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GEPFLEGT DURCHATMEN FACHZEITUNG · 2019. 6. 19. · GEPFLEGT DURCHATMEN für außerklinische...

Date post: 19-Aug-2021
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GEPFLEGT DURCHATMEN für außerklinische Intensivpflege FACH ZEITUNG Editorial Fortschritt, so sagt das Mär- chen, an das moderne Men- schen am liebsten glauben, Fortschritt ist per se eine gute Einrichtung. Den Beweis, denken sie, führt der Fort- schritt durch seine bloße Existenz. Denn Fortschritt bedeutet, eine Einsicht durch eine andere zu ersetzen. Schon weil die zweite Einsicht auf die erste folgt, müsse sie die richtigere sein. Diese naive Betrachtung der Welt entspricht dem Prinzip der Evolutionstheorie. Charles Darwin schrieb vom "survival of the fittest" und meinte damit die höheren Überleben- schancen der Individuen, die besser an ihre Umgebung angepasst sind als ihre Kon- kurrenten. Die Spirale Richtung Perfek- tion könnte man auch in der Natur von Medizin und Kran- kenpflege vermuten. Wenn Fortschritt so etwas Ähnliches ist wie Treppensteigen, sollten neue Ideen die Vorteile aller Vorgängerideen plus einen Zusatznutzen enthalten. Tun sie aber nicht, wie man in der Medizin beispielhaft am Misserfolg des Schmerzmit- tels Vioxx® oder in der Pflege an der über Jahrzehnte an- und abschwellenden Begei- sterung für verschiedene La- gerungshilfsmittel erkennen kann. Tatsache ist, jede Neuerung trägt das Risiko des Schei- terns in sich. Das soll nicht heißen, es sei ratsam, auf Entwicklungen zu verzichten. Ganz im Gegenteil. Das Wis- sen, dass nicht alle Pläne, die gut gedacht wurden in jedem Fall auch gut umgesetzt sind, hilft, den Überblick zu wahren. Blindes Vertrauen ist ebenso schädlich wie blindes Miss- trauen. Im vorliegenden Heft balancieren wir erneut zwi- schen kritischer Begutachtung von Innovationen und der Erinnerung an bewährte pfle- gerische Kompetenzen. Lassen Sie sich von beiden Seiten inspirieren. Die Redaktion Nummer 6 Juli 2007 Wunderbar unerwachsen bleiben Sicher, meine Patienten würden es begrüßen, wenn ich den Dienst im Clowndress bestreiten würde, doch der Effekt würde sich schnell ab- nutzen und es wäre auch nicht sinnvoll. Das heißt natürlich nicht, dass so ein Arbeitstag nicht mal Eventcharakter haben kann. Aber das gelingt niemandem ständig und schon gar nicht am Stück. Also sieht der Humor anders aus. Subtiler, der Situation entspre- chend. Ich kann nicht einfach eine Posse reißen und dann abhauen. Der Dienst ist danach noch lang nicht zu Ende. Vielleicht klärt mein nächstes Lieblingszitat von Chaplin das Problem ein wenig. "Können Sie sich die Todesangst vorstellen, die mich jeden Morgen befällt, wenn ich mich zwischen den Ruinen eines armseligen Dekors auf die Lehne eines Korbstuhls stütze, von dem ich weiß, er wird in die Knie gehen, und vor der mörderischen Aufgabe, komisch zu sein?" So etwas kann man in der Pflege kaum leisten. Man stelle sich vor, ich käme ständig grinsend mit Spritzen, Infusionen oder Sonden- nahrung zur Tür herein. Allein die Sorge des Patienten um seine Wohnungseinrichtung und die Sau- erei hinterher…! Also andere Me- thode. Wenn ich höre: "Werd’ doch mal erwachsen!", entsteht in mir der Verdacht, der Urheber dieser Flos- kel habe bereits mit dem Leben abgeschlossen und betrachte das "Kindsein" als ungünstige Phase seiner Vergangenheit. Wie traurig. Man sollte immer kindlich, naiv, neugierig und bereit bleiben, sich vom Leben überraschen zu lassen. Ich zähle mich zu den Menschen, die den Titel "Nicht ganz normal" oder gar "Verrückt", durchaus als Kompliment betrachten. Außerdem ist dieses Urteil immer eine Frage des Standpunktes. Den Tag mit Humor zu bewältigen, setzt natürlich voraus, dass man welchen hat. Damit ist nicht ge- meint, dass man nicht mal einen schlechten Tag haben darf. Das passiert meinen Patienten aus nachvollziehbaren Gründen gar nicht so selten. Aber jede Energie, auch der Frust, ist eine Energie, die man nutzen kann. Vorschläge zum Umgang mit kranken Kindern: Wie man auf der grenzenlosen Welle der Phantasie balanciert Charlie Chaplin hat es auf den Punkt gebracht: "Ein Tag ohne Lachen ist ein verlorener Tag!" Ohne je einen Kurs in Psychologie belegt zu haben, kann ich das mit Sicherheit bestätigen. Lachen ist eine Lebensgrundlage. Ich wurde gebeten, etwas über "Humor in der Pflege" zu schrei- ben, weil ich dreieinhalb Jahre lang als Clown aufgetreten bin. Doch es ist notwendig, den Erwartungs- druck zu kühlen. Wie man auch bei den Comedians mit der Auffor- derung "Erzähl doch mal’n Witz!", meist scheitert, kann ich, bloß weil ich Bühnenerfahrung habe, die Lacher nicht spontan garantieren. In erster Linie bin ich schließlich als Pfleger und nicht als Unterhalter angestellt – auch wenn meine zwei jüngsten Patienten das manchmal so sehen. Der wesentliche Unterschied zwi- schen anderen Clowns – ob sie nun auf der Bühne stehen oder zu Besuch ins Krankenhaus kommen – und mir ist der, dass ich nicht nur für eine kurze Nummer erscheine, sondern sechseinhalb bis zwölf Stunden am Stück da bleibe. Diverse Clownkurse und eine Schauspielschule haben mich zu der Überzeugung gebracht, dass alle, die in sozialen oder medizini- schen Berufen arbeiten wollen, an einem Schauspielkurs teilnehmen sollten. Nicht, um sich für die Büh- ne fit zu machen, sondern um fest- zustellen, ob ihre soziale Kompe- tenz den beruflichen Anforderun- gen gerecht wird. Es ist erstaunlich, was man im Schauspieltraining über sich und andere lernt. Dazu gehört, vom Körper zu lesen, seine Sprache zu verstehen, wenn Worte nicht aus- reichen oder wegen einer Krank- heit nicht mehr zur Verfügung ste- hen. Deshalb sollte die Körper- sprache für Pflegende keine obsku- re Fremdsprache sein. Wer glaubt, sich zu kennen, ist schon am Ende, gehört zu den Endzeitzufriedenen und hat die unentdeckten Feinheiten des Le- bens außer Acht gelassen. Die unausgeschöpften Erfahrungen sind stets viel reichhaltiger, als man glaubt. Wenn ich in meiner Arbeit die Verbindung schaffe zwischen dem, was ich tun muss und dem, was mir Spaß macht, dann war das für mich ein gelungener Tag. Das fällt nicht immer leicht und der Begriff "Drahtseilakt" gewinnt in diesem Zusammenhang eine neue Bedeutung. Für die Patienten sind wir als Pflegende die Arme, die Beine, die Stimme, die Verlänge- rung in die Außenwelt. Wir führen einen Gedanken, einen Wunsch zu Ende. Und das geht nur, wenn wir unser Gegenüber verstehen. Manchmal ist es ein gehöriges Stück Weg, von beiden Seiten. Unsere kleinen Patienten sind nor- male Kinder – unter anderen Um- ständen. Ihre Bedürfnisse und ihr Humor sind im Wesentlichen so ausgebildet wie bei gesunden Kin- dern und vor allem höchst individu- ell. Stimmt die Chemie, wird’s lu- stig. Wenn nicht, retten sich Pfle- gende und Patienten nur über die Dienstzeit. Die meisten Kinder wollen nicht immer die ganze Realität wissen. Sie haben ihre eigene Situation unausgesetzt vor Augen, müssen darüber aber nicht ständig reden. Wenn doch, sind Kreativität, Hin- tergrundwissen und Diplomatie kein Nachteil. Das bloße Herunter- leiern von Fakten hilft nur demjeni- gen, der sie ablässt. Das Kind ver- steht entweder nichts, ist überrum- pelt, vielleicht ruhig gestellt, aber unzufrieden. Nicht immer hat ein Foto: Andreas Walle (http://walle.net) Nachhaltiger Humor, durchaus auch clownesk, ist subtil, situationsgerecht und geht auf die Bedürfnisse des Patienten ein.
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Page 1: GEPFLEGT DURCHATMEN FACHZEITUNG · 2019. 6. 19. · GEPFLEGT DURCHATMEN für außerklinische Intensivpflege FACHZEITUNG Editorial Fortschritt, so sagt das Mär-chen, an das moderne

GEPFLEGTDURCHATMEN

f ü r a u ß e r k l i n i s c h e I n t e n s i v p f l e g e FACHZEITUNG

Editorial

Fortschritt, so sagt das Mär-chen, an das moderne Men-schen am liebsten glauben,Fortschritt ist per se eine guteEinrichtung. Den Beweis,denken sie, führt der Fort-schritt durch seine bloßeExistenz. Denn Fortschrittbedeutet, eine Einsicht durcheine andere zu ersetzen.Schon weil die zweite Einsichtauf die erste folgt, müsse siedie richtigere sein. Diesenaive Betrachtung der Weltentspricht dem Prinzip derEvolutionstheorie. CharlesDarwin schrieb vom "survivalof the fittest" und meintedamit die höheren Überleben-schancen der Individuen, diebesser an ihre Umgebungangepasst sind als ihre Kon-kurrenten.Die Spirale Richtung Perfek-tion könnte man auch in derNatur von Medizin und Kran-kenpflege vermuten. WennFortschritt so etwas Ähnlichesist wie Treppensteigen, solltenneue Ideen die Vorteile allerVorgängerideen plus einenZusatznutzen enthalten.Tun sie aber nicht, wie man inder Medizin beispielhaft amMisserfolg des Schmerzmit-tels Vioxx® oder in der Pflegean der über Jahrzehnte an-und abschwellenden Begei-sterung für verschiedene La-gerungshilfsmittel erkennenkann.Tatsache ist, jede Neuerungträgt das Risiko des Schei-terns in sich. Das soll nichtheißen, es sei ratsam, aufEntwicklungen zu verzichten.Ganz im Gegenteil. Das Wis-sen, dass nicht alle Pläne, diegut gedacht wurden in jedemFall auch gut umgesetzt sind,hilft, den Überblick zu wahren.Blindes Vertrauen ist ebensoschädlich wie blindes Miss-trauen. Im vorliegenden Heftbalancieren wir erneut zwi-schen kritischer Begutachtungvon Innovationen und derErinnerung an bewährte pfle-gerische Kompetenzen.Lassen Sie sich von beidenSeiten inspirieren.

Die Redaktion

Nummer 6 Juli 2007

Wunderbarunerwachsen bleiben

Sicher, meine Patienten würden esbegrüßen, wenn ich den Dienst imClowndress bestreiten würde, dochder Effekt würde sich schnell ab-nutzen und es wäre auch nichtsinnvoll. Das heißt natürlich nicht,dass so ein Arbeitstag nicht malEventcharakter haben kann. Aberdas gelingt niemandem ständigund schon gar nicht am Stück.Also sieht der Humor anders aus.Subtiler, der Situation entspre-chend. Ich kann nicht einfach einePosse reißen und dann abhauen.Der Dienst ist danach noch langnicht zu Ende.Vielleicht klärt mein nächstesLieblingszitat von Chaplin dasProblem ein wenig. "Können Siesich die Todesangst vorstellen, diemich jeden Morgen befällt, wennich mich zwischen den Ruineneines armseligen Dekors auf dieLehne eines Korbstuhls stütze, vondem ich weiß, er wird in die Kniegehen, und vor der mörderischenAufgabe, komisch zu sein?" Soetwas kann man in der Pflegekaum leisten. Man stelle sich vor,ich käme ständig grinsend mitSpritzen, Infusionen oder Sonden-

nahrung zur Tür herein. Allein dieSorge des Patienten um seineWohnungseinrichtung und die Sau-erei hinterher…! Also andere Me-thode.Wenn ich höre: "Werd’ doch malerwachsen!", entsteht in mir derVerdacht, der Urheber dieser Flos-kel habe bereits mit dem Lebenabgeschlossen und betrachte das"Kindsein" als ungünstige Phaseseiner Vergangenheit. Wie traurig.Man sollte immer kindlich, naiv,neugierig und bereit bleiben, sichvom Leben überraschen zu lassen.Ich zähle mich zu den Menschen,die den Titel "Nicht ganz normal"oder gar "Verrückt", durchaus alsKompliment betrachten. Außerdemist dieses Urteil immer eine Fragedes Standpunktes.Den Tag mit Humor zu bewältigen,setzt natürlich voraus, dass manwelchen hat. Damit ist nicht ge-meint, dass man nicht mal einenschlechten Tag haben darf. Daspassiert meinen Patienten ausnachvollziehbaren Gründen garnicht so selten. Aber jede Energie,auch der Frust, ist eine Energie, dieman nutzen kann.

Vorschläge zum Umgang mit kranken Kindern:

Wie man auf der grenzenlosen Welle der Phantasie balanciert

Charlie Chaplin hat es auf denPunkt gebracht: "Ein Tag ohneLachen ist ein verlorener Tag!"Ohne je einen Kurs in Psychologiebelegt zu haben, kann ich das mitSicherheit bestätigen. Lachen isteine Lebensgrundlage.Ich wurde gebeten, etwas über"Humor in der Pflege" zu schrei-ben, weil ich dreieinhalb Jahre langals Clown aufgetreten bin. Doch esist notwendig, den Erwartungs-druck zu kühlen. Wie man auch beiden Comedians mit der Auffor-derung "Erzähl doch mal’n Witz!",meist scheitert, kann ich, bloß weilich Bühnenerfahrung habe, dieLacher nicht spontan garantieren.In erster Linie bin ich schließlich alsPfleger und nicht als Unterhalterangestellt – auch wenn meine zweijüngsten Patienten das manchmalso sehen.Der wesentliche Unterschied zwi-schen anderen Clowns – ob sienun auf der Bühne stehen oder zuBesuch ins Krankenhaus kommen– und mir ist der, dass ich nicht nurfür eine kurze Nummer erscheine,sondern sechseinhalb bis zwölfStunden am Stück da bleibe.

Diverse Clownkurse und eineSchauspielschule haben mich zuder Überzeugung gebracht, dassalle, die in sozialen oder medizini-schen Berufen arbeiten wollen, aneinem Schauspielkurs teilnehmensollten. Nicht, um sich für die Büh-ne fit zu machen, sondern um fest-zustellen, ob ihre soziale Kompe-tenz den beruflichen Anforderun-gen gerecht wird.Es ist erstaunlich, was man imSchauspieltraining über sich undandere lernt. Dazu gehört, vomKörper zu lesen, seine Sprache zuverstehen, wenn Worte nicht aus-reichen oder wegen einer Krank-heit nicht mehr zur Verfügung ste-hen. Deshalb sollte die Körper-sprache für Pflegende keine obsku-re Fremdsprache sein.Wer glaubt, sich zu kennen, istschon am Ende, gehört zu denEndzeitzufriedenen und hat dieunentdeckten Feinheiten des Le-bens außer Acht gelassen. Dieunausgeschöpften Erfahrungensind stets viel reichhaltiger, als manglaubt.Wenn ich in meiner Arbeit dieVerbindung schaffe zwischen dem,was ich tun muss und dem, was mirSpaß macht, dann war das fürmich ein gelungener Tag.

Das fällt nicht immer leicht und derBegriff "Drahtseilakt" gewinnt indiesem Zusammenhang eine neueBedeutung. Für die Patienten sindwir als Pflegende die Arme, dieBeine, die Stimme, die Verlänge-rung in die Außenwelt. Wir führeneinen Gedanken, einen Wunsch zuEnde. Und das geht nur, wenn wirunser Gegenüber verstehen.Manchmal ist es ein gehörigesStück Weg, von beiden Seiten.Unsere kleinen Patienten sind nor-male Kinder – unter anderen Um-ständen. Ihre Bedürfnisse und ihrHumor sind im Wesentlichen soausgebildet wie bei gesunden Kin-dern und vor allem höchst individu-ell. Stimmt die Chemie, wird’s lu-stig. Wenn nicht, retten sich Pfle-gende und Patienten nur über dieDienstzeit.Die meisten Kinder wollen nichtimmer die ganze Realität wissen.Sie haben ihre eigene Situationunausgesetzt vor Augen, müssendarüber aber nicht ständig reden.Wenn doch, sind Kreativität, Hin-tergrundwissen und Diplomatiekein Nachteil. Das bloße Herunter-leiern von Fakten hilft nur demjeni-gen, der sie ablässt. Das Kind ver-steht entweder nichts, ist überrum-pelt, vielleicht ruhig gestellt, aberunzufrieden. Nicht immer hat ein

Foto: Andreas Walle(http://walle.net)

Nachhaltiger Humor, durchaus auch clownesk, ist subtil, situationsgerecht

und geht auf die Bedürfnisse des Patienten ein.

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Nummer 6 2GEPFLEGTDURCHATMEN

PFLEGE UND RECHT

Ihr Recht:Haftungsfragenim Pflegealltag

Der Alltag in der ambulantenPflege ist geprägt von einem ho-hen Maß an Verantwortung. Je-der Klient setzt voraus, dass diePflegenden über Kompetenz,Qualifikation und gleichzeitig einmöglichst großes menschlichesEinfühlungsvermögen verfügen.Egal wie schwierig die Einzel-situation, wie ungünstig undstressig die Arbeitsbedingungengerade sein mögen, die Pflegesoll perfekt sein und Fehler soll-ten möglichst nicht passieren.Und doch – wie stets, wennMenschen auf Menschen treffen– kommt es zu Fehlern. DieKonsequenz: Der Klient will denSchaden ersetzt haben. Nichtselten haften der Pflegedienstoder gar die einzelne Pflegekraft.Das Haftungsrisiko begleitet denBerufsalltag. Begriffe wie Vor-satz und Fahrlässigkeit, Scha-densersatz oder Strafbarkeit sindin aller Munde. Was sich dahinterverbirgt, ist häufig wenig be-kannt.

Was ist Haftung

und wie sind ihre Kategorien

zu unterscheiden?

Menschliches Handeln ist nie-mals ohne Folgen. Ist dieses

Grundprinzipien der Haftung

Im Arbeitsalltag der Pflegendensind Situationen sehr häufig, indenen sich die Gefahr verbirgt,etwas falsch zu machen oderohne Absicht die eigentlich not-wendigen Vorsichtsmaßnahmenaußer Acht zu lassen. Die Vor-stellung, dass jeder Fehler haf-tungsrechtliche Konsequenzenhaben könnte, bringt Pflegendeschnell auf den Gedanken"ohnehin mit einem Bein imGefängnis zu stehen". Zum Glückreicht es jedoch nicht aus, dassden Pflegenden einfach irgendeinFehler passiert. Ein Fehler kannhaftungsrechtliche Konsequenzhaben, wenn eine schwer wiegen-de Folge (z.B. Tod des Patienten)eintritt. Dafür haften Pflegendeaber nur dann, wenn diese Folgedurch ihr fehlerhaftes Handelneintritt und Sie diese Handlung zuverantworten haben.Werden z.B. von der Pflege-dienstleitung falsche Anweisun-gen erteilt bzw. falsche Informa-tionen weitergeben, und die Pfle-gekraft richtet sich danach, haftetder Pflegedienst und nicht diejeweilige Pflegekraft. Juristischausgedrückt:Haftung gibt es nur dort, wo einSchaden verschuldet wurde.Überprüfen lässt sich die Haftungdurch drei Fragen:

. Hat das Handeln direkt eineFolge verursacht (z.B. Verletzung

Christina

Loy-Birzer,

Rechtsanwältin

hatte, aber Realität war ja nicht ge-fragt. Wer die meisten Fragezei-chen im Gesicht des anderen zählt,hat gewonnen.Mit dem Jungen habe ich andereSpiele. Ich habe immer einenDreibeinhocker dabei und wenn wirendlich aus der Schule sind und erseine Mahlzeit erledigt hat, darf ichden nicht mehr benutzen. Dann istder Hocker ein Flummi-Ziel. DerJunge kann, trotz seines einge-schränkten Bewegungsradius, sehrgezielt mit Flummis werfen. Alsomuss ich meinen Hocker aufstel-len, dahinter den Papierkorb, achtStofftierkegel um den Hocker undden Pinguin oben drauf. Je nachSchwierigkeitsgrad werden Punktefür die Ziele vergeben und schrift-lich fixiert. Man will ja nicht durch-einander kommen. Pinguin direkt

Handeln, z.B. im Pflegealltag, je-doch fehlerhaft, sieht die Rechts-ordnung vor, dass derjenige, derfehlerhaft gehandelt hat, die straf-oder zivilrechtlichen Konsequen-zen tragen muss.

Beispiel 1:

Herr Müller verweigert mal wiederdie Einnahme seiner Medikamen-te. Der Arbeitstag von Kranken-schwester Sabine war anstren-gend. Um einer Diskussion auszu-weichen, mischt sie die Arzneimit-tel kurzerhand – und ohne HerrnMüller zu informieren – unter dasAbendessen.Folge dieser Handlung könnte eineAnzeige wegen Körperverletzungsein. Denn jeder körperliche Ein-griff ohne Einwilligung erfüllt denTatbestand der Körperverletzung.Dazu gehört auch die Gabe vonMedikamenten. Aus dem beschrie-benen Verhalten können also straf-rechtliche Folgen entstehen.Beispiel 2:

Bei dem Versuch, Frau Meyer zumobilisieren, ist KrankenpflegerAndreas für einen Moment unacht-sam. Die Patientin entgleitet sei-nen Händen, fällt zu Boden undverletzt sich leicht am Kopf.Neben den strafrechtlichen Folgen,die Pfleger Andreas treffen könn-ten, wird Frau Meyer vielleichtSchmerzensgeld wegen der Kopf-verletzung von ihm verlangen. DerSchadensersatz gehört jedoch zurzivilrechtlichen Haftung.

Acht lässt, zu der er nach denUmständen und seinen persön-lichen Verhältnissen verpflichtetund fähig gewesen wäre". Zuden Vorschriften, die der Wah-rung der Sorgfalt dienen, ge-hören u.a. Infektionsschutzge-setz, Medizinprodukte-Betrei-berverordnung, Ausbildungsge-setze, DIN-Normen, Hygiene-richtlinien des RKI, Experten-standards, Empfehlungen vonBerufsverbänden sowie Herstel-lern von Medizinprodukten.

Die Frage der Haftung steht

immer dann zur Diskussion,

wenn wider besseres Wissen

ein Schaden am Patienten

oder dessen Rechtsgütern

verursacht wird.

Kind genügend Selbstbewusstsein,um so lange nachzuhaken, bis eseine Antwort bekommt, mit der esleben kann. Damit ist keine profes-sionelle Lüge gemeint. Dasselbegilt auch für Erwachsene. Nurhaben die oft schon resigniert undnicht mehr die Kraft sich zu weh-ren. Da ist Aufmerksamkeit gefragt.Als neulich mein jüngerer Klientmeinte, er hätte gern drei Wünschefrei, fragte ich ihn, was er sich dannwünschen würde. Er überlegtelange und sagte: "Erstens über20.000 Euro, zweitens einenNintendo DS und drittens nie mehrSchule." Ein Erwachsener hättesich wohl erst Gesundheit ge-wünscht. Kinder denken da manch-mal anders, obwohl sie sich ihrerLage bewusst sind.Ich lerne sehr viel mit und durchmeine zwei kleinen Patienten.Abgesehen davon darf ich mitihnen noch mal gefahrlos dieSchulbank drücken und habe sodie Gelegenheit, andere Kinder inihrem Zusammenhang zu beob-achten. Es ist immer ein Wahn-sinnsmoment, wenn man sich indie Welt der Kinder einklinken undauf der Welle grenzenloserPhantasie mitreiten darf. BeimBeobachten von Kindern im Unter-richt kann Folgendes passieren:Kinder sind schnell mit ihrenGedanken auf Abwegen, wenn sieunkonzentriert oder vielmehr nichtinteressiert sind. Wie oft kann manwohl den Radiergummi mit demBleistift durchbohren, bevor er kom-

Foto: Andreas Walle(http://walle.net)

Körpersprache dient als wichtiges Medium bei der Beziehungsarbeit.

getroffen 10 Punkte, Pinguin vonunten getroffen 13 Punkte, Ball fälltneben Pinguin und rollt rum (Ku-schelpunkt) 15 Punkte, Papierkorbüber Stuhl getroffen 9 Punkte, ausVersehen getroffen 8 Punkte, be-sonderes Flugverhalten der Flum-mis inklusive Überraschungen (sogenannte Haltungsnoten) 1–5Punkte.Zielpunktzahl 500. Hört sich vielan, ist aber schnell erreicht. SeineMunition umfasst sicher mehr als60 Flummis. Die werden erst amEnde aufgesammelt und die Zahlreduziert sich zwangsläufig durchKellertreffer. Die werden dann mitje minus 3 Punkten bewertet.Wenn es gut läuft, rechnet er mit,wenn er meint, er habe in der Schu-le schon genug getan, rechne ich,schreibe seine Spieldaten, seineVitalparameter nebenbei auf, lasseihn inhalieren, erfinde Geschich-ten, verteile Haltungsnoten, usw.Das fordert schon mal den ganzenMann. Haltungsnoten werden nichteinfach gegeben, man muss siebegründen. Das erfordert einenkreativen Wortschatz.Nur von Kindern, bekommt man einso deutliches und in der Regel ehr-liches Feedback. Wenn eines derKinder zu mir sagt: "Das war einschöner Tag!" oder "So macht dieSchule wieder Spaß!", ist das einwunderbarer Lohn. Dafür bin ichunbedingt und jederzeit bereit,mich zum Affen zu machen.

Toni Angilotti, Krankenpfleger,Schauspieler und Clown

plett zerbröselt und die Krümeldurch einen Orkan auf hoher Seedurch unmittelbare Piratengefahrweggefegt werden? Wie weit kön-nen die Radiergummistücke flie-gen, wenn eine Schultasche in derSchusslinie steht und die Lehrerinbereit ist, Gefangene zu machen,wenn sie den Urheber der Flugkör-per erwischt?Bewundernswert ist auch der uner-müdliche Versuch, die Lippen aufden Tisch zu pressen um ihn auf-zublasen, in der stillen Hoffnung,dass er fortschwebt und derUnterricht mangels Mobiliar endet.Kürzlich habe ich Schach mit mei-ner kleinen Patientin gespielt. Sielegte fest, wer welche Figurenhaben durfte. Sie bekam die Dame,den König, einen Turm, einen Läu-fer und zwei Bauern. Mir gewährte

sie die komplette hintere Reihe undvier Bauern. Nach meinem 6. Zugsagte ich: "Schach!" Sie: "Das istgrad nicht möglich. Der König ist imUrlaub." und zog den König vomFeld. Im nächsten Zug bedrohte ichdie Dame. Dachte ich. Aber die warbeim König zu Besuch. Aus demUrlaub zurückgekehrt, war die Da-me, zur Überraschung meiner Ge-genspielerin, schnell geschlagenund der König folgte ihr recht zügig.Überrascht, dass ich doch nicht soleicht zu besiegen war, organisiertesie für ihre Figuren auf dem Bretteinen Ball, bei dem alle, auch diezuvor Verblichenen, aus der Gruftsteigen durften. Irgendwer wurdegeheiratet. Die Regeln, die wir dann entwickelten, habe ich weder be-halten noch verstanden. Hinterherwusste keiner mehr, wer gewonnen

des Patienten, Schaden an seinemEigentum)?. Liegt eine rechtswidrige Hand-lung vor?. Liegt eine schuldhafte Handlungvor (z.B. ein Pflegender ärgert sichso sehr über den Patienten, dasser ihn absichtlich fallen lässt)?

Während sich die ersten beidenFragen meist relativ einfach beant-worten lassen, besteht häufig Un-sicherheit bei der Beurteilung einerschuldhaften Handlung. Sowohldas Strafrecht als auch das Zivil-recht gehen davon aus, dassschuldhaftes Handeln mit Vorsätz-lichkeit und Fahrlässigkeit ver-knüpft ist. Eine vorsätzliche Hand-lung bedeutet, der Handelnde istsich über sein Tun voll bewusst.(Beispiel: Der Patient teilt aus-drücklich mit, dass er kein Schlaf-mittel möchte. Die Pflegekraft ver-abreicht es trotzdem, damit derPatient durchschläft und währendder Nacht Ruhe gibt.)Fahrlässiges Handeln ist durch§ 276 BGB definiert. Fahrlässighandelt, "wer die im Verkehr erfor-derliche Sorgfalt außer Acht lässt".Geht es um die zivilrechtlicheHaftung (Schadensersatz undSchmerzensgeld), wird die Frageder "im Verkehr erforderlichenSorgfalt" an objektiven Maßstäbenüberprüft. Im Strafrecht gilt dage-gen immer ein "subjektiver"Maßstab, und derjenige handeltfahrlässig, der "die Sorgfalt außer

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Die stumme Pein der PatientenwahrnehmenSchmerzmanagement bei Kommunikationsstörungen: Das Pilotprojekt eines westfälischen Altenheimes

lässt sich problemlos in die außerklinische Intensivpflege übertragen

Foto: Andreas Walle(http://walle.net)

3 Juli 2007 GEPFLEGTDURCHATMEN

Viele Menschen, insbesondere ausder älteren Generation, die schonin ihrer Kindheit lernen mussten,alles so hinzunehmen, wie es istund nicht weiter zu hinterfragen,haben eine lange Karriere als chro-nische Schmerzpatienten hintersich.Studien haben ergeben, dass einchronischer Schmerzpatient indem weiten Feld medizinischerFehlversuche durchschnittlich etwazwölf Jahre unterwegs ist, bis er inschmerztherapeutische Hände ge-langt. Ebenfalls ist belegt, dass Pa-tienten mit einer Alzheimer-Er-krankung deutlich weniger Anal-getika erhalten als kognitiv unbe-einträchtigte Personen der glei-chen Altersgruppe. (Ferrell et al.,1995; Hanalon et al., 1996; Schre-der, Bouma, 1997; Hogras, Tsai,1998; Fischer et al., 2002)

auch Pflegende und sogar die Be-troffenen selbst haben diese inadä-quate Einstellung zum Schmerzverinnerlicht. Die Ärzte verordnenzu wenig und selten gezielt ange-messene Therapien, die Pflegen-den missachten Schmerzzeichenoder geben sie nicht korrekt weiterund die Patienten verharren inFatalismus. Sie denken häufig, amZustand der permanenten Schmer-zen lasse sich ohnehin nichtsändern.

Arzneimittel allein sind noch keine wirksame Schmerz-

behandlung. Vor allem bei Patienten, die weder mit Worten

noch mit Gesten ihr Befinden ausreichend mitteilen

können, sichert erst die kontinuierliche Beobachtung durch

Pflegende die Qualität des Schmerzmanagements.

Die Tatsache, dass eine Mitarbei-terin bereits den Basiskurs in Pal-liativmedizin bei Eberhard AlbertLux (Schmerzambulanz St. Ma-rienhospital in Lünen, Leiter desQualitätszirkels Schmerz- und Pal-liativmedizin) absolviert hatte, wareine große Unterstützung bei derUmsetzung des Projektes "Pallia-tive Care im Altenheim".

Schmerz im Pflegealltag

Palliative Versorgung steht immerfür eine gute Symptomkontrolle, beider die Schmerztherapie von ent-scheidender Wichtigkeit ist. Ausmehreren Gründen spielt das The-ma Schmerz und die Behandlungdieser belastenden Symptome beidem älteren Menschen eine eheruntergeordnete Rolle. Oft ist derältere Mensch aufgrund seiner lan-gen Krankheitsgeschichte bei un-zureichender Behandlung seinerSymptome ein chronischerSchmerzpatient. Der Leidensdruckwird durch den langen Zeitraum, indem keine adäquate Behandlungder belastenden Symptome erfolgt,noch verstärkt. An dieser Stelle istdie Frage zu stellen, ob sich alteMenschen mit ihrem Schmerzabfinden müssen. Ist der Schmerzim Alter etwas ganz Natürliches?Der Spruch: "Wenn Sie in IhremAlter morgens aufwachen undnichts tut weh, sollten Sie sichGedanken machen", kann da nichtwirklich hilfreich sein. Tatsächlichist jedoch das Gefühl vonSchmerzen nicht unmittelbar fass-bar. Es entzieht sich nicht seltendem Zugriff pflegerischer Beob-achtung. Außerdem wird inDeutschland die Kultur des "Aus-haltens" gepflegt. Sowohl Ärzte als

"Es ist wie eh und je das Altertut nun einmal weh, tja da kannman leider gar nichts machen...den Jungbrunnen gibt es nichtfür diese Sachen...

(Zitat aus einem Gedicht von GabrieleHartleif-Müller: "Das Alter und derSchmerz" oder "Was noch zu verbes-sern wäre")

Weitere Untersuchungen zu chro-nischen Schmerzen bei alten Men-schen durch Rapin und Groux-Frehner (1996) und Ferrell (1995)haben belegt, dass 60–80 % derHeimbewohner unter chronischenSchmerzen leiden. Von den über65-Jährigen leiden sogar etwa80 % unter chronischen Schmer-zen. (Melzack 1997)

Palliative Care im Altenheim

"Palliative Care im Altenheim" istein Projekt, das ich im Rahmenmeiner Weiterbildung beim BonnerMaster-Studiengang Palliative Me-dizin initiierte. Ziel des Projekteswar es, Pflegende für die Qualitätder palliativen Versorgung vonHeimbewohnern zu sensibilisierenund dadurch natürlich auch eineVerbesserung der schmerzthera-peutischen Versorgung in der sta-tionären Pflege zu erreichen.Das Projekt startete Ende 2003nach einigen Vorgesprächen mitder Heimleitung und der Pflege-dienstleitung im "SeniorenstiftHaus Lessing" im westfälischenBergkamen. Der größte Teil derBewohner des Hauses leidet anDemenz und zusätzlich an ver-schiedenen Grunderkrankungen.Dem großen Engagement allerMitarbeiter des Hauses, die sichsehr motiviert beteiligten und be-geistert waren, neue Wege gehenund gute Ideen umsetzen zu kön-nen, ist es zu verdanken, dass die-ses einzigartige Projekt in den Pfle-gealltag integriert werden konnte.

ganz klar mitteilen, welche Hand-lungen er auf keinen Fall zulassenwird und ob eine Berührung ihmnoch schlimmere Schmerzen ver-ursacht. Diesen Vorteil hat der Pa-tient jedoch nur so lange, wie er inder Lage ist, sich zweifelsfrei ver-ständlich zu machen.Ein dementer, verwirrter oder be-wusstseinsgetrübter Patient istnicht mehr in der Lage, seineSchmerzempfindungen mitzutei-len. Ältere oder schwer krankeMenschen leiden nicht selten untereiner schwierigen Kombination vonschmerzauslösenden Symptomen.Es ist ihnen nicht mehr möglich,mitzuteilen, was ihnen fehlt.Missempfindungen und Schmerz-erlebnisse der Patienten könnenoft nur wachsame Pflegende wahr-nehmen und den behandelndenÄrzten mitteilen. Die Pflegendenwerden auf diese Weise zu Anwäl-ten ihrer Patienten, sind unterUmständen die einzigen Personen,die eine wirksame Hilfe einfordernkönnen.

Schmerz messen

Wie bei einer Schmerzanamnesewird in der Schmerztherapie einInstrument benötigt, das dembehandelnden Arzt klare ermittelteWerte aufzeigt, also die Stärke derSchmerzen nachvollziehbar macht.Nur mit einer objektiven Erhebunglässt sich eine Orientierung überden Verlauf der Schmerzen sowie

Die Schmerzen anderer sindleicht zu ertragen.

Ein Patient, der seine Missempfin-dungen noch klar zum Ausdruckbringen kann, ist im Vergleich zueinem dementen Menschen oderjemandem, dessen Kommunika-tionsfähigkeit aus anderen Gründeneingeschränkt ist, noch ein kleinwenig im Vorteil. Er kann eine Be-handlung seiner Schmerzen verbaleinfordern und seiner Außenwelt

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Nummer 6 4GEPFLEGTDURCHATMEN

Der ECPA-Bogen hilft Pflegenden, ihre Beobachtungen an Patienten,

die unter Schmerzen leiden, zu standardisieren. Daraus ergibt sich eine

einheitliche Beurteilung, unabhängig von der Person des Beobachtenden

und damit die Basis für eine kontrollierte und zielführende Schmerzbehandlung.

Die hier veröffentlichte Tabelle ist eine leicht modifizierte Variante der

Übersetzung aus dem Französischen durch Roland Kunz.

DIMENSION 1: Beobachtungen außerhalb der Pflege

E C P A - S C H E M A :Erfassung von Schmerzen bei Menschen mit eingeschränkter Kommunikationsfähigkeit

Kriterium 1 – Lautäußerungen: Stöhnen, Klagen, Weinen, Schreien

0 Entspannter Ausdruck

1 Besorgter, gespannter Blick

2 Gelegentliche Anspannung der Gesichtsmuskulatur, Grimassieren

3 Verkrampfter Ausdruck / ängstlicher Blick

4 Starrer Blick oder Ausdruck

0 Entspannte Körperposition, keine Schonhaltung

1 Vermeidung einer bestimmten Position

2 Deutliche Schonhaltung (Bewegungsmöglichkeit erhalten)

3 Erfolglose Suche nach einer schmerzfreien Körperhaltung

4 Vollständige Immobilität

Kriterium 3 – Spontane Ruhehaltung

0 Angstfreier Ausdruck

1 Ängstlicher Ausdruck

2 Unruhe

3 Aggression

4 Schreien, Stöhnen, Jammern

DIMENSION 2: Beobachtungen während der Pflege

Kriterium 4 – Abwehrbewegungen bei Pflegehandlungen

0 Mobilisation ohne Zeichen von Unbehagen möglich

1 Gespannter Blick / Zeichen von Furcht

2 Klammern mit den Händen / Ablehnende Gebärden

3 Schonhaltung

4 Deutliche Abwehr

Kriterium 5 – Reaktionen auf Mobilisierung

0 Keine Abwehrreaktion

1 Unspezifische Reaktion

2 Reaktion im direkten Zusammenhang mit der Berührung schmerzhafter Zonen

3 Reaktion bei flüchtiger Berührung schmerzhafter Zonen

4 Berührung schmerzhafter Zonen unmöglich

Kriterium 6 – Reaktionen während der Pflege schmerzhafter Bereiche

0 Keine Äußerung

1 Schmerzäußerung bei Ansprache / Zuwendung

2 Schmerzäußerung bei Anwesenheit eines Pflegenden

3 Spontane leise Schmerzäußerung, z.B. Weinen, Schluchzen

4 Spontane laute Schmerzäußerung, z.B. Schreien

Kriterium 7 – Verbale Äußerungen während der Pflegehandlungen

0 Keine Auswirkung

1 Leicht reduzierter Appetit

2 Benötigt Motivation zur Nahrungsaufnahme

3 Wenig Nahrungsaufnahme trotz Motivation

4 Nahrungsverweigerung

DIMENSION 3: Auswirkungen auf Aktivitäten

Kriterium 8 – Auswirkungen auf den Appetit

0 Ruhiger, erholsamer Schlag möglich

1 Einschlafstörung ODER zu frühes Erwachen

2 Einschlafstörung UND zu frühes Erwachen

3 Durchschlafstörungen (Erwachen in der Nacht)

4 Wenig oder kein Schlaf möglich

Kriterium 9 – Auswirkungen auf den Schlaf

0 Mobilität wie gewohnt möglich

1 Vermeidung von bestimmten Bewegungen

2 Seltene / verlangsamte Bewegungen

3 Immobilität

4 Apathie oder Unruhe

Kriterium 10 – Auswirkungen auf Bewegungen

0 Kontakt und Austausch wie gewohnt

1 Kontaktaufnahme erschwert

2 Vermeidung der Kontaktaufnahme

3 Kontaktaufnahme unmöglich

4 Vollständige Reaktionslosigkeit

Kriterium 11 – Auswirkungen auf Kommunikation / Kontaktfähigkeit

0 Keine Äußerung

1 Schmerzäußerung nach Ansprache

2 Schmerzäußerung bei Anwesenheit einer Person in der Nähe des Patienten

3 Spontane leise Schmerzäußerung, z.B. Weinen, Schluchzen

4 Spontane laute Schmerzäußerung, z.B. Schreien

Kriterium 2 – Gesichtsausdrücke: Blick und Mimik

le sind: Der Berg ist XY Meterhoch, der See ist XY Meter tief, dieStrecke ist XY km lang. Schmerzhat hingegen die Eigenschaft, nurunvollkommen durch Zahlen mit-teilbar zu sein. Trotzdem ist er vor-handen und füllt ab einer individuellunterschiedlichen Stärke das Er-leben eines Menschen vollständigaus. Daraus ist abzuleiten:Schmerz ist immer genau das, wasder Patient darüber berichtet.Schmerz ist subjektiv.Um den Schmerz und seine belas-tenden Symptome konkret erfas-sen zu können, verwendeten wir indem Projekt die folgenden Instru-mente:NAS (Numerische Analogskala zurSelbsteinschätzung)Dieses Instrument findet Anwen-dung bei Patienten, die noch teil-weise kommunizieren und aktiv ander Erhebung einer Schmerzan-amnese mitwirken können.ECPA Bogen (Echelle comparte-mentale de la douleur pour perso-nes agees non comunicantes)Eignet sich zur Anwendung bei Pa-tienten, die keine kognitiven Fähig-keiten besitzen und sich zu ihremBefinden nicht mehr äußern kön-nen. Die deutsche Version desECPA-Erhebungsbogens stammtvon dem Arzt Roland Kunz.Mithilfe dieses Bogens lassen sichLebensäußerungen, die der Pa-tient im Beisein der Pflegenden

die Wirksamkeit der Behandlunggewinnen.Die Aussage der Pflegenden: "Wirvermuten, dass dieser PatientSchmerzen hat", bezeichnet ledig-lich eine vage Wahrnehmung undentbehrt jeder konkret erfasstenGrößenordnung. Die in den Pflege-verlaufsberichten dokumentiertenVerhaltensweisen, z.B.: "Der Patientstöhnt, jammert, weint, schreit, ver-weigert Essen und Trinken, istaggressiv, schlägt nach den Pfle-genden und ist lagerungsintole-rant", sind zwar im Einzelfall sehrkonkret, verbergen jedoch nichtselten den Zusammenhang, der zueiner Schmerzsymptomatik beste-hen kann.

Das Projekt

"Schmerzmanagement"

In der Implementierungsphase desProjektes wurden die Pflegendenintensiv zum Thema Schmerz unddie damit verbundenen belasten-den Symptome geschult. Wir füg-ten zwei Messinstrumente in dieDokumentation ein, die die ermit-telten Werte in Zahlen zum Aus-druck bringen.Der Grund dafür war vor allem derstark auf Zahlen und Größen aus-gerichtete Zeitgeist. Moderne Men-schen bewegen sich in einer "Weltder Zahlen". Nur was nachmessbaroder nachweisbar ist, findet in derrealen Welt Anerkennung. Beispie-

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5 Juli 2007 GEPFLEGTDURCHATMEN

Die Wünsche eines Sterbenden,der den Ort für das letzte Stück sei-nes Lebensweges bereits festge-legt hat, sind zu respektieren.Keinesfalls sollte zu einem Zeit-punkt, an dem der Betroffene nichtmehr über sich selbst bestimmenkann, eine Verlegung, z.B. in einKrankenhaus, erfolgen.Oft geschieht aber genau dies. DieGründe hierfür sind häufig man-gelnde Kenntnis der Möglichkeitenin der Palliativmedizin, eine nichtausreichende Schmerztherapie so-wie eine nicht ausreichende Be-handlung der Begleitsymptome.Das Alter in Würde erleben kön-nen, eine bestmögliche Lebens-qualität und ein weitgehend be-schwerdefreier Alltag bis zum Le-bensende, ist bei guter Symptom-kontrolle möglich.

Gabriele Hartleif-Müller,Krankenschwester,

Master of Palliative Care

Mit Skalen, auf denen schematische Gesichter verschiedene Schmerzstärken

ausdrücken, kommen vor allem Kinder sehr gut zurecht.

Bei dieser Form der Schmerzerhebung haben sich sechsstufige Skalen als praktikabel erwiesen.

Zeichnung: Gabriel Nemeth

eingeleitete Schmerztherapien aufihre Wirksamkeit und stellten adju-vante therapeutische Angebotebereit. Alle eingeleiteten Maßnah-men werden zeitnah evaluiert.Die Pflegenden bewerteten denUmgang mit dem ECPA-Bogen unddie daraus entstehenden vielfälti-gen Möglichkeiten der pflegeri-schen Behandlungsansätze in derPalliativmedizin sehr positiv und alsBereicherung für den Pflegealltag.Im Sinne der integrierten Versor-gung gerade auch der dementenHeimbewohner strebt dieses Kon-zept eine Zusammenarbeit miteinem Facharzt für Schmerzthera-pie an. Im "Haus Lessing" ist eineregelmäßige konsilarische Schmerz-therapie der Bewohner vorgese-hen.

Fazit

Die Kolleginnen und Kollegen im"Haus Lessing" stellen fest, dassdie Pflegequalität durch eine stan-dardmäßige Erfassung desSchmerzstatus hochwertiger wird.Die erweiterte kommunikative Kom-petenz bietet den Heimbewohnernund ihren Angehörigen ein höheresMaß an Sicherheit.Der Hausarzt kann aufgrund dererweiterten Fachkompetenz derPflegenden einen Teil der Verant-wortung für das Schmerzmanage-ment an sie delegieren. Die Ver-sorgung der Bewohner ist antizipa-tiv, das heißt, eine mögliche Dekom-pensation lässt sich bereits vor

Die Numerische-Analog-Skala (NAS) liefert mit zehn Schmerzstufen sehr

genaue Ergebnisse. Allerdings muss der Patient bei der Anwendung sein

Schmerzempfinden einer abstrakten Zahl zuordnen können.

bzw. während der Pflegehandlun-gen unternimmt, sehr genau kate-gorisieren und in ein Zahlensche-ma übertragen. Die Beobachtun-gen sind in drei Dimensionenunterteilt. Elf Items umfassennahezu alle vorstellbaren Reaktio-nen, z.B. ängstliche Abwehr bei derPflege, Verhalten während derMobilisation, Reaktionen bei derVersorgung schmerzhafter Zonen,Veränderungen im Schlafverhalten,bei der Nahrungsaufnahme, verba-le Äußerungen bei der Pflege.Exakt eingeschätzt, ergeben diejeweils beobachteten Äußerungeneine Punktzahl. Nach der vollstän-digen Beurteilung lassen sich dieeinzelnen Zahlen addieren undergeben dann einen Wert, der von0 (= kein Schmerz) bis 44 (= maxi-maler Schmerz) reicht.

Projekt in der Durchführung

Für das Projekt im "Haus Lessing"habe ich den ECPA-Bogen modifi-ziert. Wir schulten die Pflegendenim Umgang mit dem Erhebungs-instrument und zu den Inhalten derPalliativmedizin.Der Einsatz des ECPA-Bogens er-gab Werte, die bei einigen der Be-wohner eine Behandlung erforder-lich scheinen ließen. Wir erläuter-ten den behandelnden Ärzten dieForm und Relevanz der Datener-hebung. Daraus leiteten sich letzt-endlich die notwendigen Anpassun-gen der Schmerztherapie ab.Die Pflegenden überprüften bereits

0 1 2 3 4 6 7 8 9 105

ihrem Eintreten erkennen und dannentsprechend abfangen. Die Kran-kenhauseinweisung im Finalstadi-um bleibt den Bewohnern bei guterSymptomkontrolle (also adäquaterSchmerztherapie) in den allermeis-ten Fällen erspart.Für das Bestreben, den Bewoh-nern ein hohes Maß an Lebens-qualität zu garantieren, sie bis zumSchluss zu bewahren oder wiederherzustellen, ist das Projekt "Pal-liative Care im Altenheim" einegute Unterstützung.

Aussicht auf die

Entwicklung des Konzepts

Konsequentes Schmerzmonitoringund eine darauf reagierende An-passung der Behandlung ist einwichtiger Schritt für die Zukunft derPflegekompetenz und untermauertden hohen Anspruch an die Pfle-gequalität. Das Konzept "PalliativeCare in stationären und ambulan-ten Pflegeeinrichtungen" unterstützt

auch das Bestreben, das Berufs-bild der Pflegenden weiter zu pro-fessionalisieren.Um das Konzept auch in andereEinrichtungen integrieren zu kön-nen, sind jedoch Schulungen zuden Themen Palliativmedizin undSchmerzmanagement erforderlich.Der seit Anfang 2004 zur Ver-fügung stehende Expertenstan-dard "Schmerz" des deutschenNetzwerkes für Qualitätsentwick-lung in der Pflege (DNQP), bieteteine sehr gute Orientierung im Ver-fahrensablauf des Schmerzma-nagements.Der angemessene Umgang mitdem ECPA-Bogen lässt sich in denPflegeteams nur durch kontinuierli-che Schulungen sicherstellen. Diesorgfältige Anwendung vorausge-setzt, sind die Symptomkontrolleninsbesondere für die Versorgungvon Patienten, die keine kognitivenFähigkeiten mehr besitzen, einwertvolles Hilfsmittel.

schmerzfrei stärkste

vorstellbare

Schmerzen

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Nummer 6 6GEPFLEGTDURCHATMEN

dings sind dabei Einflüsse derUmgebung zu beachten.Sehr anschaulich ist die detail-lierte und bebilderte Bedienungs-anleitung, die in Kombination miteiner Schulung der BenutzerProbleme bei der Anwendungam Patienten ausschließt.Bei der Entwicklung des Gerätesstand die Sicherheit für Anwen-der und Patienten im Mittel-punkt, die Bedienung wurde soeinfach gehalten wie möglich.Alarmmeldungen lassen sichohne Schwierigkeiten zuordnenund Störungen, z.B. eine über-mäßige Füllung der Befeuchter-kammer oder nicht eingesteckteHeizschläuche, adäquat behe-ben.

Firma Gründler im Internet unter:www.gruendler-medical.de

Stefan Hille,

Fach-

krankenpfleger

für

Anästhesie

und

Intensivmedizin

Ohne einen möglichst gleichwerti-gen Ersatz dieser Körperfunktionwürde eine artifizielle Beatmungschon nach kurzer Zeit zu Schädenund Funktionsstörungen an derSchleimhaut führen. Eine Beat-mungstherapie, die darauf keineRücksicht nimmt, verursacht rascheine massive Störung des Gasaus-tausches. Die Resistance nimmtzu, die Compliance nimmt ab, unddurch mögliche Diffusionsstörun-gen in der Lunge steigt das Risikopulmonaler Infektionen.Um diese Probleme zu vermeiden,ist es also absolut notwendig, dieAtemgase bei beatmeten Patientenzu klimatisieren. Bei einigen Pa-tienten genügt die passive Befeuch-tung mittels eines Heat-Moisture-Exchangers (HME). In anderenFällen ist die aktive Atemgasklima-tisierung mittels eines Atemgasbe-feuchters indiziert.Herkömmliche Atemgasbefeuchter(z.B. Fisher&Paykel Healthcare)arbeiten mit dem "Passover-Prin-zip". Das System leitet die Luftüber eine beheizte Wasseroberflä-che und befeuchtet bzw. erwärmtsie auf diese Weise abhängig vonder Wassertemperatur und derStrömungsgeschwindigkeit des Ga-ses. Eine Regulation der Tempera-tur und Feuchte der Atemgase ist

mit dieser Technik nur schwer mög-lich. Für den HumiCare®200 ha-ben die Entwickler das Befeuch-tungsprinzip des Mund-Nasen-Ra-chenraumes nachgebaut. Das Be-atmungsgerät leitet das Atemgaszur Befeuchterkammer und führtes dort im Gegenstromverfahrenüber eine große Oberfläche.Um dies zu erreichen, lässt einePumpe, die in die Befeuchterkam-

Die in Freudenstadt ansässigeFirma Gründler medical hat einneuartiges System zur Atemgas-befeuchtung für die nicht-invasi-ve sowie invasive Beatmungs-therapie entwickelt, das auf dempreislichen Niveau des Wettbe-werbs liegt. Der HumiCare® 200bietet einige Vorteile gegenüberalternativen Produkten.Physiologisch atmet der Menschdie Luft über den Mund und dieNase ein. Die gut durchbluteteSchleimhaut wärmt die Atemluftan und schleimproduzierendeZellen geben Feuchtigkeit an sieab. Flimmerhärchen gewährleis-ten die Selbstreinigung derAtemwege. An sie binden sichStaubteilchen und Krankheits-erreger. Die Bewegung der Mik-rohärchen befördert die Fremd-körper nach außen.Unterstützend wirken dabei in un-regelmäßigen Abständen auchHustenstöße.Unterhalb der Carina tracheae istdie Einatemluft in der Regelbereits auf 37 Grad Celsius er-wärmt, ihre relative Feuchte be-trägt beim gesunden Menschenan dieser Stelle ca. 100 Prozent.

Produkte im Test

MEDIZINTECHNIK

Sauerstoffgenerator

Oxy-Gen lite®.

Foto: Vitaloplus GmbH

mer integriert ist, das sterile Was-ser von oben in die Kammer flie-ßen. Von unten – also entgegender Fließrichtung des Wassers –strömt das Atemgas durch die Be-feuchterkammer. In der Kontakt-zone übertragen sich Wärme undFeuchtigkeit vom Wasser an dasAtemgas, unabhängig vom jeweili-gen Atemvolumen. Eine Überhit-zung des Befeuchterwassers istdurch technische Sicherheitsvor-kehrungen ausgeschlossen. AmAusgang des Befeuchters erreichtdas System nahezu die physiologi-schen Werte mit 100 % relativerFeuchte und etwa 37 Grad CelsiusLufttemperatur. Mit diesen Wertenhebt sich der HumiCare® 200 vonden Produkten der Wettbewerberab. Gründler-Medical vertreibt fürden HumiCare®200 die Schlauch-systeme und Befeuchterkammernsowohl als Einwegprodukte, wieauch in wieder verwendbarer Aus-führung. Die Inspirationsschläucheverfügen über eine Heizung, die indie Schlauchwand integriert ist unddeshalb die Kondensatbildung aufein Minimum verringert. In der Pra-xis lässt sich dieses Ziel der Kon-strukteure bestätigen – Kondensat-probleme gehören bei sachgemä-ßer Anwendung des HumiCare®200 der Vergangenheit an. Aller-

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7 Juli 2007 GEPFLEGTDURCHATMEN

[email protected] Jobline 0700 - 23 28 68 64

Auf die Pflege!

Fertig!Los!

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Nummer 6 8GEPFLEGTDURCHATMEN

Lachen verleiht FlügelKlinikClowns lassen Patienten die heilsame Kraft des Humors erleben

langsam ihren Weg in das Bewusst-sein von "Begleitpersonen". Damitjedoch diese Kraft wirksam werdenkann, muss sie mit derselbenSorgfalt eingesetzt werden, dieetwa auch bei der Dosierung einesMedikamentes anzuwenden ist.Zuviel ist ungesund, und manch-mal scheint es gar nicht zu passen.Die Anteilnahme und Wärme, diedie Grundvoraussetzung für Humorsind, gehen in der hochtechnisier-ten und funktionalisierten Arbeits-welt zu oft verloren. Wenn man sichbewusst wird, dass Lachen undHeiterkeit Gaben sind, die denMenschen erst ausmachen, dannmüssen die Menschen, die oft nichtmehr die Kraft für dieses Heilmittelhaben, genau darin bestärkt undunterstützt werden. Der richtigeScherz basiert auf dem Akzeptie-ren einer Tatsache als Folie desNormalen und entzückt durch eineunerwartete Gegenüberstellungvon Nicht-Zusammenpassendem.

zunehmende Beachtung im Be-reich von Krankenpflege und Psy-chotherapie: HumorCare, ClownCare Unit, Therapeutischer Humor,Provokative Therapie oder Laugh-ter Prescription heißen die Arbeits-felder. Erst in jüngeren Jahren wur-den auch einige Beiträge zumHumor in der Pflege publiziert,wobei die tägliche Umsetzung eini-ger dieser Konzepte womöglichschon vorher nur mit einer gewis-sen Portion Humor möglich war("Coping Mechanismen" zielenzwar eigentlich in eine andereRichtung, decken aber das Feld fürdie Pädagogen und Therapeutengleich mit ab).

Es ist das Verdienst von SiegmundFreud, in seinen "Studien über denWitz" die im Krankhaften verborge-ne Lebenskraft aufgedeckt zu ha-ben. Die momentane Distanzie-rung von sich selbst, die in der Ko-mik entsteht, lässt den Menschenüber sich und seine Begrenzungenhinaus wachsen und damit gewis-sermaßen zu sich finden. Dazubedarf es eines "Mutes zurLächerlichkeit", den der Pädagogeaber nur dann vermitteln kann,wenn er ihn selbst besitzt. NachAnsicht des Psychiaters ViktorFrankl kann die personale Unver-sehrtheit, die spezifisch geistigeKraft eines Menschen, selbst inFällen schwerster psychischerErkrankung geborgen werden.Dieses "Humanissimum" ist unver-letzlich. Es sichert die Menschen-würde, und es ist die Quelle allenSelbstwertgefühls – sofern esnicht aus den Augen verloren wird!(Titze, 1995, Vorwort) Lachen,Gelächter, Komik und Humor ent-

Durch eine überraschende Sicht der Dinge

öffnen Clowns auch in belastenden

Situationen ein Ventil, aus dem sich

Frust und Hoffnungslosigkeit entladen.

che, in denen es mit dem etwasanderen Blick auf die Dinge desLebens oft besser vorangeht.Wenn auch nicht immer in diezunächst intendierte Richtung.Gerade in existentiellen Grenz-situationen verschafft Humor dasunbezahlbare Gefühl, die eigeneKraft kontrollieren zu können. Esentsteht auch für Menschen, die invielen Aktivitäten des Lebensschwer eingeschränkt sind, dasGefühl, über ein (vielleicht kleinesaber intendiertes) Terrain selbst-bestimmten Einfluss ausüben zukönnen.

"Der Humor ist keine Gabe desGeistes, er ist eine Gabe des Her-zens", hat der Journalist LudwigBörne gesagt. Dieser kluge Satzenthält mehr als ein Gran Wahrheit.Aber wo immer man den Humorlokalisiert, man vermutet ihn oftnicht dort, wo Schmerz und Leid ander Tagesordnung sind. Und dochkann der Humor gerade in solchensensiblen Bereichen seine Kraftentfalten. Darf man am Kranken-bett scherzen? Soll man versuchen,die Lage des Patienten mal ko-misch darzustellen? Ist es unziem-lich, am Sterbebett zu lachen? DieAntwort ist ein klares Jein.In der Pflege, in Krankenhäusern,Seniorenheimen, in der Psychothe-rapie oder auch bei der Sterbe-begleitung gehen Pflegende undÄrzte regelmäßig mit Menschenum, die, sei es als Angehörige oderBetroffene, viel Energie auf ihrenZustand verwenden (müssen).Oftmals bleiben da Gefühle übrigwie Ausgegrenztheit, Einsamkeit,Nutzlosigkeit. Diese Gefühle habenihre Berechtigung und sollten nie-mals krampfhaft vom Tisch ge-lächelt werden. Doch die heilendeKraft des Humors (und seiner Ge-genspieler, der Tränen) bahnt sich

"Ich habe keine Angst vor demSterben, ich möchte einfachnicht dabei sein, wenn es pas-siert." Woody Allen

Führt man sich die Bandbreite vonHumor vor Augen, wird schnelldeutlich, dass schon der Begriffdes Humors kein eindeutiger ist,geschweige denn dessen Platz inder Begleitung Schwerkranker,schwer Pflegebedürftiger oderSterbender. Überdies sind die mei-sten Abhandlungen über Humornicht sonderlich heiter, und geradeim deutschsprachigen Raum be-steht (imaginär!) eine ungute Nähezwischen Unprofessionalität undKomik. Das Klischee fordert, dassMenschen, die an den Bruchstellender menschlichen Existenz arbei-ten, eine ausschließlich professio-nelle (und damit distanzierte) Hal-tung, definierte Ziele und Seriositäteinzuhalten haben. Das Vorurteillautet: wer lacht, arbeitet nichternsthaft.Genau an dieser Stelle liegt derhier interessierende Ansatzpunktfür Humor in Pflege und BegleitungKranker und Sterbender, denndiese zugegebenermaßen postu-lierte, prädominante Geisteshal-tung verhindert die bestmöglichemenschliche Entfaltung, anstatt siezu fördern. Würde, Lebensqualität,Wärme schließen allesamt Humornicht etwa aus, sondern sind Berei-

Foto: KlinikClowns/Volker Derlath

Arzt: "Da sind Sie ja noch recht-zeitig gekommen."Patient: "Ist es denn so ernst,Herr Doktor?"Arzt: "Das nicht. Aber einen Tagspäter, und Sie wären es selbstlosgeworden."

Zum Humor und seinen Nebenge-bieten existieren bereits enormviele Bücher, von Aristoteles bisZappa. Einige davon sind in derLiteraturliste am Schluss aufge-führt. Es fällt sofort auf, dassHumor eingebunden ist in einganzes Assoziationsfeld vonHeiterkeit, Lächeln, Lachen, Ko-mik, Witz, Soziologie und Psycho-logie. In den siebziger Jahren hatWilliam Fry die Humorphysiologiebegründet, auch Gelotologie (=Wissenschaft vom Lachen) ge-nannt. Ein Forschungszweig etwabefasst sich mit den positivenAuswirkungen des Lachens aufdas menschliche Immunsystem.Humor findet seit rund zehn Jahren

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9 Juli 2007 GEPFLEGTDURCHATMEN

ziehen sich bei aller fein ziseliertenArbeit über die Jahrhunderte hin-weg doch einer einfachen Kate-gorisierung. Ein Witz kann ebensovereinen und auflockern wieDistanz schaffen und ausgrenzen,Lachen kann eine hysterischeAbwehrreaktion des Systems sein,um nicht in Tränen ausbrechen zumüssen. Ebenso ist es möglich,dass es ein erleichtertes Konsta-tieren der eigenen (relativen) Voll-kommenheit im belachten Aspektist. Eine scherzhafte Bemerkungkann einer Situation die Spitzenehmen, indem sie diese benennt,eine treffende Pointe über das pro-vozierte Gelächter den komischenPunkt zu akzeptieren lehren. Esgibt professionelle Spaßmacher,die uns erlauben, über ihreUngeschicklichkeiten zu lachen,mit ihnen ihre poetischen Träumezu leben und so für einen Momenteinen Schritt weg von festgefahre-nen Ansichten, Perfektionsansprü-chen und Vorstellungen zu wagen.Diese überraschend klar geworde-ne Inkongruenz zwischen Erwar-tetem und Eingetretenem, in Ver-bindung mit dem sicheren Gefühleiner Meta-Realität, vermittelt unteranderem der Clown. Im heilpäda-gogischen Bereich "erfand" derAmerikaner Patch Adams ein"Mittel gegen alle Krankheiten"(Adams 1997, 78), die Lachdokto-ren, also Ärzte mit Humor. MichaelChristensen erfand Mitte der 80erdie Clowns als nicht-medizinischenCounterpart und via Österreich hatsich das Grundkonzept auch imweiteren deutschsprachigen Raumdurchgesetzt. Im bayerischen Frei-sing gibt es beispielsweise dieKlinikClowns, an Hand derer dieWirkungsweise und der Einsatzsolcher speziell ausgebildeterSpaßmacher dargelegt werdensoll.

KlinikClowns

Dieser von der Wiener Schauspie-lerin Elisabeth Makepeace-Von-drak 1997 ins Leben gerufenegemeinnützige Verein versucht,kranken Kindern den Heilungspro-zess im Krankenhaus zu erleich-tern, bzw. älteren Menschen, gera-de auch Demenzkranken, ihrenAlltag zu verschönern. Die sprich-wörtliche Kraft des Lachens oderwenigstens des Lächelns wird akti-viert; die Freiheit des Narren wirddazu genutzt, in lebensbedrohen-den Situationen die Wirklichkeit füreinen Moment aufzuheben. Dieknapp 40 speziellen Clowns sindprofessionell ausgebildet und invielen Krankenhäusern und Sen-iorenheimen Bayerns eine nichtmehr wegzudenkende Unterstütz-ung bei der Pflege geworden. Aberauch ein so anerkannter Verein wieKlinikClowns e.V. finanziert sichausschließlich über Spenden,Sponsoren und Benefizaktionen.Dabei ist die Prämisse so alt wiedie Menschheit: Lachen fördert dieHeilung, wirkt insgesamt aufbau-end und kräftigend (gesteigerteHerzfrequenz, gesenkter Blut-druck, verbesserte Atmung undSauerstoffaufnahme). Die Aus-schüttung der Endorphine bewirktnicht nur ein punktuelles Glücks-gefühl, sondern stimulier t auch

eigenen Charakters und speziellder inneren und äußeren Schwä-chen ist nicht immer einfach, undder Schritt hin zum Akzeptieren derganzen Person ist riesig, wennüber die eigene Situation gelachtwerden kann. In der Komik wirddas Mitleid kurzfristig suspendiert,zur Erholung von einem gewisseninternalisierten sozialen Druck. Diedurch den Intellekt geschaffeneSphäre schert sich nicht umKonsequenzen, um das Danach,um die Realität. Beim komischenMoment zählt allein das Jetzt undHier, es lockt die Freiheit, alles ein-mal anders anzupacken. Das wie-derum ist eine innere Haltung, diezwar gelernt werden kann, aberureigentlich eben im Herzen be-ginnt, beginnen muss, um echt zusein.Ein Clown oder Narr arbeitet alsomit Schwächen: den eigenen, denSchwachheiten des Gegenübersund den Schwachheiten des Sys-tems. Seine Figur nimmt sich dieFreiheit heraus, die Gegebenheitenvon ihrer Wertung loszulösen undneu zu betrachten. Je unerwarteterund überraschender die Inkongru-enz zwischen einer Tatsache undihren Folgen oder ihrer Bewertungsich zeigt, desto komischer findenwir sie. Und unsere Reaktion, dasLachen oder Lächeln, beweist einVerstehen der neu dargebotenenSituation unterhalb einer kognitivenoder intellektuellen Ebene. Wir ver-arbeiten damit ein Trauma auf eineneue Weise, bewegen es in unse-rem Innern hin und her undbetrachten es kurz in einem ande-ren Licht. Diese neue Sicht der Sa-che, selbst nur im momentanenSchmunzeln spürbar, bevor die all-tägliche Sichtweise die Oberhandgewinnt, bedeutet eine Erleich-terung für unser Gemüt.Der Kabarettist Mathias Tretterererzählt in seinem aktuellen Pro-

nachhaltig das körpereigene Ab-wehrsystem. Die Kraft des La-chens setzt verdrängte Affekte freiund kann Hemmungen auflösen,lehrt Unvollkommenheiten zuakzeptieren und stärkt die Persön-lichkeit. In einem ganzheitlichenmedizinischen Ansatz wird auchder Tatsache Rechnung getragen,dass angeregte Phantasie undgeförderte Kreativität die seelischeFähigkeit steigern, Probleme zulösen. Das laterale oder divergenteDenken wird genutzt. Wer mitein-ander lacht, öffnet sich demGegenüber, setzt sich aktiv überGrenzen hinweg und kommuniziertfrei. Es wird die momentane Aufhe-bung der Tatsachen gespielt, dieSuspendierung von Krankheit,Schmerz und Tod. Die prinzipiellrespektlose Distanz des Clownsermöglicht es, sogar die Inkongru-enz zwischen Gesundheit undKrankheit, zwischen "normal" und"behindert" im plötzlichen Erlebenals "komisch" zu empfinden. In die-ser Distanz des Clowns zum komi-schen Thema steckt noch diegrundlegende Freiheit des Narren,seinen Finger auf die Wunde zulegen, oder auch heiße Eisen an-zupacken. Oftmals entwickeln Be-nachteiligte (gleich welcher Cou-leur – z.B. geistig, körperlich odersozial) einen ganz eigenen Code,ein ganz eigenes System vonLachmöglichkeiten, die die so ge-nannten "Normalbürger" verunsi-chern und beschämen. Humorwirkt also auf drei Ebenen: emotio-nal, kognitiv und kommunikativ.

Therapeutischer Humor

Der leichteste Einstieg in einehumorvolle Begegnung mitPatienten besteht darin, wenn etwadie pflegende Person die eigenenUnzulänglichkeiten thematisiertund erstmal über sich selbstscherzt. Dieses Akzeptieren des

gramm von einer Senioren-WG, inder man sich einmal wöchentlichzum Memory-Spiel an den Tischsetzt. Oder zum Mikado, je nachMedikamenteneinstellung. Und dieWG-Probleme wären prinzipiell diegleichen: Walter ist sauer, weil Fredihm heimlich die Knoblauchpillenwegfrisst, Eddie leert immer denKatheterbeutel in der Spüle ausund Johann hat just beim Putzplaneine Amnesie seinen eigenen Na-men betreffend....Das Lachen arbeitet auf einer ge-meinsamen, unausgesprochenenVerstehensbasis, die unter intellek-tueller oder emotionaler Kontrollenicht zu erreichen ist (daher auchdie Furcht aller Diktaturen vor denNarren jeglicher Zunft), die abereine enorme Kraft besitzt. DieseKraft im seelischen, geistigen undkörperlichen Heilbereich zu nutzen,liegt scheinbar auf der Hand, übri-gens auch im Bereich der Präven-tion des Burn-Out-Syndroms.Menschen in Bedrängnis gelingt esoft allein nicht mehr, ihre Wider-standskräfte ausreichend zu mobili-sieren. Die innere Freiheit, sichüber eine mühsam gefundene Ba-lance bei Gefahr für Leib und Le-ben hinwegzusetzen, erfordert ei-nen beträchtlichen Kraftaufwand,und nicht immer ist ein Clown zurHand. Aber vielleicht ein andererMensch, der die Kunst beherrscht,"ein Lächeln zu schenken". Für anClownerie interessierte Menschenbesteht immer die Möglichkeit, inKurz-Seminaren oder einer länger-fristigen Weiterbildung den Clownin sich zu finden. Es mag aber auchschon Einiges ändern, sich an die-sen Clown in uns einfach häufigerzu erinnern.

Dr. phil Gabi SaboLinks:

www.dachverband-clowns.dewww.humor.chwww.klinikclowns.de

Literaturtipps:

Adams, Patch: Gesundheit.Zwölf&Zwölf-Verlag,Oberursel. 1997.Barloewen, Constantin von:

Zur Phänomenologie desStolperns. Athenäum-Verlag,Königstein/Taunus.1981.Bergson, Henri: Das Lachen.Ein Essay über die Bedeutungdes Komischen. Arche Verlag,Zürich. 1972 (antiquarisch).Bokun, Branko: Wer lachtlebt. Emotionale Intelligenzund gelassene Reife. Ariston-Verlag, München. 1996.Freud, Sigmund: Der Witzund seine Beziehung zumUnbewussten. Fischer-Verlag,Frankfurt am Main. 1992.Goltz, Werner (MasterThesis, Matrikelnummer9853106): Humor undBurnout. Einflussfaktoren vonHumor auf Burnout. 2002.Lotze, Eckhard: Humor imtherapeutischen Prozess:Dimensionen, Anwendungs-möglichkeiten und Grenzenfür die Pflege. Mabuse Verlag,Frankfurt am Main. 2003.McGhee, Paul: Health,Healing and the AmuseSystem. Kendall/Hunt, Iowa.1996.Plessner, Helmut: Lachenund Weinen. In: GesammelteSchriften VII, 201–387.Suhrkamp Verlag, Frankfurtam Main. 1982 (antiquarisch).Preisendanz,Wolfgang;

Warning, Rainer:

Das Komische. Fink Verlag,München. 1976.Zappa, Frank: "Does HumorBelong in Music?", S-VHS,1985 / DVD, Pumpko Ind.Ltd./EMI Records Ltd., 2003.

Page 10: GEPFLEGT DURCHATMEN FACHZEITUNG · 2019. 6. 19. · GEPFLEGT DURCHATMEN für außerklinische Intensivpflege FACHZEITUNG Editorial Fortschritt, so sagt das Mär-chen, an das moderne

Nummer 6 10GEPFLEGTDURCHATMEN

Bolusapplikation den Sauerstoff-verbrauch des kritisch krankenMenschen erhöht und gleichzeitigmehr Sondenokklusionen herbei-führt. Im ambulanten Bereich so-wie bei stabilen Patienten lässt sichnatürlich auch eine Ernährung imBolusverfahren anwenden. Vonenormer Wichtigkeit ist die Ober-körperhochlagerung. Drakulovicwies in seiner Arbeit nach, dassdiese relativ einfache Maßnahmezu einer signifikanten Reduktionvon nosokomialen Pneumonienführt, weil die Wirkung der Schwer-kraft einen Austritt (Regurgitation)von Flüssignahrung, die mit Ma-gensäure vermengt ist, hemmt. Inder Studie zeigte sich, dass beikonsequent durchgeführter Ober-körperhochlagerung nur acht Pro-zent der untersuchten Patienteneine klinisch relevante Pneumonieerwarben, während es in einerKohorte, die nicht so durchgängiggelagert worden war, rund 34Prozent waren (1). Die Wirkung istbei konsequenter Anwendung amgrößten. Die Oberkörperhochlage-rung gehört deshalb, sofern keinemedizinischen Kontraindikationenvorliegen, zu den wichtigsten pro-phylaktischen Maßnahmen gegenunerwünschte Wirkungen der EE.

Erweisen sich die Verhältnisse desPatienten als stabil, hat man diekalkulierte Energiemenge bei dergastralen Ernährung nach ca. 3–4Tagen und bei jejunaler Ernährungnach ca. 4–6 Tagen erreicht.Grundsätzlich sollten die Zottenund die Schleimhaut des Darmesimmer genügend Zeit erhalten, sichan die neue Zusammensetzungund Beschaffenheit der Nahrungzu gewöhnen. Das bedeutet, dieErnährung ist idealerweise mitlangsamen Flussraten zu beginnen(10–20 ml/Stunde). Sofern derPatient dies problemlos verträgt,können Pflegende die Zufuhrschrittweise steigern. Eine basaleenterale Substratzufuhr in derGrößenordung von 10–20 ml proStunde kann zur Translokations-prophylaxe, die durch Zottenatro-phie der Darmschleimhaut aus-gelöst sein kann, auch bei kritischkranken Menschen in den meistenFällen ohne unerwünschte Wir-kungen durchgeführt werden. Diesgilt auch, wenn die Patienten aufdem Bauch oder in der 135°-Position liegen müssen.

Komplikationen

der Sondenernährung

Die Sondenokklusion ist besondersbei dünnen Lumina (z.B. Jejunal-sonden) gefürchtet. HäufigsterGrund sind Medikamente, die überdie Sonde verabreicht wurden. ZurVermeidung dieser Komplikationsollten Pflegende die Sondengäng-igkeit der Medikamente sehr genaueruieren und auch deren Konsis-tenz kontrollieren. Eine regelmäßi-ge und gründliche Spülung derSonde mit klarem Trinkwasser spe-ziell nach der Verabreichung vonMedikamenten ist die sinnvollsteMaßnahme zur Vorbeugung. Solltedie Sonde trotzdem verstopfen, istein Versuch zur Auflösung derVerkrustungen mit Cola light, hepa-rinisiertem Kochsalz, Vitamin-C-Lösung oder Pepsinwein sinnvoll.Bei dünnlumigen Sonden ist auchdie Komplikation der Sondendis-lokation zu beobachten. DieseSonden lassen sich aufgrund dermangelnden Formstabilität, diedurch die geringe Wandstärkebedingt ist, durch peristaltischeBewegungen des Magen-Darm-Traktes sowie gezielte Würgebe-wegungen der Patienten leichteraus ihrer Position entfernen. Insbe-sondere unruhige und verwirrteMenschen neigen überdies zurManipulation an der Sonde. Daherist eine regelmäßige Lagekontrollesehr wichtig. Pflegende nehmenvor jeder Applikation von Sonden-nahrung (bzw. in standardmäßigfestgelegten Abständen) eine opti-sche Kontrolle vor, indem sie dieFixierung der Sonde auf ihren ord-nungsgemäßen Zustand überprü-fen. Die Auskultation der Geräu-sche, die eingeblasene Luft im Ma-gen verursacht, bzw. die Aspirationvon Magensaft im Zusammenhangmit einer Messung des ph-Wertes(Lackmus-Papier), geben ebenfallsAufschluss darüber, ob die Sondean ihrem bestimmungsgemäßenPlatz liegt. In der Klinik erlaubenauch bildgebende Verfahren (z.B.Röntgen-Thorax, CT, Kernspin undSonographie) eine Kontrolle der

Schwerkraft allein hilft schon vielUmsichtige und geplante Pflege verhütet Komplikationen der enteralen Ernährung

Die enterale Ernährung (EE) einesMenschen erfordert eine struktu-rierte Planung. Die Frage nach derEnergiemenge, den Substraten,nach der Ausgangslage des Pa-tienten (z.B. Ausgangsgewicht,Dauer der Nahrungskarenz oderder parenteralen Ernährung), derzusätzlichen Flüssigkeitszufuhrsowie die Fragen, ob man imBolusverfahren oder mit kontinuier-lichen Nahrungsgaben ernährenwill, über eine transnasale oderperkutane Sonde, über den Magenoder doch lieber direkt in denDünndarm, gilt es zu Beginn zuklären.Die Überwachung der EE beziehtauch eine Reihe von laborchemi-schen Parametern ein. Hierzu zäh-len der Blutzucker, Elektrolyte,Harnstoff, Kreatinin, Triglyceride,Gesamt-Eiweiß und Albumin sowieder HB-Gehalt und der Hämatokrit.Es sei an dieser Stelle erwähnt,das nahezu alle Sondenkostlösun-gen natriumarm sind, so dass esim Laufe der Zeit zu einer Hypo-natriämie kommen kann.Die Bedeutung der Normoglykämiestellte die Intensivmedizinerin Greetvan den Berghe in einer viel beach-teten und erwähnten Studie zur

intensivierten Insulintherapie imJahr 2001 heraus. Die Arbeit zeigtmit signifikanten Zahlen, dass eszu einer deutlichen Reduktion derKrankenhaussterblichkeit kommt,wenn unter der Ernährungsthera-pie der Zustand der Normoglykä-mie aufrechterhalten wird. Das BZ–Monitoring sowie die BZ–Ein-stel-lung mittels Altinsulin gehört aufzahlreichen Intensivstationensowie in der außerklinischen Inten-sivpflege zu den Aufgaben desPflegepersonals. Sofern der Pa-tient mehr als 100 IE Altinsulin proTag benötigt, ist es geraten, dieEnergiezufuhr zu drosseln. Untersolchen Bedingungen des Stoff-wechsels können Patienten dieangebotene Energiemenge ohne-hin nicht verwerten und geraten beiderart hoher Zufuhr lediglich in ei-nen metabolischen Stress.Ferner spielen klinische Parameterwie Gewichtskontrollen (cave:Wasser), Durst, Darmgeräusche,Stuhlfrequenz und -konsistenz, dieFlüssigkeitsbilanzierung sowie dieregelmäßige Kontrolle von Pulsund Blutdruck eine wichtige Rollebei der Überwachung der EE.Bei kritisch kranken Intensivpa-tienten hat sich die kontinuierliche

Die Oberkörperhochlagerung ist eine ebenso

einfache wie wirkungsvolle Maßnahme, um die

Regurgitation (Austritt von Nahrung aus dem

Magen in die Speiseröhre) sowie deren Folgen

zu verhindern.

Foto: Andreas Walle(http://walle.net)

Ernährungsform bewährt, da unterihrem Einfluss eine bessere Stoff-wechseladaption und stabilere BZ–Werte zu erreichen sind.Ferner gibt es Hinweise, dass eine

Praxistipp:

Wenn Pflegende unsicher sind,ob eine trübe Flüssigkeit, diesich aus dem Rachenbereichabsaugen lässt, aus Sonden-kost oder körpereigenem Sekretbesteht, hilft ein einfacher Test,der auch in der außerklinischenIntensivpflege problemlos aus-zuführen ist. Sekret in einem of-fenen Gefäß auffangen und mitLebensmittelfarbe vermischen.Im Gegensatz zu Körpersekre-ten nimmt Sondenkost die Le-bensmittelfarbe sehr gut an.

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11 Juli 2007 GEPFLEGTDURCHATMEN

Sondenlage. Diese Frage sollte beiPatienten, die mit einer Sonde aus-gestattet sind, in entsprechendenUntersuchungen des Bauch- undBrustraumes stets mit abgeklärtwerden, selbst wenn die Unter-suchung aus anderen Gründen an-geordnet worden ist.Eine weitere Komplikation, die imZusammenhang mit der EE auftre-ten kann, ist die Magenentlee-rungsstörung. Die Ursachen hierfürsind sehr vielschichtig. Zu ihnengehören schwere Erkrankungsbil-der wie Pankreatitis, Sepsis oderSchädel-Hirn-Trauma. Die Kompli-kationen können auch postoperativoder medikamentös (z.B. durchBenzodiazepine oder Ca-Antago-nisten) bedingt sein. Auch hier hatsich die strikte Einhaltung derOberkörperhochlagerung sowie dieBestimmung des Magenresidual-volumens (mehr als 400–800 mlpro Tag erhöht die Aspirations-gefahr deutlich) bewährt. Fernerwird beschrieben, dass durch einebolusweise Nahrungsapplikationdie Magenmotilität wieder in Gangkommen soll. Im klinischen undhier insbesondere im postoperati-ven Bereich ist der thorakal liegen-de Periduralkatheter von enormemVorteil. Sollte die Magenentleer-ungsstörung so hartnäckig sein,dass gastral eine Ernährung nichtmöglich ist, so sollte man frühzeitigüber die duodenale/jejunale Son-denanlage nachdenken. Als ultimaratio kann auch die Gabe desAntibiotikums Erythromycin in Er-wägung gezogen werden (300 mgi.v.). Dieser Therapieversuch sollteaufgrund der Resistenzentwick-lungen ausschließlich verzweifel-ten Fällen vorbehalten bleiben.Auch einer drohenden Aspirationkann durch diese Verfahren entge-gengewirkt werden. Als Risikofak-tor für eine Aspiration gilt sicher dieeingeschränkte Bewusstseinslagemit reduzierten Schutzreflexen.Auch die bloße Anwesenheit derMagensonde irritiert die Sphink-teren und verursacht Störungender Verschlussmechanismen. Beizu flacher Lagerung wirken Son-den als Leitschienen für die passi-ve Regurgitation. Bei längerer EEsollte aus diesem Grund ein perku-tanes Verfahren zum Einsatz kom-men (z.B. PEG, PEJ ).

Kardinalproblem Diarrhö

Als ein großes Problem im Zu-sammenhang mit der EE hat sichdas Auftreten von Diarrhöen erwie-sen. Auch hierbei handelt es sichum einen vielschichtigen Prozess.Als Ursache kommen z.B. einegestörte Resorption aufgrund einerMukosa-Atrophie, Medikamentewie Laxanzien oder Antibiotika,eine gestörte Motilität aufgrund vonMedikamenten wie Laxanzien oderAntibiotika, eine gestörte Motilitätaufgrund von Ballaststoffmangeloder ein Natrium-Glucose Mangel(natriumarme Sondenkost) imDarm selbst in Frage. Aber auchinfektiöse Ursachen wie eine Keim-fehlbesiedlung (z.B. mit Clostridiumdifficile) oder die Kontamination derSondenkost sind als Ursachen zunennen. Folgende Grundregelnsind in der Prophylaxe bzw. bei derTherapie zu beachten:

. Sondenkost vor der Applikationauf Zimmertemperatur erwärmen. Ballaststoffreiche Sondenkostverabreichen (sofern möglich). Sondenkost nach Möglichkeitnicht mit Tee oder Wasser verdün-nen. Dies kann zu einer unkontrol-lierten Abgabe der Sondenkostführen – mit der Gefahr der Blut-zuckerentgleisung. Außerdem kön-nen auf diese Weise hygienischeProbleme entstehen. Schrittweiser Aufbau (langsambeginnen; EE schrittweise steigern,v.a. bei länger dauernder Nüch-ternheit). Keine Teepausen einlegen, fallsDiarrhöen auftreten. Die Darm-schleimhaut benötigt in solchenPhasen Glucose und Natrium zurRückresorption von Wasser ausdem Darm ("Cola- und Salzstan-gen-Prinzip"). Diese Wirkung kannTee allein nicht hervorrufen. Außer-dem besteht bei der Zubereitungdes Tees in Wasserkochern sowiedurch die Abkühlungsphase dieGefahr, dass das Getränk mitKrankheitserregern kontaminiertwird. Unter dem Einfluss der höhe-ren Temperatur gedeihen die Kei-me besonders gut. Es ist empfoh-len, Natrium und Glucose in Formvon Mineralwasser und Kochsalzüber die Sonde zu verabreichen. Einhaltung hygienischer Grund-regeln (insbesondere die hygieni-sche Händedesinfektion). Die Be-deutung dieser hygienischen Ba-sismaßnahme wurde durch dieArbeit von Krüpe und Radziwill (2)untermauert. Für diese Untersu-chung wurden die Hände des Per-sonals gezielt mit Keimen kontami-niert. Sondennahrungen von ver-schiedenen Herstellern wurden mitden passenden Systemen aufbe-reitet und durchgespült. Unmittel-bar danach erfolgte eine Ab-klatschuntersuchung: Als Ergebniszeigte sich eine Verkeimung beiden Produkten zweier Hersteller(Fresenius und Abbott). Nach einer24stündigen Bebrütung der Probenzeigte sich bei allen Herstellerneine Verkeimung. Die Untersu-chung wurde wiederholt, nachdemzuvor eine hygienische Händedes-infektion durchgeführt wurde.Diesmal kam es bei keiner Probezu einer Kontamination. Diese Ver-suchsanordnung unterstreicht dieBedeutung der hygienischen Hän-dedesinfektion auch im Zusam-menhang mit der EE. Veränderung der Fettzusam-mensetzung (mehr MCT als LCT). Überprüfung der eingenomme-nen Medikamente (z.B. Lactulose,Antibiotika) Neben all diesen Kom-plikationen treten bei einigen Pa-tienten weitere sondenbedingteoder technisch verursachte Kom-plikationen auf, z.B. Infektionen derPEG, Abszesse, Blutungen oderdas Burried-Bumper-Syndrom (Ein-wachsen der Halteplatte der PEG).

Fazit

Abschließend sei gesagt, dass dieenterale Ernährung bei allen kri-tisch sowie chronisch krankenMenschen grundsätzlich die Er-nährungsform der Wahl darstellt –sofern keine Kontraindikationenvorliegen oder die Ernährung auforalem Wege ausreichend gewähr-

leistet werden kann. Die EE erfor-dert jedoch – ebenso wie alle an-deren Therapieformen – die Kom-petenz des Pflegepersonals, umKomplikationen zuverlässig zu ver-meiden. Die Komplikationen endenfür die betroffenen Patienten näm-lich nicht selten in dem Zustandeiner Mangelernährung oder ineiner viel komplikationsträchtigerenund kostenintensiveren parentera-len Ernährung.

Carsten Jehle,Fachkrankenpfleger für

Anästhesie und Intensivmedizin,stv. Leiter der interdisziplinären

Intensivstation am EvangelischenKrankenhaus Hattingen

Literaturnachweis:

1) Drakulovic, MB et al.: inLancet, 27 Nov. 1999;354:1851-8.2) Krüpe, H.; Radziwill, R.: inKrankenhauspharmazie 24;2003/4; S. 130–134.

Mechanisch Dislokation < 10 %

Okklusion < 5 %

Infektiös (Aspirations-)Pneumonie 10–40 %

Bakterielle Infektion selten

Gastrointestinal Übelkeit. Erbrechen 5 %

Diarrhö 10–35 %

Blähungen, Distension 15 %

Stoffwechselbedingt Überwässerung 5–10 %

Dehydratation 5–10 %

Hyperglykämie 10–30 %

Elektrolytimbalance 5–30 %

Vitamin- und Spuren- selten

elementmangel

Komplikationstyp Komplikations- Häufigkeitursache

1 100 % des Bedarfs 10 ml/h

2 Reduktion der Zufuhrmenge 20–30 ml/h

um 10–20 ml/h

3 Reduktion der Zufuhrmenge 30–40 %

um 10–20 ml/h

4 Reduktion der Zufuhrmenge 40–60 %

um 10–20 ml/h

5 Abbruch der TPE, evtl. Weiterhin um 10–20 ml pro

Wasser, Elektrolyte Stunde erhöhen, bis Ziel

erreicht ist

Tag Parenteral Enteral

Häufigkeitsverteilung der Komplikationen bei enteraler Ernährung.

Mit dem dualen Stufenschema für die Umstellung von der parenteralen

auf die enterale Ernährung lassen sich Unverträglichkeiten zu Beginn der

Ernährungstherapie vermeiden. Quelle: Klinikum Krefeld

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Nummer 6 12GEPFLEGTDURCHATMEN

ergibt sich aus ihren eigenen be-rufsrechtlichen Grundlagen. In § 3des Krankenpflegegesetzes ist die"eigenständige Durchführung ärzt-lich veranlasster Maßnahmen" einAusbildungsziel und die Durchfüh-rung der Wundversorgung ist Aus-bildungsinhalt. Auch die Altenpfle-ge zählt seit dem Altenpflegege-setz von 2003 zu den heilberufli-chen Tätigkeiten. Danach habenAltenpflegekräfte die gleichenKompetenzen wie Krankenpflege-kräfte. Examenszeugnis und Be-rufserlaubnis, die formalen Quali-

fikationen, reichen aber nicht aus,um chronischen Wunden zu ver-sorgen. Pflegekräfte müssen viel-mehr auch über die materielle

Qualifikation verfügen, d.h. diejeweils angezeigten Maßnahmeauch tatsächlich beherrschen undihr Wissen über alle verfügbarenund sinnvollen Formen der Thera-pie auf dem neuesten Stand hal-ten.Darüber hinaus verpflichtet dasSozialrecht alle Leistungserbrin-ger, die Leistungen dem aktuellenwissenschaftlichen Stand entspre-chend und in der fachlich gebote-nen Qualität zu erbringen. (§135aSGB V)Das gilt für Krankenhäuser, nieder-gelassene Ärzte und Pflegedien-ste, die nach dem SBG V Behand-lungspflege übernehmen.Ambulante Pflegedienste müssenzudem den Nachweis von Fortbil-dungen erbringen (§132a SGB V).Weitere Forderungen des SGB Vsind:

. Der delegierende Arzt hat sichüber die formale und materielleQualifikation der Pflegenden über-zeugt. Der delegierende Arzt überprüftdas Ergebnis nach der Durchfüh-rung der Anordnung und beurteiltes, soweit es für die Diagnostik undTherapie relevant ist.Arbeitsrechtlich sind Pflegekräfte inallen Einrichtungen des Gesund-heitswesens an die Weisungenihrer Dienstvorgesetzten gebun-den. In der Regel sind dies diePflegedienstleitungen.Das Weisungsrecht kann z.B. überDienstanweisungen, Stellenbe-schreibungen (Festlegung derKompetenzen von Pflegenden un-terschiedlicher Qualifikation) oderPflegestandards wahrgenommenwerden.Bei der Weisungsgebundenheit ge-genüber den Ärzten existiert einUnterschied zwischen der statio-nären Situation im Krankenhausund den arztfernen Bereichen sta-tionärer und ambulanter Pflege-einrichtungen.Der Patient begibt sich per Defi-nition zum Zweck einer medizini-schen Behandlung ins Kranken-haus. Die Therapie ist (nach derauf breiter Front vertretenen juristi-schen Auffassung) die Domäneder Ärzte. Deshalb sind Medizinergegenüber Pflegenden weisungs-befugt, sofern es um medizinischeDiagnostik und Therapie geht.In ambulanten sowie stationärenPflegeeinrichtungen schließt derPatient einen Vertrag mit dem Pfle-

gedienst oder der -einrichtung. Alseigenständige Dienstleister sinddiese Einrichtungen nach § 11SGB XI verpflichtet, entsprechenddem allgemein anerkannten Standmedizinisch-pflegerischer Kennt-nisse zu pflegen.Der Arzt muss die Art der Wund-versorgung und die Verbandmittelanordnen. Die Pflegenden führendie Verbandwechsel aus.Diese rechtliche Konstellation kannin der täglichen Praxis problema-tisch werden, wenn der Arzt z.B.Wundbehandlungsmethoden an-ordnet, die fachlich fraglich odersogar falsch sind. Die Pflegekraftmuss dann entscheiden, ob sieden Verbandwechsel in der ange-ordneten Weise durchführen möch-

Farben und Fettehindern die HeilungSerie zum Wundmanagement – Teil 2: Rechtliche Konstellation bei

der Wundversorgung und die Revolution auf dem Markt der Verbandmittel

Foto: Andreas Walle(http://walle.net)

Für die Behandlung chronischerWunden ist Wissen notwendig,Wissen über die Physiologie derWundheilung, Störfaktoren, unter-stützende Maßnahmen, über dieverschiedenen Wundauflagen undihre Einsatzmöglichkeiten.Aber auch haftungsrechtliche As-pekte gewinnen für die Pflegen-den an Bedeutung, je mehr Fach-wissen sie auf dem Gebiet derWundbehandlung erwerben. Zahlenvon Weiterbildungsinstituten bele-gen, Pflegende bilden sich wesent-lich häufiger in modernem Wund-management fort, als Ärzte diestun. Da ist es nicht verwunderlich,wenn Pflegende auf diesem Gebieteigenverantwortlich arbeiten wol-len.

Berufsrecht, Sozialrecht,

Arbeitsrecht, Haftungsrecht

Trotz des ausgeprägten Experten-tums der Pflegenden im Wundma-nagement gelten im deutschen Ge-sundheitswesen folgende Grund-sätze:Die Wundbehandlung gehört zurmedizinischen Behandlung, d.h.Diagnostik und Therapieentschei-dungen unterliegen der Anord-

nungsverantwortung des Arztes.

Die Durchführung der Wundbe-handlung kann auf Pflegefach-kräfte delegiert werden und zähltsowohl in der Rechtssprechung alsauch für die Kostenträger zur Be-handlungspflege. Jede Berufsgrup-pe haftet für ihren Verantwort-ungsbereich. Die Durchführungs-

verantwortung der Pflegenden

Ab in die Tonne: Melkfett schadet der Haut

und hat in der Pflege nichts zu suchen.

te, oder ob sie sich weigert, gegendie eigene Fachkenntnis zu han-deln. Unter Umständen sind auf-grund fachlicher Differenzen Aus-einandersetzungen mit dem Arzt inKauf zu nehmen.

Sorgfalt beim Verbandwechsel

Stellt ein Patient zivilrechtliche For-derungen, weil er glaubt, dass erdurch die Wundbehandlung einenSchaden erlitten hat, dann wird dasGericht prüfen, ob und wer gegenSorgfaltspflichten verstoßen hat.Sorgfaltspflichten einer Pflege-

kraft bei der Wundbehandlung:. Formale Qualifikation als Pfle-

gefachkraft. Sie hat aktuelles Wissen überdie moderne Wundbehandlung undpraktische Fertigkeiten, die materi-

elle Qualifikation. Sie schätzt ihre Fähigkeitenbezüglich der übertragenen Aufga-be realistisch ein und lehnt dieDurchführung bei einer Überforde-rung ab (Übernahmeverantwor-

tung). Sie führt einen Verbandwechselnach dem neuesten medizinisch-pflegerischen Stand und unter ste-rilen Kautelen durch (Durchführ-ungsverantwortung). Sie kennt ihre Remonstrations-pflicht (Pflicht zur Weigerung),wenn sie überzeugt ist, dass dieMaßnahme eindeutig fehlerhaft ist. Sie dokumentiert die durchge-führte Maßnahme, aber auch eineRemonstration oder andere Beson-derheiten. Sie fordert bei ausbleibenderWundheilung oder -verschlechte-rung eine Kontrolle durch den an-ordnenden Arzt ein und überlegtgemeinsam mit ihm, wie die Be-handlung zu verbessern ist. Beharrt der Arzt auf einer fehler-haften Anordnung, klärt sie denPatienten, ggf. auch seine Ange-hörigen, über die Gefährdung auf.Gegebenenfalls informiert sie ineinem solchen Fall auch denDienstvorgesetzten des Arztes (im

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13 Juli 2007 GEPFLEGTDURCHATMEN

• Aus Baumwolle oder Viskose,ein- oder mehrlagig

• Aus Vliesstoff mit Zellstoff- oder Wattekern

• Hohe Saugkraft, gute Ableitung von Sekreten

• Weich, erzielt gute Polsterung• Niedriger Preis

• Mazeration der Wundumgebung möglich• Häufige VW notwendig• Keine Keimbarriere• Austrocknung der Wunde möglich• Verkleben mit der Wunde, Kapillaren

sprossen schnell in die Gitterstruktur ein• Sekundärverband notwendig

• Primärversorgung von Akutwunden• Standardabdeckung bei

primärem Wundverschluss• Zur Reinigung der Wunde• Bei sehr stark nässenden Wunden in der

Reinigungsphase• Als Sekundärverband

• Locker auflegen und mit Mullbinde,Pflaster, Schlauchmull oder Fixierfolie befestigen

• Bei Durchnässung wechseln, ggf.mehrmals täglich

• Aus Seealgen gewonnen und zu vlies-artigen Kompressen oder Fasersträngenverarbeitet

• Meist Calciumalginate: bei der Aufnahmevon Wundexsudat werden Ca-Ionen frei,die leicht blutstillend wirken. Es entsteht ein Gel, das wie feuchte Watte aussieht und Bakterien und Zelltrümmer sicher einschließt

• Alginate können etwa das 20-fache ihres Eigengewichts an Flüssigkeit aufnehmen.

• Gelbildung sorgt für ein feuchtes Mikroklima in der Wunde

• Die Faser eignet sich für Tamponaden• Für infizierte Wunden geeignet

• Bei zu wenig Sekret besteht die Gefahr der Austrocknung

• Wundränder können mazerieren• Sekundärabdeckung notwendig• Gel verfärbt sich gelblich, bräunlich oder

grünlich, was gewöhnungsbedürftig ist

• Mäßig bis sehr stark sezernierende infizierte oder nicht infizierte Wunden

• Tiefe Wunden, Wundtaschen, Fisteln• Blutende Wunden

• Möglichst passend auf oder in die Wundebringen, soll nicht über den Wundrandhinausragen

• Alternativ locker tamponieren• Ggf. Alginat mit NaCl 0,9 % oder

Ringerlösung anfeuchten• Sekundärverband wählen: Saugkompressen,

Hydrokolloid oder Folienverband• VW wenn Aufnahmekapazität erreicht ist,

spätestens nach sieben Tagen

• Je nach Hersteller wird dieAktivkohle mit mehr oder weniger saugfähigem Material kombiniert

• Dürfen nicht zugeschnitten werden• Meist Sekundärabdeckung notwendig• Gehören nicht zu den hydroaktiven

Wundverbänden

• Infizierte und übelriechende Wunden,z.B. auch exulzerierende Tumoren

• Flach auf die Wunde auflegen oder lockerin tiefe Wunden einlegen

• Bei Bedarf zusätzliche Saugkompressen oder hydroaktive Wundauflage auflegen und fixieren

• VW bei Bedarf, in der Regel einmal täglich;Aktivkohlekompresse darf aber bis max.drei Tage verbleiben

• Silber hat eine breite bakterizide Wirkung gegen aerobe und anaerobe Bakterien,Pseudomonaden und auch gegen resistente Staphylokokken und Enterokokken

• Elementares oder nanokristallines Silber bildet Komplexe mit der Bakterienzelle,die dann zum Zelltod führen

• Eine Auflage mit Aktivkohle im Handel

• Breites Wirkspektrum• Fehlende Resistenzen• Gute Verträglichkeit• Lange Wirkdauer

• Sekundärverband notwendig• Bei schwach sezernierenden Wunden

kann die Auflage mit der Wunde verkleben

• Infizierte oder infektionsgefährdete,sekundär heilende Wunden

• Kontraindikation: Allergie gegen Silber

• Wundauflage nach Herstellerangabe mit NaCl 0,9 %, Ringerlösung oder Aqua dest.anfeuchten und auflegen

• Sekundärverband auswählen• VW abhängig von der Exsudation• Maximale Liegedauer schwankt je nach

Produkt (beachte Herstellerangaben)

• Natriumcarboxymethylzellulose wird zuweichen Vlieskompressen oder Faser-strängen verarbeitet

• Bei Flüssigkeitsaufnahme entsteht ein„Instant-Gel“

• Wundsekret wird nur in vertikaler Richtungaufgenommen, deshalb wenig Mazera-tionsgefahr für die Wundumgebung

• Bei zu wenig Sekret besteht die Gefahrder Austrocknung

• Sekundärabdeckung notwendig

• Wie Alginate, bei infizierten Wunden aber nur unter genauer Beobachtung

• Wie Alginate, bei infizierten Wunden muss aber engmaschiger kontrolliert werden

• Bestehen aus einer Polyurethan-Folie und -Schaumstoff, in die stark quellende Stoffe eingebracht sind, z.B.Carboxymethylzellulose

• Unter Sekretaufnahme entsteht ein gelbliches Gel, das nicht mit Eiter verwechselt werden darf. Dieses Gel hält die Wunde feucht

• Als Kompressen in unterschiedlichenStärken erhältlich

• Geben Feuchtigkeit ab und unterstützendas Ablösen von Belägen

• Selbstklebend, d.h. in der Regel keinSekundärverband notwendig

• Duschen ist möglich

• Lösen sich bei feuchter Haut/Wundeleicht ab und haften oft sehr fest auftrockener Haut/Wunde

• Dicke Kompressen können sich aufrollen• Geruchsbildung möglich• Gel verbleibt manchmal in der Wunde• Semiokklusiver Verschluss, deshalb nicht

für infizierte Wunden geeignet• Dürfen nicht auf freiliegenden Sehnen,

Muskeln, Knochen angewendet werden

• Leicht bis stark sezernierende Wunden• In allen Wundheilungsphasen geeignet

• Kompresse auf die trockene, fettfreie Hautca. drei cm überlappend auflegen und durch sanftes Andrücken fixieren

• Ggf. weitere Fixierung, z.B. an den Fersen• VW, wenn Gelblase den Rand erreicht,

spätestens nach sieben Tagen

• Haben einen Wasseranteil zwischen 60 – 90 % und verschiedene Zusatzstoffe

• Sind als Kompressen oder Gel in derTube erhältlich, was die Anwendung intiefen Wunden möglich macht

• Halten die Wunde feucht• Unterstützen das Ablösen von Belägen• Schmerzfreie Verbandwechsel• Transparenz ermöglicht Wundbeurteilung

durch den Verband

• Eingeschränkte Saugkapazität• Gefahr der Wundrandmazeration• Nicht bei infizierten Wunden geeignet• Sekundärverband notwendig

• Zum Aufweichen von Nekrosen und Belägen

• Schwach bis mäßig sezernierendeWunden

• Oberflächliche Wunden

• Kompresse soll zwei cm über die Wundränder gehen, Gel wird ca. fünfmm dick auf die Wunde aufgebracht

• Sekundärverband wählen, z.B.Hydrokolloid oder Folie

• VW wenn Aufnahmekapazität erreicht ist,max. nach sieben Tagen. Gel aus der Tubesoll nach zwei bis drei Tagen gewechseltwerden. Tägl. VW beim Aufweichen von Belägen u. Nekrosen

• Durch Gefriertrocknung von Schweine-oder Ringerkollagen entstehen poröse,schwammartige Wundauflagen

• Gute Sekretaufnahme• Sollen die Synthese von körpereigenem

Kollagen stimulieren und die Wundheilungfördern. Das Narbengewebe weist eine höhere Belastbarkeit auf

• Bessere kosmetische Ergebnisse

• Hohe Saugkapazität• Wird vollständig von der Wunde resorbiert

• Benötigt einen Sekundärverband• Muss bei schwach sezernierenden Wunden

mit NaCl 0,9 % angefeuchtet werden• Teuer

• Chronische Wunden mit schlechter Heilungstendenz

• Leicht blutende Wunden

• Auf die entsprechende Größe zuschneiden oder zusammenfalten und leicht andrücken,damit Kontakt mit dem Wundgrund besteht

• Sekundärverband abhängig von der Sekretmenge auswählen

• Kollagene werden nicht gewechselt, sondernbleiben bis zur vollständigen Resorption in der Wunde, das dauert einige Tage. Beim VW können Reste belassen werden

• Können Exsudat aufnehmen, ohne sichdabei zu verändern

• Wundseitig sind die PU-Schäume sehrfeinporig und verkleben nicht mit derWunde

• Produkte mit und ohne Kleberand im Handel. Einige Hersteller haben Cavity-Formen für tiefe Wunden entwickelt

• Können das 20 – 30-fache des Eigen-gewichtes an Exsudat aufnehmen

• Schaffen ein optimales Klima in der Wundedurch Feuchthalten, Thermoisolation,Gas- sowie Wasserdampfaustausch

• Lassen sich rückstandsfrei entfernen• Gute polsternde Eigenschaft

• Bei gesättigter Auflage können die Wundränder mazerieren

• Geben selbst keine Feuchtigkeit an die Wunde ab, ausreichend Exsudat ist deshalb notwendig

• Zähes Exsudat wird schlecht aufgesaugt• Ggf. Sekundärverband notwendig

• Mäßig bis stark exsudierende Wunden in allen Wundheilungsphasen

• Auflage ca. drei cm überlappend auflegenund ggf. fixieren

• Kompressen dürfen zugeschnitten werden,Cavity-Formen nicht

• VW nach Bedarf, spätestens nach siebenTagen

• Dünne transparente Membranen aus Polyurethan. Semipermeabel bedeutet,dass Bakterien und Nässe nicht ein- und austreten können, aber Sauerstoff- und Wasserdampfaustausch stattfindet.Dadurch wird ein Austrocknen der Wundeverhindert

• Wundseitig befindet sich ein hypoaller-gener Acylatkleber, der seine Klebe-fähigkeit über der feuchten Wunde verliert

• Als sterile Einzelfolien oder auf einer Rolle im Handel

• Aufrechterhaltung eines ideal-feuchten Wundmilieus

• Wundbeurteilung möglich• Selbstklebend• Duschen möglich

• Kaum/keine Saugfähigkeit• Folien haften teilweise stark auf trockener

Haut• Folien haften nicht auf feuchter Haut

• Oberflächliche Wunden, mit wenig/keinerSekretion

• Als Sekundärverband, z.B. von Alginaten,Hydrogelen

• Zum Wundrandschutz• Abdeckung im Rahmen einer

Vakuumversiegelung• Fixierung von i.v-Kathetern

• Haut muss trocken und fettfrei sein, umeine gute Haftung zu gewährleisten

• Ggf. sollten Haare entfernt werden• Folie ca. zwei cm überlappend aufbringen,

Applikationshinweise der Hersteller beachten

• Folie nicht unter Zug aufbringen, sonst können Spannungsverletzungen der Hautentstehen

• Folien können bis max. sieben Tage verbleiben

• Zum Entfernen: vorsichtig eine Ecke anheben und Folie dann parallel zur Hautdehnen. Dadurch verliert der Acylatkleberseine Haftung und die Folie hebt sich nachund nach ab

• Grobmaschige Wundgaze, die mit Fett-salben oder Ö/W-Emulsionen imprägniertsind. Die Größe des Gitters erlaubt einAbfließen von Exsudat

• Einige Gitter aus Polyamid oder Silikonsind nicht imprägniert

• Wundgazen mit Wirkstoffen

• Kein Verkleben mit der Wunde• Preiswerte Alternative zu hydroaktiven

Verbänden bei oberflächlichenSchürfwunden

• Sekundärverband und Fixierung notwendig

• Kann bei weniger werdendem Exsudatankleben und lässt sich dann nicht mit NaCl 0,9 % ablösen

• Oberflächliche, mäßig bis stark sezernierende Wunden, um ein Verklebender Wunde mit dem Verbandmaterial zuverhindern

• Gazen mit antiseptischen Substanzen zur Infektionsprophylaxe

• Imprägnierte Wundgazen liegend und nichtüber 25 °C lagern

• Nur auflegen und mit einem Sekundär-verband abdecken. Niemals mehrschichtig auflegen, da die dicke Fettschicht den Sekretabfluss verhindert

• VW bei Bedarf, min. einmal täglich

Beschreibung Vorteile Nachteile Indikationen Anwendung

KO N V E N T I O N E L L E W U N DAU F L AG E N

Mullkompressen, Vliesstoff-Kompressen, kombinier te Saugkompressen

Beschreibung Vorteile Nachteile Indikationen Anwendung

H Y D R O A K T I V E W U N DAU F L AG E N

Alginate

Beschreibung Vorteile Nachteile Indikationen Anwendung

A N T I B A K T E R I E L L E U N D G E R U C H S B I N D E N D E W U N DAU F L AG E N

Aktivkohlekompressen

Silberhaltige Wundauflagen

Semipermeable Wundfolien

Polyurethanschäume/Hydropolymere

Kollagene Wundauflagen

Hydrogele

Hydrofaser-Verbände

Hydrokolloide

Imprägnierte Wundgazen

Die Tabelle zeigt die großen

Gruppen der Wundauflagen.

Im hydroaktiven Bereich gibt es

noch einige Spezialprodukte, die

keiner der Gruppen zugeordnet

werden können. Für Auflagen,

die sich einer der Kategorien

zuordnen lassen, gelten grund-

sätzlich die gleichen Indikationen

und dieselbe Art der Anwendung.

• Preisgünstig• Bindet Gerüche und Eiweißmoleküle

Krankenhaus) oder die Kranken-kasse (in der ambulanten oder sta-tionären Pflege).Nachfolgend einige typische Situa-tionen aus der täglichen Praxis undihre rechtliche Einschätzung:Die Arbeit mit unsterilen

Materialien verletzt eine

entscheidende Sorgfaltspflicht.

Die sterile Wundversorgung (Non-Touch-Technik) ist allgemein aner-kannter Standard. Ein Verband-wechsel mit unsterilen Handschuh-en und Tupfern, die aus einerGroßpackung stammen, stelltsomit eine Sorgfaltspflichtverlet-zung dar, auch wenn der Hausarztkeine sterilen Materialien ver-schreibt. Die Pflegeeinrichtungmuss die Übernahme des Ver-bandwechsels ablehnen oder sichselbst um die sterilen Utensilienkümmern.Eine "fehlerhafte" Anordnung

darf nicht ausgeführt werden.

In der Praxis stellt sich die Frage,wann eine Anordnung fehlerhaft istund ob die Pflegefachkraft das er-kennen muss. Ja, sie muss, wennes sich um Methoden oder Ver-bandmittel wie Eisen und Fönen,Honig, Haushaltszucker oderOlivenölläppchen handelt. Im Haf-tungsfall ist es so gut wie sicher,dass Pflegende, die Mittel ohnetherapeutische Zulassung verwen-det haben, zu Schadenersatz her-angezogen werden.Schwieriger ist der Fall bei Mittelnwie Wasserstoffperoxid, Zinkpaste,diversen Farbstoffen oder Poly-vidon-Jod, die zwar nicht grund-sätzlich schaden oder völlig unge-eignet sind, jedoch von wesentlichbesseren Wundtherapeutika abge-löst wurden. Seit 2004 gibt es eineKonsensusempfehlung, in derWundbehandlungsmittel bewertetsind (1). Das Papier hat jedoch kei-nen rechtsverbindlichen Charakter.Deshalb muss sich ein Arzt nichtan die darin wiedergegebenen Er-kenntnisse halten.Bei der Arbeitsteilung im Gesund-heitswesen gilt folgender Grund-satz:"Der Angewiesene darf grundsätz-lich davon ausgehen, dass dieAnweisung sach- und fachgerechtist. Er darf allerdings nicht blinddarauf vertrauen. Sollten Anhalts-punkte auftreten, die erkennen las-sen, dass die Anweisung falsch ist,darf der Angewiesene sie nichtbefolgen."Das bedeutet, dass sich einePflegefachkraft grundsätzlich aufdie Richtigkeit der ärztlichenVerantwortung verlassen darf, bisfür sie das Gegenteil ersichtlich ist.

Tabelle: Christine Keller

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Nummer 6 14GEPFLEGTDURCHATMEN

Bei den obsoleten Wundbe-handlungsmitteln ergibt sich dieFehlerhaftigkeit der Anwen-dung erst, wenn ein Schadenentstanden ist, und das kannmeistens nicht im Voraus einge-schätzt werden.

Foto: Andreas Walle(http://walle.net)

Ein moderner Verband hält Wunden feucht und fördert

so die rasche Granulation. Außerdem sind die

Hydropolymer-Pflaster unkompliziert anzuwenden.

. Unterstützung der Wundruhedurch seltene Verbandwechsel,v.a. in der Granulations- und Epi-thelisierungsphase. Leichte Handhabung für denAnwender und hoher Tragekomfortfür den Patienten. Kosteneffektivität, auch durchmöglichst geringen Bedarf an Se-kundärverbandstoffen. Verfügbarkeit in unterschiedli-chen Material- und Verpackungs-größen.

Ungeeignete Mittel für die Be-

handlung chronischer Wunden

Mittel, die zur Wundbehandlung

eingesetzt werden, gab und gibt esviele. Und viele Menschen könnenauch über Erfolge mit Produktenberichten, die heute als ungeeignetoder veraltet gelten.Obsolete oder entbehrliche Wirk-stoffe sind unsicher wirksam, zell-toxisch, irritierend, haben ein Aller-giepotenzial, lösen Schmerzenaus, führen zu Resistenzen oderwerden teilweise über die Wunderesorbiert.

Christine Keller,Krankenschwester, Lehrerin für

Pflegeberufe, Wundexpertin (ICW)

Für die Pflegefachkraft heißt das,sie muss den Verbandwechselnach Arztanordnung sorgfältigdurchführen und die Entwicklungder Wundverhältnisse bei jederInspektion sorgfältig beurteilen.Heilt die Wunde nicht oder ver-schlechtert sie sich gar, kann dasauf die Fehlerhaftigkeit einer An-ordnung hinweisen. Pflegende bit-ten in solchen Fällen den Arzt, denHeilungserfolg persönlich zu kon-trollieren. Gemeinsam mit ihm,können sie dann überlegen, wiesich die Wundbehandlung optimie-ren lässt.Beharrt der Arzt darauf, dass derVerbandwechsel weiterhin sodurchgeführt wird, wie ursprünglichangeordnet, gehört es zu den ver-traglichen Nebenpflichten Pflegen-der, Patienten oder Angehörigeüber die Gefährdung aufzuklären.Anschließend kann der Patient vonseinem SelbstbestimmungsrechtGebrauch machen und endgültigentscheiden, wie der VW weiterdurchgeführt werden soll.

Solche Situationen entstehennicht, wenn alle BerufsgruppenGelegenheit erhalten, sich ange-messen mit ihrem Wissen einzu-bringen. Viele Ärzte sind sogarfroh, wenn ihnen ein Wundexpertebei der Behandlung chronischerWunden zur Verfügung steht.

Wundbehandlungsmittel

kennen und unterscheiden

Die Zahl der Produkte zur Wund-behandlung hat in den vergange-nen Jahren erheblich zugenom-men. Zusätzliche Verwirrung stiftetdie Gepflogenheit der Hersteller,nahezu identische Produkte untersehr unterschiedlichen Bezeich-nungen auf den Markt zu bringen.Am besten wahren Pflegende denÜberblick, wenn sie sich nicht anHandelsnamen orientieren, son-dern Produktgruppen mit Eigen-schaften und Einsatzgebieten un-terscheiden.Wundauflagen müssen viele

Aufgaben erfüllen

Eine moderne Wundauflage mussmehr können, als nach außen zuschützen, Sekret aufzusaugen undein Träger für Arzneimittel zu sein.Sie ist nicht mehr nur Hilfsmittel,sondern selbst ein Therapeutikum:. Schutz vor Fremdkörpern,Schmutz, Druck und Reibung. Schutz vor Infektionen (Un-durchlässigkeit für Bakterien nachinnen und außen)

Literaturnachweis:

(1) Konsensuspapier im

Internet unter:

http://www.werner-sellmer.de/Downloads/Konsensuspapier.pdf(Zugriff am 30. Mai 2007)

In der nächsten Ausgabe:

. Managementprinzipien einerchronischen Wunde. Die Wunde in der Reini-gungsphase: Das sind die Be-handlungsoptionen. Die Wundinfektion: Damithaben Keime keine Chance

. Schutz vor Austrocknung undAuskühlung, denn Zellwachstumund -stoffwechsel, Gefäßneubil-dung und Immunabwehr findet nurim feuchten und körperwarmenMilieu optimal statt. Aufrechterhaltung des Gasaus-tausches (Sauerstoff, Wasser-dampf, Kohlendioxid). Unterstützung der autolytischenWundreinigung. Ausreichende Aufnahme vonBlut, Wundsekret, Gewebstrüm-mern, Bakterien. Gute Verträglichkeit, geringesallergenes Potenzial, kein Anhaf-ten am Wundgrund

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INTERVIEW

"Wenn es leicht wäre, das

Clown-Handwerk zu lernen,

dann würde es nicht so schwer

sein, jemanden zu verpflichten,

der gut ist", sagt Bernhard Paul.

Seine eigene Biografie zeigt

exemplarisch, wie viele Umwege

man braucht, um diese Bestim-

mung zu erreichen. Als Schüler

zwang er mürrische Lehrer zum

Lachen. Trotzdem studierte er

anschließend erst Hoch- und

Tiefbau, danach Grafikdesign,

arbeitete er als Art-Director.

Half alles nichts. Schließlich

schuf er sich den Arbeitsplatz

in der Manege selbst. In diesem

Jahr feiert Paul zwei Jubiläen.

Seinen 60sten Geburtstag und

den 30sten seines Circus

Roncalli. Doch der Zirkus ist

mehr als die Hälfte von

Bernhard Pauls Leben.

Warum haben Sie von allen

Zirkusberufen ausgerechnet

den eines Clowns gewählt?

Um Clown sein zu können, bin ichZirkusdirektor geworden. Mich fas-ziniert die Rolle des Antihelden. Ichliebe nicht die lauten Menschen,die gern in der ersten Reihe stehenund sich feiern lassen. Die Gesell-schaft drängt einen ja geradezudahin, andauernd in den Medien zuerscheinen, ein Teil des Mode- undSchönheitswahns zu werden.Früher ging es darum, was einerkonnte und wie er als Mensch war.Heute ist das alles wurscht. DieZeit hat ihre Auswüchse, wie manbeispielsweise an Paris Hiltonsieht. Die kann nichts, redet nurUnsinn, ist nicht gebildet und inWirklichkeit nicht einmal schön. Sieist nur eine Hülle. Ich gehe dochnicht in ein Geschäft und kaufe nureine Verpackung. Ich will eine Wa-re kaufen.

Als Clown stehen Sie auch im

Mittelpunkt des Interesses.

Es gibt so viele Berufe auf der Weltund es kommt darauf an, wo eseinen hinzieht. Da gibt’s die totalidealistischen Menschen, wie etwain der Krankenpflege oder alsÄrzte, die ohne Applaus undScheinwerferlicht arbeiten – unddann noch für eine schmaleBezahlung. Wenn ich mir dagegenSpitzenmanager vorstelle, dieallein mehr Abfindung einstreichen,als andere in ihrem ganzen Lebenverdienen – daran ist vieles nichtgerecht. Obwohl auch wir Künstleruns durchaus engagieren, etwa mitBenefizveranstaltungen. Aber wirk-lich verändern konnten wir die Weltnie.

Versuchen Sie das denn?

Schon der Versuch wäre sinnlosoder sogar größenwahnsinnig. Ei-nen Beitrag leisten und eine Alter-native aufzeigen, das ist der richti-ge Weg. Jemand, der eine Tätigkeitgut kann, eine Tätigkeit, die nie-mandem schadet und die die Um-welt nicht verschmutzt und vielleicht

anderen eine Freude bereitet, derleistet schon das Maximum, glaubeich. Als ich mit dem Circus Roncallibegonnen habe, war Zirkus totalout. In unserem Fahrwasser ent-standen dann viele große und klei-ne Initiativen. Auch der Cirque duSoleil hat zugegeben, er hätteohne Roncalli nicht entstehen kön-nen. Das zeigt, wenn man voraus-geht, nimmt man Leute mit, diesagen: Ja, das gefällt mir, das isteigentlich schön. Daraus entstehtdann eine Bewegung und es ver-ändert sich tatsächlich etwas. Dashat viele positive Effekte, es dientder Vielfalt der Kunst und vieleArtisten und Künstler erhalten ei-nen Arbeitsplatz.

Gelingt so etwas auch in der

Manege, während Sie als Clown

auftreten?

Für mich ist das zunächst einmaleine ganz egoistische Geschichte.Die Auftritte sind der tägliche Ur-laub von der Bürokratie. Ich habesehr viel mit Formalitäten zu tun,mit Genehmigungen, Anträgen,einfach unangenehmen Dingen.Dauernd will jemand was von mir,da kommt die Sekretärin, hier mussetwas unterschrieben werden, dortliegt die Post. Dann gehe ich in dieManege – und plötzlich: Ruhe. Undich krieg meinen Lohn sofort. Ichmach was und bekomme einenLacher. Davon haben beide Seitenetwas, und das ist eigentlich dasschönste an diesem Beruf. ImFernsehen wird es dreimal hinter-einander aufgezeichnet, dann wir-d’s geschnitten und in vier Monatenwird’s gesendet, nachdem Lach-tonbänder drunter geschoben wur-den. Hier aber ist alles live undohne doppelten Boden. Das Pub-likum rächt sich sofort, wenn ichschludere. Insofern ist die Arbeitals Clown eine sehr direkte Form

der Kommunikation mit Menschen,eine Geschichte, die es heut nim-mer oft gibt.

Was passiert genau

zwischen Ihnen und den

lachenden Zuschauern?

Während des Auftritts laufen ver-schiedene Prozesse ab, je nachder Art der Clownerie, die manmacht. Aber zu einem Gutteil ist esein "Sich-selbst-Wiedererkennen".Ich zeige dem Publikum quasi ei-nen Spiegel, weil ich Sachen ma-che, die aus dem Leben stammen.Es sind Persiflagen auf das, wastäglich wirklich passiert.

Funktioniert das unabhängig

von der Erwartungshaltung,

mit der die Leute in den Zirkus

kommen?

Der Zirkus ist die Voraussetzung,aber die Erwartung mag unter Um-ständen ganz eine andere sein.Man muss die Leute zwar erwi-schen, doch meistens ist es einGeschäft auf Gegenseitigkeit. DieLeute bezahlen und wollen dafüretwas haben. Aha, jetzt kommt derClown, der will komisch sein. Also,lieber Clown, bring mich zum La-chen. Dann muss ich diese Erwar-tung nicht nur erfüllen, weil das janoch kein Erfolg wäre, ich muss sieübertreffen. Wenn das Publikumwirklich und herzhaft lacht, dannhat das geklappt. Das will ich jedenTag erreichen.

Betrachten Sie das eigentlich

als Arbeit?

Es ist im engsten Sinn natürlichArbeit. Schauspieler sagen zumBeispiel: Ich trete auf. Zirkusar-tisten sagen: Ich gehe arbeiten.Das sind zwei verschiedeneStandpunkte. Wir gehen arbeiten,wir arbeiten für das Publikum. Dasist eine Dienstleistung. Schauspie-

ler nehmen sich wichtiger. Trotz-dem macht uns unser Beruf Spaß,auch wenn er nicht immer lustig ist,weil wir schließlich ein ganz nor-males Leben führen, das auchseine Schattenseiten hat. Das istbei fast allen Künstlern so. JohnLennon hat ja auch nicht imRahmen eines Tarifvertrags gear-beitet, sondern gesagt, ich habLust zum Spielen, also mach ichMusik. Und die war dann fast im-mer gut. Dabei geht’s gar nicht umsGeldverdienen, sondern um dieBefriedigung eines inneren Bedürf-nisses. Auch Picasso hatte nichtdas Ziel, der reichste Maler aufdem Friedhof zu sein, sondern erspürte einen Zwang, zu malen. Soist es bei uns auch. Das, was wirmachen, das tun wir gern – undkönnen gar nicht genug davon krie-gen. Wir haben gar keinen freienTag, kein Wochenende, geschwei-ge einen Feiertag. Man stelle sichvor, jemand, der irgendwas arbei-tet, müsste monatelang jeden ein-zelnen Tag ran, der würde sichschön bedanken. Das geht nur,wenn einem der Beruf wirklichSpaß macht.

Sind Sie in der Manege

Sie selbst?

Ja und nein. Ich stelle natürlich ei-ne Kunstfigur dar, aber diese Figurenthält selbstverständlich sehr vie-le Teile meiner Persönlichkeit. Inmeinem Fall ist die Clown-Nummereher als Kind angelegt, also etwaso, wie ich als kleiner Junge war.

Abgesehen von Schminke,

Perücke, Kleidung und einer

Plastiknase – was brauchen Sie,

um als Clown auftreten zu

können?

Man muss die Menschen liebenund respektieren. Das ist bei Come-dy nicht immer der Fall, aber bei

Bernhard Paul ist Clown Zippo und Direktor, Inhaber sowie Gründer des Circus Roncalli in Personalunion.

Er spricht über guten Humor und wie man ihn unter die Leute bringt.

15 Juli 2007 GEPFLEGTDURCHATMEN

Bernhard Paul sagt, Respekt ist die Basis für wohltuenden Humor. Foto: Volker Derlath

den Clowns, die ja direkte Nach-kommen der Commedia dell’artesind, eben schon. Man braucht An-stand. Da nehme ich gern einen et-was abgenutzten Vergleich her:Unterhaltung hat etwas mit Haltungzu tun. Ich könnte mich unter derGürtellinie bewegen, was keinenSpaß macht, find ich. Der wahreKünstler ist einer, der als Clownden Intellektuellen und das kleineKind in derselben Sekunde zumLachen bringt. Als Gegenbeispielkann man das politische Kabarettnehmen, die einfachste Sache derWelt. In ein linkes Programm kom-men eben die Linken. Dann macheich einen Witz über die Rechten,und ganz sicher lacht jeder. Außer-dem ist das nichts für Kinder.

Wie entwickelt man

ein Clown-Programm?

Es ist ein ständiges Improvisieren.Oft entstehen spontan neue Sze-nen, die man drin lässt, wenn siegut sind. Der Fußballtrainer Trap-patoni hat vor einigen Jahren ge-sagt: "Ich habe fertig!" Das habeich dann verwendet und es war einRiesenlacher. Innerhalb von Mona-ten bemerkte ich, wie die Reaktionauf den Satz immer schwächerwurde. Das heißt, solche aktuellenDinge sind verderbliche Ware. Ichhabe schon viele Nummern in mei-nem Leben gespielt und gelernt,dass sie alle ihren Rhythmus ha-ben. Man fängt an und es ist okay.Dann wird die Nummer immer bes-ser, kommt auf ihren Höhepunkt.Danach geht es langsam abwärts,weil irgendwie die Luft und die Kraftentweichen.

Haben Sie Angst davor, dass

das Lachen ausbleiben könnte?

Nein, habe ich nicht, weil es einsolches Publikum gar nicht gibt,oder der Clown ist wirklichschlecht. Man beginnt ja mit dentodsicheren Pointen. Danach kannman was ausprobieren. Da gibt’sschon mal eine Szene, die in dieHosen geht. Ich hinterfrage das,verändere vielleicht die Betonungein kleines bisschen – und plötzlichhabe ich einen Superlacher. La-chen ist was Unlogisches, dasPublikum ist ein Mysterium undman muss ständig auf der Hutsein.

Verändert der Zirkus

seine Besucher?

Wir haben mal einen Text gehabt,den der Weißclown am Anfang desAbends gesprochen hat: "Lassensie Ihren Kummer draußen undkommen Sie in unsere Herzen."Wir sind ein Delikatessenladen, dereine Gegenwelt in die Stadt bringtund der etwas zurücklässt, wenn erwegfährt, nämlich Gefühle.

Das Gespräch führte Bernd Hein

Infos über das Zirkusunternehmenund aktuelle Tourneedaten unter:www.roncalli.de

Am Ende des Lachens bleibt das Gefühl

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Impressum

GEPFLEGTDURCHATMEN

Fachzeitung

für außerklinische Intensivpflege

Herausgeber: HeimbeatmungsserviceBrambring Jaschke GmbHGeschäftsleitung:

Jörg Brambring, Christoph JaschkeRedaktionsleitung: Bernd HeinLayout: Elke Schuhbauer, Grafik-Design,[email protected]: Druck & Medien Schreiber GmbHMitarbeiter dieser Ausgabe:

Toni Angilotti, Volker Derlath,Gabriele Hartleif-Müller, Stefan Hille,Carsten Jehle, Christine Keller,Christina Loy-Birzer, Gabriel Nemeth,Gabi Sabo, Andreas WalleAnzeigenleitung:

Christoph Jaschke, Linda Geiger

Derzeit gilt die AnzeigenpreislisteNr. 3 vom 1. Februar 2007.

Anschrift der Herausgeber

und der Redaktion:

HeimbeatmungsserviceBrambring Jaschke GmbHVon-Stauffenberg-Straße 2582008 UnterhachingTelefon: 089 - 66 56 25 78Fax: 089 - 66 59 32 30E-Mail: [email protected]

Homepage:www.gepflegt-durchatmen.de

Die Zeitung erscheint dreimonatlich.Der Nachdruck von Texten oder dieVervielfältigung – auch in Auszügen –bedarf der schriftlichen Genehmigung.

Für unverlangt eingesandte Manuskripteund Bildmaterial übernehmenHerausgeber und Redaktionkeine Verantwortung.Die Rücksendung ist nur gegen Rückportomöglich.

Messen - Kongresse - SymposienSeptember

Das aktuelle Buch

Nummer 6 16GEPFLEGTDURCHATMEN

AKTUELLES

Oktober

13. 9. – 16. 9. Nürnberg

103. Jahrestagung der DeutschenGesellschaft für Kinder- undJugendmedizin – gemeinsam mitder 59. Jahrestagung derdeutschen Gesellschaft für Sozial-pädiatrie und Jugendmedizin; der45. Jahrestagung der deutschenGesellschaft für Kinderchirurgiesowie der 29. Jahrestagung derKinderkrankenschwestern undKinderkrankenpflegerVeranstaltungsort: CongressCentrum Nürnberg, Messezentrum,90471 Nürnberg, Tel.: 0911/86060,Fax: 0911/86 06 82 28 Kontakt:Ivonne Bähr, Rosengartenplatz 2,68161 Mannheim,Tel.: 0621/410 61 02,Fax: 0621/410 68 01 02, E-Mail:[email protected]

2255.. 99 –– 2277.. 99.. NNüürrnnbbeerrgg uunndd FFüürrtthh

6. Internationale Konferenz Pflegeund Pflegewissenschaft (IKNN):"Pflege – innovativ, wissensbasiert,zukunftsweisend"Veranstaltungsorte: am 25. 9.:Presseclub Nürnberg, NürnbergAkademie,Gewerbemuseumsplatz 2,90403 Nürnberg;am 26. 9. und 27. 9.:Stadthalle Fürth, Rosenstraße 50,90762 FürthKontakt: MCN MedizinischeCongressorganisation NürnbergAG, Neuwieder Straße 9,90411 Nürnberg,Tel.: 0911/393 16 17,Fax:0911/393 16 20, E-Mail:[email protected] Internet:www.mcn-nuernberg.de

28. 9. – 29. 9. Frankfurt

3. Rhein-Main-Lahn-Tage Praxisder Intensivmedizin und Intensiv-pflege Veranstaltungsort:Klinikum der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität,Theodor-Stern-Kai 7,60590 Frankfurt am Main,Tel.: 069/630 11 Kontakt:Markus Lücke Kongress-Organisa-tion, Postfach 1711,29657 Walsrode,Tel.: 05161/78 95 36,Fax: 05161/78 95 37,E-Mail: [email protected]: www.luecke-kongresse.de

28. 9. – 29. 9. Jena

5. Thüringer Pflegetag und1. Thüringer PalliativpflegekongressVeranstaltungsort:Hotel Steigenberger EsplanadeJena, Carl-Zeiss-Platz 4,07743 JenaKontakt:ConventuS, Congressmanagement& Marketing GmbH, Markt 8,07743 Jena, Franziska Srp,Tel.: 03641/353 30,Fax: 03641/35 33 21,E-Mail:[email protected]:www.conventus.de/pflegetag

5. 10. – 6. 10. München

37. Bayerische Anästhesietagemit PflegesymposiumVeranstaltungsort:Marchioninistraße 15,81377 München, Tel.: 089/709 50,Internet:www.klinikum.uni-muenchen.de

5. 10. – 6. 10. Mannheim

1. Rhein-Neckar-Kongressfür GesundheitsfachberufeVeranstaltungsort:Dorint Kongresshotel Mannheim,Friedrichsring 6, 68161 MannheimKontakt: Urban & Vogel GmbH,Kongressorganisation,Ehrenbergstraße 11–14,10245 Berlin, Projektleitung:Andrea Tauchert,Tel.: 030/204 56 03,Fax: 030/20 45 60 42, E-Mail:[email protected] Internet:www.heilberufe-kongresse.de

11. 10. – 12. 10. Dortmund

Kongress – Praxis derinterdisziplinären Intensivmedizinund IntensivpflegeVeranstaltungsort:Kongresszentrum WestfalenhallenDortmund, Rheinlanddamm 200,44139 DortmundKontakt: Markus LückeKongress-Organisation, Postfach1711, 29657 Walsrode,Tel.: 05161/78 95 36,Fax: 05161/78 95 37, E-Mail:[email protected]:www.luecke-kongresse.de

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Menschen sind Kommunika-tionsmeister. Noch im Schlafdringen Reize aus der Umweltins Gehirn, sendet der KörperSignale. Bewusstsein oderäußere Bedingungen setzendem Mitteilungsdrang keinewirksamen Grenzen.Allerdings hat sich das Verhält-nis zum zwischenmenschlichenAustausch in der jüngerenVergangenheit gewandelt. DieTelekommunikation gestattet,Kontakte auf Distanz zu halten.Es scheint, als ob die Fähigkeitabgenommen habe, sich zuöffnen.Die Autorinnen Specht-Tomannund Tropper erinnern daran,dass es das Wesen der Pflegeist, Grenzen zu überwinden.In ihrer Arbeit machen Pflegen-de sich dem anderen bewusst– und damit auch sich selbst.Zuhören, Anfassen, Daseinsind nicht ein beliebiges Adju-vans der Behandlung, sondernoft allein schon die geeigneteTherapie.Auch Laien sollen sich vondem Buch mitgenommen füh-len. Diesen Anspruch verwirkli-chen die Autorinnen, indemsie die Theorie mit schönenBeispielen würzen. Sie breitenKommunikationsmodelle aus,erklären psychologischeGrundlagen und geben Tippszur praktischen Umsetzung.Daraus ist eine engagierteAnleitung zum wahrhaftigenUmgang mit schwerkrankenMenschen geworden, und esstört fast gar nicht, dass imEifer abgenutzte Bilder wie"Augen sind die Tore zurSeele" ins Manuskript geratensind.Denn schließlich stimmt auchdas irgendwie. bh

Specht-Tomann, Monika;

Tropper, Doris:

Hilfreiche Gespräche

und heilsame Berührungen

im Pflegealltag.

Springer Verlag, Heidelberg;

3. Auflage, 2007. 188 Seiten,

22,95 Euro.

6. 9. – 7. 9. Weimar

5. Kongress der Deutschen Ge-sellschaft für Fachkrankenpflegeund Funktionsdienste e.V. (DGF) Veranstaltungsort:Congress Centrum NeueWeimarhalle, Unesco-Platz 1,99423 Weimar, Internet:www.weimarhalle.deKontakt:weimar GmbH, Gesellschaft fürWirtschaftsförderung, TechnischerLeiter: Jörg Konrad,Tel.: 03643/74 51 01,Fax: 03643/74 51 11, E-Mail:[email protected]:www.kai.uniklinikumjena.de/Veranstaltungen-page-87.html

11. 9. – 13. 9. Leipzig

Pflegemesse Leipzig – Fachmes-se und Kongress für ambulanteund stationäre Pflege undHomecare-VersorgungVeranstaltungsort:Messegelände Leipzig, Messe-Allee 1, 04356 Leipzig undCongress Center LeipzigKontakt: Leipziger Messe GmbH,Messe-Allee 1, 04356 Leipzig,Postfach 100 720, 04007 Leipzig,Tel.: 0341/67 80,Fax: 0341/678 87 62, E-Mail:[email protected]: www.pflegemesse.de

13. 9. – 15. 9. Berlin

HAI 2007 – Hauptstadtkongressder DGAI für Anästhesiologieund Intensivtherapie mit Pflege-symposiumVeranstaltungsort:bcc Berliner Congress Center,Alexanderstraße 11, 10178 Berlin,Tel.: 030/23 80 67 50,Fax: 030/23 80 88 34, Internet:www.bcc-berlin.deE-Mail: [email protected]:MCN Medizinische Congressorga-nisation Nürnberg AG,Neuwieder Straße 9,90411 Nürnberg,Tel.: 0911/393 16 16,Fax: 0911/393 16 66, E-Mail:[email protected]

3. 10. – 6. 10. Düsseldorf

Rehacare – Fachmesse undKongressKontakt und Veranstaltungsort:Messe Düsseldorf GmbH,Postfach 10 10 06,40001 Düsseldorf, Messeplatz,40474 Düsseldorf,Tel.: 0211/45 60 01,Fax: 0211/456 06 68,E-Mail: [email protected]: www.rehacare.de

4. 10. – 5. 10. Linz (Österreich)

1. Linzer internationalePflegetagungVeranstaltungsort:Oberösterreichische Landes-Nervenklinik Wagner-Jauregg,Wagner-Jauregg-Weg 15,4020 LinzKontakt: OberösterreichischeLandes-Nervenklinik Wagner-Jauregg, Guido Klinger,Wagner-Jauregg-Weg 15,A-4020 Linz,Tel.: 0043 (0)50554/622 22 45,Fax: 0043 (0)50554/622 22 47,E-Mail: [email protected]:http://www.wagner-jauregg.at/kongress

4. 10. – 6. 10 Konstanz

Gemeinsame Jahrestagung derDeutschen Gesellschaft fürThoraxchirurgie, der SchweizerGesellschaft für Thoraxchirurgieund der ÖsterreichischenGesellschaft für Thorax- undHerzchirurgie (DGT) mitPflegefachtagungVeranstaltungsorte:Konzil Konstanz, Hafenstraße 2,78462 Konstanz, InselhotelSteigenberger (Workshops),Auf der Insel 1, 78462 Konstanz,MS Graf-Zeppelin(Pflegefachtagung), Abfahrt vordem Konzilgebäude am 4. 10.,10.00UhrKontakt:MCN Medizinische Congressorga-nisation Nürnberg AG,Neuwieder Straße 9,90411 Nürnberg,Tel.: 0911/393 16 10,Fax: 0911/393 16 55,E-Mail: [email protected]: www.tc2007.de


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