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Gesamttext 2013 Gesamttext 2010 · 51 Sonntag 17. Februar 2013, 18 Uhr, AllgäuSternHotel Daedalus...

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51 Sonntag 17. Februar 2013, 18 Uhr, AllgäuSternHotel Daedalus Quartett Min-Young Kim - Matilda Kaul Violinen Jessica Thompson Viola - Tom Kraines Cello Programm: Joseph Haydn Streichquartett Nr. 2, Es-Dur, op. 33, `The joke´ (1775) Alban Berg Streichquartett op. 3 (1905) Ludwig van Beethoven Streichquartett Nr. 12, Es-Dur, op. 127 (1824)
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Sonntag 17. Februar 2013, 18 Uhr, AllgäuSternHotel

Daedalus Quartett

Min-Young Kim - Matilda Kaul ViolinenJessica Thompson Viola - Tom Kraines Cello

Programm:Joseph Haydn Streichquartett Nr. 2, Es-Dur, op. 33, `The joke´ (1775)Alban Berg Streichquartett op. 3 (1905)Ludwig van Beethoven Streichquartett Nr. 12, Es-Dur, op. 127 (1824)

Das Daedalus Quartett benennt sich nach dem sagenhaf-ten griechischen Erfinder, Künstler und Baumeister, vondem es heißt, er habe die Bildhauerei und das Labyrintherfunden. Vor allem jedoch ist Daedalus dafür bekannt,dass er auf selbst gebauten Schwingen in die Freiheitflog. Das Daedalus Quartett wurde im Sommer 2000 insLeben gerufen. Schon ein Jahr später gewann es denersten Preis des internationalen Streichquartett-Wettbewerbs in Banff in Kanada und etablierte sich inkurzer Zeit zu einem der vorzüglichsten Streichquartetteder USA.

Eine Jury in der Carnegie Hall in New York nominiertedas Daedalus Quartett für die Reihe „Rising Stars“ derEuropean Concert Hall Organization (ECHO). Damit ver-bunden waren in der Saison 2004/05 Auftritte imConcertgebouw in Amsterdam, im Athener Megaron, imFestspielhaus von Baden-Baden, in der BirminghamSymphony Hall, im Palais des Beaux Arts in Brüssel, inder Kölner Philharmonie, in der Cité de la Musique inParis, im Salzburger Mozarteum und im WienerMusikverein sowie in der Weill Recital Hall der CarnegieHall. Ein Engagement in der Zankel Hall der CarnegieHall folgte.

Für die Konzertsaisons 2005/06 und 2006/07 ernanntedie Chamber Music Society des Lincoln Center in NewYork das Daedalus Quartett zum Streichquartett derChamber Music Society Two. Diese Auszeichnung brach-te zahlreiche Konzerte am Lincoln Center mit sich wieauch die Mitarbeit an pädagogischen Programmen derChamber Music Society. Außerdem war das Ensemble inder Saison 2005/06 „Quartet in Residence“ bei derColumbia University in New York.

In den USA war das Daedalus Quartett u.a. zu Gast beider Library of Congress in Washington D. C., bei derReihe Great Performers am Lincoln Center, bei denHouston Friends of Music, bei Stanford Lively Arts, beider La Jolla Music Society in San Diego, bei der CorcoranGallery in Washington D. C., am Gardner Museum inBoston und bei der University of Washington in Seattle.Mit dem Saint Paul Chamber Orchestra aus Minnesotaspielte das Quartett Erwin Schulhoffs Concerto for StringQuartet. Durch den Erfolg beim Wettbewerb in Banffbekannt geworden, trat das Ensemble in ganz Ka-nadaauf, u.a. bei bedeutenden Konzertserien in Montreal,Toronto, Calgary, Winnipeg und Vancouver. Auch nachJapan wurde das Daedalus Quartett eingeladen.

Unter den Engagements bei Festspielen sei das MostlyMozart Festival am Lincoln Center zu nennen, dasCaramoor Center for Music and the Arts, wo dasDaedalus Quartett „Ernst Stiefel Quartet in Residence“war, das Bard Music Festival, das Skaneateles Festival(alle im Bundesstaat New York) sowie Music Mountain inConnecticut. Außerdem war das Daedalus Quartett beimHaydn-Festival des Lincoln International Chamber MusicFestival in Großbritannien vertreten sowie bei einemFestival zu Ehren von Elliott Carter, das vom St. PaulChamber Orchestra und der University of Minnesota aus-gerichtet wurde.

Das Ensemble macht durch seine Interpretationen zeitge-nössischer Musik von sich reden, darunter Werke vonElliott Carter, George Perle, György Kurtág und GyörgyLigeti. Eine beachtenswerte Uraufführung war DavidHornes Flight from the Labyrinth, welches das CaramoorFestival in Auftrag gegeben hatte.

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Das Daedalus Quartett arbeitet mit Bridge Recordszusammen.

Die Mitglieder des Quartetts kennen sich seit ihremStudien an renommierten Musikhochschulen wie u.a. derJuilliard School, dem Cleveland Institute oder derHarvard University.

Zum Programm:

In der `Allgemeinen Musikalischen Zeitung´ des Jahres1810 schrieb ein Unbekannter in Wien:

„Quartettspielen gleicht alles aus, was Standesdenken,gesellschaftliche Klassen und Zwänge immer trennten...Menschen, die sich freiwillig zusammentaten und einenWinter lang miteinander Quartett spielten, bleibenlebenslang gute Freunde.“(*1, S.70)

Es gilt als gesichert, daß einige von HaydnsStreichquartetten schon zu seinen Lebzeiten sowohl inaristokratischen Zirkeln als auch in öffentlichenKonzerten gespielt wurden. Die Uraufführungen fandenin der Regel zunächst in den Palästen derWidmungsträger statt.Haydn schrieb neun Serien mit je sechs Quartetten, desweiteren Opus 77 mit zwei Quartetten und dieEinzelkompositionen Opus 42 und 103.Die Kompositionen der vierten Quartettserie, op. 33, ent-standen vermutlich 1781 und wurden im darauffolgen-den Jahr bei dem Wiener Verlag Artaria verlegt. DasTitelblatt der ersten Berliner Ausgabe schmückte eineweibliche Gestalt und so wurden sie zunächst Jungfern-

Quartette genannt. Haydns Briefwechsel ist zu entneh-men, daß er bei dieser Erstausgabe bezüglich desHonorars hintergangen wurde. Später sprach man von den `russischen Quartetten´, weilHaydn sie angeblich dem Großfürsten Paul von Rußlandgewidmet hatte, dem späteren Zaren von Rußland. Sofand die erste Aufführung auch in der Wiener Wohnungder Großfürstin Maria Feodorowna statt, der späterenZarin und Gattin von Zar Paul. Die Quartette machtenHaydn nun auch in Rußland so berühmt, daß HaydnsSchöpfung auf dem Eröffnungsprogramm stand, als imJahr 1802 die Philharmonische Gesellschaft in St.Petersburg neu gegründet wurde.Haydn schreibt in seinen Briefen, daß er diese Quartette„auf eine ganz neu besondere Art“ geschrieben habe. AnStelle der Menuette fügte er Scherzi ohne einen Trio-Mittelteil ein, weswegen diese Quartette auch Gli Scherzigenannt werden.Obwohl Haydn sonst keine Neuerungen in dieserQuartettserie einführte und vieles in Ansätzen schon inden vorangegangenen Quartetten zu finden war, habe ernach Meinung vieler Haydn-Forscher hier den letztenSchritt zum `klassischen´ Streichquartett gemacht.

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Joseph Haydn wohnte in seinen letzten Jahren im Wiener VorortGumpendorf, dessen damaliges Aussehen der Stich aus dem Jahre1798 festhält.

Die vielen überraschenden Wendungen und Pausen imletzten Satz des 2. Streichquartetts, das auf unseremProgramm steht, führten zum Beinamen `The joke´, `derSpaß´. „Das Finale schließt immer wieder auf pointiertwitzige Weise, so daß man am Ende nicht weiß, ob derSatz tatsächlich zu Ende ist oder nicht.“ (*1, S. 195)Haydn stiftet die Verwirrung, indem er zwischen langePausen abschließende Floskeln einfügt.

Im Jahr 1910 schrieb Alban Berg (1885 – 1935) seinzweisätziges Streichquartett op.3. Es ist seine erste, ganzselbständig ausgeführte Komposition, obwohl er schonseit 1907 Schüler von Arnold Schönberg war. Dieseräußerte sich sehr positiv über dieses Quartett: „Es über-raschte mich in ganz unglaublicher Weise durch die Fülleund Ungezwungenheit seiner musikalischen Sprache, dieKraft und Sicherheit seiner Darstellung , seine sorgfälti-ge Ausarbeitung und seine bemerkenswerteOriginalität.“ Im Wiener Verein für Konzert und Kultur fand diesesStreichquartett dagegen bei seiner Uraufführung am 24.April 1911 keine Anerkennung. Zusammen mit seinemOpus 1, einer Klaviersonate, wurde das Streichquartettder Öffentlichkeit vorgestellt. Die Ablehnung traf Bergbesonders schwer, da er zu dieser Zeit die, Anerkennungder Eltern seiner Braut suchte. Diese waren zunächst ent-schieden dagegen, ihre Tochter diesem mittellosen undunbekannten Komponisten anzuvertrauen. Berg schloß die Arbeit an dem zweisätzigenStreichquartett im Frühjahr 1910 ab, „zu jener Zeit, alsBergs seelische Situation aufs äußerste gespannt war.Berg sagte einmal, das Quartett sei „im Trotz kompo-niert“, im Trotz gegen jene „Mächte“, die sich seinerVerbindung mit Helene Nahowski entgegenstellten. Alles

Aufbegehren des Vierundzwanzigjährigen scheint ausdieser aggressiven, unversöhnlichen Musik zu sprechen,und wie ein Motto könnte sein Ausruf `O Zorn!!! Wannkommst Du einmal zur Ruhe in mir?´über der Partiturstehen.“ (*2, S.44)1920, als das Werk in Druck ging, widmete Berg diesesWerk `Meiner Frau´, denn sie hielt immer zu ihm und ließihn die innere Ruhe finden.Bergs Freund schrieb über diese Beziehung: „Was dieseFrau ihm geworden ist, was sie für den Künstler nichtweniger als für den Menschen Alban Berg bedeutete, das

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Alban und Helene Berg

vermag selbst der, dem das Glück näherer persönlicherBekanntschaft mit dem Paar zuteil wurde, nur zu ahnen.“Sie spielten gemeinsam vierhändig Klavier, er begleitetesie beim Gesang und so konnte er schreiben: „Nicht wahr,Helene; wer so singt wie Du und wer so hört wie ich, derwird stolz und freudig bekennen: Ich will Künstler sein!“Alban Berg und Helene Nahowski hatten sich in derWintersaison 1906/07 in der Operngalerie kennengelernt.Helene Nahowski hatte zeitlebens Verständnis für denhochsensiblen, kränkelnden Künstler und sein Werk.

Alban Berg litt seit seinem sechzehnten Lebensjahr anAsthma und an einer immer wiederkehrendenFurunkulose, an der er erst 50jährig starb. Unsterblichwurde er durch seine beiden Opern Wozzek und Lulu.

Zum Abschluß desKonzerts hören Sievon Ludwig vanBeethoven (1770 –1827) das Streich-quartett Nr. 12 Es-Dur, op. 127, daserste der letztenStreichquartette,mit denen er seinSchaffen abschloß.Sie entstanden inden Jahren 1824 bis1826, nach derMissa solemnis, derNeunten Sinfonieund den spätenK l av i e r sona t en ,wobei die Opus-zahl nicht mit derReihenfolge ihrerEntstehung über-einstimmt. Opus127, das Sie hörenwerden, hatte schonbei der Urauffüh-rung am 6.3.1825großen Erfolg, wäh-rend die Quartetteop. 132, 130, 133(Große Fuge) sowie131 und 135 derNachwelt großeRätsel aufgaben.

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um 1923

1823. Stich nach einer Tuschzeichnungvon Martin Tejcek.

Große Komponisten wie Tschaikowsky sagten, daß erdiese späten Werke nicht möge: „Es ist ein Schimmer da,aber nicht mehr. Der Rest ist Chaos, über dem – umgebenvon undurchdringlichen Nebeln – der Geist dieses musi-kalischen Jehova schwebt.“ Andere kritisieren „die Fülle der scheinbar zusammen-hanglos aneinandergereihten oder einander überschnei-denden Bilder, das jähe Nebeneinander von volksliedhaf-ten, naiv homophon begleiteten Einfällen und abstraktpolyphonen Gebilden, das komplexe In- oderNebeneinander von starren und gleitenden Rhythmen,von simplen und abrupten Klängen, das Episodische vie-ler Teile dieser riesigen Organismen wird er als unge-formt, stillos, `chaotisch´ empfinden.(* ) Dagegen argumentieren die Bewunderer: „Solch schein-bare Mängel erweisen sich indessen als unabdingbareElemente dieser Kunstwerke. Denn: es handelt sich beiihnen nicht mehr um Wege, die auf ein fernes Ziel ver-weisen, sondern gleichsam um „kosmischeMeditationen“, in denen ein unermeßlicher Reichtum anGedanken, Eindrücken, Empfindungen und Bildern inkaleidoskopischem Wechsel um eine transzendente Mittekreist! Auf sie alle trifft zu, was Goethe in die Wortefaßte: ‘Gestaltung, Umgestaltung, des ewigen Sinnesewige Unterhaltung.’ Theodor W. Adorno sah im Spätstil Beethovens „eineTendenz zur Dissoziation, zum Zerfall, zur Auflösung,aber nicht im Sinne eines Kompositionsverfahrens, das esnicht mehr zusammenbrächte, sondern alsKunstmittel.“(*3, S. 205)

Über die näheren Umstände bei der Uraufführung möch-te ich abschließend die Zeitzeugen zu Wort kommen las-sen. In den gängigen Konzertführern heißt es, daß dieses

Quartett schon bei der Uraufführung am 6.3.1825 einenaußerordentlichen Erfolg gehabt habe. Dies entsprichtnicht ganz den Tatsachen und deshalb möchte ich Ihnenaus der Beethoven-Biographie von Alexander WheelockThayer (*4, V. Band, S. 179ff) die äußerst interessantePassage wiedergeben, in der wir erfahren, warum derPrimarius des Quartetts ausgetauscht wurde und vorallem, wie der taube Beethoven die Proben des Quartettsüberwachte.

„Das Quartett kam am 6. März zur Aufführung, wurdeaber nicht verstanden und ging ziemlich wirkungslosvorüber. Man machte dafür Schuppanzigh verantwort-lich.“ (Anm.: Freund Beethovens, der mit seinem gleich-namigen Quartett, viele Quartette Beethovens aus derTaufe gehoben hatte), Es hieß, Schuppanzigh sei derDarstellung so schwer zu erfassender Kompositionennicht mehr gewachsen und er mußte bittere Vorwürfevon dem Meister hören. Dieser wünschte eineEhrenrettung des Werkes und gewann hierzu JosephBöhm, der schon während Schuppanzighs Abwesenheitdie Quartettaufführungen in Wien fortgeführt hatte undmit Beethovens Quartetten bekannt war. Er erreichte mitdem Quartett besseren Erfolg, wenn auch noch nicht allesklar geworden war; man konnte, wie Schindler mitteilt,Beethoven von einem Siege berichten. Wir lassen Böhmselbst das Ereignis seines Eintretens für das Werk erzäh-len, wie es uns ein Hörer aus seinem Munde mitteilt. Böhm spricht von der Schwierigkeit der letzten Werkeund der Unzufriedenheit der Darstellenden, welche dastiefere Studium scheuten. `So erging es mir einmal,´ fährter fort, `mit einem seiner letzten Quartette. Beethovensah es – und mit Recht – für eine seiner größtenCompositionen an, und versprach sich von der

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Aufführung desselben große Erfolge. Aber das Ding woll-te nicht recht gehen. Schuppanzigh, der die erste Violinespielte, war der vielen Proben überdrüssig, es war keineRundung in der Leistung herauszubringen, das Quartettsprach ihn nicht an, er ging nicht disponiert zurProduktion und das Quartett mißfiel. Es rührten sichwenige Hände, es war ein schwacher succès d´estime. Beethoven ward, als er dies vernahm, wüthend, Publikumund Darsteller wurden mit harten Worten hergenommen.Beethoven hatte keine Ruhe bis die Scharte ausgewetztwurde. Er sandte in aller Frühe an mich.- In seinergewohnten kurzen Weise sagte er mir:..Sie müssen meinQuartett spielen – und die Sache war abgethan. -Einstreuungen, Bedenken halfen nichts, was Beethovenwollte, mußte geschehen. So übernahm ich denn dieschwierige Aufgabe. - Es wurde fließig studirt, unterBeethovens eigenen Augen häufig probirt: Ich sage nichtumsonst unter Beethovens A u g e n , denn derUnglückliche war damals schon so taub, daß er diehimmlischen Klänge seiner Compositionen nicht mehrvernahm. Und doch war eine probe in seinerAnwesenheit nichts leichtes. Mit gespannterAufmerksamkeit folgten seine Augen dem Bogen unddarnach, wußte er die kleinsten Schwankungen imTempo oder Rhythmus zu beurteilen und selbe auchgleich abzustellen. Eben in diesem Quartette war im letz-ten Satze ein meno vivace zum Schlusse, welches mir dieWirkung des Ganzen abzuschwächen schien. Ich riethdaher bei der Probe das gleiche Tempo einzuhalten, wasauch geschah und wirklich bessern Eindruck machte.Beethoven kauerte in einer Ecke, hörte nichts davon, sahaber mit gespannter Aufmerksamkeit zu. - Nach demletzten Bogenstrich sagte er lakonisch: `Kann so bleiben´- ging zu den Pulten und strich das ` meno vivace` in

den vier Stimmen aus.Das Quartett wurde endlich aufgeführt und mit einemwahren Beifallssturm aufgenommen. Beethoven war nunbefriedigt.

Ich bin sicher, daß Sie mit der Aufführung durch dasDaedalus-Quartett zufrieden sein werden, das schon 2008einen tiefen Eindruck in unserer Konzertreihe hinterlas-sen hat.

*1 Eisenstädter Haydn-Berichte Bd 2,Haydn & Das Streichquartett, Hans Schneider, Tutzing 2003

*2 rororo Monographie: Alban Berg von Volker Scherliess,1994

*3 Theodor W. Adorno: Beethoven. Philosophie der Musik.Frankfurt am Main 1993

*4, Ludwig van Beethovens Leben, von Alexander WheelockThayer, V. Band, S. 179ff

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Möchten Sie nicht mal Wagners „Echte“ probieren?

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Orchesterkonzert

Samstag, 9. März 2013, 18.00 Uhr, Fiskina Fischen

Danjulo Ishizaka Cello

Franz Liszt Kammerorchester Budapest

Programm:Carl Philipp Emanuel Bach Cellokonzert Wq 172 , A-Dur (1753)Robert Schumann Cellokonzert a-Moll, op. 129 (1850)

bearb. für Cello und Streichorchester von Florian Vygen undAlexander Kahl

Pavel Haas Streichquartett Nr. 1, cis-Moll, op.3 (1920)Fassung für Streichorchester

Felix Mendelssohn Bartholdy Oktett op. 20 (1825)Orchesterversion

„Danjulo Ishizaka ist kein Talent mehr, sondern eine veri-table Musikerpersönlichkeit. Phänomenal in seinem tech-nischen Potenzial, begeisterte er mit spontanerKlangfarbenphantasie und Phrasierungsintelligenz,“ soschrieb die Süddeutsche Zeitung anlässlich seines Debutsim Herkulessaal.

Der 1979 geborene Deutsch-Japaner erhielt mit vierJahren seinen ersten Cello-Unterricht. Nach Studien beiHans Christian Schweiker absolvierte er ein Gaststudiuman der Indiana University, USA. Einen entscheidendenEinfluss auf seine Entwicklung als Künstler undPersönlichkeit hatte Boris Pergamenschikow, bei dem ervon 1998 bis 2004 an der Hochschule für Musik HannsEisler in Berlin studierte. Dort setzte er von 2004 bis 2006seine Studien bei Tabea Zimmermann fort. Weiterhinwurde er nachhaltig durch Michael Denhoff, BernhardGreenhouse, György Kurtág, Menahem Pressler und dasAmadeus-Quartett geprägt.

Nach frühen Erfolgen mit ersten Preisen, 1998 beimInternationalen Gaspar Cassado Cellowettbewerb inSpanien und 1999 beim Internationalen LutoslawskiCellowettbewerb in Warschau, wurde Danjulo Ishizaka2001 erster Preisträger beim renommiertenInternationalen Musikwettbewerb der ARD in München.2002 gewann er den Grand Prix Emanuel Feuermann derKronberg Academy und der Universität der KünsteBerlin, der unter der Schirmherrschaft von DanielBarenboim erstmalig zum 100. Geburtstag des legendä-ren Cellisten E. Feuermann ausgetragen wurde. Zudemwurde Danjulo Ishizaka mit dem Prix Young Artist of theYear ausgezeichnet.

Bei seinen Konzerten zusammen mit den WienerSymphonikern unter der Leitung von KrzysztofPenderecki im Musikverein Wien gelang ihm imNovember 2003 der internationale Durchbruch. Bei sei-nem Gastspiel kurz darauf in der Alten Oper in Frankfurttitelte die FAZ: „Genie bricht sich Bahn“. Seither konzer-tiert Ishizaka weltweit mit renommierten Orchestern, wiebeispielsweise dem Gewandhaus Orchester in Leipzig,dem BR-Sinfonieorchester, dem RSO Frankfurt, derDeutschen Radio Philharmonie, dem Bruckner OrchesterLinz, dem NHK Symphony Orchestra, dem TokyoSymphony Orchestra, dem Singapore SymphonyOrchestra, dem Baltimore Symphony Orchestra, demOrchestra Gulbenkian, dem Lithuanian NationalSymphony Orchestra, der Sinfonietta Cracovia, denPrager Symphonikern, dem Orchestre Philharmonique duLuxembourg, der Academy of St. Martin in the Fieldsund dem Münchener Kammerorchester. Dabei hat er u.a.mit Dirigenten wie Gerd Albrecht, Christoph Eschenbach,Lawrence Foster, Michail Jurowski, Jiri Kout, Sir RogerNorrington, Christoph Poppen, Mstislaw Rostropovichund Leonard Slatkin zusammengearbeitet.

Auf seiner Debut-CD bei SonyBMG spielte er Sonatenvon Britten, Franck und Mendelssohn-Bartholdy zusam-men mit dem Pianisten Martin Helmchen ein. Diese CDwurde im Jahr 2006 von der Deutschen Phono Akademiemit dem Echo Klassik Preis ausgezeichnet.

Neben seiner Konzerttätigkeit als Solist führen IshizakaKammermusikaktivitäten mit renommierten Künstlernzusammen wie beispielsweise Gidon Kremer, JuliaFischer, Lisa Batiashvili, Viviane Hagner, FrancoisLeleux, Lars Vogt, Tabea Zimmermann, Antoine Tamestit,

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Renaud Capucon, Julian Rachlin und Elena Bashkirovamit dem Jerusalem Chamber Music Festival Ensemble. Zuseinen ständigen Klavierpartnern zählen José Gallardo,Martin Helmchen, Markus Schirmer und HenriSigfridsson.

Er ist regelmäßig Gast bei renommierten Festivals wiedem Cellofestival in Kronberg, Schleswig-Holstein MusikFestival, Rheingau Musik Festival, Kissinger Sommer,Musikfestival Lockenhaus, Verbier Festival, den LuzernerFestspielen, City of London Festival, Manchester CelloFestival und den Osterfestspielen in Salzburg.

Im Rahmen seiner internationalen Tourneen gastiert er inEuropa, Asien und den USA. Im März 2006 hatte er seinDebut in der Carnegie Hall New York.

2007 folgte er Einladungen des Royal PhilharmonicOrchestra unter Leonard Slatkin und der SinfoniettaCracovia unter Krzysztof Penderecki. Im Juli 2007 debü-tierte er beim Verbier Festival, im September 2007 beiden Luzerner Festspielen und im Dezember 2007 mit demLuzerner Sinfonieorchester unter John Axelrod.

Im Jahr 2008 unternahm Danjulo Ishizaka neben zahlrei-chen Wiedereinladungen erneut eine Europa Tourneezusammen mit dem Royal Philharmonic Orchestra unterSir Andrew Davis, debutiert mit dem Iceland SymphonyOrchestra unter Rumon Gamba, dem GrazerPhilharmonischen Orchester unter Zsolt Hamar, demZürcher Kammerorchester zusammen mit ArabellaSteinbacher und im Concertgebouw Amsterdam spieletegemeinsam mit Lisa Batiashvili. Danjulo Ishizaka wurde für das New Generation Artists

scheme von BBC Radio 3 ausgewählt, das für die Jahre2007 und 2008 zahlreiche Rundfunkproduktionen solo,mit Klavier, mit den fünf BBC-Sinfonieorchestern sowieein Debut Recital in der Wigmore Hall London beinhal-tet.

Danjulo Ishizaka wird u.a. von der Kronberg Academygefördert, die ihm das von Wolfgang Schnabl erbauteVioloncello zur Verfügung stellt., das zuvor von BorisPergamenschikow gespielt wurde. Außerdem spieltDanjulo Ishizaka das Stradivarius aus dem Jahr 1696Lord Aylesford von der Nippon Music Foundation.

Das ungarische Franz Liszt Kammerorchester, wurde1963 von ehemaligen Studenten der Franz LisztMusikakademie gegründet. Es spielt eine bedeutendeRolle im Musikleben Ungarns und zählt zu den renom-mierten Ensembles in Europa. Seit Jahrzehnten hat sichdas Orchester in der internationalen Musikszene etabliert.Es spielt regelmäßig in den großen Konzertsälen wie derCarnegie Hall in New York, der Suntory Hall in Tokyo,der Oper in Sydney, dem Théâtre de la Ville in Paris unddem Concertgebouw Amsterdam.

Obwohl Franz Liszt kein Werk für Streicher komponierte,nahm das Ensemble, als Ausdruck tiefer Verehrung, sei-nen Namen an. Der erste künstlerische Leiter war FrigyesSándor, ein Professor an der Franz Liszt Music Academy.Er spielte eine entscheidende Rolle in der Entwicklungdes Orchesters. Nach seinem Tode 1979 übernahm JánosRolla seine Aufgabe als Konzertmeister des Ensembles.Das weit gefächerte Repertoire umfasst alle Epochen der

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Musikgeschichte von Monteverdi, Bach, Vivaldi, überMozart zu den Romantikern und bis zu den Werken des20. Jahrhunderts. Das Orchester hat mehr als 200 CDs fürLabels wie Sony Classical, CBS, Teldec, EMI, Erato,Denon oder das ungarische Label Hungaroton aufgenom-men, die mit zahlreichen Preisen wie dem „Grand PrixAcadémie de Disques“ und dem „Record of the Year“bedacht wurden. Regelmäßige Tourneen führen dasOrchester in zahlreiche europäische Länder, in die USA,nach Südamerika, Asien und Australien und zu namhaf-ten Festivals wie Schleswig-Holstein, Ascona, Besancon,Moritzburg, Edinburgh, Bath, Flandern, Helsinki, Luzern,Gstaad, Montreux, Prades und Santander.

Regelmäßig konzertiert das Orchester mit Dirigenten undSolisten von internationalem Rang wie Heinz Holliger,Sir Yehudi Menuhin, Adam Fischer, Jean-Pierre Rampal,Isaac Stern, Henryk Szeryng, Maurice André, MarthaArgerich, Miklós Perényi, András Schiff, Zoltán Kocsis,Dezsö Ránki, Tamás Vasary, Péter Frankl, György Pauk,Shlomo Mintz, Vadim Repin, Midori, Janos Starker,Ruggero Raimondi und Edita Gruberova.

Zum Programm:

Das Konzert wird mit einem Cellokonzert von CarlPhilipp Emanuel Bach (1714 – 1788) eröffnet. Am Endeseines Jurastudiums in Frankfurt an der Oder, im Jahr1738, ging der zweite Sohn Johann Sebastian Bachsnach Berlin von wo aus er einen jungen Adligen alsHofmeister auf einer Kavaliers- und Bildungsreise beglei-ten sollte. In seiner Autobiographie schreibt er, warum eshierzu nicht kam: „Ein unvermutheter gnädiger Ruf zum

damaligen Kronprinzen von Preussen, jetzigen König,nach Ruppin, machte, daß meine vorhabende Reise rückgängig wurde.“ Aber erst 1740, nach der Thron-besteigung Friedrichs II., wurde er in Dienst gestellt. Inseinen Erinnerungen schildert Carl Philipp Emanuel Bachseine erste Amtshandlung, wie er als Kammercembalistden König beim Flötenspiel in Charlottenburg begleitete.

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Carl Philipp Emanuel Bach. Pastellbild von Gottlieb Friedrich Bach.

Die Befähigung hierzu resultierte aus einer gründlichenmusikalischen Ausbildung durch den Vater. Grundlageder Ausbildung am Tasteninstrument dürften, wie bei sei-nem älteren Bruder, die Clavier-Büchlein für Friedemannund Anna Magdalena Bach gewesen sein. Welchen RangCarl Philipp Emanuel Bach als Cembalist und Komponisthatte, belegen die ersten zwei Klaviersonaten-Sammlungen aus den Jahren 1742 und 1744. Sie waren richtungweisend und haben Komponisten wieJoseph Haydn maßgeblich beeinflußt. Diese zweiKlaviersonaten-Sammlungen waren die Quintessenzeiner über zehn Jahre dauernden, intensivenBeschäftigung mit dem Tasteninstrument und belegenneben den früheren Bewerbungen um ein Organistenamt,daß der Bach-Sohn von Anfang an eine Musikerlaufbahnanstrebte. Das juristische Studium diente nicht zuletzt derallgemeinen Bildung und der Erfüllung akademischerVoraussetzungen, die für die höheren Ämter einesKantors oder Musikdirektors erforderlich waren. Seinepädagogischen Ambitionen faßte er in dem Versuch überdie wahre Art das Clavier zu spielen und schuf damit einrichtungsweisendes Werk, das bis heute Gültigkeit hat.Zu seiner Zeit galt Carl Philipp Emanuel, und nicht derVater Johann Sebastian, als der `große´ Bach. Carl PhilippEmanuel hinterließ ein umfangreiches Oeuvre, das alleMusikgattungen umfaßte. Viele Werke galten nach demzweiten Weltkrieg für verloren. Erst 1999 wurde die imKrieg ausgelagerte Bibliothek der Berliner Singakademiein Kiew wiederentdeckt und so konnten vor allem dieVokalkompositionen aus der Hamburger Zeit wieder derForschung zugänglich gemacht werden.Es existieren verschiedene Verzeichnisse seiner Werke.Bereits 1790 wurde an seinem letzten WirkungsortHamburg das Werk in einem vorbildlichen Verzeichnis

des musikalischen Nachlasses des verstorbenenCapellmeisters C.Ph.E. Bach erschlossen. Die Angaben zuseinen Werken beruhen heute auf dem umfassenden undrelativ aktuellen thematischen Verzeichnis desAmerikaners Eugene E. Helm ( abgekürzt H) von 1989sowie auf dem thematischen Verzeichnis des LothringersAlfred Wotquenne (abgekürzt Wq) aus dem Jahr 1905.Demnach wird das Werk unseres Programms exaktgekennzeichnet mit Cellokonzert A-Dur, Wq 172, H 439.

Seit 1731 hatte der preußische Kronprinz die königlicheHofkapelle zu einer der angesehensten in Europa aufge-baut. Die bedeutendsten Mitglieder waren zu C.Ph.E.Bachs Zeit die Brüder Karl Heinrich und Johann GottliebGraun, Franz, Johann und Georg Benda sowie JohannJoachim Quantz. Es ist anzunehmen, daß die dreiCellokonzerte der Jahre 1750 bis 1753 neben anderenSolokonzerten für den Bedarf der Preußischen Hofkapellegeschrieben wurden.

Als nächstes hören Sie ein weiteres Cellokonzert, aller-dings in Bearbeitung für Soloinstrument undStreichorchester. In einem wahren Schaffensrauschschrieb Robert Schumann (1810 – 1856) sein Opus 129im Herbst 1850 innerhalb von knapp zwei Wochen. Fastjeden Monat schloß er dann ein weiteres neues Werk abund im Dezember beendete er nach vier Wochen dieArbeit an der großen Sinfonie Nr. 3, op. 97 Es-Dur, derRheinischen. Voll froher Erwartungen kam Schumann am 2.September 1850 mit seiner Familie am Bahnhof inDüsseldorf an, wo sie von seinem Vorgänger im Amt desStädtischen Musikdirektors, Adam Hiller, und dem

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Konzertdirektorium empfangen wurden. Ein Chor sangzur Begrüßung und das Hotelzimmer war mit Blumenund Lorbeer geschmückt. Alle Voraussetzungen für einerfolgreiches und schöpferisches Leben schienen gege-ben. Schumann fand ein versiertes Orchester vor, mitdem er schon in der ersten Saison sechs eigene Werke zurUraufführung bringen konnte, nicht aber dasCellokonzert, „dessen Aufführung zu Lebzeiten an den

Einwendungen des als Solisten vorgesehenen CellistenRobert Emil Bockmühl scheiterte“. (*1) Auf denProgrammen standen außerdem Bach und Beethovensowie vor allem Zeitgenössisches seiner Freunde undMusikerkollegen Julius Rietz, Adam Hiller und FelixMendelssohn Bartholdy.

In den ausführlichen Texten früherer Hefte habe ich wie-derholt Schumanns Bestreben erwähnt, zunächst daskammermusikalische Repertoire mit Werken für verschie-dene Instrumente und Besetzungen zu erweitern. Mitdem Concertstück F-Dur, op. 86 für vier Ventilhörner undgroßes Orchester - wir hörten es im Schumann-Jahr2006 – gelang ihm 1849 ein entsprechendes, richtung-weisendes Werk im sinfonisch-konzertanten Bereich. Im Cellokonzert a-Moll verband er die drei Sätze ebensowie in der vierten Sinfonie d-Moll op. 120 durch charak-teristische Ein- und Überleitungen und schuf durch the-matische Verbindungen eine besondere Einheit und inne-re Verflechtung. Über allem entfaltet das CelloKantilenen, die den romantischen Charakter desInstruments voll zur Geltung kommen lassen. Kernstückist der langsame zweite Satz, der ganz vom romantischenEmpfinden Schumanns erfüllt ist und ihn noch einmalauf der Höhe seines Schaffens zeigt. Der Orchestersatz ist zurückhaltend instrumentiert, sodaß wir einerseits in einer Bearbeitung fürStreicherensemble die Farben und stimmungsvollenEinwürfe der Bläser vermissen werden. DieKonzentration auf die thematische und harmonischeEntwicklung könnte uns andererseits neue Einblicke indie Komposition verschaffen.

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Robert Schumann. Daguerreotypie von Johann Anton Völlner, 1850

Nach der Pause hören Sie das erste Streichquartett in cis-Moll, op. 3 des tschechischen Komponisten Pavel Haas(1899 – 1944). Eine gründliche, frühe musikalischeErziehung im Klavierspiel, in Harmonielehre und

Musiktheorie erhielt er an der Musikschule von BesedaBrnenská und von 1920 bis 1922 studierte erKomposition am Brünner Konservatorium in derMeisterklasse von Léos Janá ek. Nach dem Studiummußte er noch in den Schuhläden des Vaters mitarbeiten,um Geld zu verdienen. Erst durch Arbeiten für dasMährische Streichquartett und das MährischeBläserquintett, durch Bühnenmusiken für das BrünnerTheater und durch Auftragswerke für Rundfunk und Filmkonnte er sich als Komponist etablieren. 1929 wurde erJaná eks Nachfolger als Vorsitzender des Klubs derMährischen Komponisten. Ab 1935 konnte er als frei-schaffender Komponist leben und verdiente seinenUnterhalt als privater Kompositionslehrer und Referentzweier Zeitungen.

Mit der Errichtung des Reichsprotektorats Böhmen undMähren durch die Nationalsozialisten verlor er alleExistenzgrundlagen. Als tschechischer Jude wurde er am2. Dezember 1941 zunächst nach Theresienstadt depor-tiert und von dort am 16. Oktober 1944 in dieGaskammern von Auschwitz geschickt.

Pavel Haas hinterließ Vokalmusik mit Liedern fürSingstimme mit Klavier-, Orgel- oder Orchesterbeglei-tung, eine Oper, Instrumentalmusik, darunter dreiStreichquartette, ein Bläserquintett sowie eine Suite undeine unvollendete Sinfonie für großes Orchester. Basisseines kompositorischen Schaffens war Janá ek. Er orien-tierte sich aber auch an Strawinsky, Milhaud undHonegger. Er ließ sich von der böhmisch-mährischenVolks- und Kirchenmusik, vom Gesang in der Synagogeund sogar vom Jazz inspirieren. Expressivität und einunmittelbarer musikalischer Ausdruck zeichnen seineWerke aus.Grundlage dieses Beitrags ist der Artikel über Pavel Haasvon Klaus Döge im MGG (* 2)

Zum Abschluß dieses Konzerts hören Sie dasStreicheroktett op. 20, Es-Dur, den Geniestreich des sech-zehnjährigen Felix Mendelssohn Bartholdy (1809 – 1847)in der Orchesterversion.Anläßlich der Aufführung dieses singulären Werks zumMendelssohn-Jahr 2009 durch das Hyperion-Ensembleschrieb ich: Mendelssohn widmete das Werk seinemFreund, dem Geiger und Dirigenten Eduard Rietz. Eserscheint unbegreiflich, mit welcher Souveränität derSechzehnjährige das formale Problem mit acht Streichernlöst. Es sind nicht zwei Streichergruppen, nicht zweiQuartette, keine Doppelchörigkeit, sondern Mendelssohn

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löst das Problem durch Gleichberechtigung der Stimmenin Polyphonie. Mendelssohn Bartholdy schloß die Arbeit am Oktett am15. Oktober 1825 ab. Als es 1833 im Druck erschien, gaber folgende Anweisung: „Dieses Oktett muß von allenInstrumenten im Style eines symphonischen Orchestersgespielt werden.“

R. Larry Todd stellt in seiner Mendelssohn-Biographie2008 fest: „Das Oktett sicherte Mendelssohn seinen Platzim Kanon großer abendländischer Komponisten. DieSchöpferkraft des mittlerweile sechzehnjährigen einsti-

gen Wunderkindes entfaltete in dieser offenkundig mei-sterhaften, überschäumenden Komposition seine volleReife. Kein Werk, das Mozart in vergleichbarem Alterschrieb, erreicht die gekonnte Vollendung des Oktetts; dieSuche nach Vorbildern ist überhaupt vergeblicheLiebesmüh.“ (*3)

* 1 Robert Schumann MGG, Personenteil Bd. 15, S.314,Arnfried Edler, Bärenreiter/Metzler

* 2 Pavel Haas MGG, Personenteil Bd. 8, S.342 ff, Klaus Döge,Bärenreiter/Metzller 2002

* 3 Felix Mendelssohn Bartholdy, Sein Leben,seine Musik von R.Larry Todd,, Carus-Verlag 2008

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Felix Mendelssohn Bartholdy, Fotografie


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