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Glückliche Tage Happy days Samuel Beckett Günter Rainer ... · Glückliche Tage Happy days von...

Date post: 16-Oct-2019
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Glückliche Tage Happy days von Samuel Beckett In der Übersetzung von Erika und Elmar Tophoven Alexandra Sommerfeld und Günter Rainer Inszenierung Sabine Mitterecker Klangregie Wolfgang Musil Ausstattung und Skulptur Alexandra Pitz Dramaturgie Uwe Mattheiß Regieassistenz Julia Thym Ausstattungsassistenz Veronika Harb Lichttechnik M.ä.e.c.k.s Produktion Tereza Kotyk Pressebetreuung Barbara Pluch, Tereza Kotyk Artwork/Grafik Eva Dranaz Foto/website Jochen Fill Produktion Galerie Clara Sargant, Christian Glatz, Franziska Heubacher, Elisa Sattig Eine Produktion von THEATER.punkt in Zusammenarbeit mit Galerie Elisabeth & Klaus Thoman Spenden Unterstützen Sie unsere Arbeit: www.theaterpunkt.com/spenden (IBAN: AT11 6000 0005 1005 1173, Empfänger: Theaterverein THEATER.punkt Verwendungszweck: meine Spende) Aufführungsrechte beim S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main Dank an: Architekt DI Wolfgang Mitterecker, Wien Museum, mumok, Waltraud Bachinger, Liquid Loft, Siglind Güttler, Bernhard Werschnak, Buchhandlung Leporello, Ernst Wagner Ing., Zweischneidig 1070
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Glückliche Tage Happy daysvon Samuel BeckettIn der Übersetzung von Erika und Elmar Tophoven

Alexandra Sommerfeld und Günter Rainer

Inszenierung Sabine MittereckerKlangregie Wolfgang MusilAusstattung und Skulptur Alexandra PitzDramaturgie Uwe Mattheiß

Regieassistenz Julia ThymAusstattungsassistenz Veronika HarbLichttechnik M.ä.e.c.k.sProduktion Tereza KotykPressebetreuung Barbara Pluch, Tereza KotykArtwork/Grafik Eva Dranaz Foto/website Jochen FillProduktion Galerie Clara Sargant, Christian Glatz, Franziska Heubacher, Elisa Sattig

Eine Produktion von THEATER.punkt in Zusammenarbeit mit Galerie Elisabeth & Klaus Thoman

Spenden Unterstützen Sie unsere Arbeit: www.theaterpunkt.com/spenden(IBAN: AT11 6000 0005 1005 1173, Empfänger: Theaterverein THEATER.punkt Verwendungszweck: meine Spende)

Aufführungsrechte beim S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main

Dank an: Architekt DI Wolfgang Mitterecker, Wien Museum, mumok, Waltraud Bachinger, Liquid Loft, Siglind Güttler, Bernhard Werschnak, Buchhandlung Leporello, Ernst Wagner Ing., Zweischneidig 1070

Glückliche Tage

Sie spricht unaufhörlich, kommt aber nichtvom Fleck – er bewegt sich nur manchmal,spricht wenig. Ein Paar, Mann und Frau, in jedem Fall eine Schauspielerin und ein Schauspieler. Winnie (Alexandra Sommerfeld), um die 50, bis zur Hüfte fixiertwie eine Pflanze, sortiert ihre alltäglichenHabseligkeiten, hat ein Hütchen und einenSchirm, der aus ungeklärter Ursache manchmal Feuer fängt. Willie (Günter Rainer),dösend, Zeitung lesend, trägt noch einmalden feinen Anzug, doch der aufrechte Gang,der ihn zur Geltung bringt, ist dahin.

Auf ein schrilles Klingeln setzt Winnies Rede ein, ein Erzählstrom präzise getaktetwie ein Uhrwerk. Erinnerungen an eine vermeintlich gute alte Zeit mischen sich mit Literaturzitaten und optimistischen Zurüstungen - zwischen den Idyllen tauchenVerluste und traumatische Erfahrung auf und ab. Alles endet immer wieder in der Anrufung eines neuen womöglich glücklichen Tages.

Gesellschaft ist längst abwesend, nicht aber die Prägungen, die ihre Prozesse am „letztenPaar“ und ihren Körpern hinterlassen haben. Es bleibt eine Nachgeschichte, in der alleZwänge, aber auch alle Möglichkeiten ge -fallen sind. Dieser Raum voraussetzungs loserFreiheit wird allein strukturiert durch die Präzision und Musikalität der BeckettschenSprache.

Sie gibt Spielanordnungen vor und damit Rituale dessen, was immer schon gedacht, immer schon getan und immer schon gesagt worden ist. Versatzstücke des eigenen alltäglichen Lebens überraschen darin wie archäologische Fundstücke. Nur das Spiel öffnet noch einmal Räume fürdie Erinnerung, wie es war, Mensch gewesenzu sein – bis zum nächsten Klingelzeichen.Nach der Apokalypse ist vor der Apokalypse.

Something Magical May Happen

Samuel Becketts Todestag jährt sich am 22. Dezember 2019 zum 30. Mal. Vor einem halben Jahrhundert wurde er mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet.Der feierlichen Preisverleihung 1969 in Stockholm blieb der Autor fern wie Jahrzehntenach ihm Elfriede Jelinek. Er hat sein literari-sches Werk in der Abstraktion auf die Spitzegetrieben und es so konsequent wie kaum ein anderer nach ihm von der Last befreit, die Welt zu bebildern, Geschichten zu erzählen oder gesicherte Bedeutungen davon zu vermitteln, wovon die Rede ist.Sätze werden zu Fragmenten, Worte und Bedeutungen gehen keine stabilen Verhältnisse mehr ein. Sie öffnen vielmehr ein ganzes Spektrum von Welt-Möglichkeiten.

Für Schauspieler_innen bedeutet BeckettsReduktion aufs Einfachste zugleich dasSchwerste. „For God’s sake, don’t act!“ forderte Beckett immer wieder auch als Regisseur. Erlaubt man den Worten, durchden Körper wie durch ein Gefäß hindurch zu atmen, so Billie Withelaw, die 1979 in

„Ich höre Schreie. Pause.Hörst du jemals Schreie,Willie? Pause. Nein? Augen wieder auf Willie. Willie. Pause. Sieh' mich wieder an, Willie. Pause. Noch einmal, Willie.“

„Und wenn aus irgendeinem dunklenGrund kein Bemühenmehr möglich ist, nundann ganz einfach die Augen schließen -schließt Augen - und darauf warten, daß der Tag kommt - öffnetAugen - der glücklicheTag, an dem das Fleischbei soundsoviel Gradschmilzt und die Nacht des Mondessoundsoviel hundert Stunden dauert.“

seiner Inszenierung von „Glückliche Tage“ die Winnie spielte, „something magical may happen“.

Becketts Spiel sensibilisiert Zuschauer_innenund Zuhörer_innen bis heute für ihre jeweili-ge Gegenwart und deren Verwerfungen.Seine Texte handeln von den Bedingungendes Menschseins, aber eben unter dem Eindruck von Krieg und Massenvernichtungim 20. Jahrhundert und davon, was dieser Zivilisationsbruch auch für kommende Generationen bedeutet. Dass Beckett vielfachals unpolitischer Autor missverstanden wurde und die Rezeption ihn immer wieder in denKontext des Existentialismus gerückt hat, erscheint daran gemessen absurd.

Sein Widerstand als Künstler liegt nicht imEngagement für ein im Augenblick lohnens-wertes politisches Ziel, sondern in der radikalen Form, in der Weigerung, die Welt,wie sie geworden ist, in Bildern und Geschich-ten zwangsläufig zu affirmieren. In der Abstraktion gerinnt die Sprache zu Musik.Seine Sprechpartituren sind über weite Strecken hoch komisch, verweigern dennochdas gute Ende, durch das die Komödie danndoch mit der Welt versöhnt.

„Glückliche Tage“ wurde 1961 am New YorkerCherry Lane Theater in der Regie von AlanSchneider uraufgeführt. Poesie, Schärfe und Komik dieses Textes haben Jahrzehnteim Theaterbetrieb überdauert. Jetzt kommt„Glückliche Tage“ gleichsam wie ein Ausstel-lungsstück in eine Galerie für zeitgenössischeKunst - als Versuchsanordnung, die das un-gebrochen visionäre Potential von BeckettsSätzen erneut freisetzt.

Uwe Mattheiß

1906 geboren in Dublin, verstorben 1989 in Paris,irischer Schriftsteller und Dramatiker, studierte amDubliner Trinity College wie vor ihm Oscar Wilde,Bram Stoker oder Jonathan Swift, lebte seit 1937ständig in Frankreich. Zuvor bereiste er 1936/37Deutschland, war dabei im Kontakt mit Künstlernund Galeristen, deren Arbeiten von den National -sozialisten verboten waren und hatte Gelegenheit,öffentlich nicht mehr zugängliche Werke der expressionistischen Künstlergruppe „Brücke“, von Edvard Munch, Oskar Kokoschka, Otto Dixoder Max Liebermann zu betrachten. 1940 schloss er sich in Paris der Résistance gegen die deutsche Besatzung an.

Nach der Befreiung Frankreichs kehrte er nach Pariszurück und begann seine bis dahin produktivste literarische Schaffens phase. Mit den 1951 veröffent-lichten Romanen „Molloy“ und „Malone stirbt“ gelang ihm endlich der Durchbruch, zwei Jahrzehntenach den ersten Prosaarbeiten. Beckett schrieb zunächst englisch, dann auf Französisch, später übertrug er beginnend mit „Molloy“ seine französisch verfassten Werke auch ins Englische.

„Warten auf Godot“ (1952) begründete seinen Ruf als bedeutendster Dramatiker in der zweiten Hälftedes 20. Jahrhunderts. Beckett inszenierte auch regelmäßig eigene Stücke. Etwa „Endspiel“ 1967und „Warten auf Godot“ 1975 am Berliner Schillertheater. „Glückliche Tage“, uraufgeführt1961 in New York, gehört mit „Endspiel“ und „Warten auf Godot“ zu seinen meist gespielten Stücken und war in Wien zuletzt 2002 zu sehen.

Beckett schrieb Hörspiele: u.a. „Alle die da fallen“(1956) und Arbeiten für Film und Fernsehen: u.a. „Film“ (1965) mit Buster Keaton, „He Joe“(1966) und „Quadrat I+II“ (1981), die bis heute künstlerische Pionier leistungen für die jeweiligen Medien sind.

Samuel Beckett


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