1 Morphologie der Thrombozyten 1 E. MORGENSTERN
Die kernlo en Thrombozyten - im internationalen Schrifttum hat sich deshalb der Begriff "Blutplättchen" durchge etzt - sind die klein ten zellulären Elemente de Blute. ach ihrer Frei-etzung aus den polyploiden Megakaryozyten des
Knochenmarkes erfüllen ie wichtige Aufgaben bei der Blutstillung, der Gefaßreparatur und der Entzündung. Bei der Thrombo e und bei der Arteriosklerose spielen Thrombozytenfunktionen ebenfalls eine ent cheidende Rolle. Das Verhalten der Thrombozyten in der Zirkulation, ihre Reaktionen auf chemi che Reize, veränderte Gefaßoberflächen oder körperfremde Oberflächen sind durch morphologische Charakteristika gekennzeichnet, deren Kenntnis für die Erklärung der molekularbiologi chen und pathologischen Phänomene bei Hämo tase und Thrombose von großem Nutzen ist. Die in die em Kapitel darge-teUte funktionelle Morphologie der Thrombozy
ten ba iert auf Daten au der Ultra trukturforschung; da 011 aber nicht heißen, daß andere mikro kopi che und morphologi che Techniken wie "atomic force micro copy", "confocal laser micro copy" und Durchflußzytometrie, für die morphologi che Be chreibung der Thrombozyten und ihrer Reaktionen weniger wichtig wären.
1.1 Gestalt und Beschaffenheit der Thrombozyten
Unstimulierte Thrombozyten zirkulieren in ihrer diskoiden Ruheform. Die mittlere Größe dieser
I Frau PD Dr. B. Kehrel und Herrn Prof. R. Dierichs, Münster, Herrn Prof. P. Mestres, Homburg, Herrn Prof. N. O. Solum und Herrn Dr. P. A. Holme, Oslo, sowie Herrn Dr. A. Ruf, Karlsruhe, danke ich für die kollegiale Zusammenarbeit. Mein Dank für geduldige Hilfe gilt auch Herrn Dr. 1. Edelmann und meinen Mitarbeiter(inne)n Frau A. Vecerdea, Frau S. Schwarz, Frau B. Strauß und Herrn D. Bastian in Homburg.
Diskozyten wird mit 1-3,1 11m, ihr Volumen mit 4-7,6 fl, ihr Gewicht mit etwa 10 pg angegeben. Nach Blutentnahme findet man mehr als 90% Diskozyten ohne Pseudopodien (Abb. 1.1 a, 1.2 a, 1.3 und 1.4). Wenn die Thrombozyten durch schonendes Zentrifugieren von anderen Blutzellen im plättchenreichen (antikoagulanshaltigen) Plasma (PRP) isoliert werden oder wenn das Blutplasma durch Waschen der Thrombozyten durch balancierte und gepufferte Salzlösungen ersetzt wird, bleibt die Diskusform erhalten. Stimulierte Thrombozyten runden sich ab und bilden Pseudopodien aus (Echinosphärozyten in Abb. 1.1 b). In Anwesenheit von Fibrinogen aggregieren aktivierte Thrombozyten (Abb. 1.1 bund l.5). Formwandel ("shape change") und Aggregation erfolgen nach Stimulation mit ADP oder Thrombin innerhalb von Sekunden (Abschn. 1.2). Die Adhäsion wird durch repetitive BindungssteUen für Membranmoleküle oder Rezeptoren auf der Oberfläche der Thrombozyten bewirkt (z. B. am multimeren VonWillebrand-Faktormolekül, an Kollagenfasern oder an oberflächengebundenem Fibrinogen). Die Adhäsion induziert einen Formwandel und eine starke Stimulation. An planen Oberflächen bilden adhärente Thrombozyten Ausbreitungsformen.
1.2 Oberfläche der Thrombozyten, Adhäsion und Aggregation
Die Plasmamembran des ruhenden Thrombozyten (Dimensionen in Tabelle 1.1) weist eine geordnete Verteilung der Membranphospholipide a~f, d~e durch Stimulation verändert wird. So steIgt dIe Membranfluidität nach Stimulation und der Exozytose gehen "Transbilayer-Bewegungen" der Membranlipide voraus. Die Glykokalyx ist im. Transmissionselektronenmikroskop (TEM) slChtbar, wenn elektronendichte Verbindungen an die membranständigen Proteoglykane und an Kohlenhydratgruppen von membranintegrierten Glykopro-
G. Müller-Berghaus et al. (eds.), Hämostaseologie© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1999
4 E. Morgenstern
, MB
O,5~m 1.3 Io.....-~ _________ ....... ~.:....-_______ ~...:....;..~ 1.4
Abb. 1.1 a, b. Thrornbozyten irn Rasterelektronenmikroskop. a Diskozyten (D) mit wenig Pseudopodien (PP) und im Vergleich ein Erythrozyt (E). b Echinosphärozyten (fC) und ein Thrombozytenaggregat (A) nach ADP-Stimulation, L, Leukozyten. (Aufnahme: Prof. Dr. P. Mestres, Anatomisches Institut der Universität des Saarlandes)
Abb. 1.2 a, b. Wachsplattenrekonstruktion (Modell: Werner u. Morgenstern 1980) eines Diskozyten aus Serienschnitten: a Oberfläche mit Öffnungen des SCS ("surface connected system"). b SCS in den rand nahen Bezirken des Diskozyten
Tabelle 1.1. Normalwerte von Membranoberflächen in unstimulierten Thrombozvten. (Nach Froimovic und Milton 1983)
Relative Dichte Absolute Dichte [%] [j.lm2/Zelle)
Plasmalemm 30 19
.surface connected system" 24 14
Q·Granula 24 14
"dense bodies' 3
.dense tubular system" 19 11
teinen binden. Proteoglykane der Glykokalyx vermitteln die Bindung von Kollagen und Von-Willebrand-Faktor und erlauben Interaktionen der Thrombozyten mit Leukozyten.
Die Membranglykoproteine (GP) der Thrombozyten sind Rezeptoren für physiologische Agoni-
Abb. 1.3. Computerunterstützte 3-D-Rekonstruktion eines Diskozyten aus Serienschnitten: Plasmalemm (transparent), SCS ("surface connected system"; 5), a-Granula (grau), und Mitochondrien (M). Die Software "BioModei" für Apple Computer wurde dankenswerterweise von Prof. Dr. Rolf Dierichs, Anatomisches Institut der Universität Münster, zur Verfügung gestellt
Abb. 1.4. Diskozyt im Ultradünnschnitt (TEM) nach Kryopräparation (Kryofixation und -substitution, s. Morgenstern u. Edelmann 1989). Angeschnitten sind das marginale Bündel der Mikrotubuli (MB), SCS ("surface connected system"; 5) und a-Granula (G), die separiert voneinander im Zytoplasma liegen
sten (ADP, Thrombin oder Thromboxan). Andere Membranglykoproteine sind Rezeptoren für Liganden, welche die Adhäsion der Thrombozyten an das Subendothel oder an andere Zellen vermitteln. Dazu gehört der GP Iba-V-IX-Komplex, der bei den in der Zirkulation herrschenden hohen Scherkräften den Beginn der Thrombozytenadhäsion auslöst. GP Iba vermittelt die Bindung von VonWillebrand-Faktor und dar an assoziiertem Kollagen. Die zunächst reversible und relativ schwache Haftung führt zu einer Aktivierung anderer Rezeptoren, insbesondere GP IIb- lIla. GP IIb-lIla als Rezeptor für Fibrinogen, Fibrin, Fibronektin, VonWillebrand-Faktor und Vitronektin sichert den festen Kontakt der adhärenten Thrombozyten mit der extrazellulären Matrix oder anderen Oberflächen, auf denen sich die Thrombozyten ausbreiten. GP IIb-IIIa vermittelt auch die Kontakte bei der Bildung von Thrombozytenaggregaten und des Thrombozyten-Fibrin-Thrombus. GP la-lla ist ein
a /
/
Abb. 1.5 a-e. Aggregierte Thrombozyten. a-( zeigen gelfiltrierte Thrombozyten, die in Anwesenheit von 1 A nm gold markierten Fibrinogenmolekülen (Endkonzentration 40 ~g/ml Suspension) mit ADP (5 ~M) stimuliert wurden (Experiment: PD Dr. Beate Kehret Universität Münster). Nach Kryopräparation wurden Serienschnitte der Aggregate einer Silberverstärkung unterzogen, um die Nanogoldpartikel sichtbar zu machen. Die Pfeile zeigen auf die fokalen Kontakte zwischen den aggregierten Thrombozyten. Die Kontaktspalten sind mit markierten Fibrino-
weiterer direkter Kollagenrezeptor. Für andere Moleküle der extrazellulären Matrix wie Fibronektin, Laminin, Thrombospondin und Vitronektin sind ebenfalls GP-Rezeporen vorhanden, die die Adhäsion unterstützen.
Für die Aggregation der Thrombozyten ist der Rezeptor GP IIb-IIIa verantwortlich. Er vermittelt die fokalen Kontakte (Abb. 1.5 a-e) der aktivierten Thrombozyten in Aggregaten über Fibrinogenmoleküle. Die konstante Spaltbreite von 40-50 nm entspricht der Länge der Fibrinogenmoleküle. Die fokalen Kontakte der aggregierten Thrombozyten weisen daneben typische enge Membrankontakte auf ("tight contacts" in Abb. 1.5 a), die den "tight junctions" zwischen anderen Zellen vergleichbar sind. Ihre Funktion ist noch nicht bekannt. Wird die Aggregation durch schwache Agonisten wie ADP unter physiologischen extrazellulären CaKonzentrationen ausgelöst, ist dieser Vorgang auch in vivo reversibel. Zur irreversiblen Aggregation kommt es unter starker Stimulation (s. Abschn.
Morphologie der Thrombozyten 5
*
gen molekülen überbrückt. In a ist ein .,tight contact" zu sehen (Pfeilspitze). Die Sternchen in a-( indizieren die Internalisation von Fibrinogen. In a ist die Spitze der internalisierten Membran an das kontraktile Gel (dünne Pfeile) assoziiert. d und e zeigen Kontaktspalten mit Fibrinogenbrücken aus einem ADP-induziertem Aggregat aus Thrombozyten in Zitratplasma. Die Pfeilspitzen indizieren die schräg verlaufenden Fibrinogenmolekülen zwischen den Membranen
1.6.2) und alle Aktivierungsreaktionen (Degranulation, Reorganisation des kontraktilen Zytoskelettes) begleiten die Aggregation (s. Abschn. 1.5.2 und 1.6.2). Die Zahl der elektronenmikroskopisch und ultrazytochemisch nachweisbaren Fibrinogenund/oder Rezeptormoleküle an der Oberfläche eines aktivierten Thrombozyten wird auf 70 000 geschätzt. Das stimmt mit Werten aus biochemischen Studien gut überein. Am ruhenden Thrombozyten scheint dieser Rezeptor Fibrinogen nur in sehr geringer Menge zu binden.
Die Fähigkeit der Thrombozyten, Fibrin- und Kollagenfasern zu retrahieren, ist an die geschilderten Ligand-Rezeptor-Beziehungen gebunden. Bei dieser Thrombozytenfunktion spielt das über Linkermoleküle an die Rezeptoren gebundene kontraktile Zytoskelett (s. Abschn. 1.5.2 und 1.6.2) eine wichtige Rolle.
6 E. Morgenstern
1.3 Das oberflächenverbundene Membransystem
Das für unstimulierte Thrombozyten des Menschen charakteristische "surface connected system" (SeS) oder auch "open canalicular system" genannte Membransystem besteht aus verzweigten Kanälen (s. Abb. 1.2 b, 1.3 und 1.4). Die Oberfläche der Diskozyten (s. Abb. 1.2a und b) zeigt Mündungen des ses. Die Membranoberflächen des ses haben eine Ausdehnung wie das Plasmalemm oder die a-Granulamembranen (s. Tabelle 1.1) und Eigenschaften, die denen des Plasmalemms sehr ähnlich sind. So sind dort auch die Plasmalemmrezeptormoleküle GP Ib und GP IIb-lIla lokalisiert (s. Abb. 1.7 a). Das Eintreten von Makromolekülen in das ses ist möglicherweise behindert. Das Abschnüren von Transportvesikeln (s. Abschn. 1.4 und 1.6.1) an den Membranen des ses spricht aber für einen solchen Zugang.
Beim Formwandel der Thrombozyten wird das ses evaginiert. Es dient als Membranreservoir für diesen sehr schnellen Vorgang: Reduzierung oder Verschwinden des ses beim Formwandel (s. Abb. 1.5 a, 1.8 und 1.10 a-c) oder während der Ausbreitung sind charakteristisch. Bei anderen Spezies (Rind) fehlt das ses in den Thrombozyten und deren Formwandel verläuft sehr langsam. Dem ses wird eine Rolle als Transportweg für Sekretionsprodukte aus den Speicherorganellen zugeschrieben. Man findet aber nach Stimulation mit Thrombin lediglich Fusionen der Granula mit dem Plasmalemm und nicht mit dem ses, wenn geeignete Methoden zur Fixation verwendet werden (Kryofixation, "rapid freezing", s. Abschn. 1.8).
1.4 lI(oated membranes"
Membranabschnitte der Thrombozyten sind mit elathrin in einer charakteristischen polyhedralen Anordnung auf der zytoplasmatischen Membranseite bedeckt. Sie sind allgemein in Zellen an Transportprozessen beteiligt. In den Thrombozyten findet man "coated membranes" als Einstülpungen ("pits") des Plasmalemm oder des ses (Abb. 1.6 b), aber auch als Protrusionen der a-Granulamembran (s. Abb. 1.6 a) und als "coated vesides". Beim Transport von kationisiertem Ferritin und Gold oder Thorotrast, markiertem Fibrinogen oder monoklonalen Antikörpern gegen GP IIb-lIla sind "coated membranes" beteiligt. Vieles spricht
Abb. 1.6. "Coated rnembranes" an der Protrusion eines a-Granulum (Pfem; b "coated membranes" an der Membran eines quergeschnittenen "coated pits" des SCS ("surface connected system"). Beide Strukturen enthalten monoklonales antiGP IIb-lIla-lgG (P2), markiert mit IgG-Gold. Präparation und Goldmarkierung wie in Abb.1.7
dafür, daß sie eine Rolle beim konstitutionellen Transport von Molekülen von der Thrombozytenoberfläche in die a-Granula (s. Abschn. 1.6.1 und 1.7.3) spielen. Wie in anderen Zellen scheinen "coated membranes" aber nicht immer Voraussetzung für solche Transportvorgänge zu sein.
1.5 Zellplasma und Zytoskelett
Das Grundplasma (Hyaloplasma oder Zytosol) unstimulierter Thrombozyten zeigt im TEM einen feingranulären Aspekt. Eingelagert sind Ansammlungen von Glykogenpartikeln und selten freie Ribosomen. Im Grundplasma des nichtaktivierten Thrombozyten (s. Abb. 1.4 und 1.7 d) verlaufen zirkuläre Mikrotubuli als "marginales Bündel". Sie bedingen wie in anderen Diskozyten (Erythrozyten und Thrombozyten von Nichtsäugern) die Form der ruhenden Thrombozyten. Im aktivierten Thrombozyten ändern die Mikrotubuli ihre Lage und ihre Anordnung (Abb.1.4 und 1.8). Mikrofilamente werden normalerweise erst nach Stimulation sichtbar.
a
O.SJ.lm
b
c
Abb. 1.7 a- f. Transport von monoklonalem anti-GP IIb-lIla-lgG (P2), markiert mit IgG-Gold, in die a-Granula des ruhenden Thrombozyten (Experiment: Dr. Andreas Ruf, Klinikum Karlsruhe, methodische Details in Morgenstern et al. 1992); ader kryofixierte Thrombozyt zeigt 10 min nach Inkubationsbeginn Markierungen an der Oberfläche und im ses ("surface connected system"). b-f Die Schnittserie aus einem
1 Morphologie der Thrombozyten 7
kryofixierten Diskozyten zeigt nach 90 min Inkubation Goldmarkierung an der Oberfläche (> in a und bl, sequestriert in Vesikeln, die nur in b und c und nicht in den benachbarten Schnitten sichtbar sind (Sternchen) und in einem a-Granulum (G), das eine Protrusion mit Goldpartikeln aufweist (c und d); MB marginale Mikrotubuli, M Mitochondrium
Abb. 1.8. Aktivierter "Echinosphärozyt" (20 sec Kollagen; Kryopräparation). Der Ultradünnschnitt zeigt Formwandel (Abrundung und Pseudopodienbildung) und die zentralisierten Zell organellen, umschlossen vom kontraktilen Zytoskelett und Mikrotubuli (Pfeilspitzen). Das ses ("surface connected system") ist evaginiert
8 E. Morgenstern
1.5.1 Submembranäres Zytoskelett
Das submembranäre Zytoskelett (SMC) besteht aus kurzen Aktinfilamenten und kann im TEM mit speziellen Verfahren dargestellt werden. Dieses Aktin ist über Linkermoleküle wie Aktin-bindendes Protein oder Filamin an die Glykoproteine GP Ia (Rezeptor für Kollagen), GP Ib (Rezeptor für Thrombin und Von-Willebrand-Faktor) und GPIX in der Membran gebunden. Das SMC bildet ein viskoelastisches Gel, welches zusammen mit den marginalen Mikrotubuli als eine Voraussetzung für die Diskusform angesehen wird und das gegen Scherkräfte stabilisiert. Das SMC beeinflußt die Glykoprotein-, bzw. Rezeptorverteilung an der Oberfläche der Diskozyten, und es wird diskutiert, ob es beim Transport von Liganden im ruhenden Thrombozyten eine Rolle spielt (s. Abschn. 1.6.1). Wie in anderen Zellen auch verhindert das SMC die Fusion der sekretorischen Organellen der Thrombozyten (s. Abschn. 1.8) mit dem Plasmalemm und stellt damit eine Exozytosebarriere dar. Destabilisierung des SMC führt nämlich zur Freisetzung von Inhaltsstoffen der a-Granula. Aktivation bewirkt Dissoziation des GP Ib-IX vom SMC und, wie in anderen sekretorischen Zellen, die
Abb. 1 .9a. b. Abschnürung von Mikropartikeln aus einem kryofixierten Thrombozyten 60 sec nach Zugabe des Kalziumionophoren A23187 (6mmol in Dimethylsulfoxyd) in Zitratplasma (Experiment: Dr. P.A. Holme, Rikshospitalet der Universität 0510); die 2 Schnitte aus einer Serie zeigen eine degranulierte Zelle, die von einer Anzahl zytoplasmatischer Profile aus entstandenen Filopodien umgeben ist. Die Stellen der Abschnürung von Zytoplasmafragmenten von der Plasmamembran sind indiziert (Pfeile). Auch von den Membranen der Compoundgranula sind solche Abschnürungen zu beobachten
Auflösung des SMC. Solche Prozesse laufen über eine Degradation von Aktin/Membran-Linker-Proteinen oder durch Gelsolin-induzierte Fragmentierung des Aktins ab.
Auch die Bildung von sog. Membranpartikeln aus dem Plasmalemm geht mit einer Veränderung des SMC einher. Durch Hydrolyse des Aktinbindenden Proteins wird die Anbindung der Membran an die Aktinfilamente des SCM zerstört. Die Abb. 1.9 zeigt die Abschnürung ("shedding") von Zytoplasmafragmenten (Membranpartikeln) vom Plasmalemm und von Membranen der "compound granules" (s. Abschn. 1.8), die mit dem Ionophor A23187 induziert wurde. Physiologischerweise wird dieser Vorgang nach starker Stimulation oder durch Komplementproteine ausgelöst. Wie der gezeigte Mechanismus erklärt, haben die in vivo beobachteten Membranpartikel eine prokoagulatorische Wirkung, da sie die Oberflächenkomponenten aktivierter Thrombozyten aufweisen.
Im Inneren des ruhenden Thrombozyten besteht außerdem ein lockeres Netzwerk langer Aktinfilamente, das im TEM nur mit speziellen Methoden dargestellt werden kann. Dieses Netzwerk wird für die separierte Anordnung der Zellorganellen im Ruhezustand (s. 1.7.3-5) verantwortlich gemacht.
1.5.2 Kontraktiles Zytoskelett
Unter Einfluß von Agonisten formiert sich ein kontraktiles Gel aus zytoplasmatischen Aktin- und Myosinmolekülen, welche im Ruhezustand weitgehend nichtpolymerisiert vorliegen. Es besteht aus Aktin- und Myosinfilamenten und umschließt zunächst die Masse der Zellorganellen. Die Konstriktion dieses Gels bewirkt die zentrale Zusammenlagerung der Organellen (s. Abb. 1.8 und 1.10a) und unterstützt so enge Membrankontakte (Appositionen, s. Abschn. 8) zwischen den sekretorischen aGranula und Serotoningranula, die der Fusion zu Compoundgranula bei der Exozytose vorangehen. Andererseits werden über Rezeptoren und Linkermoleküle an das kontraktile Gel gebundene molekulare Liganden infernalisiert (s. Abb. 1.5a) oder Fasern (s. Abb. 1.11) retrahiert (s. Abschn. 6.2).
a b -SG
Abb. 1.10 a- c. Beginnende Exozytose in einem thrombinstimulierten Thrombozyten in EDTA-Plasma in Serienschnitten nach Kryofixation; a Das kontraktile Zytoskelett (Pfeilspitzen) umschließt die Organellen, deren Membranen kontaktieren ("Appositionen"). Das ses C,surface connected system") ist evaginiert. Ein Granulum ist in Apposition mit dem Plasmalemm (5G in b). Dieses a-Granulum hat offensichtlich bereits mit dem Plasmalemm fusioniert, denn es ist durch Wassereinstrom angeschwollen (5G in bund c) und seine Matrix löst sich auf. Eine Fusionspore (vergl. Abb. 1.14 a) ist wegen der Schnittführung nicht zu sehen. M = Mitochondrien
Abb. 1.11 . Degranulierter Thrombozyt bei der Internalisation einer Kollagenfaser (Pfeile) nach 6 min Inkubation (Kryopräparation). Die dicken Pfeile weisen auf weitere adhärente Kollagenfasern. Wie die Rekonstruktion in Abb. 1.12 zeigt, sind die internalisierten Mernbranen an das kontraktile Zytoskelett (eG) assoziiert
1 Morphologie der Thrombozyten 9
1.6 Zytoskelett und Transport von liganden
1.6.1 Konstitutioneller Transport im ruhenden Thrombozyten
In jüngster Zeit häufen sich Hinweise auf Transportvorgänge, die unabhängig vom Energiestoffwechsel und vom kontraktilen Gel in den ruhenden Thrombozyten ablaufen. Sie führen zur Internalisation und zur Endozytose in die a-Granula. Clathrinmoleküle der "coated membranes" oder das SMC kommen als Mediatoren für solche Vorgänge in Frage. Die Liganden werden in "coated vesicles" - und vor der Aufnahme in die a-Granula - in "uncoated vesicles" sequestriert (s. Abb. 1.7 c und d). Dieser stimulusunabhängige, konstitutionelle Vesikeltransport, der auch Endosomen einschließen kann, erklärt die Aufnahme von Blutplasma proteinen, die nicht in den Megakaryozyten synthetisiert werden, in die Speicherorganellen (s. Abschn. 1.7.3).
1.6.2 Internalisation im aktivierten Thrombozyten
Das kontraktile Gel ist die treibende Kraft für die Internalisation von Liganden in Membraninvaginationen (s. Abb. 1.5 a, und 1.11). Diese Liganden sind entweder selbst Stimuli, z. B. Kollagen oder kationisierte Proteine, oder sie binden an die Oberfläche aktivierter Thrombozyten (z. B. Fibrinogen / Fibrin). Ein Beispiel für die Internalisation fibrillärer Liganden ist die thrombininduzierte Gerinnselbildung. Zunächst binden Fibrinogen bzw. polymerisierendes Fibrin an der Oberfläche der Thrombozyten, die Aggregate bilden. Es entstehen Cluster von Ligand-Komplexen mit dem Fibrinogenrezeptor GP IIb-IIIa. Solche Cluster assoziieren via Linkerproteine (a-Aktinin, Talin, Vinculin) an das kontraktile Zytoskelett und stellen damit das Substrat fokaler Kontakte dar. Die bei der Fibrinpolymerisation entstehenden Fibrinfasern separieren die aggregierten Thrombozyten voneinander. Adhärente Fibrinfasern werden durch die konstriktorische Bewegung des kontraktilen Gels der nun frei im Fasernetz agierenden Thrombozyten internalisiert und das entstehende Fibrinnetz wird dabei retrahiert. Unter der bei der Retraktion ansteigenden Spannung organisiert sich die vom kontraktilen Gel gebildete Kugel um. In retrahierten Gerinnseln verbinden Bündel aus Aktin- und Myosinfilamenten die fokalen Kontakte, die als Äqui-
10 E. Morgenstern
Abb. 1.12. 3-D-Rekonstruktion aus Serienschnitten eines Thrombozyten bei der Internalisation von Kollagenfasern (CF) wie Abb. 1.11. Die obere Faser ist gekrümmt und um die Mikrofilamente des kontraktilen Gels (C6) gelegen, das in Form einer Kugel in der Zellmitte kontrahiert ist. Die Mikrotubuli (MD sind um die konstriktorische Kugel angeordnet und gehäuft an Kontakten des Plasmalemm mit Kollagen an Preudopodien anzutreffen. M = Mitochondrien
Abb. 1.13 a-d. DTS ("dense tubular system") in einem Diskozyten (Kryopräparation). Eine Zisterne ist in der Schnittserie zu verfolgen (Pfei/e). In b sind tubuläre und vesikuläre Abschnitte der DTS zu erkennen (Pfei/spitzen in b). S ("surface connected system")
Abb. 1.14a, b. Bildung von Compoundgranula (C6) in thrombinstimulierten Thrombozyten (Kryopräparation). a Am oberen Bildrand ist ein geschwollenes Granulum (Sternchen) mit einer Fusionspore (Pfei/spitze) und ein ausgedehntes Compoundgranulum mit Appositionen zu 2 weiteren Granula (6) zu sehen. b In einem anderen Schnitt dieser Serie ist die Verbindung zwischen dem Granulum (Sternchen) und dem Compoundgranulum dargestellt (Pfei/spitze); E Erythrozyt
Abb. 1.15 a, b. Serotoningranula ("dense bodies") mit elektronendichter Matrix (OB) in thrombinstimulierten Thrombozyten (Kryopräparation) Im Vergleich dazu v-Granula (G); bein "dense body" fusioniert mit dem Plasmalemm (Pfem. Die elektronendichte Matrix füllt nur einen Teil der Organelle aus
valent der "stress fibers" der Fibroblasten angesehen werden können. Bei der Retraktion von Kollagenfasern (s. Abb. 1.11 und 1.l2) werden vergleichbare Reaktionen des Zytoskelettes beobachtet.
1.7 Zellorganellen
1.7.1 Mitochondrien
Im TEM findet man pro Thrombozytenanschnitt etwa 2 Mitochondrien (s. Abb. 1.10 c). Sie haben einen Durchmesser von etwa 200 nm, enthalten reichlich eristae und erreichen mit einem Anteil von ca. 3% am Zytoplasmavolumen (Tabelle 1.2) eine Größenordnung wie in glatten Muskelzellen oder Monozyten. Die Rolle der Mitochondrien im Energiemetabolismus der Thrombozyten wird mit diesen Daten gut belegt.
1.7.2 "Dense Tubular System"
Das abgeschlossene Membransystem - wegen seiner Ultrastruktur nach konventioneller Fixation als "dense tubular system" (DTS) bezeichnet - ist ubiquitär im Zytoplasma der Thrombozyten verteilt. Seine verzweigten Tubuli sind sowohl in der Nähe des marginalen Bündels der Mikrotubuli als auch in enger Nachbarschaft zu den zentral gelegenen Organellen zu finden. In vielen Thrombozyten lassen sich Komplexe zwischen ses und DTS beobachten. Nach Gefrierfixation (Abb. 1.13 a-d) besteht das DTS aus sehr englumigen Zisternen und bläschenförmigen Abschnitten wie ein regelrechtes endoplasmatisches Retikulum. Reste des ribosomenbesetzten, granulären endoplasmatischen Retikulums aus den Megakaryozyten sind selten. Der Volumen anteil des DTS wird auf 1,4% des Thrombozytenvolumens geschätzt (s. Tabelle 1.1 und 1.2). Das DTS läßt sich mit dem sarkoplasmatischen Retikulum des Skelett muskels vergleichen. Lipide,
Tabelle 1.2. Normalwerte der relativen Volumina (Vol-%) von Zeilstrukturen in unstimulierten Thrombozyten. (Nach Morgenstern 1997)
.surface connected system· 6-20
.dense tubular system" 1,4
o -Granula 9- 15
.dense bodies· 0,3- 1,2
Mitochondrien 1- 2.8
1 Morphologie der Thrombozyten 11
divalente Kationen, Proteine, Peroxidasen und Markerenzyme für das endoplasmatische Retikulu~ sind ultrazytochemisch in den Tubuli nachgeWIesen. Für seine regulative Funktion bei Thrombozytenreaktionen sprechen die ubiquitäre Verteilung, die Akkumulation von Kalziumionen und die vielen Hinweise auf die Lokalisation von ATP-asen Adenylatzyklase und Enzymen des Endoperoxid~ stoffwechsels in den Membranen des DTS.
1.7.3 a-Granula
Die a-Granula haben einen Anteil von 15% (10-17%) am Thrombozytenvolumen (s. Tabelle 1.2). Die 150-400 nm großen Organellen sind im nichtaktivierten Thrombozyten sphäroid und liegen zentral, durch Zytoplasma voneinander, vom Plasmalemm und vom ses separiert (s. Abb. 1.4, 1.7a-f). Sie zeigen eine dichte Matrix, in die ein elektronendichteres "Nucleoid" eingelagert ist. In der Peripherie der granulären Matrix findet man manchmal tubuläre Strukturen (Durchmesser 20nm) angeschnitten. Die Organellenmembran kann Protrusionen aufweisen (s. Abb. 1.6a und 1.7c-f), die glatt oder als "coated membranes" ausgebildet sind. Die a-Granula sind SpeicherorganelIen für eine Anzahl verschiedener Proteine. Nach ihrer Freisetzung sind diese Moleküle an einer Vielzahl von Reaktionen der Thrombozyten beteiligt: • an der Aggregation und an der Interaktion mit
anderen Zellen oder mit den Strukturen der bindegewebigen Matrix (Fibrinogen, Fibronektin, Thrombospondin, Vitronektin, Von-WillebrandFaktor oder ß-Thromboglobulin und Plättchenfaktor 4),
• an der Gerinnung und Fibrinolyse (Faktor V und VIII, Fibrinogen und andere adhäsive Glykoproteine, Plasminogen, Plasminogenaktivatorinhibitor-I) oder
• an der Entzündungs- und Immunreaktion ("chemotactic factor", "permeability factor", "bactericidal factor", "platelet derived growth factor", Komplementfaktoren, Immunglobuline).
Viele Inhaltsstoffe der a-Granula sind Proteine des Blutplasmas. Thrombozyten sind in der Lage, Moleküle wie Fibrinogen oder aber Albumin und Immunglobuline aus dem umgebenden Plasma aufzunehmen und in den a-Granula zu speichern. Ultrastrukturelle Untersuchungen zeigen, daß Fibrinogen oder Albumin an kolloidales Gold gebunden über "uncoated" oder "coated pits" aufgenommen und - oft nach kurzzeitiger Sequestrierung in
12 E. Morgenstern
"coated vesicles" - über Transportvesikel in die aGranula gelangen. Der Transport von goldmarkierten Antikörpern gegen den Fibrinogenrezeptor GP IIb-IIIa, der auch in die Membranen der a-Granula integriert ist, in die a-Granula unstimulierter Thrombozyten ist ebenfalls dokumentiert (s. Abb. 1.7b-f). Diese Transportvorgänge werden als rezeptorgesteuerte konstitutionelle Endozytose angesehen, die bestimmte Liganden den a-Granula zuführt. Es ist anzunehmen, daß dieser kontinuierliche Vorgang im ruhenden Thrombozyten durch ein Rezeptorrecycling ermöglicht wird.
Neben dem Fibrinogenrezeptor GP IIb-IIIa sind in den a-Granula-Membranen auch GP Ib, GPV und GP IX nachgewiesen worden. Daneben findet man dort Glykoproteine, die nur bei Exozytose an der Thrombozytenoberfläche erscheinen (P-Selektin) . Es gibt Hinweise, daß einige der a-Granulainhaltsstoffe bestimmten Organellenarealen zuzuordnen sind. So ist in der Region der tubulären Substrukturen immunzytochemisch der Von-Willebrand-Faktor nachgewiesen. Nach anderen Studien soll Fibrinogen in der Matrix und Plättchenfaktor 4 im Nucleoid angereichert sein, während ßThromboglobulin oder Albumin ubiquitär im Granulum lokalisiert sind. Solche Verteilungs unterschiede wurden für Fibrinogen, Fibronektin, Thrombospondin, Vitronektin und ß-Thromboglobulin nicht beschrieben.
1.7.4 Serotoningranula C,dense bodies")
Man findet etwa 5-6 Serotoningranula ("dense bodies") pro Plättchen. Ihr Volumenanteil wird auf 0,3-1,2% des Thrombozytenvolumens geschätzt (s. Tabelle 1.2). Die etwa 200 nm großen Organellen unterscheiden sich von den a-Granula durch einen elektronendichteren Inhalt (s. Abb. U5a und b), der die Organellen nicht immer völlig ausfüllt. Die Elektronendichte wird auf Kalzium- und (bei manchen Spezies) Magnesiumionen sowie auf anorganisches Phosphat zurückgeführt. Hohe Metall- und Nukleotidkonzentrationen führen zur Bildung von unlöslichen Kalzium-PhosphonukleotidKomplexen, welche die Speicherung von biogenen Aminen in diesen Organellen erleichtern. Hohe Konzentrationen von Nucleotiden (ATP, ADP) und Serotonin in den "dense bodies" ermöglichen die differenzierende Darstellung mit Uranverbindungen im TEM (uranaffine Reaktion). Serotonin wird von den Thrombozyten mittels eines energieabhängigen Carriermechanismus aufgenommen, und den Thrombozyten wird deshalb eine wichtige
Rolle bei der Senkung des Serotoninspiegels im Blut zugeschrieben. Ob Megakaryozyten des Menschen bereits biogene Amine enthalten, ist umstritten. Freigesetztes Serotonin verstärkt viele Reaktionen bei der Hämostase und mag lokal zur Vasokonstriktion führen. Freigesetztes ADP führt Formwandel und Aggregation der Thrombozyten herbei und gilt als wichtiger Mediator der scherkraftinduzierten Aggregation. Die Membran der Organellen enthält neben P-Selektin auch das Membranprotein Granulophysin. Mit dieser Feststellung schien die Diskussion um ein Hervorgehen der "dense bodies" aus den a-Granula beendet. Inzwischen sind aber auch in der Membran der "dense bodies" die Rezeptormoleküle GP Ib und GP IIb-IIIa (wie in den a-Granulamembranen) festgestellt worden, was für eine enge Verwandtschaft dieser beiden Organellentypen spricht.
1.7.5 Lysosomen und Peroxisomen
Lysosomen werden ultrazytochemisch als ein weiterer, kleiner Organellentyp (175-250 nm im Durchmesser) differenziert. Ein Glykoprotein in der Lysosomenmembran der Thrombozyten mit einem Molekulargewicht von 53000 erscheint wie P-Selektin erst nach Aktivation an der Thrombozytenoberfläche. Das Auftreten von sekundären Lysosomen und die Bildung von Autophagozytosevakuolen sind beschrieben. Mikroperoxisomen können als katalasereaktive Organellen nach Inkubation in Diaminobenzidinlösung bei pH 9,7 von a-Granula und anderen Zellorganellen unterschieden werden.
1.8 Exozytose
Nach starker Stimulation bilden die Membranen der a-Granula und "dense bodies" Appositionen, d. h. punktuelle Kontakte der Organellenmembran mit dem Plasmalemm (s. Abb. 1.l0a-c). Oft nehmen die a-Granula dabei eine langgestreckte Form an. Die Appositionen gelten als Präfusionsstadien des Exozytoseprozesses. In solchen veränderten aGranula treten oft periodische Streifungen von 23 nm (charakteristisch für Fibrin) auf. Der Grund dafür könnte sein, daß bereits eine enge Fusionspore Wassereinstrom und damit Fibrinpolymerisation erlaubt. Die sekretorischen Organellen fusionieren nach Bildung von Appositionen mit dem Plasmalemm. Beide Organellen typen, a-Granula
und "dense bodies" (Abb. 1.15 b), können diesen Prozeß einleiten. Sie schwellen nach Entstehen einer Fusionspore und Wassereinstrom aufgrund ihrer sehr hohen Stoffkonzentrationen stark an (Abb.1.14a,b). Weitere Fusionen mit benachbarten a-Granula und "dense bodies" werden durch die konstriktorische Aktion des kontraktilen Gels unterstützt und führen zu ausgedehnten "compound granules" (s. Abb. 1.14a,b). Reste der elektronendichten Matrix der "dense bodies" finden sich mit Überbleibseln aus der a-granulären Matrix in solchen Compoundgranula zusammen. Deren Inhalt wird mit Hilfe des kontraktilen Zytoskelettes ausgetrieben. Trotz dieser morphologischen Beobachtungen wird die Frage diskutiert, ob die Freisetzungsreaktion aus a-Granula oder "dense bodies" früher erfolgt. Degranulierte Thrombozyten weisen ein Konvolut von mehr oder weniger dilatierten Vesikeln auf. Nach Desaktivierung nehmen solche Zellen ("exhausted platelets") wieder Diskusform an.
Die Wandlungsfahigkeit der Form und der 1nnenstrukturen (SC ,OrganeLlenmembranen, Zytoskelett) trägt den Aufgaben der Thrombozyten in der Zirkulation oder während des Hämostasevorganges Rechnung. Charakteristisch für den unstimulierten Thrombozyten ind die Oberflächenbe chaffenheit (Verteilung und Funktionszustand der membranständigen Rezeptormoleküle), die Anordnung des Zytoskelettes (marginales Bündel der Mikrotubuli, viskoelastisches SMC), das Vorhandensein eines Membranreservoirs in Form des SCS und die SpeicherorganelIen. Ein konstitutioneller Transportmechanismus unter Beteiligung von "coated membranes" findet derzeit besondere Aufmerksamkeit, weil er die Aufnahme von Molekülen aus dem Blutplasma in die peicherorganellen und das Rezyklieren von Rezeptoren und Membranen in den Thrombozyten erklären kann. Die Reaktionen der aktivierten Thrombozyten, Formwandel, Aggregation und Adhäsion, sind von einer Umwandlung des MC, der Bildung eines kontraktilen Gel und der Umverteilung der Membranglykoproteine begleitet. Der Formwandel mit Pseudopodienbildung kann durch Evagination der Membranen des SC ehr rasch erfolgen. Fokale Kontakte mit Liganden entstehen, und durch die konstriktorische Aktion des kontraktilen Gels werden Fasern internalisiert und damit retrahiert. Auch die Sekretion aus den aus den peicherorganellen wird erst durch die Auflösung des SMC möglich und durch die
1 Morphologie der Thrombozyten 13
Konstriktion des kontraktilen Gels erleichtert. Der toffwechsel der energieverbrauchenden Thrombozytenreaktionen wird durch gespeicherte Glykogen und reichlich Mitochondrien gewährlei tet. Ein dem sarkoplasmatischen Retikulum der Skelettmuskelzelle vergleichbares Membransystem mit regulativen Funktionen ist in allen Funktionsstadien der Thrombozyten vorhanden.
Literatur
Barkalow K, Witke W, Kwiatkowski DJ, Hartwig H (1996) Coordinated regulation of platelet actin filament barbed ends by gelsolin and capping protein. J Cell Biol 134:389-399
Behnke 0 (1992) Degrading and non-degrading pathways in fluid-phase (non-adsorptive) endocytosis in human blood platelets. J Submicrosc Cytol Pathol 24: 169-178
Bentfeld-Barker ME, Bainton F (1982) Identification of primary lysosomes in human megakaryocytes and platelets. Blood 59:472-481
Berger G, Masse JM, Cramer EM (1996) Alpha-granule membrane mirrors the platelet plasma membrane and contains the glycoproteins Ib, IX and V. Blood 87:1385-1395
Clemetson KJ, Polgar J (1997) Platelet adhesion and aggregation receptors. In: Bruchhausen F von, Walter U (eds) Platelets and their factors. Springer, Berlin Heidelberg New York Tokyo, Handbook of experimental pharmacology, vol 126, Springer Verl Heidelberg. pp 155-179
Escolar G, White JG (1994) Combined use of immunocytochemical techniques and ligand-gold complexes for investigation of platelet membrane responses to surface activation. Microsc Res Tech 28:308-326
Escolar G, Diaz-Ricart M, White JG (1995) Talin does not associate exclusively with alpha(2b)beta(3) integrin in activated human platelets. J Lab Clin Med 125:597-607
Fox JE (1993) Regulation of platelet function by the cytoskeleton. Adv Exp Med Biol 344:175-185
Fox JEB (1994a) Shedding of adhesion receptors from the surface of activated platelets (Review) Blood Coagul Fibrinolysis 5:291-304
Fox JE (1994b) Transmembrane signaling across the platelet integrin glycoprotein IIb-IIIa. Ann N Y Acad Sci 714:75-87
Fox JE, Shattil SJ, Kinlough-Rathbone RL et al. (1996) The platelet cytoskeleton stabilizes the interaction between alphaIIbbeta3 and its ligand and induces selective movements of ligand-occupied integrin. J Biol Chem. 271:7004-7011
Fritz M, Radmacher M, Gaub HE (1994) Granula motion and membrane spreading during activation of human platelets imaged by atomic force microscopy. Biophys J 66:1328-1334
Frojmovic MM, Milton JG (1982) Human platelet size, shape and related functions in health and disease. Physiol Rev 62:185-251
14 E. Morgenstern
Gear RL (1984) Rapid platelet morphological changes visualized by scanning-electron microscopy: kinetics derived from a quenched-flow approach. Brit J Haematol 56:387-398
Harrison P, Cramer EM (1993) Platelet alpha-granules. Blood Rev 7:52-62
Heemskerk JWM, Feijge MAH, Andree HAM, Sage SO (1993) Function of intracellular [Ca++j in exocytosis and transbilayer movement in human platelets surface-labeled with the fluorescent probe 1-(4-(trimethylammonio )phenyl)-6-phenyl-1.3.5-hexatriene. Biochim Biophys Acta 1147:194-204
Holmsen H (1990) Biochemistry and function of platelets. In: Williams WJ, BentIer E, Ersten AI, Lichtman MA (eds) Hematology. McGraw Hili Publ Comp, New York, pp 1182-1200
Hols H, Sixma JJ, Leunissen-Bijvelt J, Verkley A (1985) Freeze-fracture studies of human blood platelets activated by thrombin using rapid freezing. Thromb Haemost 54:574-578
Kovacsovics TI, Hartwig JH (1996) Thrombin-induced GP IbIX centralization on the plateiet surface requires actin assembly and myosin II activation. Blood 87:618-629
Lind SE (1994) Platelet morphology. In: Loscalzo I, Schafer AI (eds) Thrombosis and hemorrhage. Blackswell, Boston, pp201-218
Lüscher EF, Weber S (1993) The formation of the haemostatic plug - a special case of platelet aggregation. An experiment and a survey of the literature. Thromb Haemost 70:234-237
Morgenstern E (1997) Platelet morphology/ultrastructure. In: Bruchhausen F von, Walter U (eds) Platelets and their factors. Springer, Berlin Heidelberg New York Tokyo, Handbook of experimental pharmacology. vo1.l26, pp 27-60
Morgenstern E, Edelmann L (1989) Analysis of dynamic cell processes by rapid freezing and freeze substitution. In: Plattner H (ed) Electron microscopy of subcellular Dynamics. CRC, Boca Raton Fl, pp 119-140.
Morgenstern E, Ruf A, Patscheke H (1992) Transport of anti-glycoprotein IIb/IIIa-antibodies into the alpha-granules of unstimulated human blood platelets. Thromb Haemost 67:121-125
Niewiarowski S, Holt JC (1987) Biochemistry and physiology of secreted plateiet proteins. In: Colmann RW, Hirsh J,
1 Morphologie der Thrombozyten
Marder VI, Salzman MD (eds) Haemostasis and thrombosis. Lippincott, Philadelphia, pp 618-630
Nurden P (1997) Bidirectional trafficking of membrane glycoproteins following platelet activation in suspension. Thromb Haemost 78:1305-1315
O'Toole E, Wray G, Kremer J, McIntosh JR (1993) High voltage cryomicroscopy of human blood platelets. J Struct Biol 11 0:55-66
Payne CM (1984) A quantitative ultrastructural evaluation of the cell organelle specificity of the uran affin reaction in normal human platelets. Am J Clin Pathol 81:62-70
Patscheke H (1981) Shape and functional properties of human platelets washed with acid citrate. Haemostasis 10:14-27
Preissner KT, de Groot P (1993) Platelet adhesion molecules in natural immunity. In: Sim E (ed) Natural immune system: humoral factors. Oxford Univ Press, Oxford,pp 281-318
Ruggeri ZM (1997) Mechanisms initiating platelet thrombus formation. Thromb Haemost 78:611-616
Siess W (1989) Molecular mechanisms of platelet activation. Physiol Rev 69:58-178
Stenberg PE, Bainton DF (1986) Storage organelles in platelets and megakaryocytes. In: Philipps DR, Shuman MA (eds) Biochemistry of platelets. Academic Press, New York pp 257-294
Tanaka K, Shibata N, Okamoto K et al. (1986) Reorganization of contractile elements in the platelet during dot retraction. J Ultrastr Res 89:98-109
White JG (1992) The dense bodies of human platelets. In: Meyers KM, Barnes CD(eds) The platelet amine storage granule. CRC, Boca Raton Ann Arbor London Tokyo, pp 1-29
White JG (1994) Platelet ultrastructure. In: Bloom AL, Forbes CD, Thomas DP, Tuddenham EDG (eds) Haemostasis and thrombosis. Churchill Livingstone, Edinburgh London New York, pp 66-78
White JG, Leistikow EL, Escolar G (1990) Platelet membrane responses to surface and suspension activation. Blood Cells 16:43-72
Youssefian T, Masse JM, Rendu F et al. (1997) Platelet and megakaryocyte dense granules contain glycoproteins Ib and IIb-II. Blood 89:4047-4057