Grundzüge der Ökologie
WS 2015/16
Maik Bartelheimer, Joachim Kurtz, Elisabeth I. Meyer, Kai Müller
22.10.2015
Einführung
Ökologie als Wissenschaftsdisziplin
Aktuelle Themen
Institutionen/Organisationen und Programme (international/national)
Berufsfelder
Gliederung der Vorlesung / Hinweise
Ernst Heinrich Haeckel (1834-1919)Zoologe, Naturphilosoph
Führte den Begriff „Ökologie“ ein:
1866: „Unter Oecologie verstehen wir die gesammte Wissenschaft von den Beziehungen des Organismus zur umgebenden Aussenwelt, wohin wir im weiteren Sinne alle „Existenz-Bedingungen“ rechnen können. Diese sind theils organischer, theils anorganischer Natur; sowohl diese als jene sind, wie wir vorher gezeigt haben, von der grössten Bedeutung für die Form der Organismen, weil sie dieselbe zwingen, sich ihnen anzupassen „*).
*) Allgemeine Entwicklungsgeschichte der Organismen, S. 286. Berlin
Der Begriff Ökologie
Griechisch: "oikos" - der Haushalt „logos“ - die Lehre von..
Klassische Dreiteilung der Ökologie
Autökologie
Befasst sich mit den Wechselwirkungen zwischen Einzelorganismus und UmweltFragen nach dem Einfluss der Außenbedingungen auf Leistungsfähigkeit, Verhalten und Lebensfunktionen oder die Frage nach der historischen und rezenten Verbreitung von Arten und deren Ursachen.Angewandte Fragestellungen, Versuche unter kontrollierten experimentellen Laborbedingungen.
Demökologie (Populationsökologie)
Wechselwirkungen der Population einer Art mit anderen Populationen derselben oder einer anderen Art bzw. mit den auf sie einwirkenden Umweltfaktoren. Die Demökologie erfasst die Struktur und Dynamik von Populationen, ihre altersmäßige Zusammensetzung, ihr Wachstum und ihre Entwicklung unter dem Einfluss der biotischen und abiotischen Faktoren des Ökosystems.
Synökologie
Betrachtung des Ökosystems in seiner Gesamtheit. Untersucht Gesetzmäßigkeiten im Zusammenleben von Individuen mehrerer Arten in einem Lebensraum.
(https://www.nachhaltigkeit.info/artikel/oekologie_1744.htm)
Autökologie (Existenzökologie/Ökophysiologie): wie erträgt das Tier niedrige Temperaturen und Ca-Konzentrationen?
Populationsökologie: wie hoch ist der Reproduktionserfolg? In welchem Alter setzt Reproduktion ein?
Synökologie ('community ecology'): wie konkurrenzkräftig ist die Art gegenüber anderen Arten?
Ökosystemforschung (=Systemökologie): welchen Beitrag leistet die Art zum Stoffumsatz im Gewässer ?
Landschaftsökologie/Biogeochemie: Welche Klimazonen und Vegetationsbedingungen erlauben die Ansiedlung dieser Zerkleinerer?
Bachflohkrebs Gammarus sp.
Erweiterte Einteilung ökologischer Teildisziplinen, bearbeitete Fragestellungen (beispielhaft)
Umwelteinflüsse wirken sich auf allen Ebenen eines Ökosystems aus: auf die Zellen, das Lebewesen, die Population und ganze Lebensgemeinschaften. Dies setzt physiologische, evolutionäre und ökologische Prozesse in Gang.
Hierarchie der Wirkung von Umwelteinflüssen
Physiographie
Klima, Geologie.Biogeochemie..
http://www.eawag.ch/medien/publ/news/2013_na_03/index, verändert
Ökosystem
Ökologie ist eine Wissenschaft
Empirisch
Experimentell
Theorie- und hypothesengeleitet
Ökologische Nachhaltigkeit – Thema für die Zukunft
beschreibt den langfristigen und rücksichtsvollen Umgang mit (endlichen) natürlichen Ressourcen.
3-Säulen-Modell
(Spindler: Geschichte der Nachhaltigkeit)
„Nachhaltigkeit ist eine Entwicklung, die die Bedürfnisse der gegenwärtigen Generation deckt, ohne die Möglichkeiten der zukünftigen Generationen zu beeinflussen“.(Brundtland, G. H. (1992): United Nations Entwicklungsgipfel, Rio de Janeiro)
http://www.nachhaltigkeit.info/
Interdispizlinariät der Ökologie
Evolutionsbiologie
Ökotoxikologie
Physiologie
Verhalten
Stressbiologie
Landschaftsökologie
Parasitologie
Mikrobiologie
Geobotanik
Naturschutz
Umweltmanagement
Medizin ...
Geowissenschaften
Hydrologie
Hydrogeologie
Agrarökologie
Forstwissenschaft
Ingenieurwissenschaften
Publizistik
Kommunikationswissenschaft
Rechtswissenschaft
Sozioökonomie
Ernährungswissenschaft
...
Ökologie
http://www.bundesheer.at/pool/img/duernkrut_03.jpg
WN 17.10.2015
Aktuelle Themen - Klimawandel
-0.4
-0.2
0
0.2
0.4
0.6
0.8
1
1860 1880 1900 1920 1940 1960 1980 2000
Global Surface Temperature (oC)Relative to 1890-1900 mean
Source: Hadley Centre for Climate Prediction and Research
Herkunft und Einschleppungsvektoren aquatischer Organismen
Aktuelle Themen - Biologische Invasionen
Aktuelle Themen - Verschmutzung
Aktuelle Themen – Zerstörung von Lebensräumen
Aktuelle Themen – Zerstörung von Lebensräumen
Aktuelle Themen – Bevölkerungsexplosion
Biomasse von Nutzfischen (Tonnen pro km2)
1900
Source: Millennium Ecosystem Assessment; Christensen et al. 2003
Aktuelle Themen – Ressourcenübernutzung
Source: Millennium Ecosystem Assessment; Christensen et al. 2003
2000
Aktuelle Themen – Ressourcenübernutzung
Aktuelle Themen – Ressourcenübernutzung
Zusammenfassung aktueller Umweltprobleme
Im Spannungsfeld vielfältiger Selektionsdrucke: Diverse Stressfaktoren und deren Interaktionen wirken auf Individuen und Populationen von Ökosystemen ein und treiben evolutionäre Prozesse an.
http://www.eawag.ch/medien/publ/news/2013_na_03/index
Institutionen / Organisationen und Programme
Organisationen und Programme
Global
Konferenz von San Francisco, 26.05.194550 Staaten unterzeichnen die UN-Charta
Programme und Fonds (Auswahl):
UNEP – United Nations Environmental Programme
WHO – World Health Organisation
UNESCO – United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization
FAO – Food and Agricultural Organization
WMO – World Meteorological Organization
UNDP – United Nations Developmental Programme
World Bank
http://ipcc.ch/
IPCC 1988 eingerichtet
http://millenniumassessment.org/en/
Organisationen und Programme – UN-Milleniumkampagne
UNDP
The United Nations Development Programme is the UN’s global development network, focusing on the challenges of democratic governance, poverty reduction, crisis prevention and recovery, energy and environment, and HIV/AIDS. UNDP also coordinates national and international efforts to achieve the Millennium Development Goals aimed at poverty reduction.
Teilziel 12: Die Grundsätze der nachhaltigen Entwicklung in der Politik und den Programmen der einzelnen Staaten verankern und die Vernichtung von Umweltressourcen eindämmen.
Teilziel 13: Den Verlust der Biodiversität verringern, bis 2010 eine signifikante Drosselung der Verlustrate erreichen.
Teilziel 14: Bis 2015 Halbierung des Anteils der Menschen ohne dauerhaft gesicherten Zugang zu hygienisch einwandfreiem Trinkwasser (von 65 Prozent auf 32 Prozent).
Teilziel 15: Bis 2020 eine deutliche Verbesserung der Lebensbedingungen von mindestens 100 Millionen Slumbewohnern und -bewohnerinnen bewirken.
Organisationen und Programme
Ökologische Nachhaltigkeit
Organisationen und Programme - Europa
Die Umweltnormen der EU gehören zu den strengsten der Welt. Die EU-Umweltpolitik trägt zu einer umweltfreundlicheren Wirtschaft, zum Schutz der Natur und zur Sicherung von Gesundheit und Lebensqualität der Menschen in der EU bei.
Organisationen und Programme - Europa
Organe und Einrichtungen der EU (http://europa.eu/pol/env/index_de.htm):
Europäisches Parlament Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit Rat der Europäischen Union Umwelt Europäische Kommission Umwelt Klimapolitik Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuss Fachgruppe Landwirtschaft, ländliche Entwicklung und Umweltschutz Fachkommission für Umwelt, Klimawandel und Energie (ENVE) Europäische Investitionsbank Europäische Investitionsbank und Umwelt EU-Agenturen
Europäische Umweltagentur, Kopenhagen (seit 1993)
Nationale Institutionen und Programme
Im Ressortbereichdes Bundesumwelt-ministeriums
Im UBA arbeiten Expertinnen und Experten aus allen Bereichen des Umweltschutzes, zum Beispiel aus der Biologie und Chemie, aber auch der Ökonomie sowie den Rechts- und Ingenieurwissenschaften. So können Umweltprobleme von allen Seiten beleuchtet und gute Lösungen entwickelt werden.
Insgesamt hat das UBA rund 1.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an 13 Standorten, davon sieben Messstellen des eigenen Luftmessnetzes
Sonstige Institutionen mit Bezug zu Ökologie/ Umweltschutz und Naturschutz
Vielfältige Tätigkeitsbereiche für Ökologen / Umweltwissenschaflter
Arbeitsfelder – Naturschutz, Sonstige (Beispiele !)
Deutsche Bundesstiftung Umwelt
World Wildlife Fund
(Landesgemeinschaft Naturschutz und Umwelt)
Unvollständig ! Aus: https://de.wikipedia.org/wiki/Naturschutzorganisation#Deutschland
Arbeitsfelder – Naturschutz, Fachreferate, Verbände, ...
Biologische Stationen
Kommunen, Kreise, Landratsämter
Bezirksregierungen
Landesämter
Ministerien der Länder
Polizeidienst
Wasser- und Bodenverbände
RuhrverbandEmscher-/LippeverbandWupperverbandErftverband…...
Landwirtschaftskammern
Arbeitsfelder – Industrie / Betrieblicher Umweltschutz
Arbeitsfelder – Industrie / Betrieblicher Umweltschutz
Weitere Berufsfelder für Ökologen / Umweltwissenschaftler
Arbeitsfelder – Bildungsbereich/Wissenskommunikation (Umweltbildung und Beratung)
Schulen, (Naturschutz)Akademien, Medien (inkl. Print-, IT..), Handelskammern, ...
Arbeitsfelder – Planungsbüros/Ökobüros (angestellt oder „freelancer“)
Arbeitsfelder – Industrie / Betrieblicher Umweltschutz
(„Öko-Audit“, Öko-Audit-Verordnung)
„Eco-Management and Audit-System“
EG-weites, einheitliches System zur Bewertung und Verbesserung des betrieblichen Umweltschutzes.
1993 ff. Inzwischen diverse Weiterentwicklungen inkl. Internat. Verordnungen (nach ISO).
Dabei geht es um eine freiwillige Überprüfung der (organisatorischen) Umweltschutzmaßnahmen nach ökologisch relevanten Anforderungen an Produktionsstandorten. Die nach EG-Öko-Audit validierten Standorte veröffentlichen alle drei Jahre ein Umweltprogramm mit konkreten Verbesserungsplänen. Die Umsetzung wird von unabhängigen Gutachtern überwacht.
Arbeitsmöglichkeiten bestehen sowohl bei der Umsetzung in den Betrieben als auch im Gutachterbereich.
Arbeitsfelder – Industrie / Labore (Inland/Ausland)
Analyselabore
Umweltüberwachung
Altlasten
...
In vielen Industriebetrieben gibt es Ökolabore !
TÜV
Universtäten
Helmholtz-Zentren
Leibniz-Forschungsinstitute
Fraunhofer-Institute
Max-Planck-Institute
PIK
KIT
sonstige Großforschungseinrichtungen (öffentlich, privat) …
Arbeitsfelder – Wissenschaftsbereiche, größere Forschungseinrichtungen
Gesetze, Richtlinien, Konventionen
Richtlinien - Gesetze – Konventionen (exemplarisch)
Europäische Wasserrahmenrichtlinie (EG-WRRL, FWD)
Agrarrichtlinie
Grundwasserrichtlinie
Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie („The Habitats Directive“: FFH-Schutzgebiete, Natura 2000...)
Bundesnaturschutzgesetz
Landesnaturschutzgesetz
Wasserhaushaltsgesetz
Landeswassergesetz
...
§ 1 Zweck
Zweck dieses Gesetzes ist es, durch eine nachhaltige Gewässerbewirtschaftung die Gewässer als Bestandteil des Naturhaushalts, als Lebensgrundlage des Menschen, als Lebensraum für Tiere und Pflanzen sowie als nutzbares Gut zu schützen.
§ 2 Anwendungsbereich
(1) Dieses Gesetz gilt für folgende Gewässer:1.oberirdische Gewässer,2.Küstengewässer,3.Grundwasser.
Es gilt auch für Teile dieser Gewässer.
UN (1992) Convention on Biological Diversity. United Nations, New York, USA
„Biological diversity means the variability among living organisms from all sources including terrestrial, marine and other aquatic ecosystems and the ecological complexes of which they are part; this includes diversity within species, between species and of ecosystems.“
Richtlinien - Gesetze – Konventionen (exemplarisch)
„EG – Wasserrahmenrichtlinie“
... zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik
(Veröffentlicht – und damit Inkraftgetreten - im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften am 22.12.2000)
Umweltpolitisches Ziel der EG-WRRL:
• in 15 Jahren einen guten ökologischen Zustand der Oberflächengewässer, der Küstengewässer und des Grundwassers erreichen
• eine Verschlechterung des ökologischen Zustandes verhindern
Richtlinien - Gesetze – Konventionen (exemplarisch)
Parameter zur Bewertung von Gewässern nach der EG-Wasserrahmenrichtlinie
Biologische Qualitätskomponenten: Lebensgemeinschaften (Fische, Makrophyten, Phytobenthos, Phytoplankton, Makrozoobenthos)
Hydromorphologische Qualitätskomponenten: Wasserhaushalt und Gewässerstruktur
Chemische und physikalische Komponenten: Wasserbeschaffenheit
Richtlinien - Gesetze – Konventionen (exemplarisch)
!
schlecht
sehr gut
schlecht
unbefriedigend
gut und besser gutgut
mäßig
unbefriedigend
mäßig nicht gut
ÖkologischerZustand:
ÖkologischesPotenzial:
ChemischerZustand:
Klassifikation des Gewässerzustandes gemäß EG-WRRL
Bewertet wird:• Abweichung vom natürlichen, gewässertypspezifischen Zustand• Grundsatz: schlechtestes Ergebnis bestimmt Einstufung in Güteklasse
NatürlicherZustand
Stark degradiert
Zu
neh
men
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Ab
wei
chu
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efi zit !
Die Vorlesung
Gliederung der Vorlesung
22.10.15 Einführung
29.10.15 Existenzökologie der Pflanzen
05.11.15 Pflanzenareale
12.11.15 Florenreiche
19.11.15 Biome
26.11.15 Molekulare Ökologie
03.12.15 Autökologie/Existenökologie u. Populationsökologie der Tiere
10.12.15 Ökologische Beziehungen: Konkurrenz, Prädation, Parasitismus, Mutualismus
17.12.15 Lebensgeschichten, Kooperation und Konflikt
07.01.16 Verhaltensökologie, Paarungs- und Sozialsysteme
14.01.16 Evolutionsgenetik und ökologische Genetik
21.01.16 Biogeographie/Ausbreitungsbiologie/Biol. Invasionen
28.01.16 Natürliche und anthropogene Stressoren
04.02.16 Ökosystemdienstleistungen, Ökologische Nachhaltigkeit, Umweltmanagement
11.02.16 Klausur
Lehrbücher
„Ökologie kompakt" von Nentwig, Bacher und Brandl (2. Aufl. 2009)
Auf weitere, spezielle Literatur wird hingewiesen...
„Ökologie“ von Smith u. Smith. Pearson, (6. Aufl.,2009)
Neil A. Campbell / Jane B. ReeceISBN: 978-3-8273-7287-11984 Seiten
Wichtige ökologische Fachzeitschriften
Oecologia Oikos
Ecology(Ecological Society of America)
J. of Ecology/J. Animal Ecology (British Ecological Society)