Serotoningranula ("dense bodies") mit elektronendich­ter Matrix (OB) in thrombinstimulierten Thrombozyten (Kryopräparation) Im Vergleich dazu v-Granula (G); bein "dense body" fusioniert mit dem Plasmalemm (Pfem. Die elektronendichte Matrix füllt nur einen Teil der Organelle aus

valent der "stress fibers" der Fibroblasten angese­hen werden können. Bei der Retraktion von Kolla­genfasern (s. Abb. 1.11 und 1.l2) werden vergleich­bare Reaktionen des Zytoskelettes beobachtet.

1.7 Zellorganellen

1.7.1 Mitochondrien

Im TEM findet man pro Thrombozytenanschnitt etwa 2 Mitochondrien (s. Abb. 1.10 c). Sie haben einen Durchmesser von etwa 200 nm, enthalten reichlich eristae und erreichen mit einem Anteil von ca. 3% am Zytoplasmavolumen (Tabelle 1.2) eine Größenordnung wie in glatten Muskelzellen oder Monozyten. Die Rolle der Mitochondrien im Energiemetabolismus der Thrombozyten wird mit diesen Daten gut belegt.

1.7.2 "Dense Tubular System"

Das abgeschlossene Membransystem - wegen sei­ner Ultrastruktur nach konventioneller Fixation als "dense tubular system" (DTS) bezeichnet - ist ubiquitär im Zytoplasma der Thrombozyten ver­teilt. Seine verzweigten Tubuli sind sowohl in der Nähe des marginalen Bündels der Mikrotubuli als auch in enger Nachbarschaft zu den zentral gelege­nen Organellen zu finden. In vielen Thrombozyten lassen sich Komplexe zwischen ses und DTS be­obachten. Nach Gefrierfixation (Abb. 1.13 a-d) be­steht das DTS aus sehr englumigen Zisternen und bläschenförmigen Abschnitten wie ein regelrechtes endoplasmatisches Retikulum. Reste des riboso­menbesetzten, granulären endoplasmatischen Reti­kulums aus den Megakaryozyten sind selten. Der Volumen anteil des DTS wird auf 1,4% des Throm­bozytenvolumens geschätzt (s. Tabelle 1.1 und 1.2). Das DTS läßt sich mit dem sarkoplasmatischen Retikulum des Skelett muskels vergleichen. Lipide,

Tabelle 1.2. Normalwerte der relativen Volumina (Vol-%) von Zeilstruk­turen in unstimulierten Thrombozyten. (Nach Morgenstern 1997)

.surface connected system· 6-20

.dense tubular system" 1,4

o -Granula 9- 15

.dense bodies· 0,3- 1,2

Mitochondrien 1- 2.8

1 Morphologie der Thrombozyten 11

divalente Kationen, Proteine, Peroxidasen und Markerenzyme für das endoplasmatische Retiku­lu~ sind ultrazytochemisch in den Tubuli nachge­WIesen. Für seine regulative Funktion bei Throm­bozytenreaktionen sprechen die ubiquitäre Vertei­lung, die Akkumulation von Kalziumionen und die vielen Hinweise auf die Lokalisation von ATP-asen Adenylatzyklase und Enzymen des Endoperoxid~ stoffwechsels in den Membranen des DTS.

1.7.3 a-Granula

Die a-Granula haben einen Anteil von 15% (10-17%) am Thrombozytenvolumen (s. Tabelle 1.2). Die 150-400 nm großen Organellen sind im nicht­aktivierten Thrombozyten sphäroid und liegen zentral, durch Zytoplasma voneinander, vom Plasmalemm und vom ses separiert (s. Abb. 1.4, 1.7a-f). Sie zeigen eine dichte Matrix, in die ein elektronendichteres "Nucleoid" eingelagert ist. In der Peripherie der granulären Matrix findet man manchmal tubuläre Strukturen (Durchmesser 20nm) angeschnitten. Die Organellenmembran kann Protrusionen aufweisen (s. Abb. 1.6a und 1.7c-f), die glatt oder als "coated membranes" aus­gebildet sind. Die a-Granula sind Speicherorganel­Ien für eine Anzahl verschiedener Proteine. Nach ihrer Freisetzung sind diese Moleküle an einer Viel­zahl von Reaktionen der Thrombozyten beteiligt: • an der Aggregation und an der Interaktion mit

anderen Zellen oder mit den Strukturen der bin­degewebigen Matrix (Fibrinogen, Fibronektin, Thrombospondin, Vitronektin, Von-Willebrand­Faktor oder ß-Thromboglobulin und Plättchen­faktor 4),

• an der Gerinnung und Fibrinolyse (Faktor V und VIII, Fibrinogen und andere adhäsive Gly­koproteine, Plasminogen, Plasminogenaktivator­inhibitor-I) oder

• an der Entzündungs- und Immunreaktion ("chemotactic factor", "permeability factor", "bactericidal factor", "platelet derived growth factor", Komplementfaktoren, Immunglobuline).

Viele Inhaltsstoffe der a-Granula sind Proteine des Blutplasmas. Thrombozyten sind in der Lage, Mo­leküle wie Fibrinogen oder aber Albumin und Im­munglobuline aus dem umgebenden Plasma aufzu­nehmen und in den a-Granula zu speichern. Ultra­strukturelle Untersuchungen zeigen, daß Fibrino­gen oder Albumin an kolloidales Gold gebunden über "uncoated" oder "coated pits" aufgenommen und - oft nach kurzzeitiger Sequestrierung in

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"coated vesicles" - über Transportvesikel in die a­Granula gelangen. Der Transport von goldmarkier­ten Antikörpern gegen den Fibrinogenrezeptor GP IIb-IIIa, der auch in die Membranen der a-Gra­nula integriert ist, in die a-Granula unstimu­lierter Thrombozyten ist ebenfalls dokumentiert (s. Abb. 1.7b-f). Diese Transportvorgänge werden als rezeptorgesteuerte konstitutionelle Endozytose angesehen, die bestimmte Liganden den a-Granula zuführt. Es ist anzunehmen, daß dieser kontinu­ierliche Vorgang im ruhenden Thrombozyten durch ein Rezeptorrecycling ermöglicht wird.

Neben dem Fibrinogenrezeptor GP IIb-IIIa sind in den a-Granula-Membranen auch GP Ib, GPV und GP IX nachgewiesen worden. Daneben findet man dort Glykoproteine, die nur bei Exozytose an der Thrombozytenoberfläche erscheinen (P-Selek­tin) . Es gibt Hinweise, daß einige der a-Granulain­haltsstoffe bestimmten Organellenarealen zuzuord­nen sind. So ist in der Region der tubulären Sub­strukturen immunzytochemisch der Von-Wille­brand-Faktor nachgewiesen. Nach anderen Studien soll Fibrinogen in der Matrix und Plättchenfaktor 4 im Nucleoid angereichert sein, während ß­Thromboglobulin oder Albumin ubiquitär im Gra­nulum lokalisiert sind. Solche Verteilungs unter­schiede wurden für Fibrinogen, Fibronektin, Thrombospondin, Vitronektin und ß-Thromboglo­bulin nicht beschrieben.

1.7.4 Serotoningranula C,dense bodies")

Man findet etwa 5-6 Serotoningranula ("dense bo­dies") pro Plättchen. Ihr Volumenanteil wird auf 0,3-1,2% des Thrombozytenvolumens geschätzt (s. Tabelle 1.2). Die etwa 200 nm großen Organel­len unterscheiden sich von den a-Granula durch einen elektronendichteren Inhalt (s. Abb. U5a und b), der die Organellen nicht immer völlig ausfüllt. Die Elektronendichte wird auf Kalzium- und (bei manchen Spezies) Magnesiumionen sowie auf anorganisches Phosphat zurückgeführt. Hohe Me­tall- und Nukleotidkonzentrationen führen zur Bil­dung von unlöslichen Kalzium-Phosphonukleotid­Komplexen, welche die Speicherung von biogenen Aminen in diesen Organellen erleichtern. Hohe Konzentrationen von Nucleotiden (ATP, ADP) und Serotonin in den "dense bodies" ermöglichen die differenzierende Darstellung mit Uranverbindun­gen im TEM (uranaffine Reaktion). Serotonin wird von den Thrombozyten mittels eines energieab­hängigen Carriermechanismus aufgenommen, und den Thrombozyten wird deshalb eine wichtige

Rolle bei der Senkung des Serotoninspiegels im Blut zugeschrieben. Ob Megakaryozyten des Men­schen bereits biogene Amine enthalten, ist umstrit­ten. Freigesetztes Serotonin verstärkt viele Reaktio­nen bei der Hämostase und mag lokal zur Vaso­konstriktion führen. Freigesetztes ADP führt Formwandel und Aggregation der Thrombozyten herbei und gilt als wichtiger Mediator der scher­kraftinduzierten Aggregation. Die Membran der Organellen enthält neben P-Selektin auch das Membranprotein Granulophysin. Mit dieser Fest­stellung schien die Diskussion um ein Hervorge­hen der "dense bodies" aus den a-Granula been­det. Inzwischen sind aber auch in der Membran der "dense bodies" die Rezeptormoleküle GP Ib und GP IIb-IIIa (wie in den a-Granulamembranen) festgestellt worden, was für eine enge Verwandt­schaft dieser beiden Organellentypen spricht.

1.7.5 Lysosomen und Peroxisomen

Lysosomen werden ultrazytochemisch als ein weiterer, kleiner Organellentyp (175-250 nm im Durchmesser) differenziert. Ein Glykoprotein in der Lysosomenmembran der Thrombozyten mit einem Molekulargewicht von 53000 erscheint wie P-Selektin erst nach Aktivation an der Thrombo­zytenoberfläche. Das Auftreten von sekundären Lysosomen und die Bildung von Autophagozytose­vakuolen sind beschrieben. Mikroperoxisomen können als katalasereaktive Organellen nach Inku­bation in Diaminobenzidinlösung bei pH 9,7 von a-Granula und anderen Zellorganellen unterschie­den werden.

1.8 Exozytose

Nach starker Stimulation bilden die Membranen der a-Granula und "dense bodies" Appositionen, d. h. punktuelle Kontakte der Organellenmembran mit dem Plasmalemm (s. Abb. 1.l0a-c). Oft neh­men die a-Granula dabei eine langgestreckte Form an. Die Appositionen gelten als Präfusionsstadien des Exozytoseprozesses. In solchen veränderten a­Granula treten oft periodische Streifungen von 23 nm (charakteristisch für Fibrin) auf. Der Grund dafür könnte sein, daß bereits eine enge Fusions­pore Wassereinstrom und damit Fibrinpolymerisa­tion erlaubt. Die sekretorischen Organellen fusio­nieren nach Bildung von Appositionen mit dem Plasmalemm. Beide Organellen typen, a-Granula

und "dense bodies" (Abb. 1.15 b), können diesen Prozeß einleiten. Sie schwellen nach Entstehen ei­ner Fusionspore und Wassereinstrom aufgrund ih­rer sehr hohen Stoffkonzentrationen stark an (Abb.1.14a,b). Weitere Fusionen mit benachbar­ten a-Granula und "dense bodies" werden durch die konstriktorische Aktion des kontraktilen Gels unterstützt und führen zu ausgedehnten "com­pound granules" (s. Abb. 1.14a,b). Reste der elek­tronendichten Matrix der "dense bodies" finden sich mit Überbleibseln aus der a-granulären Ma­trix in solchen Compoundgranula zusammen. De­ren Inhalt wird mit Hilfe des kontraktilen Zytoske­lettes ausgetrieben. Trotz dieser morphologischen Beobachtungen wird die Frage diskutiert, ob die Freisetzungsreaktion aus a-Granula oder "dense bodies" früher erfolgt. Degranulierte Thrombozy­ten weisen ein Konvolut von mehr oder weniger dilatierten Vesikeln auf. Nach Desaktivierung neh­men solche Zellen ("exhausted platelets") wieder Diskusform an.

Die Wandlungsfahigkeit der Form und der 1n­nenstrukturen (SC ,OrganeLlenmembranen, Zy­toskelett) trägt den Aufgaben der Thrombozyten in der Zirkulation oder während des Hämostase­vorganges Rechnung. Charakteristisch für den unstimulierten Thrombozyten ind die Oberflä­chenbe chaffenheit (Verteilung und Funktionszu­stand der membranständigen Rezeptormoleküle), die Anordnung des Zytoskelettes (marginales Bündel der Mikrotubuli, viskoelastisches SMC), das Vorhandensein eines Membranreservoirs in Form des SCS und die SpeicherorganelIen. Ein konstitutioneller Transportmechanismus unter Beteiligung von "coated membranes" findet der­zeit besondere Aufmerksamkeit, weil er die Auf­nahme von Molekülen aus dem Blutplasma in die peicherorganellen und das Rezyklieren von Rezeptoren und Membranen in den Thrombo­zyten erklären kann. Die Reaktionen der aktivier­ten Thrombozyten, Formwandel, Aggregation und Adhäsion, sind von einer Umwandlung des MC, der Bildung eines kontraktilen Gel und der Um­verteilung der Membranglykoproteine begleitet. Der Formwandel mit Pseudopodienbildung kann durch Evagination der Membranen des SC ehr rasch erfolgen. Fokale Kontakte mit Liganden ent­stehen, und durch die konstriktorische Aktion des kontraktilen Gels werden Fasern internalisiert und damit retrahiert. Auch die Sekretion aus den aus den peicherorganellen wird erst durch die Auflösung des SMC möglich und durch die

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Konstriktion des kontraktilen Gels erleichtert. Der toffwechsel der energieverbrauchenden Thrombozytenreaktionen wird durch gespeicher­te Glykogen und reichlich Mitochondrien ge­währlei tet. Ein dem sarkoplasmatischen Retiku­lum der Skelettmuskelzelle vergleichbares Mem­bransystem mit regulativen Funktionen ist in allen Funktionsstadien der Thrombozyten vor­handen.

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