30_results_Deutsche Bank
Geschäftsführer Bernhard Herzig, Finanzchef Bertram Brückner, Produktion in Güglingen: Das Unternehmen setzte frühzeitig auf Expansion im Ausland
030_results 30 21.06.12 13:17
results_Deutsche Bank_31
MÄRKTE_Best Practice
Güglingen, eine Kleinstadt im W einbaugebiet
Zabergäu: ein Bäcker, zwei Lebensmittelhänd-
ler, ein Museum und eine Handvoll Gaststätten –
gut 6000 Menschen leben hier. Ein schönes Fleckchen
Erde. Aber ein Standort für einen international ausge-
richteten Produktionsbetrieb? Eine Stunde fahren die
mit Material oder Ware beladenen Lkws bis zur Auto-
bahn – ob gen Norden Richtung Mannheim oder gen
Süden Richtung Stuttgart. Bernhard Herzig lehnt sich
gelassen in seinen Ledersessel zurück. „Nicht optimal“,
sagt er. „Aber auch kein K.o.-Kriterium.“
Herzig muss es wissen. Seit acht Jahren leitet er die
Geschicke der Weber-Hydraulik GmbH, die hier ihren
Stammsitz hat. Jahre, in denen das Unternehmen sei-
nen Umsatz fast verdreifachte – von gut 100 Millionen
auf über 300 Millionen Euro. Was den Standort angeht,
ist er pragmatisch. „Man kommt hin“, sagt er lächelnd.
Und fügt hinzu, dass Güglingen zwar das Herz des
Unternehmens, aber doch nur einer von elf Standorten
sei. „Das Werk in Polen steht direkt an der Autobahn.“
Keine Frage: Das Management des Güglinger Hy-
draulikspezialisten ist alles andere als verschlafen.
Weber hat frühzeitig Produktions- und Servicestandor-
te fern der Heimat aufgebaut. Produziert wird in Öster-
reich und Polen, aber auch in Br asilien, wo wichtige
Abnehmer der Automobilindustrie sitzen. „Gerechnet
hatte sich Brasilien für uns zunächst nicht“, sagt Ber-
tram Brückner, der das Finanz- und Rechnungswesen
des Unternehmens leitet. Dennoch ging Weber diesen
Schritt, um die global aufgestellten Kunden auf den
Auslandsmärkten zu begleiten.
Eins und eins macht manchmal drei. „Wir haben nicht
kurzfristige Erfolge, sondern langfristige Perspektiven im
Blick“, sagt Herzig. Ohne Wachstum, das ist für ihn klar ,
kann ein Unternehmen nicht überleben. Aber Wachstum
taugt nur dann, wenn es Effi zienzgewinne gibt.
Um ans Ziel zu kommen, ist bei Weber deshalb
jeder Schachzug wohlüberlegt. Und bisweilen sogar
Zurückhaltung gefragt. So 2005, als der Finanzinvestor
Centre Partners Management LLC die Hyco International
zum Kauf anbot. „Für uns ein interessantes Unternehmen,
das sehr gut zu unserem Geschäft passte“, sagt Herzig.
Mit der Akquisition hätte Weber mehrere Fliegen
mit einer Klappe geschlagen: Hyco war vor allem in
Nordamerika und Brasilien stark und bot Weber da-
mit Wachstumsmöglichkeiten. Zum anderen bot die
amerikanische Firma den Zugang zu neuen Kunden-
gruppen. Denn das Sortiment beider Unternehmen
überschneidet sich nur zu 20 Prozent. Während Weber
im Kerngeschäft Hydraulikzylinder und -komponenten
für die Bereiche Landtechnik und Nutz- sowie Flurför-
derfahrzeuge entwickelt, ist Hyco auf Lösungen für die
Ölindustrie, Bau- und Forstmaschinen sowie Abfallent-
sorgung spezialisiert.
Hyco passte gut ins Konzept . Doch die Begeiste-
rung bekam einen Dämpfer, als Herzig und Brückner
die Preisvorstellungen der Equity-Gruppe hörten. „Wir
rechnen konservativ. Und so schön sich die Fusion
auch anhörte – letztlich muss sie sich rechnen“ , sagt
Herzig. Nach langen Diskussionen entschied sich die
Weber-Firmenleitung gegen das Geschäft.
ThesenExpansion: Die Güglinger Weber-
Hydraulik setzt auf Wachs-
tum – regional ebenso wie durch
innovative Produkte. Doch
wie viele Mittelständler standen
die Manager vor dem Problem:
Wie teuer dürfen Zukäufe sein?
Entscheidungen: Mit der Über-
nahme der Hyco International
direkt nach der Krise verschaffte
sich der Hydraulikspezialist
erfolgreich Zugang zu neuen
Märkten.
Finanzierung: Ein Konsortial-
kredit unter Führung der
Deutschen Bank fi nanzierte
den Deal, die Zinsen sicherte
Weber ab – das schafft
Planungssicherheit.
Erst abwarten, dann zuschlagenWie wächst ein Mittelständler erfolgreich durch Zukäufe? Manchmal einfach durch Nichtstun. Bernhard Herzig und Bertram Brückner machten mit Geduld und Entschlossenheit die Weber-Hydraulik GmbH fi t für den internationalen Wettbewerb – unterstützt von einem Konsortialkredit unter Führung der Deutschen Bank
FO
TO
S:
SE
BA
ST
IAN
BE
RG
ER
031_results 31 21.06.12 13:17
32_results_Deutsche Bank
Ende der Geschichte? Überhaupt nicht. Die Mana-
ger blieben auf der Lauer. Fünf Jahre lang verfolgten sie
die Märkte und das US-Unternehmen, beobachteten die
Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf die USA – und
nahmen schließlich 2010 erneut Kontakt zum Eigentü-
mer auf. Ein idealer Zeitpunkt. Der US-Anbieter hatte in
den Krisenjahren deutlich abgespeckt, das drückte den
Preis. Mit je einem Standort in Deutschland und Kanada
waren zwei Unternehmensteile in die Insolvenz gegan-
gen, die Zahl der Mitarbeiter hatte sich von 1300 auf 600
reduziert. Übrig geblieben waren die Filethäppchen.
„Das hat die Übernahme attr aktiver und verdaulicher
gemacht“, freut sich Finanzmanager Brückner. Seit Juli
2011 gehört Hyco zu Weber-Hydraulik.
In den Jahren zuvor war Weber auch zu Hause nicht
untätig gewesen, hatte das Kerngeschäft entwickelt
und durch weitere Zukäufe gestärkt . Weil klassische
Zylinder allein für die Zukunft nicht reichten, hatte Her-
zog frühzeitig begonnen, die Hydraulik mit Intelligenz
zu spicken. Dafür übernahm er 2007 die LOG Hydraulik
GmbH und die Fluid Team Automationstechnik GmbH,
Spezialisten in Sachen Steuerungstechnik und System-
lösungen. Diese helfen, Effi zienz zu steigern, zum Bei-
spiel in der Solarindustrie. Dank Regeltechnik richten
sich Photovoltaikanlagen automatisch so aus, dass sie
ein Maximum an Sonnenstrahlen einfangen können.
Klare Strategie, solide Umsetzung. Genauso solide
wie die Unternehmensführung ist die Finanzplanung
des Mittelständlers, der potenziell vom Eigen kapital
lebt. Hyco allerdings war eine andere Nummer. Mit der
Übernahme kletterte der Umsatz des Hydraulikspezia-
listen mit einem Schlag um 50 Prozent auf gut 300 Mil-
lionen Euro. Der Deal wurde mit einem Konsortialkre-
dit unter Führung der Deutschen Bank fi nanziert, die
Zinsrisiken abgesichert. Der Vertrag läuft bis 2016 – und
ist für den profi tablen Mittelständler gut zu stemmen.
„Bezogen auf die Eigenkapitalquote sind wir weiterhin
fl exibel und atmungsfähig“, so Finanzmanager Brückner.
Mit der Größe wachsen die An for derungen an das
Management. Statt Zahlen in selbstgestrickten Syste-
men zu erfassen, wird SAP eingeführt . Zusätzlich
hat Brückner sein Finanzteam um zwei Controlling-
Spezialisten verstärkt. Von einer strikten zentralen
Steuerung aber hält der Mittelständler nicht viel. „Fla-
che Hierarchien und lokale Eigenverantwortung sind
zwei wichtige Erfolgsfaktoren“, glaubt Herzig.
Wachstum steht auch in Zukunft auf der Agenda.
Bis 2016 soll der Umsatz um gut 65 Prozent auf 500 Mil-
lionen Euro steigen. Eine „Hyco“ oder ein „Hyco-Deal“
in China wären dafür bestens geeignet . Doch die Su-
che nach einem Partner vor Ort gestaltete sich bisher
schwierig. „Uns hat das Vertrauen gefehlt“, sagt Herzig.
„Manchmal ist es teurer, etwas falsch zu machen, als
gar nichts zu machen.“
Also wartet Weber lieber wieder ab. Und bis dahin
gibt es andere Betätigungsfelder. Kürzlich hat Weber ein
Tochterunternehmen in Indien gegründet – „mit einem
Partner, den wir seit Jahren als Lieferanten kennen“, sagt
Herzig. Aber er ist sich sicher: „Auch in China gibt es wie-
der Chancen. Wenn eine kommt, schlagen wir zu.“
BIRGIT WETJEN
Produktion von adaptiven Kabinenfederungssystemen: Weber setzt zunehmend auf System lösungen. Das schafft Effi zienzsteigerungen
Konsortialkredit fi nanzierte die Übernahme
FO
TO
: S
EB
AS
TIA
N B
ER
GE
R
032_results 32 21.06.12 13:17