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Getrennt finanzieren, vereint gestalten: Zur Geschichte der dualen ... · 2012-11-14 ·...

Date post: 28-Jun-2020
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Getrennt finanzieren, vereint gestalten: Zur Geschichte der dualen Krankenversicherung in Deutschland Hartmut Milbrodt, Rostock Volker R ¨ ohrs, Hamburg
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  • Getrennt finanzieren, vereint gestalten:Zur Geschichte der dualen Krankenversicherung

    in Deutschland

    Hartmut Milbrodt, RostockVolker R̈ohrs, Hamburg

  • Hartmut Milbrodt

    1. Mittelalter und fr ühe Neuzeit: Bruderschaften, Z̈unfte, Kassen

    2. Industrialisierung: Von der Armenf ürsorge zur Versicherung

    3. Die Wilhelminische Zeit: Auf- und Ausbau des dualen Systems

    4. Die Goldenen 20-er Jahre der PKV

    5. In den 30-er Jahren: Auf dem Weg zur PKV nach Art der LV

    6. Krankenversicherung im NS-Staat

    Literatur

  • Hartmut Milbrodt

    1. Mittelalter und fr ühe Neuzeit: Bruderschaften,Zünfte, Kassen

    1260 Urkundlicher Beleg der ersten Bergbruderschaft, Rammelsberg beiGoslar. Religiöse, berufsständische Bruderschaft mit dem Ziel derSozialfürsorge auf Gegenseitigkeitsbasis

    14. Jh. Anfänge der Krankenversicherung: Zünfte, Gilden, Gesellenbruder-schaften. Zunächst Sach- und Hilfsleistungen; später Darlehen, abdem 15. Jh. Geldleistungen (Krankentagegeld, Hospitalkosten).Rechtsanspruch, beitragsfinanziert

    Historische Karte: Heiliges Römisches Reich 1378 (Kartenserver IEG-Maps 2012)

  • Hartmut Milbrodt

  • Hartmut Milbrodt

    1618 – 1648 Dreißigj̈ahriger Krieg

    17. Jh. Niedergang des Zunft- und Bruderschaftenwesens, Verselbständigung derVersicherungsfunktion: Berufsständische (Zunft-)Laden, “Kassen”

    1731 Reichsabschied gegen die Mißbräuche im Handwerk. Ende der Zunftge-setzgebung im Heiligen R̈omischen Reich

    1789 – 1799 Franz̈osische Revolution

    1794 Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten: Verpflichtung derGemeinden(!) zur letztinstanzlichen Kranken- und Armenfürsorge.

  • Hartmut Milbrodt

    1. Mittelalter und fr ühe Neuzeit: Bruderschaften, Z̈unfte, Kassen

    2. Industrialisierung: Von der Armenf ürsorge zur Versicherung

    3. Die Wilhelminische Zeit: Auf- und Ausbau des dualen Systems

    4. Die Goldenen 20-er Jahre der PKV

    5. In den 30-er Jahren: Auf dem Weg zur PKV nach Art der LV

    6. Krankenversicherung im NS-Staat

    Literatur

  • Hartmut Milbrodt

    2. Industrialisierung: Von der Armenf ürsorge zurVersicherung

    Ab ≈ 1800 Mit Beginn der Industrialisierung Gründung von berufsständischen“Hilfskassen” und “Unterstützungskassen” (etwa Innungskassen,Knappschaftskassen), die auf Beitragsbasis Geldleistungen (Kranken-tagegeld, Sterbegeld) auch für Fabrikarbeiter gewährten

    1815 Wiener Kongreß, Gründung des Deutschen Bundes

    Historische Karte: Europa 1820 (Kartenserver IEG-Maps 2012)

    1826 Gründung des Kranken-Vereins der Commis des Löblichen Kramer-Amtsin Hamburg, heutiger Rechtsnachfolger HEK-HanseatischeKrankenkasse

  • Hartmut Milbrodt

  • Hartmut Milbrodt

    1843 Gründung des Untersẗutzungsvereins für Tabakfabrikarbeiter inNürnberg, Keimzelle der uniVersa

    1845 Allgemeine Gewerbeordnung für die Königlich Preußischen Staaten:Gewerbefreiheit, Abschaffung der Zunftprivilegien. Regelungen zurKrankenversicherung von Gesellen, Gehilfen und Fabrikarbeitern.Möglichkeit, durch Ortsstatut Hilfs- und Unterstützungskassen mitBeitrittszwang auszustatten −→ “Krankenversicherungsarbitrage”

    1849; 1854 Novellen der preußischen Gewerbeordnung: Möglichkeit, durch Orts-statut Hilfs- und Unterstützungskassen neu zu gründen, mit Bei-trittszwang auszustatten und Arbeitgebern einen Teil der Beiträgeaufzuerlegen; Anordnungsmöglichkeit der Staatsregierung

  • Hartmut Milbrodt

    1855 Gründung der (Kranken-)Versicherungs-Gesellschaft Gegenseitigkeit zuLeipzig durch den Mathematiker Karl Friedrich Heym als ersteKrankenversicherung mit teilweise mathematisch fundierten Prämien(Bestandsabwicklung nach Heyms Tod 1889 durch eine andere Ge-sellschaft)

    1866; 1867; 1869 Deutscher Krieg; Gründung des Norddeutschen Bundes; Gewer-beordnung für den Norddeutschen Bund, Nebeneinander und Kon-kurrenz von Zwangskassen und “freien Kassen”

    Historische Karte: Europa 1867 (Kartenserver IEG-Maps 2012)

    1871 Gründung des Deutschen Kaiserreiches im Gefolge des Deutsch-Fran-zösischen Krieges 1870/71

    ADSt 1871/80 Mittlere ganzzahlige LebensdauerK (Median):medM(K) = 39 (Männer) medF(K) = 43 (Frauen)

  • Hartmut Milbrodt

  • Hartmut Milbrodt

    1876 Reichsgesetz̈uber die eingeschriebenen Hilfskassen: ReichseinheitlicheNeuordnung des Hilfskassenwesens mit Schaffung von Normativbedingun-gen und einer staatlichen Aufsicht für Zwangskassen und eingeschriebeneHilfskassen

    1878 Zwei Attentate auf Kaiser Wilhelm I.

    1878 – 1890 Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokra-tie (“Sozialistengesetz”, Verbot sozialistischer und sozialdemokratischerOrganisationen)

    ADSt 1881/90 medM(K) = 42 (Männer) medF(K) = 47 (Frauen)

    1881 “Magna Charta der Sozialversicherung” (Peter Koch): KaiserlicheBotschaft zur sozialen Frage, Thronrede Wilhelms I. zur Eröffnungdes 5.Reichstages. Krankenversicherungsquote ≈ 5% der Bevölke-rung, ≈ 11% in 1885

  • Hartmut Milbrodt

    1882 Entdeckung des wichtigsten Tuberkulose-Erregers durch RobertKoch. Etwa die Ḧalfte aller Todesf̈alle unter 15 – 40-J̈ahrigen in Deutsch-land durch Tuberkulose (“die Motten”)

    1883 Reichstagsbeschluß, Gesetz betreffend die Krankenversicherung der Ar-beiter (GKV, ab 1884):• Versicherungspflicht f̈ur Gesellen, Gehilfen und Fabrikarbeiter

    bis zu einem Jahreseinkommen von 2 000 Mark (Durchschnitt-licher Arbeiterjahreslohn≈ 700 Mark)

    • Umlagefinanziert, lohnabhängige Beitr̈age, (1 : 2) -geteilt zwischenArbeitgeber und Arbeitnehmer

    • Sachleistungen (≈ 50%, aktuell ≫ 95%): Freie Arztbehandlung,Heil- und Hilfsmittel. Geldleistungen: Krankentagegeld,Sterbe-geld

    • Träger: K̈orperschaften des̈offentlichen Rechts• Neu etablierte Tr̈ager: Ortskrankenkassen, Baukrankenkassen,

    Gemeindekrankenversicherung (subsidiär)

  • Hartmut Milbrodt

    1884 Reichstagsbeschluß, Unfallversicherungsgesetz (GUV, ab1885)

    1889 Reichstagsbeschluß, Gesetz betreffend die Invaliditäts- und Altersversiche-rung der Arbeiter (GRV, ab 1891), Renteneintrittsalter 70.

  • Hartmut Milbrodt

    1. Mittelalter und fr ühe Neuzeit: Bruderschaften, Z̈unfte, Kassen

    2. Industrialisierung: Von der Armenf ürsorge zur Versicherung

    3. Die Wilhelminische Zeit: Auf- und Ausbau des dualen Systems

    4. Die Goldenen 20-er Jahre der PKV

    5. In den 30-er Jahren: Auf dem Weg zur PKV nach Art der LV

    6. Krankenversicherung im NS-Staat

    Literatur

  • Hartmut Milbrodt

    3. Die Wilhelminische Zeit: Auf- und Ausbau des dualenKrankenversicherungssystems

    ADSt 1891/00 medM(K) = 49 (Männer) medF(K) = 55 (Frauen)

    1891 Etwa 21 500 Gesetzliche Krankenkassen mit durchschnittlich ungefähr170 Mitgliedern, insgesamt ungefähr 3.7 Millionen Mitglieder bei 50Millionen Einwohnern

    1891 Zunächst Ablehnung des “Bismarckschen Sozialstaates” durch dieArbeiterbewegung. Forderungen im Erfurter Programm der SPD:• “Unentgeltlichkeit der ärztlichen Hilfeleistung einschließlich der

    Geburtshilfe und der Heilmittel. Unentgeltlichkeit der Totenbe-stattung”

    • “Übernahme der gesamten Arbeiterversicherung durch das Reichmit maßgebender Mitwirkung der Arbeiter bei der Verwaltung”

  • Hartmut Milbrodt

    1892 Novelle des Krankenversicherungsgesetzes: Keine freiwillige sozialeKrankenversicherung jenseits der Versicherungspflichtgrenze

    1892 Letzte große Choleraepidemie in Deutschland (Hamburg,≈ 8 600 Tote)

    1895 Entdeckung der R̈ontgenstrahlung (X-Strahlung) durch Wilhelm ConradRöntgen

    1898 Emil (von) Behring: Diphterie-Schutzimpfung (Serumtherapie 1891)

    ab 1900 Gründung von Handwerkskammern (Reichshandwerkergesetz 1897),“Zünfte light”

    ADSt 1901/10 medM(K) = 56 (Männer) medF(K) = 61 (Frauen)

    1901 Reichsgesetz̈uber die privaten Versicherungsunternehmungen (heute VAG),Gründung desKaiserlichen Aufsichtsamtes für Privatversicherung

  • Hartmut Milbrodt

    1904; 1906 Ablehnung der geẅunschten Einbeziehung der Handwerker in die Sozialver-sicherung durch die Reichsregierung (“Überschreitung des Rubikons in derSozialpolitik”); Entschließung des 7. Deutschen Handwerks- und Gewer-bekammertages zur Gründung von Krankenversicherungsvereinen aufGegenseitigkeit

    1905 Gründung derKrankenuntersẗutzungskasse für die Gemeindebeamten derRheinprovinz(in Saarbrücken), heute Debeka(in Koblenz)

    1906, 1907 Gründung der Kranken- und Sterbekasse für selbsẗandige Handwerkerund Gewerbetreibendein Hamburg und der Krankenuntersẗutzungskassefür selbsẗandige Handwerkerin Dortmund durch die jeweiligen Hand-werkskammern, Wurzeln der Signal Iduna(Dortmund, Hamburg)

    1908 Gesetz über den Versicherungsvertrag (VVG), ohne spezielle Rege-lungen zur PKV

    ADSt 1910/11 medM(K) = 59 (Männer) medF(K) = 63 (Frauen)

  • Hartmut Milbrodt

    1911 Reichsversicherungsordnung für die gesamte Gesetzliche Sozialversiche-rung (RVO, Einf̈uhrung bis 1914):• Renteneintrittsalter 65 (Angestellte [neu] 1911, Arbeiter [70 −→ 65] ab

    1916; f̈ur Frauen 60 ab 1916)• Ausweitung des Versichertenkreises der GKV: Neugründung von

    regionalen “Landkrankenkassen” zur Erfassung von Landarbei-tern, Dienstboten, Hausgewerbetreibenden; Versicherungspflicht-grenze2 000 Mark −→ 2 500 Mark (Durchschnittlicher Arbeiter-jahreslohn≈ 1 150 Mark)

    • Neustrukturierung der Träger: Regionale Gliederung (“AOK”) er-setzt partiell(!) berufsständische Gliederung; Mindestmitglieder-zahlen pro Kasse; Abschaffung der Gemeindekrankenversicherung

    • “Ersatzkassen”: Nur bestehende eingeschriebene Hilfskassen mitmindestens 1 000 Mitgliedern nach erneuter Zulassung; Versicher-tenkreis und Geschäftsgebiet nach Satzungsstand 1909. Umwand-lung aller(!) Hilfskassen in VVaG

  • Hartmut Milbrodt

    1913 Gründung derCentral Krankenversicherung AG, älteste noch bestehendeKrankenversicherungs-Aktiengesellschaft in Deutschland

    Historische Karte: Europa 1914 (Kartenserver IEG-Maps 2012)

    1918 Gründung des Verbandes der Krankenkassen für selbsẗandige Handwer-ker und Gewerbetreibende Deutschlands e.V. (Hannover, später Dres-den), seit 1927 Verband der Versicherungsanstalten für Handel, Hand-werk und Gewerbe e.V. (“Dresdner Verband”)

    1914 – 1918 Erster Weltkrieg

    1919 Friedensvertrag von Versaille.

  • Hartmut Milbrodt

  • Hartmut Milbrodt

    1. Mittelalter und fr ühe Neuzeit: Bruderschaften, Z̈unfte, Kassen

    2. Industrialisierung: Von der Armenf ürsorge zur Versicherung

    3. Die Wilhelminische Zeit: Auf- und Ausbau des dualen Systems

    4. Die Goldenen 20-er Jahre der PKV

    5. In den 30-er Jahren: Auf dem Weg zur PKV nach Art der LV

    6. Krankenversicherung im NS-Staat

    Literatur

  • Hartmut Milbrodt

    4. Die Goldenen 20-er Jahre der PKV

    1922, 1923 Hyperinflation als Weltkriegsfolge, angeheizt durch den “Ruhr-kampf”. 15. November 1923: 1 US-$ ←→ 4 200 000 000 000 Mark;Währungsreform 1 US-$ ←→ 4.20 Rentenmark (=Reichsmark,08/1924), Vorkriegskurs

    1922 Gründung der Barmenia Versicherungsbank für Mittelstand undBeamte V.a.G. (eine Wurzel der Barmenia Krankenversicherung a.G.)in Barmen durch die Barmer Ersatzkasse(“Spätfolge” der RVO)

    1924 Boomjahr der PKV:• Vervierfachung des Versichertenbestandes auf 2 000 000 VP• Verzehnfachung des Beitragsaufkommens (8 000 000 Reichsmark−→ 80 000 000 Reichsmark)

    ADSt 1924/26 medM(K) = 67 (Männer) medF(K) = 69 (Frauen)

  • Hartmut Milbrodt

    1925 Gründung desDeutschnationalen Krankenversicherungsvereins a.G. inHamburg durch den Deutschnationalen Handlungsgehilfen-Verband.Satzungsgemäß keine Versicherung von Juden. Ab 1929 Versicherungs-gruppe Deutscher Ring, Versicherungspartner der NSDAP

    1925 Gründung der Volkswohl Krankenunterstützungskasse der Volksheilbe-wegungin Dortmund, Keimzelle der Continentale Krankenversicherunga.G. (Einstieg in die Erstattung homöopathischer Arzneimittel undHeilpraktikerbehandlung)

    ≈1926 Extremer Wettbewerb, sehr günstige Familienmitversicherung (Vor-bild GKV). Verlagerung des Schwerpunktes von der Summenver-sicherung (Krankentagegeldversicherung) auf die Schadenversiche-rung (Krankheitskostenversicherung). Keine aktuariellen Methoden.Erste Zahlungskrisen in der PKV. Leistungseinschränkungenund Beitragserhöhungen, Nachschußforderungen bei VVaG (de factoUmlageverfahren), Kündigung schlechter Risiken bei AG

  • Hartmut Milbrodt

    1926 Gründung desVerbandes privater KrankenversicherungsunternehmungenDeutschlands e.V. (Sitz Leipzig, “Leipziger Verband”), PKVU ohneberufsständische Ausrichtung. Erste Großtat: “Ausspannungsverbot”innerhalb des Verbandes

    1927 Gründung der Deutsche Krankenversicherungs-Aktien-Gesellschaft zuBerlin (heute DKV Deutsche Krankenversicherung AG)

    1928 Entdeckung des Penicillin durch Alexander Fleming, London; Ent-wicklung zur Anwendungsreife in den USA durch Howard WalterFlorey und Ernst Boris Chain bis 1941, kriegsbedingt forcierte ersteklinische Anwendungen.

  • Hartmut Milbrodt

    1. Mittelalter und fr ühe Neuzeit: Bruderschaften, Z̈unfte, Kassen

    2. Industrialisierung: Von der Armenf ürsorge zur Versicherung

    3. Die Wilhelminische Zeit: Auf- und Ausbau des dualen Systems

    4. Die Goldenen 20-er Jahre der PKV

    5. In den 30-er Jahren: Auf dem Weg zur PKV nach Art der LV

    6. Krankenversicherung im NS-Staat

    Literatur

  • Hartmut Milbrodt

    5. In den 30-er Jahren: Auf dem Weg zur PKV nach Artder LV

    1926; 1932 Das “Reichsaufsichtsamt für Privatversicherung” setzt bei Neugrün-dungen ab 1926 die Spartentrennung

    Leben (“ungefährlich”) – Kranken (“gefährlich”)durch (ab 1928 generell), ab 1932 auch die Spartentrennung

    Sach (“gefährlich”) – Kranken (“ungefährlich”)

    1931 Genehmigung von “Normativbedingungen” als Mindeststandard undSubstitut nicht vorhandener VVG-Bestimmungen durch das Reichs-aufsichtsamt für Privatversicherung (entwickelt in Zusammenarbeitmit dem Leipziger Verband), unter anderem Ausschluß des ordent-lichen Kündigungsrechtes des VR nach fünf Versicherungsjahren

  • Hartmut Milbrodt

    1935 “N-Tarife” der DKV, erste Tarife auf versicherungsmathematischer Grund-lage mit Anwartschaftsdeckung und Alterungsrückstellungen

    1935 – 1940 Entwicklung der Kernelemente der Beitragskalkulation für die Kranken-versicherung nach Art der Lebensversicherungunter Verwendung ge-eigneter Rechnungsgrundlagen nach dem Äquivalenzprinzip und mitBildung einer Alterungsrückstellung durch• Berend Feddersen: formale Formelübertragung aus der Lebensver-

    sicherung, mit Rückkaufswerten• Friedrich Rusam, Handwerk, Handel und Gewerbe Krankenversi-

    cherungsanstalt a.G., Dortmund: Kopfschaden, “Methode vonRusam”, Äquivalenzgleichungen ohne Rückkaufswert

    • Adolf Tosberg, Vorstandsvorsitzender der DKV: Rechnungsgrund-lagen für Krankheitskosten und Storno

  • Hartmut Milbrodt

    1940 Rechtsstreit des NKV Nationaler Kranken-Versicherungsverein a.G. mitden Finanzbeḧorden um die steuerliche Anerkennung der Alterungsrück-stellungen. Durch den Obersten Finanzgerichtshof der BR Deutschland1949 letztinstanzlich zu Gunsten der Anerkennungsfähigkeit entschieden.

  • Hartmut Milbrodt

    1. Mittelalter und fr ühe Neuzeit: Bruderschaften, Z̈unfte, Kassen

    2. Industrialisierung: Von der Armenf ürsorge zur Versicherung

    3. Die Wilhelminische Zeit: Auf- und Ausbau des dualen Systems

    4. Die Goldenen 20-er Jahre der PKV

    5. In den 30-er Jahren: Auf dem Weg zur PKV nach Art der LV

    6. Krankenversicherung im NS-Staat

    Literatur

  • Hartmut Milbrodt

    6. Krankenversicherung im NS-Staat

    1931 Deutsche Bankenkrise als Folge der Weltwirtschaftskrise: Zahlungs-unfähigkeit der zweitgrößten deutschen Bank, der Darmstädter undNationalbank KG a.A. (Danat-Bank, Berlin)

    ADSt 1932/34 medM(K) = 69 (Männer) medF(K) = 72 (Frauen)

    1933 – 1945 Herrschaft der NSDAP in Deutschland

    1933 Kurt Schmitt, zuvor Generaldirektor der Allianz, wird Reichswirt-schaftsminister und Preußischer Minister für Wirtschaft und Arbeit

  • Hartmut Milbrodt

    1933 Gesetzüber die Wiederherstellung des Berufsbeamtentums, “Arierpara-graph”. Elimination j̈udischer Bescḧaftigter aus dem̈Offentlichen Dienst.AnalogeÜbertragung auf die Assekuranz und andere Bereiche der Privat-wirtschaft −→ Nürnberger Gesetze 1935

    1933 Entzug der GKV-Zulassung für nichtarischeÄrzte. Abkommen des Leip-ziger Verbandes miẗArzteverb̈anden: Ausschluß jüdischerÄrzte von derRechnungserstattung für nichtjüdische Versicherte (gegen den Willen desReichswirtschaftsministeriums und des “Reichsaufsichtsamtes f̈ur das Ver-sicherungs- und Bausparwesen”). 1938 Approbationsentzugfür jüdischeÄrzte

    1934, 1935 Fusion des Dresdner Verbandes, des Leipziger Verbandes, des Verbandesdeutscher Beamtenkrankenkassen und des Reichsverbandes der b̈auerlichenKrankenkassen zumReichsverband der privaten Krankenversicherung e.V.(aufgelöst 1939, Funktionsübergang auf die “Reichsgruppe Versiche-rungen”)

  • Hartmut Milbrodt

    ab 1934 Nationalsozialistische Aufbaugesetzgebung: Gründung der ReichsgruppeVersicherungen (bestehend aus der Wirtschaftsgruppe Privatversicherungund der WirtschaftsgruppëOffentlich-rechtliche Versicherung), der Reichs-gruppe Banken und vier weiterer Reichsgruppen zur Umsetzung der natio-nalsozialistischen Wirtschaftspolitik. Leiter 1934 – 1945: Eduard Hilgard,Vorstandsmitglied der Allianz

    1934, 1935 Gesetz̈uber den Aufbau der Sozialversicherung, 12. Verordnung zumAuf-bau der Sozialversicherung: Auflösung der Selbstverwaltung in der GKV,strikte Abgrenzung von GKV und PKV, Neustrukturierung des Ersatzkas-senwesens.• Trennung in Arbeiter- und Angestelltenersatzkassen• Verlust des Rechts, Zusatzversicherungen anzubieten• Beschr̈ankung auf sozialversicherungspflichtige Versicherte (Aus-

    gliederung sozialversicherungsfremder Bestände bis Anfang 1936)• Rückumwandlung in K̈orperschaften des̈offentlichen Rechts (1937)Folge: Gr̈undung von “Nachfolgevereinen” durch Ersatzkassen

  • Hartmut Milbrodt

    1934; 1936 Gründung derHallesche Krankenkasse V.V.a.G. in Berlin (heutigerRechtsnachfolger Alte Leipziger — Hallesche, Oberursel) durch dieKaufm̈annische Krankenkasse Halle (Saale) Ersatzkasse V.V.a.G.; Über-tragung des Bestandes an freiwillig Versicherten Anfang 1936

    Historische Karte: Europa 1937 (Kartenserver IEG-Maps 2012)

    1938; 1941 Ausweitung der Gesetzlichen Sozialversicherung: Gesetz über die Al-tersversorgung selbständiger Handwerker (Handwerkerversor-gungsgesetz HVG, Rentenversicherungspflicht selbständiger Hand-werker); Krankenversicherung der Rentner

    1939 – 1945 Zweiter Weltkrieg

    1945 Potsdamer Abkommen.

  • Hartmut Milbrodt

  • Hartmut Milbrodt

    1. Mittelalter und fr ühe Neuzeit: Bruderschaften, Z̈unfte, Kassen

    2. Industrialisierung: Von der Armenf ürsorge zur Versicherung

    3. Die Wilhelminische Zeit: Auf- und Ausbau des dualen Systems

    4. Die Goldenen 20-er Jahre der PKV

    5. In den 30-er Jahren: Auf dem Weg zur PKV nach Art der LV

    6. Krankenversicherung im NS-Staat

    Literatur

  • Hartmut Milbrodt

    ADSt 1949/51 medM(K) = 72 (Männer) medF(K) = 75 (Frauen)

    ADSt 1986/88 medM(K) = 76 (Männer) medF(K) = 82 (Frauen)

    DSt 2008/2010 medM(K) = 81 (Männer) medF(K) = 86 (Frauen)

  • Hartmut Milbrodt

    Literatur

    Bach, P. und H. Moser Hrsg. (2009): Bach/Moser — Private Krankenversicherung,MB/KK- und MB/KT-Kommentar. C.H. Beck, M̈unchen (4. Aufl.).

    Boetius, J. (2009): Einführung in die Krankenversicherung. In: Langheid und Wandt Hrsg. (2009–2011), Band 3.

    Boetius, J. (2010): Private Krankenversicherung — Kommentar zum Recht der PKV. C.H. Beck,München.

    Böhle, I. (2003): Private Krankenversicherung (PKV) im Nationalsozialismus. Mabuse-Verlag,Frankfurt a.M.

    Braun, H. (1963): Geschichte der Lebensversicherung und der Lebensversicherungstechnik.Duncker & Humblot, Berlin.

    Feddersen, B. (1935): Mathematische Grundlagen für die private Krankenversicherung. NeumannsZeitschrift für Versicherungswesen49, 1273–1278.

  • Hartmut Milbrodt

    Finkensẗadt, V. (2010): Das Spannungsverhältnis vonÄquivalenz und Einkommensumverteilungin der GKV — Eine Analyse der historischen Entstehungszusammenḧange. WIP Wis-senschaftliches Institut der PKV, Köln.

    Heym, K. (1884): Anzahl und Dauer der Krankheiten in gemischter Bev̈olkerung. Verlag vonEduard Strauch, Leipzig (II. Aufl.). (Auszugsweiser Nachdruck in den Bl̈attern der DGVMVIII/2 , 1967, 344–352).

    Koch, P. (1971): Von der Zunftlade zum rationellen Großbetrieb — Kleine Ge-schichte der privaten Krankenversicherung. Verlag Versicherungswirtschaft, Karlsruhe.

    Koch, P. (2003): Geschichte der versicherungsmathematischen Vereinigungen in Deutschland. In:Wolfsdorf und Helten Hrsg. (2003), 1–40.

    Koch, P. (2012): Geschichte der Versicherungswirtschaft in Deutschland. Verlag Versicherungs-wirtschaft, Karlsruhe.

    Koch, P. und C. Uleer (1997): Herausforderungen: Entwicklungslinien eines Versicherungszweigesvon den Anf̈angen bis zur Gegenwart — Festschrift zum 50-jährigen Bestehen des Verbandesder privaten Krankenversicherung e.V. PKV-Dokumentation20, Köln.

  • Hartmut Milbrodt

    Langheid, T. und M. Wandt Hrsg. (2009–2011): Münchener Kommentar — Versicherungsvertrags-gesetz VVG, 3 B̈ande. C.H. Beck, M̈unchen.

    Leibniz-Institut f̈ur Europ̈aische Geschichte Mainz — IEG (2012): IEG-Maps. Server für digitalehistorische Karten. http://www.ieg-maps.uni-mainz.de .

    Milbrodt, H. und V. R̈ohrs (2012): Aktuarielle Methoden der deutschen Privaten Krankenver-sicherung. Preprint zur 2. Auflage, Rostock und Hamburg.

    Reichsministerium der Justiz Hrsg. (1883): Gesetz, betreffend die Krankenversicherung der Ar-beiter. Reichsgesetzblatt1883/9, 73–104.

    Rudolph, J. (2009): Die Geschichte der PKV. In: Bach, P. und H. Moser Hrsg. (2009), 37–47.

    Rudolph, J. (2009): Gesetzliche Kalkulationsgrundlagen für die nach Art der Lebensversicherungbetriebene Krankenversicherung. In: Bach, P. und H. Moser Hrsg. (2009), Teil H.

    Rudolph, J. (2009): Von der Alterungsrückstellung zum Basistarif — Aufgaben des Aktuars inder privaten Krankenversicherung im Wandel der Zeiten. Verlag Versicherungswirtschaft,Karlsruhe.

  • Hartmut Milbrodt

    Rusam, F. (1935): Entwicklung der Mathematik der individuellen Krankheitskostenversicherung.In: Deutscher Aktuarverein e.V. Hrsg. (1935), 148–165.

    Rusam, F. (1940): Grundlagzüge der Mathematik der Privaten Krankheitskostenversicherung. In:Berichte des 12. Internationalen Kongresses der Versicherungsmathematiker4, Luzern, 148–167.

    Sommer, W. (2001): Die Entwicklung der Mathematik der privaten Krankenversicherung. In:Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen Hrsg. (2001): 100 Jahre materielle Ver-sicherungsaufsicht in DeutschlandI . Bonn, 221–251.

    Tosberg, A. (1940): Grundlagen und Aufbau der Privaten Krankenversicherung. In: Berichte des12. Internationalen Kongresses der Versicherungsmathematiker 4, Luzern, 175–187.

    Tosberg, A. (1940): Rechnungsgrundlagen und Schadentafeln der Krankheitskostenversicherung.Veröffentlichungen des Deutschen Vereins für Versicherungswissenschaft66, Berlin.

    Wengenroth, H. (1933): Das Risiko und die Prämienpolitik in der privaten Krankenversicherung.Neumanns Zeitschrift für Versicherungswesen (Sonderdruck), Berlin.

  • Hartmut Milbrodt

    Wikipedia — Die freie Enzyklop̈adie (2012): http://de.wikipedia.org/wiki/ .

    Zillmer, A. (1863): Beitr̈age zur Theorie der Prämienreserve bei Lebensversicherungsanstalten.Van der Nahmer, Stettin (Nachdruck in den Blättern der DGVMVIII/2 , 1967, 278–311).

    Publikationen diverser PKVU zur Unternehmens- und Branchengeschichte

    Quelle des gesamten Kartenmaterials: Kartenserver IEG-Maps (2012)

    Herzlichen Dank an Peter Koch und J̈urgen Rudolph für Rat und Korrekturen sowiean Andreas Kunz für die Nutzungserlaubnis für das Kartenmaterial

    (“All remaining errors are ours.”)

  • Hartmut Milbrodt

    VIELEN DANK F ÜR IHRE AUFMERKSAMKEIT !

    HM


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