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Gute Compliance – gut für den Börsenkurs · Dr. Manuel Hita Hochgesand » 5 FINANCIAL SERVICES...

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01.2017 Jahrgang 70 / 01.01.17 ISSN 0340-9031 / www.wpg.de Fachlicher Beirat WP StB RA Dr. Hans-Peter Aicher WP StB Prof. Dr. Frank Beine RA Dr. Andreas C. Hoffmann, LL.M. WP StB Karl Petersen WP StB Dr. Stefan Schmidt WP StB Prof. Dr. Peter Wollmert IMPULS Gute Compliance – gut für den Börsenkurs Prof. Dr. Thorsten Grenz » 1 +++ FÜR BERATER UND ENTSCHEIDER IN DER WIRTSCHAFT +++ FÜR BERATER UND ENTSCHEIDER IN DER WIRTSCHAFT +++ RECHNUNGSLEGUNG Beurteilung der signifikanten Verschlechterung der Kreditqualität nach IFRS 9 Dr. Michael Bosse, Nikolas Stege und Dr. Manuel Hita Hochgesand » 5 FINANCIAL SERVICES Regulierung des Finanzsektors – Entwicklungen im dritten Quartal 2016 Dr. Max Weber, Dr. Thomas Grauer und Sabine Schmid » 15 Wie ist die europäische Bankenabgabe zu berechnen? Prof. Dr. Knut Henkel, Prof. Dr. Wilhelm Schneider und Isabel Tüns » 22 MANAGEMENT & BERATUNG Bankenaufsichtsrat: quo vadis? Gerd Häusler » 30 Datenschutz und Datensicherheit im Cloud Computing Michael Adelmeyer, Dr. Marc Walterbusch, Julian Lang und Prof. Dr. Frank Teuteberg » 35 STEUERN & RECHT Erstes Urteil des BAG zum Mindestlohngesetz Jana Jocksch und Dr. Uwe Schlegel » 45 Ist die deutsche Streubesitzdividenden- besteuerung weiterhin europarechtswidrig? Thomas Kollruss » 50
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Page 1: Gute Compliance – gut für den Börsenkurs · Dr. Manuel Hita Hochgesand » 5 FINANCIAL SERVICES Regulierung des Finanzsektors – Entwicklungen im dritten Quartal 2016 Dr. Max

01.2017

Jahrgang 70 / 01.01.17

ISSN 0340-9031 / www.wpg.de

Fachlicher Beirat

WP StB RA Dr. Hans-Peter Aicher

WP StB Prof. Dr. Frank Beine

RA Dr. Andreas C. Hoffmann, LL.M.

WP StB Karl Petersen

WP StB Dr. Stefan Schmidt

WP StB Prof. Dr. Peter Wollmert

IMPULS

Gute Compliance – gut für den BörsenkursProf. Dr. Thorsten Grenz » 1

+++ FÜR BERATER UND ENTSCHEIDER IN DER WIRTSCHAFT +++ FÜR BERATER UND ENTSCHEIDER IN DER WIRTSCHAFT +++

RECHNUNGSLEGUNG

Beurteilung der signifikanten Verschlechterung

der Kreditqualität nach IFRS 9

Dr. Michael Bosse, Nikolas Stege und

Dr. Manuel Hita Hochgesand » 5

FINANCIAL SERVICES

Regulierung des Finanzsektors – Entwicklungen

im dritten Quartal 2016

Dr. Max Weber, Dr. Thomas Grauer

und Sabine Schmid » 15

Wie ist die europäische Bankenabgabe

zu berechnen?

Prof. Dr. Knut Henkel, Prof. Dr. Wilhelm Schneider

und Isabel Tüns » 22

MANAGEMENT & BERATUNG

Bankenaufsichtsrat: quo vadis?

Gerd Häusler » 30

Datenschutz und Datensicherheit im Cloud

Computing

Michael Adelmeyer, Dr. Marc Walterbusch,

Julian Lang und Prof. Dr. Frank Teuteberg » 35

STEUERN & RECHT

Erstes Urteil des BAG zum Mindestlohngesetz

Jana Jocksch und Dr. Uwe Schlegel » 45

Ist die deutsche Streubesitzdividenden-

besteuerung weiterhin europarechtswidrig?

Thomas Kollruss » 50

Page 2: Gute Compliance – gut für den Börsenkurs · Dr. Manuel Hita Hochgesand » 5 FINANCIAL SERVICES Regulierung des Finanzsektors – Entwicklungen im dritten Quartal 2016 Dr. Max

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INHALT

| 01.2017 | I

IMPULS

Gute Compliance – gut für den BörsenkursProf. Dr. Thorsten Grenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . » 1

ASSURANCE

KOMPAKT

Neue Allgemeine Auftragsbedingungen für Wirtschaftsprüfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . » 2

Schneider zum Präsidenten von Accountancy Europe berufen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . » 2

IDW zur Strategie des PIOB 2017 bis 2019 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . » 2

Aus ausländischen Fachzeitschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . » 3

RECHNUNGSLEGUNG

KOMPAKT

Aus der Arbeit des IASB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . » 4

ANALYSE

Beurteilung der signifi kanten Verschlechterung der Kreditqualität nach IFRS 9 –

Voraussetzungen für die Verwendung von Ratings und Lifetime-PD

Dr. Michael Bosse, Nikolas Stege und Dr. Manuel Hita Hochgesand . . . . . . . . . . . . . . . . » 5

FINANCIAL SERVICES

KOMPAKT

Novelle der Institutsvergütungsverordnung tritt voraussichtlich erst

im März 2017 in Kraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . » 13

Einigung über Erleichterungen beim EU-Prospektrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . » 13

Rezension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . » 14

ANALYSE

Regulierung des Finanzsektors – Entwicklungen im dritten Quartal 2016

Dr. Max Weber, Dr. Thomas Grauer und Sabine Schmid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . » 22

Wie ist die europäische Bankenabgabe zu berechnen?

Prof. Dr. Knut Henkel, Prof. Dr. Wilhelm Schneider und Isabel Tüns . . . . . . . . . . . . . . . » 22

MANAGEMENT & BERATUNG

KOMPAKT

Prüfungsausschuss und IFRS 15 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . » 29

Transparente Aufsichtsratstätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . » 29

ANALYSE

Bankenaufsichtsrat: quo vadis?

Gerd Häusler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . » 30

Datenschutz und Datensicherheit im Cloud Computing – Ein Framework zur

Beurteilung von Cloud-Services

Michael Adelmeyer, Dr. Marc Walterbusch, Julian Lang und

Prof. Dr. Frank Teuteberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . » 35

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II | 01.2017 |

STEUERN & RECHT

KOMPAKT

Verschwiegenheit des Wirtschaftsprüfers: Umsetzung des neuen

EU-Datenschutzrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . » 43

Rezension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . » 44

ANALYSE

Erstes Urteil des BAG zum Mindestlohngesetz

Jana Jocksch und Dr. Uwe Schlegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . » 45

Ist die deutsche Streubesitzdividendenbesteuerung weiterhin

europarechtswidrig?

Thomas Kollruss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . » 50

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Gute Compliance –

gut für den BörsenkursVon Prof. Dr. Thorsten Grenz

Compliance-Management-Systeme (CMS) sol-

len die Einhaltung von Gesetzen, Regeln und

Richtlinien und damit regelkonformes Ver-

halten des Unternehmens sicherstellen, um

durch rechtskonformes Verhalten negative

Folgen für das Unternehmen weitestgehend

zu reduzieren.

„Negative Folgen“: Dabei denkt man sofort

an drohende Strafzahlungen, die auf ein Un-

ternehmen zukommen können – als Buße

für die Bestechung von Geschäftspartnern,

die Ausnutzung von Insiderwissen, kartell-

rechtliche Verstöße, den Missbrauch und

Schlendrian von und mit Kundendaten –,

und spekuliert über ihre Höhe. Ganz und gar nicht speku-

lativ, sondern real und schwerwiegend ist der Schaden

für die Aktionäre. Es ist mittlerweile empirisch gut belegt,

dass Compliance-Verstöße Gift sind für den Aktienkurs:

Wissenschaftliche Studien zeigen, dass die Aktionäre mit

einem Vermögensverlust von regelmäßig gut fünf Prozent

dabei sind. Wohlgemerkt: das ist nur der Durchschnitt –

es kann für die Aktionäre noch viel schlimmer kommen:

So löste der Diesel-Betrug durch VW am ersten Handels-

tag nach Bekanntwerden einen Kurssturz der Aktie um

22 Prozent aus: es wurden zwölf Milliarden Euro Aktio-

närsvermögen vernichtet! Empirisch ist nicht nur belegt,

dass Compliance-Verstöße Aktionärsvermögen schmä-

lern, sondern auch, wann der Aktienkurs wohl reagieren

wird: Kurse geben bei Bekanntwerden des Verstoßes

deutlich nach. Im weiteren Verlauf geschieht dann – meis-

tens, nicht immer – wenig und auch die endgültige Fest-

legung einer Strafe wirkt kaum auf den Aktienkurs.

Was bedeutet das für ein CMS? Was muss ein CMS leisten,

um zum Schutz des Aktionärsvermögens beizutragen? Im

Idealfall verhindert das CMS Non-Compliance – aber es

wäre geradezu naiv, wollte man sich auf diesen Idealzu-

stand verlassen. Ein gutes CMS bewährt sich

dann, wenn Non-Compliance zu befürchten

oder schon eingetreten ist. Nun kommt es

entscheidend darauf an, vorbereitet zu sein.

Entweder kann dann mit Hilfe des CMS ein

vermeintliches Fehlverhalten souverän „mit

an Sicherheit grenzender Wahrscheinlich-

keit“ ausgeschlossen werden; das Unterneh-

men ist dadurch in der Lage, das „Gerücht“

deutlich zu dementieren, bevor es sich ver-

selbständigt – und dem Kapitalmarkt so Si-

cherheit geben. Oder aber das CMS ver-

schafft durch frühzeitiges Erkennen eines

Problems wertvolle Zeit und erhält das Un-

ternehmen aktionsfähig: Ein wirksames CMS

fördert Risiken zu Tage, bevor diese öffentlich werden.

Der Zeitgewinn ermöglicht dem Unternehmen, die Lage

zu klären und sodann mit einer vollständigen und lö-

sungsorientierten Information an die Öffentlichkeit zu ge-

hen. Das ist heute leider nicht die Realität. Nicht immer,

aber doch häufig werden Unternehmen von Compliance-

Themen scheinbar völlig überrascht; daraufhin kommu-

nizieren sie nur defensiv mit Sprechblasen der Art „man

prüfe“ und „werde bei der Aufklärung vollständig koope-

rieren“ – oder sie schweigen gleich ganz. Das Manage-

ment gibt damit das Ruder aus der Hand – Spekulationen

schießen unkontrollierbar ins Kraut, das Unternehmen

wird zum Getriebenen, verliert Börsenwert und liefert

vielleicht sogar ungewollt Ansatzpunkte für Ansprüche

gegen Unternehmen und Management.

Ein gutes CMS trägt dazu bei, eine derartige Situation zu

vermeiden. Schwache Compliance kostet Börsenkurs: Stu-

dien belegen, dass die Bewertung von Unternehmen in

Ländern mit hoher Korruption geringer ist. Was heute

schon für Länder gilt, wird künftig auch Bewertungs-

unterschiede zwischen Unternehmen ausmachen: Gute

Compliance ist gut für den Börsenkurs! » DOC-ID: W1007438

» Prof. Dr. Thorsten Grenz

Präsident der FinancialExperts Association e.V.

Honorarprofessor ander Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

| 01.2017 | 1

IMPULS

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Assurance

KOMPAKT

AAB

Neue Allgemeine Auftragsbedingungen für Wirtschaftsprüfer

Die Allgemeinen Auftragsbedingungen für Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften (AAB) vom 01.01.

2002 wurden unter Mitwirkung des Fachausschusses Recht (FAR) des IDW inhaltlich angepasst und haben nunmehr den

Rechtsstand 01.01.2017. Die neuen AAB berücksichtigen verschiedene Gesetzesänderungen. Zudem wurden bestehende

Regelungen überarbeitet, etwa jene zur Haftung (Nr. 9 AAB), die neu strukturiert und in der u.a. klargestellt wurde, dass

die Haftungshöchstsumme bei mehreren Anspruchstellern für alle Ansprüche insgesamt gilt.

Zugleich wurde eine englische Übersetzung der AAB veröffentlicht. Anders als die bisherige englische Fassung enthält

die aktuelle Übersetzung nicht mehr den Hinweis, dass die deutsche Fassung die einzig maßgebliche Version ist.

» DOC-ID: W1007495

AUS FEE WIRD ACCOUNTANCY EUROPE

Schneider zum Präsidenten von Accountancy Europe berufen

WP StB Prof. Dr. W. Edelfried Schneider wurde am 07.12.

2016 im Rahmen der Mitgliederversammlung von Ac-

countancy Europe (vormals Fédération des Experts comp-

tables Européens – FEE) zu deren Präsidenten berufen.

Accountancy Europe ist als Nachfolgeorganisation von

FEE die europäische Dachorganisation des Wirtschafts-

prüferberufs (IDW als Gründungsmitglied). Schneider ist

gegenwärtig in der IDW Arbeitsgruppe Trendwatch tätig,

gehörte mehrere Jahre dem IDW Vorstand an und war

vier Jahre Vorsitzer des IDW Verwaltungsrates. Er ist

langjähriger Partner der mittelständischen Wirtschafts-

prüfungsgesellschaft Dr. Dienst & Partner. Dem FEE Board

gehörte Schneider seit Oktober 2013 an. » DOC-ID: W1007496

Mehr zum Thema » IDW Presseinformation 13/2016 vom

07.12.2016 (www.idw.de); zur Gründung von Accountancy

Europe siehe deren Pressemitteilung vom 07.12.2016 unter

www.accountancyeurope.eu.

STANDARDSETZUNG

IDW zur Strategie des PIOB 2017 bis 2019

In seiner Stellungnahme zu den strategischen Überlegungen des Public Interest Oversight Body (PIOB) bis zum Jahr 2019

wirft das IDW die Frage auf, ob der PIOB mit der Konsultation nicht seine Kompetenzen überschreitet. Der PIOB beauf-

sichtigt die Aktivitäten von IAASB (hinsichtlich Auditing- und Assurance-Leistungen), IESBA (Berufsethik) und IAESB

(Aus- und Fortbildung), also der drei Standardsetzer, die unter dem Dach der IFAC agieren. Vertreter des PIOB nehmen

regelmäßig an den Sitzungen der Boards teil und stellen sicher, dass jeder Board bei der Standardsetzung das festgelegte

Verfahren (due process) einhält. Die Aufsichtsrolle des PIOB war in einer Vereinbarung zwischen der IFAC und deren

Überwachungsgremium (Monitoring Board) zusammen mit anderen Maßnahmen eingeführt worden, um den inter-

nationalen Standards, die die Standardsetzer mit Blick auf eine weltweite Anwendung entwickeln, eine größere Glaub-

würdigkeit zu verleihen.

2 | 01.2017 |

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Da die Strategie des PIOB erst im Jahr 2013 überarbeitet worden ist, gibt das IDW zu bedenken, dass die derzeitige öffent-

liche Konsultation ohne Not die Beständigkeit der Standardsetzungsaktivitäten in den Augen der Öffentlichkeit in Frage

stellt – und dies obwohl vielfältige Maßnahmen bereits berücksichtigen, dass beispielsweise der IAASB dem Allgemein-

wohl in vorbildlicher Weise dient.

Das IDW merkt an, dass zahlreiche der vom PIOB aufgeworfenen Fragen erkennen lassen, dass er einen Bedarf dafür

wahrnimmt, eine breitere Gruppe von Stakeholdern an der Erarbeitung von Standards zu beteiligen. Dies wird jedoch

nicht durch konkrete Anhaltspunkte belegt. Da alle Stakeholder gleichermaßen die Möglichkeit haben, Kandidaten als

Board-Mitglieder vorzuschlagen, könnte das Unterbleiben derartiger Vorschläge auf ein gewisses Desinteresse hin-

deuten. Das IDW hebt hervor, wie wichtig es ist, dass die Standardsetzer (Boards) die erforderliche fachliche Expertise

besitzen, um hochwertige und international anwendbare Standards zu entwickeln. » DOC-ID: W1007497

Mehr zum Thema » Eingabe des IDW vom 23.11.2016 (www.idw.de).

AUS AUSLÄNDISCHEN FACHZEITSCHRIFTEN

Bank Directors’ Perceptions of Expanded Auditor‘s ReportsDie Finanz- und Wirtschaftskrise haben erneut den Ruf

nach zusätzlichen regulatorischen Maßnahmen zur

Sicher stellung der Finanzstabilität laut werden lassen. Da

Abschlussprüfer mit ihren externen, unabhängigen und

fachlich fundierten Bestätigungs- und Prüfungsleistun-

gen wesentlich zur Finanzstabilität beitragen, haben so-

wohl Regulatoren als auch Standardsetzer neue Regeln

zur Erweiterung des Bestätigungsvermerks vorgelegt. Auf

diese Weise sollen der Informationswert des Bestäti-

gungsvermerks erhöht und Informationsasymmetrien

zwischen Abschlusserstellern und -adressaten abgebaut

werden. Boolaky/Quick haben sich mit den potentiellen

Auswirkungen von Erweiterungen des Bestätigungsver-

merks, vor allem der Bereitstellung zusätzlicher Informa-

tionen über die Prüfungssicherheit, Wesentlichkeits-

schwellen und bedeutende Sachverhalte der Prüfung, auf

die Einschätzungen von Bankdirektoren hinsichtlich der

Qualität des Abschlusses, der Prüfung und des Bestäti-

gungsvermerks sowie hinsichtlich ihrer Kreditentschei-

dungen beschäftigt. Hierfür haben sie ein 2 x 2 x 2-Experi-

ment mit 105 deutschen Bankdirektoren durchgeführt.

Ihre Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich die Veröf-

fentlichung von Informationen über die Prüfungssicher-

heit positiv auf die wahrgenommene Qualität des Ab-

schlusses, der Prüfung und des Bestätigungsvermerks

auswirkt, sodass die Wahrscheinlichkeit der Kreditge-

währung steigt. Demgegenüber konnten sie für Angaben

zu bedeutenden Sachverhalten und zur Wesentlichkeits-

schwelle keine signifi kanten Auswirkungen erkennen.

Festzustellen war allerdings ein Zusammenhang zwi-

schen Wesentlichkeitsschwellen und Prüfungssicherheit.

In den Fällen, in denen Angaben zur Wesentlichkeit im

Bestätigungsvermerk gemacht wurden, wird der positive

Effekt der Veröffentlichung der Prüfungssicherheit abge-

schwächt. Boolaky/Quick schließen daraus, dass es für

Regulatoren und Standardsetzer ratsam wäre, die Aus-

wirkungen und Interdependenzen zusätzlicher Informa-

tionen im Bestätigungsvermerk sorgfältig abzuwägen,

bevor Entscheidungen zu dessen Erweiterung getroffen

werden. » Annette G. Köhler

Boolaky, Pran Krishansing / Quick, Reiner: International Journal

of Auditing, July 2016 – S. 158 – 174

| 01.2017 | 3

ASSURANCE

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Rechnungslegung

KOMPAKT

INTERNATIONALE RECHNUNGSLEGUNG

Aus der Arbeit des IASB

Aktuelle Veröffentlichungen des IASB betreffen

» die Interpretation IFRIC 22 zu IAS 21,

» eine Änderung von IAS 40 und

» den Sammel-Änderungsstandard Annual

Improvements to IFRSs (2014–2016).

IFRS Interpretation 22

IFRIC 22 adressiert eine Anwendungsfrage zu IAS 21 im

Zusammenhang mit Vorauszahlungen in Fremdwäh-

rung. Die Interpretation stellt klar, welcher Wechselkurs

bei der erstmaligen Erfassung eines solchen Geschäfts-

vorfalls in der funktionalen Währung eines Unterneh-

mens zu verwenden ist, wenn das Unternehmen Voraus-

zahlungen auf die der Transaktion zugrunde liegenden

Vermögenswerte, Aufwendungen oder Erträge leistet

oder erhält. Eine Pflicht zur Anwendung von IFRIC 22 be-

steht ab 01.01.2018; eine freiwillige vorzeitige Anwen-

dung ist zulässig.

IAS 40

IAS 40 regelt die Bilanzierung von als Finanzinvestition

gehaltenen Immobilien, die sich noch im Bau oder in der

Entwicklung befinden. Klargestellt wird in IAS 40.57, ob

und ab welchem Zeitpunkt ein Vermögenswert in den

bzw. aus dem Bestand einer als Finanzinvestition gehal-

tenen Immobilie wechselt. Hintergrund sind bislang un-

geregelte Praxisfälle, in denen sich eine Immobilie in der

Entwicklung befindet und es in dieser Phase zu einer

Änderung der Verwendungsabsicht kommt. Eine Über-

tragung soll demnach nur dann erfolgen, wenn die Nut-

zungsänderung nachweisbar ist. Ferner stellt der IASB ex-

plizit klar, dass die in IAS 40.57 genannten Indizien für

das Vorliegen einer Nutzungsänderung nur beispielhaft

und insoweit nicht abschließend sind. Eine Pflicht zur An-

wendung dieser Änderung besteht ab 01.01.2018; eine

freiwillige vorzeitige Anwendung ist zulässig.

AIP 2014–2016

Durch die Annual Improvements to IFRSs (AIP 2014–2016)

werden drei internationale Rechnungslegungsstandards

geändert:

» Redaktionelle Änderungen an IFRS 1; demnach werden

kurzfristige Befreiungen von der Anwendung be-

stimmter Regelungen der IFRS für Erstanwender, die

durch Zeitablauf nicht mehr relevant sind, gestrichen.

» Für den Anwendungsbereich von IFRS 12 wird präzi-

siert, dass die Angabevorschriften auch für Anteile an

Tochterunternehmen, gemeinsamen Vereinbarungen,

assoziierten Unternehmen und nicht konsolidierten

strukturierten Einheiten, die als zur Veräußerung

gehalten klassifiziert (oder in einer entsprechend

klassifizierten Veräußerungsgruppe enthalten) sind

sowie für aufgegebene Geschäftsbereiche im Sinne von

IFRS 5 gelten.

» In IAS 28.18 wird klargestellt, dass das Wahlrecht von

Wagniskapital-Gesellschaften, Investmentfonds und

ähnlichen Unternehmen, ihre Anteile an assoziierten

Unternehmen und Gemeinschaftsunternehmen erfolgs-

wirksam zum beizulegenden Zeitwert (fair value

through profit or loss) zu bewerten, separat für jedes

einzelne Investment ausgeübt werden darf. Weitere

Erläuterungen sind auch für das Wahlrecht gemäß

IAS 28.36 ergänzt worden.

Die Änderung von IFRS 12 ist ab 01.01.2017, die beiden an-

deren Änderungen sind ab 01.01.2018 anzuwenden.

» DOC-ID: W1007498

Mehr zum Thema

» IASB vom 08.12.2016 (www.ifrs.org).

» Schreiber, „IASB schlägt Änderungen an vier Standards vor –

Jährlicher Verbesserungsprozess (Zyklus 2014–2016) und

begrenzte Änderungen von IAS 40“, WPg 2016, S. 143.

4 | 01.2017 |

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ANALYSE

Beurteilung der signifikantenVerschlechterung der Kreditqualität

nach IFRS 9Voraussetzungen für die Verwendung von Ratings und Lifetime-PD

Von Dr. Michael Bosse, Nikolas Stege und Dr. Manuel Hita Hochgesand1

Eine zentrale Herausforderung bei der Umsetzung einer IFRS-konformen Stufenzuordnung ist die Auswahl

geeigneter Beurteilungskriterien. In den derzeitigen Umsetzungsprojekten zeichnet sich dafür vor allem die

Verwendung von kumulierten Ausfallwahrscheinlichkeiten (Lifetime-PD) und Ratings ab. Während Ratings ein

vertrautes Maß zur Beurteilung der Kreditqualität sind, handelt es sich bei Lifetime-PD – zumindest im

bilanziellen Kontext – um eine Neuerung. Vor diesem Hintergrund wird in diesem Beitrag herausgearbeitet,

welche methodischen Unterschiede zwischen Lifetime-PD und Ratings bestehen und unter welchen Voraus-

setzungen diese als Beurteilungskriterien für eine signifikante Verschlechterung der Kreditqualität verwendet

werden können.

1 Einleitung

Die deutlichsten Veränderungen von IFRS 9 gegenüber

den bestehenden Regelungen in IAS 39 resultieren aus

der neuen Wertminderungsmethode, die das derzeit an-

zuwendende Incurred Loss Model durch einen Expected-

Loss-Ansatz ablöst. In Abhängigkeit von der Veränderung

der Kreditqualität sollen Wertminderungen früher antizi-

piert werden, nicht zuletzt, um damit dem im Zuge der Fi-

nanzmarktkrise aufgekommenen Kritikpunkt einer ver-

späteten Erfassung von Wertminderungen auf Basis des

Incurred Loss Model zu begegnen.

Zum Zeitpunkt des erstmaligen Ansatzes eines Finanzin-

struments werden nach IFRS 9 grundsätzlich sämtliche Fi-

nanzinstrumente – unabhängig von ihrem initialen Kre-

ditrisiko – zunächst der Stufe 1 zugeordnet. Damit ist die

erfolgswirksame Erfassung einer Wertminderung in

Höhe des 12-Monats-Expected-Credit-Loss verbunden. In

den Folgeperioden ist für das jeweilige Finanzinstrument

bei der Stufenzuordnung anhand geeigneter Kriterien zu

beurteilen, ob eine signifikante Verschlechterung der Kre-

ditqualität im Vergleich zum Zugangszeitpunkt vorliegt.

Dies begründet die Zuordnung des Finanzinstruments zur

Stufe 2, so dass ein Lifetime Expected Credit Loss als Risi-

kovorsorge zu erfassen ist. Die Zuordnung zur Stufe 2 soll

– der Zielsetzung des neuen Expected-Loss-Ansatzes ent-

sprechend – bereits (deutlich) vor dem Eintritt eines Ver-

lustereignisses (Stufe 3) erfolgen. Während die Stufen 1

l1 Der Beitrag stellt die persönliche Meinung der Verfasser dar.

| 01.2017 | 5

RECHNUNGSLEGUNG

Keywords:

IFRS 9

Expected-Loss-Modell

Stufenzuordnung

Lifetime-PD

Rating

Page 10: Gute Compliance – gut für den Börsenkurs · Dr. Manuel Hita Hochgesand » 5 FINANCIAL SERVICES Regulierung des Finanzsektors – Entwicklungen im dritten Quartal 2016 Dr. Max

und 3 weitestgehend der Portfolio- und Einzelwertberich-

tigung nach IAS 39 entsprechen, stellt die Stufe 2 eine

Neuerung dar, die die wesentliche Änderung der Bilanz-

und Erfolgswirkung im Vergleich zum Incurred Loss Mo-

del begründet.

Die mit Ermessensspielräumen behaftete Beurteilung ei-

ner signifikanten Verschlechterung der Kreditqualität ist

demnach von zentraler Bedeutung für die Ergebniswir-

kung des neuen Wertminderungsmodells. Festzulegen ist

u.a., anhand welcher Beurteilungskriterien der Übergang

von Stufe 1 nach Stufe 2 erfolgen soll. Als Beurteilungskri-

terium ist grundsätzlich das über die erwartete Restlauf-

zeit bestehende Ausfallrisiko (Lifetime-PD2) heranzuzie-

hen. IFRS 9 räumt dem Bilanzierenden aber auch die

Möglichkeit ein, das über die nächsten zwölf Monate be-

stehende Ausfallrisiko (12-Monats-PD), das üblicherweise

mit Ratings abgebildet wird, zu verwenden. Die Motiva-

tion zur Nutzung von Ratings lässt sich vor allem damit

begründen, dass diese ein vertrautes Maß zur Abbildung

der Kreditqualität darstellen. Dementsprechend können

Ratingveränderungen und die daraus resultierende Stu-

fenzuordnung einfacher gegenüber internen und exter-

nen Adressaten kommuniziert werden.

Vor diesem Hintergrund soll in diesem Beitrag herausge-

arbeitet werden, welche Anwendungsvoraussetzungen

für die Verwendung von Lifetime-PD und Ratings als Kri-

terium für die Beurteilung einer signifikanten Verschlech-

terung der Kreditqualität bestehen.

2 IFRS-9-Anforderungen an die Stufenzuordnung

Die Abgrenzung zwischen Stufe 1 und Stufe 2 des Wert-

minderungsmodells und damit die konkrete Art der Beur-

teilung einer signifikanten Verschlechterung der Kredit-

qualität wird von IFRS 9 nicht explizit vorgegeben; sie

liegt daher grundsätzlich im Ermessen des Bilanzierenden

(IFRS 9.5.5.12). In diesem Zusammenhang ist festzulegen,

» für welches Beurteilungsobjekt eine signifikante Ver-

schlechterung der Kreditqualität zu untersuchen ist,

» welches Beurteilungskriterium hierfür genutzt werden

soll und

» welches Ausmaß eine signifikante Verschlechterung

der Kreditqualität begründet (Signifikanzschwelle).

Beurteilungsobjekt

Für die Festlegung des Beurteilungsobjekts ist maßgeb-

lich, auf welcher Ebene das Ausfallrisiko3 zum Zugangs-

zeitpunkt bestimmt werden kann. Nach IFRS 9.5.5.3 ist

es erforderlich, eine signifikante Erhöhung des Ausfall-

risikos zunächst auf Ebene des einzelnen Finanzinstru-

ments zu identifizieren und zu beurteilen. Das relevante

Beurteilungsobjekt ist somit grundsätzlich das einzelne

Finanzinstrument, so dass unterschiedliche Finanzin-

strumente eines Schuldners jeweils getrennt voneinan-

der zu beurteilen sind. Eine gemeinsame Beurteilung

verschiedener Finanzinstrumente eines Schuldners

kann jedoch erfolgen, wenn dieses Vorgehen zum glei-

chen Ergebnis wie eine Beurteilung auf Transaktions-

ebene führt. Hierbei handelt es sich um ein bedingtes

Wahlrecht, das einen entsprechenden Nachweis erfor-

dert. Die gleiche Beurteilung einer signifikanten Ver-

schlechterung der Kreditqualität auf Schuldner- und

Transaktionsebene ergibt sich für den Fall, dass die Fi-

nanzinstrumente des Schuldners ein ähnliches Ausfall-

risiko zum Zugangszeitpunkt aufweisen (IFRS 9.IE43–47

i.V. mit IFRS 9.BC5.168). Zudem kann eine gemeinsame

Beurteilung unterschiedlicher Finanzinstrumente eines

Portfolios erfolgen, wenn diese über homogene Kredit-

risikoeigenschaften – und hierbei vor allem über ein

ähnliches Ausfallrisiko zum Zugangszeitpunkt – verfü-

gen (IFRS 9.IE40–42).4

Beurteilungskriterium

Als Beurteilungskriterium für die signifikante Verschlech-

terung der Kreditqualität ist nach IFRS 9.5.5.9 an jedem

Bilanzstichtag die Veränderung des über die erwartete

Restlaufzeit bestehenden Ausfallrisikos seit der erstmali-

gen Erfassung heranzuziehen. Bezogen auf einen Kredit-

Ratingveränderungen und die

daraus resultierende Stufen-

zuordnung lassen sich einfacher

gegenüber internen und externen

Adressaten kommunizieren.

l2 Für eine detaillierte Beschreibung der Lifetime-PD siehe Abschn. 3.1 (PD bezeichnet die probability/probabilities of default).l3 Die Begriffe Ausfallrisiko und Kreditqualität

werden hier synonym verwendet. Der von IFRS 9 verwendete Begriff „Kreditrisiko“ ist irreführend, da er impliziert, dass die Veränderung erwarteter (Kredit-)Verluste für die Stufen-

zuordnung maßgeblich sei. IFRS 9.5.5.9 hebt jedoch ausdrücklich hervor, dass die Veränderung des Ausfallrisikos und nicht die Veränderung erwarteter (Kredit-)Verluste für die

Signifikanzbeurteilung heranzuziehen ist. Dabei dürfen Sicherheiten nur dann berücksichtigt werden, wenn sie einen Einfluss auf das Ausfallrisiko haben.l4 Die Nutzung der

Portfolioebene, auf der umfassendere Kreditrisikoinformationen bestehen, kann auch in Situationen erforderlich sein, in denen der Bilanzierende auf Transaktionsebene nicht über

ausreichende Informationen zur Signifikanzbeurteilung verfügt (IFRS 9.B5.5.1 i.V. mit IFRS 9.B5.5.3).

6 | 01.2017 |

» Beurteilung der signifikanten Verschlechterung der Kreditqualität nach IFRS 9

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risikoparameter-basierten Ansatz bedeutet diese Anforde-

rung, dass die Lifetime-PD zum jeweiligen Stichtag mit

der Lifetime-PD zum Zugangszeitpunkt zu vergleichen ist.

Hierbei ist jedoch zu beachten, dass sich die Veränderung

der Lifetime-PD aus zwei Effekten zusammensetzt:

» einem bonitätsinduzierten Effekt und

» einem zeitinduzierten Effekt.

Während der bonitätsinduzierte Effekt auf die „originäre“

Veränderung des Kreditrisikos zurückzuführen ist, ba-

siert der zeitinduzierte Effekt auf dem Voranschreiten

der Laufzeit, das zu einer Verringerung der Lifetime-PD

aufgrund der verkürzten Restlaufzeit des jeweiligen Fi-

nanzinstruments führt. Da sich das Beurteilungskriterium

zum Übergang in Stufe 2 jedoch ausschließlich auf die

Veränderung des „originären“ Ausfallrisikos bezieht, ist

der zeitinduzierte Effekt entsprechend zu neutralisieren

(IFRS 9.B5.5.10f.).

IFRS 9 sieht grundsätzlich auch die Veränderung der

12-Monats-PD als geeignete Approximation für die Verän-

derung der Lifetime-PD bei der Beurteilung der signifi-

kanten Verschlechterung des Kreditrisikos an, es sei

denn, die zu berücksichtigenden Umstände erfordern

eine Mehrjahres-Betrachtung. Dies gilt für den Fall, dass

sich das Ausfallverhalten von Schuldnern nicht auf einen

bestimmten Zeitpunkt innerhalb der Laufzeit konzen-

triert (IFRS 9.B5.5.13). IFRS 9.B5.5.14(a) bis (c) nennt die

folgenden möglichen Umstände, in denen die Verwen-

dung der 12-Monats-PD nicht angemessen ist:

(a) die mit dem Finanzinstrument zusammenhängenden

wesentlichen Zahlungsverpflichtungen werden erst

nach Ablauf der nächsten zwölf Monate fällig;

(b) es treten Änderungen der relevanten makro-

ökonomischen oder sonstigen kreditbezogenen

Faktoren ein, die in der 12-Monats-PD nicht

angemessen berücksichtigt werden;

(c) Änderungen kreditbezogener Faktoren wirken sich

erst nach mehr als zwölf Monaten (verstärkt) auf das

Kreditrisiko des Finanzinstruments aus.

Signifikanzschwelle

Zur Bestimmung des Ausmaßes, ab dem eine signifikante

Verschlechterung der Kreditqualität vorliegt, gibt IFRS 9

keine Signifikanzschwelle vor, so dass eine entsprechen-

de Definition dem Bilanzierenden obliegt. Für verschie-

dene Finanzinstrumente können somit unterschiedliche

Ansätze angewendet werden (IFRS 9.B5.5.12 i.V. mit

IFRS 9.BC5.171). Je nach Höhe des ursprünglichen Ausfall-

risikos zum Zugangszeitpunkt kann eine differenzierte

Festlegung der Signifikanzschwelle erforderlich sein

(IFRS 9.B5.5.9). Als geeignete Bezugsgröße für die Signifi-

kanzbeurteilung kann dabei die ursprüngliche Erwartung

der Entwicklung des Ausfallrisikos dienen. Hierdurch

wird dem Grundgedanken des IASB Rechnung getragen,

dass die Erwartung der Entwicklung des Ausfallrisikos in

den ursprünglich kontrahierten Kreditkonditionen ent-

halten ist (IFRS 9.BC.5.173). Im Vergleich zur tatsächlichen

Entwicklung des Ausfallrisikos erfolgt anhand der festge-

legten Signifikanzschwelle schließlich die Beurteilung ei-

ner signifikanten Verschlechterung der Kreditqualität

und damit die Abgrenzung zwischen den Stufen 1 und 2

des Wertminderungsmodells.

3 Beurteilungskriterien für die Stufenzuordnung

Die Beurteilung der Kreditqualität umfasst eine ganz-

heitliche Analyse, die sich je nach Datenverfügbarkeit,

Finanzinstrument und Art des Unternehmens unter-

scheidet (IFRS 9.B5.5.16 i.V. mit IFRS 9.BC5.157). Nach

IFRS 9.B5.5.18 können dabei quantitative und qualita-

tive Informationen verwendet werden, die für die Stu-

fenzuordnung nicht zwangsläufig in statistischen Model-

len oder Ratingverfahren verarbeitet werden müssen.

Eine nicht abschließende Liste von Informationen, die für

die Stufenzuordnung relevant sein können, enthält

IFRS 9.B5.5.17. Der Bilanzierende muss abwägen, welche

Informationen in diesem Zusammenhang geeignet sind.

Unabhängig von den verwendeten Informationen ist die

widerlegbare Vermutung einer signifikanten Verschlech-

terung der Kreditqualität ab 30 Verzugstagen als backstop

zu berücksichtigen (IFRS 9.5.5.11 i.V. mit IFRS 9.BC5.193).

Beurteilungskriterien für die Stufenzuordnung lassen

sich daher wie folgt kategorisieren:

» quantitative Kriterien (z.B. Lifetime-PD, 12-Monats-PD,

Ratings),

» qualitative Kriterien (z.B. Watchlist, Marktindikatoren)

und

» Backstop-Kriterien (z.B. 30 Verzugstage).

Während mit quantitativen Kriterien die Beurteilung auf

Basis eines Vergleichs numerischer Größen erfolgt, wer-

den mit qualitativen und Backstop-Kriterien (absolute)

Zustände für die Beurteilung verwendet. Als quantitative

Kriterien werden überwiegend Lifetime-PD und Ratings

genutzt, die im Folgenden zunächst methodisch voneinan-

der abgegrenzt werden, um darauf aufbauend die An-

wendungsvoraussetzungen für die Stufenzuordnung her-

auszuarbeiten. Die Notwendigkeit zur Berücksichtigung

zusätzlicher qualitativer Kriterien hängt davon ab, ob

| 01.2017 | 7

RECHNUNGSLEGUNG

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und inwieweit diese bereits in den quantitativen Kriterien

berücksichtigt sind.

3.1 Methodische Grundlagen

In der Kreditrisikomodellierung wird das Ausfallrisiko

über einen bestimmten Zeitraum durch die PD beschrie-

ben. Zur Beurteilung der Bonität bzw. Kreditwürdigkeit

von Transaktionen oder Schuldnern verwenden Finanz-

institute Ratingverfahren, durch die sich eine Aussage

über die PD innerhalb eines vorgegebenen Zeitraums (in

der Regel ein Jahr) treffen lässt. Bei der Entwicklung von

Ratingverfahren wird auf Basis historischer Beobachtun-

gen für unterschiedliche qualitative und quantitative In-

formationen überprüft, ob diese einen Erklärungsgehalt

für das Ausfallrisiko aufweisen. Die als ausfallrisiko-

relevant identifizierten Informationen fließen als Risiko-

treiber in das Ratingverfahren ein. Im nächsten Schritt

werden Ratingklassen als Intervalle definiert, denen – je

nach Ausmaß des Ausfallrisikos – PD im Rahmen der

Kalibrierung zugeordnet werden. Die aus Ratingverfahren

resultierenden Ratingeinstufungen korrespondieren daher

jeweils mit einer bestimmten 12-Monats-PD. Diese stellt im

Regelfall die mittlere PD eines PD-Intervalls dar, das der je-

weiligen Ratingklasse zugeordnet wurde. Der Zusammen-

hang zwischen Ratingklasse, mittlerer PD und PD-Intervall

wird über die sogenannte Masterskala abgebildet.

Übersicht 1 zeigt eine idealtypische Masterskala für ein

Ratingverfahren mit den Ratingklassen I bis IX.

RatingklassePD-

UntergrenzeMittlere PD

PD-Obergrenze

I 0,00% 0,13% 0,20%

II 0,20% 0,25% 0,40%

III 0,40% 0,50% 0,70%

IV 0,70% 1,00% 1,40%

V 1,40% 2,00% 2,90%

VI 2,90% 4,00% 5,80%

VII 5,80% 8,00% 10,60%

VIII 10,60% 16,00% 19,10%

IX 19,10% 32,00% 100,00%

Default 100,00% 100,00% 100,00%

Übersicht 1 »Masterskala eines Ratingverfahrens

Mit den auf Basis historischer Informationen modellier-

ten Ratingverfahren lassen sich dann bei der Ratingverga-

be aktuelle und zukunftsgerichtete Informationen über

die Risikotreiber zu einem (vorläufigen) Rating verdich-

ten. Dieses auf statistischen Zusammenhängen basieren-

de Rating wird anschließend oftmals um Einschätzungen

des jeweiligen Kreditanalysten zur Bonitätssituation des

Schuldners zu einem endgültigen Rating angepasst. Im

Rahmen der von IFRS 9 geforderten Point-in-Time-Orien-

tierung von Ratingverfahren5 sollten auf diese Weise

sämtliche ausfallrisikorelevanten Informationen als (qua-

litative oder quantitative) Modellvariablen Berücksich-

tigung finden, um erwartete Ausfallereignisse möglichst

genau zu schätzen.

Während die Erstellung von Ratings und die damit zu-

sammenhängende Schätzung von 12-Monats-PD in der

Kreditrisikomodellierung bereits etabliert sind, stellen

Lifetime-PD – zumindest im bilanziellen Kontext – eine

Neuerung dar. Zur Ermittlung von Lifetime-PD existieren

grundsätzlich verschiedene Verfahren, die sich im Hin-

blick auf ihren Umsetzungsaufwand und ihre Prognose-

güte unterscheiden. Eine in der Praxis häufig verwendete

Methode zur Ermittlung von Lifetime-PD stellen Migra-

tionsmatrizen dar.

Migrationsmatrizen

Migrationsmatrizen bilden das Migrationsverhalten

von Schuldnern ab, d.h. die Wahrscheinlichkeit über

einen bestimmten Zeitraum in derselben Ratingklas-

se zu verbleiben oder in eine andere Ratingklasse zu

migrieren. Die empirische Ermittlung von Migra-

tionsmatrizen erfolgt durch Beobachtung des histo-

rischen Migrationsverhaltens von Schuldnern über

einen bestimmten Zeitraum. In den Zeilen einer Mi-

grationsmatrix werden die ursprünglichen Ratings

der Periode t und in den Spalten die Ratings der

Folgeperiode t+1 abgetragen. Die Default-Spalte der

Matrix repräsentiert Migrationen in den Ausfall.

Übersicht 2 zeigt eine idealtypische, konjunkturneutrale

Ein-Jahres-Migrationsmatrix für die Ratingklassen I bis IX

und den Default-Zustand.

l5 Vgl. Bosse, WPg 2015, S. 720.

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» Beurteilung der signifikanten Verschlechterung der Kreditqualität nach IFRS 9

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Die Ermittlung von Lifetime-PD kann dabei über die t-ma-

lige Multiplikation der Ein-Jahres-Migrationsmatrix mit

sich selbst erfolgen. Aus der daraus resultierenden t-Jah-

res-Migrationsmatrix können die entsprechenden Life-

time-PD jeweils in der Default-Spalte abgelesen werden.

Auf diese Weise lässt sich schließlich ein sogenanntes

PD-Profil erzeugen, das die periodenspezifischen Life-

time-PD enthält und somit das über die Laufzeit erwartete

Ausfallrisiko darstellt.

So führt die Multiplikation der idealtypischen Migrations-

matrix zu den in Übersicht 3 dargestellten konjunktur-

neutralen PD-Profilen je Ratingklasse über einen Zeit-

raum von zehn Perioden. Die PD-Profile zeigen Lifetime-

PD, die das gesamte Ausfallrisiko aus heutiger Sicht über

einen mehrjährigen Zeitraum abbilden.

Für Zwecke einer IFRS-9-konformen Modellierung ist

sicherzustellen, dass die PD-Profile zukunftsgerichte-

te, makroökonomische Informationen berücksichtigen

(IFRS 9.5.5.17(c)). Die Integration dieser Informationen

kann unter Verwendung von Migrationsmatrizen entwe-

der direkt oder indirekt erfolgen:

» Bei der direkten Methode werden zukunftsgerichtete,

makroökonomische Informationen berücksichtigt,

indem – je nach erwarteter Konjunkturlage –

spezifische Migrationsmatrizen miteinander

multipliziert werden.6

Rating in t+1

I II III IV V VI VII VIII IX Default

Ursprungs-

rating in t

I 92,00% 4,00% 2,00% 1,00% 0,50% 0,25% 0,10% 0,02% 0,00% 0,13%

II 3,00% 85,00% 5,85% 2,50% 1,00% 1,25% 0,50% 0,35% 0,30% 0,25%

III 1,00% 6,00% 82,00% 5,00% 2,50% 1,75% 0,75% 0,40% 0,10% 0,50%

IV 0,50% 1,25% 7,00% 80,00% 6,00% 3,00% 1,00% 0,20% 0,05% 1,00%

V 0,25% 2,00% 4,00% 6,00% 75,00% 5,00% 3,00% 1,75% 1,00% 2,00%

VI 0,00% 0,25% 0,75% 3,50% 6,50% 60,00% 10,00% 9,25% 5,75% 4,00%

VII 0,00% 0,13% 0,25% 1,12% 3,50% 7,00% 55,00% 15,00% 10,00% 8,00%

VIII 0,00% 0,00% 0,10% 0,25% 1,65% 4,00% 8,00% 50,00% 20,00% 16,00%

IX 0,00% 0,00% 0,00% 0,25% 1,25% 3,50% 6,00% 12,00% 45,00% 32,00%

Default 0,00% 0,00% 0,00% 0,00% 0,00% 0,00% 0,00% 0,00% 0,00% 100,00%

Übersicht 2 » Konjunkturneutrale Ein-Jahres-Migrationsmatrix

Periode

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Ursprungs-

rating in t

I 0,13% 0,30% 0,55% 0,90% 1,36% 1,93% 2,61% 3,40% 4,31% 5,31%

II 0,25% 0,78% 1,58% 2,62% 3,87% 5,29% 6,87% 8,56% 10,35% 12,22%

III 0,50% 1,25% 2,30% 3,64% 5,23% 7,02% 8,99% 11,08% 13,26% 15,51%

IV 1,00% 2,21% 3,73% 5,59% 7,74% 10,12% 12,66% 15,31% 18,01% 20,73%

V 2,00% 4,63% 7,79% 11,32% 15,04% 18,82% 22,54% 26,15% 29,60% 32,87%

VI 4,00% 10,69% 18,34% 25,95% 33,01% 39,32% 44,85% 49,65% 53,81% 57,40%

VII 8,00% 18,36% 28,62% 37,79% 45,62% 52,17% 57,61% 62,14% 65,91% 69,08%

VIII 16,00% 31,24% 43,39% 52,72% 59,90% 65,50% 69,93% 73,50% 76,41% 78,80%

IX 32,00% 48,97% 59,32% 66,37% 71,52% 75,47% 78,59% 81,10% 83,14% 84,84%

Default 100,00% 100,00% 100,00% 100,00% 100,00% 100,00% 100,00% 100,00% 100,00% 100,00%

Übersicht 3 » Konjunkturneutrale PD-Profile je Ratingklasse

l6 Vgl. Bosse, WPg 2015, S. 728ff.

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RECHNUNGSLEGUNG

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» Demgegenüber liegt der hier betrachteten indirekten

Methode eine Migrationsmatrix zugrunde, die auf Basis

einer konjunkturübergreifenden Datenhistorie ermittelt

wurde, so dass die Multiplikation einer solchen Matrix

zu PD-Profilen führt, die die Konjunkturerwartungen

gegebenenfalls nicht vollständig berücksichtigen.

Je nach erwarteter Konjunkturlage lassen sich an-

schließend die einzelnen Lifetime-PD des PD-Profils

mit einem Skalierungsfaktor,

der die Veränderung der

Lifetime-PD in Abhängigkeit

von makroökonomischen

Erwartungen abbildet,

periodenspezifisch nach oben

oder unten anpassen.

Die hieraus resultierenden kon-

junkturabhängigen PD-Profile zei-

gen Übersicht 4 und Übersicht 5.7, 8

3.2 Anwendungsvoraus-

setzungen

Das IASB trifft die Annahme, dass

die Veränderung des Ausfallrisi-

kos über die nächsten zwölf Mona-

te generell eine geeignete Approxi-

mation für die Veränderung des

Ausfallrisikos über die erwartete

Restlaufzeit darstellen sollte, so

dass sich das Ausfallrisiko über die nächsten zwölf Mona-

te als Beurteilungskriterium für die Stufenzuordnung eig-

net (IFRS 9.B5.5.13 i.V. mit IFRS 9.BC5.178). In Bezug auf

die Nutzbarkeit der 12-Monats-PD bzw. der korrespon-

dierenden Ratingeinstufung als Beurteilungskriterium

stellt sich die Frage, ob und inwieweit überprüft bzw.

nachgewiesen werden muss, dass die Ratingveränderung

eine angemessene Approximation für die Veränderung

Periode

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Ursprungs-

rating in t

I 0,13% 0,33% 0,62% 1,02% 1,48% 2,04% 2,72% 3,52% 4,42% 5,42%

II 0,25% 0,86% 1,78% 2,97% 4,21% 5,63% 7,20% 8,89% 10,68% 12,54%

III 0,50% 1,37% 2,57% 4,10% 5,68% 7,47% 9,43% 11,51% 13,68% 15,91%

IV 1,00% 2,39% 4,14% 6,27% 8,40% 10,76% 13,29% 15,92% 18,60% 21,30%

V 2,00% 5,02% 8,64% 12,66% 16,33% 20,05% 23,72% 27,27% 30,67% 33,88%

VI 4,00% 11,69% 20,40% 28,93% 35,70% 41,75% 47,06% 51,67% 55,66% 59,11%

VII 8,00% 19,92% 31,49% 41,61% 48,96% 55,11% 60,22% 64,46% 68,00% 70,98%

VIII 16,00% 33,52% 47,04% 57,08% 63,59% 68,67% 72,70% 75,94% 78,58% 80,76%

IX 32,00% 51,51% 62,83% 70,23% 74,79% 78,29% 81,05% 83,27% 85,08% 86,58%

Default 100,00% 100,00% 100,00% 100,00% 100,00% 100,00% 100,00% 100,00% 100,00% 100,00%

Übersicht 4 » Konjunkturabhängige PD-Profile

0,00%

10,00%

20,00%

30,00%

40,00%

50,00%

60,00%

70,00%

80,00%

90,00%

100,00%

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

KumulierteAusfallwahrscheinlichkeit

Periode

Übersicht 5 » Konjunkturabhängige PD-Profile

l7 Die Kurven stellen von oben nach unten die PD-Profile zu den Ratings IX bis I dar.l8 Für eine konkrete Methode zur Anpassung des PD-Profils mit Skalierungsfaktoren vgl.

Bosse/Stege/Hita Hochgesand in einer der nächsten Ausgaben der WPg. In diesem Fall wurde für die Perioden 2 bis 4 jeweils ein Skalierungsfaktor i.H. von 15% verwendet.

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» Beurteilung der signifikanten Verschlechterung der Kreditqualität nach IFRS 9

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der Lifetime-PD im Rahmen der Signifikanzbeurteilung

darstellt. Die Notwendigkeit für einen entsprechenden

Nachweis ist im Vergleich zu den ursprünglichen Rege-

lungen des Exposure Draft (ED/2013/3.B11) in IFRS 9 zwar

nicht mehr explizit enthalten. Um sicherzustellen, dass

die in IFRS 9.B5.5.14 dargestellten Umstände nicht vorlie-

gen – so dass die Verwendung einer Ratingveränderung

unangemessen wäre –, bedarf es dennoch eines ent-

sprechenden Nachweises.

Auch die IFRS Transition Resource Group for Impairment

of Financial Instruments (ITG) hat sich im September

2015 mit dieser Thematik auseinander gesetzt.9 In diesem

Zusammenhang wird erwartet, dass der Bilanzierende

für den Nachweis der Angemessenheit der Approxima-

tion eine robuste Analyse durchführt, wobei deren Um-

fang grundsätzlich vom zu betrachtenden Finanzinstru-

ment abhängt. Demnach reicht in manchen Fällen eine

qualitative Analyse aus, wohingegen in weniger eindeuti-

gen Fällen eine zusätzliche quantitative Analyse notwen-

dig sein könnte.

Ein möglicher Ansatz zur fortlaufenden Überprüfung der

Angemessenheit der Approximation kann nach Ansicht

der ITG wie folgt ausgestaltet sein:10

1. Identifikation der wesentlichen Determinanten, die

einen Einfluss auf die Angemessenheit der Nutzung

der Veränderung des Ausfallrisikos über zwölf Monate

als Approximation für die Veränderung des Ausfall-

risikos über die erwartete Restlaufzeit haben könnten;

2. Beobachtung der identifizierten Determinanten

im Rahmen einer fortlaufenden qualitativen

Überwachung;

3. Erwägung, ob beobachtete Änderungen der

Determinanten darauf hindeuten, dass die

Veränderung des Ausfallrisikos über zwölf Monate

als Approximation für die Veränderung des Ausfall-

risikos über die erwartete Restlaufzeit nicht weiter

angemessen sein könnte.

Für den Fall, dass die Überprüfung zeigt, dass die Appro-

ximation nicht weiter geeignet ist, muss der Bilanzierende

einen alternativen Ansatz bestimmen, der die Verände-

rung des Ausfallrisikos über die erwartete Laufzeit bei

der Signifikanzbeurteilung angemessen berücksichtigt.

Mit einem (fortlaufenden) Nachweis soll sichergestellt

werden, dass die wesentlichen Risikotreiber, die über die

erwartete Restlaufzeit bestehen, auch

über die Betrachtung des 12-Monats-

Horizonts angemessen berücksichtigt

werden. Anderenfalls könnten eine

signifikante Verschlechterung der

Kreditqualität zu spät festgestellt und

damit Wertminderungen – entgegen

der Zielsetzung des Expected-Loss-

Ansatzes – zu spät erfasst werden. In diesem Kontext

wäre ein numerischer Vergleich der Veränderung der

12-Monats-PD mit der Veränderung der Lifetime-PD als

Nachweis für eine geeignete Approximation nicht ziel-

führend, da hierdurch keine eindeutige Aussage über die

Berücksichtigung von Risikotreibern auf Ein- und Mehr-

jahressicht getroffen werden kann. Für den Fall, dass die

Veränderung der Lifetime-PD numerisch der Verände-

rung der 12-Monats-PD entsprechen sollte, könnte dies

vielmehr auch darauf hindeuten, dass wesentliche Ri-

sikotreiber nicht in der 12-Monats-Sicht berücksichtigt

werden. Dies liegt darin begründet, dass Lifetime-PD – un-

abhängig von der ursprünglichen Kreditqualität – ab ei-

ner bestimmten Zeit gegen 100% konvergieren, so dass

mit längeren Restlaufzeiten grundsätzlich geringere Ver-

änderungen der Lifetime-PD einhergehen. Die Verände-

rung der Lifetime-PD konvergiert daher mit zunehmen-

der Restlaufzeit gegen 0.11 Unter der Annahme, dass

sämtliche relevanten Risikotreiber in der 12-Monats-

Bilanzierende sollten prüfen, ob der mit dem Nach-

weis zur Eignung von Ratings verbundene Aufwand

nicht vom Nutzen (deutlich) kompensiert wird.

l9 ITG, Agenda Paper 2, 16.09.2015, S. 1–14 (www.ifrs.org; Abruf: 10.11.2015).l10 ITG, Meeting Summary, 16.09.2015, S. 5 (www.ifrs.org; Abruf: 10.11.2015).l11 Um dem Effekt

der Restlaufzeit auf die Veränderung der Lifetime-PD zu begegnen, sind – unter Verwendung von Lifetime-PD als Beurteilungskriterium – gegebenenfalls restlaufzeitabhängige

Signifikanzschwellen zu definieren. Anderenfalls besteht das Risiko, dass eine signifikante Verschlechterung der Kreditqualität erst ab Unterschreitung einer bestimmten Restlaufzeit

festgestellt werden kann, so dass Geschäfte nur aufgrund einer längeren Restlaufzeit nicht der Stufe 2 zugeordnet werden. Informationen, die über die Bonität eines Schuldners zum

Bilanzstichtag vorliegen, würden bei einer Betrachtung von Lifetime-PD also mit zunehmender Restlaufzeit verschleiert und für die Stufenzuordnung insoweit nicht angemessen

berücksichtigt. Dies widerspricht dem Ziel, Wertminderungen frühzeitig zu erfassen.

| 01.2017 | 11

RECHNUNGSLEGUNG

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Sicht berücksichtigt sind, muss sich die Veränderung der

Lifetime-PD mit zunehmender Restlaufzeit verringern.

Gleichen sich die Veränderung der 12-Monats-PD und die

Veränderung der Lifetime-PD, würde dies dazu im Wi-

derspruch stehen und vielmehr darauf hindeuten, dass

sich Risikotreiber erst nach dem 12-Monats-Horizont

auswirken. Dies begründet nach IFRS 9.B5.5.14 einen

möglichen Umstand, bei dem die Verwendung der 12-Mo-

nats-PD für die Stufenzuordnung nicht angemessen ist.

Vor diesem Hintergrund ist die numerische Approxima-

tion kein geeigneter Nachweis für die Verwendung der

12-Monats-PD als Beurteilungskriterium für die Stufenzu-

ordnung. Stattdessen ist zu zeigen, dass mit der Verände-

rung der Ratingeinstufung und der dazu korrespondie-

renden Veränderung der 12-Monats-PD die wesentlichen

Risikotreiber berücksichtigt werden, die zur Veränderung

der Lifetime-PD führen. Dies ist sichergestellt, wenn die

Veränderung der Ratingeinstufung über die gesamte

Laufzeit die wesentliche Determinante für die Gesamtver-

änderung der Lifetime-PD darstellt. Auf diese Weise lässt

sich eine eindeutige Aussage über die konsistente Berück-

sichtigung von Risikotreibern auf Ein- und Mehrjahres-

sicht treffen und damit eine geeignete Approximation i.S.

von IFRS 9.B5.5.13f. nachweisen.

4 Kritische Würdigung und Ausblick

Die Möglichkeit zur Verwendung von Ratings als Beurtei-

lungskriterium für die signifikante Verschlechterung der

Kreditqualität setzt die Erbringung eines geeigneten

Nachweises voraus. Es ist zu zeigen, dass Ratingverände-

rungen eine angemessene Approximation für die Verän-

derung der Lifetime-PD im Rahmen der Stufenzuordnung

darstellen. Dies kann mit einem gewissen Aufwand ver-

bunden sein.12 Demgegenüber werden unter Verwendung

von Lifetime-PD als Beurteilungskriterium für die Stufen-

zuordnung die IFRS-9-Anforderungen direkt erfüllt, ohne

dass ein darüber hinausgehender Nachweis zur grund-

sätzlichen Eignung der Lifetime-PD erforderlich wäre.

Neben der eingeschränkten Validierbarkeit sowie den

Herausforderungen bei der Operationalisierung (z.B. die

retrospektive Bestimmung der Lifetime-PD im Erstan-

wendungszeitpunkt) ist vor allem die Tatsache, dass Life-

time-PD wenig intuitiv und damit schwierig zu kommuni-

zieren sind, ein zentraler Nachteil der Verwendung von

Lifetime-PD als Beurteilungskriterium.

Die 12-Monats-PD bzw. das damit korrespondierende Ra-

ting ist hingegen ein gängiges und allseits bekanntes Maß

zur Abbildung der Kreditqualität von Transaktionen oder

Schuldnern. Insoweit sind Veränderungen von Ratings

und die daraus resultierende Stufenzuordnung transpa-

renter; sie lassen sich sowohl gegenüber internen als auch

gegenüber externen Adressaten deutlich einfacher kom-

munizieren als Veränderungen von Lifetime-PD. Darüber

hinaus ist die Ermittlung von Ratings im Vergleich zur Er-

mittlung von Lifetime-PD mit einer geringeren Unsicher-

heit verbunden, so dass Ratings als Beurteilungskriterium

für die signifikante Verschlechterung der Kreditqualität

ein verlässlicheres Maß darstellen können. Vor diesem

Hintergrund sollte der Bilanzierende prüfen, ob der mit

dem Nachweis zur Eignung von Ratings als Beurteilungs-

kriterium verbundene Aufwand nicht vom skizzierten

Nutzen (deutlich) kompensiert wird. » DOC-ID: W1007472

»Dr. Michael Bosse

Senior Manager im BereichFinancial Accounting AdvisoryServices, Ernst & Young GmbHWPG,Hannover

»Nikolas Stege

Senior Consultant im BereichFinancial Accounting AdvisoryServices, Ernst & Young GmbHWPG,Hannover

»Dr. Manuel Hita Hochgesand

Manager im Bereich FinancialAccounting Advisory Services,Ernst & Young GmbHWPG,Frankfurt amMain

l12 Vgl. dazu in einer der nächsten Ausgaben der WPg Bosse/Stege/Hita Hochgesand. Vor allem die quantitative Überprüfung, dass makroökonomische Prognosen, die über den vom

Rating abgedeckten 12-Monats-Horizont hinausgehen, einen untergeordneten Einfluss auf die Stufenzuordnung haben, kann eine prozessuale und operationelle Herausforderung sein.

12 | 01.2017 |

» Beurteilung der signifikanten Verschlechterung der Kreditqualität nach IFRS 9

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Financial Services

KOMPAKT

BANKENAUFSICHT

Novelle der Institutsvergütungsverordnung tritt voraussichtlich erst im März 2017 in Kraft

Die Änderungsverordnung zur Institutsvergütungsverordnung (InstitutsVergV) wird voraussichtlich erst Anfang März

2017 und nicht – wie ursprünglich geplant – Anfang des Jahres in Kraft treten. Dazu wird die BaFin in Kürze einen neuen

Entwurf der InstitutsVergV-Novelle veröffentlichen. Die Änderungsverordnung soll dann im Februar 2017 erlassen und

ins Bundesgesetzblatt eingestellt werden (dazu auch Weber/Grauer/Schmid, WPg 2017, S. 15 (in dieser Ausgabe)).

Verworfene Änderungen

Hintergrund der Verzögerung ist, dass mit Blick auf die Überarbeitung der europäischen Eigenmittelrichtlinie (Capital

Requirements Directive IV – CRD IV) und nach Auswertung der Stellungnahmen zur Konsultation zwei ursprünglich vor-

gesehene Änderungen nun doch nicht realisiert werden sollen. Stattdessen wird zunächst die weitere Entwicklung bei

den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben abgewartet.

So soll die Risikoträger-Identifizierungspflicht nun nicht mehr auf alle Institute erweitert werden, wie noch in § 3 Abs. 2

des Konsultationsentwurfs vorgesehen. Außerdem sind nachgeordnete Institute, die bereits unter die sektorspezifischen

Vergütungsvorschriften der Richtlinie über die Verwalter alternative Investmentfonds (AIFM-Richtlinie) oder der Richt-

linie über Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW-V-Richtlinie) fallen, nicht in den Geltungs-

bereich der Gruppen-Vergütungsstrategie einzubeziehen, wie es nach § 27 des Konsultationsentwurfs zunächst geplant

war. » DOC-ID: W1007499

Mehr zum Thema » BaFin vom 12.12.2016 (www.bafin.de).

KAPITALMARKTUNION

Einigung über Erleichterungen beim EU-Prospektrecht

Die EU-Kommission will kleineren und mittelgroßen Un-

ternehmen bei der Ausgabe von Aktien oder Schuldtiteln

den Zugang zu Finanzierungsquellen erleichtern. Dazu

hat sie sich mit den EU-Mitgliedstaaten und dem Europä-

ischen Parlament auf ein neues Prospektrecht verständigt.

Dem vorausgegangen war ein Vorschlag der Kommission

vom November 2015 (dazu WPg 2015, S. 1299). Gegen-

stand der Einigung sind Regelungen, die bei einem öffent-

lichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulas-

sung zum Handel zu beachten sind. Ziel ist es, Hindernisse

bei der Finanzierung vor allem von kleineren Unterneh-

men zu beseitigen. Die Einigung sieht vor, kleinere Finan-

zierungsvolumina ebenso wie Crowdfunding-Projekte bis

zu einer Höhe von 1 Mio. Euro grundsätzlich von der

Prospektpflicht zu befreien. Die EU-Mitgliedstaaten kön-

nen aber höhere Schwellenwerte festlegen, um weitere

Wachstumsanreize zu setzen. Zwingend vorgeschrieben

sein wird ein Prospekt erst ab einem Finanzierungsvolu-

men von 8 Mio. Euro (bislang 5 Mio. Euro). Zudem wird

ein neuer Wachstumsprospekt eingeführt, der auch Inves-

toren in ihrer Entscheidungsfindung unterstützen soll.

Auch bei der Finanzierung über Unternehmensanleihen

soll es Erleichterungen geben: um den Markt liquider zu

| 01.2017 | 13

FINANCIALSERVICES

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machen, soll die Mindestgröße von (nominal) 100.000

Euro entfallen. Unternehmen, die den Kapitalmarkt regel-

mäßig in Anspruch nehmen, sollen schließlich von deut-

lich schnelleren Genehmigungsdauern – fünf statt bislang

zehn Tage – profitieren. Erleichterungen sind auch für Se-

kundärmärkte bei Unternehmensanleihen vorgesehen.

Schließlich sollen die Prospektzusammenfassungen ver-

kürzt werden und in einer leichter verständlichen Spra-

che verfasst werden. Anstelle von papierbasierten Pros-

pekten sollen elektronische Formate die Regel werden

und die europäische Wertpapieraufsicht ESMA als ein-

heitliches (Online-)Portal für alle EU-Prospekte fungieren.

EU-Parlament und Ministerrat müssen der Einigung for-

mal noch zustimmen. » DOC-ID: W1007500

Mehr zum Thema » Pressemitteilung IP/16/4324 der

EU-Kommission vom 08.12.2016 (http://europa.eu).

REZENSION

Optionen, Derivate und strukturierte Produkte

Wer für die Anwendung in der Praxis Literatur zu Derivaten und strukturierten Produkten sucht, läuft oft Gefahr, auf

ein Werk zu stoßen, dessen Aussagen eher unspezifi sch und allgemein sind oder dessen Lektüre wegen einer Anhäufung

von mathematischen Formeln und Graphen schwer verdaulich ist.

Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund muss die 2. Aufl age von Riegers Buch als empfehlenswert bezeichnet werden.

Dem Autor gelingt es, ein Gleichgewicht zu fi nden zwischen prägnanten Textpassagen und den in Zusammenhang

mit der Materie unverzichtbaren, aber trotzdem auch für Nicht-Mathematiker durchaus verständlich aufbereiteten

Herleitungen der Konstruktion der Produkte.

Für den Praktiker besonders hilfreich sind die Kapitel, in denen die grundlegenden Trading- und Hedging-Strategien

sowie die unterschiedlichen Arten von Produkten beschrieben und analysiert werden, ausgehend vom einfachsten Fall

eines „plain vanilla“-Instruments bis hin zur Beschreibung komplexerer strukturierter Produkte (z. B. Barrier Range

Reverse Convertibles). Die Eigenschaften der beschriebenen Produkte werden durch Abbildung der Payoff-Strukturen

sowie – im Fall strukturierter Produkte – zusätzlich anhand von Risikomatrizen gut veranschaulicht, auf denen die

Renditechance, Maximalverlust und Verlustwahrscheinlichkeit abgetragen werden.

Auch eine Beschreibung und Unterteilung der für die unterschiedlichen Produkttypen relevanten weltweiten Märkte,

deren Volumen und Besonderheiten fehlen nicht. Dabei wird der deutschsprachige Raum detaillierter betrachtet und

auch die Grundzüge der dortigen Besteuerung verständlich dargestellt.

Seinen Untertitel „Ein Praxisbuch“ trägt Riegers Werk also zu Recht; es empfi ehlt sich gleichermaßen zur Lektüre wie

auch als Nachschlagewerk für Leser, die mit Derivaten und strukturierten Produkten in ihrer praktischen Tätigkeit in

Berührung kommen. » Adrian Geisel

» Rieger, Marc Oliver: Optionen, Derivate und strukturierte Produkte – Ein Praxisbuch, 2. Aufl. – Stuttgart : Schäffer-Poeschel, 2016. –

384 S. – € 59,95

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ANALYSE

Regulierung des FinanzsektorsEntwicklungen im dritten Quartal 2016

Von Dr. Max Weber, Dr. Thomas Grauer und Sabine Schmid

Im folgenden Beitrag werden ausgewählte aufsichtsrechtliche Papiere des dritten Quartals 2016

vorgestellt. Die EBA hat ihre Arbeiten zum überarbeiteten Internal Rating Based Approach

(IRB-Ansatz), in dessen Zusammenhangmit weitreichenden Auswirkungen für die Institute gerech-

net wird, abgeschlossen. Auf deutscher Ebene sorgt der zweite Referentenentwurf des Gesetzes zur

Novellierung von Finanzmarktvorschriften für Handlungsbedarf, ebenso die Institutsvergütungs-

verordnung der BaFin sowie eine Veröffentlichung zum speziellen Retail-Geschäft der EBA.

1 Einleitung

Jeden Monat sind Institute mit einer Vielzahl von

Veröffentlichungen zur Regulierung des Finanz-

sektors sowohl auf internationaler wie auch auf

europäischer und deutscher Ebene konfrontiert.

Im Quartalsabstand werden in dieser Zeitschrift

die wichtigsten Publikationen der zurückliegen-

den Monate zusammengefasst dargestellt, und

zwar unterteilt nach

» prudentieller Regulierung,

» Kapitalmarktregulierung,

» Bankenstrukturreform und

» Verbraucherschutz und Compliance.1

In zusammenfassenden Übersichten zu jedem der

vier Bereiche wird dargestellt, wie stark die Auto-

ren die Veränderung des Handlungsbedarfs in be-

stimmten Themenfeldern zum jetzigen Zeitpunkt

im Vergleich zum Vorquartal einschätzen.

Im Folgenden werden ausgewählte Veröffentli-

chungen der Monate Juli bis September 2016 auf-

gegriffen und kompakt erläutert. Auch wenn das

dritte Quartal 2016 aufgrund der Sommermonate

etwas ruhiger in Bezug auf die internationalen,

europäischen und deutschen Veröffentlichungen

verlief, hat der Basler Ausschuss für Bankenauf-

sicht (BCBS) seine Konsultationen zu den Verbrie-

fungen abgeschlossen und einen endgültigen

Standard veröffentlicht, der auch die einfachen,

transparenten und vergleichbaren Verbriefungen

umfasst.

Auf europäischer Ebene wurden von der Euro-

pean Banking Authority (EBA) mehrere wichtige

endgültige Papiere im Zusammenhang mit dem

Internal Rating Based Approach (IRB-Ansatz) ver-

öffentlicht. Zudem wurden diverse finale Papiere

im Zusammenhang mit der Bemessung und Be-

grenzung von Großkrediten, der Sanierung und

Abwicklung von Banken sowie der Vergütungs-

politik und -praxis im Zusammenhang mit dem

Retail-Banking veröffentlicht.

l1 Zu den Entwicklungen im zweiten Quartal 2016 vgl. Weber/Grauer/Schmid, WPg 2016, S. 916.

| 01.2017 | 15

FINANCIALSERVICES

Keywords:

Kapitalmarkt

Verbraucherschutz

Verbriefung

IRB-Ansatz

Sanierung

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Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht

(BaFin) hat Konsultationen zur Überarbeitung der Ins-

titutsvergütungsverordnung (InstitutsVergV) und zu

Mindestanforderungen an die Gestaltung von Sanie-

rungsplänen (MaSan) vorgelegt. Auch wurde der Ent-

wurf einer Allgemeinverfügung zum Verbot des Ver-

triebs von Bonitätsanleihen an Privatpersonen ver-

öffentlicht. Auf deutscher Ebene wurde zudem zur

Schließung der Regelungslücke im Zusammenhang mit

Derivate-Nettingvereinbarungen ein Gesetzentwurf vor-

gestellt. Zudem wurde der Entwurf eines Zweiten Fi-

nanzmarktförderungsgesetzes vorgestellt.

Über die hier ausgewählten Themen hinaus gab es auf al-

len Ebenen noch eine Vielzahl weiterer Veröffentlichun-

gen, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann.

2 Prudentielle Regulierung

2.1 Endgültiges Verbriefungsrahmenwerk

Der BCBS hat am 11.07.2016 den endgültigen Standard

des überarbeiteten Verbriefungsrahmenwerks veröffent-

licht2. Die Neugestaltung steht im Zusammenhang mit der

Überarbeitung der Eigenkapitalvorschriften für Banken,

um eine Harmonisierung des Regelwerks mit der Behe-

bung von Schwächen in den bestehenden Messansätzen

zu erreichen. Das Verbriefungsrahmenwerk integriert

auch die nach einer separaten Konsultation beschlos-

senen Vorgaben für die einfachen, transparenten und

vergleichbaren Verbriefungen, die unter dem Stichwort

STC-Verbriefungen bekannt sind (simple, transparent,

comparable). Die Vorgaben für diese Verbriefungen ba-

sieren auf den im Juli 2015 vom BCBS und der Internatio-

nal Organization of Securities Commissions (IOSCO) ver-

öffentlichten Kriterien für einfache, transparente und

vergleichbare Verbriefungen.

Die Änderungen im Rahmenwerk betreffen in erster Linie

die folgenden Themen:

» Hierarchie der Ansätze: Anwendung hängt primär von

den zugrunde liegenden Assets und den verfügbaren

Informationen ab (SEC-IRBA, SEC-ERBA und SEC-SA);3

» Erhöhung der Risikosensitivität: Reduzierung der

Abhängigkeit von externen Ratings und Pflicht zur

Einführung interner Risikobewertungen;

» STC-Verbriefungen: Einbindung der Vorgaben zur

Berechnung der Eigenmittelanforderungen, mit

tendenziell begünstigten Eigenmittelanforderungen.

Das Verbriefungsrahmenwerk ist bis zum 01.01.2018 für

international tätige Institute verpflichtend in nationales

Recht umzusetzen. Bei Einführung auf EU-Ebene kann

es zu Abweichungen im Vergleich zum Rahmenwerk

des BCBS kommen. Diese dürften aber wohl gering blei-

ben, wobei eine Einführung für alle Institute wahr-

scheinlich ist.

2.2 Internal Rating Based Approach (IRB-Ansatz)

Die EBA hat ihren finalen technischen Regulierungsstan-

dard (Regulatory Technical Standard – RTS) zur einheit-

lichen Bewertung der Einhaltung der Mindestanforde-

rungen an die Nutzung des IRB-Ansatzes4 am 21.07.2016

veröffentlicht, der nun formal angenommen werden

muss. Der RTS löst die bisherigen Leitlinien des Commit-

tee of European Banking Supervisors (CEBS) aus dem

Jahr 20065 ab und ist nach Veröffentlichung im EU-Amts-

blatt anzuwenden. Der RTS enthält eine Definition der

Mindeststandards für die Bewertung durch die Auf-

sichtsbehörden, z.B. hinsichtlich der Mindestanforde-

rungen bei

» der erstmaligen Umsetzung des IRB-Ansatzes bzw. der

Umsetzung im Rahmen des sog. Partial Use,

» der Vornahme wesentlicher Änderungen im Rahmen

des genutzten IRB-Ansatzes,

» einer Rückkehr auf weniger anspruchsvolle Ansätze

und

» laufender Überprüfung des genutzten IRB-Ansatzes,

wobei die Überprüfungen in der Intensität variieren

können.

Zudem enthält der Standard eine Definition weiterer An-

forderungen, vor allem zu

» der Gewährleistung der Unabhängigkeit der Validie-

rungsfunktion von der Kreditrisikoüberwachung,

Veröffentlichung des finalen

Verbriefungsrahmenwerks

mit integrierten Vorgaben für

STC-Verbriefungen.

l2 Vgl. www.bis.org (Abruf: 09.11.2016).l3 SEC-IRBA: Securitisation Internal Ratings-Based Approach der Securities and Exchange Commission; SEC-ERBA: Securitisation External

Ratings-Based Approach; SEC-SA: Securitisation Standardised Approach.l4 Vgl. www.eba.europa.eu (Abruf: 09.11.2016).l5 Vgl. www.eba.europa.eu (Abruf: 09.11.2016).

16 | 01.2017 |

» Regulierung des Finanzsektors

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» eigenen Schätzungen der Verlustquote bei Ausfall (Loss

given default – LGD), die auf einer durchschnittlichen

Zahl von Ausfällen basieren soll, sowie

» der getrennten Berechnung der Differenz zwischen

dem erwarteten Verlust (Probability of default – PD)

und den Kreditrisikoanpassungen auf aggregierter

Basis für das ausgefallene und das nicht ausgefallene

Portfolio.

Am 28.09.2016 hat die EBA ihre endgültige Leitlinie zur

Ausfalldefinition unter Geltung der Capital Requirements

Regulation (CRR)6 veröffentlicht. Diese Leitlinie basiert

auf dem Konsultationspapier

vom September 20157 und auf

der von der EBA durchgeführ-

ten Quantitative Impact Study

(QIS)8, deren Ergebnisse am

selben Tag veröffentlicht wur-

den. Die Leitlinie enthält eine

Überarbeitung der Ausfallde-

finition sowohl für den Kre-

ditrisikostandardansatz (KSA)

wie für den IRB-Ansatz unter Berücksichtigung diverser

Kriterien wie

» Ausfallzeitraum,

» Indikatoren zur Identifizierung einer drohenden

Zahlungsunfähigkeit,

» Bedingungen zur Rückkehr in den Status „nicht

ausgefallen“ sowie

» spezifische Aspekte im Zusammenhang mit Retail-

Forderungen.

Hintergrund ist die Harmonisierung der Ausfalldefinition

innerhalb der EU. Die Änderungen sollen grundsätzlich zu

keinen höheren Anforderungen in Bezug auf die Eigenan-

forderungen führen, wobei die konkreten Auswirkungen in-

stitutsindividuell verschieden sein können. So ist mit erheb-

lichem prozessualen Aufwand bei der Umsetzung der neuen

Ausfalldefinition zu rechnen – vor allem beim Einsatz von

internen Ratingsystemen im IRB-Ansatz, aber auch bei der

Anpassung der Ausfall- und Verlustdatenbanken. Auch wer-

den institutsspezifisch teils deutliche Auswirkungen auf die

Unterlegung des Kreditrisikos mit Eigenmitteln erwartet.

Die Leitlinie ist ab dem 01.01.2021 anzuwenden, wobei die

EBA eine frühzeitige Umsetzung der Vorgaben durch die In-

stitute befürwortet.

Taggleich mit der Leitlinie wurde der endgültige Entwurf

eines RTS über die Bedingungen zur Festlegung der We-

sentlichkeitsschwelle für die Ermittlung der überfälligen

Kreditforderungen unter Berücksichtigung absoluter und

relativer Komponenten für die Wesentlichkeitsschwelle

veröffentlicht. Dieser RTS steht im Zusammenhang mit

der oben beschriebenen Leitlinie zur Definition des

Schuldnerausfalls nach Art. 178 CRR und enthält im

Wesentlichen folgende Änderungen im Vergleich zur

vorangegangenen Konsultation:

» Vorgabe der Festlegung der Höhe der Wesentlich-

keitsschwelle durch die zuständigen Aufsichts-

behörden für alle Institute

in ihrer Jurisdiktion: im

RTS wird diese Wesent-

lichkeitsschwelle mit 1%

angegeben, von der die

nationalen Aufsichts-

behörden in begründeten

Fällen abweichen können;

» keine Einbeziehung zu-

gesagter Linien als außer-

bilanzielle Positionen bei Berechnung der Wesentlich-

keit mehr.

2.3 Bemessung und Begrenzung von Großkrediten

Im Zusammenhang mit der Bemessung und Begrenzung

von Großkreditengagements hat die EBA am 26.07.2016

einen Entwurf für eine Leitlinie über das Verfahren

zur Ermittlung der Gruppe verbundener Kunden (GvK)

bei Großkrediten gemäß Art. 4 Abs. 1 Nr. 39 CRR9 ver-

öffentlicht, die die bisherige Leitlinie des CEBS aus

dem Jahr 2009 ablösen soll. Wesentliche Inhalte des

Entwurfs sind:

» die Vorgabe von Kriterien für die Bildung von GvK

nach dem Kontrollprinzip (z.B. der Nutzung von

Konzernabschlüssen, Indikatoren für die Beurteilung

einer möglichen Kontrollverbindung) und aufgrund

wirtschaftlicher Abhängigkeit (Darstellung von

Beispielsituationen);

» die Darstellung eines alternativen Ansatzes zur

Beurteilung bestehender GvK mit Unternehmen, die

direkt von einer Zentralregierung (oder regionalen/

lokalen Gebietskörperschaften) kontrolliert werden

oder im Zusammenhang mit einer solchen stehen;

Finale Leitlinie mit der

überarbeiteten

Ausfalldefinition für

KSA und IRB-Ansatz

veröffentlicht.

l6 Vgl. www.eba.europa.eu (Abruf: 09.11.2016).l7 Vgl. www.eba.europa.eu (Abruf: 09.11.2016).l8 Vgl. www.eba.europa.eu (Abruf: 09.11.2016).l9 Vgl. www.eba.europa.eu

(Abruf: 09.11.2016); die Konsultation endete am 26.10.2016.

| 01.2017 | 17

FINANCIALSERVICES

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» die Klarstellung zur Bildung von einer bzw. von zwei

getrennten GvK, wenn ein Kontrollverhältnis und wirt-

schaftliche Abhängigkeit vorliegen;

» Anforderungen an Kontroll- und Überwachungs-

prozesse zur Identifikation von GvK.

In diesem Entwurf werden die Neuerungen im Bereich

der Großkredite, die sich auf internationaler Ebene

ergeben haben, ebenso berücksichtigt wie die aktu-

ellen Entwicklungen im Bereich der Regulierung von

Schattenbanken.

2.4 Handlungsbedarf

Im Bereich der prudentiellen Regulierung hat sich der

Handlungsbedarf im Themenfeld „Eigenmittel“ im Ver-

gleich zum zweiten Quartal 2016 weiter erhöht. Dies be-

ruht vor allem auf der Veröffentlichung der Papiere im

Zusammenhang mit der Ausfalldefinition und der künfti-

gen Behandlung von Verbriefungen, die Auswirkungen

auf die Eigenmittelbelastung der Institute haben werden.

Weiterhin als hoch wird der Handlungsbedarf im Be-

reich Reporting und Risikomanagement & Governance

aufgrund der Anforderungen an die Risikodatenaggrega-

tion beurteilt, auch wenn in dem vergangenen Quartal

keine neuen wesentlichen Veröffentlichungen gemacht

wurden, da dies für viele Institute eine hohe Herausfor-

derung darstellt. Auch im Bereich Liquidität und Levera-

ge Ratio wurden zuletzt keine wichtigen Veröffentlichun-

gen getätigt, so dass sich keine Veränderung hinsichtlich

des derzeit anstehenden Handlungsbedarfs ergeben hat

(vgl. Übersicht 1).

PrudentielleRegulierung

Liquidität

Reporting

Leverage Ratio

Risikomanagement & Governance

Risk Data

Gering Hoch

Handlungsbedarf

Eigenkapital

Übersicht 1 » Handlungsbedarf im Bereich „Prudentielle Regulierung“

3 Kapitalmarktregulierung

3.1 Derivate-Nettingvereinbarungen

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucher-

schutz (BMJV) hat am 14.09.2016 das Dritte Gesetz zur Än-

derung der Insolvenzordnung (InsO) als Entwurf publi-

ziert.10 Die Änderungen stehen direkt im Zusammenhang

mit dem BGH-Urteil vom 09.06.2016 zu den Derivate-Net-

tingvereinbarungen. Die daraufhin erlassene Allgemein-

verfügung zu Nettingvereinbarungen gilt nur noch bis

Ende 2016, weshalb Änderungen an der Insolvenzord-

nung zur Klarstellung der Insolvenzfestigkeit von Liqui-

dationsnettingklauseln notwendig wurden.11

Im Gesetzentwurf wird § 104 InsO so formuliert, dass

Abweichungen von den gesetzlichen Regelungen mög-

lich sind, wenn diese mit dem Grundgedanken von § 104

InsO vereinbar sind. Mit der Neufassung werden die

mit dem BGH-Urteil entstandenen Rechtsunsicherheiten

beseitigt.

3.2 Handlungsbedarf

Aufgrund der aktuellen Veröffentlichungen im Bereich

der Kapitalmarktregulierung haben sich nach unserer

Einschätzung keine Veränderungen beim Handlungsbe-

darf im Vergleich zu den vergangenen Monaten ergeben.

Die Veröffentlichungen betrafen überwiegend schon be-

kannte Themen. Vor allem im Zusammenhang mit der

Marktinfrastruktur und Handelsaktivitäten verbleibt der

Handlungsbedarf der Institute aufgrund der weiter vor-

anschreitenden Konkretisierungen der European Market

Infrastructure Regulation (EMIR) und der überarbeite-

ten Zahlungdienstleisterichtlinie (Payment Services Direc-

tive 2 – PSD 2) hoch.(vgl. Übersicht 2).

Kapitalmarktregulierung

Investmentvermögen

Marktinfrastruktur und Handelsaktivitäten

Schattenbanken

Weitere Teilnehmer am Finanzmarkt

Gering Hoch

Handlungsbedarf

Übersicht 2 » Handlungsbedarf im Bereich „Kapitalmarktregulierung“

l10 Vgl. www.bmjv.de (Abruf: 09.11.2016).l11 Vgl. dazu etwa Weigel/Wolsiffer, WPg 2016, S. 1287.

18 | 01.2017 |

» Regulierung des Finanzsektors

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4 Bankenstrukturreform

4.1 Sanierung und Abwicklung

Zum Thema „Abwicklungsplanung“ veröffentlichte die

EU-Kommission am 06.07.2016 im Amtsblatt der EU einen

technischen Durchführungsstandard (Implementing

Technical Standard – ITS), der die Verfahren, Standardfor-

mulare und Dokumentvorlagen hinsichtlich der Anforde-

rung und Bereitstellung von entsprechenden Informatio-

nen regelt12. Dieser ist bei der Erstellung von Abwick-

lungsplänen für Kreditinstitute und Wertpapierfirmen

durch die Abwicklungsbehörden zu berücksichtigen.

Im Amtsblatt der EU wurde zudem am 08.07.2016 eine

Delegierte Verordnung mit konkretisierenden Anfor-

derungen an Sanierungs- und Abwicklungspläne13 ver-

öffentlicht, die endgültige Vorgaben zu folgenden The-

men enthält:

» Inhalt von Sanierungsplänen, Abwicklungsplänen und

Gruppenabwicklungsplänen,

» Mindestkriterien, anhand derer die zuständige

Behörde Sanierungs- und Gruppensanierungspläne

zu bewerten hat,

» Voraussetzungen für gruppeninterne finanzielle

Unterstützung,

» Anforderungen an die Unabhängigkeit der Bewerter,

» vertragliche Anerkennung von Herabschreibungs- und

Umwandlungsbefugnissen,

» Verfahren und Inhalte von Mitteilungen und

Aussetzungsbekanntmachungen sowie

» konkrete Arbeitsweise der Abwicklungskollegien.

Basis hierfür sind der Vorschlag der Kommission vom

23.03.2016 und die entsprechenden RTS der EBA.

Die BaFin hat am 05.08.2016 eine Auslegungshilfe zur in-

solvenzrechtlichen Einordnung bestimmter Verbindlich-

keiten von CRR-Instituten veröffentlicht, in der Unklarhei-

ten hinsichtlich der Einstufung strukturierter Schuldtitel

bzw. Geldmarktinstrumente und der Verbesserung der

Abwicklungsfähigkeit von Instituten beseitigt werden.14

Ab dem 01.01.2017 wird für bestimmte unbesicherte,

nicht nachrangige Verbindlichkeiten von CRR-Kreditinsti-

tuten eine gesonderte Rangklasse innerhalb der Insol-

venzforderungen nach § 38 InsO geschaffen. Institute

müssen ggf. prüfen, welche Verbindlich-

keiten darunter fallen.

Ein Entwurf für ein überarbeitetes

Rundschreiben der Mindestanforde-

rungen an die Gestaltung von Sanie-

rungsplänen in Form einer Verord-

nung (MaSan-Verordnung) wurde am 08.07.2016 von

der BaFin vorgestellt. Die bisherigen MaSan sollen an

die EU-Verordnung zu Sanierungsplänen angepasst und

um vereinfachte Anforderungen für kleinere Institute

erweitert werden. Der Entwurf enthält zudem ein Kon-

zept für BaFin-Merkblätter und kann insoweit bereits

als guter Indikator verwendet werden. Der Entwurf

wurde mittlerweile dem Bundesfinanzministerium

(BMF) übermittelt.

4.2 Voranschreitende Harmonisierung der nationalen

Ermessensspielräume

Im Zuge der Harmonisierung der nationalen Ermessens-

spielräume wurde am 10.08.2016 von der Europäischen

Zentralbank (EZB) die endgültige Ergänzung des Leit-

fadens zur Harmonisierung von Optionen und Ermes-

sensspielräumen in der Bankenaufsicht veröffentlicht.15

Das Dokument befasst sich mit acht Optionen sowie Er-

messensspielräumen und entspricht inhaltlich im We-

sentlichen der Konsultation vom Mai 2016.

4.3 Handlungsbedarf

Im Zusammenhang mit der Bankenabwicklung sowie im

Bereich des einheitlichen Aufsichtsmechanismus wur-

den im dritten Quartal 2016 einige bereits bekannte

bzw. diskutierte Papiere finalisiert und veröffentlicht.

Dadurch haben sich aber nach unserer Einschätzung

keine Auswirkungen auf den Handlungsbedarf ergeben,

der vor allem im Zusammenhang mit dem einheitlichen

Aufsichtsmechanismus hoch verbleibt (vgl. Übersicht 3).

Auch im Bereich der Bankenabwicklung ist weiterhin

ein hoher Handlungsbedarf vor allem bei den Instituten,

die bislang keinen Sanierungsplan aufgestellt haben, im

Zusammenhang mit der Aufstellung eines solchen Plans

zu erkennen. Dahingegend sind andere Bereiche, z.B.

Anforderungen an Sanierungs- und Abwicklungs-

pläne werden weiter konkretisiert.

l12 Vgl. http://eur-lex.europa.eu (Abruf: 09.11.2016).l13 ABl. EU Nr. L 184 vom 08.07.2016, S. 1 (http://eur-lex.europa.eu; Abruf: 09.11.2016).l14 Vgl. www.bafin.de (Abruf: 09.11.2016).

l15 Vgl. https://www.bankingsupervision.europa.eu (Abruf: 09.11.2016).

| 01.2017 | 19

FINANCIALSERVICES

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die Einlagensicherung, derzeit nicht im Fokus der Auf-

sicht, woraus sich nur ein geringer Handlungsbedarf der

Institute ergibt.

Bankenstrukturreform

Bankenabwicklung

Einheitlicher Aufsichtsmechanismus

Abschlussprüferreform

Einlagensicherung

Trennbankenregelung

Gering Hoch

Handlungsbedarf

Übersicht 3 » Handlungsbedarf im Bereich „Bankenstrukturreform“

5 Verbraucherschutz und Compliance

5.1 Vergütung

Die BaFin hat am 10.08.2016 die Änderung der Instituts-

VergV16 auf der Basis der EBA-Leitlinie EBA/GL/2015/2217

zur Konsultation gestellt. Diese enthält auch eine Novellie-

rung der Auslegungshilfe. Die Änderungsvorschläge füh-

ren imWesentlichen zu folgenden Änderungen:

» Klassifizierung aller Vergütungsarten entweder als fixe

oder variable Vergütungen;

» Ausweitung der Pflicht zur Identifikation von Risiko-

trägern auf alle CRR-Institute;

» Einführung einer Möglichkeit zum zeitlich begrenzten

Rückgriff auf bereits ausgezahlte variable Vergütungen

unter bestimmten Voraussetzungen;

» Zulässigkeit von Vergütungsmodellen ohne variable

Vergütung;

» Erfüllung der Offenlegungspflicht nach Art. 450 CRR

von allen CRR-Instituten;

» besondere Anforderungen an die Auszahlung der

variablen Vergütung für bedeutende Institute;

» Gruppen-Risikoträger: Anforderungen zur Vergütung

auf Gruppenebene gelten zusätzlich zu den bestehen-

den Anforderungen auf Einzelinstitutsebene.

Am 28.09.2016 hat die EBA die endgültige Leitlinie über

die angemessene Vergütungspolitik und -praxis im Hin-

blick auf den Verkauf und die Bereitstellung von Retail-

Banking-Produkten und -Dienstleistungen veröffentlicht.18

Die Anmerkungen aus der Konsultation wurden berück-

sichtigt, so dass es im Vergleich zum vorherigen Entwurf

vor allem zu folgenden Abweichungen kommt:

» besondere Anforderungen an die Genehmigung und

Überwachung der Vergütungspolitik;

» Klarstellung über die vorzuhaltenden Informationen

zur Vergütung;

» Klarstellung, dass auch bei Übertragung der

Ausarbeitung und bei der Überwachung der Einhaltung

der Vergütungsvorgaben die Verantwortung hierfür

beim Vorstand verbleibt;

» Einbindung eines eventuell einzurichtenden

Vergütungskomitees.

Im Zusammenhang mit der Veröffentlichung der endgülti-

gen Leitlinie wird die Umsetzung der Vorgaben um ein

Jahr auf den 13.01.2018 (zuvor: 03.01.2017) verschoben.

5.2 Verbot des Vertriebs von Bonitätsanleihen

an Privatpersonen

Die BaFin hat am 28.07.2016 eine Anhörung zu einer All-

gemeinverfügung über ein Verbot der Vermarktung, des

Vertriebs und des Verkaufs von Bonitätsanleihen bzw.

Credit Linked Notes an Privatkunden vor dem Hinter-

grund des Verbraucherschutzes auf der Grundlage von

§ 31a Abs. 3 WpHG veröffentlicht.19 Die Anordnung rich-

tet sich sowohl an Emittenten als auch an Unternehmen

und Personen, die Bonitätsanleihen an Privatkunden ver-

markten, vertreiben oder verkaufen.

Eine vorherige Analyse der BaFin ergab einen teils

gezielten Absatz entsprechender Instrumente an Kun-

den, denen eine ausreichende Erfahrung mit solch

komplexen Produkte fehlte (bzw. eine entsprechende

Aufklärung darüber).

5.3 Zweites Finanzmarktnovellierungsgesetz

Der Referentenentwurf für ein Zweites Gesetz zur Novel-

lierung von Finanzmarktvorschriften auf der Basis euro-

päischer Rechtsakte wurde am 30.09.2016 vom BMF ver-

öffentlicht20. Durch dieses Gesetz sollen

» die MiFID II (Richtlinie 2014/65/EU) bzw. die MiFIR

(Verordnung (EU) Nr. 600/2014)21,

» die SFT-Verordnung (Verordnung (EU) Nr. 2015/2365)22

und

» die Benchmark-Verordnung (Verordnung (EU)

Nr. 2016/1011)

l16 Vgl. www.bafin.de (Abruf: 09.11.2016); die Konsultation endete am 12.09.2016.l17 Vgl. Vgl. www.eba.europa.eu (Abruf: 09.11.2016).l18 Vgl. www.eba.europa.eu (Abruf: 09.11.

2016).l19 Vgl. www.bafin.de (Abruf: 09.11.2016); die Konsultation endete am 02.09.2016.l20 Vgl. www.bundesfinanzministerium.de (Abruf: 09.11.2016); die Konsultation endete am

28.10.2016.l21 MiFID: Markets in Financial Instruments Directive; MiFIR: Markets in Financial Instruments Regulation.l22 SFT: Securities Financing Transaction.

20 | 01.2017 |

» Regulierung des Finanzsektors

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im deutschen Recht verankert werden. Dazu wird das

WpHG vollständig restrukturiert; ferner werden An-

passungen im KWG, BörsG, VAG, KAGB und in der

WpDVerOV vorgenommen. Wesentliche Abweichungen

zu den europäischen Regelungen sind nicht ersichtlich.

5.4 Handlungsbedarf

Durch die Publikationen zur Vergütung und die Konsulta-

tion zum Verbot des Vertriebs von Bonitätsanleihen an

Privatpersonen hat sich der (ohnehin bereits aufgrund

der Umsetzung von MiFID II erhöhte) Handlungsbedarf

im Bereich des Verbraucherschutzes nach unserer Ein-

schätzung in den letzten Monaten im Zusammenhang mit

den Themen zum Verbraucherschutz weiter erhöht. Der

Handlungsbedarf in den anderen Themenfeldern ver-

bleibt im mittleren bzw. geringen Bereich (vgl. Über-

sicht 4), da sich hier in den letzten Monaten keine wesent-

lichen Neuerungen ergeben haben.

VerbraucherschutzundCompliance

Datenschutz

Geldwäsche

Compliance

Reporting

Verbraucherschutz

Gering Hoch

Handlungsbedarf

Übersicht 4 » Handlungsbedarf im Bereich „Verbraucherschutz und

Compliance“

6 Weitere Themen und Ausblick

6.1 Überprüfung der Q&A zum Single Rulebook

Am 05.08.2016 wurden die Ergebnisse der Überprüfung

der Single Rulebook Q&A auf der Homepage der EBA ver-

öffentlicht. Diese geben einen Überblick über mögliche

Fehler, Inkonsistenzen und grundlegende Themen im

Zusammenhang mit der CRR und der CRD (Capital Re-

quirements Directive).23 Eine Liste der aktuellen Calls for

Advice liegt bei. Die EBA möchte die Ergebnisse für die

Diskussionen mit der EU-Kommission nutzen. Eine Zeit-

planung wurde zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch

nicht genannt.

6.2 Ausblick auf CRR II

Aufgrund der Weiterentwicklungen der letzten Jahre auf

der internationalen und europäischen Ebene wird derzeit

über eine Weiterentwicklung der CRR und eine Überar-

beitung der aktuellen Kapitaladäquanzrichtinie (CRD IV)

diskutiert. Themengebiete, die in diesem Zusammenhang

aufgegriffen werden sollen, sind u.a. die Integration des

Standards zur Total Loss-Absorption Capacity (TLAC) des

Financial Stability Boards (FSB) aus dem Jahr 2015,24 die

Festlegung einer verbindlichen Leverage Ratio (LR) und

Net Stable Funding Ratio (NSFR) sowie die Behandlung

von Marktrisiken gemäß dem Basler Standard25. Des Wei-

teren werden die Eigenmittelanforderungen in mehreren

Bereichen und die Anforderungen an Großkredite26 über-

arbeitet, was auch zu Anpassungen bei den Melde- und

Offenlegungsanforderungen führen wird.

» DOC-ID: W1007473

»Dr. MaxWeber

Partner EMEIA/Financial Services,Ernst & Young GmbHWPG, Stuttgart

»Dr. Thomas Grauer

Senior Manager EMEIA/Financial Services,Ernst & Young GmbHWPG, Stuttgart

» Sabine Schmid

Managerin EMEIA/Financial Services,Ernst & Young GmbHWPG, Stuttgart

l23 Vgl. www.eba.europa.eu (Abruf: 09.11.2016).l24 Vgl. www.fsb.org (Abruf: 09.11.2016).l25 Vgl. www.bis.org (Abruf: 09.11.2016).l26 Vgl. www.bis.org (Abruf: 09.11.2016).

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FINANCIALSERVICES

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ANALYSE

Wie ist die europäischeBankenabgabe zu berechnen?

Von Prof. Dr. Knut Henkel, StB Prof. Dr. Wilhelm Schneider und Isabel Tüns, B.Sc.1

Der einheitliche EU-Abwicklungsfonds SRF finanziert in Schieflage geratene europäische

Kreditinstitute. Er refinanziert sich über die europäische Bankenabgabe, deren Erhebung und

Berechnung u.a. die Bankenabwicklungsrichtlinie und die SRM-Verordnung zugrunde liegen.

Die Berechnungslogik der europäischen Bankenabgabe unterscheidet sich (stark) von der

Berechnungssystematik der deutschen Bankenabgabe und ist insgesamt deutlich komplexer

geworden. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die neue Berechnungssystematik der euro-

päischen Bankenabgabe.

1 Einleitung

Ende April 2016 ergingen erstmals die Bescheide

für die neue europäische Bankenabgabe, die be-

reits Ende Mai 2016 von den Kreditinstituten zu

zahlen war. Zuvor war Anfang 2016 der entspre-

chende einheitliche Abwicklungsfonds (Single

Resolution Fund – SRF) errichtet worden2. Ziel

dieses Fonds ist die Finanzierung von Banken,

die in Schieflage geraten sind. Die Refinanzie-

rung des SRF erfolgt durch die europäische Ban-

kenabgabe, der u.a. alle Kreditinstitute unterlie-

gen, die in den Anwendungsbereich der Capital

Requirements Regulation3 (CRR) fallen (sog. CRR-

Kreditinstitute4).

Ein System zur Finanzierung von in Schieflage ge-

ratenen Banken war in Deutschland bereits im

Jahr 2011 mit der deutschen Bankenabgabe einge-

führt worden5. Im Jahr 2015 wurde es von einem

EU-weit geltenden System abgelöst, das in zwei

Stufen etabliert wurde. Die erste Stufe gilt seit

dem Beitragsjahr 2015 für alle Banken, die in ei-

nem Mitgliedstaat der EU zugelassen sind. Rechts-

grundlage dafür ist die Richtlinie 2014/59/EU6

(Bank Recovery and Resolution Directive – BRRD).

Diese wurde durch das BRRD-Umsetzungsgesetz7

in deutsches Recht übernommen und führte mit

ihrem Art. 3 u.a. zu Änderungen im Restrukturie-

rungsfondsgesetz (RStruktFG n.F.). Ergänzend

l1 Für die Durchsicht des Beitrags danken die Autoren Dipl.-Kfm. Andreas Erbe, Dipl.-Kfm. Christian Küthe, RA Thomas Lorenz, B.Sc. Martin Minkov und.

Dipl.-Volksw. Roland Becher.l2 Der Fonds wird von der Abwicklungsbehörde (Single Resolution Board – SRB) mit Sitz in Brüssel verwaltet. Die Erhebung der

europäischen Bankenabgabe für den SRB erfolgt in Deutschland durch die Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA) mit Sitz in Frankfurt/M.

l3 Verordnung (EU) Nr. 575/2013, ABl. EU Nr. L 176 vom 26.06.2013, S. 1.l4 Beitragspflicht besteht darüber hinaus für CRR-Wertpapierfirmen (sowohl unter

konsolidierter Aufsicht als auch unter Einzelaufsicht) und für Unionszweigstellen.l5 Vgl. u.a. Göbel/Henkel/Lantzius-Beninga, WPg 2012, S. 27.l6 ABl. EU

Nr. L 173 vom 15.05.2014, S. 190.l7 BGBl. I vom 18.12.2041, S. 2091ff.

22 | 01.2017 |

Keywords:

Europäische Bankenabgabe

BRRD

SRM

Kreditinstitut

Restrukturierungsfonds-Verordnung

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dazu sind die Delegierte Verordnung (EU) 2015/638 und

die Restrukturierungsfonds-Verordnung9 in der neuen

Fassung (RStruktFV n.F.) zu beachten.

Die zweite Stufe gilt ab dem Beitragsjahr 2016 zusätzlich

für alle Banken, die in einem Mitgliedstaat zugelassen

sind, dessen Währung der Euro ist. Für diese Banken gel-

ten zusätzlich die Rechtsvorschriften der Verordnung

(EU) 806/201410 (Single Resolution Mechanism – SRM-Ver-

ordnung), die von der Durchführungsverordnung (EU)

2015/8111 ergänzt wird. Durch das Abwicklungsmechanis-

musgesetz12 wurde das RStruktFG n.F. an die SRM-Verord-

nung angepasst. Das Gesetz zu dem Übereinkommen über

die Übertragung von Beiträgen auf den einheitlichen Ab-

wicklungsfonds13 bezieht sich auf die Beiträge ab dem

Jahr 2015 und regelt die Übertragung der national erhobe-

nen Beiträge auf den europäischen Fonds.

Gegenstand der folgenden Ausführungen ist die Darstel-

lung der Beitragserhebung für das Jahr 201614 für eine

klassische deutsche Geschäftsbank, also ein sog. CRR-Kre-

ditinstitut. Die Besonderheiten für CRR-Wertpapierfirmen

sind demnach genauso wenig Bestandteil dieses Beitrags

wie die Besonderheiten für zentrale Gegenparteien, Zen-

tralverwahrer oder Hypotheken-

kreditinstitute. Die Meldung der

Bankenabgabe erfolgt in elektron-

ischer Form an die FMSA15. Auf

das konkrete Meldeverfahren zur

Bankenabgabe und auf ihre Bilan-

zierung wird an dieser Stelle nicht

eingegangen.

2 Überblick über die Berechnungssystematik

Die Bankenabgabe ist grundsätzlich von jedem „Un-

ternehmen zu zahlen, dessen Tätigkeit darin besteht,

Einlagen oder andere rückzahlbare Gelder des Publi-

kums entgegenzunehmen und Kredite für eigene Rech-

nung zu gewähren“ (Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 CRR). Diese bei-

tragspflichtigen Kreditinstitute werden im Folgenden

als „Banken“ bzw. als „CRR-Institute“ bezeichnet. Die

Beitragspflicht für die europäische Bankenabgabe be-

ginnt – ebenso wie bei der deutschen Bankenabgabe –

in dem Jahr, in dem eine Erlaubnis der Aufsichtsbe-

hörde i. S. von § 32 KWG vorliegt. Die Beitragspflicht

endet in dem Jahr, in dem die Erlaubnis über die Er-

bringung von Finanzdienstleistungen aufgehoben oder

zurückgegeben wird16. Eine anteilige Rückerstattung

des Beitrags für die unterjährige Rückgabe der Erlaub-

nis besteht nicht. Allerdings müssen Banken, die die

Erlaubnis unterjährig erhalten, nur einen anteiligen

Beitrag zahlen17.

Der Jahresbeitrag zum einheitlichen Abwicklungsfonds

wird grundsätzlich aus dem Verhältnis der risikoadjus-

tierten Bemessungsgrundlage des einzelnen CRR-Insti-

tuts zur Summe der risikoadjustierten Bemessungs-

grundlagen aller beitragspflichtigen Institute multipli-

ziert mit der Zielgröße (dazu Kap. 3) berechnet (vgl.

nachstehende Formel). Wegen dieses relativen Mecha-

nismus‘ kann ein einzelnes Institut ex ante nicht mehr

selbst – wie bei der deutschen Bankenabgabe – den zu er-

wartenden Bankenabgabebetrag der künftigen Periode

ermitteln, da es ex ante keine Kenntnis vom Nenner der

risikoadjustierten Bemessungsgrundlage aller beitrags-

pflichtigen Institute hat.

Bankenabgabe l = Zielgröße �

I = Beitragspflichtiges Institut

n = Alle beitragspflichtigen Institute

Bemessungsgrundlage I � RisikofaktorI

� Bemessungsgrundlagen � Risikofaktorn

Institute können ex ante

nicht mehr selbst – wie bei der

deutschen Bankenabgabe –

den zu erwartenden Banken-

abgabebetrag ermitteln.

l8 ABl. EU Nr. L 11 vom 21.10.2014, S. 14. Die Delegierte Verordnung 2015/63 wurde von der Kommission mit Datum vom 14.12.2015 berichtigt (http://ec.europa.eu; Abruf: 29.09.

2016).l9 BGBl. I vom 22.07.2015, S. 1268.l10 ABl. EU Nr. L 225 vom 15.07.2014, S. 1.l11 ABl. EU Nr. L 15 vom 19.12.2014, S. 1.l12 Abwicklungsmechanismusgesetz vom 02.11.2015

(www.bundesfinanzministerium.de; Abruf: 29.09.2016).l13 Gesetz zu dem Übereinkommen vom 21. Mai 2014 über die Übertragung von Beiträgen auf den einheitlichen Abwick-

lungsfonds und über die gemeinsame Nutzung dieser Beiträge, BGBl. II vom 22.12.2014, S. 1298.l14 Im Vergleich zur deutschen Bankenabgabe ist das Ermittlungsverfahren für die

europäische Bankenabgabe erheblich komplexer. Zudem kann die von der Behörde ermittelte europäische Bankenabgabe von den Instituten nur noch begrenzt nachvollzogen

werden und ist daher zum Teil als „black box“ zu sehen. Selbst der SRB ist bei der Berechnung der Bankenabgabe 2016 ein Fehler unterlaufen, so dass europaweit für alle relevanten

Banken die Bankenabgabebescheide 2016 neu berechnet werden mussten; vgl. o.V., Börsenzeitung vom 26.05.2016, S. 3, und www.fmsa.de (Abruf: 29.09.2016).l15 Für Details zur

FMSA siehe www.fmsa.de (Abruf: 29.09.2016).l16 Vgl. § 2 RStruktFG n.F.l17 Vgl. Art. 12 Delegierte Verordnung 2015/63.

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FINANCIALSERVICES

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Im Jahr 2015 erfolgte die Berechnung einheitlich für alle

Mitgliedstaaten der EU auf nationaler Ebene nach den

Vorgaben der BRRD. Sowohl der Ermittlung der Zielgröße

als auch der Summe der

risikoadjustierten Bemes-

sungsgrundlage liegen alle

in Deutschland zugelasse-

nen Banken zugrunde.

Ab dem Jahr 2016 setzt sich

die Bankenabgabe aus

zwei Teilen zusammen: Ein

Teil berechnet sich – wie

bereits im Vorjahr – auf na-

tionaler Ebene. Der andere Teil ergibt sich auf der Basis

aller beitragspflichtigen Institute, die in einem Euro-Mit-

gliedstaat zugelassen sind (und somit auf europäischer

Ebene nach den Vorgaben der SRM-Verordnung). Die Be-

rechnung der jährlich von einem CRR-Institut eines Euro-

Mitgliedstaats zu zahlenden Bankenabgabe erfolgt zu-

nächst prozentual auf der Basis sowohl der nationalen

BRRD-Zielgröße als auch der SRM-Zielgröße. Im Jahr 2016

beträgt das BRRD-Gewicht 60% und das Gewicht des SRB

40%. Diese Gewichtung wird sukzessive bis zu einer SRM-

Gewichtung von 100% im Jahr 2023 verschoben18.

3 Zielgröße

Ziel der EU im Jahr 2015 war es, bis zum 31.12.2023

(BRRD) bzw. bis zum 31.12.2024 (SRM) mindestens 1% der

gedeckten Einlagen aller jeweiligen beitragspflichtigen

Kreditinstitute durch die Erhebung der europäischen Ban-

kenabgabe anzusparen19. Um dieses Ziel bis zum Ende der

Aufbauphase zu erreichen, hat der SRB beschlossen, im

Beitragszeitraum 2016 ein Achtel von 1,05% der gedeck-

ten Einlagen zu erheben. Ferner wird ein Achtel des vom

jeweiligen Institut gezahlten Jahresbeitrags 2015 (sofern

er auf den SRF übertragen wurde, was für Deutschland

zutrifft) auf den im Jahr 2016 fälligen Jahresbeitrag ange-

rechnet20. Die beiden für die Berechnung der Bankenab-

gabe 2016 relevante BRRD- bzw. SRM-Zielgrößen werden

im Folgenden einzeln erläutert.

BRRD-Regime

Im BRRD-Regime bilden die aggregierten gedeckten Einla-

gen aller relevanten nationalen (deutschen) Institute i.H.

von 1.602 Mrd. € die Basis für die Ermittlung der BRRD-

Zielgröße. Auch hier sollen 1,05% (Stand 2016) der aggre-

gierten gedeckten Einlagen erhoben werden, also 16,821

Mrd. €. Dieser Betrag soll

ebenfalls über einen Zeit-

raum von acht Jahren an-

gespart werden, so dass

das BRRD-Zielvolumen für

2016 bei 2,103 Mrd. € liegt.

Zieht man von diesem

Betrag den von den kleine-

ren Instituten über Pau-

schalbeiträge zu erbringen-

den BRRD-Bankenabgabe-

beitrag i.H. von 33 Mio. € ab, ergibt sich auf nationaler

Ebene ein – wiederum für die weitere Berechnung rele-

vantes – BRRD-Zielvolumen 2016 i.H. von 2,070 Mrd. €21.

SRM-Regime

Im SRM-Regime stellen die aggregierten gedeckten Ein-

lagen aller Euro-Banken i.H. von 5.339 Mrd. € die Aus-

gangsgröße der Berechnung der SRM-Zielgröße dar.

Hiervon sollen über die Bankenabgabe insgesamt 1,05%

eingesammelt werden, also 56,061 Mrd. €. Dieser Betrag

soll über einen Zeitraum von acht Jahren angespart

werden, so dass das SRM-Zielvolumen für 2016 bei

7,008 Mrd. € liegt. Zieht man von diesem Betrag den von

den kleineren Instituten über Pauschalbeiträge zu er-

bringenden Bankenabgabebeitrag i.H. von 118 Mio. € ab,

ergibt sich auf europäischer Ebene ein – auch für die wei-

tere Berechnung relevantes – SRM-Zielvolumen 2016 i.H.

von 6,889 Mrd. €22. Der hiervon auf deutsche Institute

entfallende nationale SRM-Betrag beträgt 1,731 Mrd. €.

4 Bemessungsgrundlage

Die Bemessungsgrundlage wird aus dem jährlichen

Grundbeitrag (Bilanzsumme ohne Eigenmittel und ohne

durch andere Sicherungssysteme gedeckte Einlagen) kor-

rigiert um die Anpassung der Verbindlichkeiten aus Deri-

vaten und abzüglich gruppeninterner Verbindlichkeiten

innerhalb eines Konzerns oder innerhalb eines instituts-

bezogenen Sicherungssystems errechnet (vgl. Über-

sicht 1)23. Soweit relevant, werden zudem institutsbe-

zogene Abzüge berücksichtigt, z.B. Verbindlichkeiten im

Zusammenhang mit Clearing-Tätigkeiten, mit Tätigkeiten

Ab dem Jahr 2016 setzt sich die

Bankenabgabe aus zwei Teilen

zusammen: ein Teil berechnet sich

auf der nationalen Ebene (BRRD)

und der andere Teil auf der Ebene

der Euro-Mitgliedstaaten (SRM).

l18 Vgl. Art. 8 Durchführungsverordnung (EU) 2015/81.l19 Vgl. Art. 69 SRM-Verordnung.l20 Vgl. www.fmsa.de (Abruf: 20.05.2016).l21 Vgl. www.fmsa.de (Abruf: 20.05.2016).

l22 Vgl. www.fmsa.de (Abruf: 20.05.2016).l23 Vgl. Art. 5 Delegierte Verordnung 2015/63.

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» Wie ist die europäische Bankenabgabe zu berechnen?

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eines Zentralverwahrers oder mit der Verwaltung von

Kundengeldern. Diese institutsbezogenen Abzüge wer-

den an dieser Stelle nicht weiter vertieft.

Die Berechnung der Bemessungsgrundlage für die Ban-

kenabgabe 2016 erfolgt auf der Basis der Meldungen zum

Stichtag 31.12.201424.

Die Bilanzsumme setzt sich aus der Summe der Verbind-

lichkeiten (u.a. Einlagen) und der bilanziellen Eigenkapi-

talposten zusammen. Die Eigenmittel ergeben sich als

Summe aus Kernkapital und Ergänzungskapital. Diese

Größen wurden bereits für die aufsichtsrechtlichen

CoRep-Meldungen25 ermittelt. Die gedeckten Einlagen um-

fassen die vom Einlagensicherungssystem gedeckten Ein-

lagen i.H. von 100.000 € pro Anleger26.

Im Rahmen der derivativen Anpassung werden die

Verbindlichkeiten aus Derivaten betrachtet. Dabei ist es

unerheblich, in welchem Bilanzposten die Derivate

enthalten sind (also z.B. in den Handelspassiva, den

Rückstellungen oder den Zinsabgrenzungen). Ebenso

wie bilanzielle sind auch außerbilanzielle Derivate-

verbindlichkeiten zu berücksichtigen27. Für die Berück-

sichtigung der Bemessungsgrundlage wird der HGB-

Buchwert aus derivativen Verbindlichkeiten dem auf-

sichtsrechtlichen Wert unter Berücksichtigung der Ver-

schuldungsquote gegenübergestellt. Bei der Ermittlung

der Bemessungsgrundlage wird der höhere Wert aus

75% des Buchwerts der Verbindlichkeiten aus Deriva-

ten bzw. 100% des aufsichtsrechtlichen Werts berück-

sichtigt.

Die gruppeninternen Verbind-

lichkeiten berücksichtigen

Verbindlichkeiten gegenüber

anderen relevanten Kreditins-

tituten desselben Konzerns.

Relevant sind die Konzernins-

titute, die ebenfalls der euro-

päischen Bankenabgabe unter-

liegen. Dabei sind gruppenin-

terne Verbindlichkeiten aus

Derivaten wiederum mit dem

höheren Wert aus Buchwert (75%) und aufsichtsrecht-

lichem Wert anzugeben28.

5 Risikofaktor

Der Risikofaktor setzt sich aus vier Risikofeldern zusam-

men, die die Systemrelevanz des Instituts widerspiegeln

(vgl. Übersicht 2). Jedes Risikofeld besteht wiederum aus

mehreren Risikoindikatoren. Durch die Systematik der

Berechnung des Risikofaktors ergibt sich ein Wert zwi-

schen 0,8 bei risikoarmen Banken und 1,5 bei Banken mit

einem hohen Risiko29.

A. Risiko-Exponierung (50%)

i. Mindestanforderungen an Eigenmittel

und berücksichtigungsfähige

Verbindlichkeiten (MREL)

ii. Verschuldungsquote

iii. Harte Kernkapitalquote

iv. Gesamtrisiko-Exponierung

D. Zusätzliche Risikoindikatoren (20%)

i. Handelsaktivitäten, außerbilanzielle

Risiken und Derivate, Komplexität und

Abwicklungsfähigkeit

ii. Mitgliedschaft in einem

institutsbezogenen Sicherungssystem

iii. Finanzielle Unterstützung aus

öffentlichen Mitteln

B. Stabilität und Diversifizierung der

Finanzquellen (20%)

i. Strukturelle Liquiditätsquote (NSFR)

ii. Liquiditätsdeckungsquote (LCR)

C. Relevanz eines Instituts für die

Stabilität des Finanzsystems oder

der Wirtschaft (10%)

Anteile der Interbankendarlehen

und -einlagen des Instituts an den

gesamten Interbankendarlehen

und -einlagen in der EU

Übersicht 2 » Zusammensetzung des Risikofaktors

Bilanz-

summe

Derivative

Anpassung

Eigen-

mittel

Gedeckte

Einlagen

Gruppeninterne

Verbindlichkeiten

Instituts-

bezogene

Abzüge

Jährlicher Grundbeitrag

vor Anpassung der Verbindlichkeiten

aus Derivaten

– ––

+– –

Übersicht 1 » Berechnung der Bemessungsgrundlage

l24 Vgl. Art. 14 Delegierte Verordnung 2015/63.l25 CoRep steht für Common Reporting und bezeichnet eine Meldung, die die Banken an die Europäische Bankenaufsicht übermitteln

müssen; sie enthält Meldungen u.a. über Liquidität, Eigenmittel und Verschuldungsquote, um die Risiken der Banken zu überwachen.l26 Vgl. Art. 3 Nr. 6 Durchführungsverordnung

(EU) 2015/81.l27 Für die derivative Anpassung ist der Ausweis nicht relevant. Neben der Ermittlung der für die Bankenabgabe relevanten gruppeninternen Verbindlichkeiten ist die

Ermittlung der Höhe der abziehbaren Derivate-Verbindlichkeiten einer von zwei komplexen Themenbereichen bei der Ermittlung der Bemessungsrundlage. Für ein anschauliches

Beispiel vgl. SRB, 2016 contributions to the SRF – Additional guidance for the industry vom 19.11.2015 (https://esurfi-banque.banque-france.fr; Abruf: 29.09.2016), S. 91.l28 Für ein

anschauliches Beispiel zur Ermittlung des relevanten Betrags gruppeninterner Verbindlichkeiten vgl. SRB, a.a.O. (Fn. 27), S. 22ff.l29 Bei der Bankenabgabe 2016 hatten mehr als 80%

der Institute einen Risikofaktor zwischen 1,0 und 1,3; vgl. SRB, 2016 Contributions to the SRF vom 06.07.2016 (http://srb.europa.eu; Abruf: 29.09.2016), S. 9.

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FINANCIALSERVICES

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Die Daten für die Berechnung des Risikofaktors basieren

größtenteils auf dem Zahlenmaterial, das von den Banken

bereits für aufsichtsrechtliche Zwecke ermittelt und ge-

meldet wird30.

Die Risikofelder sind unterschiedlich gewichtet31. So flie-

ßen das Risikofeld A grundsätzlich mit 50%, die Risiko-

felder B und D jeweils mit 20% und das Risikofeld C mit

10% in den Risikofaktor ein32.

Die heller hinterlegten Risikofelder B und C werden für

das Beitragsjahr 2016 allerdings genauso wenig abgefragt

wie im Risikofeld A der Indikator für die „Mindestanfor-

derungen an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige

Verbindlichkeiten“ (Minimum requirement for own funds

and eligible liabilities – MREL) oder im Risikofeld D der

Indikator für die „Komplexität und Abwicklungsfähig-

keit“. Da diese Risikofelder somit von der Meldung 2016

ausgenommen werden, sind in diesem Jahr die „verblei-

benden“ Risikofelder A mit 71,43% (50/70) und D mit

28,57% (20/70) zu gewichten33.

Verschuldungsquote

Die für den Risikofaktor maßgebliche Verschuldungsquote

i.S. von Art. 429 CRR wird anders ermittelt als die Ver-

schuldungsquote, mit der Derivate zu bewerten sind. Die

für die Ermittlung des Risikofaktors relevante Verschul-

dungsquote ergibt sich als Division des Kernkapitals34

durch die Summe der risikobewerteten Aktiva und außer-

bilanziellen Posten, die bei der Berechnung des Kernkapi-

tals nicht abgezogen wurden35. Der Wert kann aus der auf-

sichtsrechtlichen Meldung übernommen werden.

Harte Kernkapitalquote

Für die Ermittlung der harten Kernkapitalquote werden

z.B. beim sog. Standardansatz die Forderungen aus dem

Kreditgeschäft und andere Posten der Aktivseite mit ei-

nem Risikofaktor bewertet. Dieser liegt

bei 100% für risikoanfällige Posten, bei

50% für Posten mit mittlerem Risiko,

bei 20% für Posten mit mittlerem bis

niedrigem Risiko und bei 0% für Posten

mit einem niedrigen Risiko36. Hier ist –

wie bei der Verschuldungsquote – der

Wert aus der Meldung für das vierte

Quartal zum 31.12.2014 zu überneh-

men. Die harte Kernkapitalquote i.S. von Art. 92 Abs. 2

Buchstabe a CRR wird ermittelt, indem das harte Kernka-

pital durch den Gesamtrisikobetrag dividiert wird.

Gesamtrisiko-Exponierung

Die Gesamtrisiko-Exponierung ergibt sich aus dem Ge-

samtrisikobetrag, der bereits für die harte Kernkapital-

quote ermittelt wurde, dividiert durch die Summe der

Verbindlichkeiten. Die Risikofelder B und C werden nicht

für die Bankenabgabe 2016 berechnet37.

Handelsaktivitäten

Für die Ermittlung der Handelsaktivitäten ist der Risiko-

positionsbetrag für das Marktrisiko auf börsengehandelte

Schuldtitel oder Eigenkapital maßgeblich. Dies stellt das

Positionsrisiko der Eigenmittelanforderungen für die

Handelsbuchtätigkeiten dar38. Dieser Wert wäre mit 12,5

zu multiplizieren39. Der Wert kann aus jedoch auch direkt

– bereits um den genannten Faktor vervielfältigt – der

aufsichtsrechtlichen Meldung entnommen werden. Für

die Ermittlung der Indikatoren wird er durch die Gesamt-

risiko-Exponierung, die harte Kernkapitalquote und die

Summe der Vermögenswerte dividiert.

Außerbilanzieller Nennbetrag

Der außerbilanzielle Nennbetrag ergibt sich durch Division

des Nennbetrags der außerbilanziellen Posten, der mit den

Der Risikofaktor setzt sich aus vier Risikofeldern

zusammen, die die Systemrelevanz des Instituts

widerspiegeln. Er liegt zwischen 0,8 (risikoarm) und

1,5 (risikoreich).

l30 Die Rechtsgrundlage für die Berechnung des Risikofaktors ergibt sich aus Anhang I Schritte 1 bis 6 Delegierte Verordnung 2015/63.l31 Während der Durchschnittswert pro

Risikofeld mithilfe des arithmetischen Mittels über die jeweiligen Risikoindikatoren eines Risikofelds ermittelt wird, erfolgt die Durchschnittswertermittlung über die Risikofelder

hinweg (zur Ermittlung des finalen Risikofaktors) anhand des geometrischen Mittels. Die Verwendung des geometrischen Mittels hat – im Vergleich zur Verwendung des arithme-

tischen Mittels – zur Folge, dass relativ hohe bzw. relativ niedrige Werte der Grundgesamtheit den Mittelwert weniger stark beeinflussen. Allerdings fällt der für die Ermittlung der

Bankenabgabe anzuwendende Risikofaktor – bei Anwendung des geometrischen Mittels – überproportional hoch aus, wenn etwa Risikofeld A überproportional risikoarm ist (und

das Kreditinstitut daher über ein gutes Rating verfügt).l32 Im Bankenabgabebescheid 2016 sind die hier mit den Buchstaben A bis D gekennzeichneten Risikofelder mit den

römischen Zahlen I bis IV bezeichnet.l33 Vgl. S. 11 der Anlage zu den Bankenabgabebescheiden 2016l34 Vgl. Art. 25 CRR.l35 Vgl. Art. 429 CRR.l36 Vgl. Art. 111ff. CRR. Für sog.

IRB-Institute (Internal-Rating-Based-Ansatz) kommen andere Vorgaben der CRR zur Anwendung.l37 Vgl. Anhang I Schritt 1 Delegierte Verordnung 2015/63.l38 Vgl. Art. 92 Abs. 3

Buchstabe b Nr. i CRR.l39 Vgl. Art. 92 Abs. 4 Buchstabe b i.V. mit Abs. 3 Buchstabe b CRR.

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» Wie ist die europäische Bankenabgabe zu berechnen?

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überarbeiteten Standardsätzen des Baseler Ausschusses

für Bankenaufsicht ermittelt wird und – wie bei den Han-

delsaktivitäten – der Gesamtrisiko-Exponierung, der harten

Kernkapitalquote und der Summe der Vermögenswerte.

Derivate

Die Kennziffer für die Derivate setzt sich aus drei Quo-

tienten zusammen. Den Zähler bildet jeweils die sog. deri-

vative Gesamtrisikoposition. Die dafür relevanten Werte

können der CoRep-Meldung entnommen werden und

setzen sich aus der Addition der Derivate zum Markt-

wert, dem Zuschlag aus der Marktbewertungsmethode

und der Ursprungsrisikomethode zusammen40. Die in

den Werten enthaltenen Derivate, die über eine zentrale

Gegenpartei abgewickelt werden, bleiben für die Ermitt-

lung des Risikoindikators „Derivate“ außer Ansatz. Die

Nenner der Quotienten bilden wieder die Gesamtrisiko-

Exponierung, die harte Kernkapitalquote und die Summe

der Vermögenswerte41.

6 Begrenzung des Jahresbeitrags

Einen Freibetrag (wie bei der deutschen Bankenabgabe)

gibt es nicht mehr. Dafür zahlen kleinere Banken mit ei-

nem geringen Risikofaktor und einer Bilanzsumme, die

weniger als 1 Mrd. € beträgt – stufenweise in Abhängig-

keit vom jährlichen Grundbeitrag (Bilanzsumme ohne Ei-

genmittel und ohne gedeckte Einlagen) – pauschal zwi-

schen 1.000 € und 50.000 €42. Der jährliche Grundbeitrag

darf dafür höchstens 300 Mio. € betragen43.

Ebenso wenig sieht die europäische Bankenabgabe eine

Zumutbarkeitsgrenze vor. Nach der deutschen Bankenab-

gabe war diese nur insoweit zu zahlen, als sie nicht mehr

als 20% des Jahresüberschusses des jeweiligen Geschäfts-

jahrs ausmachte. Der die Zumutbarkeitsgrenze überstei-

gende Teil der Bankenabgabe wurde auf folgende Ge-

schäftsjahre vorgetragen44.

7 Unwiderrufliche Zahlungsverpflichtung

Die Regelungen der neuen europäischen Bankenabgabe

räumen die Möglichkeit ein, einen Teil des Beitrags als

sog. „unwiderrufliche Zahlungsverpflichtung“ zu leisten45.

Gemäß Art. 70 Abs. 3 SRM-Verordnung können auf Antrag

bis zu 30% des Jahresbeitrags zum einheitlichen Abwick-

lungsfonds durch Sicherheiten mit niedrigem Risiko abge-

sichert werden. Diese müssen frei verfügbar und dürfen

nicht mit Rechten Dritter belastet sein. Für das Beitrags-

jahr 2016 legte der SRB fest, max. 15% als unwiderruf-

liche Zahlungsverpflichtung zu akzeptieren46. Um in den

Genuss dieser unwiderruflichen Zahlungsverpflichtung

zu kommen, muss das Institut zunächst einen „Unwider-

ruflichen Zahlungsverpflichtungs- und Besicherungsver-

trag für Finanzsicherheiten (Vertrag)“ mit der Abwick-

lungsbehörde abschließen.

Im Jahr 2015 war die FMSA die Abwicklungsbehörde. Die-

se übertrug die ihr aus dem Vertrag erwachsenen Rechte

und Pflichten zum 01.01.2016 auf den SRB. Im Vertrag ist

festgelegt, dass die Sicherheit auf Barmittel limitiert ist47.

Somit haben die Institute auch die finanziellen Mittel in

Höhe der unwiderruflichen Zahlungsverpflichtung auf

ein separates Konto des SRB zu überweisen. Wenn der

Fonds an einer Abwicklungsmaßnahme beteiligt ist, wer-

den alle oder ein Teil der unwiderruflichen Zahlungsver-

pflichtungen abgerufen48. Fällt ein Institut nicht mehr in

den Geltungsbereich der SRM-Verordnung, werden die

unwiderruflichen Zahlungsverpflichtungen des Instituts

aufgehoben und die Sicherheit, durch die die Zahlungs-

pflichten abgesichert sind, wird zurückgegeben49. Der ur-

sprüngliche Vertrag hatte kein Enddatum und konnte nur

durch gemeinsame Vereinbarung der Vertragsparteien

gekündigt werden. Der neue Vertrag 2016 enthält hinge-

gen Regelungen zur Kündigung50. Demnach ist der Ver-

trag mit 14-tägiger Frist kündbar; bis fünf Tage vor Ablauf

der Frist muss der Betrag der unwiderruflichen Zahlungs-

Eine Zumutbarkeitsgrenze – wie bei

der deutschen Bankenabgabe – gibt es

nicht mehr. Ein Teil der europäischen

Bankenabgabe kann durch eine GuV-

neutrale „unwiderrufliche Zahlungs-

verpflichtung“ erbracht werden.

l40 Vgl. CoRep-Meldebogen C 45.00, Zeilen 030, 040 und 050.l41 Die derivative Gesamtrisikoposition ist einer der – gem. Art. 6 Abs. 5ff. Delegierte Verordnung 2015/63 – „von der

Abwicklungsbehörde zu bestimmenden zusätzlichen Risikoindikatoren“, der im Bankenabgabemeldeformular 2016 weiter konkretisiert wird; vgl. FMSA, Deutsche Version SRB-Mel-

debogen vom 12.01.2016 (www.fmsa.de; Abruf: 20.05.2016), S. 12.l42 Vgl. Art. 10 Delegierte Verordnung 2015/63.l43 Vgl. Art. 10 Abs. 6 Delegierte Verordnung 2015/63.l44 Bezüglich

der Höhe der verfallenden Nacherhebungsbeiträge beim Wechsel auf das Regime der europäischen Bankenabgabe vgl. etwa www.linksfraktion.de (Abruf: 29.09.2016).l45 Vgl. § 12a

Abs. 2 RStruktFV n.F.l46 Vgl. SRB, Single Resolution Fund, Mai 2016 (https://srb.europa.eu; Abruf: 29.09.2016), S. 12.l47 Vgl. Nr. 2 „Sicherheiten“ des Vertrags.l48 Vgl. Art. 7 Abs. 2

Durchführungsverordnung (EU) 2015/81.l49 Vgl. Art. 7 Abs. 3 Durchführungsverordnung (EU) 2015/81.l50 Vgl. Nr. 11.3 und 11.4 des Vertrags zur unwiderruflichen Zahlungs-

verpflichtung.

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FINANCIALSERVICES

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verpflichtung dann gezahlt werden, woraufhin der Aus-

schuss die Sicherheit zurückgibt.

Zudem ist die geleistete Barsicherheit zu verzinsen. Maß-

geblich ist der Referenzzinssatz der EZB für täglich fällige

Einlagenfazilitäten. Am 16.03.2016 wurde dieser Zinssatz

auf –0,40% gesenkt51; demnach muss das leistende Institut

Zinsen für eine gegebene Sicherheit zahlen.

8 Zusammenfassung

Nachdem in Deutschland bereits im Jahr 2011 eine Ban-

kenabgabe eingeführt worden war, wurde diese im Jahr

2015 von der europäischen Bankenabgabe abgelöst. De-

ren Einführung erfolgte in zwei Schritten: im Jahr 2015

zunächst gemäß der Bankenabwicklungsrichtlinie BRRD

und ab dem Jahr 2016 zusätzlich im Sinne der SRB-Richt-

linie. Nach dieser zweijährigen Umbruchphase wird die

Berechnung (und Bilanzierung) der Bankenabgabe im

Rahmen der Aufbauphase des Ziel-Fondsvolumens für die

nächsten acht Jahre stabil bleiben52.

Die Berechnungslogik der europäischen Bankenabgabe

unterscheidet sich (stark) von jener der deutschen Ban-

kenabgabe und ist insgesamt deutlich komplexer.

Neben – wie schon bislang – bestimmten, vor allem passi-

ven HGB-Buchwerten wird nun eine Vielzahl von Risi-

koindikatoren – vor allem aus den CoRep-Meldungen –

im Rahmen der europäischen Bankenabgabemeldung

abgefordert.

Durch einen relativen Berechnungsmechanismus wird

bei der europäischen Bankenabgabe nun sichergestellt,

dass ein bestimmtes vorgegebenes Zielvolumen an Ban-

kenabgaben auch tatsächlich eingenommen wird. Anders

als bei der deutschen Bankenabgabe können die Institute

bei der europäischen Bankenabgabe – aufgrund des rela-

tiven Mechanismus in der Berechnungsformel und der

für Außenstehenden nicht nachvollziehbaren Zuordnung

zu den Risikoklassen – nun nicht mehr genau antizipie-

ren, wie hoch die Bankenabgabe für sie im laufenden Ge-

schäftsjahr sein wird.

Neu ist auch, dass es für die zu zahlende europäische Ban-

kenabgabe keine Zumutbarkeitsgrenze mehr gibt. Aller-

dings besteht nun die Möglichkeit, einen Teil der Beitrags-

leistungen zunächst GuV-neutral im Rahmen einer barbe-

sicherten sog. unwiderruflichen Zahlungsverpflichtung

zu leisten53.

Auch das Beispiel der europäischen Bankenabgabe zeigt,

dass Handels- und Aufsichtsrecht immer mehr verwoben

werden. Insgesamt fallen die Aufwendungen für die euro-

päische Bankenabgabe im Vergleich zur deutschen Ban-

kenabgabe deutlich höher aus. Zu beachten ist ferner,

dass neben den Änderungen bei der europäischen Ban-

kenabgabe sich auch das Regime der europäischen Ein-

lagensicherung geändert hat. » DOC-ID: W1007401

» Prof. Dr. Knut Henkel

Inhaber des Lehrstuhls fürBilanzielles Rechnungswesenund Betriebliche Steuerlehre,Hochschule Emden/Leer, Emden

»Prof. Dr. Wilhelm Schneider

Inhaber des Lehrstuhls für externesRechnungswesen und Steuern,Hochschule Bonn-Rhein-Sieg,Rheinbach

» Isabel Tüns

Absolventin der HochschuleBonn-Rhein-Sieg, Sankt Augustin

l51 Vgl. für den EZB-Zinssatz 2016 (Stand: 27.05.2016) www.ecb.europa.eu (Abruf: 29.09.2016).l52 Allerdings wird sich das Jahr 2017 planmäßig die Gewichtung des SRB-Anteils an

der Bankenabgabe von 40% (2016) auf 60% (2017) erhöhen und der BRRD-Anteil entsprechend sinken; vgl. Art. 8 Abs. 1 Buchstabe b) Durchführungsverordnung (EU) 2015/81.

l53 Bezüglich der Bilanzierung der Bankenabgabe vgl. IDW, Bericht über die 261. Sitzung des BFA am 23.06.2015 (im Mitgliederbereich der IDWWebsite www.idw.de).

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» Wie ist die europäische Bankenabgabe zu berechnen?

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Management & Beratung

KOMPAKT

ERLÖSERFASSUNG

Prüfungsausschuss und IFRS 15

Das Zentrum für Prüfungsqualität (Center for Audit

Quality – CAQ) des US-amerikanischen AICPA unterstützt

Prüfungsausschüsse dabei, sich auf IFRS 15, den neuen

Standard zur Erlöserfassung, vorzubereiten. Konkret geht

es darum, im Gespräch mit der Unternehmensleitung und

dem Abschlussprüfer den Stand der Umsetzungs- und Im-

plementierungsarbeiten zu verstehen und zu beurteilen.

Entsprechend gliedert sich das Papier in vier Teile:

» IFRS 15 als neuen Erlöserfassungsstandard verstehen;

» Beurteilung der unternehmensseitig erstellten

Auswirkungsanalyse;

» Beurteilung des Projektplans für die Implementierung

von IFRS 15;

» weitere Umsetzungsüberlegungen.

IFRS 15 wurde von der EU-Kommission in europäisches

Recht übernommen (Endorsement) und im Amtsblatt der

EU vom 29.10.2016 veröffentlicht (WPg 2016, S. 1225). Die

Änderungen sind in der EU spätestens für Geschäftsjahre

anzuwenden, die am oder nach dem 01.01.2018 beginnen.

» DOC-ID: W1007501

Mehr zum Thema

» CAQ vom 15.12.2016 (http://thecaq.org).

» Anlässlich der Veröffentlichung von IFRS 15 im Überblick

Pellens, WPg 17/2014, S. I; ausführlich Wüstemann/Wüste-

mann, WPg 2014, S. 929; zuletzt Heintges/Erber, WPg 2016,

S. 1067.

CORPORATE GOVERNANCE

Transparente Aufsichtsratstätigkeit

Eine aktuelle Aufsichtsratsstudie zeigt, dass aussagekräfti-

ge Anforderungsprofile der Gremien, ausführliche Lebens-

läufe der Aufsichtsratskandidaten, eine Begründung, wa-

rum eine Person zur Wahl in den Aufsichtsrat vorgeschla-

gen wird, und ausführliche Aufsichtsratsberichte immer

mehr zum Standard einer transparenten Berichterstattung

an die Aktionäre gehören. Die Studie misst auf der Basis

öffentlich verfügbarer Informationen die Qualität der Auf-

sichtsratsarbeit in den DAX- und MDAX-Unternehmen in

den vier Themenfeldern Arbeitsweise des Aufsichtsrats,

persönliche Eignung der Aufsichtsratsmitglieder, Diversi-

tät in der Zusammensetzung des Gremiums sowie Trans-

parenz über die Aufsichtsratsbesetzung und -tätigkeit.

Benchmark Deutsche Börse

Mit einem Aufsichtsrats-Score von 82,4% führt der Auf-

sichtsrat der Deutschen Börse das aktuelle Ranking an.

Ausschlaggebend für diese Platzierung sind zehn Auf-

sichtsratssitzungen pro Jahr, sechs aktive Fachausschüsse

sowie ein zweitägiger Strategieworkshop. Zudem vermit-

telt ein aussagekräftiger Aufsichtsratsbericht umfang-

reiche Angaben zu den Aufsichtsratsmitgliedern. Mit ei-

nem Ausländeranteil von 33% und einem Frauenanteil

von 42% zeichnet sich das Gremium ferner durch eine

große Diversität aus. » DOC-ID: W1007502

Mehr zum Thema

» Pressemitteilung diep – Deutsches Institut für Effizienz-

prüfung vom 03.12.2016 (www.diep-institut.de).

» Gentz, „Kodexänderungsvorschläge 2017“, WPg 2016, S. 1329.

» Pikó, „Entwicklungen der Aufsichtsratstätigkeit in den Jahren

2016/2017“, WPg 2016, S. 1383.

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MANAGEMENT

&BERATUNG

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ANALYSE

Bankenaufsichtsrat:quo vadis?

Von Gerd Häusler

Die Ansprüche und die Anforderungen an Aufsichtsräte sind in den vergangenen

Jahren gestiegen. Das gilt vor allem für Bankenaufsichtsräte. Das Pflichtenheft

eines Aufsichtsratsvorsitzenden eines größeren Kreditinstituts nähert sich immer

mehr an das eines „Chairman“ eines internationalen Hauses an. Dabei zeichnet

sich ab, dass die Qualität von Aufsichtsräten bei Kreditinstituten in der Zukunft

eher ab- als zunehmen wird, sofern die jetzigen Rahmenbedingungen im Sinne eines

„risk reward profile“ sich weiter verschlechtern.

1 Einleitung

Es dürfte inzwischen als Binsenweisheit

gelten, dass nach deutschem Aktienrecht

gebildete Aufsichtsräte heute anders ar-

beiten als z.B. vor zwei Jahrzehnten oder

mehr, auch wenn die Rechtslage gemäß

Aktiengesetz formal weitgehend unverän-

dert geblieben ist. Der Zeitaufwand ist

größer, die Intensität der Diskussion hö-

her, die Zahl der Ausschüsse gestiegen,

die Qualität der Arbeit – auch wenn diese

sich nur schwer messen lässt – geht im

Großen und Ganzen mehr in die Tiefe.

Zu diesen Veränderungen gehört dann

konsequenterweise auch eine geringere

Zahl von Mandaten pro Person, entweder

aus „Selbstdisziplin“ oder aber aufgrund

von soft laws wie dem Deutschen Corpo-

rate Governance Kodex sowie insbeson-

dere branchenspezifischen Vorschriften,

wie sie für den Bankensektor im Kredit-

wesengesetz (KWG) neu geschrieben wur-

den. Hier haben weitreichende Novellie-

rungen des KWG der Arbeit von Aufsichts-

räten zumindest in Teilen eine veränderte

Rechtsgrundlage gegeben.

Die Gründe für die skizzierten Verände-

rungen sind vielfältig, seien sie eher juris-

tischer Natur wie im Finanzsektor, sei es

der Einfluss institutioneller Investoren

vor allem aus dem angelsächsischen Wirt-

schaftskreis oder aber auch schlicht die

„Selbsteinsicht“ der Betroffenen, was ihre

fiduziarischen Treuepflichten betrifft.

2 Engmaschige Verantwortung des

Aufsichtsrats

Veränderungen in der Arbeitsweise eines

Aufsichtsrats, insbesondere hinsichtlich

seiner Verantwortung für das Wohl des

30 | 01.2017 |

Keywords:

Kreditinstitut

Aufsichtsrat

Corporate Governance

Bankenaufsicht

SREP

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Unternehmens, werden nirgendwo so deutlich wie im

Bankensektor, dort vor allem in dem Segment, das der un-

mittelbaren Aufsicht durch die EZB unterliegt.

Das KWG weist dem Aufsichtsrat inzwischen eine Reihe

von Aufgaben zu, die es in dieser konkreten Ausprägung

in der Vergangenheit so nicht gab. Dabei geht der Einheit-

liche Aufsichtsmechanismus (Single Supervisor Mecha-

nism – SSM) als das System der Bankenaufsicht in Europa

unter dem Dach der EZB in seiner Verwaltungspraxis

noch weit über das KWG hinaus. Die wichtigsten Beispiele

für diese neue Kultur einer hohen „Gesamtverantwortung

des Aufsichtsrats“ seien hier skizziert:

So soll eigentlich der Risikoausschuss u.a. neben der

Überwachung der Gesamtrisikostrategie des Unterneh-

mens und deren Umsetzung durch die obere Leitungs-

ebene auch eine Überwachung der Konditionen im Kun-

dengeschäft sicherstellen. Zu den Aufgaben des Prüfungs-

ausschusses gehören neben der Überwachung des

Rechnungslegungsprozesses auch die der Wirksamkeit

des Risikomanagementsystems sowie die Überwachung

der Durchführung der Abschlussprüfung. Insbesondere

die Aufgaben des Vergütungskontrollausschusses sind

von hohem granularem Ausmaß. Hierzu gehört u.a. die

Überwachung der angemessenen Gestaltung der Vergü-

tungssysteme der Geschäftsleiter. Dieser Aufgabenbereich

des Vergütungskontrollausschusses wird in der Instituts-

vergütungsverordnung weiter konkretisiert. Im Ergebnis

steht ein sehr komplexer Verzielungs- und Backtesting-

Prozess in Bezug auf die Vergütung der Geschäftsleitung,

der in der Praxis schwer handhabbar und in jedem Falle

– aufgrund der noch granulareren Verwaltungspraxis der

Bankenaufsicht – sehr zeitaufwendig ist.

Angesichts eines ausgefeilten Kanons an Sanktionen wird

es sich kein Kreditinstitut leisten wollen, die Wünsche der

Aufsicht zu ignorieren.

Inzwischen nähert sich das Pflichtenheft eines Aufsichts-

ratsvorsitzenden eines größeren Kreditinstituts immer

mehr an das eines „Chairman“ an, wie wir dies aus dem

UK oder z.B. der Schweiz kennen.

3 Novellierung des Gesellschaftsrechts?

Offensichtlich steht diese Entwicklung in einem deutli-

chen Spannungsfeld zum deutschen Gesellschaftsrecht,

das dem Aufsichtsrat eher limitierte Aufgaben und Ver-

antwortung zuweist.

Hieraus ergeben sich bedauerlicherweise zuweilen un-

scharfe Verantwortlichkeiten und Reibungspotentiale

zwischen den Gremien eines Kreditinstituts. Eine heraus-

gehobene Rolle spielt dabei der Informationsfluss zwi-

schen den Sitzungen des Aufsichtsrats, sein Umfang und

seine Frequenz.

Welches Maß an Bringschuld besteht für den Vorstand ei-

ner Gesellschaft, damit der Aufsichtsrat, zumindest sein

Vorsitzender, ausreichend im Nachrichtenfluss verankert

ist, um seinen Pflichten nachkommen zu können?

Persönlich würde ich es nach wie vor begrüßen, wenn

der Gesetzgeber eine Bereitschaft zeigte, das ältere und

allgemeinere deutsche Aktienrecht zu modifizieren und

der tatsächlichen Aufsichtspraxis anzupassen.

Der derzeitige Meinungsbildungsprozess geht allerdings

nicht in diese Richtung; Bankenaufseher z.B. betrachten

– unter Hinweis auf die juristischen Grundsätze „lex

specialis“ oder „lex posterior derogat lege generale“ – die

Angelegenheit als „entschieden“. Der zuweilen von dem

einen oder anderen Aufsichtsrat einer Bank gemachte

Versuch, einem vertieften Gespräch mit der Aufsicht aus-

zuweichen mit dem Hinweis, der Aufsichtsrat sei ja nicht

Teil der Bank und somit bestehe auch keine Gesprächs-

pflicht mit der Aufsicht, wurde von dieser natürlich im

Keime erstickt. Nur, eine klarstellende Novellierung des

Gesellschaftsrechts würde nicht nur dem Aufsichtsrat sei-

ne gestiegene Verantwortung verdeutlichen, sondern

auch dem Vorstand dessen korrelierende Pflicht zu einer

kontinuierlichen Berichterstattung in vergleichsweise

hoher Granularität.

Der Hinweis, das deutsche System entwickle sich faktisch

in Richtung des schweizerischen Verwaltungsratssystems,

mag zwar eine zutreffende Beschreibung eines aufsichtli-

chen Zielbildes sein, beschränkt sich dann aber auf die

Teilkomponente „Verantwortung“, ohne aber andere Fa-

Es wäre zu begrüßen, wenn der

Gesetzgeber das ältere und

allgemeinere deutsche Aktienrecht

der aktuelleren Verwaltungspraxis

im Aufsichtsrecht anpassen würde.

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MANAGEMENT

&BERATUNG

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cetten der Spielregeln zwischen den Gremien einer Bank

aufzugreifen. Diese – zumindest formalen – Lücken er-

staunen umso mehr, als sonst der Gesetz- und Verord-

nungsgeber im Bereich der Bankenaufsicht in puncto

Lückenlosigkeit von Regelungen sich selbst hohe Stan-

dards setzt. Klare Spielregeln erleichtern ein friktions-

loses Zusammenwirken aller Beteiligten zum Wohle des

Unternehmens.

4 SREP: neue Aufsichtspraxis der EZB

Nun könnte man meinen, dass solche Fragestellungen

von Corporate Governance bzw. Fragen nach der Zusam-

mensetzung und Qualität von Aufsichtsräten letztlich

nicht so bedeutend seien, als dass man sich darüber allzu

lange den Kopf zerbrechen müsste. Immerhin gibt es

auch in anderen Sektoren Fragestellungen, die von insti-

tutionellen Investoren beobachtet bzw. teils auch offen

kritisiert werden, ohne dass der Gesetzgeber jedes Mal

einschreitet.

An dieser Stelle gilt es deshalb darauf hinzuweisen, dass

die neue Aufsichtspraxis der EZB den Kreditinstituten seit

kurzem individualisierte „Beurteilungen“ auf der Basis

des sogenannten aufsichtlichen Überprüfungs- und Be-

wertungsprozesses (Supervisory Review and Evaluation

Process – SREP) zuweist. Ähnlich einem System von Schul-

noten erhalten Banken gewissermaßen eine Gesamtnote,

die unter anderem auch maßgeblich die individuelle

Höhe der Eigenkapitalanforderungen an das jeweilige

Kreditinstitut bestimmt. Sozusagen als eine Teilnote die-

ses SREP werden in einer seiner Säulen die Handhabung

von Corporate Governance, aber auch die Qualität und

die Abläufe im Aufsichtsrat einer Bank bewertet und ge-

gebenenfalls auch beanstandet. In besonderen Fällen

kann die Aufsicht sogar individuelle Zuschläge zu den

Anforderungen an das Eigenkapital verhängen.

5 EZB: Anforderungen an die Qualität

von Aufsichtsräten

Nachdem die Bankenaufsicht nunmehr die harten An-

forderungen an Kapital bzw. Liquidität weitgehend in

Regeln gegossen hat, widmet sie sich verstärkt „qualitati-

ven Fragen“, also „soft factors“ wie der Corporate Gover-

nance, aber auch Themen wie „Kultur des Hauses“ oder

strengeren Anforderungen an die Beurteilung von „fit

and proper“ von Mitgliedern der Gremien

eines Kreditinstituts. Zu diesem Zweck

hielt der Aufsichtsarm der EZB im Juni

2016 eine ganztägige Konferenz ab, um

die Spitzen der Kreditinstitute über seine

Vorstellungen und Anforderungen zu in-

formieren. Natürlich sind alle diese Fra-

gen noch „work in progress“ und werden

sich erst über Jahre hinweg final entwickeln können.

Hinzu kommt, dass die EZB zwar durchaus konkrete Vor-

stellungen hat, was die Anforderungen an die Qualität

von Aufsichtsräten betrifft, aber derzeit kaum an den be-

stehenden nationalen Vorschriften eines Staates vorbei-

kommt, die an dieser Stelle noch immer das letzte Wort

haben.

6 Checks and balances

Es ist an dieser Stelle wichtig, sich immer wieder die

Grundphilosophie der Aufsicht zu Fragen der Corporate

Governance vor Augen zu führen: Eine entscheidende

Lektion aus der großen Finanzmarktkrise des vergange-

nen Jahrzehnts war die bittere Erkenntnis, dass in einer

Reihe von Kreditinstituten, die in schwere Turbulenzen

geraten waren, das System von „checks and balances“

zwischen den Gremien der Bank bzw. den Wirtschafts-

prüfern, aber auch der Aufsicht, nicht wirklich funktio-

niert hatte. In zahlreichen Fällen erwiesen sich Aufsichts-

räte den fachlichen Fragen, die für Wohl und Wehe eines

Hauses entscheidend waren, weder qualitativ noch vom

Zeiteinsatz her gewachsen. An dieser Stelle sei aber der

Vollständigkeit halber auch deutlich angemerkt, dass es

noch viele andere, eher noch bedeutendere Gründe jen-

seits der hier diskutierten Fragen für die seinerzeitige

desaströse Entwicklung mancher Kreditinstitute gab.

Nunmehr sollen mehrstufige „lines of defense“ sowie ein

ausgeklügeltes System von „checks and balances“ zwi-

schen dem Management eines Hauses sowie dem Auf-

sichtsrat, den Wirtschaftsprüfern, aber auch einer nun-

mehr nachhaltig „aufgerüsteten“ Bankenaufsicht dafür

sorgen, dass sich vergangene Krisen nicht so leicht wie-

derholen können. Der Aufsichtsrat soll in der Lage und

aber auch willens sein, das Management eines Hauses

wirklich effektiv zu kontrollieren und dieses überdies

auch zu beraten. Insoweit lässt sich seine Rolle in gewis-

Banken erhalten eine Art Gesamtnote von

der Aufsicht. Hierin fließen auch Qualität und

Abläufe im Aufsichtsrat mit ein.

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» Bankenaufsichtsrat: quo vadis?

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ser Weise mit denen von Wirtschaftsprüfern und der Ban-

kenaufsicht vergleichen. Die Zusammenarbeit ist noch en-

ger geworden, der Wirtschaftsprüfer ist letztlich verlän-

gerter Arm des Aufsichtsrats und wird von diesem be-

stellt. Idealerweise verfolgt der Aufsichtsrat parallele

Interessen zu denen der Bankenaufsicht. Die Bankenauf-

sicht nimmt nicht nur an ausgewählten Sitzungen von

Aufsichtsräten teil, was in Deutschland allerdings kein

Novum ist, sondern spricht auch regelmäßig mit einzel-

nen Mitgliedern des Aufsichts-

rats, insbesondere mit seinem

Vorsitzenden sowie den Vor-

sitzenden von Prüfungs- und

Risikoausschuss.

7 Informationsfluss

An dieser Stelle gilt es aller-

dings auf zwei wichtige Unter-

schiede zwischen dem Auf-

sichtsrat einerseits sowie dem

Wirtschaftsprüfer bzw. der Aufsicht andererseits hinzu-

weisen. Letztere können – und tun dies auch – sich prak-

tisch durch die „gesamte Firma fragen“, d.h. sie können

und dürfen ihre Fragestellungen an praktisch alle Fach-

ebenen adressieren, die für eine Beantwortung hilfreich

sein können. Natürlich werden beide „Institutionen“ über

ihre Tätigkeit dem Vorstand – typischerweise CEO und/

oder CFO – berichten, aber ihre Erkenntnisse beruhen in

der Regel auf dem Originalton der Fachleute, also der di-

rekten Interaktion, wenn auch natürlich versehen mit

Einwertungen des Vorstands. Die Bankenaufsicht wieder-

um führt nunmehr – im Gegensatz zu früheren Sonder-

prüfungen nach § 44 KWG – routinemäßig sogenannte

„on site inspections“ durch, die zuweilen bis auf Sach-

bearbeiterebene „tieftauchen“ und sich nicht auf Gesprä-

che mit dem Vorstand beschränken.

Der Aufsichtsrat ist beim Informationsfluss klassischer-

weise auf die Informationen im Verlaufe von Sitzungen

seitens des Vorstands angewiesen, die naturgemäß nicht

dasselbe Maß an Granularität aufweisen können. Auch

regelmäßige Gespräche zwischen dem Aufsichtsratsvor-

sitzenden und dem Vorstandsvorsitzenden vermögen in

der Regel nicht, den Wissensvorsprung von Wirtschafts-

prüfern und neuerdings auch der Aufsicht auszugleichen.

Dies gilt vor allem für Sonderthemen, die die Aufsicht

neuerdings forciert, IT- bzw. Geschäftsmodellprüfung

seien hier stellvertretend genannt. Daran ändern direkte

Kontakte mit Revision und Compliance nur bedingt etwas.

Aus diesem Grund und um den gestiegenen Erwartungen

bzw. Anforderungen an den Aufsichtsrat bzw. vor allem

an dessen Vorsitzenden sowie den Vorsitzenden seiner

wichtigsten Ausschüsse genügen zu können, gehen Kre-

ditinstitute vermehrt dazu über, auch zwischen den Sit-

zungen den Aufsichtsrat bzw. die Vorsitzenden wichtiger

Ausschüsse mit schriftlichen Unterlagen zu versorgen.

Hier stellt sich letztlich die Frage einer schriftlich fixier-

ten Informationsordnung, gleichgültig ob nun in ausge-

feilter Form oder nur in gro-

ben Umrissen.

Das Thema „Informations-

fluss“ gehört zu den zentralen

Fragen, die es bei großen und

komplexen Instituten zu re-

geln gilt. Wer A sagt, d.h. wer

verlangt, dass Aufsichtsräte

über eine Einschätzung der

Lage im Allgemeinen, aber

auch vermehrt im Detail verfügen, der muss auch B sagen

und dafür sorgen, dass der notwendige Strom an Informa-

tionen funktioniert; dies kann vernünftigerweise nur in

schriftlicher Form geschehen.

8 Verhältnis von Risiko und Vergütung

Ein weiterer Unterschied zwischen Mitgliedern eines Auf-

sichtsrats bei Kreditinstituten einerseits und Wirtschafts-

prüfern andererseits – gilt mutatis mutandis auch für

Angehörige der Bankenaufsicht – ist die Abgeltung des

Aufwands, mit dem die Beteiligten ihren Aufgaben nach-

gehen. Während Wirtschaftsprüfer direkt oder mittelbar

nach der „Quantität“ ihrer Arbeit vergütet werden, gilt

dies bei Aufsichtsräten nicht, vielleicht nur noch nicht.

Länder, die stärker kapitalmarktorientiert sind – dazu ge-

hört im Übrigen auch die Schweiz –, weisen an dieser Stel-

le eine andere Historie auf.

Wenngleich hier immer der Generalverdacht aufscheinen

mag, pro domo zu sprechen, bleibt doch festzuhalten,

dass der „Stundensatz“ von Aufsichtsräten – insbesondere

der der am meisten belasteten Mitglieder – deutlich gefal-

len ist, seitdem sich der Aufgaben- und Verantwortungs-

katalog teils drastisch ausgeweitet hat. Dies wird u.a.

auch dadurch deutlich, dass der Gesetzgeber die Zahl der

zulässigen Aufsichtsratsmandate streng beschnitten hat,

die eine Person innehaben darf. Gleichzeitig muss sich

heute jeder Aufsichtsrat – jedenfalls bei Kreditinstituten –

darüber im Klaren sein, dass Haftungsfragen viel mehr

Der erweiterte Pflichten-

katalog gepaart mit

begrenzten Rechten und

traditioneller Entlohnung

führt zu einer sich

abzeichnenden Unwucht.

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MANAGEMENT

&BERATUNG

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im Kreuzfeuer der medialen Aufmerksamkeit stehen als

früher. Auch wenn in der Regel eine adäquate Absiche-

rung in Form einer D&O-Versicherung besteht und Fälle

einer erfolgreichen strafrechtlichen Verfolgung nicht be-

kannt sind, so bleibt durchaus die Erkenntnis, dass nicht

nur Vorstände, sondern auch Aufsichtsräte mit einer Er-

wartungshaltung in der Öffentlichkeit leben müssen, wo-

nach geschäftliche Fehlentwicklungen – ungeachtet der

Gründe hierfür – auch auf persönlicher Ebene „gesühnt“

werden sollen.

Diese mediale, auf Personen zentrierte Aufmerksamkeit

macht es zudem leichter, Mitglieder von Gremien durch –

ungerechtfertigte – Strafanzeigen unter Druck zu setzen,

gegebenenfalls auch mit dem Ziel, Zahlungen abzupres-

sen. Jedenfalls werden künftig auch Mitglieder von Auf-

sichtsräten mit der „medialen Prangerwirkung“ von soge-

nannter Investigationsrecherche leben müssen.

Alles in allem sollten Aufsichtsratsmitglieder von Kredit-

instituten eine Portion an „commitment“ mitbringen,

wenn sie eine solche Funktion annehmen. Die faktische

Generalüberholung des Pflichtenkatalogs von Aufsichts-

räten von Kreditinstituten, dem aber nach wie vor ein Ge-

sellschaftsrecht gegenüber steht, das eher das klassische

Modell von begrenzten Rechten bei traditioneller Entloh-

nung widerspiegelt, führt m.E. zu einer sich abzeichnen-

den Unwucht, die sich erst in den nächsten Jahren voll

und ganz zeigen wird.

Schließlich hat aber auch der Präsident der BaFin, Felix

Hufeld, vor einigen Monaten bei einer öffentlichen

Podiumsdiskussion in Berlin festgehalten, dass eine

top-professionelle Tätigkeit auch angemessen vergütet

werden müsse.

9 Ergebnis

Das eine Bank insgesamt ausmachende System von weit-

gehenden „checks and balances“ – also nicht nur Auf-

sichtsrat, Wirtschaftsprüfer und Bankenaufsicht, son-

dern beispielsweise auch die Marktfolge in Form von

Risk Office, aber auch Revision und Compliance – gilt ne-

ben den Regeln für Eigenkapital und Liquidität als das

Herzstück einer modernen Regelungslandschaft im Be-

reich des Kreditwesens, das nie wieder den Steuerzahler

so zur Kasse bitten soll wie im letzten Jahrzehnt. Die ge-

nannten Funktionen wurden vom Gesetz- und Verord-

nungsgeber deutlich gestärkt bis hin zu Vorschriften,

dass das Gefälle bei der Vergütung zwischen Front Office

und Back Office nicht zu groß werden darf. Dies soll u.a.

erreichen, dass auch die Kontrollfunktionen so besetzt

werden können, dass diese dem Front Office „intellek-

tuell das Wasser reichen“ können. Dies verteuert zwar

die „Plattformkosten“ für die Herstellung von Bank-

dienstleistungen teils drastisch und wirft die Frage auf,

ob es nicht größerer Einheiten bedarf, um wieder zu ei-

ner Kostendegression zu kommen. Im Ergebnis besteht

aber weitgehend Einigkeit, dass ein System ausgefeilter

Kontrollen aus den übergeordneten Gründen unumgäng-

lich ist, wenn wir es mit den Lektionen aus der Finanz-

marktkrise ernst meinen.

Die eine markante Ausnahme ist in vielen Fällen noch im-

mer der Aufsichtsrat einer Bank, der an dieser Stelle im

Übrigen immer noch den strengen Anforderungen der

Aufsicht in puncto Qualität („Fit-and-proper-Test“) nur be-

grenzt unterliegt. Hier betont die Aufsicht der EZB, dass

dieses Thema weitgehend von nationalem Recht besetzt

ist, das historisch gewachsene „Erbhöfe“ kennt. Der Er-

satz für Aufwand und Einsatz, inklusive Fortbildung, ist

in manchen Fällen – jedenfalls auf Stundenbasis gerech-

net – deutlich gesunken. Nur, so viel können wir schon

heute erahnen, so wird die Qualität von Aufsichtsräten

bei Kreditinstituten in der Zukunft eher ab- als zuneh-

men, sofern die jetzigen Rahmenbedingungen im Sinne

eines „risk reward profile“ sich weiter verschlechtern.

Die Zahl der aus Gemeinwohlgedanken motivierbaren

Kandidaten für ein solches Gremium dürfte auf die Dauer

nicht ausreichen, um zu einer adäquaten Besetzung von

Aufsichtsräten von Kreditinstituten zu kommen.

» DOC-ID: W1007449

»Gerd Häusler

Vorsitzender desAufsichtsrats derBayernLB, München

Mitglied desAufsichtsrats derMunichRe, München

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» Bankenaufsichtsrat: quo vadis?

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ANALYSE

Datenschutz undDatensicherheit imCloud Computing

Ein Framework zur Beurteilung von Cloud-Services

Von Michael Adelmeyer, M.Sc., CISA, Dr. Marc Walterbusch,

Julian Lang, M.Sc., und Prof. Dr. Frank Teuteberg

Unternehmen können durch den Einsatz von Cloud Computing Effizienz- bzw. Wett-

bewerbsvorteile realisieren. Das Vertrauen der Praxis in diese Technologie ist je-

doch nicht uneingeschränkt, vor allem im Hinblick auf Datenschutz und Daten-

sicherheit gibt es Vorbehalte. Durch Audits und damit einhergehende Zertifizierun-

gen kann die Einhaltung grundlegender und definierter Standards bescheinigt

werden; allerdings sind die Anforderungen an einen Cloud-Service spezifisch, und

der Markt bestehender Standards und Zertifikate für Cloud-Services ist heterogen.

Dies stellt den Wirtschaftsprüfer vor die Herausforderung, Datensicherheit und

Datenschutz in der Cloud und die daraus entstehenden Risiken angemessen zu be-

urteilen. Zu diesem Zweck wird ein allgemeines Framework vorgestellt.

1 Einleitung

Cloud Computing wird als eine der wich-

tigsten strategischen IT-Technologien an-

gesehen, mit dem Potential, das klassische

IT-Outsourcing zu revolutionieren.1 Zwar

können Effizienzsteigerungen durch Kos-

teneinsparungen und eine verbesserte

Prozessleistung bei Verwendung von

Cloud Computing realisiert werden, Un-

ternehmen vertrauen dieser Technologie

jedoch noch nicht umfassend.2 Ein Grund

dafür ist vor allem die Abgabe der direk-

ten Kontrolle über Risiken im Bereich IT-

Sicherheit, Verfügbarkeit und Daten-

schutz,3 welche teils gravierendes Scha-

denpotential für Unternehmen bergen.4

Die Übermittlung von Daten in eine Cloud

geht mit einem weitgehenden Kontroll-

verlust über die Daten und ihren Spei-

l1 Vgl. Lansing/Schneider/Sunyaev, in: ECIS 2013 Proceedings, 2013, S. 2.l2 Vgl. Walterbusch/Martens/Teuteberg, in: ECIS 2013

Proceedings, 2013, S. 1ff.l3 Vgl. Schneider/Sunyaev, Cloud-Service-Zertifizierung, Berlin/Heidelberg 2015, S. V.l4 Vgl. Bagban/Nebot,

HMD 2014, S. 272f.

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MANAGEMENT

&BERATUNG

Keywords:

Cloud Computing

Datenschutz

Datensicherheit

Zertifizierung

IT-Audit

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cherort einher. Daher muss den daraus resultierenden

Akzeptanzproblemen mit dem Erzeugen von Vertrauen in

die Technologie und Dienstleister durch Schaffung von

Transparenz entgegengewirkt werden.5 Die Zertifizierung

von Cloud-Service-Anbietern hinsichtlich der Erfüllung

definierter Datenschutz- und Datensicherheitskriterien

kann als ein Instrument zur Vertrauensbildung und Risi-

koeinschätzung fungieren.6

Die aus unzureichenden Datenschutz- und Datensicher-

heitsmaßnahmen resultierenden Risiken für die Ord-

nungsmäßigkeit der Rechnungslegung sind für den Wirt-

schaftsprüfer von besonderer Bedeutung.7 Angesichts

der eingeschränkten Vergleichbarkeit bestehender Au-

dits und Zertifizierungen wird im Folgenden ein generi-

scher Ansatz in Form eines Frameworks zur Bewertung

des Datenschutzes und der Datensicherheit von Cloud-

Services vorgestellt.

2 Begriffliche Grundlagen

2.1 Datenschutz und Datensicherheit

Die Begriffe „Informationssicherheit“, „Datensicherheit“

und „Datenschutz“ sind in Praxis und Fachliteratur nicht

eindeutig bzw. trennscharf definiert.8 Im Folgenden wird

der Abgrenzung des Bundesamts für Sicherheit in der In-

formationstechnik (BSI) gefolgt:9

Informations- bzw. Datensicherheit

Die Informations- bzw. Datensicherheit (im Folgenden:

Datensicherheit) bezeichnet den Schutz von Informatio-

nen und Daten hinsichtlich gegebener Anforderungen an

die drei Hauptschutzziele der Vertraulichkeit, Verfügbar-

keit und Integrität10 sowie an die Authentizität (Echtheit

und Glaubwürdigkeit), Verbindlichkeit/Nichtabstreitbar-

keit und Zurechenbarkeit.11 Weiter gefasst kann im Fokus

der Betrachtung der Datensicherheit die gesamte IT-Si-

cherheit (Schutz vor Risiken durch den Einsatz von IT-Sys-

temen auf Unternehmen und deren Werte) liegen.12

Datenschutz

Datenschutz (vor allem i.S. des Bundesdatenschutzgeset-

zes, BDSG) bezeichnet den Schutz personenbezogener Da-

ten vor Missbrauch durch Dritte,13 wobei diese Daten als

„Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhält-

nisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen

Person (Betroffener)“14 definiert werden.

Die Maßnahmen zum Schutz personenbezogener Daten

und zum Schutz genereller Daten können jedoch ähnlich

oder gar identisch sein, weshalb Datenschutz und Daten-

sicherheit schwerlich getrennt voneinander zu betrach-

ten sind.15 Ein effektiver Datenschutz kann vielmehr nur

dann gewährleistet werden, wenn die notwendigen Maß-

nahmen zur Datensicherheit bzw. IT-Sicherheit im Allge-

meinen umgesetzt werden.16

2.2 Cloud Computing

2.2.1 Definition

Für den Begriff Cloud Computing existiert keine etablierte

und universal gültige Definition, als De-facto-Standard gilt

jedoch die Definition des National Institute of Standards

and Technology (NIST):17

Cloud Computing ist ein Modell, das ubiquitären und

bequemen Netzwerkzugriff bei Bedarf auf einen geteil-

ten Pool von konfigurierbaren Rechenressourcen (z.B.

Netzwerke, Server, Speicher, Anwendungen und

Dienstleistungen) gewährleistet, die schnell und mit

minimalem Verwaltungsaufwand oder Interaktion mit

dem Dienstleister zur Verfügung gestellt und wieder

freigegeben werden können.

Der Definition liegen fünf Eigenschaften einer Cloud zu-

grunde: selbständige Bereitstellung bei Bedarf, unabhängi-

ger Zugriff, Ressourcenbündelung, dynamische Skalier-

barkeit sowie nutzungsbasierte Abrechnung und Kontrol-

Zertifizierungen können als Instrument

zur Vertrauensbildung fungieren, be-

trachten jedoch nicht notwendigerweise

die Risiken für die Ordnungsmäßigkeit

der Rechnungslegung.

l5 Vgl. Rübsamen/Reich, in: On the Move to Meaningful Internet Systems: OTM 2013 Conferences, 2013, S. 403f.l6 Vgl. Borges, DuD 2014; Doelitzscher u.a., in: Pearson/Yee (Hrsg.),

Privacy and Security for Cloud Computing, London 2013, S. 125.l7 Vgl. Heese, WPg 12/2010, S. I.l8 Vgl. Eckert, IT-Sicherheit, 9. Aufl., München 2014, S. 6.l9 Vgl. BSI (Hrsg.), Leit-

faden Informationssicherheit, 2012, S. 14; für eine eingehendere Differenzierung siehe z.B. Eckert, a.a.O. (Fn. 8), S. 1ff.l10 Vgl. BSI (Hrsg.), a.a.O. (Fn. 9), S. 14.l11 Vgl. Eckert, a.a.O.

(Fn. 8), S. 7 ff.l12 Vgl. Weiss, DuD 2014, S. 173.l13 Vgl. BSI (Hrsg.), a.a.O. (Fn. 9), S. 14.l14 § 3 Abs. 1 BDSG.l15 Vgl. Hansen, in: Borges/Schwenk (Hrsg.), Daten- und Identitätsschutz in

Cloud Computing, E-Government und E-Commerce, Heidelberg 2012, S. 82.l16 Vgl. Quiring-Kock, DuD 2012, S. 832.l17 Vgl. Mell/Grance, The NIST definition of cloud computing,

Special Publication 800–145, 2011, S. 2.

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» Datenschutz und Datensicherheit im Cloud Computing

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le. Cloud Computing ist dabei keine neue Technologie, son-

dern kombiniert bekannte und etablierte Technologien

wie Virtualisierung und Infrastructure Management.18

2.2.2 Service-Modelle

Die in der Schichtenarchitektur in Übersicht 1 dargestell-

ten drei Service-Modelle basieren auf einer Cloud-Infra-

struktur.

Das Spektrum der Bereitstellung reicht von Anwen-

dungen (Software as a Service, SaaS) über Hosting-Um-

gebungen, auf denen z.B. Software betrieben werden

kann (Platform as a Service, PaaS), bis hin zu grundle-

genden Ressourcen wie Speicher-, Rechen- oder Netz-

werkkapazitäten (Infrastructure as a Service, IaaS).19

Die Cloud-Infrastruktur besteht aus einer physischen

Schicht, die den Pool an Hardwareressourcen enthält,

und einer Abstraktionsschicht, die Software beinhaltet,

die die zugrunde liegende physische Schicht steuert

(z.B. Virtualisierungssoftware).20

Bei jedem der drei dargestellten Service-Modelle kann der

Benutzer die zugrunde liegende Infrastruktur weder ver-

walten noch kontrollieren, sondern nur im Rahmen der

ihm zur Verfügung gestellten Abstraktionsebene agie-

ren.21 Je höher der Abstraktionsgrad in Bezug auf die

Cloud-Infrastruktur und damit die Komplexität des Ser-

vices ist, desto geringer sind somit die Kontrollmöglich-

keiten des Anwenders innerhalb einer Cloud.

2.2.3 Bereitstellungsmodelle

Beim Nutzerkreis, innerhalb des-

sen ein Cloud-Computing-Service

verfügbar ist, wird zwischen drei

unterschiedlichen Bereitstellungs-

modellen und einer Kombination

aus mehreren dieser Modelle

(Hybrid Cloud) differenziert:22

» Eine Private Cloud wird

exklusiv für eine einzelne

Organisation bereitgestellt und

von dieser Organisation selbst,

einem Drittanbieter oder einer

Kombination aus beiden

verwaltet und betrieben.

» Community Clouds werden

von einer definierten Gruppe

(z.B. verschiedene Organi-

sationen) mit geteilten

Interessen genutzt.

» Eine Public Cloud ist der breiten

Öffentlichkeit zugänglich.

Je breiter der Nutzerkreis der Cloud ist, desto größer

sind die realisierbaren Skaleneffekte. Indes nehmen in

gleichem Maße die Kontrollmöglichkeiten des einzelnen

Nutzers ab.23

3 Datenschutz und Datensicherheit in der Cloud

3.1 Risiken beim Einsatz von Cloud-Services

Je nach Service- bzw. Bereitstellungsmodell muss eine für

den Anwendungsfall individuelle Betrachtung und Bewäl-

tigung der Risiken erfolgen.24 So ergeben sich bei der Nut-

zung von Private Clouds in den Grenzen des Unterneh-

Platform as a Service

Infrastructure as a Service

Software

as a Service

Cloud-Infrastruktur

Abstraktionsschicht

Hardwareschicht

Kontrolle

Komplexität

Übersicht 1 » Service-Modelle und Cloud-Infrastruktur

l18 Vgl. Doelitzscher u.a., a.a.O. (Fn. 6), S. 126.l19 Vgl. Mell/Grance, a.a.O. (Fn. 17), S. 3.l20 Vgl. Youseff/Butrico/Da Silva, in: Grid Computing Environments Workshop, 2008, S. 4.

l21 Vgl. Mell/Grance, a.a.O. (Fn. 17), S. 2.l22 Vgl. Mell/Grance, a.a.O. (Fn. 17), S. 3.l23 Vgl. Lampe u.a., in: AMCIS 2012 Proceedings, 2013, S. 2.l24 Vgl. Schneider/Sunyaev, a.a.O.

(Fn. 3), S. 9.

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MANAGEMENT

&BERATUNG

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mens grundsätzlich keine neuen Probleme.25 Bei einer

Auslagerung von betrieblichen Funktionen z.B. in eine

Public Cloud verbleibt die Verantwortung für die Einhal-

tung der gesetzlichen Anforderungen an die Ordnungsmä-

ßigkeit der Rechnungslegung jedoch beim auslagernden

Unternehmen.26 Die Einhaltung der in IDW RS FAIT 127

formulierten Anforderungen an die Sicherheit und Ord-

nungsmäßigkeit sowie der gesetzlichen Anforderungen,

vor allem der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung

(§ 239 Abs. 4 HGB), gelten in diesem Kontext uneinge-

schränkt, unabhängig vom eingesetzten Service- und Be-

reitstellungsmodell.28 Zentrale Voraussetzung für die Ein-

haltung der Ordnungsmäßigkeitsanforderungen ist daher

die Einhaltung der Sicherheitsanforderungen für rech-

nungslegungsbezogene Daten.29

Bei der Auslagerung von betrieblichen Prozessen und

Funktionen sind Cloud-spezifische Risiken – vor allem für

die Vertraulichkeit, Verfügbarkeit und Integrität der Da-

ten – zu berücksichtigen. Sofern der Cloud-Dienstleister

i. S. von § 11 Abs. 1 BDSG als Auftragnehmer personenbe-

zogene Daten verarbeitet, hat sich das auslagernde Un-

ternehmen in diesem Rahmen regelmäßig von der Ein-

haltung der Ausgestaltung entsprechender technischer

und organisatorischer Maßnahmen zu überzeugen.30 Or-

ganisatorische Risiken bei der Auslagerung in eine Cloud

entstehen vor allem durch den Kontrollverlust des Kun-

den hinsichtlich der Überwachung des Cloud-Services so-

wie durch Unklarheiten bei der Verteilung von Verant-

wortlichkeiten.31 Umfangreiche technische Risiken erge-

ben sich aus der Architektur und der Integration von

Cloud-Services. So können durch Schwachstellen in der

Virtualisierung oder den geteilten Ressourcenpool der

Multi-Mandanten-Architektur unberechtigte Zugriffe auf

Daten erfolgen.32

Der Verlust der Kontrolle über den Speicherort durch dy-

namische Ressourcenallokation und Verschiebung der

Daten führt vor allem zu Risiken für die Integrität und

Vertraulichkeit.33 Zudem entstehen hierdurch Risiken hin-

sichtlich der Erfüllung der Aufbewahrungspflichten

(§ 257 HGB) und die Sicherheits- und

Ordnungsmäßigkeitsanforderungen zur

Speicherung von Daten (§§ 238ff. HGB).

Dies gilt besonders dann, wenn die Da-

ten über mehrere Länder verteilt ge-

speichert werden.34 Mangels einheitli-

cher Standards und Gesetze kommt es

zu rechtlichen Risiken bezüglich der

Einhaltung von Compliance-Anforde-

rungen. Bei der Übertragung der Daten über herkömmli-

che Technologien wie das Internet muss stets auch eine

hinreichende Absicherung der Daten sowie Bandbreite

des Anschlusses gewährleistet sein.35 Weitere Risiken für

die Ordnungsmäßigkeit sind z.B. Risiken für die Vollstän-

digkeit und Zeitgerechtheit, sofern Geschäftsvorfälle und

Daten im Rahmen der Auslagerung in eine Cloud unvoll-

ständig oder verspätet bearbeitet werden. Aber auch die

funktionalen Anforderungen des Buchführungsverfah-

rens – z.B. die Beleg-, Journal- und Kontenfunktion und

vor allem die Dokumentation des Verfahrens – unterlie-

gen bei der Auslagerung in eine Cloud gesonderten, er-

höhten Risiken.36

Die Risiken, die sich aus dem Einsatz von Cloud-Services

ergeben, sind vielfältig und individuell.37 Das auslagernde

Unternehmen muss die vertraglichen Regelungen sowie

die Gestaltung und Wirksamkeit des internen Kontrollsys-

tems (IKS) im Hinblick auf die ausgelagerten Funktionen

gewährleisten, z.B. durch entsprechende Audits oder Zer-

tifikate.38 Dies kann sich jedoch als schwierig gestalten, so-

fern der Cloud-Dienstleister wiederum weitere Cloud-Sub-

dienstleister in Anspruch nimmt, für die ein Kontroll-

Bei der Auslagerung von betrieblichenProzessen und Funktionen in eine Cloudentstehen gesonderte Risiken, die individuellzu betrachten sind.

l25 Vgl. Heese, WPg 12/2010, S. I.l26 IDW Stellungnahme zur Rechnungslegung: Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung bei Auslagerung von rechnungslegungsrelevanten Prozessen

und Funktionen einschließlich Cloud Computing (IDW RS FAIT 5), Tz. 45.l27 IDW Stellungnahme zur Rechnungslegung: Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung bei Einsatz von Infor-

mationstechnologie (IDW RS FAIT 1).l28 Vgl. IDW RS FAIT 5, Tz. 19ff.l29 Vgl. IDW RS FAIT 1, Tz. 19 i.V. mit Tz. 23ff.l30 Vgl. IDW RS FAIT 5, Tz. 43f.l31 Vgl. Schneider/Sunyaev, a.a.O.

(Fn. 3), S 10f.; IDW RS FAIT 5, Tz. 23f.l32 Vgl. Schneider/Sunyaev, a.a.O. (Fn. 3), S 11; IDW RS FAIT 5, Tz. 26.l33 Vgl. IDW RS FAIT 5, Tz. 29f.l34 Vgl. IDW RS FAIT 5, Tz. 36 und 39.

l35 Vgl. Schneider/Sunyaev, a.a.O. (Fn. 3), S. 12; IDW RS FAIT 5, Tz. 26ff.l36 Vgl. IDW RS FAIT 5, Tz. 34ff.l37 Für eine detaillierte Betrachtung siehe z. B. Schneider/Sunyaev, a.a.O.

(Fn. 3), S 9 ff. sowie IDW RS FAIT 5, Tz. 22ff.l38 Vgl. IDW RS FAIT 5, Tz. 46, i.V. mit Hansen, a.a.O. (Fn. 15), S. 89f.

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bzw. Prüfrecht unter Umständen nicht oder nicht vollum-

fänglich gilt. Die Revisionssicherheit von Cloud-Services

ist folglich nicht uneingeschränkt gewährleistet.39

3.2 Datenschutz- und Datensicherheitsaudits

Neben Kontrollen durch den Nutzer haben auch Cloud-

Dienstleister ein Interesse an einem Datenschutz- bzw.

Datensicherheitsaudit, um z.B. Wettbewerbsvorteile zu

realisieren oder eine Nutzungsentscheidung zu vereinfa-

chen.40 Dafür sind z.B. unabhängige Audits bzw. Zertifi-

zierungen des Dienstleisters notwendig.41 Deren Akzep-

tanz hängt im Wesentlichen von den Faktoren Freiwillig-

keit, Vergleichbarkeit und Skalierbarkeit ab.42

Datenschutz- und Datensicherheitsaudit agieren dabei

aus zwei verschiedenen Perspektiven: Während der Da-

tenschutz primär auf die Wahrung der Integrität von

Personen fokussiert, zielt die Datensicherheit auf die

Sicherung des Betriebs einer Organisation ab.43 Da sich

die Anforderungen der Daten- bzw. IT-Sicherheit in

der Praxis kaum von denen des Datenschutzes trennen

lassen, ist es notwendig, ein Datenschutzmanagement-

system (DSMS) auf einem Informationssicherheitsmana-

gementsystem (ISMS) aufzubauen.44 Die Anforderungen

an ein solches System können sich z.B. am Standard

ISO/IEC45 27001 orientieren. Dabei ist zu beachten, dass

ISO/IEC 27001 primär auf generelle Datensicherheits-

aspekte fokussiert, weshalb Cloud-spezifische Umset-

zungsempfehlungen – z.B. nach ISO/IEC 27017 bzw.

27018 – in die Betrachtung integriert werden müssen.

ISO/IEC 27001 bleibt allerdings als prägender Faktor für

den Aufbau eines DSMS bestehen. Im Fokus des Da-

tenschutzaudits liegt die Überprüfung, ob das DSMS mit

der vom Unternehmen definierten Datenschutzpolitik

und dem Datenschutzprogramm im Einklang steht und

die einschlägigen, gesetzlichen Datenschutzvorschriften

eingehalten werden.46

Beim Datensicherheitsaudit als Teil eines IT-Sicherheits-

audits geht die Betrachtung über die personenbezogenen

Daten hinaus. So wird der Datenschutz in IDW RS FAIT 5

als Teilrisiko im Rahmen der rechtlichen Risiken nachran-

gig betrachtet.47 Vor allem bei Cloud-spezifischen Zertifi-

zierungen – z.B. auf der Basis von ISO/IEC 27001 – muss

aber vorher der Anwendungsbereich (Scope) eines sol-

chen Audits festgelegt werden. Dieser ist i.d.R. nicht mit

dem Zielsystem von Prüfungen, deren Ergebnisse im Rah-

men von Abschlussprüfungen Verwendung finden (z.B.

IDW PS 951 oder ISAE 3402), vergleichbar.48

Eine Entsprechung der Anforderungen an die Ordnungs-

mäßigkeit der Buchführung ist nicht zwingend gegeben.

Durch eine solche Zertifizierung kann somit in erster Li-

nie lediglich „ein gewisser Grad an Professionalität des

Anbieters“ gefolgert werden.49 Werden jedoch bei der Be-

urteilung von Risiken Prüfungsergebnisse Dritter heran-

gezogen, ist eine qualifizierte und unabhängige Beurtei-

lung eines Cloud-Services unerlässlich.50

3.3 Überblick über ausgewählte Cloud-

spezifische Initiativen, Standards, Richtlinien

und Zertifizierungen

Es existiert eine Vielzahl von Standards und Zertifizierun-

gen für Cloud-Services, die sich jedoch zum Teil hinsicht-

lich Fokus, Audit-Prozess und zugrunde liegender Kon-

trollen unterscheiden.51 Im Folgenden wird eine Auswahl

von wichtigen Initiativen, Standards, Richtlinien und Zer-

tifizierungen vorgestellt.52

EuroCloud

Der Verband EuroCloud ist ein europäischer Verband

mehrerer Landesorganisationen, der eine differenzierte

Betrachtung der konkreten Anforderungen der jewei-

ligen nationalen Gesetzgebung ermöglicht.53 Der Ver-

band verfolgt das Ziel, durch Berücksichtigung des

Cloud-spezifischen Umfelds Transparenz für den Ein-

satz von Cloud-Dienstleistungen zu schaffen.54 Dazu

wurde die Zertifizierung EuroCloud Star Audit ent-

wickelt, die je nach Umsetzungsgrad der Vorgaben

mehrstufig vergeben wird.55

l39 Vgl. Leupold, in: Leupold/Glossner (Hrsg.), Münchener Anwaltshandbuch IT-Recht, 3. Aufl., München 2013, Rn. 35f.l40 Vgl. Diek, in: Bäumler/von Mutius (Hrsg.), Datenschutz als

Wettbewerbsvorteil, Braunschweig/Wiesbaden 2002, S. 158f.l41 Vgl. Eckhardt, in: Borges/Schwenk (Hrsg.), a.a.O. (Fn. 15), S. 106f.; Weichert, DuD 2010, S. 683.l42 Vgl. Hammer/

Schuler, DuD 2007, S. 78ff.l43 Vgl. Rost, DuD 2012, S. 434.l44 Vgl. Quiring-Kock, DuD 2012, S. 832. ff. Beispielsweise auf Basis der IT-Grundschutz-Kataloge.l45 International Organi-

zation for Standardization/International Electrotechnical Commission.l46 Vgl. Roßnagel, Datenschutzaudit, Wiesbaden 2000, S. S. 68.l47 Vgl. IDW RS FAIT 5, Tz. 43.l48 Vgl. Knoll,

HMD 2013, S. 10f.l49 Weiss, DuD 2014, S. 173.l50 Vgl. Heese, WPg 12/2010, S. I.l51 Vgl. Schneider/Lansing/Gao, in: HICSS 2014 Proceedings, 2014, S. 4998.l52 Für eine Übersicht

existierender Zertifizierungen siehe z.B. Schneider u.a., Industrie Management-Zeitschrift für industrielle Geschäftsprozesse 2013, S. 14.l53 Vgl. Müller, Studie „Cloud Labeling“,

2013, S. 17.l54 Vgl. Weiss, DuD 2014.l55 Vgl. Weiss, DuD 2014, S. 173f.

| 01.2017 | 39

MANAGEMENT

&BERATUNG

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Cloud Security Alliance

Die Cloud Security Alliance (CSA) ist eine internationale

Koalition aus Unternehmen und Interessensgruppen zur

Erarbeitung von Richtlinien für Sicherheit im Cloud Com-

puting.56 Als zentrale Publikationen sind vor allem die

Cloud Control Matrix sowie die CSA Security Guidance for

Critical Areas of Focus in Cloud Computing zu nennen.57

Ferner hat die CSA ein dreistufiges Zertifizierungsmodell

entwickelt, auf dessen zweiter Stufe Cloud-Anbieter auf

der Basis von ISO/IEC 27001 sowie der Cloud Control Mat-

rix durch einen 3rd Party Audit geprüft werden.58

ISO/IEC 270xx

Zentrale Norm der Reihe ISO/IEC 270xx ist ISO/IEC 27001

als De-facto-Basisstandard für das Management von Infor-

mationssicherheit. Um die Besonderheiten der Daten-

sicherheit und des Datenschutzes im Cloud Computing an-

gemessen zu berücksichtigen,

wurden die Normen ISO/IEC

27017:2015 für Datensicher-

heit sowie ISO/IEC 27018:2014

für Datenschutz in Public

Clouds veröffentlicht.

IDW RS FAIT 5

IDW RS FAIT 5 (Stand: 04.11.

2015) befasst sich mit den

Spezifika von Cloud Compu-

ting bei der Auslagerung von rechnungslegungsrelevan-

ten Prozessen und Funktionen. Dargestellt werden vor al-

lem Verantwortung und Gestaltung des IKS beim IT-Out-

sourcing mit Blick auf die Risiken, die sich aus dem

Einsatz von Cloud Computing für die Ordnungsmäßigkeit

der Buchführung ergeben.

4 Framework zur Bewertung von Cloud-Services

Mangels einheitlicher Standards und Zertifizierungen ist

ein allgemeines Herangehen an die Bewertung von Da-

tenschutz und Datensicherheit als Basis für die Be-

wertung der Ordnungsmäßigkeit in diesem Kontext er-

forderlich. Aufgrund des Fehlens einer einheitlichen

gesetzlichen Regelung für Datenschutzaudits existieren

vor allem hier verschiedene Ausprägungsformen.59 Da

ein effektiver Datenschutz nur dann gewährleistet wer-

den kann, wenn die notwendigen Maßnahmen zur Da-

tensicherheit umgesetzt werden, ist beides gemeinsam

zu betrachten.60 Dazu wurde auf der Basis von Literatur-

recherchen und Interviews mit erfahrenen Auditoren

ein Framework zur Herangehensweise an die Bewer-

tung der Maßnahmen von Cloud-Service Providern hin-

sichtlich Datenschutz und Datensicherheit entwickelt

und evaluiert.61

Das Framework teilt sich in die Submodelle Legal Compli-

ance Model, Privacy and Security Compliance Model so-

wie Privacy and Security Control Model auf (Übersicht 2).

Legal Compliance Model

Das Legal Compliance Model umfasst die Ermittlung der ge-

setzlichen Vorgaben, an die sich Cloud-Computing-Dienst-

leister und Kunden bei der

Auslagerung von rechnungs-

legungsrelevanten Funktio-

nen oder der Verarbeitung

von personenbezogenen Da-

ten halten müssen. Das Mo-

dell fokussiert auf die Gesetz-

gebung in Deutschland, der

EU und den USA. Als fürWirt-

schaftsprüfer zentrale Vorga-

ben beim Einsatz und der

Auslagerung von rechnungslegungsrelevanten Prozessen

und Funktionen in eine Cloud sind die Sicherheits- und

Ordnungsmäßigkeitsanforderungen gemäß IDW RS FAIT 5

i.V. mit IDW RS FAIT 1 angeführt. Je nach zugrunde liegen-

dem Service- bzw. Bereitstellungsmodell ist die Einhaltung

dieser Verlautbarungen individuell zu bewerten.

Privacy and Security Compliance Model

Dieses Modell beschreibt neben Datenschutzkriterien

auch die Datensicherheit als Grundlage für effektiven Da-

tenschutz und betrachtet beispielhaft u.a. aus Gesetzen

und Standards abgeleitete Anforderungen. In diesem

Schritt werden konkrete Anforderungen an Datenschutz

und Datensicherheit ermittelt. Eine Orientierung bei der

Ableitung weiterer Kriterien mit Fokus auf der Ordnungs-

Das Fehlen einheitlicher

Standards und Zertifizierungen

zur Bewertung von Datenschutz

und Datensicherheit in der Cloud

erfordert eine allgemeine

Herangehensweise.

l56 Vgl. Weichert, DuD 2010, S. 687.l57 CSA, Security Guidance for Critical Areas of Focus in Cloud Computing v3.0, 2013; CSA, Cloud Controls Matrix v3.0, 2011.l58 Vgl. Doubrava/

Münch, in: Leupold/Glossner (Hrsg.), a.a.O. (Fn. 39), Rn. 67ff.l59 Vgl. Mester, DuD 2014, S. 198.l60 Vgl. Quiring-Kock, DuD 2012, S. 832.l61 Beide Interview-Partner besitzen im

Bereich Datenschutzprüfungen langjährige Erfahrung bei einer führenden Big-Four-Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Ein Interview-Partner ist zudem über mehrere Jahre als Daten-

schutzbeauftragter beschäftigt gewesen. Die Experteninterviews wurden qualitativ analysiert; die Interviews wurden im August 2014 durchgeführt.

40 | 01.2017 |

» Datenschutz und Datensicherheit im Cloud Computing

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mäßigkeit der Rechnungslegung können in diesem Kon-

text etwa IDW PS 330 oder IDW PS 880 (beim Einsatz von

SaaS) i.V. mit IDW RS FAIT 5 oder bestehende Anforde-

rungskataloge62 bilden.

Privacy and Security Control Model

In diesem Modell werden beispielhaft Kontrollen aufge-

zeigt, mit deren Implementierung ein Cloud-Computing-

Anbieter den wichtigsten Kriterien gerecht werden

kann. Vor allem aufgrund der Vielzahl von Kriterien ist

eine ganzheitliche Betrachtung aller Regularien, Krite-

rien und Kontrollen im Modell jedoch nicht praktikabel,

sondern nur individuell und branchenspezifisch mög-

lich. Bestehende Kontroll-Frameworks sowie eventuell

vorliegende Prüfberichte sind daraufhin zu untersuchen,

ob die für die Auswirkungen von Datenschutz- und Da-

Legal Compliance Model

Ermittlung gesetzlicher

und regulatorischer

Anforderungen

Privacy and Security

Compliance Model

Ermittlung konkreter

Anforderungen an

Datenschutz und

Datensicherheit

Privacy and Security

Control Model

Bewertung des Cloud-

Computing-Anbieters

anhand seiner Umsetzung

von Kontrollen

EU-Standardvertragsklauseln, Binding Corporate Rules, EU-US Privacy Shield, Berücksichtigung

nationaler Gesetze und des Standorts der verantwortlichen Stelle

Sicherheits- und Ordnungsmäßigkeitsanforderungen (IDW RS FAIT 5 i.V. mit IDW RS FAIT 1)

Allgemeine Anforderungen (Vollständigkeit, Richtigkeit, Zeitgerechtheit,

Ordnungsmäßigkeit, Nachvollziehbarkeit, Unveränderlichkeit), Beleg-, Journal-,

Kontenfunktion, Dokumentation, Aufbewahrungspflichten

Grenzüberschreitende Datenübermittlung/Auftragsdatenverarbeitung

Sicherstellung eines angemessenen Datenschutz- und Datensicherheitsniveaus

Branchenspezifika

z.B. Bankenwesen, Medizin, Telekommunikation

Deutschland

HGB, GoBD, AO, BDSG

Europäischer

Wirtschaftsraum

RL 2006/43/EG, RL 95/46/EG,

Verordnung 2016/679

USA/Drittstaat

E-Discovery, Sarbanes-Oxley Act,

Patriot Act, US Federal/State Laws

Compliance Management

Datenschutz-Kultur

Datenschutz-Ziele

Datenschutz-Risiken

Datenschutz-Organisation

Datenschutz-Programm

Datenschutz-Kommunikation

Datenschutz-Überwachung

Datenschutzanforderungen

Subunternehmer

Service Level Agreements

Incident Response

Kontrollrechte, Audit

und Zertifizierung

Vertragsgestaltung

Vertragsbeendigung

Anbieter- und Datenlokation

Datensicherheitsanforderungen

Datensicherung und

-wiederherstellung

Anwendungssicherheit

Datenübermittlung

Security Incident Management

Sicherheitsmanagement

Zugriffsschutz

Rechenzentrumssicherheit

Compliance

Controls

Controls und Frameworks

NIST Privacy and Security Controls

ISO/IEC 27001/27017/27018 Controls

Service Organization Controls (SOC 2), SSAE 16 / ISAE 3402 / IDW PS 951

Cloud Security Alliance – Cloud Control Matrix

COSO/COBIT

ITIL

Übersicht 2 » Framework zur Bewertung eines Cloud-Services hinsichtlich Datenschutz und Datensicherheit

l62 Für eine eingehendere Betrachtung von Anforderungen an Cloud-Dienste siehe etwa „Anforderungskatalog Cloud Computing“ des Bundesamts für Sicherheit in der Informations-

technik (https://www.bsi.bund.de; Abruf: 18.07.2016).

| 01.2017 | 41

MANAGEMENT

&BERATUNG

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tensicherheitsrisiken auf die Rechnungslegung rele-

vanten Bereiche adäquat abgedeckt werden.63 Ziel des

Frameworks ist es daher zu verdeutlichen, in welcher

Reihenfolge eine Bewertung vorgenommen werden

kann und welche Kriterien zu beachten sind; dazu wird

das komplexe Thema Datenschutz und Datensicherheit

im Cloud Computing kategorisiert.

5 Fazit und Ausblick

Zur Zertifizierung des Datenschutzes und der Sicherheit

von Cloud-Dienstleistern existieren verschiedene Ansät-

ze.64 Vor allem bei den in letzter Zeit entstandenen Cloud-

spezifischen Standards und Verfahren – z.B. ISO/IEC

27017 und 27018 – bleiben indes ihre Akzeptanz, Verbrei-

tung und Aussagekraft – vor allem für die Wirtschaftsprü-

fung – abzuwarten und kritisch zu beurteilen. Das hier

vorgestellte Framework bietet vor dem Hintergrund hete-

rogener Audits und Zertifikate eine Möglichkeit, die As-

pekte des Datenschutzes und der Datensicherheit zu beur-

teilen. Zu beachten ist, dass die individuellen Gegebenhei-

ten der Auslagerung in eine Cloud (Standort des

Anbieters, Art der ausgelagerten Daten und Prozesse, Ser-

vice- und Bereitstellungsmodell etc.) bei der Anwendung

berücksichtigt werden müssen.

Besonders im Bereich des Datenschutzes und des grenz-

überschreitenden Datenverkehrs fehlen verbindliche Re-

gelwerke, die die Überprüfung der Umsetzung von Daten-

schutz- und Datensicherheitsmaßnahmen regeln. Die ge-

nauen Auswirkungen der am 27.04.2016 verabschiedeten

EU-Datenschutzgrundverordnung (ersetzt die Richtlinie

95/46/EG) sowie des Mitte Juli 2016 verabschiedeten EU-

US Privacy Shield als Ersatz für das Safe-Harbor-Abkom-

men65 sind ferner noch unklar.

Die beschriebene Situation bietet dem Berufsstand der

Wirtschaftsprüfer z.B. die Chance, sich als 3rd Party Au-

ditor zu etablieren, etwa für bestehende Zertifikate. Auch

kann durch den damit einhergehenden Aufbau von Kom-

petenzen in diesem Bereich ein Mehrwert für die Ab-

schlussprüfung bzw. die Beratung geschaffen werden.66

Die Anforderungen an Datenschutz und Datensicherheit

werden von vielen Cloud-Services noch nicht im ausreich-

enden Maß erfüllt, so dass sich auch für die Wirtschafts-

prüfung relevante Risiken ergeben können.67 Dies macht

die Etablierung allgemein akzeptierter Standards erfor-

derlich, vor allem bei der Verwertung von Prüfungsergeb-

nissen Dritter. » DOC-ID: W1007265

»Michael Adelmeyer

Fachgebiet für Unter-nehmensrechnung undWirtschaftsinformatik,Universität Osnabrück

»Dr. Marc Walterbusch

Fachgebiet für Unter-nehmensrechnung undWirtschaftsinformatik,Universität Osnabrück

» Julian Lang

Pricewaterhouse-Coopers AGWirtschaftsprüfungs-gesellschaft, Osnabrück

»Prof. Dr. Frank Teuteberg

Fachgebiet für Unter-nehmensrechnung undWirtschaftsinformatik,Universität Osnabrück

l63 Vgl. Loczewski/General/Schwald, IT-Governance 2013, S. 7.l64 Vgl. Doubrava/Münch, a.a.O. (Fn. 58), Rn. 105.l65 Vgl. Riedel, WPg 2015, S. 1269; Bäuerle/Kessler, WPg 2016,

S. 1188.l66 Vgl. Diehl, in: Bericht über die IDW Fachtagung 1997, Düsseldorf 1998, S. 195ff.l67 Vgl. Hansen, a.a.O. (Fn. 15), S. 93.

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» Datenschutz und Datensicherheit im Cloud Computing

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Steuern & Recht

KOMPAKT

VERSCHWIEGENHEIT DES WP

Umsetzung des neuen EU-Datenschutzrechts

Die EU-Datenschutz-Grundverordnung (VO EU 2016/679)

– im Folgenden DS-GVO – ist am 24.05.2016 in Kraft ge-

treten; sie wird ab dem 25.05.2018 in der EU unmittelbar

Geltung erlangen. Damit soll ein einheitliches Daten-

schutzniveau in der EU geschaffen werden. Bis dahin

muss der deutsche Gesetzgeber Regelungsaufträge, die

die Verordnung enthält, erfüllen. Außerdem kann er in

bestimmten Bereichen Spielräume, die die Verordnung in

Form von Öffnungsklauseln gelassen hat, nutzen. Des

Weiteren haben die EU-Mitgliedstaaten die Datenschutz-

richtlinie (EU) 2016/680 umzusetzen.

Um ein reibungsloses Zusammenspiel der DS-GVO und

der Richtlinie (EU) 2016/680 mit dem stark ausdifferen-

zierten deutschen Datenschutzrecht sicherzustellen, ist

es nach Auffassung des Bundesministeriums des Inne-

ren (BMI) erforderlich, das bisherige Bundesdaten-

schutzgesetz (BDSG) abzulösen. Das BMI hat deshalb am

23.11.2016 den „Referentenentwurf eines Datenschutz-

Anpassungs- und -Umsetzungsgesetzes EU“ zur Anhö-

rung vorgelegt.

Europäische und nationale Rechtsgrundlagen im

Überblick

» Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen

Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum

Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung

personenbezogener Daten, zum freien Datenver-

kehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG

(Datenschutz-Grundverordnung), ABl. EU Nr. L 119

vom 04.05.2016, S. 1.

» Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parla-

ments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz

natürlicher Personen bei der Verarbeitung

personenbezogener Daten durch die zuständigen

Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung,

Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder

der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenver-

kehr und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses

2008/977/JI des Rates, ABl. EU Nr. L 119 vom 04.05.

2016, S. 89.

» (Entwurf für ein) Gesetz zur Anpassung des Daten-

schutzrechts an die Datenschutz-Grundverordnung

(Verordnung (EU) 2016/679) und zur Umsetzung

der Richtlinie (EU) 2016/680 (Datenschutz-Anpas-

sungs- und -Umsetzungsgesetz EU – DSAnpUG-EU).

IDW zum Entwurf des BMI zum Datenschutzrecht

Das IDW hat sich am 07.12.2016 in einer Eingabe an das

BMI zu diesem Referentenentwurf geäußert. Es setzt sich

darin mit konkreten Formulierungsvorschlägen für einen

umfassenden Schutz der beruflichen Verschwiegenheits-

pflicht des Wirtschaftsprüfers ein.

Zentrale Norm für den Berufsstand ist § 26 BDSG-E, der

Informations- und Auskunftsrechte von Personen, deren

Daten erhoben wurden („betroffene Personen“), zuguns-

ten der Verschwiegenheitspflicht von Berufsträgern ein-

schränkt. Außerdem schränkt § 26 Befugnisse von Auf-

sichtsbehörden ein.

» Die sog. Öffnungsklausel des Art. 23 Abs. 1 der DS-GVO

erlaubt Beschränkungen der verschiedenen Informa-

tions-, Auskunfts- und Korrekturrechte in den Art. 5, 12

bis 22 sowie 34 DS-GVO. Das BMI hat davon aber nur

in sehr eingeschränktem Umfang Gebrauch gemacht.

Das IDW hat für eine Ausweitung der Beschränkungen

plädiert und mit Bezug auf das weitreichende Informa-

tionsrecht der betroffenen Personen in Art. 13 DS-GVO

eine konkrete Formulierung vorgeschlagen.

| 01.2017 | 43

STEUERN&RECHT

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» Artikel 23 Abs. 1 Buchst. g DS-GVO erlaubt Beschrän-

kungen zum Schutz der „berufsständischen Regeln

reglementierter Berufe“. Da der Entwurf diese

Möglichkeit nicht erwähnt, hat das IDW den Bezug

auf Art. 23 Abs. 1 Buchst. g DS-GVO gefordert.

» Der Entwurf lässt offen, ob neben der gesetzlichen

Verschwiegenheitspflicht auch die vertragliche Ver-

schwiegenheitspflicht geschützt ist. Das IDW hat einen

Formulierungsvorschlag unter Einbeziehung der

vertraglichen Verschwiegenheitspflicht unterbreitet.

» Der Entwurf schränkt zwar begrüßenswerterweise die

Befugnisse der Aufsichtsbehörden im Umgang mit

Daten, die der Verschwiegenheitspflicht des Wirt-

schaftsprüfers unterliegen, ein. Allerdings ist die For-

mulierung nach Auffassung des IDW nicht klar genug.

» In diesem Zusammenhang bittet das IDW um Klar-

stellung, dass auch die Befugnisse der Strafverfolgungs-

behörden durch die berufsrechtliche Verschwiegen-

heitspflicht begrenzt sind (vgl. § 43 DS-GVO und § 97

StPO). » DOC-ID: W1007503

Mehr zum Thema

» Referentenentwurf des BMI mit Stand vom 23.11.2016 unter

www.idw.de (Stellungnahmenfrist: zwei Wochen).

» IDW Eingabe an das BMI vom 07.12.2016 (www.idw.de); zuvor

bereits IDW Eingabe vom 07.07.2016 (WPg 2016, S. 933).

REZENSION

Familienunternehmen und Unternehmerfamilien

Der deutsche Mittelstand wird ganz überwiegend von Familienunternehmen bestimmt. Nicht zuletzt deshalb wird die-

ser Typ eines Unternehmens als Rückgrat der deutschen Volkswirtschaft angesehen. Vor diesem Hintergrund analysiert

das aus 34 Personen bestehende Autorenteam betriebswirtschaftliche, gesellschaftsrechtliche und steuerliche Aspekte

von Familienunternehmen. Die Motivation zu diesem Kompendium erklärt sich dabei durch die Tatsache, dass das

unternehmerische Wirken eines Familienunternehmens nicht nur Einfl uss auf das Unternehmen und dessen betriebs-

wirtschaftlichen Erfolg hat, sondern auch auf den privaten Zusammenhalt der Familie als tragendem Element einwirkt.

Vor diesem Hintergrund geben die Autoren auf insgesamt 872 Seiten einen abstrakten Einblick in deutsche Unterneh-

merfamilien, der in praktischer Hinsicht auch auf den eigenen Beratungserfahrungen basiert. Ziel des Kompendiums ist

es, dem Leser eine praxisnahe Darstellung an die Hand zu geben und weitergehende Fragen durch umfassende Litera-

turhinweise zu erschließen.

Die insgesamt 16 Unterkapitel zur Abgrenzung der Familienunternehmen von anderen Unternehmen sowie zur Unter-

nehmerfamilie tragen zur fachlichen Qualität des Werks bei. Das Autorteam hat dabei den bis Mai 2016 geltenden

Wissensstand berücksichtigt. Nicht zuletzt aus diesem Grund kann das Werk jedem Benutzer, der sich mit betriebswirt-

schaftlichen, gesellschaftsrechtlichen und steuerlichen Fragen von Familienunternehmen beschäftigt, als aktuelles und

auch für fachübergreifende Studien geeignetes Werk empfohlen werden. Aufgrund der Fülle der verarbeiteten Informa-

tionen kann es dem mit diesem Thema vertrauten Anwender ebenso nahegelegt werden wie dem auf rein theoretischer

Basis befassten Wissenschaftler. » Wolfgang Schmidt

» Rechenberg, Wolf-Georg Freiherr von / Thies, Angelika / Wiechers, Heiko (Hrsg.): Handbuch Familienunternehmen und Unternehmer-

familien. – Stuttgart : Schäffer Poeschel Verlag 2016. – 872 S. – € 99,95

44 | 01.2017 |

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ANALYSE

Erstes Urteil des BAGzumMindestlohngesetz

Von RAin Jana Jocksch, LL.M., und RA Dr. Uwe Schlegel

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) klärt in seiner ersten Entscheidung zum Mindestlohngesetz

(MiLoG) eine Reihe grundlegender Rechtsfragen des noch jungen Gesetzes. Vor allem geht das

Gericht der Frage nach, inwieweit Sonderzahlungen auf den gesetzlichen Mindestlohn von bislang

8,50 Euro je Zeitstunde – ab dem 01.01.2017 wird sich der gesetzliche Mindestlohn auf 8,84 Euro

brutto/Stunde erhöhen – Anrechnung finden können. Wir möchten dem in unserem Beitrag nach-

gehen und aufzeigen, welche praktischen Konsequenzen dem Urteil des BAG folgen.

1 Einleitung

„Sonderzahlungen sind auf Mindestlohn anre-

chenbar.“ So titelte ZEIT ONLINE am 25.05.2016.1

Weiterhin heißt es in dem Beitrag: „Arbeitgeber

dürfen laut einem Urteil das Urlaubs- und Weih-

nachtsgeld heranziehen, um die Lohnuntergrenze

von 8,50 Euro zu erreichen.“ So oder so ähnlich

formulierten es Autoren der Tagespresse in einer

Vielzahl von Veröffentlichungen, wenn es um die

erste Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts

(BAG) zum Mindestlohngesetz (MiLoG) ging.2

Nachdem das Urteil des 5. Senats des BAG nun-

mehr mit Entscheidungsgründen veröffentlicht

worden ist, liest sich die Sache ein wenig anders.

Das war schon aufgrund der vorangegangenen

Pressemitteilung des BAG zu vermuten.3

2 Darlegungs- und Beweislast des Arbeit-

nehmers hinsichtlich tatsächlich geleisteter

Arbeitsstunden

Unter Hinweis auf § 1 Abs. 2 i.V. mit §§ 20 und 1

Abs. 1 MiLoG weist das BAG eingangs seiner Ent-

scheidung darauf hin, dass der Anspruch auf den

gesetzlichen Mindestlohn mit jeder geleisteten Ar-

beitsstunde entstehe. Dies mache es für den be-

troffenen Arbeitnehmer notwendig, die von ihm

tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden schlüssig

darzulegen. Hierfür genüge eine aus dem Durch-

schnitt eines Zeitraums ermittelte Stundenzahl

nicht.4 Das kann vor allem in Fällen, in denen hin-

sichtlich der Arbeitszeit keine Aufzeichnungs-

pflicht besteht, für Arbeitnehmer gegebenenfalls

zu praktischen Schwierigkeiten bei der Durchset-

l1 www.zeit.de (Abruf: 27.10.2016).l2 BAG, Urteil vom 25.05.2016 – 5 AZR 135/16, juris.l3 Pressemitteilung des BAG 24/16 vom 25.05.2016 (http://juris.bun-

desarbeitsgericht.de; Abruf: 27.10.2016).l4 BAG, a.a.O. (Fn. 2), II.1. der Entscheidungsgründe.

| 01.2017 | 45

STEUERN&RECHT

Keywords:

Mindestlohn

Arbeitslohn

Weihnachtsgeld

Sonderzahlung

Überstundenzuschlag

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zung ihrer Ansprüche auf den gesetzlichen Min-

destlohn führen.

3 Unbedingter Entgeltanspruch

Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 MiLoG beträgt der gesetz-

liche Mindestlohn bislang 8,50 Euro brutto „je

Zeitstunde“.5 Das BAG macht in seiner Entschei-

dung darauf aufmerksam, dass der Vergütungs-

anspruch des Arbeitnehmers nicht von der zeitli-

chen Lage der Arbeit abhänge. Auch verlange

der Mindestlohn nicht nach einem mit der Ar-

beitsleistung des Arbeitnehmers verbundenen

Erfolg. Schließlich komme es auch nicht auf die

Umstände an, unter denen die Arbeitsleistung

erbracht wird.6

4 Anspruch auf Mindestlohn als gesetzlicher

Anspruch/Anspruch auf Differenzvergütung

Das BAG ist mit der bislang ganz überwiegenden

Meinung im Schrifttum der Auffassung, dass der

Mindestlohnanspruch aus § 1 Abs. 1 MiLoG ein ge-

setzlicher Anspruch sei.7 Das MiLoG schaffe eine

eigenständige Anspruchsgrundlage auf Mindest-

lohn für alle Arbeitnehmer.8 Das BAG sieht, dass

der Gesetzgeber mit dem Begriff „Lohn“ eine

nicht mehr zeitgemäße Terminologie verwende;

keinesfalls bedeute das aber, dass der gesetzliche

Mindestlohn nur dem gewerblichen Arbeitneh-

mer bzw. Arbeiter zustehe.9

Der Anspruch auf Mindestlohn – so das BAG –

trete neben den arbeits- oder tarifvertraglichen

Entgeltanspruch. Das MiLoG greife in die Entgelt-

vereinbarungen der Arbeitsvertragsparteien und

etwaig anwendbare Entgelttarifverträge nur inso-

weit ein, als sie den Anspruch auf Mindestlohn

unterschreiten. § 3 MiLoG führe bei Unterschrei-

ten des gesetzlichen Mindestlohns zu einem ent-

sprechenden Differenzanspruch.10

Bei der Frage, ob ein Anspruch auf Differenzver-

gütung entstanden ist, scheiden nach Einschät-

zung des BAG längere Berechnungszeiträume als

ein Kalendermonat aus.11 Damit stellt sich das

BAG gegen eine im Schrifttum vertretene Auffas-

sung, die eine zweimonatliche Berechnung der

Differenzvergütung befürwortet.12 Das BAG ver-

weist darauf, dass mit dem MiLoG dem in Voll-

zeit tätigen Arbeitnehmer ein Monatseinkom-

men oberhalb der Pfändungsfreigrenze gesichert

werden solle. Daher regele § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2

MiLoG die Fälligkeit des Mindestlohns spätestens

am letzten Bankarbeitstag des Monats, der auf

den Monat folgt, in dem die Arbeitsleistung

erbracht wurde.13

5 Erfüllung des Mindestlohnanspruchs

Hinsichtlich der Erfüllung des Anspruchs des Ar-

beitnehmers auf den gesetzlichen Mindestlohn

weist das BAG darauf hin, dass Erfüllung eintre-

te, wenn die für einen Kalendermonat gezahlte

Bruttovergütung den Betrag erreiche, der sich

aus der Multiplikation der Zahl der in diesem

Monat tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden mit

8,50 Euro ergäbe. Auch verspätete Zahlungen

könnten Erfüllungswirkung haben. Dies belege

§ 21 Abs. 1 Nr. 9 MiLoG, wonach der Arbeitgeber

ordnungswidrig handelt, wenn er den Mindest-

lohn nicht oder nicht rechtzeitig zahlt.14 Leistet

der Arbeitgeber den Mindestlohn nach Fälligkeit

(§ 2 Abs. 1 MiLoG), kann der Arbeitnehmer dem-

nach Verzugszinsen sowie den Ersatz eines sons-

tigen Verzugsschadens nach §§ 288, 286 Abs. 2

Nr. 1 BGB verlangen.15

Im Zusammenhang mit der Erfüllung des gesetzli-

chen Mindestlohns nach § 362 Abs. 1 BGB ist das

BAG der Auffassung, dass der Gesetzesbegriff des

Mindestlohns der Auslegung bedürfe. Das BAG

geht davon aus, dass es sich wegen des in § 1

Abs. 1 MiLoG verwendeten Begriffs des Mindest-

Das BAG geht davon aus, dass es sich wegen

des in § 1 Abs. 1 MiLoG verwendeten

Begriffs des Mindestlohns um eine Brutto-

entgeltschuld des Arbeitgebers handele.

l5 Ab dem 01.01.2017 wird sich der gesetzliche Mindestlohn auf 8,84 Euro brutto/Stunde erhöhen.l6 BAG, a.a.O. (Fn. 2), II.2.b)dd)(1).l7 BAG, a.a.O. (Fn. 2),

II.2.b); so auch Riechert/Nimmerjahn, MiLoG, Komm., München 2015, § 1, Rn. 2, u.v.m.l8 BAG, a.a.O. (Fn. 2), II.2.b)aa).l9 BAG, a.a.O. (Fn. 2), II.2.b)dd)(1).

l10 BAG, a.a.O. (Fn. 2), II.2.b).l11 BAG, a.a.O. (Fn. 2), II.2.b)bb); ebenso Kocher, AuR 2015, S. 173 (175).l12 Lembke, NZA 2015, S. 70 (74); Waltermann, AuR

2015, S. 166 (171).l13 BAG, a.a.O. (Fn. 2), II.2.b)bb).l14 BAG, a.a.O. (Fn. 2), II.2.b)cc).l15 So BAG, a.a.O. (Fn. 2), II.2.b)cc).

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» Erstes Urteil des BAG zumMindestlohngesetz

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lohns und der in § 1 Abs. 2 Satz 1 MiLoG bestimm-

ten Höhe des Mindestlohns in Form eines Brutto-

betrags bei dem Mindestlohn um eine Bruttoent-

geltschuld des Arbeitgebers handele.16 Der Arbeit-

geber schuldet dem Arbeitnehmer somit eine

Entgeltleistung in Form von Geld. Bei einer Geld-

schuld wird die geschuldete Leistung grundsätz-

lich nur dann bewirkt, wenn der Gläubiger den

ihm zustehenden Geldbetrag endgültig zur freien

Verfügung übereignet oder überwiesen erhält.

Aus diesem Grund erfüllt der Arbeitgeber nach

Einschätzung des BAG den Anspruch auf den ge-

setzlichen Mindestlohn nur dann, soweit die dem

Arbeitnehmer gewährten Entgeltzahlungen dem

Arbeitnehmer endgültig verbleiben.17

6 Vor allem: Sonderzahlungen und

gesetzlicher Mindestlohn

6.1 Grundsätzliches zur Berücksichtigung

von Geldleistungen

Für das BAG gilt schon nach den bislang aufge-

zeigten Überlegungen des Gerichts ein umfassen-

der Entgeltbegriff. Generell sind demnach alle im

arbeitsvertraglichen Austauschverhältnis (sog.

Synallagma) stehenden Geldleistungen des Arbeit-

gebers geeignet, den Anspruch des Arbeitnehmers

auf den gesetzlichen Mindestlohn zu erfüllen.18

Das BAG weist darauf hin, dass es nur solchen

Zahlungen an einer Erfüllungswirkung fehle, die

der Arbeitgeber ohne Rücksicht auf eine tatsäch-

liche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers erbringt

oder die auf einer besonderen gesetzlichen

Zweckbestimmung beruhen. In diesem Zusam-

menhang verweist das BAG ausdrücklich auf die

gesetzliche Regelung in § 6 Abs. 5 ArbZG, wonach

der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im Falle soge-

nannter Nachtarbeit einen angemessenen Zu-

schlag auf das dem Arbeitnehmer zustehende

Bruttoarbeitsentgelt schuldet.19 Diesen Hinweis

des Gerichts kann man nur so verstehen, dass das

BAG davon ausgeht, dass der etwaig geschuldete

Zuschlag für Nachtarbeit dem gesetzlichen Min-

destlohn hinzuzurechnen ist.20

6.2 Das Urteil des BAG: Der maßgebliche

Sachverhalt

Der Hinweis des BAG, dass ein umfassender Ent-

geltbegriff maßgeblich sei, beantwortet für sich

noch nicht die Frage, welche Sonderzahlung im

Einzelfall Anrechnung auf den gesetzlichen Min-

destlohn findet. Schon für die in dem durch das

BAG entschiedenen Fall zur Diskussion stehende

Jahressonderzahlung bedarf es nach den Ausfüh-

rungen des Gerichts einer differenzierten Be-

trachtung. Um das anschaulich zu machen, soll

zunächst noch einmal der der Entscheidung des

BAG zugrunde liegende Sachverhalt in seinem

Kern geschildert werden.

In dem durch das BAG entschiedenen Fall erhielt

die Klägerin, eine Mitarbeiterin in einer Cafeteria

der Beklagten, eine monatliche Grundvergütung

in Abhängigkeit von den durch sie geleisteten Ar-

beitsstunden. Weiterhin erhielt die Klägerin di-

verse Zuschläge, u.a. für Überstunden sowie für

Arbeit an Sonn- und Feiertagen. Schließlich wand-

te die Beklagte der Klägerin zweimal jährlich im

Mai bzw. November eines jeden Jahres jeweils ein

halbes Bruttomonatsgehalt zu, welches als Ur-

laubs- bzw. Weihnachtsgeld bezeichnet wurde.

Weiterhin sah der Arbeitsvertrag zwischen den

Parteien vor, dass sich die Sonderzahlungen um

1/12 für jeden Kalendermonat, in dem kein Ar-

beitsverhältnis bestanden hat oder für den keine

Bezüge beansprucht werden, vermindern sollte.

Im Dezember 2014 schloss die Beklagte mit dem

im Betrieb gebildeten Betriebsrat eine „Betriebs-

vereinbarung Inkrafttreten Mindestlohngesetz“,

die u.a. bestimmt, dass die arbeitsvertraglich ver-

einbarten Jahressonderzahlungen i.H. von 1/12

für jeden Kalendermonat zur betriebsüblichen

Fälligkeit der Monatsvergütung zur Zahlung fällig

sein sollen. Im Übrigen erhielt die Klägerin zu-

letzt einen Stundenlohn von 8,00 Euro sowie ein

Bruttogehalt von 1.391,36 Euro. Einschließlich der

erwähnten Zuschläge zahlte die Beklagte an die

Klägerin 1.507,30 Euro.

l16 BAG, a.a.O. (Fn. 2), II.2.b)dd)(1).l17 BAG, a.a.O. (Fn. 2), II.2.b)(dd)(2).l18 BAG, a.a.O. (Fn. 2), II.2.b)(dd)(3).l19 BAG, a.a.O. (Fn. 2), II.2.b)(dd)(3).l20 Ebenso

ErfK/Franzen, Komm., 16. Aufl., München 2016, § 1 MiLoG, Rn. 13; NK-GA/Forst, Komm., Baden-Baden 2016, § 1 MiLoG, Rn. 10, u.v.m.

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6.3 Erfüllungswirkung der Sonderzahlungen

im konkreten Fall

Der geschilderte Sachverhalt hat das BAG veran-

lasst, davon auszugehen, dass die erwähnten Jah-

ressonderzahlungen Anrechnung auf den gesetzli-

chen Mindestlohn finden. Das BAG führt aus, dass

den vorbehaltlos und unwiderruflich in jedem

Kalendermonat zu 1/12 geleisteten Jahressonder-

zahlungen Erfüllungswirkung zukomme. Bei den

Sonderzahlungen handele es sich um eine im ar-

beitsvertraglichen Austauschverhältnis stehende

Gegenleistung des Arbeitgebers für die vom Ar-

beitnehmer erbrachte Arbeit. Einer besonderen

gesetzlichen Zweckbestimmung unterlägen die

Jahressonderzahlungen nicht.21

6.4 Sonderzahlungen anlässlich des

Weihnachtsfestes

Das Urteil des BAG lässt keinesfalls den Schluss

zu, dass Sonderzahlungen allgemein auf den ge-

setzlichen Mindestlohn angerechnet werden dür-

fen. Maßgeblich ist vor allem die Aussage des Ge-

richts, wonach alle im Synallagma stehenden

Geldleistungen des Arbeitgebers geeignet sind,

den Mindestlohnanspruch des Arbeitnehmers zu

erfüllen.22 Wenn man dies am Beispiel der anläss-

lich des Weihnachtsfestes vom Arbeitgeber geleis-

teten Sonderzahlung durchdenkt, so ergeben sich

aus unserer Sicht folgende Konsequenzen:

a. Eine vom Arbeitgeber lediglich freiwillig ge-

zahlte Sonderzuwendung kann nicht auf den

Mindestlohn angerechnet werden. Eine Er-

füllungswirkung kann nur dann angenommen

werden, wenn es sich um eine Zahlung des Ar-

beitgebers handelt, auf die der Arbeitnehmer

unter rechtlichen Gesichtspunkten betrachtet

einen Anspruch hat.23

b. Verknüpft der Arbeitgeber die im zeitlichen

Zusammenhang mit dem Weihnachtsfest er-

folgende Zahlung zu Gunsten des Arbeitneh-

mers mit dem Erfordernis einer Betriebstreue,

so kann die Sonderzahlung nach unserer Ein-

schätzung ebenfalls keine Anrechnung auf den

gesetzlichen Mindestlohn finden. Hier erfolgt

die Zuwendung nicht mit dem Zweck, die Ar-

beitsleistung des Arbeitnehmers zu vergüten.24

c. Erhält der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber ein

sogenanntes 13. Gehalt, so wird dem in aller

Regel mit Blick auf den gesetzlichen Mindest-

lohn Erfüllungswirkung beigemessen werden

können. Allerdings besteht dann immer noch

das Problem der Fälligkeit (§ 2 MiLoG). Der Ar-

beitgeber kann mit einer z.B. im November ei-

nes Jahres erfolgenden Entgeltzahlung in Form

eines 13. Gehalts nicht eine mit Blick auf den

gesetzlichen Mindestlohn etwaig rückständige

Vergütung aus den Vormonaten ausgleichen.

Es droht ein bußgeldbewehrter Verstoß gegen

des MiLoG (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 MiLoG).

6.5 Weitere Sonderzahlungen

Im Übrigen ist aus unserer Sicht für mögliche wei-

tere Sonderzahlungen wie folgt zu entscheiden:

a. Trinkgelder können selbstverständlich keine

Anrechnung auf den gesetzlichen Mindestlohn

finden, denn hierbei handelt es sich nicht um

eine Leistung des Arbeitgebers.25

b. Der sogenannte Kita-Zuschuss dürfte ebenfalls

keine Anrechnung finden, denn durch diesen

wird nicht die Arbeitsleistung des Arbeitneh-

mers belohnt; vielmehr wird berücksichtigt,

dass der Arbeitnehmer Aufwendungen für die

Betreuung seiner Kinder zu tragen hat.

c. Eine Erholungsbeihilfe im Rahmen der steuer-

lich anerkannten Grenzen (§ 40 Abs. 3 Nr. 3

EStG) kann nach unserer Einschätzung eben-

falls nicht auf den gesetzlichen Mindestlohn an-

gerechnet werden, denn mit der Zahlung dieser

Beihilfe will der Arbeitgeber dem Umstand

Rechnung tragen, dass dem Arbeitnehmer

während der Urlaubszeit zusätzlicher Aufwand

entsteht, an dem sich der Arbeitgeber mit der

Gewährung der Beihilfe beteiligen möchte.26

Das Urteil des BAG lässt keinesfalls den

Schluss zu, dass Sonderzahlungen

allgemein auf den gesetzlichen Mindest-

lohn angerechnet werden dürfen.

l21 BAG, a.a.O. (Fn. 2), II.2.c).l22 BAG, a.a.O. (Fn. 2), II.2.b)(dd)(3).l23 Ebenso NK-GA/Forst, a.a.O. (Fn. 20).l24 So auch NK-GA/Frost, a.a.O. (Fn. 20), Rn. 11.

l25 Schubert/Jerchel/Düwell, MiLoG, Baden-Baden 2015, Rn. 140 (S. 77), u.v.m.l26 So im Ergebnis auch NK-GA/Forst, a.a.O. (Fn. 20), Rn. 10.

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» Erstes Urteil des BAG zumMindestlohngesetz

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d. Bei Schmutz- und Gefahrenzulagen ist die

Rechtslage unserer Auffassung nach aktuell

nicht eindeutig. Zahlt der Arbeitgeber einer

Reinigungskraft beispielsweise mit Blick auf

den außergewöhnlich hohen Grad der Ver-

schmutzung der zu reinigenden Gegenstände

ein zusätzliches Entgelt, kann das durchaus auf

den gesetzlichen Mindestlohn Anrechnung fin-

den. In einem solchen Fall vergütet der Arbeit-

geber die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers.27

e. Auch Zahlungen des Arbeitgebers zur Verbes-

serung der Altersversorgung können wegen

der mit der Leistung verbundenen Zweckset-

zung keine Anrechnung auf den gesetzlichen

Mindestlohn finden.28

7 Zuschläge für Überstunden-, Sonn- und

Feiertage

Das BAG ist der Auffassung, dass die klagende Ar-

beitnehmerin auch hinsichtlich der von ihr er-

langten Zuschläge für Überstunden sowie Sonn-

und Feiertagsarbeit gesetzeskonform entlohnt

wurde. Das Gericht meint, dass die genannten Zu-

schläge nicht auf der Grundlage der in § 1 Abs. 2

Satz 1 MiLoG bestimmten 8,50 Euro, sondern al-

lein unter Beachtung des vertraglich vereinbarten

Bruttostundenentgelts von vorliegend 8,00 Euro

zu berechnen seien. Die Zuschlagspflicht für Über-

stunden sowie Arbeit an bestimmten Tagen folgt

für das BAG ausschließlich aus dem zwischen den

Parteien vereinbarten Arbeitsvertrag; daran habe

das MiLoG nichts geändert.29 Im Übrigen stünden

der Klägerin aufgrund des MiLoG keine weiteren

Überstundenvergütungen zu. In den Monaten, in

denen die Klägerin Überstunden geleistet habe,

habe die Beklagte den gesetzlichen Mindestlohn

durch Zahlung des Bruttomonatsgehalts sowie

der genannten Zuschläge erfüllt.30

Vorstehendes führt auf den ersten Blick zu einem

überraschenden Ergebnis. In dem vom BAG ent-

schiedenen Fall hatte der beklagte Arbeitgeber

der Klägerin über mehrere Monate hinweg eine

Vergütung von jeweils insgesamt 1.507,30 Euro

gezahlt. Hinsichtlich geleisteter Überstunden-,

Sonn- und Feiertagszuschläge hatte der Arbeitge-

ber den vertraglichen Bruttostundenlohn i.H. von

8,00 Euro zugrunde gelegt. Das alles beanstandet

das BAG nicht. Das Gericht geht nämlich davon

aus, dass hinsichtlich eines jeden einzelnen Mo-

nats der Anspruch des Arbeitnehmers auf Zah-

lung des gesetzlichen Mindestlohns erfüllt wurde.

8 Zusammenfassung

Mit seiner ersten Entscheidung zum MiLoG klärt

das BAG eine Reihe grundlegender Fragen zum

gesetzlichen Mindestlohn. Die vom Gericht aufge-

zeigten dogmatischen Grundlagen zeichnen zu-

gleich die von ihm im konkreten Fall gefundenen

Ergebnisse vor. Zentral scheint uns der Satz des

Gerichts zu sein, wonach der Arbeitgeber den

Anspruch des Arbeitnehmers auf den gesetzli-

chen Mindestlohn grundsätzlich dann erfüllt,

wenn er im jeweiligen Kalendermonat eine Brut-

tovergütung zahlt, die den Betrag erreicht, der

sich aus der Multiplikation der Zahl der in die-

sem Monat tatsächlich geleisteten Arbeitsstun-

den mit 8,50 Euro ergibt. » DOC-ID: W1007439

» Jana Jocksch, LL.M.

ETL RechtsanwälteGmbH Rechtsanwalts-gesellschaft, Köln

»Dr. Uwe Schlegel

ETL RechtsanwälteGmbH Rechtsanwalts-gesellschaft, Köln

l27 Anderer Ansicht wohl NK-GA/Forst, a.a.O. (Fn. 20, Rn. 10.l28 Im Ergebnis ebenso Schubert/Jerchel/Düwell, a.a.O. (Fn. 25).l29 BAG, a.a.O. (Fn. 2), II.4.

l30 BAG, a.a.O. (Fn. 2), II.5.

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ANALYSE

Ist die deutsche Streubesitz-dividendenbesteuerung

weiterhin europarechtswidrig?Von StB Thomas Kollruss

Auch nach Einfügung des § 8b Abs. 4 KStG spricht vieles dafür, dass die deutsche Streubesitzdivi-

dendenbesteuerung weiterhin europarechtswidrig ist. Hintergrund ist eine fehlende Verzahnung

von § 8b Abs. 4 KStG mit dem DBA-Recht. Die unilaterale Regelung des § 8b Abs. 4 KStG ist auch

nicht in der Lage, eine europarechtskonforme Streubesitzdividendenbesteuerung herzustellen,

da die Norm vor allem nicht die Besteuerung an der Quelle regelt. Im Spannungsfeld zwischen

Europa- und Abkommensrecht bietet sich daher die Aufhebung des § 8b Abs. 4 KStG an. Neben

einer europarechtskonformen Besteuerung von Streubesitzdividenden könnte dadurch auch die

Eigenkapitalfinanzierung – gegenüber der Gesellschafter-Fremdfinanzierung – in deutsche Kapi-

talgesellschaften gestärkt werden.

1 Problemstellung

In Reaktion auf das Urteil des EuGH vom 20.10.

2011 – C-284/09 (Kommission/Deutschland)1 und

zur Weiterführung der abgeltenden Erhebung

deutscher Kapitalertragsteuer auf Streubesitzdi-

videnden2, 3, die von deutschen Kapitalgesellschaf-

ten an beschränkt steuerpflichtige Körperschaf-

ten4 gezahlt werden (sog. Inbound-Streubesitzdi-

videnden), hat der Gesetzgeber § 8b Abs. 4 KStG

als „Lösung“ eingeführt. Die Regelung schließt die

Beteiligungsertragsbefreiung nach § 8b Abs. 1

Satz 1 KStG für Streubesitzdividenden aus, die in

Deutschland im Rahmen der Veranlagung be-

steuert werden („inländische“ Empfänger der

Streubesitzdividende). Vor allem für unbe-

schränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften

als Empfänger einer inländischen Streubesitzdivi-

dende führt § 8b Abs. 4 KStG zu einer massiven

wirtschaftlichen Doppelbesteuerung. Insgesamt

stellt sich die Frage nach der tatsächlichen Wirk-

kraft der deutschen Streubesitzdividendenbe-

steuerung (§ 8b Abs. 4 KStG, § 43 EStG); dies des-

halb, weil der Gesetzgeber abkommensrechtliche

Aspekte bei der Konzeption von § 8b Abs. 4 KStG

nicht beachtet hat. Die Einordnung der Streube-

sitzdividendenbesteuerung nach § 8b Abs. 4 KStG

in das System der abkommensrechtlichen Rege-

lungen ist nicht gelungen. Die deutsche Streube-

l1 Vgl. EuGH-Urteil vom 20.10.2011 – C-284/09 (Kommission/Deutschland), DStR 2011, S. 2038; allgemein Rehr, DStR 2015, S. 1481ff.l2 (Nenn-)Kapitalbeteili-

gung < 10%.l3 Vgl. BT-Drucks. 17/10604 vom 05.09.2012, S. 22.l4 Unter Berücksichtigung von § 44a Abs. 9 EStG und außerhalb von Fällen des § 50d Abs. 3

EStG beträgt die finale deutsche Kapitalertragsteuerbelastung 15% der Bruttodividende.

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Keywords:

Streubesitzdividende

DBA-Recht

Europarecht

Kapitalertragsteuer

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sitzdividendenbesteuerung enthält kein Treaty

Override.5 Der Gesetzgeber hat per se angenom-

men, dass Deutschland bei diesen Streubesitz-

dividenden (Nennkapitalbeteiligung < 10%) ab-

kommensrechtlich das Besteuerungsrecht hat,

vor allem für einen in Deutschland ansässigen

Streubesitzdividendenempfänger. Aber auch für

Ausschüttungen von Streubesitzdividenden durch

eine in Deutschland ansässige Körperschaft/Ka-

pitalgesellschaft hat der deutsche Gesetzgeber

faktisch ein abkommensrechtliches Quellenbe-

steuerungsrecht unterstellt (Erhebung deutscher

Kapitalertragsteuer gemäß Art. 10 Abs. 2 DBA

OECD-MA). Beides muss aber nicht der Fall sein.

Der vorliegende Beitrag zeigt erstmals eine Kon-

stellation bei Streubesitzdividenden auf, bei der

§ 8b Abs. 4 KStG i.V. mit § 43 EStG aufgrund sei-

ner fehlenden Abstimmung mit Abkommensrecht

faktisch nicht zur Wirkung kommt. Betroffen sind

in- und ausländische Streubesitzbeteiligungen,

die abkommensrechtlich unter Art. 21 DBA OECD-

MA sowie den verlängerten Betriebsstättenvorbe-

halt fallen (Art. 21 Abs. 2 DBA OECD-MA). Die

deutsche Streubesitzdividendenbesteuerung ist

konzeptionell und systematisch nicht mit dem

DBA-Recht abgestimmt worden. Der vorliegende

Beitrag zeigt die abkommenssystematischen Defi-

zite der deutschen Streubesitzdividendenbesteue-

rung auf und geht auf eine etwaige partielle Eu-

roparechtswidrigkeit ein.

2 Inländische Streubesitzdividende, die unter

Art. 21 Abs. 2 DBA OECD-MA fällt

2.1 Fallbeispiel

Zunächst wird der Fall einer inländischen Streu-

besitzdividende betrachtet, die abkommensrecht-

lich unter Art. 21 Abs. 2 DBA OECD-MA fällt. Als

konkretes Beispiel dient hier eine deutsche Kapi-

talgesellschaft (KapG), die in einer Betriebsstätte

(BSt) in einem ausländischen6 DBA-Staat eine Be-

teiligung an einer deutschen GmbH i.H. von 6%

hält (Nennkapitalbeteiligung) und von dieser Di-

videnden empfängt. Abkommensrechtlich liegt

eine Dividende aus dem Ansässigkeitsstaat

Deutschland vor. Die Beteiligung soll funktional

zur ausländischen Betriebsstätte der deutschen

Kapitalgesellschaft gehören (vgl. Übersicht 1).7

6%

KapG

BSt

Deutschland DBA-Ausland

GmbH

Übersicht 1 » Inländische Streubesitzdividende nach Art. 21

Abs. 2 DBA OECD-MA

2.2 Deutsche Streubesitzdividenden-

besteuerung (§ 8b Abs. 4 KStG, § 43 EStG)

Nachfolgend wird die deutsche Streubesitzdivi-

dendenbesteuerung vor dem Hintergrund des

DBA-Rechts analysiert und diskutiert. Dabei wird

von dem Fallbeispiel in Übersicht 1 ausgegangen.

Ohne Berücksichtigung des DBA-Rechts und sei-

nes Systems bzw. der Annahme, dass das DBA-

Recht die deutsche Streubesitzdividendenbesteue-

rung nicht limitiert, ergeben sich die folgenden er-

tragsteuerlichen Implikationen:

(i) Erhebung einer Kapitalertragsteuer (Quellen-

steuer) i.H. von 25% auf den Bruttobetrag

der Streubesitzdividende ohne Abgeltungs-

wirkung (§§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 43a Abs. 1

Satz 1 Nr. 1 EStG, § 32 KStG).

(ii) Steuerpflicht der Brutto-Streubesitzdividende

gemäß § 8b Abs. 4 Satz 1 KStG auf der Ebene

der deutschen Empfänger-Kapitalgesellschaft

(KSt = 15%) unter Anrechnung der Kapitaler-

tragsteuer (25%) gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG,

sodass die finale Körperschaftsteuerbelastung

der Brutto-Streubesitzdividende 15% beträgt.

Ob die genannten Steuerfolgen tatsächlich so ein-

treten, hängt vom DBA-Recht ab. In Bezug auf das

Fallbeispiel scheidet die gewerbesteuerliche Er-

l5 § 8b Abs. 1 Satz 3 i.V. mit Satz 2 KStG greift nur für solche Fälle, bei denen die Ausschüttung das Einkommen der leistenden Körperschaft gemindert hat.

l6 Beispielsweise eine niederländische Betriebsstätte.l7 Vgl. allgemein FG Münster vom 15.12.2014 – 13 K 624/11 F, EFG 2015, S. 704 (Rev. BFH: I R 10/15);

Schulz-Trieglaff, IStR 2015, S. 717ff.; BFH-Beschluss vom 19.12.2007 – I R 66/06, BStBl. II 2008, S. 510; BFH-Urteil vom 24.08. 2011 – I R 46/10, BStBl. II 2014,

S. 764; Rust, in: Vogel/Lehner, DBA, 6. Aufl., München 2015, Art. 21, Rn. 1, 49.

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fassung der Streubesitzdividende in Deutschland

bereits nach innerstaatlichem Steuerrecht aus

(§ 2 Abs. 1 Satz 1 und 3 GewStG). Für den Dividen-

denempfänger ist diese Beteiligungsstruktur da-

her von Vorteil.

2.3 DBA-Recht (Art. 21 Abs. 2 DBA OECD-MA)

und Streubesitzdividendenbesteuerung

Nun soll der zentrale Aspekt der abkommens-

rechtlichen Behandlung der Streubesitzdividende

berücksichtigt werden und diese mit der (inten-

dierten) deutschen Streubesitzdividendenbesteue-

rung zusammengebracht werden. Wie bereits er-

wähnt, schränkt die innerstaatliche Streubesitzdi-

videndenbesteuerung nicht die Anwendung der

DBA-Regelungen ein (kein Treaty Override). Zwi-

schen Deutschland und dem ausländischen Be-

triebsstättenstaat besteht ein DBA nach Maßgabe

des OECD-MA.8

Im Fallbeispiel (Übersicht 1) fällt die Streube-

sitzdividende abkommensrechtlich nicht unter

Art. 10 DBA OECD-MA (Dividendenartikel), da sie

von einer in Deutschland ansässigen Kapitalge-

sellschaft an eine Kapitalgesellschaft gezahlt

wird, die ebenfalls in Deutschland ansässig ist

(Art. 4 Abs. 3 DBA OECD-MA) und nicht im aus-

ländischen Betriebsstättenstaat. Abkommens-

rechtlich stammt die Streubesitzdividende somit

aus dem Ansässigkeitsstaat der Empfänger-Kapi-

talgesellschaft (Deutschland). In Bezug auf den

Empfänger (KapG) liegen mit der Streubesitzdivi-

dende Einkünfte aus dem Ansässigkeitstaat vor,

sodass Art. 21 Abs. 1 DBA OECD-MA zunächst zu

prüfen ist. Nach dieser Regelung wird Deutsch-

land abkommensrechtlich das ausschließliche Be-

steuerungsrecht an der Streubesitzdividende zu-

gewiesen. Allerdings ordnet Art. 21 Abs. 2 DBA

OECD-MA die Nichtanwendung von Abs. 1 an und

sieht die Anwendung von Art. 7 DBA OECD-MA

(Unternehmensgewinne) vor, da die Streubesitz-

dividendenbeteiligung funktional der ausländi-

schen DBA-Betriebsstätte der Empfänger-Kapital-

gesellschaft (KapG) im anderen Vertragsstaat

zuzuordnen ist.

Demzufolge findet nun Art. 7 DBA OECD-MA auf

die Streubesitzdividende Anwendung. Gemäß

Art. 7 Abs. 1 DBA OECD-MA ist die Streubesitzdivi-

dende Teil des ausländischen Betriebsstättenge-

winns und darf vom ausländischen Betriebsstät-

tenstaat besteuert werden.

DBA-Besteuerungsausschluss für Streubesitz-

dividenden (Art. 21 Abs. 2 DBA OECD-MA)

Deutschland hat diese gemäß Art. 7 Abs. 1 i.V. mit

Art. 23A Abs. 1 DBA OECD-MA9 abkommensrecht-

lich auf der Ebene der Empfänger-Kapitalgesell-

schaft (KapG) von der deutschen Besteuerung

auszunehmen. Diese abkommensrechtliche Frei-

stellung der Streubesitzdividende erstreckt sich

sowohl auf die Quellenbesteuerung (Kapitaler-

tragsteuer) als auch auf die Besteuerung im Rah-

men der Veranlagung nach § 8b Abs. 4 KStG. Ab-

kommensrechtlich „entfällt“ in der Konstellation

(Abb. 1) die deutsche Quellenbesteuerung (Kapi-

talertragsteuerabzug), da Art. 7 DBA OECD-MA

dem Ansässigkeitsstaat Deutschland kein Quel-

lenbesteuerungsrecht einräumt. Artikel 10 Abs. 2

DBA OECD-MA (Quellenbesteuerung) ist ebenfalls

nicht anwendbar, da die Norm aufgrund einer Di-

vidende aus dem Ansässigkeitsstaat in toto nicht

zur Anwendung gelangt. Insgesamt mangelt es

Deutschland in der Konstellation einer unter

Art. 21 Abs. 2 DBA OECD-MA fallenden Streube-

sitzdividende, die von einer in Deutschland an-

sässigen Gesellschaft an eine in Deutschland an-

sässige Gesellschaft gezahlt wird (Empfängerin),

an einer abkommensrechtlichen Besteuerungs-

möglichkeit (Freistellung). Demzufolge greift die

deutsche Streubesitzdividendenbesteuerung in

Vollständiger DBA-Besteuerungsaus-

schluss – inkl. Kapitalertragsteuer – für

Streubesitzdividenden, die unter Art. 21

Abs. 2 DBA OECD-MA fallen.

l8 Z.B. DBA Deutschland-Niederlande 2012.l9 Bzw. Art. 22 Abs. 1 Buchst. a), c) DBA Deutschland-Niederlande 2012. Die als Unternehmensgewinn (Art. 7)

qualifizierten Streubesitzdividenden sind aktive Einkünfte i. S. von Art. 22 Abs. 1 Buchst. c) DBA Deutschland-Niederlande.

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» Ist die deutsche Streubesitzdividendenbesteuerung weiterhin europarechtswidrig?

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diesem Fall weder auf der Quellenbesteuerungs-

seite (Kapitalertragsteuer) noch auf der Empfän-

gerseite (§ 8b Abs. 4 KStG) wirksam durch. Dieser

Effekt besteht für die meisten deutschen DBA,

welche dem OECD-MA folgen und keinen entge-

genstehenden Aktivitätsvorbehalt vorsehen.

DBA-Spezialregelungen bestätigen

Besteuerungsausschluss

Bestätigt wird dieses Ergebnis durch das DBA

Deutschland-USA 2008, das im Protokoll Nr. 1810

(zu Art. 21 Abs. 2) für die hier diskutierte Konstel-

lation eine konstitutive Spezialregelung enthält11:

„Wenn der Empfänger und der Schuldner einer

Dividende in der Bundesrepublik Deutschland

ansässig sind und die Dividende einer Betriebs-

stätte zuzurechnen ist, die der Empfänger der

Dividende in den Vereinigten Staaten hat, kann

die Bundesrepublik Deutschland die Dividende

zu den in Artikel 10 Absätze 2 und 3 (Dividen-

den) vorgesehenen Sätzen besteuern. Die Verei-

nigten Staaten rechnen die Steuer nach Artikel 23

(Vermeidung der Doppelbesteuerung) an“.

Die Regelung ist deshalb konstitutiv, da in dem

Fall keine Dividende i.S. von Art. 10 DBA existiert,

Art. 10 DBA nicht einschlägig ist und der „Quellen-

staat“ der Dividende (Ansässigkeitsstaat der aus-

schüttenden Gesellschaft) deshalb keine Quel-

lenbesteuerungsmöglichkeit nach Maßgabe von

Art. 10 Abs. 2 DBA hat und auch keine Besteue-

rung über Art. 7 DBA (Unternehmensgewinne)

eingeräumt bekommt, da er den Betriebsstätten-

gewinn von der Besteuerung auszunehmen hat

(Art. 23A Abs. 1 DBA OECD-MA). Nach Maßgabe

des originären DBA-Rechts (OECD-MA) und in die-

sem bilateralen Verhältnis ist in dem hier disku-

tierten Fall der eigentliche Quellenstaat der Streu-

besitzdividende nämlich nicht der Ansässigkeits-

staat der ausschüttenden Gesellschaft, sondern

der ausländische Betriebsstättenstaat. Abwei-

chend von den Regelungen des OECD-MA und für

Zwecke der Quellenbesteuerung eröffnet die kon-

stitutive Protokoll-Regelung (DBA Deutschland-

USA 2008) die Anwendung von Art. 10 Abs. 2 DBA

somit für den Nicht-Quellenstaat (Ansässigkeits-

staat der ausschüttenden Gesellschaft) und sieht

eine Anrechnungsverpflichtung dieser Steuer

durch den abkommensrechtlichen Quellenstaat

(ausländischer Betriebsstättenstaat) vor, die nach

Maßgabe des originären Methodenartikels (OECD-

MA) so nicht besteht. Allerdings gilt die vorstehen-

de Protokoll-Regelung ausschließlich im Rahmen

des DBA Deutschland-USA 2008, also nicht für

andere deutsche DBA.

Kein Besteuerungszugriff über unilaterale

Spezialvorschriften

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die

deutsche Empfänger-Kapitalgesellschaft (KapG)

gemäß § 50d Abs. 1, 3 EStG grundsätzlich An-

spruch auf vollständige Erstattung der deutschen

Kapitalertragsteuer hat (Freistellungsbescheid),

da die Streubesitzdividende abkommensrecht-

lich in Deutschland nicht besteuert werden darf

(DBA-Freistellung). Auch § 20 Abs. 2 AStG kann

keine Besteuerung in Deutschland herbeiführen

(switch-over), da (Streubesitz-)Dividenden akti-

ver Natur sind gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 8 AStG.

Schließlich ist auch § 50d Abs. 9 EStG nicht ein-

schlägig, da der andere Staat – ausländischer Be-

triebsstättenstaat – die Dividende nach Art. 7

DBA OECD-MA besteuert. Nach § 50d Abs. 9 Satz 2

EStG findet § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG keine

Anwendung, da diese Regelung nicht für Dividen-

den gilt, die nach einem DBA von der deutschen

Besteuerung auszunehmen sind.

3 Nichtdurchgreifen und Asymmetrie der

Streubesitzdividendenbesteuerung in

DBA-Fällen

Die deutsche Streubesitzdividendenbesteuerung

ist nicht mit dem DBA-Recht abgestimmt. Die

Folge ist ihr Nichtdurchgreifen in bestimmten

Fällen. Betroffen sind vor allem Streubesitz-

dividenden, die zwischen Kapitalgesellschaf-

ten gezahlt werden, die in Deutschland ansässig

sind und die abkommensrechtlich unter Art. 21

Abs. 2 DBA OECD-MA fallen, also einer Betriebs-

l10 Vgl. hierzu allgemein Eimermann, in: Wassermeyer, DBA USA, 132. Lfg. 01/2016, Art. 21, Rn. 56–58.l11 Ähnliches bestimmt die deutsche DBA-Verhand-

lungsgrundlage (DE-VG, Protokoll Nr. 3 zu Art. 20 DE-VG).

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STEUERN&RECHT

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stätte im anderen Vertragsstaat zuzurechnen

sind. In einem solchen Fall scheitert sowohl die

deutsche Quellenbesteuerung (Kapitalertrag-

steuer) als auch die Besteuerung im Rahmen der

Veranlagung (§ 8b Abs. 4 KStG). Sofern im aus-

ländischen DBA-Betriebsstättenstaat keine ef-

fektive Besteuerung der Streubesitzdividende

erfolgt (Beteiligungsertragsbefreiung12, Anrech-

nung), kann diese im Ergebnis „unbesteuert“

vereinnahmt werden. Insgesamt überzeugt die

deutsche Streubesitzdividendenbesteuerung in

DBA-Fällen nicht, da sie diesbezüglich Be-

steuerungsasymmetrien herbeiführt und keine

Gleichmäßigkeit der Besteuerung gewährleistet.

Die Einordnung der deutschen Streubesitzdivi-

dendenbesteuerung in das Abkommensrecht

und das DBA-System ist nicht gelungen. Je nach

Fallkonstellation reicht die Spannweite der Be-

steuerung von einer vollständigen (körper-

schaftsteuerlichen) Besteuerung der Streubesitz-

dividende in Deutschland bis zur gänzlichen

Freistellung.

4 Europarechtswidrigkeit der deutschen

Streubesitzdividendenbesteuerung qua

abkommenssystematischer Defizite?

Ferner stellt sich die Frage, ob die deutsche Streu-

besitzdividendenbesteuerung – auch nach ihrer

legislatorischen Modifikation – womöglich noch

partiell gegen Europarecht verstößt. Ursächlich

hierfür könnten die inhärenten abkommenssyste-

matischen Defizite dieser Besteuerung sein. Wie

vorstehend skizziert, greift die deutsche Streu-

besitzdividendenbesteuerung nicht durch, wenn

die Streubesitzdividende einer ausländischen

DBA-Freistellungsbetriebsstätte zuzurechnen ist

(Art. 21 Abs. 2 i.V. mit Art. 7 DBA OECD-MA) und

von einer in Deutschland ansässigen Kapitalge-

sellschaft an eine in Deutschland ansässige Emp-

fänger-Kapitalgesellschaft ausgeschüttet wird.

Dieser Fall kann im Sinne der europarechtlichen

Vergleichspaarbildung als vergleichbarer Inlands-

fall bezeichnet werden.

Relevante Vergleichs-

paarbildung

Der maßgebliche Auslandsfall ist

derjenige, bei dem eine im EU-Aus-

land ansässige Kapitalgesellschaft

Empfängerin der Streubesitzdivi-

dende ist (vgl. Übersicht 2).

Im vergleichbaren hypothetischen

Inlandsfall13 stellen sich die von

Deutschland eingegangenen Be-

steuerungsregelungen in Bezug

auf den Anteilseigner (inländische

Kapitalgesellschaft) so dar, dass

faktisch weder eine deutsche Quel-

lenbesteuerung (Kapitalertragsteuer) noch eine

Ansässigkeitsbesteuerung (§ 8b Abs. 4 KStG) er-

folgt. Im Auslandsfall – EU-ausländische Kapital-

gesellschaft als Anteilseignerin – wird zumindest

eine deutsche Quellenbesteuerung (Steuersatz =

15%) final vorgenommen.14 Aufgrund fehlender

unilateraler Ergänzungsvorschriften bzw. Abstim-

mung der deutschen Streubesitzdividendenbe-

steuerung mit dem abkommensrechtlichen Sys-

tem erfolgt im Inlandsfall keine Besteuerung der

Streubesitzdividende durch Deutschland. Insge-

samt wird damit der EU-ausländische Gesellschaf-

ter bei gleicher Beteiligungsstruktur steuerlich

schlechter behandelt als der vergleichbare inlän-

dische Gesellschafter im Hinblick auf die Besteue-

6%

KapG

BSt

Deutschland DBA-Ausland

GmbH

6%

KapG

BSt

Deutschland

DBA-Ausland

GmbH

Inlandsfall Auslandsfall

Übersicht 2 » Vergleichspaar und europarechtliche Prüfung

l12 Vgl. zur ausländischen Holdingbesteuerung Jacobs/Endres/Spengel, Internationale Unternehmensbesteuerung, 8. Aufl., München 2016, S. 1020ff.; Dorf-

mueller, IStR 2009, S. 831f.l13 Siehe auch Fußnote 20.l14 Nach Maßgabe des DBA zwischen Deutschland und dem EU-ausländischen Ansässigkeitsstaat der

dividendenempfangenden Kapitalgesellschaft (Art. 10 Abs. 2 DBA OECD-MA).

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rung der Streubesitzdividende durch Deutsch-

land.15 Letztlich ist die steuerliche Schlechterstel-

lung des Auslandsfalls durch die Ansässigkeit des

Gesellschafters im EU-Ausland bedingt, auch

wenn abkommensrechtliche Aspekte involviert

sind. Dies gilt umso mehr, als der OECD-MK expli-

zit für diese Fälle (Inlandsfall) auf die Einfügung

einer Quellenbesteuerung für den Ansässigkeits-

staat des Dividendenempfängers verweist (OECD-

MK Nr. 5 zu Art. 21 DBA OECD-MA). Auch die deut-

sche DBA-Verhandlungsgrundlage enthält dazu

einen entsprechenden Hinweis zum abkommens-

rechtlichen Problem.16

Streubesitzdividendenbesteuerung wohl

weiterhin europarechtswidrig (Art. 63 AEUV)

Die Situation nähert sich daher der EuGH-Ent-

scheidung Kommission/Deutschland (C-284/09)

an.17 Gebietsfremde Gesellschaften werden entge-

gen gebietsansässigen Gesellschaften mit deut-

scher Quellensteuer (Kapitalertragsteuer) auf die

Streubesitzdividende belastet. Es bestehen somit

Zweifel, ob die deutsche Streubesitzdividenden-

besteuerung weiterhin gegen Europarecht ver-

stößt (hier Inlandsfall/Auslandsfall), auch wenn

europarechtlich das Zusammenspiel mit abkom-

mensrechtlichen Verpflichtungen noch nicht ab-

schließend konturiert ist.18 Bei der Ausübung der

durch DBA aufgeteilten Steuerhoheit ist ein Mit-

gliedstaat verpflichtet, den Grundsatz der Gleich-

behandlung sowie die Grundfreiheiten (Primär-

recht) zu beachten.

5 Normative Überlegungen

5.1 Spannungsfeld zwischen unilateralen und

bilateralen Handlungsmöglichkeiten

Abschließend sollen normative Überlegungen an-

gestellt werden, wie die deutsche Streubesitzdivi-

dendenbesteuerung de lege ferenda konsistent

mit dem DBA-Recht abgestimmt werden kann.

Denkbar wäre, zunächst eine Lösung auf der

DBA-Ebene zu suchen und in den weiteren Dop-

pelbesteuerungsabkommen bzw. Revisionsab-

kommen entsprechende Regelungen aufzuneh-

men wie im DBA USA 2008 (Protokoll Nr. 18 zu

Art. 21 Abs. 2). Allerdings würde dies zunächst

„nur“ die deutsche Quellenbesteuerung an der

Streubesitzdividende für diejenigen Fälle sichern,

in denen eine in Deutschland ansässige Gesell-

schaft die Streubesitzdividende ausschüttet. Nicht

erfasst sind die Fälle, bei denen ausländische

Streubesitzdividenden vorliegen, also eine im

Ausland ansässige Kapitalgesellschaft ausschüttet.

Zudem dürfte sich dieser Weg alleine als langwie-

rig erweisen. Die Aufnahme eines Treaty Override

in § 50d Abs. 1 EStG in Bezug auf die deutsche

Quellenbesteuerung würde nur fallweise wirken

und zudem das Problem der Doppelbesteuerung

im ausländischen Betriebsstättenstaat (Art. 21

Abs. 2 DBA OECD-MA) forcieren. Wie die Proto-

koll-Regelung zum DBA Deutschland-USA 2008

zeigt, bedarf es dann einer korrespondierenden

Sonderregelung zur Vermeidung der Doppelbe-

steuerung im ausländischen Betriebsstättenstaat

als eigentlichen originären Quellenstaat der Divi-

dende im Sinne des DBA.

5.2 Symmetrisches Treaty Override auch

für Streubesitzdividenden?

Analog zu Schachteldividenden (§ 8b Abs. 1 Satz 3

KStG) könnte man über die Aufnahme eines Trea-

ty Override19 in § 8b Abs. 4 KStG nachdenken, um

auch in DBA-Fällen die Gleichmäßigkeit der Be-

steuerung von Streubesitzdividenden zu gewähr-

leisten, ein finales deutsches Quellenbesteuerungs-

Europarechtskonformität der Streu-

besitzdividendenbesteuerung kann

nicht durch Schlechterstellung

(§ 8b Abs. 4 KStG) erreicht werden.

l15 Dies gilt vor allem dann, wenn im ausländischen Betriebsstättenstaat sowie im Ansässigkeitsstaat des Dividendenempfängers die Freistellungsmethode

gilt.l16 Vgl. auch Rust, a.a.O. (Fn. 7), Art. 21, Rn. 48; DE-VG, Protokoll Nr. 3 zu Art. 20 DE-VG.l17 Vgl. EuGH-Urteil vom 20.10.2011 – C-284/09 (Kommission/

Deutschland), DStR 2011, S. 2038.l18 Vgl. z.B. Schlussanträge der GA Kokott vom 12.04.2016 in der Rechtssache C-176/15 (Riskin/Belgien), Rn. 46, m.w.N.,

BeckRS 2016, 80601.l19 Vgl. zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit des Treaty Override BVerfG, Beschluss vom 15.12.2015 – 2 BvL 1/12, NJW 2016, S. 1295;

a.A. Gosch, DB 2016, S. M 5 (Gastkommentar).

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recht zu manifestieren und damit gleichzeitig

etwaige Zweifel an der partiellen Europarechts-

widrigkeit der Streubesitzdividendenbesteuerung

auszuräumen. Letztere können aus der fehlenden

abkommenssystematischen Abstimmung der deut-

schen Streubesitzdividendenbesteuerung herrüh-

ren. Die Regelung könnte demnach wie folgt lau-

ten (§ 8b Abs. 4 Satz 9 KStG):

„Sind die Bezüge im Sinne des Abs. 4 Satz 1

KStG nach einem Abkommen zur Vermeidung

der Doppelbesteuerung von der Bemessungs-

grundlage für die Körperschaftsteuer auszu-

nehmen, gilt Abs. 4 Satz 1 KStG ungeachtet des

Wortlauts des Abkommens für diese Freistel-

lung entsprechend“.

5.3 Präferenz für abkommensrechtliche

Lösungen oder Streichung des § 8b

Abs. 4 KStG

Zusätzlich wäre eine Regelung entsprechend § 26

Abs. 1 Satz 2 KStG zu treffen zur Anrechnung der

ausländischen Steuer im Rahmen der deutschen

körperschaftsteuerlichen Besteuerung der Streu-

besitzdividende auf der Empfängerebene. Die

Einfügung eines neuen Treaty Override in die

Streubesitzdividendenbesteuerung (§ 8b Abs. 4

KStG) ist aber rechtspolitisch bedenklich, da dies

im Kontrast zur Einhaltung internationaler Ver-

träge steht. Auch können sich komplexe Folge-

probleme im Zusammenhang mit der Vermei-

dung der Doppelbesteuerung ergeben. Vorzu-

ziehen ist daher ein Lösungsansatz unter

Vermeidung eines Treaty Override. Womöglich

könnten sich abkommensrechtliche Ergänzungs-

protokolle zum DBA anbieten (Art. 59 Abs. 2 GG)

mit Implementierung einer Regelung entspre-

chend zum DBA USA 2008 (Protokoll Nr. 18 zu

Art. 21 Abs. 2) bzw. DBA Liechtenstein 2011, Pro-

tokoll Nr. 7. Eine effektive Lösung wäre zudem

die Abschaffung des § 8b Abs. 4 KStG.

6 Zusammenfassung

Insgesamt spricht einiges dafür, dass die deutsche

Streubesitzdividendenbesteuerung weiterhin ge-

gen Europarecht verstößt. Die im Anschluss an das

EuGH-Urteil C-284/09 (Kommission/Deutschland) –

durch Einfügung des § 8b Abs. 4 KStG – versuchte

europarechtskonforme Ausgestaltung der Streube-

sitzdividendenbesteuerung ist gescheitert. Die

Streubesitzdividendenbesteuerung ist nicht mit

den Regelungen des DBA-Rechts abgestimmt. Auf-

grund dieser steuersystematischen Defizite besei-

tigt § 8b Abs. 4 KStG gerade nicht die unterschied-

liche deutsche Quellenbesteuerung der Streube-

sitzdividende im Hinblick auf den In- und

Auslandsfall. Dies zeigt die zutreffende Vergleichs-

paarbildung (Übersicht 2).20 § 8b Abs. 4 KStG ist

dazu auch gar nicht in der Lage, da diese Norm

nicht die Besteuerung an der Quelle regelt. Eine

europarechtskonforme Ausgestaltung der Streube-

sitzdividendenbesteuerung ist daher de lege lata

noch nicht erfolgt. § 8b Abs. 4 KStG in seiner der-

zeitigen Fassung greift zu kurz. Unter Berücksich-

tigung des skizzierten abkommensrechtlichen

Problems und der europarechtlichen Friktionen

bietet sich daher die Aufhebung von § 8b Abs. 4

KStG und damit eine Rückkehr zum Status quo

ante an. Gleichzeitig sollte § 44a Abs. 9 EStG dahin-

gehend ergänzt werden, dass die einbehaltene

und abgeführte Kapitalertragsteuer auf die Streu-

besitzdividende i.S. von § 8b Abs. 4 KStG in voller

Höhe erstattet wird, wenn Empfängerin eine be-

schränkt steuerpflichtige Körperschaft ist. Dies

wäre auch aus ökonomischer Sicht von Vorteil, da

dadurch die Eigenkapitalzuführung in deutsche

Kapitalgesellschaften, vor allem durch beschränkt

Steuerpflichtige – auch gegenüber der Gesellschaf-

ter-Fremdfinanzierung – gestärkt werden könnte.

Einige Staaten verzichten deshalb unilateral be-

wusst auf die Quellensteuererhebung bei Dividen-

den (UK, Liechtenstein, Slowakei, Brasilien).

» DOC-ID: W1007295

l20 Aus der aktuellen EuGH-Rechtsprechung (C-318/14, C-48/13) lässt sich zudem eine Nichtvergleichbarkeit von in- und ausländischen Betriebsstätten im

Hinblick auf den Besteuerungszugriff des Ansässigkeitsstaates entnehmen, was ggf. auch für die Vergleichspaarbildung relevant sein dürfte (Ableitung hypo-

thetischer Inlandsfall).

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» Ist die deutsche Streubesitzdividendenbesteuerung weiterhin europarechtswidrig?

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| 01.2017 | III

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Wir bieten Ihnen eine echte Perspektive im Mittelstand. Aus Zahlen machen wir Werte. Dafür vereinen wir Fachwissen auf hohem Niveau mit einer Arbeitsatmosphäre, die erfolgs-orientiert, professionell und zugleich auch herzlich ist. Das Ergebnis sind überzeugte Mandanten, zufriedene Mit-arbeiter und das stetige Wachstum unserer Partnerschafts-gesellschaft.

Interesse? Dann sollten wir uns kennenlernen.

Schnorbus Helmhold Wardemann PartGmbBWirtschaftsprüfer Steuerberater RechtsanwälteHerrn WP/StB Bernd GoossensKanalstr. 241460 [email protected]

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Tel. 0211 4561-222 • Fax 0211 4561-206 • E-Mail [email protected] Verlag GmbH • Postfach 320580 • 40420 Düsseldorf

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IDW (Hrsg.)

IDW PS visuellStrukturierte grafische Darstellung aller IDW Prüfungs-standards für die AbschlussprüfungOktober 2016, 160 Seiten, Hardcover, im praktischen Querformat

€ 54,00

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IDW PS: visualisiert, strukturiert & verständlich

Für Prüfungsteams unentbehrlich!

IDW (Hrsg.)

PrüfungspraxisLeitfaden für Prüfungs-

mitarbeiter

November 2015, 128 Seiten,

durchgehend vierfarbig,

Softcover mit Spiralbindung

€ 39,00

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praxiserprobt!

Die Prüfungspraxis ist ein kompakter und übersichtlicher

Leit faden, der den Prüfungsmitarbeiter bei seiner

täglichen Arbeit vor Ort beim Mandanten unterstützt.

Zu jeder Phase der Prüfung gibt das Buch nützliche Hin-

weise und praktische Tipps, welche Prüfungshandlungen

jeweils durchzuführen und welche Punkte dabei besonders

zu beachten sind:

Unterteilung der Abschlussprüfung in Meilensteine

Aufzählung der Prüfungsziele, Schlüsselüberlegungen

und Kerndokumen tationsanforderungen

Vorstellung der zentralen Kernaktivitäten

Alle Themenbereiche werden mit Hilfe von 30 farbigen

Abbildungen, vielen hilfreichen Prozessbeispielen und

über 15 Tabellen anschaulich dargestellt. Gut strukturiert,

auf die wesentlichen Informationen komprimiert wird

dieses Buch zu einem wertvollen Nachschlagewerk bei der

Durchführung von Abschlussprüfungen – der ideale

Begleiter für den Prüferalltag.

Ein zusätzlicher Vorteil liegt in der Spiralbindung

– einmal umgeschlagen, bleibt die geöffnete Seite liegen –

kein lästiges Verblättern mehr.

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Page 64: Gute Compliance – gut für den Börsenkurs · Dr. Manuel Hita Hochgesand » 5 FINANCIAL SERVICES Regulierung des Finanzsektors – Entwicklungen im dritten Quartal 2016 Dr. Max

Wissens-Werte für Prüfer, Berater und Entscheider

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Ihre Praxis

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schnellen Überblick

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ten Themengebieten: Assurance,

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vices, Branchen, Management und

Beratung, Steuern und Recht

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