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Gämsmanagement als Nagelprobe - Aargau · 2006. 10. 31. · Dr. René Urs Altermatt Abteilung Wald...

Date post: 11-Mar-2021
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Gämsmanagement als Nagelprobe Die Aargauer Gämse wird heute bejagt, obwohl sie ge- setzlich geschützt ist. Die Abschüsse helfen Schäden in Feld und Wald lokal zu verhüten. Gesamtkantonal soll die Gämse aber in ihrem Bestand und ihrer Verbreitung weiter gefördert werden. Jagdgemeinschaften haben sich dieser Herausforderung angenommen. Eine angepasste Jagd- planung stellt die Nachhaltigkeit der jagdlichen Nutzung sicher. Das Gämsmanagement wird so zur Nagelprobe für ein alternatives Schutzkonzept. Es ist Aufgabe des Wildtiermanage- ments, Interessenkonflikte zwischen Menschen und Wildtieren in der eng besiedelten und intensiv genutzten Kul- turlandschaft zu entschärfen. Es basiert auf den geltenden rechtlichen – vorab jagd- rechtlichen – Bestimmun- gen, was im Fall der Gämse die Sache nicht vereinfacht! Denn die Gämse darf im Kanton Aargau nicht bejagt werden. Das Gamswild ist seit seiner Wieder- ansiedlung am Villiger Geissberg vor über 45 Jahren bzw. seiner Einwande- rung aus dem Solothurner Jura gesetz- lich geschützt. Trotzdem beschloss der Regierungsrat 1976, jagdliche Eingrif- fe im Dienste der Schadenverhütung zuzulassen. Der Schutz der Aargauer Waldgämse blieb allerdings bestehen. Die Gämse sollte in ihrem Bestand grundsätzlich erhalten und ihre Ver- breitung gefördert werden. Dies stellte die Jagdgesellschaften in schadenbe- troffenen Jagdrevieren vor eine schwie- rige Aufgabe. Die Abschüsse mussten am Ort des Schadengeschehens erfol- gen, wildbiologischen Kriterien genü- gen und grenzüberschreitend koordi- niert sein, um die Zielsetzungen – Schadenverminderung bei gleichzeiti- ger Bestandsförderung – zu erreichen. Die Analyse der getätigten Abschüsse seit 1976, der Schadenentwicklung so- wie der Bestandserhebungen in den Jahren 2001 bis 2003 zeigt denn auch klar einen Optimierungsbedarf auf. Im «UMWELT AARGAU» Nr. 22 wurde darüber berichtet. Jagdgemeinschaften in der Verantwortung Gämsen halten sich nicht an Jagdre- viergrenzen. Zwar leben sie sehr stand- orttreu und bilden klar abgrenzbare Rudel. Das Streifgebiet einzelner Gäm- sen kann aber mehrere Quadratkilo- meter umfassen. Zur Verbesserung der grenzüberschreitenden Zusammenar- beit und Koordination der jagdlichen Eingriffe hat die Sektion Jagd und Fi- scherei deshalb im Frühjahr 2004 die Bildung von Jagdgemeinschaften ange- regt. Mehrere Jagdgesellschaften ha- ben sich zu insgesamt zwei so genann- ten Hegeringen (Jagdgemeinschaften) zusammengeschlossen, in denen auch die betroffenen Forstbetriebe vertreten sind. Die eine Jagdgemeinschaft um- fasst das Gebiet Acheberg–Ramsflue– Egg (Jagdgesellschaften Erlinsbach- Berg, Hungerberg-Egg und Wasserflue- Homberg). Der andere Hegering (Jagd- gesellschaft Wessenberg und Remigen) ist im Raum Geissberg–Hottwilerhorn– Bützberg entstanden. Damit wurden auf organisatorischer Ebene die Voraussetzungen für eine übergeordnete Jagdplanung und wild- biologisch nachhaltige Bejagung ge- schaffen. Den Jagdgemeinschaften wur- de die Verantwortung für die Bestandes- überwachung übertragen. Die Hegering- leiter organisierten zudem eine jähr- liche Trophäenschau zur Erfolgskont- rolle. Dabei wurden das Alter der erleg- ten Tiere anhand der Gehörne bestimmt, die Gehörne zugleich biometrisch er- fasst, die Zählergebnisse analysiert und die Jagdstrecke an den Auflagen der entsprechenden Abschussbewilligungen gemessen. Mark Struch WildArk 031 351 80 01 Dr. René Urs Altermatt Abteilung Wald 062 835 28 50 23 UMWELT AARGAU Nr. 34 November 2006 Natur Gämsböcke werden bei den Frühjahrszählungen deutlich weniger oft beobach- tet. Liegt dies an ihrer einzelgängerischen Lebensweise oder ist dies die Spät- folge früherer Reduktionsabschüsse, bei denen vor allem Böcke in der Jugend- und Mittelklasse – Geissen hingegen kaum – erlegt wurden? Foto: Peter Schild
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Page 1: Gämsmanagement als Nagelprobe - Aargau · 2006. 10. 31. · Dr. René Urs Altermatt Abteilung Wald 062 835 28 50 UMWELT AARGAU Nr. 34 November 2006 23 Natur Gämsböcke werden bei

Gämsmanagement als NagelprobeDie Aargauer Gämse wird heute bejagt, obwohl sie ge-setzlich geschützt ist. Die Abschüsse helfen Schäden inFeld und Wald lokal zu verhüten. Gesamtkantonal soll dieGämse aber in ihrem Bestand und ihrer Verbreitung weitergefördert werden. Jagdgemeinschaften haben sich dieserHerausforderung angenommen. Eine angepasste Jagd-planung stellt die Nachhaltigkeit der jagdlichen Nutzungsicher. Das Gämsmanagement wird so zur Nagelprobe für ein alternatives Schutzkonzept.

Es ist Aufgabe des Wildtiermanage-ments, Interessenkonflikte zwischenMenschen und Wildtieren in der engbesiedelten und intensiv genutzten Kul-

turlandschaftzu entschärfen.Es basiert aufden geltendenrechtlichen –vorab jagd-rechtlichen –Bestimmun-

gen, was im Fall der Gämse die Sachenicht vereinfacht! Denn die Gämsedarf im Kanton Aargau nicht bejagtwerden.Das Gamswild ist seit seiner Wieder-ansiedlung am Villiger Geissberg vor

über 45 Jahren bzw. seiner Einwande-rung aus dem Solothurner Jura gesetz-lich geschützt. Trotzdem beschloss derRegierungsrat 1976, jagdliche Eingrif-fe im Dienste der Schadenverhütungzuzulassen. Der Schutz der AargauerWaldgämse blieb allerdings bestehen.Die Gämse sollte in ihrem Bestandgrundsätzlich erhalten und ihre Ver-breitung gefördert werden. Dies stelltedie Jagdgesellschaften in schadenbe-troffenen Jagdrevieren vor eine schwie-rige Aufgabe. Die Abschüsse musstenam Ort des Schadengeschehens erfol-gen, wildbiologischen Kriterien genü-gen und grenzüberschreitend koordi-niert sein, um die Zielsetzungen –Schadenverminderung bei gleichzeiti-

ger Bestandsförderung – zu erreichen.Die Analyse der getätigten Abschüsseseit 1976, der Schadenentwicklung so-wie der Bestandserhebungen in denJahren 2001 bis 2003 zeigt denn auchklar einen Optimierungsbedarf auf. Im«UMWELT AARGAU» Nr. 22 wurdedarüber berichtet.

Jagdgemeinschaften in der VerantwortungGämsen halten sich nicht an Jagdre-viergrenzen. Zwar leben sie sehr stand-orttreu und bilden klar abgrenzbareRudel. Das Streifgebiet einzelner Gäm-sen kann aber mehrere Quadratkilo-meter umfassen. Zur Verbesserung dergrenzüberschreitenden Zusammenar-beit und Koordination der jagdlichenEingriffe hat die Sektion Jagd und Fi-scherei deshalb im Frühjahr 2004 dieBildung von Jagdgemeinschaften ange-regt. Mehrere Jagdgesellschaften ha-ben sich zu insgesamt zwei so genann-ten Hegeringen (Jagdgemeinschaften)zusammengeschlossen, in denen auchdie betroffenen Forstbetriebe vertretensind. Die eine Jagdgemeinschaft um-fasst das Gebiet Acheberg–Ramsflue–Egg (Jagdgesellschaften Erlinsbach-Berg, Hungerberg-Egg und Wasserflue-Homberg). Der andere Hegering (Jagd-gesellschaft Wessenberg und Remigen)ist im Raum Geissberg–Hottwilerhorn–Bützberg entstanden.Damit wurden auf organisatorischerEbene die Voraussetzungen für eineübergeordnete Jagdplanung und wild-biologisch nachhaltige Bejagung ge-schaffen. Den Jagdgemeinschaften wur-de die Verantwortung für die Bestandes-überwachung übertragen. Die Hegering-leiter organisierten zudem eine jähr-liche Trophäenschau zur Erfolgskont-rolle. Dabei wurden das Alter der erleg-ten Tiere anhand der Gehörne bestimmt,die Gehörne zugleich biometrisch er-fasst, die Zählergebnisse analysiert unddie Jagdstrecke an den Auflagen derentsprechenden Abschussbewilligungengemessen.

Mark StruchWildArk031 351 80 01Dr. René Urs AltermattAbteilung Wald062 835 28 50

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Gämsböcke werden bei den Frühjahrszählungen deutlich weniger oft beobach-tet. Liegt dies an ihrer einzelgängerischen Lebensweise oder ist dies die Spät-folge früherer Reduktionsabschüsse, bei denen vor allem Böcke in der Jugend-und Mittelklasse – Geissen hingegen kaum – erlegt wurden?

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Keine Bejagung ohne JagdplanungIm Juli 2004 wurde den Jagdgemein-schaften Acheberg-Ramsflue-Egg undGeissberg-Hottwilerhorn-Bützberg imRahmen eines zweijährigen Versuchseine Bewilligung zum Abschuss einzel-ner schadenstiftender Gämsen erteilt.Die maximale Abschusszahl orientier-te sich an der Zuwachsrate der Gäms-bestände. Aufgrund der Lebensraum-qualität wurde mit einer Zuwachsratevon 15 Prozent gerechnet. Bezugs-punkt war der Bestand im Frühling.Somit durften im Raum Geissberg mitrund 100 Tieren maximal 15 und im

Raum Wasserfluh mit etwa 50 Tierenmaximal 8 erlegt werden.Die Qualität des jagdlichen Eingriffsrichtete sich nach den Zielsetzungendes kantonalen Gämsmanagements. Er-legt werden sollten zur Hauptsache –mindestens 60 Prozent – Tiere bis zumAlter von dreieinhalb Jahren (Jugend-klasse). Besonderes Augenmerk galtdem Abschuss weiblicher Tiere (Kitze,Jährlinge und nicht führende Geissen).Die Mittelklasse, viereinhalb- bis neun-einhalbjährige Tiere, galt es zu scho-nen. Der Eingriff in die Altersklasse(älter als neuneinhalb Jahre) sollte zu-rückhaltend und bevorzugt nur bei den

Geissen erfolgen. Das Geschlechter-verhältnis männlich zu weiblich dergesamten Jagdstrecke sollte ausgegli-chen sein oder leicht unter eins liegen.Nebst der Quantität und der Qualitätdes Abschusses waren auch räumlicheAspekte zu berücksichtigen. Die Ab-schüsse sollten schwerpunktartig indenjenigen Wald- und Grünlandflächengetätigt werden, in denen die Schädenam grössten sind.

Qualität des jagdlichen EingriffsDie Jagdstrecken der Jahre 2004 und2005 wurden jeweils im Frühjahr imRahmen einer Erfolgskontrolle analy-siert. Die Auswertung zeigte, dass bei-de Jagdgemeinschaften sorgfältig ge-arbeitet haben. Die maximal erlaubteAbschussquote wurde nicht erreicht. Die Abschüsse in der Jugendklasse be-trafen hauptsächlich Kitze und Jährlin-ge – zirka 70 Prozent –, gefolgt vonzwei- und dreieinhalbjährigen Tierenmit rund 30 Prozent. In beiden Ver-suchsjahren wurden erfreulicherweisekeine Gämsgeissen mit säugenden Kit-zen erlegt, obwohl es im Wald sehrschwierig ist, Alter und Geschlecht derTiere korrekt zu bestimmen. Die Scho-nung der Mittelklasse sowie die zu-rückhaltende Bejagung der Altersklas-se wurden weit gehend eingehalten.Die Auflagen der erteilten Bewilligun-gen konnten also erfolgreich umge-setzt werden.

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Bei der Bejagung der weiblichen Gämsen sollten führende Geissen nicht vomKitz weg geschossen werden, weil junge Gämsen weit über die Säugezeit hin-aus auf die Mutter angewiesen sind. Führende Geissen sind aber im Wald nichtleicht anzusprechen, was die Bejagung der weiblichen Tiere stark erschwert.

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In den beiden Kerngebieten der Aargauer Gämspopulation haben sich zwei Jagdgemeinschaften etabliert. Es sind diesdie Jagdgemeinschaft Acheberg-Ramsflue-Egg und die Jagdgemeinschaft Geissberg-Hottwilerhorn-Bützberg.

Gämszählung Kanton Aargau,Frühling 2006 – Kerngebiet Wasserfluh

Gämszählung Kanton Aargau,Frühling 2006 – Kerngebiet Geissberg

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Wald und Feld als «Fiebermesser»Die Jagd hat die Aufgabe, die von wildlebenden Tieren verursachten Schädenam Wald und an landwirtschaftlichenKulturen auf ein tragbares Mass zu be-grenzen. Wald und Feld werden alsozum «Fiebermesser» für einen den ört-lichen Verhältnissen angepassten Wild-bestand. Im Falle der Aargauer Gämsewurden Grasverluste im Wiesland imRaum Acheberg und Verbissschäden anjungen Waldbäumen im Raum Geiss-berg beklagt. In beiden Fällen hat dieschwerpunktartige Bejagung der Gäm-se erste Wirkung gezeigt. Es darf dabeinicht ausser Acht gelassen werden,dass auch andere Schalenwildarten ander jeweiligen Schadensituation betei-ligt sein können. Die Rede ist vomReh, das sich im Wald ebenfalls gernean Jungbäumen gütlich tut. Eine Unter-scheidung der Verbissschäden ist sehrschwierig und hätte kostenintensiveUntersuchungen mit unsicherem Aus-gang zur Folge. Deshalb kann es nurdarum gehen, die allgemeine Verbissbe-lastung durch gutachterliche Einschät-zungen des zuständigen Revierförsterslokal zu kontrollieren und über dieJagdplanung – insbesondere auch beimRehwild – auf ein tragbares Mass zu re-duzieren. Forstliche Massnahmen kön-nen einen wichtigen Teil dazu beitra-gen, indem gezielt Verjüngungsflächenangelegt, das Äsungsangebot verbessertund eine Naturverjüngung mit stand-

ortgerechter Baumartenwahl bevorzugtwird. Jäger, Förster und Waldeigentü-mer sind gemeinsam gefordert.

Bestandsüberwachung seit 2002Die Bejagung der Aargauer Gämsemuss nachhaltig erfolgen, will sie dengesetzlich festgelegten Schutzstatusernst nehmen. Die Bestandsüberwa-chung ist in diesem Zusammenhang –nebst der Jagdplanung und der Analy-se der jagdstatistischen Daten – vonzentraler Bedeutung. Deshalb wurde imJahr 2002 ein jagdrevierübergreifen-des Monitoring etabliert, das sich vor-erst auf die beiden Hauptverbreitungs-gebiete der Aargauer Gämse, das heisstauf die beiden Kerngebiete Geissbergund Wasserfluh beschränkte. Es gibtallerdings aktuelle Hinweise, dass sichim Vergleich etwa zur Situation 2002zunehmend auch kleinere Gämsrudelausserhalb der Kerngebiete anzusie-deln beginnen. Dies wäre nach Jahr-zehnten der Bestandsstagnation eineerfreuliche Entwicklung und läge imInteresse des kantonalen Gämsmana-gements.Die Erhebung der Gämswildbeständeerfolgte seit 2002 jeweils vor Beginn derVegetationsperiode im Februar/März.In zwei aufeinander folgenden Simul-tanbeobachtungen am Abend und amfolgenden Morgen wurden die Tierevon denselben Beobachtungspunkten

aus gezählt und protokollarisch erfasst.Die beobachteten Tiere wurden nachden Kategorien Kitze, Jährlinge, er-wachsene Geissen, erwachsene Böckeoder unbestimmte Gämsen eingeteilt.Im Anschluss an jede Teilzählung berei-nigten die Beobachter allfällige Dop-pelzählungen. Pro Zählgebiet warenzwischen 10 und 15 Beobachter – aus-gerüstet mit Feldstechern und Fernroh-ren – im Einsatz. Die maximale Anzahlbeobachteter Gämsen bestimmte dieBestandsgrösse.Nachdem die Bestände von 2002 bis2005 stetig zugenommen haben undgemäss den Zählungen im Frühjahr2005 ein Bestand von rund 170 Tierenerfasst wurde, führte die Zählung 2006mit maximal rund 135 Tieren zu einemkleineren Wert.Daraus darf allerdings noch kein effek-tiver Bestandsrückgang abgeleitet wer-den. Die Frühjahrszählungen zeigenweiter, dass sowohl an der Wasserfluhwie am Geissberg jeweils deutlich we-niger Böcke als Geissen gezählt wer-den. Dies könnte an der einzelgängeri-schen Lebensweise der Böcke im Früh-jahr liegen, weil dann nicht alle männ-lichen Tiere erfasst werden. Es könnteaber auch das Ergebnis früherer Re-duktionsabschüsse sein, bei denen vorallem Böcke in der Jugend- und Mittel-klasse – Geissen hingegen kaum – er-legt wurden. Künftige Zählungen wer-den über die Bestandsentwicklung undPopulationsstruktur mehr Klarheit ver-

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Entwicklung der Gämsjagdstrecke im Kerngebiet Wasserfluh

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Dargestellt sind die Geschlechtskategorien (Bock und Geiss) sowie die Altersklassen (Jugendklasse: 0,5- bis 3,5-jährig;Mittelklasse: 4,5- bis 9,5-jährig; Altersklasse >9,5-jährig). Die Rubrik «Total Ist» zeigt die Zahl der effektiv erlegtenTiere. Die Abschussvorgabe des Kantons ist in der Rubrik «Total Soll» dargestellt.

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schaffen. Zudem soll die Verbreitungs-karte durch eine grossräumige Umfra-ge ergänzt und mit den Ergebnissen ei-ner Abklärung des Lebensraumpoten-zials für das Gamswild verglichen wer-den. Daraus können unter anderemMassnahmen im Hinblick auf die Le-bensraumvernetzung abgeleitet werden.

Gämsmanagement als NagelprobeDie Ergebnisse der Bestandsüberwa-chung, die Einschätzung waldbaulicherund landwirtschaftlicher Schadensitu-ationen und die Analyse des jagdlichenEingriffs lassen den Schluss zu, dass derzweijährige Versuch zur lokalen Scha-denverhütung im bestehenden Rahmenweitergeführt werden kann und soll,ohne die Zielsetzungen des kantonalenGämsmanagements zu gefährden. Die sich abzeichnende moderate Aus-weitung der Gämsbestände in weitere,für sie geeignete Lebensräume ausser-halb der Kernregionen Wasserfluh undGeissberg stimmt zuversichtlich undbelegt die Nachhaltigkeit der ergriffe-nen Massnahmen bzw. der aktuellenJagdplanung. Schadenstiftende Gäm-sen sollen vereinzelt und schwerpunkt-artig bejagt werden, wobei speziell dasGeschlechterverhältnis und die Scho-nung der Mittelklasse beachtet werdensollen. Da der Einfluss der Gämse aufihren Lebensraum nicht isoliert betrach-

tet werden kann, muss die lokale Scha-densituation stets im Lichte eines ganz-heitlichen Schalenwildmanagementsanalysiert werden. Es ist die Kunst undHerausforderung einer modernen, en-gagierten Jagdgemeinschaft, unter Ein-bezug tangierter Interessen vorurteils-frei und uneigennützig die adäquatenSchlüsse zum Wohle der Wildtiere undderen Lebensräume zu ziehen. Ein indiesem Sinne gelebtes Wildtiermana-gement wirft schliesslich die Frage auf,ob die historisch gewachsene Trennungvon Schutz und Nutzung den heutigen

Problemsituationen noch gerecht wer-den kann. Mit anderen Worten: Machtes im Falle der Aargauer Gämse Sinn,deren Schutz per Buchstaben und mit-tels administrativ aufwändiger Sonder-abschussbewilligungen sicherzustellen?Oder wäre es nicht ebenso denkbar,den Schutz durch eine wildbiologischnachhaltige und konsequent umgesetz-te Jagdplanung sowie durch ein wirk-sames Monitoring der entscheidendenKenngrössen zu garantieren? Das lau-fende Gämsmanagement wird in die-ser Hinsicht zur Nagelprobe.

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Dargestellt sind die Daten aus den Gämszählungen 2002 bis 2006. Die Berechnungen basieren jeweils auf der Maxi-malzahl der angesprochenen Alterskategorien während einer Zählung.

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Jagdstrecke und Bestandsgrösse

Die Beurteilung der jährlichen Gämsjagdstrecke und Bestandsgrösse ist integ-rierender Bestandteil einer nachhaltigen Jagdplanung. Die Aargauer Gämsesoll in ihrem Bestand gefördert werden. Jagdliche Eingriffe dienen der lokalenSchadenabwehr.


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