Für Mensch & Umwelt
Glyphosat – ein besonderes Herbizid in der aktuellen Umweltrisikobewertung ?
Tagung „Roundup & Co“ 3. Dezember 2014
der aktuellen Umweltrisikobewertung ?
Steffen MatezkiFachgebiet IV 1.3 / Pflanzenschutzmittel
Glyphosat – ein besonderes Herbizid in der aktuellen Umweltrisikobewertung ?
Ein Wirkstoff im Visier der Umweltrisikobewertung ?
Besonderheiten für die Umweltbewertung von Glyphosat & Co.
1) Berücksichtigung freier wissenschaftliche Literatur
2) Besondere Umweltrisiken von Glyphosat?
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2) Besondere Umweltrisiken von Glyphosat?
3) Glyphosat und AMPA in Gewässern
4) Die Rezeptur bestimmt die Giftigkeit -Kritische Beistoffe im Fokus
5) Glyphosat & Co und die biologische Vielfalt
Tagung „Roundup & Co - Gefahren für Gesundheit, Umwelt und eine nachhaltige Nahrungsproduktion “03.12.2014
Glyphosat – ein besonderes Herbizid in der aktuellen Umweltrisikobewertung ?
Ein Wirkstoff im Visier der Umweltrisikobewertung auf EU-Ebene ?
Wirkstoffbewertung kurz gefasst
•Überprüfung der grundsätzlichen Eignung des Wirkstoffs auf Verwendung in Pflanzenschutzmittel alle 10 Jahre
•Gemeinschaftsverfahren = Mitgliedsstaaten (MS) + EFSA
•Bewertungsbericht wird von einem berichterstattenden Mitgliedsstaat (RMS) erstellt
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Bewertungsbericht wird von einem berichterstattenden Mitgliedsstaat (RMS) erstellt
•In einem PeerReview wird Bewertungsbericht des RMS gemeinsamer Prüfung durch EFSA und MS unterzogen
•Wer erstellt welchen Bewertungsbericht zu Glyphosat? •(Draft) Renewal Assessment Report (RAR) des RMS DE• eigener Bewertungsbericht der EFSA basierend auf RAR und dem Ergebnis des gemeinsamen PeerReviews
• Bearbeitung in DE durch 4 Behörden (BVL, BfR, JKI, UBA) wegen unterschiedlicher fachlicher Zuständigkeiten
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> 900 Publikationen
(peer-reviewed)
Glyphosat – ein besonderes Herbizid in der aktuellen Umweltrisikobewertung ?
1) Berücksichtigung freier wissenschaftliche Litera tur Beispiel: Publikationen zu Abschnitt B9 (Ökotoxikologie)
Runde 1:Notifizierer:
ca. 700 http://pixgood.com/
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Runde 1: stakeholder: ca. 100
(>60 überlappend)
Runde 2:NOT, UBA, MS, EFSAandere stakeholder
162Derzeit in Prüfung;
*unsortierte Studien zu Human- und Ökotoxizität
Runde 2:Missed – Dismissed
-Liste (PAN)260*
Derzeit in Prüfung?
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Runde 1: vor RAR-ErstellungRunde 2: nach RAR-Erstellung
Stand 12/2013:Ca. 200 Studien als UBA-
Kategorie 1,2 und 3;
wenige Studien in Kategorie 1 (highly reliable
and relevant for RA)
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2) Besondere Umweltrisiken von Glyphosat?
Glyphosat – ein besonderes Herbizid in der aktuellen Umweltrisikobewertung ?
b) die größte Besonderheit für die Umweltbewertung ist der massive Einsatz von Glyphosat
Risiken für NichtzielorganismenVögel und Säuger: Risiko vertretbar - jaArthropoden: Risiko vertretbar - ja
a) Glyphosat ist nicht ungünstiger in seinen Umwelteigenschaften als andere Breitbandherbizide
Indirekte Effekte (Nahrungsnetz-Effekte)
Risikomanagement erforderlich?
Direkte Effekte
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Arthropoden: Risiko vertretbar - jaBodenmesofauna: Risiko vertretbar -Bodenmikrofauna: Risiko vertretbar -Pflanzen: Risiko vertretbar jaAquatische Org.: Risiko vertretbar -
Grundwasser: Risiko vertretbar ohne Management (auf EU-Ebene)
Cut-off-Kriterien: Glyphosat erfüllt nur P, jedoch nicht B, T und ED
Metabolite: AMPA und andere Metaboliten sind nicht Risiko-bestimmend
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3) Glyphosat und AMPA in Gewässern
Glyphosat – ein besonderes Herbizid in der aktuellen Umweltrisikobewertung ?
In Deutschland läuft Monitoring in den Gewässern (OFG, GW) in der Zuständigkeit der Bundesländer.
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Oberflächengewässer
Gehäuftes Auftreten von Glyphosat und AMPA in kleineren Gewässern möglich, aber höchste Konzentrationen i.d.R. unterhalb der regulatorisch akzeptablen Konzentration von 560 µg/L (Glyphosat) und 1200 µg/L (AMPA)
Grundwasser
LAWA-Ergebnisse aus 2008, 2009 und 2011 ergeben 0,4 bis 0,5% der Messungen mit > 0,1µg Glyphosat/L (bei > 1500 Messungen im Jahr)
Risikomanagement;
direkte Versickerung unwahrscheinlich (hohe Adsorption); run-off + Uferfiltration möglich �NG-Auflagen + Begrenzung der Aufwandmenge auf 1,8 kg Wirkstoff/ha und 3,6 kg a.s. insgesamt im Jahr
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3) Glyphosat und AMPA in Gewässern
Glyphosat – ein besonderes Herbizid in der aktuellen Umweltrisikobewertung ?
Oberflächengewässer
Europaweiter Daten zu Oberflächengewässermonitoring im RAR zu Glyphosat enthalten (Horth, 2012):
Glyphosat in 75000 Messungen von 4000 Meßstellen(1993-2011) in 23% mit > 0,1 µg/L gefunden. Maximale Werte zwischen 1,3 bis 370 µg/L.
Monitoring in den Gewässern in Europa
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Werte zwischen 1,3 bis 370 µg/L.
AMPA in 56700 Messungen von 3000 Meßstellen (1997-2011) in 46% mit > 0,1 µg/L gefunden. Maximale Werte zwischen 0,22 bis >200 µg/L.
Grundwasser
Glyphosat in 0,64% mit > 0,1 µg/L (bei 66662 Messstellen)
AMPA in 0,77% mit > 0,1 µg/L (bei 51652 Meßstellen)
Weitere Studien mit teilweise Überschreitungen aus IT, DE, NL, DK, FR und SP inkl. Details zu Fundaufklärung.
PECmax, OFG i.d.R. < RAC
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4) Die Rezeptur bestimmt die Giftigkeit – kritische Beistoffe
Beistoffe bestimmen akute Toxizität gegenüber Fisch/ Amphibien
Polyethoxylierte Tallowaminem als NETZMITTEL (Tenside) in Glyphosat-haltigen Mitteln
Akute Fisch-Toxizität steigt mit dem Anteil kritischer Beistoffe in Glyphosat-Produkten
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1. POEA-Problematik ist im RAR zu Glyphosat dargestellt (Beispielformulierung ohne POEA!)
2. Kenntnis der Rezeptur für Interpretation von Wirkungen unerlässlich!
3. Unerwünschte Beistoffe in Pflanzenschutzmittel sind zu vermeiden bzw. auszutauschen !
Entnommen aus GlyphosatRAR (2013), Vol. 3, Appendix zu Teil B9, Seite 195
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5) Glyphosat & Co und die biologische Vielfalt
Glyphosat – ein besonderes Herbizid in der aktuellen Umweltrisikobewertung ?
59% aller verkauften
Wirkstoffe sind Herbizide
Glyphosat macht davon
Hohe Umweltrelevanz allein durch Anteil und Menge…
31% der Landesfläche bestehen aus Ackerbauflächen (konventionell)
Davon werden je nach Kultur zwischen 31% bis 87% der Anbauflächen mit
Hohe Umweltrelevanz auch im Bezug auf die behandelte Fläche…
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Glyphosat macht davon
ca. 1/3 aus
(5359 Tonnen)
(Quelle: BVL, 2013: Inlandsabsatz 2012)
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31% bis 87% der Anbauflächen mit Glyphosat-Mitteln behandelt.
Getreide an Spitze mit 50% Anteil an der ausgebrachten Gesamtmenge
(Quelle: DESTATIS 2012, Dickeduisberg 2012;Stichprobenerhebung für 2009)
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5) Glyphosat & Co und die biologische Vielfalt
In Intensivagrarlandschaften fehlt typischen Agrarvögeln und anderen Arten ein ausreichendes Nahrungsangebot in und um die
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Beispiel einer typischen Agrarlandschaften aus Sachsen-Anhalt
Quelle: GoogleMaps 2011
Veränderte Rahmenbedingungen in der Agrarlandschaft haben das Nahrungsproblem verschärft.
(Wegfall von Stilllegungsflächen und Rückgang von Grünland)
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Nahrungsangebot in und um die Ackerflächen.
Glyphosat – ein besonderes Herbizid in der aktuellen Umweltrisikobewertung ?
5) Glyphosat & Co und die biologische Vielfalt
..indirekte Effekte sind zwar nicht die alleinige Ursache, sind jedoch tragen wesentlich dazu bei (siehe Review von Jahn et al, 2013).
Biodiversitätsschwund in der Agrarlandschaft…
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Intensiver Einsatz von Herbiziden setzt an der untersten Ebene der Nahrungskette an.
PSM-Risiken für die Biodiversität zu regulieren erfordert, indirekte Effekte in Risikobewertung und -Management zu adressieren.
Aber wie?
Entnommen aus Vögel in Dtl., 2013
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5) Glyphosat & Co und die biologische Vielfalt
- Berücksichtigung der Auswirkungen auf Biodiversität via indirekter Effekte im RAR zu Glyphosat
- Ausgleichsmaßnahmen als Option des Management von indirekten PSM-Auswirkungen generell umsetzen
- Reduzierung des PSM-Einsatz auf das wirtschaftlich zumutbare notwendige Maß
- Förderung von Anbauverfahren ohne oder mit
Indirekte Effekte als Teil der Risikobewertung etablieren,
Indirekte Effekte vermeiden, wo möglich
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- Förderung von Anbauverfahren ohne oder mit reduziertem Einsatz von Glyphosat & Co
- Ausgleichsmaßnahmen in das Risikomanagement und die landwirtschaftliche Praxis integrieren, um ausreichend Nahrung und Räume für Biodiversität in der Agrarlandschaft zu schaffen.
- Unbehandelte Feldfruchtflächen (Conservation headlands)- „Beetle banks“ (unbepflanzte temporäre Wälle)- Blühstreifen u. ä.- Standzeiten von Stoppelflächen mit Selbstbegrünung erhöhen- Brachflächen
Indirekte Effekte ausreichend kompensieren, wo sie nicht vermeidbar und relevant sind.
20%-Ziel
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Glyphosat – ein besonderes Herbizid in der aktuellen Umweltrisikobewertung ?
Zusammenfassung (einer umweltbezogenen Perpektive)
Die grundsätzliche Eignung von Glyphosat als Pflanzenschutzmittelwirkstoff steht basierend auf den derzeitigen Erkenntnissen im Umweltbereich nicht in Frage.
Eine hohe Umweltrelevanz ergibt sich nicht aus den Umwelteigenschaften von Glyphosat, sondern aus der mengen- und flächenmäßige Intensität des Einsatzes bestimmt die Umweltrelevanz.
Berücksichtigung der Risiken des PSM-Einsatzes für die Biodiversität erfordert neue Wege in Risikobewertung und -management, da Risiken durch indirekte Effekte bei notwendigem PSM-Einsatz unvermeidbar sind �Ausgleichsmaßnahmen als Managementoption implementieren
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Einsatz unvermeidbar sind �Ausgleichsmaßnahmen als Managementoption implementieren
Substitutionsdiskussionen führen am (Umweltschutz-) Ziel vorbei („Teufel mit dem Beelzebubaustreiben“?) Stattdessen: Fokus auf Reduzierung des PSM-Einsatzes und der Risiken insgesamt.
„Die Rezeptur der Mischung macht das Gift“ – kritische (bedenkliche) Beistoffe sind unerwünscht. Erkennung nicht immer einfach. Substitution kann langwierig sein.
Die Berücksichtigung freier wissenschaftlicher Literatur ist für die EU-Wirkstoffbewertung ein sehr großer Fortschritt. Notwendigkeit des Austauschs mit Wissenschaft mit dem Ziel der Optimierung.
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Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
10.11.2014 Besuch Frau Klasen – FG IV 1.3 14
Aufmerksamkeit! Steffen [email protected]
www.uba.de/