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Glück mit' neuem Busen - klinikum-nuernberg.deGlück mit' neuem Busen Brust-Wiederaufbau nach...

Date post: 08-Jul-2020
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Glück mit' neuem Busen Brust-Wiederaufbau nach Krebs-Operation VON KARIN WINKLER , Brustkrebs: Jedes Jahr werden mehr als 47,000 Frauen in Deutsch- land mit dieser niederschmetternden , Diagnose konfrontiert. Obwohl durch den medizinischen Fortschritt häufig brusterhaltend operiert wer- den kann, müssen jährlich 14000 Patientinnen eine Amputation erle- ben. Aber nur rund 2000 Frauen ent- scheiden sich danach für einen Wie- deraufbau der Brust. Zum einen, weil ihnen nach all den körperlichen und seelischen Strapa- zender Behandlung manchmal die Kraft dazu fehlt. Zum anderen aber auch, weil Patientinnen Wie Ärzte zu wenig über .die Möglichkeiten einer Wiederherstellung wissen. Daran möchte Privatdozent Dr. Bert Rei- chert, der neue Chefarzt der Plasti- schen Chirurgie am Klinikum Nürn- berg, in Zusammenarbeit mit dem Brustzentrum etwas ändern. Er Will betroffene Frauen informieren und ihnen helfen,ihre ganz persönliche Entscheidung zu treffen. Für Reichert bedeutet dies nicht, dass am Ende eines solchen Ge- sprächs die Vereinbarung eines Ope- rationstermins steht. "Es geht hier schließlich nicht um einen Eingriff, der gemacht werden muss, UIl). wie- der gesund zu werden. Ich will aufzei- gen, welche Möglichkeiten es gibt, mit allen Chancen und Risiken. Wich- 'ttg und entscheidend ist am Ende aber aus- schließlich, was die Frau möchte." Nicht wenigen Frauen ergeht es nach der Diagnose Brustkrebs so Wie der 61 Jahre alten Heidemarie Hoh- mann. Sie wacht nach der Operation auf und stellt fest, dass ihr die Brust abgenommen wurde. "Das ist besser so. Es war schlimmer als erwartet," bekommt sie zu hören. "Das war die gesamte Information, keiner hat mir erklärt, was ich nun hätte tun können", sagt Hohmann. "Was regen Sie sich denn auf. Seien Sie doch froh, dass Sie eine günstige Prognose haben", wird ihr entgeg- net. Eine Zeit lang kommt sie gut. mit der Situation klar, Sie lässt sich eine Prothese machen und geht ganz offen mit ihrer Brustkrebserkran- kung um. "Aber irgendwann bin ich .in ein tiefes Loch gefallen. Beim Aus- ziehen ist mir der Krebs jedesmal neu vor Augen geführt geworden. Wie ein Marsmännchen kam ich mir beim Blick in den Spiegel vor", erzählt die selbstbe- wusste Frau. Einer Aufbau-Opera- tion steht sie zunächst sehr skeptisch gegen- über.' Informieren Will sie sich, aber trotzdem. Schon dafür erntet sie bei manchen Zeitgenos- sen nur Kopfschütteln: "In Ihrem Alter? Sind Sie etwa operationsgeil?" Sie lässt sich nicht beir- ren und vereinbart einen Gesprächstermin bei Dr. Reichert - damals noch in Lübeck. "Häufig wer- den Implantate als Brust- ersatz empfohlen. Das ist rasch und ohne hochspe- zialisiertes Expertenwis- sen machbar", erklärt Reichert. Das Hauptpro- blem dabei ist die Haut- abdeckurig. Mit Wasser gefüllt Um nach einer Ampu- tation genügend Hautoberfläche zu schaffen, wird ein Gewebeexpander unter die Haut geschoben, der immer Wieder mit Wasser gefüllt wird. Diese Dehnungsprozedur oder auch die Vorstellung, einen Fremdkörper unter der Haut zu spüren, schreckt viele Frauen von einem solchen Ein- griff ab. Auch aus körpereigenem Mate- rial kann eine neue Brust geformt wer- den. Hohmann ent- .schied, sich für eine Rekonstruktion mit Hilfe des großen Rückenmuskels. Der Spezialist löst das Gewebestück aus dem Rücken, 'ohne die ursprüngliche Blutzufuhr im Ober- armbereich zu durch- Dr. Bert Reichert. Foto: Linke trennen. Das Armner- vengeflecht darf dabei nicht verletzt werden. Durch einen chirurgisch geschaffenen Haut-Tunnel unterhalb der Achsel wird der Muskel nach vorne zur Brust durchgeschoben und entspre- chend modelliert. Ein Teil der bedeckenden Rücken- haut wird auf dem "verschobenen" Gewebestück belassen und schließt dann passgenau wie ein Puzzle-Teil die Hautöffnung an der Brust (siehe auch unsere Grafik). Vorbe- reitende Dehnungsoperationen sind damit unnötig, In einer zweiten Operation wird bei der Symmetrie der beiden Brüste noch nachgebes- sert und bei einem dritten Eingriff Die Darstellung z,eigt,wie der aus dem Schulterbe- reich gelöste Muskel unter der Achsel durchgeführt wird und sich dann in die Brust einpassen lässt. schließlich die Brustwarze Wieder- hergestellt. .Heidemarie Hohmann kann das Gefühl nicht beschreiben, das sie nun beim Blick in den Spiegel emp- findet. "Es ist jedesmal erhebend zu sehen, dass es wieder wie früher ist. Oder ehrlich gesagt sogar noch schö- ner als vorher. Ich habe meine Ent- scheidung nicht bereut und würde jeder betroffenen Frau empfehlen, sich damit auseinander zu setzen." Bewegungseinschränkungen ' spürt sie nicht, "Der große Rückenmuskel stabilisiert nicht die Wirbelsäule. Die verbleibenden Muskeln sind in der Regel stark genug, um ihn zu ersetzen", erläutert Reichert, Nur Hochleistungssportler hätten nach einer solchen OP mit Problemen zu kämpfen. ' Neben dem Rückenmuskel lässt sich ein neuer Busen auch aus Bauch- gewebe formen. Dazu ist aber ein lan- ger, komplizierter mikrochirurgi- scher Eingriff nötig, bei dem winzige Blut- und Nervengefäße erst im Bauchbereich getrennt und dann an das Gefäßsystem in der Brust wieder angeschlossen werden müssen. Rei- chert hofft, dass er auch diese Opera- tion, zu der sehr viel Spezialwissen nötig ist, bald mit seinem Team in Nürnberg anbieten kann. rv Wer sich über Brust-Wiederauf- ~ bau informieren möchte, kann unter (0911) 3982367einen Ter- min vereinbaren. Die Wiederher- stellung ist Teilder Brustkrebsbe- handlung und wird in der Regel von den gesetzlichen Kranken- kassen bezahlt.
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Page 1: Glück mit' neuem Busen - klinikum-nuernberg.deGlück mit' neuem Busen Brust-Wiederaufbau nach Krebs-Operation VON KARIN WINKLER , Brustkrebs: Jedes Jahr werden mehr als 47,000 Frauen

Glück mit' neuem BusenBrust-Wiederaufbau nach Krebs-Operation

VON KARIN WINKLER ,

Brustkrebs: Jedes Jahr werdenmehr als 47,000 Frauen in Deutsch-land mit dieser niederschmetternden

, Diagnose konfrontiert. Obwohldurch den medizinischen Fortschritthäufig brusterhaltend operiert wer-den kann, müssen jährlich 14000Patientinnen eine Amputation erle-ben. Aber nur rund 2000 Frauen ent-scheiden sich danach für einen Wie-deraufbau der Brust.Zum einen, weil ihnen nach all den

körperlichen und seelischen Strapa-zender Behandlung manchmal dieKraft dazu fehlt. Zum anderen aberauch, weil Patientinnen Wie Ärzte zuwenig über .die Möglichkeiten einerWiederherstellung wissen. Daranmöchte Privatdozent Dr. Bert Rei-chert, der neue Chefarzt der Plasti-schen Chirurgie amKlinikum Nürn-berg, in Zusammenarbeit mit demBrustzentrum etwas ändern. Er Willbetroffene Frauen informieren undihnen helfen,ihre ganz persönlicheEntscheidung zu treffen.Für Reichert bedeutet dies nicht,

dass am Ende eines solchen Ge-sprächs die Vereinbarung eines Ope-rationstermins steht. "Es geht hierschließlich nicht um einen Eingriff,der gemacht werden muss, UIl). wie-der gesund zu werden. Ich will aufzei-gen, welche Möglichkeiten es gibt,mit allen Chancen und Risiken. Wich-'ttg und entscheidendist am Ende aber aus-schließlich, was dieFrau möchte."Nicht wenigen

Frauen ergeht esnach der DiagnoseBrustkrebs so Wieder 61 Jahre altenHeidemarie Hoh-mann. Sie wachtnach der Operationauf und stellt fest,dass ihr die Brustabgenommen wurde."Das ist besser so.

Es war schlimmer alserwartet," bekommtsie zu hören. "Daswar die gesamte Information, keinerhat mir erklärt, was ich nun hättetun können", sagt Hohmann. "Wasregen Sie sich denn auf. Seien Siedoch froh, dass Sie eine günstigePrognose haben", wird ihr entgeg-net.Eine Zeit lang kommt sie gut. mit

der Situation klar, Sie lässt sich eineProthese machen und geht ganzoffen mit ihrer Brustkrebserkran-kung um. "Aber irgendwann bin ich. in ein tiefes Loch gefallen. Beim Aus-ziehen ist mir der Krebs jedesmalneu vor Augen geführt geworden.Wie ein Marsmännchen kam ich mirbeim Blick in den Spiegel vor",

erzählt die selbstbe-wusste Frau.Einer Aufbau-Opera-

tion steht sie zunächstsehr skeptisch gegen-über.' Informieren Willsie sich, aber trotzdem.Schon dafür erntet siebei manchen Zeitgenos-sen nur Kopfschütteln:"In Ihrem Alter? Sind Sieetwa operationsgeil?"Sie lässt sich nicht beir-ren und vereinbart einenGesprächstermin bei Dr.Reichert - damals nochin Lübeck. "Häufig wer-den Implantate als Brust-ersatz empfohlen. Das istrasch und ohne hochspe-zialisiertes Expertenwis-sen machbar", erklärtReichert. Das Hauptpro-blem dabei ist die Haut-abdeckurig.

Mit Wasser gefülltUm nach einer Ampu-

tation genügend Hautoberfläche zuschaffen, wird ein Gewebeexpanderunter die Haut geschoben, der immerWieder mit Wasser gefüllt wird.Diese Dehnungsprozedur oder auchdie Vorstellung, einen Fremdkörperunter der Haut zu spüren, schreckt

viele Frauen voneinem solchen Ein-griff ab. Auch auskörpereigenem Mate-rial kann eine neueBrust geformt wer-den. Hohmann ent-.schied, sich für eineRekonstruktion mitHilfe des großenRückenmuskels.Der Spezialist löst

das Gewebestück ausdem Rücken, 'ohnedie ursprünglicheBlutzufuhr im Ober-armbereich zu durch-

Dr. Bert Reichert. Foto: Linke trennen. Das Armner-vengeflecht darf

dabei nicht verletzt werden. Durcheinen chirurgisch geschaffenenHaut-Tunnel unterhalb der Achselwird der Muskel nach vorne zurBrust durchgeschoben und entspre-chend modelliert.Ein Teil der bedeckenden Rücken-

haut wird auf dem "verschobenen"Gewebestück belassen und schließtdann passgenau wie ein Puzzle-Teildie Hautöffnung an der Brust(siehe auch unsere Grafik). Vorbe-reitende Dehnungsoperationen sinddamit unnötig, In einer zweitenOperation wird bei der Symmetrieder beiden Brüste noch nachgebes-sert und bei einem dritten Eingriff

Die Darstellung z,eigt,wie der aus dem Schulterbe-reich gelöste Muskel unter der Achsel durchgeführtwird und sich dann in die Brust einpassen lässt.

schließlich die Brustwarze Wieder-hergestellt..Heidemarie Hohmann kann das

Gefühl nicht beschreiben, das sienun beim Blick in den Spiegel emp-findet. "Es ist jedesmal erhebend zusehen, dass es wieder wie früher ist.Oder ehrlich gesagt sogar noch schö-ner als vorher. Ich habe meine Ent-scheidung nicht bereut und würdejeder betroffenen Frau empfehlen,sich damit auseinander zu setzen."Bewegungseinschränkungen ' spürtsie nicht, "Der große Rückenmuskelstabilisiert nicht die Wirbelsäule.Die verbleibenden Muskeln sind inder Regel stark genug, um ihn zuersetzen", erläutert Reichert, NurHochleistungssportler hätten nacheiner solchen OP mit Problemen zukämpfen. 'Neben dem Rückenmuskel lässt

sich ein neuer Busen auch aus Bauch-gewebe formen. Dazu ist aber ein lan-ger, komplizierter mikrochirurgi-scher Eingriff nötig, bei dem winzigeBlut- und Nervengefäße erst imBauchbereich getrennt und dann andas Gefäßsystem in der Brust wiederangeschlossen werden müssen. Rei-chert hofft, dass er auch diese Opera-tion, zu der sehr viel Spezialwissennötig ist, bald mit seinem Team inNürnberg anbieten kann.

rvWer sich über Brust-Wiederauf-~ bau informieren möchte, kann

unter (0911) 3982367einen Ter-min vereinbaren. Die Wiederher-stellung ist Teilder Brustkrebsbe-handlung und wird in der Regelvon den gesetzlichen Kranken-kassen bezahlt.

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