+ All Categories
Home > Documents > H. Lippert, ,Lehrbuch der Anatomie 4. Aufl (1996) Urban & Schwarzenberg,München-Wien-Baltimore...

H. Lippert, ,Lehrbuch der Anatomie 4. Aufl (1996) Urban & Schwarzenberg,München-Wien-Baltimore...

Date post: 16-Sep-2016
Category:
Upload: oliver-schmitt
View: 215 times
Download: 1 times
Share this document with a friend
1
Buchbesprechung Lippert H.: Lehrbuch der Anatomie. 4. Auf!. 814 869 Abbildungen, 139 TabeIlen. Urban & Schwarzenberg, Mun- chen-Wien-Baltimore 1996. DM 98,-. ISBN 3-541-10064-8 Das vollkommen uberarbeitete Lehrbuch der Anatomie zeigt sich noch umfassender, einheitlicher strukturiert und groBzugi- ger illustriert als in der letzten Auf!age. Es deckt aIle Bereiche der Anatomie ab und, das ist das einmalige an diesem Werk, es finden sich uberdurchschnittlich viele farblich hinterlegte klini- sche Bezuge. Gerade diese Bezuge zwischen klinischen. Wissen und der Anatomie sind hier systematisch in das didaktische Kon- zept gemaB des "hannoverschen Modells" eingearbeitet worden. Der Sinn von Anatomie wird auf nahezu jeder Seite mit klini- schen Informationen belegt und daher in seiner Bedeutung flir den vorklinischen Studenten offensichtlich. Das Buch ist, beginnend mit der aIlgemeinen Anatomie, in 9 Abschnitte gegliedert. Das Gliederungskonzept ist topogra- phisch aufgebaut, also nach Regionen und deren Inhalten: Lei- beswand, Brusteingeweide, Baucheingeweide, Beckeneinge- weide, Kopf 1, Kopf 2 und Hals, Arm und schlieBlich Bein. 1m Anhang finden sich Tafeln zu den Verzweigungsschemata der Leitungsbahnen. Ein Bildnachweis, der Schlusse1 zum Gegen- standskatalog und ein ausflihrliches Sachverzeichnis schlieBen das Buch abo Obgleich das textliche und illustrative auBere Er- scheinungsbild uneinheitlich erscheint, so besticht die erzahlende Erklarungsweise faktenreicher Sachverhalte. Zahlreiche Bei- spiele zieht der Autor heran, urn komplexere Strukturen oder Funktionen zu erklaren, z. B. den Vergleich eines Lymphknotens mit einem Flughafengebaude. Die inhaltliche Gliederung ist kon- sequent eingehalten, was das Lemen und Erarbeiten der vie1en Fakten erheblich erleichtert. Ferner sind aile TabeIlen in einem einheitlichen Layout erstellt. Die neuartige sog. Dezimalklassifi- kation von Abbildungen, Tabellen und Texten erleichtert den Umgang mit Verweisen sehr. Die Abbildungen sind qualitativ hochwertig. Inhaltlich jedoch auBerst uneinheitlich. Dies liegt zum einen an der groBen Menge unterschiedlicher BildqueIlen, was zu dem vorliegenden stilisti- schen Gemisch beitragt. Zum anderen sind die Formate der Illu- strationen sehr unterschiedlich, was nicht nur in diesem anato- mischen Lehrbuch ein Manko darsteIlt. Samtliche Abbildungsle- genden verweisen auf Nummem in den Bildem. Dies hat den Nachteil, daB der Leser die Bildstrukturen nicht direkt ablesen kann, sondem erst die Nummem uber die zugehorige Legende entschliisseln muB. Storend wirken sich in den photographischen Abbildungen zur projektiven Oberfiachenanatomie Schmuck- stucke, Strand- und Waldhintergriinde sowie hiiufig mitabgebil- dete Korperpartien, wie Z. B. die Regio pubica und die Zer- vikalregionen, die flir die entsprechende Abbildung keine zusatz- lichen visuellen Informationen zum Erklarungsgegenstand bei- tragen. In der professionellen Literatur sind die Probanden stehts vor einem einheitlich be1euchteten Hintergrund abgebil- det und Markierungen auf der Korperoberfiache sind nicht, wie hier, mit bunten Fettstiften kalligraphiert, sondem in einem ein- heitlichen Stil per Photomontage eingearbeitet. Trotz dieser Auf- fiilligkeiten stellt das Bildmaterial eine Bereicherung dar und kann von Studenten hervorragend zur Vorbereitung auf Semina- re zur Anatomie am Lebenden genutzt werden. Als positiv zu bewerten ist die konsequente Einarbeitung der Etymologie anatomischer Termini und die Benutzung der zur Zeit aktuellen Nomina anatomica. Uber die Ausflihrlichkeit bei der Behandlung klinischer Informationen laBt sich sicherlich streiten. Die mehrfache Darstellung des Geburtsvorganges oder die Illustration zum operativen Vorgehen nach Bassini sind zwar interessant aber auch notwendig? Andere Darstellungen sind hingegen nicht nur wegen ihrer Seltenheit, sondem auch fur das grundsatzliche Verstandnis von dynamischen Entwicklungsvor- gangen und Varietaten hervorzuheben wie Z. B. die Photographie eines totalen Situs inversus und die eines Anencephalus, sowie selten abgebildete Rekonstruktionen der embryonalen Schiidel- knochen oder einer padagogisch gekonnten Zusammenstellung von Text, Tabelle und Abbildung der Fossa pterygopalatina. Dieses Lehrbuch kann sicherlich jedem Studierenden der Zahn- und der Humanmedizin, Biologie und Anthropologie empfohlen werden. Es animiert zum Weiterlesen und motiviert eher zum Erarbeiten auch von scheinbaren Nebensachlichkeiten und klinischen Zusammenhangen als Bucher, die starker in der anatomischen Lehrbuchtradition stehen. Ferner kann es Kolle- ginnen und Kollegen neue padagogische Aspekte und Ideen zur Darstellung nicht immer leicht verstandlich zu machender mor- phologischer Zusammenhange bieten. Oliver Schmitt, Lubeck 226
Transcript

Buchbesprechung

Lippert H.: Lehrbuch der Anatomie. 4. Auf!. 814 S~iten, 869 Abbildungen, 139 TabeIlen. Urban & Schwarzenberg, Mun­chen-Wien-Baltimore 1996. DM 98,-. ISBN 3-541-10064-8

Das vollkommen uberarbeitete Lehrbuch der Anatomie zeigt sich noch umfassender, einheitlicher strukturiert und groBzugi­ger illustriert als in der letzten Auf!age. Es deckt aIle Bereiche der Anatomie ab und, das ist das einmalige an diesem Werk, es finden sich uberdurchschnittlich viele farblich hinterlegte klini­sche Bezuge. Gerade diese Bezuge zwischen klinischen. Wissen und der Anatomie sind hier systematisch in das didaktische Kon­zept gemaB des "hannoverschen Modells" eingearbeitet worden. Der Sinn von Anatomie wird auf nahezu jeder Seite mit klini­schen Informationen belegt und daher in seiner Bedeutung flir den vorklinischen Studenten offensichtlich.

Das Buch ist, beginnend mit der aIlgemeinen Anatomie, in 9 Abschnitte gegliedert. Das Gliederungskonzept ist topogra­phisch aufgebaut, also nach Regionen und deren Inhalten: Lei­beswand, Brusteingeweide, Baucheingeweide, Beckeneinge­weide, Kopf 1, Kopf 2 und Hals, Arm und schlieBlich Bein. 1m Anhang finden sich Tafeln zu den Verzweigungsschemata der Leitungsbahnen. Ein Bildnachweis, der Schlusse1 zum Gegen­standskatalog und ein ausflihrliches Sachverzeichnis schlieBen das Buch abo Obgleich das textliche und illustrative auBere Er­scheinungsbild uneinheitlich erscheint, so besticht die erzahlende Erklarungsweise faktenreicher Sachverhalte. Zahlreiche Bei­spiele zieht der Autor heran, urn komplexere Strukturen oder Funktionen zu erklaren, z. B. den Vergleich eines Lymphknotens mit einem Flughafengebaude. Die inhaltliche Gliederung ist kon­sequent eingehalten, was das Lemen und Erarbeiten der vie1en Fakten erheblich erleichtert. Ferner sind aile TabeIlen in einem einheitlichen Layout erstellt. Die neuartige sog. Dezimalklassifi­kation von Abbildungen, Tabellen und Texten erleichtert den Umgang mit Verweisen sehr.

Die Abbildungen sind qualitativ hochwertig. Inhaltlich jedoch auBerst uneinheitlich. Dies liegt zum einen an der groBen Menge unterschiedlicher BildqueIlen, was zu dem vorliegenden stilisti­schen Gemisch beitragt. Zum anderen sind die Formate der Illu­strationen sehr unterschiedlich, was nicht nur in diesem anato­mischen Lehrbuch ein Manko darsteIlt. Samtliche Abbildungsle­genden verweisen auf Nummem in den Bildem. Dies hat den

Nachteil, daB der Leser die Bildstrukturen nicht direkt ablesen kann, sondem erst die Nummem uber die zugehorige Legende entschliisseln muB. Storend wirken sich in den photographischen Abbildungen zur projektiven Oberfiachenanatomie Schmuck­stucke, Strand- und Waldhintergriinde sowie hiiufig mitabgebil­dete Korperpartien, wie Z. B. die Regio pubica und die Zer­vikalregionen, die flir die entsprechende Abbildung keine zusatz­lichen visuellen Informationen zum Erklarungsgegenstand bei­tragen. In der professionellen Literatur sind die Probanden stehts vor einem einheitlich be1euchteten Hintergrund abgebil­det und Markierungen auf der Korperoberfiache sind nicht, wie hier, mit bunten Fettstiften kalligraphiert, sondem in einem ein­heitlichen Stil per Photomontage eingearbeitet. Trotz dieser Auf­fiilligkeiten stellt das Bildmaterial eine Bereicherung dar und kann von Studenten hervorragend zur Vorbereitung auf Semina­re zur Anatomie am Lebenden genutzt werden.

Als positiv zu bewerten ist die konsequente Einarbeitung der Etymologie anatomischer Termini und die Benutzung der zur Zeit aktuellen Nomina anatomica. Uber die Ausflihrlichkeit bei der Behandlung klinischer Informationen laBt sich sicherlich streiten. Die mehrfache Darstellung des Geburtsvorganges oder die Illustration zum operativen Vorgehen nach Bassini sind zwar interessant aber auch notwendig? Andere Darstellungen sind hingegen nicht nur wegen ihrer Seltenheit, sondem auch fur das grundsatzliche Verstandnis von dynamischen Entwicklungsvor­gangen und Varietaten hervorzuheben wie Z. B. die Photographie eines totalen Situs inversus und die eines Anencephalus, sowie selten abgebildete Rekonstruktionen der embryonalen Schiidel­knochen oder einer padagogisch gekonnten Zusammenstellung von Text, Tabelle und Abbildung der Fossa pterygopalatina.

Dieses Lehrbuch kann sicherlich jedem Studierenden der Zahn- und der Humanmedizin, Biologie und Anthropologie empfohlen werden. Es animiert zum Weiterlesen und motiviert eher zum Erarbeiten auch von scheinbaren Nebensachlichkeiten und klinischen Zusammenhangen als Bucher, die starker in der anatomischen Lehrbuchtradition stehen. Ferner kann es Kolle­ginnen und Kollegen neue padagogische Aspekte und Ideen zur Darstellung nicht immer leicht verstandlich zu machender mor­phologischer Zusammenhange bieten.

Oliver Schmitt, Lubeck

226

Recommended